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Die Grundlagen der Arithmetik. Eine logisch mathematische ...

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Gottlob Frege – <strong>Die</strong> <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Arithmetik</strong> - 40<br />

Nachdem wir erkannt haben, dass die Zahlangabe eine Aussage von einem Begriffe enthält,<br />

können wir versuchen, die leibnizischen Definitionen <strong>der</strong> einzelnen Zahlen durch die <strong>der</strong> 0 und<br />

<strong>der</strong> 1 zu ergänzen.<br />

Es liegt nahe zu erklären: einem Begriffe kommt die Zahl 0 zu, wenn kein Gegenstand unter<br />

ihn fällt. Aber hier scheint an die Stelle <strong>der</strong> 0 das gleichbedeutende „kein“ getreten zu sein; deshalb<br />

ist folgen<strong>der</strong> Wortlaut vorzuziehen: einem Begriffe kommt die Zahl 0 zu, wenn allgemein, was<br />

auch a sei, <strong>der</strong> Satz gilt, dass a nicht unter diesen Begriff falle.<br />

In ähnlicher Weise könnte man sagen: einem Begriffe F kommt die Zahl 1 zu, wenn nicht<br />

allgemein, was auch a sei, <strong>der</strong> Satz gilt, dass a nicht unter F falle, und wenn aus den Sätzen<br />

„a fällt unter F“ und „b fällt unter F“<br />

allgemein folgt, dass a und b dasselbe sind.<br />

Es bleibt noch übrig, den Uebergang von einer Zahl zur nächstfolgenden allgemein zu<br />

erklären. Wir versuchen folgenden Wortlaut: dem Begriffe F kommt die Zahl (n+1) zu, wenn es<br />

einen Gegenstand a giebt, <strong>der</strong> unter F fällt und so beschaffen ist, dass dem Begriffe „unter F<br />

fallend, aber nicht a“ die Zahl n zukommt.<br />

§ 56. <strong>Die</strong> versuchten Definitionen sind unbrauchbar, weil sie eine Aussage erklären, von <strong>der</strong> die<br />

Zahl nur ein Theil ist.<br />

<strong>Die</strong>se Erklärungen bieten sich nach unsern bisherigen Ergebnissen so ungezwungen dar, dass<br />

es einer Darlegung bedarf, warum sie uns nicht genügen können.<br />

Am ehesten wird die letzte Definition Bedenken erregen; denn genau genommen ist uns <strong>der</strong><br />

Sinn des Ausdruckes „dem Begriffe G kommt die Zahl n zu“ ebenso unbekannt wie <strong>der</strong> des<br />

Ausdruckes „dem Begriffe F kommt die Zahl (n + 1) zu.“ Zwar können wir mittels dieser und <strong>der</strong><br />

vorletzten Erklärung sagen, was es bedeute<br />

„dem Begriffe F kommt die Zahl 1 + 1 zu“,<br />

und dann, indem wir dies benutzen, den Sinn des Ausdruckes<br />

„dem Begriffe F kommt die Zahl 1 + 1 + 1 zu"<br />

angeben u. s. w.; aber wir können - um ein krasses Beispiel zu geben - durch unsere Definitionen<br />

nie entscheiden, ob einem Begriffe die Zahl Julius Caesar zukomme, ob dieser bekannte Eroberer<br />

Galliens eine Zahl ist o<strong>der</strong> nicht. Wir können ferner mit Hilfe unserer Erklärungsversuche nicht<br />

beweisen, dass a = b sein muss, wenn dem Begriffe F die Zahl a zukommt, und wenn demselben<br />

die Zahl b zukommt. Der Ausdruck „die Zahl, welche dem Begriffe F zukommt“ wäre also nicht<br />

zu rechtfertigen und dadurch würde es überhaupt unmöglich, eine Zahlengleichheit zu beweisen,<br />

weil wir gar nicht eine bestimmte Zahl fassen könnten. Es ist nur Schein, dass wir die 0, die 1<br />

erklärt haben; in Wahrheit haben wir nur den Sinn <strong>der</strong> Redensarten<br />

„die Zahl 0 kommt zu“<br />

„die Zahl 1 kommt zu“<br />

festgestellt; aber es nicht erlaubt, hierin die 0, die 1 als selbständige, wie<strong>der</strong>erkennbare<br />

Gegenstände zu unterscheiden.<br />

§ 57. <strong>Die</strong> Zahlangabe ist als eine Gleichung zwischen Zahlen anzusehen.<br />

Es ist hier <strong>der</strong> Ort, unsern Ausdruck, dass die Zahlangabe eine Aussage von einem Begriffe<br />

enthalte, etwas genauer ins Auge zu fassen. In dem Satze „dem Begriffe F kommt die Zahl 0 zu“<br />

ist 0 nur ein Theil des Praedicates, wenn wir als sachliches Subject den Begriff F betrachten.<br />

Deshalb habe ich es vermieden, eine Zahl wie 0, 1, 2 Eigenschaft eines Begriffes zu nennen. <strong>Die</strong><br />

einzelne Zahl erscheint eben dadurch, dass sie nur einen Theil <strong>der</strong> Aussage bildet, als selbständiger<br />

Gegenstand. Ich habe schon oben darauf aufmerksam gemacht, dass man „die 1“ sagt und durch<br />

den bestimmten Artikel 1 als Gegenstand hinstellt. <strong>Die</strong>se Selbständigkeit zeigt sich überall in <strong>der</strong><br />

<strong>Arithmetik</strong>, z. B. in <strong>der</strong> Gleichung 1 + 1 = 2. Da es uns hier darauf ankommt, den Zahlbegriff so<br />

zu fassen, wie er für die Wissenschaft brauchbar ist, so darf es uns nicht stören, dass im<br />

Sprachgebrauche des Lebens die Zahl auch attributiv erscheint. <strong>Die</strong>s lässt sich immer vermeiden.<br />

Z. B. kann man den Satz „Jupiter hat vier Monde“ umsetzen in „die Zahl <strong>der</strong> Jupitersmonde ist<br />

vier“. Hier darf das „ist“ nicht als blosse Copula betrachtet werden, wie in dem Satze, „<strong>der</strong><br />

Himmel ist blau“. Das zeigt sich darin, dass man sagen kann: „die Zahl <strong>der</strong> Jupitersmonde ist die

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