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Die Grundlagen der Arithmetik. Eine logisch mathematische ...

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Gottlob Frege – <strong>Die</strong> <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Arithmetik</strong> - 44<br />

So kann man aus dem Parallelismus von Ebenen einen Begriff erhalten, <strong>der</strong> dem <strong>der</strong><br />

Richtung bei Geraden entspricht. Ich habe dafür den Namen „Stellung“ gelesen. Aus <strong>der</strong><br />

geometrischen Aehnlichkeit geht <strong>der</strong> Begriff <strong>der</strong> Gestalt hervor, so dass man z. B. statt „die beiden<br />

Dreiecke sind ähnlich“ sagt: „die beiden Dreiecke haben gleiche Gestalt“ o<strong>der</strong> „die Gestalt des<br />

einen Dreiecks ist gleich <strong>der</strong> Gestalt des an<strong>der</strong>n“. So kann man auch aus <strong>der</strong> collinearen<br />

Verwandtschaft geometrischer Gebilde einen Begriff gewinnen, für den ein Name wohl noch fehlt.<br />

§ 65. Versuch einer Definition. Ein zweites Bedenken: ob den Gesetzen <strong>der</strong> Gleichheit genügt<br />

wird.<br />

Um nun z. B. vom Parallelismus 83 auf den Begriff <strong>der</strong> Richtung zu kommen, versuchen wir<br />

folgende Definition: <strong>der</strong> Satz<br />

„die Gerade a ist parallel <strong>der</strong> Gerade b“<br />

sei gleichbedeutend mit<br />

„die Richtung <strong>der</strong> Gerade a ist gleich <strong>der</strong> Richtung <strong>der</strong> Gerade b“.<br />

<strong>Die</strong>se Erklärung weicht insofern von dem Gewohnten ab, als sie scheinbar die schon<br />

bekannte Beziehung <strong>der</strong> Gleichheit bestimmt, während sie in Wahrheit den Ausdruck „die<br />

Richtung <strong>der</strong> Gerade a“ einführen soll, <strong>der</strong> nur nebensächlich vorkommt. Daraus entspringt ein<br />

zweites Bedenken, ob wir nicht durch eine solche Festsetzung in Wi<strong>der</strong>sprüche mit den bekannten<br />

Gesetzen <strong>der</strong> Gleichheit verwickelt werden könnten. Welches sind diese? Sie werden als<br />

analytische Wahrheiten aus dem Begriffe selbst entwickelt werden können. Nun definirt Leibniz 84 :<br />

„Eadem sunt, quorum unam potest substitui alteri salva veritate“.<br />

<strong>Die</strong>se Erklärung eigne ich mir für die Gleichheit an. Ob man wie Leibniz „dasselbe“ sagt o<strong>der</strong><br />

„gleich“, ist unerheblich. „Dasselbe“ scheint zwar eine vollkommene Uebereinstimmung, „gleich“<br />

nur eine in dieser o<strong>der</strong> jener Hinsicht auszudrücken; man kann aber eine solche Redeweise<br />

annehmen, dass dieser Unterschied wegfällt, indem man, z. B. statt „die Strecken, sind in <strong>der</strong><br />

Länge gleich“ sagt „die Länge <strong>der</strong> Strecken ist gleich“ o<strong>der</strong> „dieselbe“, statt „die Flächen sind in<br />

<strong>der</strong> Farbe gleich“ „die Farbe <strong>der</strong> Flächen ist gleich“. Und so haben wir das Wort oben in den<br />

Beispielen gebraucht. In <strong>der</strong> allgemeinen Ersetzbarkeit sind nun in <strong>der</strong> That alle Gesetze <strong>der</strong><br />

Gleichheit enthalten.<br />

Um unsern Definitionsversuch <strong>der</strong> Richtung einer Gerade zu rechtfertigen, müssten wir also<br />

zeigen, dass man<br />

die Richtung von a<br />

überall durch<br />

die Richtung von b<br />

ersetzen könne, wenn die Gerade a <strong>der</strong> Gerade b parallel ist. <strong>Die</strong>s wird dadurch vereinfacht, dass<br />

man zunächst von <strong>der</strong> Richtung einer Gerade keine an<strong>der</strong>e Aussage kennt als die<br />

Uebereinstimmung mit <strong>der</strong> Richtung einer an<strong>der</strong>n Gerade. Wir brauchten also nur die<br />

Ersetzbarkeit in einer solchen Gleichheit nachzuweisen o<strong>der</strong> in Inhalten, welche solche<br />

Gleichheiten als Bestandtheile 85 enthalten würden. Alle an<strong>der</strong>n Aussagen von Richtungen müssten<br />

erst erklärt werden und für diese Definitionen können wir die Regel aufstellen, dass die<br />

Ersetzbarkeit <strong>der</strong> Richtung einer Gerade durch die einer ihr parallelen gewahrt bleiben muss.<br />

§ 66. Drittes Bedenken: das Kennzeichen <strong>der</strong> Gleichheit ist unzureichend.<br />

Aber noch ein drittes Bedenken erhebt sich gegen unsern Definitionsversuch. In dem Satze<br />

„die Richtung von a ist gleich <strong>der</strong> Richtung von b“<br />

83 Um wich bequemer ausdrücken zu können und leichter verstanden zu werden, spreche ich hier<br />

vom Parallelismus. Das Wesentliche dieser Erörterungen wird leicht auf den Fall <strong>der</strong><br />

Zahlengleichheit übertragen werden können.<br />

84 Non inelegans specimen demonstrandi in abstractis. Erdm. S. 94.<br />

85 In einem hypothetischen Urtheile könnte z. B. eine Gleichheit von Richtungen als Bedingung<br />

o<strong>der</strong> Folge vorkommen.

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