Freimaurerei zwischen Ideal und Alltag - Großloge der Alten Freien ...
Freimaurerei zwischen Ideal und Alltag - Großloge der Alten Freien ...
Freimaurerei zwischen Ideal und Alltag - Großloge der Alten Freien ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Noch ein <strong>Ideal</strong>: Alle Menschen werden Brü<strong>der</strong>. Ist Schillers Text von <strong>der</strong><br />
allgemeinen Menschenliebe angesichts <strong>der</strong> Wirklichkeit nicht ein bitterer<br />
Anachronismus?<br />
Wenn ja, dann sollten wir alle uns einen solchen Anachronismus leisten.<br />
Die Loge tut das als Lehr- <strong>und</strong> Übungsstätte für Brü<strong>der</strong>lichkeit <strong>und</strong> Humanität.<br />
Hier kann man im Kleinen miteinan<strong>der</strong> einüben, was im Großen so selten<br />
funktioniert. Hier darf man idealistisch denken, auch, wenn das Gleichgewicht<br />
<strong>der</strong> Kräfte ein <strong>Ideal</strong> bleibt, so, wie das Menschenbild, das sich daran orientiert.<br />
Die Vision einer geeinten Menschheit bleibt lebendig durch die praktische<br />
Politik <strong>der</strong> kleinen Schritte. Wir selbst müssen sie machen.<br />
Auch das alte freimaurerische Fanal „Freiheit – Gleichheit – Brü<strong>der</strong>lichkeit“<br />
pendelt <strong>zwischen</strong> <strong>Ideal</strong> <strong>und</strong> <strong>Alltag</strong>. Die Vereinten Nationen haben die UN-<br />
Charta <strong>der</strong> Menschenrechte im freimaurerischen Geist formuliert: „Alle<br />
Menschen sind frei <strong>und</strong> gleich an Würde <strong>und</strong> Rechten geboren. Sie sind mit<br />
Vernunft <strong>und</strong> Gewissen begabt <strong>und</strong> sollten einan<strong>der</strong> im Geiste <strong>der</strong><br />
Brü<strong>der</strong>lichkeit begegnen.“<br />
4<br />
Schöner ideeller Gedanke an gelebte Brü<strong>der</strong>lichkeit, praktizierte Toleranz,<br />
friedliches, verständnisvolles <strong>und</strong> rücksichtsvolles Miteinan<strong>der</strong> <strong>und</strong> Füreinan<strong>der</strong>.<br />
Menschenrechte sind Gr<strong>und</strong>rechte. Sie bleiben ein <strong>Ideal</strong>, wenn wir sie nicht<br />
praktizieren, denn Menschrechte sind auch Menschenpflichten. Wenn ein<br />
solcher Pflichtgedanke stirbt, sagt Eduard Spranger, dann „stirbt auch die<br />
Kultur“. Wir beobachten mit Sorge, dass überall in <strong>der</strong> Welt Kulturen sterben.<br />
Vor allem die Kultur des verständnisvollen Miteinan<strong>der</strong>s. Konkurrierende<br />
Religionen, unversöhnliche Feindbil<strong>der</strong>, kontroverse Ideologien,<br />
Wirtschaftsinteressen, die stärker sind, als Ethik <strong>und</strong> Moral <strong>und</strong> ein<br />
Machtstreben, das sich essentiell intolerant gebärdet, sind die starken<br />
Gegenkräfte <strong>der</strong> Kulturen.<br />
Menschenrechte müssen gelebt <strong>und</strong> die Würde des Menschen muss verteidigt<br />
werden. Über Menschenverachtendes muss geredet werden. Was wir wollen, ist<br />
jenes „laute Denken mit dem Fre<strong>und</strong>e“, wie Lessing das genannt hat. Auch das<br />
unbequeme Querdenken ist bei uns gefragt. Glücklicherweise gibt es seit<br />
Anbeginn <strong>der</strong> <strong>Freimaurerei</strong> immer auch Menschen, die etwas tun <strong>und</strong> bewegen<br />
können. Sympathisanten sind herzlich willkommen.<br />
Wir haben im vergangenen Jahr Prof. Hans Küng unseren Kulturpreis Deutscher<br />
Freimaurer verliehen, weil er unbeirrt grenzüberschreitend denkt <strong>und</strong> handelt,<br />
weil er so mutig ist, gegen die vielfältigen staatlichen <strong>und</strong> religiösen Egoismen<br />
mit dem „Weltethos“ ein verbindendes <strong>Ideal</strong> zu stellen <strong>und</strong> das Machbare dieses<br />
<strong>Ideal</strong>s immer wie<strong>der</strong> einzufor<strong>der</strong>n. Das ist Geist von unserem Geist.