Freimaurerei zwischen Ideal und Alltag - Großloge der Alten Freien ...

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angesprochen hat: „Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen? Was ist der Mensch?“ 8 Man kann, man darf, und manchmal müsste man auch der Welt eine andere Welt entgegenhalten. Weil eine Loge eine Welt im Kleinen ist, könnte sie gewissermaßen Modellcharakter für die Welt im Großen haben. Sie könnte, beispielgebend für die große, eine funktionierende, eine ideelle Gemeinschaft im Kleinen darstellen, und das ist eigentlich auch die Absicht, leider nicht immer auch die Realität. Freimaurerei ist, genau besehen, ein menschlicher Gegenentwurf zur unmenschlichen Welt. Wir werben nicht dafür. Wir wollen lediglich durch individuelles Beispiel anstecken und anstiften. Und wir wollen im vertrauten Engbund Loge gemeinsam darüber nachdenken, wie das gehen kann. Nachdenken auch über die Welt und darüber, was sie bewegt. Wir wollen feinfühlig sein für Zeitprobleme, „Trennendes sich befreunden lassen“, aufeinander zugehen in allen Lebenssituationen, geduldig zuhören, friedfertig sein. Egoismen überwinden, Verständigung suchen, offen sein für den Dialog. Geduldig sein. Das ist ganz Alltag. Das kann man machen. Und das Ideal? „Ideale sind wie Sterne“, sagt der Freimaurer Carl Schurz, „man sieht sie, man kann sich an ihnen orientieren, aber man erreicht sie nicht.“ Alle Menschen werden Brüder...“ Was Schiller in seiner Ode an die Freude für die Loge in Dresden dichtete und was Beethoven in seiner Neunten so meisterhaft vertonte, das ist natürlich eine Fiktion, wie der Schlussvers einer freimaurerischen Zusammenkunft: „Geist der Lieb´ umweh die Erde, dass das menschliche Geschlecht eine Bruderkette werde, teilend Wahrheit, Licht und Recht...“ Weil es geteilte Wahrheit, geteiltes Licht und Recht nicht gibt, und weil nicht alle Menschen Brüder werden, bleibt Freimaurerei Synonym für das bessere Miteinander in einer besseren Welt. Wie gesagt, eigentlich ist das alles ganz schlicht, wie Moses Mendelssohn sagt: „Nach Wahrheit forschen, Schönheit lieben, Gutes wollen, das Beste tun.“ Zugegeben: Das repariert nicht die unheile Welt. Aber es ist ein Weg, und der beginnt bei dir und mir, und er führt zu einem Schulterschluss mit allen Menschen guten Willens in der Welt. Ich zitiere hier gern Friedrich Ludwig Schröder (1744 – 1816), nach dessen Ritualwerk die Loge „Zum Schwarzen Bär“ arbeitet. Schröder hat vor rd. 200 Jahren gesagt, die Freimaurerei habe „alle Eigenschaften, die Menschen besser zu machen“. Sie sei die „erklärte Feindin aller Vorurteile“ und lehre „wahre Duldung“. „Güte des Herzens“, sagt Schröder, sei ein „Hauptbedingnis“, „Wohltätigkeit“ sei der „Geist“. Freimaurerei müsse in ihren Mitgliedern „etwas bewirken, denn sonst wäre sie unnütz. Sie soll bewirken, was weder der Staat noch die Kirche bewirken kann.“ Durch sie soll „innere Tugend und
9 Rechtschaffenheit vermehrt und verbreitet werden.“ Sie sei darauf angelegt, „auf innere Sittlichkeit zu arbeiten, das Gute, welches die bürgerliche Gesellschaft nicht bewirken kann, zu befördern, Weisheit und Tugend in ihrer wesentlichen Reinheit zu erhalten… und die Trennungen und Spaltungen, welche das Interesse der Staaten, Religionen, Ständen und aller zufälligen Verhältnisse hervorbringt, aufzuheben.“ Weil es so nicht ist, bleibt Freimaurerei ein hohes Ideal, gewissermaßen definiert über den Dingen. Überstaatlich. Überkonfessionell. Philanthropisch, altruistisch, kosmopolitisch.. Freimaurerei ist ein Lebensstil für offene Herzen und offene Sinne für die Zeit, die Umwelt und die Dinge um uns herum. Die „Überzeugung, dass alle Menschen im Grunde gleich vernünftig und gut“ sind (Brockhaus) prägt Aufklärung und Menschenrechte. „Dass ein Ideal nie völlig erreichbar ist, sondern ständig zu erstreben bleibt“, ist Wesensinhalt des Idealismus. Dass sich Idealismus und Realität nicht ausschließen, lehrt die Freimaurerei. Humanität, das Ideal aller Erziehung und Bildung, liegt irgendwo dazwischen und muss – trotz der aktuell so schlimmen Weltwirklichkeit – anfassbar, umsetzbar und alltagsfähig bleiben. „Am Ideal gemessen, versagt die Wirklichkeit“, sagt Richard von Weizsäcker, „aber was wäre das für eine traurige Wirklichkeit, wenn sie aufhören würde, sich am Ideal zu orientieren.“ So sehen wir Freimaurer das auch. Jens Oberheide ,Großmeister der Großloge A.F.u.A.M. von Deutschland.
Seite 1 und 2: Vortrag vorgelesen am 26.02.2008 an
Seite 3 und 4: Ohne Orientierung am Ideal wird der
Seite 5 und 6: 5 Freimaurerei kann nicht die Welt
Seite 7: 7 Miteinander leben, miteinander au

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