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Alumni Augsburg International - Akademisches Auslandsamt ...

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Zeitschrift für ausländische Absolventinnen und Absolventen der Universität <strong>Augsburg</strong> | Nr. 13 | Oktober 2008<br />

<strong>Alumni</strong><br />

<strong>Augsburg</strong><br />

<strong>International</strong><br />

CHINA VOR ORT<br />

Reiseberichte von <strong>Augsburg</strong>er<br />

BWL-Studentinnen und -Studenten<br />

Deutsch-chinesisches Geben und<br />

Nehmen am Marketing-Lehrstuhl<br />

DAAD-Preis 2007 für Ümmühan<br />

Cilem Urkun<br />

Erstmals vergeben:<br />

<strong>Augsburg</strong>er Universitätspreis für<br />

Versöhnung und Völkerverständigung<br />

Neu:<br />

Vorbereitungskurs für ausländische<br />

Studienanfängerinnen und -anfänger


Sie haben in Deutschland studiert, geforscht oder gelehrt?<br />

Auf Grund Ihres Aufenthaltes an einer deutschen Hochschule und den<br />

damit erlangten Qualifikationen können Sie Teil eines internationalen<br />

DAAD-<strong>Alumni</strong>-Netzwerkes werden, das Sie zur Vertiefung sozialer<br />

Kontakte sowie zur beruflichen und wissenschaftlichen Weiterbildung<br />

nutzen können.<br />

Das Ziel des Projektes ist es, Kontakte aufzubauen, zu pflegen, zu fördern<br />

und Ihnen nützliche Informationen rund um das Netzwerk anzubieten.<br />

Ihre Anmeldung bildet die Basis für:<br />

■ Weltweite <strong>Alumni</strong>-Kontakte<br />

■ Kontakte zu weiteren deutschen Universitäten, Institutionen<br />

und Unternehmen<br />

■ Karrieremöglichkeiten<br />

■ Workshops und Trainings<br />

■ <strong>Alumni</strong>-Newsletter<br />

Durch eine Anmeldung haben Sie zudem die Möglichkeit über<br />

Veranstaltungen, Neuigkeiten und Nachrichten informiert zu werden.<br />

Um alle Vorteile des <strong>Alumni</strong>-Netzwerkes nutzen zu können, reicht die<br />

Online-Anmeldung:<br />

www.germany-alumni.org<br />

Das Projekt wird im Auftrag des Auswärtigen Amts vom Deutschen<br />

Akademischen Austauschdienst (DAAD) koordiniert.<br />

Weitere Details finden Sie unter:<br />

www.daad.de<br />

LIEBE AUGSBURG-ALUMNI!<br />

Seit der letzten Ausgabe von <strong>Alumni</strong> <strong>Augsburg</strong> <strong>International</strong> ist einige Zeit vergangen und im <strong>Auslandsamt</strong> der Universität<br />

Augs burg hat sich einiges ereignet.<br />

Die wichtigste Änderung für Sie, liebe <strong>Alumni</strong>: Adrian Bieniec hat von Andrea Lörincz die Betreuung des <strong>Alumni</strong>-Projekts im Aus -<br />

landsamt übernommen, er ist damit zuständig für die Pflege Ihrer Daten und hatte diesbezüglich ja auch schon mit vielen von<br />

Ihnen Kontakt. Und vor allem ist Adrian Bieniec auch für die <strong>Alumni</strong>-Zeitschrift zuständig. Mit dieser Ausgabe halten Sie die erste<br />

in Ihren Händen, die er zusammengestellt und zu der er auch viele eigene Beiträge verfasst hat.<br />

Wie Sie sicherlich wissen, wurden in Bayern zum Sommersemester 2007 Studienbeiträge eingeführt, die der Verbesserung der<br />

Lehre und der Rahmenbedingungen für die Studentinnen und Studenten zugute kommen sollen. Auch die Serviceeinrichtungen<br />

werden ausgebaut, und so konnten seit April 2007 ein neuer Kollege und vier neue Kolleginnen – mit befristeten Verträgen – im<br />

<strong>Auslandsamt</strong> eingestellt werden.<br />

Sie sind zuständig für die Bereiche ERASMUS-Studienaufenthalte und ERASMUS-Praktika, für die allgemeine Auslandsstudien bera -<br />

tung, für die Pflege der internationalen Kooperationen und Partnerschaften (außer ERASMUS) der Universität <strong>Augsburg</strong>, für eine<br />

gezielte Vorbereitung und bessere Unterstützung der ausländischen Studierenden, für die Organisation von Veranstaltungen, die<br />

das Akademische <strong>Auslandsamt</strong> ausländischen Studentinnen und Studenten anbietet, für die Beteiligung der Universität <strong>Augsburg</strong><br />

an Auslandsmessen und, und, und ...<br />

Im Zuge des Ausbaus der einzelnen Aufgabenbereiche wurde auch der Internetauftritt des <strong>Auslandsamt</strong>es überarbeitet und er -<br />

weitert – ein Besuch unserer Internetseite www.aaa.uni-augsburg.de lohnt sich!<br />

Adrian Bieniec hat außerdem den Bereich auf unserer Homepage, der sich speziell an Sie, die internationalen <strong>Alumni</strong> richtet, aus -<br />

gebaut (www.aaa.uni-augsburg.de/internationale_alumni/). Neu ist eine Galerie mit <strong>Alumni</strong>-Kurzporträts. Wir freuen uns sehr<br />

darauf, dass auch Sie uns einen Beitrag schicken - einfach per E-Mail mit Foto an adrian.bieniec@aaa.uni-augsburg.de.<br />

Und was es es sonst noch aus <strong>Augsburg</strong> zu berichten gibt, lesen Sie auf den folgenden Seiten.<br />

Viel Spaß bei der Lektüre wünscht<br />

Ihre<br />

Sabine Tamm<br />

P.S. Adrian Bieniec hat jetzt nicht nur<br />

die <strong>Alumni</strong> <strong>Augsburg</strong> <strong>International</strong>-<br />

Zügel fest in der Hand, sondern Anfang<br />

August dieses Jahres auch geheiratet.<br />

Herzlichen Glückwunsch!<br />

Nr. 13 | Oktober 2008<br />

3


INHALT<br />

DIE IDEE STEHT ALLEM VORAN: Ein Gespräch mit Carmine Chiellino<br />

über die interkulturelle Literaturwissenschaft in Europa<br />

AUGSBURG - IZMIR/ADANA - AUGSBURG: DAAD-Preis 2007 für<br />

die Pädagogikstudentin Ümmühan Cilem Urkun<br />

CARLA DEL PONTE: Die erste Trägerin des <strong>Augsburg</strong>er Universitäts -<br />

preises für Versöhnung und Völkerverständigung<br />

RANDGÄNGER DER MODERNE UND DIE MIGRATION IN DEN<br />

MEDIEN: Dr. Liliana Ruth Feierstein und Stefan Wellgraf erhielten den<br />

<strong>Augsburg</strong>er Wissenschaftspreis für Interkulturelle Studien 2008<br />

INTERNATIONALER TAG: Der ehemalige DAAD-Präsident Theodor<br />

Berchem eröffnete die erste Veranstaltung dieser Art an der Universität<br />

<strong>Augsburg</strong><br />

TOR! TOR! TOR!: Career Service und IHK unterstützen ausländische<br />

Absolventen bei der Jobsuche<br />

IM RAMPENLICHT: „Campuskunst“ bietet den künstlerischen Talenten<br />

unter den <strong>Augsburg</strong>er Studentinnen und Studenten eine Bühne<br />

AUGSBURG UND SHANDONG: Eine Universitätspartnerschaft feiert<br />

ihren 20. Geburtstag<br />

AUGSBURG NÄHERT SICH CHINA: Chinesisch-deutsches „do ut des“<br />

am <strong>Augsburg</strong>er Marketing-Lehrstuhl<br />

19 TAGE CHINA: Eine Studentin des <strong>Augsburg</strong>er Marketing-Lehrstuhls<br />

und drei ihrer Kommilitonen über die Eindrücke, die eine intensive<br />

Exkursion ins Land der Mitte hinterlassen hat<br />

AUSLANDSMOMENTE: Der Kalender 2009 der Universität <strong>Augsburg</strong><br />

präsentiert Lieblingsfotos, die Studentinnen und Studenten von ihren<br />

Auslandsaufenthalten mitgebracht haben.<br />

PORTRAIT I: Markèta Ederova wollte eigentlich nur ein Semester lang<br />

in <strong>Augsburg</strong> studieren ...<br />

PORTRAIT II: BING YANG aus Jinan ist sich sicher, dass ihre<br />

Entscheidung, in <strong>Augsburg</strong> zu studieren, richtig war.<br />

WEITERE FÜNF JAHRE: Neue Finanzierungsvereinbarung sichert das<br />

erfolgreiche Modellprojekt „Willkommen an den <strong>Augsburg</strong>er Hoch -<br />

schulen“<br />

FIT INS STUDIUM: Neuer Vorbereitungskurs verhilft ausländischen An -<br />

fängerinnen und Anfängern zu einem erfolgreichen Einstieg ins Studium<br />

FAUST E.V.: Neuer Vorsitzender und erfreuliche Erfolgsbilanz<br />

PAROLA VISSUTA: Eine Einladung zur wissenschaftlichen<br />

Auseinandersetzung mit interkultureller Literatur<br />

5<br />

7<br />

10<br />

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22<br />

24<br />

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32<br />

32<br />

33<br />

34<br />

36<br />

IMPRESSUM<br />

<strong>Alumni</strong> <strong>Augsburg</strong> <strong>International</strong><br />

Die Zeitschrift für ausländische<br />

Ab sol ventinnen und Absolventen<br />

der Universität <strong>Augsburg</strong><br />

Herausgegeben von:<br />

Dr. Sabine Tamm & Adrian Bieniec<br />

<strong>Akademisches</strong> <strong>Auslandsamt</strong>,<br />

Universität <strong>Augsburg</strong><br />

D-86135 <strong>Augsburg</strong><br />

Telefon: ++49/821/598-5135<br />

Telefax: ++49/821/598-5142<br />

sabine.tamm@aaa.uni-augsburg.de<br />

Redaktion (verantwortlich):<br />

Klaus P. Prem, Referat für<br />

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit<br />

der Universität <strong>Augsburg</strong><br />

Produktion:<br />

Walch Joh. GmbH & Co Druckerei<br />

Auflage: 900 Exempla re.<br />

Namentlich gezeichnete Beiträge geben<br />

nicht unbedingt die Meinung der Heraus -<br />

geberInnen oder der Redaktion wieder.<br />

Für unaufgefordert eingesandtes Text-<br />

und Bildmaterial wird keine Verantwor -<br />

tung übernommen. Die Redaktion behält<br />

es sich vor, ein gesandte Manuskripte zu<br />

kürzen und zu bearbeiten.<br />

DIE IDEE STEHT ALLEM VORAN<br />

Ein Gespräch mit dem Komparatisten und interkulturellen<br />

Wissenschaftler Prof. Dr. Carmine Chiellino vom Augsbur -<br />

ger Lehrstuhl für Komparatistik über die Madrider For -<br />

schungs gruppe SELIDE und die Zukunft der interkulturellen<br />

Literaturwissenschaft in Europa<br />

Prof. Dr. Carmine Chiellino gab bereits<br />

im Jahr 2000 das Handbuch „Inter kul -<br />

turelle Literatur in Deutschland“ heraus,<br />

in dem ein Teil der Gegenwarts li te -<br />

ra tur erschlossen wird, der zwar unbestritten<br />

höchste Aktualität genießt, doch<br />

innerhalb der Forschung um seine Stel -<br />

lung ringen muss. Mit diesem Band, der<br />

heute zur Standardliteratur im deutschsprachigen<br />

Raum gehört, lenkte Chiel -<br />

lino die Aufmerksamkeit der Geistes -<br />

wis senschaften auf ein Gebiet, das über<br />

die Kategorien der National- oder Min -<br />

derheitenliteratur hinausgeht und damit<br />

die Interkulturalität als eigenständiges<br />

The ma in der Literatur erkennt. Die im<br />

Handbuch gesammelten Beiträge wurden<br />

von Verfasserinnen und Verfassern<br />

aus dem europäischen, asiatischen, ara -<br />

bi schen und afrikanischen Raum geliefert,<br />

die den Lesern authentisch und<br />

nach vollziehbar ihre Beobachtungen<br />

zur interkulturellen Literatur vermitteln.<br />

Dieses Ergebnis konnte nur im re -<br />

gen Austausch und mit der Unter stü t -<br />

zung einer Vielzahl von Mitarbei terin -<br />

nen und Mitarbeitern erreicht werden,<br />

die sich wie Chiellino, als interkulturelle<br />

Forscher verstehen. „Meine Idee war es,<br />

dass die Beiträge von Autorinnen und<br />

Au toren verfasst werden sollten, die sich<br />

in beiden Kulturen zu hundert Prozent<br />

aus kennen“, erläutert Chiellino seine In -<br />

tention.<br />

Auf der Suche nach Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeitern für sein Handbuch<br />

stieß Chiellino auf eine Doktorandin der<br />

Uni versidad Complutense de Madrid,<br />

die sich an der Universität in Kiel mit<br />

der Literatur der spanischen Minderheit<br />

in Deutschland beschäftigte. Er nahm<br />

Nr. 13 | Oktober 2008<br />

mit dieser spanischen Forscherin, Ana<br />

Ruiz Sánchez, Kontakt auf und bot ihr<br />

eine Zusammenarbeit am Projekt an,<br />

und sie steuerte einen Beitrag zu dem<br />

ihr vertrauten Thema bei. „Das war der<br />

erste Schritt“, erinnert sich Chiellino,<br />

der als Gutachter der Promotionsschrift<br />

zur Verleihung der Doktorwürde an Ana<br />

Ruiz Sánchez nach Madrid reiste. „Dort<br />

habe ich festgestellt, dass es in Madrid<br />

eine Gruppe von jungen Forschenden<br />

gibt, die Interesse hatten, die interkulturelle<br />

Literatur in Deutschland zu untersuchen,<br />

aber vor allem sich selbst als in -<br />

terkulturelle Forscherinnen und For -<br />

scher auszubilden“, fügt Chiellino hinzu.<br />

Vor allem Ana Ruiz Sánchez und Yo -<br />

landa García Hernández, die nach ihren<br />

Promotionen an die Universidad Autó -<br />

noma de Madrid gegangen waren, ha -<br />

ben die interkulturelle Literatur in<br />

Deutschland und in der Schweiz, zum<br />

Schwerpunkt ihrer wissenschaftlichen<br />

Arbeiten gemacht. „Da wir ein gemeinsames<br />

Interesse an dem Thema hatten,<br />

war es nur konsequent, eine Koope ra -<br />

tion anzustreben. Das haben wir auch<br />

getan und die Arbeit regelmäßig mit<br />

Treffen in Madrid und <strong>Augsburg</strong> fortgesetzt.<br />

Auf spanischer Seite wurde 2003<br />

die Forschergruppe SELIDE (Semi na -<br />

rio Permanente para el Estudio de las<br />

Li teraturas Desterritorializadas) ge -<br />

grün det, und auch ich bin Mitglied dieses<br />

Seminars geworden“, erinnert sich<br />

Chiellino.<br />

SELIDE setzt sich überwiegend aus<br />

Ger manisten, Romanisten, Anglisten<br />

und Komparatisten zusammen, aber<br />

auch Phi lo so phen und Psychologen sind<br />

beteiligt. Das Madrider For schungs pro -<br />

jekt zur interkulturellen Literatur konn-<br />

te sich bald nach seiner Gründung an<br />

der Universidad Autónoma etablieren<br />

und wurde daraufhin von der spani-<br />

schen Forschungsgemeinschaft geför-<br />

dert. „Die Zusammenarbeit mit der Ma -<br />

drider Forschungsgruppe gibt mir die<br />

Möglichkeit des Wissenstransfers und<br />

zugleich erlaubt sie mir, das Forschungs -<br />

feld zu erweitern“, so Chiellino. Er selbst<br />

sieht sich aber nicht lediglich in der<br />

Rol le des Supervisors: „Da ich länger zu<br />

diesem Thema geforscht habe und da<br />

ich mich schon lange mit Fragen der<br />

Interkulturalität beschäftige, verfüge ich<br />

hier sozusagen zwangsläufig über ein<br />

breites Wissen, aber ich glaube nicht,<br />

dass ich kompetenter als meine spani-<br />

schen Kolleginnen und Kollegen bin“.<br />

bemerkt Chiellino bescheiden an. Es<br />

gehe in erster Linie um das Schaffen<br />

und die Aufrechterhaltung eines Dia -<br />

loges zwischen den Disziplinen und den<br />

Forschungsstandorten <strong>Augsburg</strong> und Ma -<br />

drid.<br />

Diese deutsch-spanische Kooperation<br />

fi nanziert über die ERASMUS-Part -<br />

nerschaft zwischen der Universität Aug s -<br />

burg und der Universidad Autónoma de<br />

Madrid sowie aus Mitteln, die SELIDE<br />

von der Madrider Universität erhält, ein<br />

Seminar, das den Austausch der For -<br />

schungsergebnisse zwischen den zwei<br />

Standorten ermöglicht. „Gelegentlich<br />

werden Gäste zum Seminar eingeladen,<br />

die sich z. B. in Rumänien mit unserem<br />

Thema beschäftigen. Das Seminar ist<br />

zu dem so angelegt, dass die Dokto ran -<br />

dinnen und Doktoranden beider Uni -<br />

versitäten, die Möglichkeit erhalten, den<br />

Stand ihrer Arbeiten vor Forschenden<br />

5


im Bereich anderer interkultureller Li -<br />

teraturen vorzustellen und von deren<br />

Er fahrungen zu profitieren.“ Dieses in -<br />

terkulturelle Seminar findet zweimal im<br />

Jahr statt, im Frühjahr in <strong>Augsburg</strong>, im<br />

Herbst in Madrid.<br />

Die Beschäftigung mit interkultureller<br />

Li teratur in Europa ist zeitgemäß und<br />

bietet der Forschung ein weites Feld.<br />

Chiellino freut sich über das wachsende<br />

Interesse an interkultureller Forschung,<br />

prognostiziert aber gleichzeitig, dass das<br />

Interesse der Wissenschaft wieder ab -<br />

flau en könne, wenn interkulturelle Lite -<br />

ratur lediglich zur modischen Erschei -<br />

nung verkomme und ihr vielfältiges Po -<br />

tenzial nicht erkannt werde. Eines der<br />

gemeinsamen Ziele von Chiellino und<br />

der Madrider Forschungsgruppe ist deshalb<br />

ein Lehrstuhl für Interkulturelle<br />

Li teratur, der die Ergebnisse dauerhaft<br />

sichern und die Entwicklung der Ten -<br />

denzen über einen langen Zeitraum hinweg<br />

ermöglichen würde. Einen Grund -<br />

stein hierfür sieht Chiellino in der<br />

Gründung von SELIDE, die längerfris -<br />

tig eine führende Aufgabe bei der Er -<br />

schließung des Gebietes übernehmen<br />

werde: „Sei es weil sie von einem Land<br />

aus forschen, das sich erst mit der Ein -<br />

wanderung auseinanderzusetzen beginnt<br />

und daher ein verstärktes Interesse an<br />

der Thematik äußert, sei es weil SELI-<br />

DE schon seit langem an dem Thema ar -<br />

beitet, während die anderen Forschen -<br />

den die interkulturelle Wissenschaft erst<br />

allmählich erkennen. Die Jahre des Fran -<br />

kismus waren die Jahre einer rabiaten<br />

Monokulturalität in Spanien, das Nach -<br />

holbedürfnis ist dementsprechend groß.<br />

Zum einen trägt Spanien mit den Bas -<br />

ken, Katalanen und anderen Volks grup -<br />

pen die Frage der Interkulturalität in<br />

sich und zum anderen ist Spanien eine<br />

Ko lonialmacht gewesen und hat in weiten<br />

Territorien Spuren hinterlassen.<br />

Nicht zuletzt ist Spanien aber auch ein<br />

Einwanderungsland und dazu an das<br />

interkulturelle Projekt Europa angebun -<br />

den. Deswegen haben wir es in Spanien,<br />

ähnlich wie in Deutschland, mit einer<br />

intensiven Nachfrage nach Erfahrungen<br />

mit Interkulturalität zu tun. Zwar ist die<br />

Auseinandersetzung mit dem Thema in<br />

Deutschland etwas weiter vorange -<br />

schrit ten, doch letztlich haben wir es<br />

hierzulande mit einem anderen Modell<br />

zu tun, denn in Deutschland wurzelt die<br />

Interkulturalität nicht in der Koloniali -<br />

sierung, wie es in Spanien der Fall ist.<br />

Beide Positionen sind aber höchst interessant<br />

und decken zusammen ein großes<br />

Spektrum des zu untersuchenden Ge -<br />

bie tes ab.“<br />

Chiellino sieht insbesondere in der Be -<br />

treuung z. B. von Dissertationen die Mög -<br />

lichkeit, sein interkulturelles Wissen an<br />

nachkommende Generationen von For -<br />

scherinnen und Forschern weiterzugeben:<br />

„Erst mit langfristig angelegten For -<br />

schungsarbeiten lassen sich Entwicklun -<br />

gen über einen längeren Zeitraum hinweg<br />

ausmachen und die Ergebnisse verfestigen“,<br />

weshaöb Chiellino sowohl als<br />

Doktorvater vor Ort und „im Netz“ un -<br />

terschiedliche Projekte betreut bzw. un -<br />

ter stützt, denn „es sind die Einzelnen,<br />

die durch ihre innovativen Doktor ar -<br />

beiten den Bereich definieren werden“,<br />

führt Chiellino fort. „Wir stehen erst am<br />

Anfang unserer Arbeit. Wir wissen, dass<br />

es diesen Bereich gibt, dass die interkulturelle<br />

Kulturwissenschaft entwicklungs -<br />

fähig ist. Wir haben unsere eigenen, persönlichen<br />

Erfahrungen mit der Einwan -<br />

derung gemacht, und nun geht es darum,<br />

die einzelnen Gebiete auch inhaltlich zu<br />

erschließen. Diese Arbeit ist interessant,<br />

weil sie im Einklang mit der Entwick -<br />

lung Europas steht. Die monokulturellen<br />

Vorstellungen müssen erst überwunden<br />

werden, wenn Europa eine interkulturelle<br />

Gesellschaft werden will und sich<br />

eine nachhaltige Idee der Gemeinschaft<br />

wünscht. Die literaturwissenschaftliche<br />

Auseinandersetzung mit dem Thema<br />

der Interkulturalität kann Modelle er -<br />

schließen, die uns zeigen, wie das Zu -<br />

sammenleben in einer interkulturellen<br />

Gesellschaft möglich ist und sich voraussichtlich<br />

weiterentwickeln wird. Da -<br />

rin liegen die Brisanz und Aktualität der<br />

interkulturellen Literaturwissen schaft. Es<br />

geht darum, wie sich die Zukunft Euro -<br />

pas gestaltet und wohin uns unsere Vor -<br />

stellung eines gemeinsamen Europas füh -<br />

ren wird. Solche Forschung zu betreuen,<br />

ist natürlich eine sehr befriedigende Auf -<br />

gabe. Wir stehen am Anfang, aber mit<br />

verbindlichen Ideen.“ (ABc)<br />

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eines<br />

der spanisch-deutschen Kompaktseminare,<br />

das im April vergangenen Jahres in <strong>Augsburg</strong><br />

stattfand. Foto: Petra Leonore Pichler.<br />

6 <strong>Alumni</strong> <strong>Augsburg</strong> <strong>International</strong><br />

AUGSBURG - IZMIR/ADANA - AUGSBURG<br />

DAAD-Preis 2007 für die Pädagogikstudentin Ümmühan Cilem Urkun<br />

Am 29. November 2007 wurden die Be -<br />

mühungen der in <strong>Augsburg</strong> geborenen<br />

und in Izmir aufgewachsenen Türkin<br />

Üm mühan Cilem Urkun um den inter -<br />

kul turellen Dialog zwischen deutschen<br />

und türkischen Studierenden und ihr En -<br />

gagement zugunsten von Schülerinnen<br />

und Schülern mit Migrationshin ter -<br />

grund mit dem DAAD-Preis 2007 ge -<br />

wür digt. Seit Beginn ihres Studiums an<br />

der Universität <strong>Augsburg</strong> sei sie unab -<br />

lässig bemüht, die Mentalität türkischer<br />

Studentinnen und Studenten deren<br />

deutschen Kommilitoninnen und Kom -<br />

mi li tonen verständlich und verstehbar<br />

zu machen. Mit dem Selbstverständnis<br />

einer „Kulturmittleren“ engagiere sie<br />

sich über die Universität hinaus aber<br />

auch in der Arbeit mit Kindern und Ju -<br />

gendlichen türkischer Herkunft bzw. mit<br />

Migrationshintergrund allgemein, um<br />

die sen den Weg durch die deutsche Schu -<br />

le zu erleichtern und „die Schwierig kei -<br />

ten und kulturellen Bedingtheiten der<br />

Kom munikation in der deutschen Schu -<br />

le abzumildern“.<br />

Sie sei „ein Musterfall für eine gelingende<br />

kulturell reflektierte Integration“. So<br />

steht es in den Gutachten, mit denen die<br />

vor dreißig Jahren in <strong>Augsburg</strong> geborene,<br />

ab dem zehnten Lebensjahr in der<br />

Türkei aufgewachsene und 2002 zum<br />

Stu dium nach <strong>Augsburg</strong> zurückgekehrte<br />

Schulpädagogik-Doktorandin Ümmü han<br />

Cilem Urkun erfolgreich für den von der<br />

Universität <strong>Augsburg</strong> zu vergebenden<br />

DAAD-Preis vorgeschlagen wurde. Den<br />

Festvortrag hielt Cay Etzold vom Deut -<br />

schen Akademischen Austauschdienst<br />

zum Thema „Brauchen wir Alum ni?<br />

Der DAAD und seine <strong>Alumni</strong>-Arbeit“.<br />

Der DAAD stellt den deutschen Uni -<br />

ver sitäten und Hoch schulen jährlich<br />

einen Preis für hervorragende Leis tun -<br />

gen ausländischer Studentinnen und Stu -<br />

Nr. 13 | Oktober 2008<br />

denten zur Verfügung, mit dem die je -<br />

weilige Universität oder Hochschule das<br />

persönliche Engagement einer ausländischen<br />

Studentin oder eines ausländischen<br />

Studenten würdigt, das signifikant<br />

über hervoragende Leistungen im Stu -<br />

dium selbst hinausreicht. Die diesjährige<br />

Preisträgerin erhielt diese Auszeich -<br />

nung für ihre kontinuierlichen und vielfältigen<br />

Bemühungen um den gesellschaftlich-interkulturellen<br />

Dialog zwischen<br />

deutschen und türkischen Studie -<br />

renden und für das Engagement, mit<br />

dem sie sich – parallel zu ihren einschlägigen<br />

wissenschaftlichen Interessen – in<br />

der Arbeit vor Ort für die schulischen<br />

Belange von Kindern und Jugendlichen<br />

mit Migrationshintergrund einsetzt. Dass<br />

ihr Wirken von „einer bemerkenswerten<br />

Empathie und Bescheidenheit“ ge -<br />

prägt sei, wird ebenso gewürdigt wie der<br />

Umstand, dass Urkun „selbst unter sehr<br />

ungünstigen persönlichen Bedingungen<br />

und mit einer bewundernswerten Aus -<br />

dauer ein Studium an der Universität<br />

<strong>Augsburg</strong> aufgenommen hat“.<br />

Grundschule in <strong>Augsburg</strong>, Gymna -<br />

sium und erstes Studium „in der<br />

eigenen Kultur“<br />

Ümmühan Cilem Urkun wurde 1977 in<br />

<strong>Augsburg</strong> geboren und ging hier zur<br />

Grundschule. Auf Wunsch ihrer Eltern<br />

wuchs sie dann aber in der Türkei auf:<br />

„Sie wollten“, so Urkum, „dass ich mei -<br />

ne weitere schulische Ausbildung in mei -<br />

ner Kultur absolviere.“ So besuchte sie<br />

in Izmir die Mittelschule (1988-1991)<br />

und dann das Gymnasium (1991-1994).<br />

„Meine deutschen Sprachkenntnisse<br />

ver schlechterten sich in dieser Zeit dras -<br />

tisch“, berichtet die <strong>Augsburg</strong>er Türkin.<br />

„Erst nach neunjähriger ‘Pause’ konnte<br />

ich die deutsche Sprache wieder verwen -<br />

den, als ich die Möglichkeit erhielt,<br />

Deutsch an der Universität Cukurova in<br />

Adana zu studieren.“<br />

Mit DAAD-Stipendium zurück<br />

nach Deutschland<br />

Im letzten Jahr ihres vierjährigen Lehr -<br />

amtsstudiums an der Abteilung Deutsch -<br />

didaktik der Erziehungswissen schaft li -<br />

chen Fakultät der Universität Cukurova<br />

erhielt Urkun ein DAAD-Stipendium zur<br />

Aus- und Fortbildung in Deutschland, das<br />

sie für einen Intensivsprachkurs Deutsch<br />

in Kempten nutzte. Durch diesen Kurs<br />

sei sie motiviert worden, sich nach dem<br />

Abschluss ihres Studiums in Adana an<br />

der Universität <strong>Augsburg</strong> zu bewerben<br />

und sich im Magisterstudiengang für<br />

Deutsch als Fremdsprache mit den Ne -<br />

benfächern Schulpädagogik und Psy -<br />

cho logie zu immatrikulieren.<br />

7


Nach 15 Jahren wieder (und anfangs<br />

sehr fremd) in <strong>Augsburg</strong><br />

„Als ich 2002 nach 15 Jahren wieder<br />

hierher nach <strong>Augsburg</strong> – in meine Ge -<br />

burtsstadt – kam, begann für mich ein<br />

neuer Lebensabschnitt“, berichtet Ur -<br />

kun. „Meine Gefühle waren voller Hö -<br />

hen und Tiefen, deutlich beschreiben<br />

konn te ich sie nicht. Alles war so nah,<br />

nur ein Augenzwinkern entfernt, aber<br />

auch so weit weg, wie die Milchstraße<br />

im Weltall. Es hatte sich vieles verändert.<br />

Das Haus, in dem ich aufgewachsen<br />

war, gab es nicht mehr. Aber der<br />

Park, der nebenan war, war immer noch<br />

da, was mir meine Kindheit wieder zum<br />

Vorschein gebracht hat.“ Gleichwohl sei<br />

die erste Zeit in <strong>Augsburg</strong> beängstigend,<br />

alles sei sehr fremd gewesen.<br />

Tief verwurzeltes Interesse<br />

an den Problemen von Kindern<br />

mit Migrationshintergrund<br />

Von Beginn ihres <strong>Augsburg</strong>er Studiums<br />

an richtete Urkun besonderes Augen -<br />

merk auf das Unterrichten von Kindern<br />

mit Migrationshintergrund. „Die Bil -<br />

dungs- und Schulprobleme von Kindern<br />

und Jugendlichen aus türkischen Fa mi -<br />

lien haben mich immer schon tief be -<br />

rührt. Es ist mir wichtig, diesen Kindern<br />

zu helfen und herausfinden, warum die<br />

ausländischen Schülerinnen und Schü -<br />

ler im deutschen Bildungssystem weni-<br />

Vizepräsident Hanusch gratulierte<br />

der Preisträgerin ...<br />

ger erfolgreich sind als deutsche Schü -<br />

lerinnen und Schüler. Sicher kann ich<br />

nicht jeder Schülerin und jedem Schüler<br />

helfen, aber die wenigen, denen ich helfen<br />

kann, sind für mich wie die Mu -<br />

scheln, die ich wieder ins offene Meer<br />

freilassen kann.“<br />

Praktische Arbeit mit Kindern aus<br />

der Türkei und anderen Nationen<br />

Dadurch motiviert, hat Ümmühan Cilem<br />

Urkun bald angefangen, Nachhilfe zu<br />

geben. Zu ihrem heutigen Schülerkreis<br />

zählen nicht nur türkische Kinder, sondern<br />

Kinder unterschiedlichster Her -<br />

kunft – zum Beispiel aus Afrika, aus<br />

Russland oder aus Afghanistan. Darü -<br />

ber hinaus kümmert sie sich auch um<br />

... der zu Ehren Cay Etzold von Bonn als Festredner angereist war.<br />

Kinder, die unter ADS oder unter Re -<br />

chenschwäche leiden. „Ich denke, wenn<br />

man diesen Kindern keine Hilfe anbietet,<br />

dann kann es leicht sein, dass sie in<br />

einen Teufelkreis geraten, aus dem sie<br />

nur schwer wieder herausfinden.“<br />

Forschung im Dienst von Kindern<br />

mit Migrationshintergrund<br />

Parallel zu ihrem praktischen Engage -<br />

ment hat Urkun sich während ihres<br />

Augs burger Magister-Studiums bereits<br />

auch wissenschaftlich mit dieser Proble -<br />

matik auseinandergesetzt: Gemeinsam<br />

mit einer Kommilitonin startete und be -<br />

treute sie im Rahmen des Mercator-Pro -<br />

jekts eineinhalb Jahre lang das Teil -<br />

projekt „Zweisprachigkeit im Förder -<br />

un terricht“. Sie ging dabei der Frage<br />

nach, ob und wie durch die Förderung<br />

der Muttersprache der Migranten eine<br />

Verbesserung ihres Lernerfolgs in der<br />

deutschen Schule erreicht werden kann.<br />

Als wissenschaftliche Hilfskraft war sie<br />

am Lehrstuhl für Schulpädagogik zu -<br />

dem an dem Forschungsprojekt „Kul tu -<br />

relle Heterogenität mentaler Repräsen -<br />

tationen und Emotionen im menschlichen<br />

Gehirn“ beteiligt. Auch hier geht<br />

es um die Frage, die im Zentrum sowohl<br />

des wissenschaftlichen Interesses wie des<br />

parallelen praktisch-sozialen Engage -<br />

8 <strong>Alumni</strong> <strong>Augsburg</strong> <strong>International</strong><br />

Nr. 13 | Oktober 2008<br />

Dr. Sabine Tamm, die Leiterin des<br />

Akademschen <strong>Auslandsamt</strong>es der<br />

Universität <strong>Augsburg</strong> (links), würdigte die<br />

Leistungen der ausländischen Absolventen<br />

und Absolventen (oben) und holte Sie zum<br />

Gruppenfoto (unten) auf die Bühne.<br />

Fotos: Christa Holscher<br />

ments Urkuns steht: Wie kann man Kin -<br />

dern mit Migrationshintergrund den<br />

Weg zum schulischen Erfolg ebnen?<br />

Und dieser Frage ist letztlich auch das<br />

Promotionsprojekt gewidmet, das Ur -<br />

kun seit dem erfolgreichen Abschluss<br />

ih res Magister-Studiums am Lehrstuhl<br />

für Schulpädagogik bearbeitet. Sein T i -<br />

tel lautet „Die Kulturalität des Ver ste -<br />

hens. Untersuchung zum kulturdifferen-<br />

ziellen Verstehen von deutschen Mär -<br />

chen“, und Urkun erläutert: „Auf der<br />

Grundlage empirischer Untersuchun -<br />

gen in 3. Grundschulklassen sowohl in<br />

<strong>Augsburg</strong> als auch in Izmir, will ich die<br />

unterschiedlichen Aspekte der Kultura -<br />

lität des Verstehens darstellen und einen<br />

Beitrag zum Thema Heterogenität im<br />

Schulalltag leisten.“<br />

Ehrung ausländischer Absolven -<br />

tinnen und Absolventen 2007<br />

Ümmühan Cilem Urkun war nicht die<br />

Einzige, die an diesem Abend geehrt wur -<br />

de. Neben der Preisträgerin der DAAD-<br />

Auszeichnung wurden auch 18 ausländische<br />

Absolventinnen und Absolventen<br />

der Universität <strong>Augsburg</strong> gewürdigt: „In<br />

einem anderen als in seinem Heimat -<br />

land und in einer anderen als in seiner<br />

Muttersprache sein Studium erfolgreich<br />

abzuschleßen, das ist immer eine ganz<br />

be sondere Leistung", betonte Auslands -<br />

amtsleiterin Tamm. KPP<br />

9


CARLA DEL PONTE<br />

Damals noch im Amt, wurde<br />

die heute ehemalige Chefan -<br />

klägerin des <strong>International</strong>en<br />

Strafgerichtshofs für Ruanda<br />

und das frühere Jugoslawien<br />

am 24. November 2007 im<br />

Golde nen Saal des <strong>Augsburg</strong>er<br />

Rathauses als erste Persönlichkeit<br />

mit dem von Dr. Georg<br />

Haindl gestifteten „<strong>Augsburg</strong>er<br />

Uni versitätspreis für<br />

Versöhnung und Völkerverständigung“<br />

ausgezeichnet.<br />

10 <strong>Alumni</strong> <strong>Augsburg</strong> <strong>International</strong><br />

Nach der Vorstellung des Stifters sollen<br />

mit diesem Universitätspreis Per sön -<br />

lich keiten ausgezeichnet werden, die<br />

sich durch ihre Lebensleistung be son -<br />

dere Verdienste um die Versöhnung von<br />

Völkern, Volksgruppen und Glau bens -<br />

gemeinschaften erworben haben. Der<br />

Preis ist mit 10.000 Euro dotiert und<br />

wird im zweijährigen Turnus verge ben.<br />

Über die Vergabe entscheidet eine Jury,<br />

der neben dem Stifter der Bayerische<br />

Staatsminister für Wissenschaft, For -<br />

schung und Kunst, der Oberbürger meis -<br />

ter der Stadt <strong>Augsburg</strong>, der Präsi dent<br />

der Universität <strong>Augsburg</strong> und Mie czys -<br />

l⁄aw Pemper, Ehrenbürger der Stadt und<br />

der Universität <strong>Augsburg</strong>, ange hö ren.<br />

Vorbild Mieczysl⁄aw Pemper<br />

Nach eigenem Bekunden hat die persönliche<br />

Bekanntschaft mit Mieczysl⁄aw<br />

Pemper Dr. Georg Haindl dazu bewogen,<br />

den „<strong>Augsburg</strong>er Universitätspreis<br />

für Versöhnung und Völkerverstän di -<br />

gung“ zu stiften:<br />

Nr. 13 | Oktober 2008<br />

Pemper, der bei der <strong>Augsburg</strong>er DAAD-<br />

Preisverleihung 2001 den Festvortrag ge -<br />

halten hat (nachzulesen in AAI Nr. 6,<br />

Mai 2003, auf www.aaa.uni-augsburg.<br />

de/internationale_alumni/), wirbt als pol -<br />

nischer Jude und ehemaliger KZ-Häft -<br />

ling in <strong>Augsburg</strong> und weit darüber hinaus<br />

noch in hohem Alter unablässig und<br />

mit überzeugender Glaubwürdigkeit für<br />

Versöhnungsbereitschaft, wie Haindl<br />

erläutert: „Herr Pemper geht mit diesem<br />

Anliegen in Schulklassen und nimmt je -<br />

de Gelegenheit wahr, um dieses Anlie -<br />

gen insbesondere jungen Menschen zu<br />

vermitteln. Selbst in akuter Lebens ge -<br />

fahr schwebend, war Pemper als junger<br />

Mann bereit und entschlossen, sich recht -<br />

loser Willkür und Gewalt zu widersetzen.<br />

Seine Gabe, unkonventionell zu den -<br />

ken und unkonventionell zu handeln,<br />

hat es ihm dabei ermöglicht, nicht nur<br />

selbst der NS-Vernichtungsmaschinerie<br />

zu entgehen, sondern durch ‘intelligenten<br />

Widerstand’, wie er selbst es nennt,<br />

auch vielen anderen das Leben zu retten.<br />

Der <strong>Augsburg</strong>er Universitätspreis<br />

für Versöhnung und Völkerverstän di -<br />

gung soll Persönlichkeiten würdigen,<br />

de ren Lebensleistungen mit derjenigen<br />

Pempers vergleichbar sind, und ich wür -<br />

de mich auch freuen“, so der Stif ter,<br />

„wenn dieser Preis die Idee eines Zen -<br />

trums für Friedens- und Konfliktfor -<br />

schung an der Universität jener Stadt<br />

<strong>Augsburg</strong> weiter befördern würde, die<br />

sich aufgrund ihrer eigenen Religions -<br />

geschichte zurecht als die Stadt des Frie -<br />

dens und der Toleranz definiert.“<br />

Die erste Preisträgerin<br />

Carla Del Ponte, die erste Trägerin des<br />

„<strong>Augsburg</strong>er Universitätspreis für Ver -<br />

söhnung und Völkerverständigung“, hat<br />

sich als Chefanklägerin des Interna -<br />

tionalen Strafgerichtshofs durch herausragendes<br />

Engagement und einen unerschütterlichen<br />

Willen, missbräuchliche<br />

Machthaber, Staatschefs, Präsidenten<br />

und Generäle vor Gericht zu stellen und<br />

für deren Opfer Gerechtigkeit zu erwirken,<br />

einen Namen gemacht. Für ihre<br />

Gemeinsam mit der ehemaligen Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts, Prof. Dr. Jutta Limbach, die die Lautaio auf die Preisträgerin hielt:<br />

Mieczysl⁄aw Pemper (links), dessen Vorbild den Unternehmer Dr. Georg Haindl (rechts) zur Stiftung des „<strong>Augsburg</strong>er Universitätspreises für<br />

Versöhnung und Vökerverständigung motiviert hat. Fotos: Christa Holscher (links) Fred Schöllhorn (unten)<br />

11


unermüdlichen und hartnäckigen Bemü -<br />

hungen, die Menschanrechte durchzu-<br />

setzen, für Gerechtigkeit einzustehen<br />

und damit ein Zeichen für den Welt -<br />

frieden zu setzen, wurde Del Ponte 2002<br />

bereits mit dem Westfälischen Friedens -<br />

preis für „couragierte Arbeit“ und 2007<br />

mit dem SwissAward in der Kategorie<br />

Politik ausgezeichnet.<br />

Ein gefährlicher Lebenslauf<br />

Die Schweizer Juristin Carla Del Ponte,<br />

am 9. Februar 1947 in Bignasco gebo-<br />

ren, fiel zuerst als Staatsanwältin des<br />

Kan tons Tessin durch ihr kompromissloses<br />

Vorgehen gegen Geldwäscher, or -<br />

ganisierte Kriminalität, Waffen schmug -<br />

gel und grenzüberschreitende Wirt -<br />

schaftskriminalität auf. 1994 wurde sie<br />

zur Bundesanwältin der Schweiz berufen.<br />

Sie ermittelte u. a. wegen Verdachts<br />

auf Geldwäsche und Korruption im en -<br />

gen Umkreis des früheren russischen<br />

Prä sidenten Boris Jelzin und gegen den<br />

Bruder des ehemaligen mexikanischen<br />

Präsidenten Salinas. Sie arbeitete eng<br />

mit dem später ermordeten italienischen<br />

Richter Giovanni Falcone gegen<br />

die Mafia zusammen und entging 1989<br />

im Ferienhaus Falcones bei Palermo nur<br />

knapp einem Sprengstoffanschlag. Ab<br />

1999 hat sie sich am <strong>International</strong>en<br />

Strafgerichtshof für die weltweite Stär -<br />

kung der Herrschaft des Rechts engagiert,<br />

Verstöße gegen das Völkerrecht<br />

mit äußerster Konsequenz verfolgt und<br />

geahndet. Als Chefanklägerin ist sie<br />

mittlerweile nach achtjähriger Amtszeit<br />

Ende 2007 zurückgetreten, um nun die<br />

Schweiz als Botschafterin in Argenti -<br />

nien zu vertreten.<br />

Die Jagd geht weiter<br />

Das Kriegsverbrechertribunal hat seit<br />

1993 gegen insgesamt 161 mutmaßliche<br />

Kriegsverbrecher Anklage erhoben, von<br />

denen 63 auch verurteilt werden konnten.<br />

Der wegen Völkermordes angeklagte<br />

ehemalige Präsident Jugosla -<br />

wiens, Slobodan Milosevic, konnte nach<br />

vierjähriger Prozessdauer wegen seines<br />

vorzeitigen Todes während des laufenden<br />

Prozesses nicht mehr verurteilt werden.<br />

Nach Radovan Karadzic, der seit<br />

1995 an der Spitze der Fahndungsliste<br />

des Haager UN-Tribunals stand und<br />

schließlich im Sommer 2008 unter dem<br />

Vorwurf des Völkermords und schwer-<br />

ster Verbrechen gegen die Mensch lich -<br />

keit gefasst werden konnte, ist nun Ge -<br />

neral Ratko Mladic der wohl meistgesuchte<br />

Kriegsverbrecher Europas.<br />

Mit dem Rücktritt der Chefanklägerin<br />

Del Ponte ist also die Jagd nach den Tä -<br />

tern der jüngsten europäischen Ge schich -<br />

te nicht zu Ende. Das Tribunal wird frü -<br />

hestens 2010 oder 2011 die gesammelten<br />

Fälle der geahnten Verbrechen des Ju go -<br />

slawienkriegs ad acta legen und die mitt -<br />

lerweile sieben Millionen Seiten Ge -<br />

richtsakten endgültig schließen können.<br />

Auch Carla Del Ponte hat noch keineswegs<br />

abgeschlossen: Ihr im April dieses<br />

Jahres auf Italienisch erschienenes Buch<br />

„Die Jagd. Ich und die Kriegsverbre -<br />

cher“, sorgt für kontroverse Diskussio -<br />

nen zum Thema. Mit schonungsloser<br />

Ehrlichkeit schildert die Autorin ihre<br />

Jahre als Chefanklägerin des UN-Tri -<br />

bunals und appelliert an nachfolgende<br />

Ge nerationen, sich für Gerechtigkeit<br />

einzusetzen, nicht wegzuschauen und<br />

die Gräuel des Jugoslavienkriegs nicht<br />

zu vergessen. Die deutschsprachige Aus -<br />

gabe soll im Frühjahr 2009 bei Fischer<br />

erscheinen. (ABc)<br />

Ein eher kleines, bei näherem Hinsehen aber offenbar um so erheiterndes Geschenk überreichte <strong>Augsburg</strong>s Oberbürgermeister<br />

Dr. Paul Wengert der Preisträgerin beim Eintrag ins Goldene Buch der Stadt. Fotos: Christa Holscher (unten) und Fred Schöllhorn (rechts)<br />

12 <strong>Alumni</strong> <strong>Augsburg</strong> <strong>International</strong>


RANDGÄNGER DER MODERNE<br />

UND DIE MIGRATION IN DEN MEDIEN<br />

Dr. Liliana Ruth Feierstein und Stefan Wellgraf wurden am 11. Juni 2008 mit dem zum 11. Mal<br />

vergebenen „<strong>Augsburg</strong>er Wissenschaftspreis für Interkulturelle Studien“ ausgezeichnet.<br />

Den „<strong>Augsburg</strong>er Wissenschaftspreis<br />

für Interkulturelle Studien“, der in diesem<br />

Jahr zum 11. Mal vergeben wurde,<br />

erhielt am 11. Juni 2008 im Goldenen<br />

Saal des <strong>Augsburg</strong>er Rathauses die in<br />

Argentinien geborene und an der Uni -<br />

versität Bayreuth arbeitende Philoso -<br />

phin Dr. Liliana Ruth Feierstein. Ihre<br />

Promotion von „Schwelle zu Schwelle:<br />

Randgänge(r) der Moderne“ hatte im<br />

Feld der zwölf für den mit 5000 Euro<br />

dotierten Hauptpreis eingereichten Ar -<br />

beiten die größte Zustimmung der Jury<br />

gefunden. Die 1500 Euro des Förder -<br />

preises erhielt Stefan Wellgraf von der<br />

Europa-Universität-Viadrina in Frank -<br />

furt/Oder für seine Arbeit „Migration<br />

und Medien – wie Fernsehen, Radio und<br />

Print auf die Anderen blicken“. Auch in<br />

der Kategorie des Förderpreises lag der<br />

Jury mit dreizehn Bewerbungen ein um -<br />

fangreiches, hochkompetitives Feld vor.<br />

„Mit beiden Preisträgern“, so der Jury-<br />

Vorsitzende Professor Eckhard Nagel,<br />

„werden hoch qualifizierte Bewerber ge -<br />

ehrt, die das interdisziplinäre Wissen -<br />

schaftsfeld interkultureller Studien in<br />

Deutschland weiter ausbauen helfen.“<br />

VON SCHWELLE ZU SCHWELLE:<br />

RAND GÄNGE(R) DER MODERNE.<br />

EINE LEKTÜRE DER GESTUALITÄT<br />

GEGENÜBER DEN „ANDEREN“<br />

AUS DEM BLICKWINKEL<br />

DES JÜDISCHEN DENKENS<br />

Dr. Liliana Ruth Feierstein, 1969 in Bue -<br />

nos Aires geboren, untersucht in ihrer<br />

Dissertation, die sie an der Heinrich-Hei -<br />

ne-Universität in Düsseldorf erarbeitet<br />

hat, die jüdische Philosophie als einen<br />

konstitutiven Bestandteil deutscher Kul -<br />

tur. Dabei wirft sie ein ganz spezielles<br />

Licht auf zentrale Denkfiguren jüdi-<br />

schen Denkens und zeichnet kritisch und<br />

zugleich fruchtbar den deutsch-jüdischen<br />

Dialog nach. Ihr spezielles An -<br />

liegen in diesem Kontext ist es, Ränder,<br />

Schwellen und Grenzen aufzuzeigen und<br />

dabei darüber nachzudenken, wie diese<br />

gleichsam für intellektuelle Minderhei -<br />

ten in Deutschland dazu beigetragen ha -<br />

ben, Grenzen zu überwinden.<br />

Entgegen anderen Annährungen zum<br />

Thema der Grenzüberwindung wählt<br />

Fei erstein Bilder und Gesten gegenüber<br />

dem Anderen als Spiegel für ihre Fol -<br />

gerungen. Auffällig ist dabei, dass diese<br />

Vorgehensweise, die in sich selbst in dieser<br />

Arbeit noch einmal vielfältig reflektiert<br />

wird, im besten Sinne zu einer be -<br />

sonderen Form der Literatur selbst ge -<br />

worden ist. Der Text bewegt sich zwischen<br />

akademischer und literarischer<br />

Pro sa und kann als ein Werk verstanden<br />

werden, das eine explizit als Jüdin<br />

schreibende Autorin in ihrer besonderen<br />

Wahrnehmung charakterisiert. Das<br />

Thema Diskriminierung von Minder -<br />

heiten in deutschen Schulbüchern z. B.<br />

ergibt im Sachstand eine erwartete wie<br />

ebenso erschreckende Feststellung: Un -<br />

angemessene Vereinfachungen, Vernach -<br />

lässigung von Differenzierung, schematische<br />

Vorurteile, politisch-praktisch mo -<br />

tivierte Ideologien und strategisch eingesetzte<br />

Formen der Geschichts fäl schung<br />

im Dienste forcierter nationaler Ein heits -<br />

bildung zur Bewahrung des kollektiven<br />

Seelenfriedens. All dies wertet Feier -<br />

stein als Zeichen dafür, dass die Re spek -<br />

tierung der Unterschiedlichkeit von je -<br />

her auf die Wahrnehmung der Mehr heits -<br />

kultur angewiesen ist und bleibt.<br />

So trägt diese Arbeit dazu bei, Ver -<br />

decktes freizulegen und herauszuarbei-<br />

ten, dass in dem gegenwärtigen Ver -<br />

hältnis zu Randgruppen auch in Schul -<br />

büchern der heutigen Bundesrepublik,<br />

ähnlich wie zuvor in der DDR, unübersehbare<br />

Probleme bestehen, wenn es um<br />

eine angemessene Darstellung von Min -<br />

derheitsanliegen geht. Inwieweit hier<br />

tatsächlich ein strategisches Kalkül vorliegt<br />

oder aber nur Unfähigkeit zur Dif -<br />

ferenzierung, mag dahingestellt bleiben.<br />

Gleichwohl sieht Feierstein z. B. in der<br />

Redewendung von der „jüdisch-christlichen<br />

Tradition“ semantisch eine Aussa -<br />

ge, die darauf abzielt, das Judentum le -<br />

dig lich als eine vom Christentum überwundene<br />

Vorstufe darzustellen.<br />

„Frau Feiersteins Arbeit darf als ein Mus -<br />

terbeispiel für eine gelungene Inte gra -<br />

tion von Wissenschaft und Engagement,<br />

Intellektualität und Emotionalität, Ra -<br />

tionalität und Ästhetik gelten“, resümierte<br />

der Vorsitzende der Jury, Prof.<br />

Dr. Dr. Eckhard Nagel. Sie sei eine we -<br />

sentliche Bereicherung für die Kenntnis<br />

der deutsch-jüdischen philosophischen<br />

Tradition und liefere damit einen wichtigen<br />

Beitrag zum Verständnis der Be -<br />

deutung von Denktraditionen für die<br />

Ent wicklung zwischen den Kulturen.<br />

DIE HAUPTPREISTRÄGERIN:<br />

DR. LILIANA RUTH FEIERSTEIN<br />

Liliana Ruth Feierstein wurde 1969 in<br />

Buenos Aires, Argentinien, geboren. Sie<br />

studierte Erziehungswissenschaften, Ro -<br />

ma nistik und Philosophie an der Uni -<br />

versidad de Buenos Aires. 1999 schloss<br />

sie im Kontext eines Forschungsprojekts<br />

der mexikanischen Regierung mit dem<br />

Master in Wissenschafts- und For -<br />

schungs methode ab. Im Jahr 2000 kam<br />

sie über den Deutschen Akademischen<br />

14 <strong>Alumni</strong> <strong>Augsburg</strong> <strong>International</strong><br />

Austauschdienst (DAAD) als Dokto ran -<br />

din an die Philosophische Fakultät der<br />

Heinrich-Heine-Universität. 2002 wur -<br />

de sie hier Lehrbeauftragte für Roma -<br />

nistik, 2005 wissenschaftliche Assis ten -<br />

tin. Mehrere Stipendien haben sie nach<br />

Tel Aviv, nach Schweden und an das Leo<br />

Baeck Institut geführt. Noch vor dem Ab -<br />

schluss ihrer Düsseldorfer Promotion<br />

wechselte Feierstein 2006 als wissenschaftliche<br />

Mitarbeiterin an den Lehr -<br />

stuhl für Romanistik der Universität<br />

Bayreuth. Sie hat sich umfänglich bei<br />

der Mitorganisation von wissenschaftlichen<br />

Tagungen engagiert und ist insbesondere<br />

auch im Bereich des Verlags -<br />

wesens aktiv, u. a. bei der Organisation<br />

der Jüdischen Buchmesse in Deutsch -<br />

land.<br />

Nr. 13 | Oktober 2008<br />

DER FÖRDERPREISTRÄGER:<br />

STEFAN WELLGRAF<br />

Stefan Wellgraf wurde 1979 in Ost-Ber -<br />

lin geboren. Vom Wintersemester 2001/<br />

02 bis zum Juli 2007 studierte er – unterbrochen<br />

von einem Auslandsstudienjahr<br />

an der an der Universität Sciences-Po in<br />

Paris – Kulturwissenschaften mit dem<br />

Schwerpunkt „Vergleichende Sozialwis -<br />

senschaften und Kulturgeschichte“ an<br />

der Europa-Universität Viadrina in<br />

Frankfurt/Oder. Zwischen August 1999<br />

und Anfang 2001 war Wellgraf bei der<br />

„National Coalition to Abolish the Death<br />

Penalty“ in Washington D. C. tätig. Teils<br />

schon während seines Studiums war er<br />

an einigen Forschungsprojekten aktiv be -<br />

teiligt und hat umfangreiche Erfah rung<br />

Erst jeweils einzeln mit (v. l.) dem Juryvorsitzenden Prof. Dr. Dr. Eckhard Nagel, dem Augs -<br />

burger Oberbürgermeister Dr. Kurt Gribl, dem 2. Vorsitzenden von FILL e. V., Prof. Rainer<br />

Liebich, sowie mit Vizepräsident Prof. Dr. Horst Hanusch (Universität <strong>Augsburg</strong>) und dann ...<br />

im Medien-Bereich gesammelt. Für ver-<br />

schiedene Zeitungen hat er Re portagen,<br />

Berichte und Interviews geliefert. Seit<br />

April 2005 ist er freier Autor der Kul tur -<br />

redaktion einer Wochen zei tung.<br />

MIGRATION UND MEDIEN.<br />

WIE FERNSEHEN, RADIO UND PRINT<br />

AUF DIE ANDEREN BLICKEN<br />

Wellgraf unternimmt in seiner Diplom -<br />

arbeit den Versuch, an verschiedenen<br />

Bei spielen zu analysieren, wie das Bild<br />

der „Migranten“ in unserem Land ge -<br />

zeichnet wird. Suggestion über Bilder ist<br />

dabei einigen der untersuchten Sen dun -<br />

gen zu attestieren. Inhalte werden da -<br />

durch entfremdet wahrgenommen. Ge -<br />

genstand der Betrachtungen Wellgrafs<br />

sind u. a. die Ereignisse um die Rütli -<br />

schule; er widmet sich aber auch Come -<br />

dy-Sendungen, die sich dem Migrations -<br />

prozess am Ende eher kompensatorisch<br />

stellen. Die dort nachgezeichneten „Vor -<br />

zeigemigranten“ bestätigen gesellschaft -<br />

liche Vorgaben. Immer wieder geht es um<br />

den Aspekt der Mobilisierung von Ste -<br />

reotypen. Dabei werden nach Well grafs<br />

Auffassung visuelle Vorstellungen auch<br />

in denjenigen Medien verwendet, die kei -<br />

ne materiellen Bilder pro duzieren.<br />

Seine Diplomarbeit ist nicht zuletzt deshalb<br />

innovativ, weil Stefan Wellgraf den<br />

Vergleich zwischen den verschiedenen<br />

Me dien nicht scheut, sondern im Ge gen -<br />

teil diese aufeinander bezieht. Er weist<br />

auf die Versäumnisse und Vernachläs -<br />

sigung journalistischer Tätigkeit in der<br />

empirischen Medienforschung hin und<br />

leistet selbst einen wichtigen Beitrag da -<br />

zu, die Schnittstelle zwischen den verschiedenen<br />

Einflussfaktoren deutlich zu<br />

machen. Die Arbeit von Wellgraf ist<br />

span nend geschrieben. Anhand von je -<br />

weils zwei Fallbeispielen aus Fernsehen,<br />

Radio und Print lässt sie die zugrundeliegende<br />

Hypothese für den Leser gut<br />

verständlich und nachvollziehbar aufscheinen.<br />

Besonders hebt die Jury hervor,<br />

dass es Wellgraf gelinge, die Ana ly -<br />

se nicht in eine Medienschelte umschlagen<br />

zu lassen. Er vermeide konsequent<br />

die Kategorien „richtig“ und „falsch“ in<br />

15


... gemeinsam: die Hauptpreisträgerin und der Förderpreisträger des <strong>Augsburg</strong>er Wissenschaftspreises für Interkulturelle Studien 2008, Dr. Liliana<br />

Ruth Feierstein und Stefan Wellgraf. Fotos: Klaus Satzinger-Viel<br />

seiner Bewertung der journalistischen<br />

Ar beiten. Statt dessen frage er, wie ein<br />

bestimmtes Bild hergestellt wird und wie<br />

es sich am Ende durchsetzt. Auf diese<br />

Weise verbinde diese Arbeit besonders<br />

eindrucksvoll Theorie und Praxis.<br />

DER „AUGSBURGER WISSEN-<br />

SCHAFTS PREIS FÜR INTERKULTURELLE<br />

STUDIEN“<br />

Der „<strong>Augsburg</strong>er Wissenschaftspreis für<br />

Interkulturelle Studien“ wurde 1997 vom<br />

damaligen Vorsitzenden des „Forums In -<br />

terkulturelles Leben und Lernen e. V.“<br />

(FILL) mit dem Ziel begründet, an deut -<br />

schen Universitäten forschende junge<br />

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaft -<br />

ler für das übergreifende Thema „Inter -<br />

kulturelle Wirklichkeit in Deutschland:<br />

Fragen und Antworten auf dem Weg zur<br />

offenen Gesellschaft“ zu interessieren<br />

und herausragende wissenschaftliche<br />

Nachwuchsarbeiten zu diesem Thema<br />

ent sprechend zu honorieren. 1998 wur -<br />

de der Preis von der Univer sität und der<br />

Stadt <strong>Augsburg</strong> sowie von FILL als den<br />

drei Trägern erstmals verliehen. Seit<br />

2007 wird er jeweils als Haupt preis (für<br />

Habilitationsschriften und Dissertatio -<br />

nen) und als Förderpreis (für Magister-,<br />

Staatsexamens-, Diplom- und Masterar -<br />

beiten) ausgeschrieben. Der Hauptpreis<br />

ist mit 5000 Euro, der Förderpreis mit<br />

1500 Euro dotiert.<br />

Als Nachfolger von Prof. Dr. Dr. h. c.<br />

mult. Wolfgang Frühwald ist seit 2007<br />

Prof. Dr. Dr. Eckhard Nagel Vorsi t zen -<br />

der der Jury. Nagel ist Direktor des In -<br />

sti tuts für Medizinmanagement und Ge -<br />

sundheitswissenschaften und der For -<br />

schungsstelle für Sozialrecht und Ge -<br />

sund heitsökonomie der Universität Bay -<br />

reuth. Er leitet zugleich das Trans plan -<br />

tationszentrum des Klinikums <strong>Augsburg</strong><br />

und ist dort Chefarzt im Bereich für<br />

Allgemein-, Viszeral- und Transplan ta -<br />

tionschirurgie. Seit 2001 ist Nagel Mit -<br />

glied des Nationalen bzw. jetzt Deut -<br />

schen Ethikrats und des Präsidiums vor -<br />

standes des Deutschen Evangelischen<br />

Kir chentages. Von 2003 bis 2005 war er<br />

Präsident des Kirchentages Hannover.<br />

2010 wird der diese Funktion beim Ökumenischen<br />

Kirchentag in München einnehmen.<br />

In verschiedenen Zusammen -<br />

hän gen berät er die Landesregierungen<br />

und die Bundesregierung. Zu der zehn -<br />

köp figen Jury, die unter dem Vorsitz Na -<br />

gels über die Preisträger 2008 entschieden<br />

hat, zählen die Erziehungs wis sen -<br />

schaftlerin Prof. Dr. Leonie Herwartz-<br />

Emden (Universität <strong>Augsburg</strong>), die da -<br />

malige <strong>Augsburg</strong>er Bürgermeisterin und<br />

Kulturreferentin Eva Leipprand, der 2.<br />

Vorsitzende von FILL e. V., Prof. Rainer<br />

Liebich, der <strong>Augsburg</strong>er Weihbischof Dr.<br />

Dr. Anton Losinger, der Bayreuther Ent -<br />

wick lungs soziologe Prof. Dr. Dieter Neu -<br />

bert, der Augsbur ger Regionalbischof<br />

Oberkirchenrat Dr. Ernst Öffner, die<br />

<strong>Augsburg</strong>er Histori ke rin Prof. Dr. Su -<br />

san ne Popp, die Leiterin des Auslands -<br />

amtes der Universität Augs burg, Dr. Sa -<br />

bine Tamm, und der Philosoph Prof.<br />

Dr. Walther Chris toph Zimmerli, Prä -<br />

sident der TU Cottbus. KPP<br />

16 <strong>Alumni</strong> <strong>Augsburg</strong> <strong>International</strong><br />

INTERNATIONALER TAG – DER ERSTE<br />

Am 18. Juni 2008 bot das Akademische <strong>Auslandsamt</strong> „Information satt“ für alle <strong>Augsburg</strong>er<br />

Studentinnen und Studenten, die mal ins Ausland gehen wollen, v. a. aber auch für diejenigen,<br />

die noch nicht so recht wissen, ob sie wollen sollen oder ob nicht. Den Eröffnungsvortrag zu<br />

diesem ersten „<strong>International</strong>en Tag“ an der Universität <strong>Augsburg</strong> steuerte deren Universi täts -<br />

ratsvorsitzender bei, der lange Jahre Präsident des Deutschen Akademischen Austausch diens -<br />

tes war und es weiß, wie kein anderer: Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Theodor Berchem.<br />

„Der Auftrag der Hochschulen in Zei -<br />

ten der Globalisierung“ war das Thema<br />

des Vortrags, mit dem am 18. Juni 2008,<br />

der langjährige ehemalige DAAD-Prä -<br />

si dent Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Theodor<br />

Berchem den ersten „<strong>International</strong>en<br />

Tag“ der Universität <strong>Augsburg</strong> im Gro -<br />

ßen Hörsaalzentrum eröffnete. Ein um -<br />

fangreiches Informationsprogramm mit<br />

zahlreichen Vorträgen, Präsentationen<br />

und Gesprächsmöglichkeiten ging am<br />

Abend in ein Sommerfest über und klang<br />

bei Live-Musik und internationalem Buf -<br />

fet aus.<br />

„Dass wir Professor Berchem, der fraglos<br />

zu den national wie international er -<br />

fah rensten, kompetentesten und ange-<br />

Nr. 13 | Oktober 2008<br />

sehensten Experten auch dem Gebiet der<br />

<strong>International</strong>isierung des Hochschul we -<br />

sens zählt und zugleich Vorsitzender un -<br />

seres Universitätsrates ist, für die Eröff -<br />

nung gewinnen konnten, machte unse-<br />

ren ersten <strong>International</strong>en Tag zugleich<br />

zu einem ganz besonderen“, freut Dr.<br />

Sabine Tamm sich auch noch nachträg-<br />

lich. Mit ihrem Team des Akademischen<br />

<strong>Auslandsamt</strong>es hatte sie in diesem Jahr<br />

den ersten Aktionstag dieser Art an der<br />

Universität <strong>Augsburg</strong> organisiert. „Und<br />

wir haben uns“, ergänzt Julia Schneider<br />

als verantwortliche Projektleiterin, „ent -<br />

sprechend bemüht, insgesamt ein Pro -<br />

gramm auf die Beine zu stellen, das dem<br />

Anspruch gerecht wurde, der mit dem<br />

Eröffnungsredner einherging.“<br />

INFORMATIONEN ZU ALLEN<br />

ASPEKTEN DES AUSLANDSSTUDIUMS<br />

Die erste Programm-Komponente waren<br />

Vorträge zum Auslands studium und Be -<br />

richte von auslandserfahrenen Stu den -<br />

tinnen und Stu den ten. Die zweite Kom -<br />

ponente war – parallel zu den Vor trägen<br />

– eine Messe im Foyer des Hör saal zen -<br />

trums, bei der die Fakultäten ihre Aus -<br />

tauschprogramme vorstellten, Austausch -<br />

organisationen ihre Angebo te präsentier -<br />

ten und an zahlreichen „Län dertischen“<br />

ausländische oder auslands erfahrene Stu -<br />

dentinnen und Studen ten über ihre Her -<br />

kunfts- bzw. bereits be suchten Gast län -<br />

der informierten.<br />

Dass er nicht nur informativ war, sondern zudem eine Menge Spaß gemacht zu haben scheint, freut auch die Organisatorin des ersten<br />

<strong>International</strong>en Tags der Universität <strong>Augsburg</strong>: Julia Schneider ist seit einem guten Jahr Auslandsstudienberaterin im Akademischen <strong>Auslandsamt</strong><br />

und rät aus Überzeugung: Go out! Fotos: Klaus Satzinger-Viel<br />

17


„GO OUT!“ ODER: ZUM<br />

AUSLANDSAUFENTHALT MOTIVIEREN<br />

„Unser Ziel war es, unseren Studen tin -<br />

nen und Studenten kompakt einen aus-<br />

führlichen Überblick über die Mög lich -<br />

keiten eines Auslandsstudienaufhaltes<br />

zu geben und sie zu motivieren, die da -<br />

mit verbundenen Chancen für ihre per-<br />

sönliche und wissenschaftliche bzw. be -<br />

rufliche Entwicklung zu ergreifen“, er -<br />

läutert Projektleiterin Julia Schneider,<br />

die im Akademischen <strong>Auslandsamt</strong> der<br />

Universität <strong>Augsburg</strong> den Bereich Aus -<br />

landsstudienberatung betreut.<br />

PLAKATWETTBEWERB<br />

Darum, Plakate zu entwerfen, die Ap pe -<br />

tit auf ein Studium oder Praktikum im<br />

Ausland machen, ging es auch bei einem<br />

Wettbewerb, den das Akademische Aus -<br />

landsamt mit Unterstützung der DAAD/<br />

BMBF-Initiative „go out“ bereits Anfang<br />

des Jahres ausgeschrieben hatte. Die<br />

besten drei Entwürfe wurden bei einer<br />

Preisverleihung im Anschluss an das<br />

Vor tragsprogramm gegen prämiert.<br />

FAUST-BENEFIZ-BÜCHER-BASAR<br />

Während des ganzen <strong>International</strong>en<br />

Tags war auch FAUST, der Verein zur<br />

Förderung Ausländischer Studierender<br />

in <strong>Augsburg</strong> e.V., mit einem Benefiz-<br />

Bücher-Basar präsent. Wer hier eingekauft<br />

hat, hat nicht nur Lesestoff erworben,<br />

sondern auch FAUST geholfen, ausl -<br />

ändischen Studentinnen und Studenten<br />

zu helfen, die unverschuldet in eine Not -<br />

la ge geraten sind.<br />

EIN SOMMERFEST ZUM AUSKLANG<br />

Nach einem halben Tag „Information<br />

satt“ sorgte die dritte Programm-Kom -<br />

ponente für Entspannung: Bei einem<br />

Sommerfest in der Alten Cafeteria mit<br />

Live-Musik und – natürlich – internationalem<br />

Buffet klang der <strong>International</strong>e<br />

Tag aus. KPP<br />

Nr. 13 | Oktober 2008<br />

19


20<br />

TOR! TOR! TOR!<br />

Wie zwei ausländische Absolventen bei der<br />

Jobsuche einen Volltreffer landeten.<br />

„Unverhofft kommt oft“ und „Alle We -<br />

ge führen nach Rom“ – für Abdellatif<br />

Dakkak und Teofil Popov sind diese beiden<br />

deutschen Sprichwörter Wirklich -<br />

keit geworden: Auf ungewöhnliche Art<br />

und Weise haben die beiden Absolven -<br />

ten der Universität <strong>Augsburg</strong> einen in -<br />

teressanten Job gefunden, der sie, wie<br />

man che jetzt folgern könnten, jedoch<br />

nicht nach Rom verschlagen hat. Das<br />

„persönliche Rom“ Abdellatif Dak kaks,<br />

der ursprünglich aus Marokko stammt,<br />

und des gebürtigen Bulgaren Teofil Po -<br />

pov, heißt „Butzbach GmbH“.<br />

Butzbach ist ein mittelständisches Unter -<br />

nehmen der Metallbaubranche, das in<br />

der Nähe von Ulm sitzt und Industrie -<br />

tore fertigt. Der Diplom-Kaufmann Teo -<br />

fil Popov arbeitet dort als Assistent der<br />

Geschäftsführung. „Ich bin mit dem Job<br />

sehr zufrieden. Meine Aufgaben und<br />

Pro jekte sind unheimlich abwechslungsreich:<br />

Datenanalysen zählen ebenso da -<br />

zu wie die Optimierung von Produk -<br />

tions prozessen und die Vorbereitung<br />

von Entscheidungen, die die Geschäfts -<br />

führung treffen muss.“ An seinen Job ist<br />

er mit Hilfe einer Initiative gekommen,<br />

die der Career Service der Universität<br />

<strong>Augsburg</strong> in Zusammenarbeit mit der<br />

In dustrie- und Handelskammer Schwa -<br />

ben (IHK) gestartet hat: Ausländische<br />

Studierende, die kurz vor dem Ab -<br />

schluss ihres Studiums stehen, können<br />

ihre Bewerbungsunterlagen an den Ca -<br />

reer Service schicken. Die IHK weist<br />

dann in einem Newsletter an die Mit -<br />

gliedsunternehmen auf interessante Be -<br />

werberprofile hin.<br />

Eine klassische Win-Win-Situation<br />

für Unternehmen und Bewerber<br />

„Ich habe nicht aktiv nach Personal ge -<br />

sucht, sondern wurde durch den News -<br />

letter der IHK zufällig auf die beiden<br />

Ab solventen aufmerksam. Firmen er ken -<br />

nen so manche Bedarfe, die Ihnen vorher<br />

nicht bekannt waren. Das Prozedere<br />

war unkompliziert – ich kann anderen<br />

Unternehmern sehr empfehlen, sich die<br />

Bewerberprofile genau anzuschauen“,<br />

be tont Thilo Butzbach, der Geschäfts -<br />

führer des Unternehmens und Chef der<br />

beiden jungen Mitarbeiter.<br />

„Ich habe mich für viele Stellen beworben“,<br />

be richtet Teofil Popov. „Etwa ein<br />

Jahr vor meinem Studienabschluss habe<br />

ich angefangen, Absolventenmessen zu<br />

besuchen und auf den Internetseiten<br />

mei ner Wunschunternehmen zu verfolgen,<br />

ob es aktuelle Stellenausschrei bun -<br />

gen gibt.“ Dass man für die Stellensuche<br />

langen Atem braucht, davon ist auch<br />

Ab dellatif Dakkak, der Jura mit dem<br />

Schwerpunkt arabisches Recht studiert<br />

hat, überzeugt. Er mutmaßt, dass auch<br />

seine ausländische Herkunft die Stellen -<br />

suche erschwert habe: „Das muss eine<br />

Rolle gespielt haben. Denn drei akademische<br />

Abschlüsse und vier Sprachen<br />

sind eigentlich ideale Voraussetzungen,<br />

um eine interessante und anspruchsvolle<br />

Arbeit zu finden. Für ausländische Stu -<br />

dierende ist das Projekt des Career Ser -<br />

vice und der IHK sehr hilfreich und eine<br />

gute Alternative zum konventionellen<br />

Bewerbungsweg.“<br />

Thilo Butzbach, Abdellatif Dakkak und<br />

Teofil Popov (v.l.) vor einem der<br />

Industrietore, die das Unternehmen fertigt.<br />

Julia Brombach, Leiterin des Career<br />

Service der Universität <strong>Augsburg</strong> und<br />

Autorin die ses Artikels:<br />

„Sie sind Studentin oder Student<br />

aus ländischer Herkunft und<br />

möchten die Unterstützung bei<br />

der Stellen suche in Anspruch<br />

nehmen?<br />

Dann schicken Sie Ihre Bewerbungs unter<br />

lagen in elektronischer Form an<br />

brombach@zww.uni-augsburg.de. Die<br />

Unterlagen sollten aus einem tabellarischen<br />

Lebenslauf mit Ihren Kontakt da -<br />

ten und Angaben zu Ihrer Nationalität,<br />

Studienfach und -abschluss, Sprach -<br />

kenntnissen sowie zu Praktikums- bzw.<br />

Berufserfahrungen und einem An schrei -<br />

ben bestehen. Schildern Sie bitte, in<br />

welcher Branche und in welchem Auf -<br />

gabenbereich Sie Ihre Kenntnisse gerne<br />

einbringen würden und zu welchem<br />

Termin Sie die Stelle antreten könnten.<br />

Bitte geben Sie auch an, bis wann Ihre<br />

Aufenthalts ge neh migung gültig ist. In der<br />

Vergangenheit konnte die IHK einigen<br />

Studierenden kurz vor dem Ablaufen<br />

ihrer Aufenthalts geneh migung einen Job<br />

vermitteln, so dass sie nach der Been -<br />

digung ihres Studiums eine Beschäftigung<br />

in Deutschland finden konnten. Wir<br />

freuen uns auf Ihre Bewerbung!“<br />

IM RAMPENLICHT<br />

Campuskunst bietet den<br />

künstlerischen Talenten<br />

unter den <strong>Augsburg</strong>er<br />

Studentinnen und<br />

Studenten eine Bühne.<br />

Die studentische Kulturszene in Augs -<br />

burg wird seit Mai 2006 um eine Ver an -<br />

staltungsreihe bereichert, die Stu den tin -<br />

nen und Studenten die Mög lich keit er -<br />

öffnet, ihre Talente einem breiten Publi -<br />

kum vorzustellen. Auf Initia tive des Stu -<br />

dentenwerks <strong>Augsburg</strong> wur de in Koope -<br />

ration mit dem Kulturreferat des AStA<br />

<strong>Augsburg</strong> die Idee des Kulturprojekts<br />

Cam puskunst ins Leben gerufen.<br />

„Mittlerweile hat Campuskunst bereits<br />

Kultstatus“, freut sich Katharina von<br />

Sau cken-Griebel, die die Beratungs -<br />

stelle b!ist und das Öffentlichkeitsrefe-<br />

rat des Studentenwerks <strong>Augsburg</strong> leitet.<br />

Die Vielfalt der studentischen Beiträge<br />

reicht von Lyrik über Prosa bis hin zum<br />

Ka barett. Neben jungen Autoren präsen -<br />

tieren sich Musiker, Sänger, Tänzer, Ak -<br />

tions künst ler und Artisten. „Besonders<br />

freuen wir uns natürlich über Beiträge<br />

von Studentinnen und Studenten aus<br />

dem Ausland“, betont von Saucken-<br />

Grie bel, „denn den Kulturaustausch se -<br />

hen wir als wichtige Komponente unseres<br />

kulturellen Auftrags.“<br />

Bühnenerfahrung ist kein Hinderungs -<br />

grund, aber auch keinesweg Vorausset -<br />

zung, um sich dem Publikum bei Cam -<br />

pus kunst präsentieren zu können. Das<br />

ein zige was zählt, sind die Potenziale<br />

und Talente, die in den jungen Künst -<br />

lerinnen und Künstlern schlummern.<br />

Nr. 13 | Oktober 2008<br />

Campuskunst findet zweimal pro Jahr<br />

statt – abwechselnd in der neuen Mensa<br />

der Hochschule (FH) <strong>Augsburg</strong> und in<br />

der Alten Cafete der Universität. Alle,<br />

die interessiert sind, Campuskunst aktiv<br />

mit zugestalten – ob noch unentdeckte<br />

Ta lente, Newcomer oder auch schon<br />

Büh nenerfahrene – wenden sich an: Ka -<br />

tharina von Saucken-Griebel im Stu den -<br />

tenwerk <strong>Augsburg</strong> (Telefon 0821/598-<br />

4926 oder info@campuskunst.de). ABC<br />

Fotos: Studentenwerk <strong>Augsburg</strong><br />

21


AUGSBURG UND SHANDONG<br />

Eine Universitätskooperation feiert ihren 20. Geburtstag<br />

2007 stand für Bayern ganz im Zeichen<br />

der 20-jährigen Partnerschaft zwischen<br />

der chinesischen Provinz Shandong und<br />

dem Freistaat. <strong>Augsburg</strong> hatte neben dem<br />

Jubiläum der politischen und wirtschaftlichen<br />

Partnerschaft auch das 20-jährige<br />

Bestehen der Kooperatio n zwischen der<br />

Shandong University (SDU) und der<br />

Uni versität <strong>Augsburg</strong> (UA) gebührend<br />

zu feiern. Höhepunkt dieses Jubiläums<br />

war eine Festwoche, die am 9. Juli mit<br />

einem Festakt in der Staatskanzlei in<br />

München begann und am 13./14. Juli mit<br />

einem öffentlichen Jubiläumskolloqui -<br />

um an der UA mit anschließender Fest -<br />

veranstaltung endete.<br />

Die Verbindung der Universität Augs -<br />

burg mit der SDU ist auf Beziehungen<br />

und zwischen den Mathematisch-Natur -<br />

wis senschaftlichen Fakultäten zurückzu<br />

führen, die 1987 in einen Koopera tions -<br />

vertrag mündeten.<br />

Seit diesem Abschluss der Kooperation<br />

ist einiges bewegt worden. Was als For -<br />

schungskooperation zwischen Mathe ma -<br />

tikern begann, dehnte sich zu einer universitätsweiten<br />

Austauschplattform aus.<br />

So wurde die Philosophisch-Sozial wis -<br />

senschaftliche Fakultät im For schungs -<br />

bereich aktiv, Vertreter der Juris tischen<br />

und Wirtschaftswissen schaft lichen Fa -<br />

kultät tauschten sich in Shan dong vor<br />

Ort mit ihren Kollegen aus und haben bis<br />

heute immer wieder Besuch von diesen<br />

aus China. Auch die Katho lisch-Theo -<br />

logische Fa kultät stieg in die Bezie -<br />

hungen ein. Ein Symposium über den<br />

Interreligiösen Dia log hatte u. a. zur<br />

Fol ge, dass ein <strong>Augsburg</strong>er Theolo gie -<br />

student im Som mer 2005 ein Stipen -<br />

dium für einen vierwöchigen Aufenthalt<br />

an der SDU erhielt. Professoren der<br />

SDU sind zu dem auch immer wieder<br />

Gastreferenten in der <strong>Augsburg</strong>er Vor -<br />

tragsreihe „China: Gesellschaft und Wirt -<br />

schaft im Umbruch“.<br />

Antje Körschner-Dietz, die Autorin dieses<br />

Beitrags, ist seit gut einem Jahr im Akade -<br />

mi schen <strong>Auslandsamt</strong> für Hochschulko ope -<br />

rationen und -partnerschaften zuständig.<br />

Foto: Klaus Satzinger-Viel<br />

Abgesehen von einzelnen Gaststuden -<br />

tin nen und -studenten beider Koopera -<br />

tionspartner wird der stu den tische Aus -<br />

tausch primär durch Som merkurse ge -<br />

fördert. Studierenden beider Universi -<br />

tä ten bietet sich die Mög lichkeit, stipendiengefördert<br />

einen Som mer lang die<br />

Partneruniversität samt Sprache und<br />

Kul tur näher kennenzulernen und sich<br />

mit Einheimischen auszutauschen. Im<br />

Rahmen einer in Eigen ini tiative organisierten<br />

Chinareise be such te im Sommer<br />

2007 eine Gruppe von Augs burger Stu -<br />

dentinnen und Studen ten auch die Ko -<br />

operationsuniversität in Shan dong, um<br />

mit interessanten Ein blicken in die chinesische<br />

Kultur und in die Universi -<br />

tätslandschaft Chinas nach <strong>Augsburg</strong> zu -<br />

rückzukehren.<br />

Für die nahe Zukunft arbeitet das Spra -<br />

chenzentrum an einem neuen Projekt<br />

im Rahmen des Austauschs mit Shan -<br />

dong: Bis zu dreißig Studierende der<br />

SDU sollen ein Semester lang in Augs -<br />

burg die Gelegenheit bekommen, an<br />

einer deutschen Universität Spra che, Li -<br />

teratur, Geschichte und Gesell schaft ih -<br />

res Gastlandes kennenzulernen.<br />

AUGSBURG<br />

NÄHERT SICH<br />

CHINA<br />

Das deutsch-chinesische<br />

Aus tauchprogramm am<br />

<strong>Augsburg</strong>er Marketing-Lehr -<br />

stuhl bindet chinesische Stu -<br />

dierende stärker ein und<br />

führte die deutschen Teil -<br />

nehmer auf eine Exkursion<br />

nach China<br />

Im Vergleich mit anderen deutschen<br />

Hoch schulen zeichnet sich die Univer si -<br />

tät <strong>Augsburg</strong> durch einen verhält nis mä -<br />

ßig hohen Anteil ausländischer Stu den -<br />

tinnen und Studenten aus, der seit meh -<br />

re ren Jahren zwischen 12 und 14 Pro -<br />

zent pendelt. Die zahlenstärkste Grup -<br />

pe unter den ausländischen Studie ren -<br />

den stammt aus China. Besonderer Be -<br />

liebtheit bei den chinesischen Studen -<br />

tin nen und Studenten er freut sich die<br />

Wirtschaftswissen schaftliche Fakultät.<br />

Be reits im Win ter semester 2003/04 hat<br />

rund die Hälf te der aus China stammenden<br />

Studie renden der Universität Augs -<br />

burg Be triebswirtschaftslehre studiert.<br />

„Im Zusammenhang mit der Profi lie -<br />

rung der Wirtschaftswissenschaftlichen<br />

Fakultät im Bereich des Global Busi -<br />

ness Management entstand die Idee, das<br />

Interesse chinesischer Studenten an<br />

einer fundierten wirtschaftswissenschaftlichen<br />

Ausbildung nicht nur als<br />

Herausfor de rung an die Lehre der<br />

Fakultät zu be greifen, sondern auch als<br />

eine wertvolle Ressource zu erkennen“,<br />

erläutert Dipl.-Kfm. Ziyou Yang. Als<br />

Dok torand am Marketing-Lehrstuhl ko -<br />

ordiniert er dort ein ausgewöhnliches<br />

deutsch-chi nesisches Projekt.<br />

Zusammen und im Konsens mit chinesischen<br />

Studierenden wurde am Lehr stuhl<br />

ein Konzept entwickelt, das die ersteren<br />

22 <strong>Alumni</strong> <strong>Augsburg</strong> <strong>International</strong><br />

intensiv in den Lehrbetrieb integriert.<br />

Ausgehende von Basisaktivitäten wird<br />

dabei in einer „Aktivitätenpyramide“<br />

(sie he Grafik unten) das Leistungsni -<br />

veau durch immer spezifischer werdende<br />

Aufgaben kontinuierlich gesteigert.<br />

Im Juni 2006 startete das auf der unteren<br />

Ebene des Projektplans angesiedelte<br />

Vorhaben eines Sprachaustausch pro -<br />

gramms. Deutsche und chinesische Stu -<br />

dierende bildeten Zweier-Teams, um<br />

wechselseitig voneinander zu lernen:<br />

Während die deutschen Teilnehmer<br />

ihren chinesischen Kommilitonen die<br />

deutsche Sprache und Kultur näherbrachten,<br />

revanchierten sich die chinesischen<br />

Teampartner mit der Vermittlung<br />

der ihnen vertrauten chinesischen Spra -<br />

che und Kultur. „Es war eine Form der<br />

beidseitigen Gegenleistung“, so Yang.<br />

Die elf Teams trafen sich zweimal pro<br />

Nr. 13 | Oktober 2008<br />

Woche, um sich gemeinsam auf Klausu -<br />

ren vorzubereiten oder um aktuelle The -<br />

men zu besprechen.<br />

Ferner bot Yang den deutschen Teil neh -<br />

merinnen und Teilnehmern – den elf<br />

Teampartnern und fünf weiteren Inter -<br />

es sierten – einen Sprachkurs in Man -<br />

darin an. Zwei Gruppen wurden einmal<br />

pro Woche unterrichtet. Im Laufe der<br />

Zeit steißen weitere Studierende zu diesem<br />

Sprach kurs hinzu, und auch im Fol -<br />

gejahr wur de das Sprach- und Tandem -<br />

programm mit acht Teams wieder angeboten.<br />

Der Sprachkurs wurde sogar um<br />

zwei Fortgeschrittenenkurse er weitert.<br />

Neben der Fortführung und der Wei -<br />

terentwicklung der Aktivitäten in Rich -<br />

tung der Spitze der „Pyramide“ fand als<br />

besonderes Highlight im August und<br />

Sep tember 2007 unter Yangs Leitung<br />

eine von der Universität <strong>Augsburg</strong> fi -<br />

nan ziell unterstützte gemeinsame Stu -<br />

dienreise nach China statt.<br />

„Bei dieser Reise haben wir erfahren,<br />

wie wichtig es ist, dass deutsche Stu den -<br />

tinnen und Studenten China mit eige-<br />

nen Augen erleben können“, berichtet<br />

der Koordinator des Projekts. Neben den<br />

Universitäten Shandong, Tongji, Nanjing<br />

und der Xi'an <strong>International</strong> Studies Uni -<br />

versity besuchte die <strong>Augsburg</strong>er Gruppe<br />

während dieser neunzehntägigen Reise<br />

u. a. die Städte Beijing, Jinan und Shang -<br />

hai, weiterhin den Heiligen Berg Tai<br />

sowie Qufu, die Heimat des Konfuzius,<br />

und die Chinesische Mauer.<br />

Auf den folgenden Seiten berichten ei -<br />

nige der deutschen Exkursionsteil neh -<br />

mer über ihre ganz persönlichen Ein -<br />

drücke von ihrer Reise nach China.<br />

23


Nach neun<br />

Stunden Flug...<br />

... auf der Großen<br />

Mauer, Beijing<br />

19 TAGE IN CHINA<br />

Anna Schmelcher, Manuel Rogl, Robert<br />

Gassner und Benedikt Simon erinnern sich<br />

an eine außergewöhn liche Exkursion: Im<br />

Sommer 2007 erlebten sie als Teil nehmer<br />

des deutsch-chinesischen Integrationspro -<br />

jekts des <strong>Augsburg</strong>er Marketing-Lehrstuhls<br />

fast drei Wochen lang China.<br />

BAOZI ANSTATT MARMELADENBROT<br />

Es ist der 17. 8. 2007, wir stehen vor dem <strong>Augsburg</strong>er Bahnhof<br />

und befinden uns auf dem Weg nach China. Noch kann sich<br />

wohl keiner so recht vorstellen, was uns genau im Land der<br />

Mit te erwarten wird, aber zuerst haben wir auch noch eine<br />

recht lange Anreise vor uns. Nach ca. drei Stunden Zugfahrt,<br />

zwei Stunden Aufenthalt am Frankfurter Flughafen und neun<br />

Stunden Flug kommen wir mehr oder weniger erschöpft end-<br />

lich in Peking an, und unser Gepäck zum Glück auch. Jetzt<br />

kann das fast 20-tägige Abenteuer endlich losgehen. Auf unse-<br />

rem Programm steht viel Sightseeing, Kultur und natürlich der<br />

Besuch von einigen chinesischen Universitäten.<br />

Start ist in Peking, wo wir schon sehr viele neue Eindrücke und<br />

Erfahrungen mitnehmen. Angefangen bei unserem ersten Früh -<br />

stück. Hier gibt es nämlich keine Semmeln oder Brot, keine<br />

Mar melade, Honig oder Nutella, kein Müsli oder frischen Kaf -<br />

fee. Hier frühstückt man WanTan-Suppe, Nudeln oder Baozi.<br />

Am Anfang war es sehr ungewohnt, diese asiatischen Kraut -<br />

krapfen und andere Gerichte gegen die gewohnten Marme la -<br />

den brote einzutauschen, schließlich haben wir uns aber doch<br />

daran gewöhnt. Ähnlich wie wir uns erst an die Toiletten ge -<br />

wöh nen mussten bzw. an „die Löcher im Boden“, die in China<br />

auch ohne einen erhobenen Sitz ihre Funktion erfüllen. Einige<br />

kulturelle Highlights in Peking waren unter anderem die Chi -<br />

nesische Mauer, die Verbotene Stadt und der Sommerpalast.<br />

Weiter ging es dann über Jinan, die Heimatstadt unseres Do -<br />

zen ten, nach Tai'an um einen der fünfen Heiligen Berge zu be -<br />

steigen. Wir mussten 666 Treppenstufen hinter uns lassen, um<br />

zu den vielen Tempeln oben auf dem Berg zu gelangen, die verschiedenen<br />

Göttern geweiht sind. Nach etwa einer Woche im<br />

fer nen Osten haben wir uns an das meist scharfe Essen aus den<br />

Garküchen, die Hitze und die hohe Luftfeuchtigkeit, das damit<br />

verbundene Schwitzen und an die vielen Menschen einiger ma -<br />

ßen gewöhnt, obwohl wir bei unserer nächsten Station schon<br />

noch mal richtig ins Staunen gekommen sind.<br />

Shanghai: Diese Stadt ist vom ersten Augenblick an einfach fas -<br />

zi nierend. Sie wird nicht umsonst „das Tor zum Westen“ ge -<br />

nannt, denn mit den architektonisch atemberaubenden Skyscra -<br />

pers wirkt sie ein bisschen futuristisch im Gegensatz zu den<br />

anderen Großstädten Chinas, in denen noch überwiegend das<br />

„alte China“ zu sehen ist. Da Shanghai an der Küste liegt, sahen<br />

wir auch endlich mal wieder so richtig blauen Himmel, der in<br />

den Städten unter den Smog nicht zu erkennen war.<br />

24 <strong>Alumni</strong> <strong>Augsburg</strong> <strong>International</strong><br />

Unsere Reise führte uns weiter nach Xi'an und Nanjing und<br />

schließ lich wieder zurück nach Peking. Aber wir haben natür-<br />

lich nicht nur Sightseeing gemacht, sondern uns auch das Land<br />

und seine Menschen angeschaut.<br />

Wir durften die Studenten der Universitäten Jinan, Shanghai<br />

und Nanjing kennenlernen und mit ihnen über unsere kulturel-<br />

len und universitären Unterschiede, aber auch Gemeinsam kei -<br />

ten sprechen. Unser Glück war, dass alle chinesischen Studen -<br />

ten, mit denen wir in Berührung kamen, Deutsch sprachen. Das<br />

studentische Leben in China unterscheidet sich sehr von unse-<br />

rem. Die Studenten dort meinten, dass jeder studieren könne,<br />

und da es sehr viele Menschen in China gebe, die studieren,<br />

müssten sie sehr gute Noten schreiben, um sich von der Masse<br />

abzuheben. Es gibt aber natürlich auch dort Tage und Abende,<br />

die man mit Shoppen, DVD-Schauen und Essengehen verbringt.<br />

Insgesamt waren die Besuche an den Universitäten immer in -<br />

teressant, und wir sind freundlich empfangen worden.<br />

Abschließend kann ich rückblickend sagen, dass sich die Reise<br />

ab solut gelohnt hat. Wir sind in eine ganz andere Welt einge-<br />

taucht und wären gerne noch länger in China geblieben, um die<br />

neuen Erfahrungen und Eindrücken von Menschen, Land und<br />

Kul tur zu vertiefen. Anna Schmelcher<br />

STARBUCKS UND HEILIGE BERGE<br />

Direkt nach der Landung in Peking haben wir das anstrengen-<br />

de Klima zu spüren bekommen. Es war zwar nicht feucht, aber<br />

sehr schwül und absolut windstill. Dazu kam die schlechte Luft<br />

und der Smog über Peking, der kaum die Sonne durchscheinen<br />

ließ, geschweige denn den blauen Himmel.<br />

Die Eindrücke und Erlebnisse machten die Anstrengungen aber<br />

mehr als wett. Man kann es kaum glauben, aber nur mit Eng -<br />

lisch wären wir in dieser 13-Millionen-Stadt verloren gewesen.<br />

Gott sei Dank hatten wir Yang dabei, der uns Taxis bestellte<br />

und in jeder Situation übersetzen konnte. Der Kulturschock<br />

traf uns allerdings nicht nur auf sprachlicher Ebene. Es war teil-<br />

weise sehr anstrengend, sich nicht in dem hektischen Treiben<br />

der zahlreichen Chinesen zu verlieren, vor allem auf Bahnhö -<br />

fen oder in Einkaufspassagen. Auf der anderen Seite sahen wir<br />

auch Stadtviertel, in denen die Menschen fernab von Banken -<br />

hoch häusern gelassen am Straßenrand saßen, chinesisches<br />

Schach spielten, miteinander redeten oder kochten. Am deut-<br />

lichsten waren diese kulturellen Kontraste in Shanghai zu er -<br />

kennen. Dort mussten die ehemaligen Wohnviertel den Wol -<br />

ken kratzern weichen, überall wird gebaut, und Marken wie Mc -<br />

Nr. 13 | Oktober 2008<br />

Oben:<br />

Anna Schmelcher<br />

bei der Präsentation<br />

an der Universität<br />

Nanjing<br />

Mitte:<br />

Heiliger Berg, Tai’an<br />

Unten:<br />

Volksplatz, Shanghai<br />

25


Manuel Rogl mit<br />

Studentinnen der Xi'an<br />

<strong>International</strong> Studies<br />

University<br />

bei der Campus-<br />

Tour (oben und Mitte)<br />

und an der<br />

Universität Tongji,<br />

Shanghai (unten).<br />

Donalds oder Starbucks und Designerläden verwestlichen das<br />

Stadtbild.<br />

Authentischer wirken auf uns die Städte Jinan, Nanjing und<br />

Xi'an. Man kann dort mitten in der Stadt noch Tempel und alte<br />

Stadtmauern besichtigen. Die Architektur und die Atmosphäre<br />

dieser alten Gebäuden sind faszinierend, doch diese Atmo -<br />

sphäre lässt sich mit Fotos leider kaum festhalten. Mit einer<br />

beeindruckenden Aussicht auf die Landschaft wurden wir nach<br />

den anstrengenden Besteigungen zweier heiliger Berge be -<br />

lohnt.<br />

Neben unserem Wunsch, die Kultur Chinas zu erleben, war<br />

eines der Anliegen unserer Reise, Beziehungen zu Universi tä -<br />

ten auf- und auszubauen. Die meisten chinesischen Studieren -<br />

den waren anfangs eher schüchtern. Als wir aber unsere Vor -<br />

träge über <strong>Augsburg</strong> und unsere Universität an den dortigen<br />

Hochschulen hielten und vom Studentenleben in Deutsch land<br />

berichteten, wurden sie schnell gesprächig und aufgeschlossen.<br />

In kleineren Gruppen konnten wir uns über die Lebensge -<br />

wohnheiten und die kulturellen Unterschiede austauschen. Die<br />

deutsche Sprache hatten unsere Gesprächspartner, die alle<br />

Ger manistik studierten, schon nach vier Semestern hervorragend<br />

erlernt. Das Studentenleben in China ist größtenteils auf<br />

den Campus konzentriert, was durch die Lage meist außerhalb<br />

der Städte bedingt ist. Wohnheime, Einkaufsmöglichkeiten und<br />

Sportplätze innerhalb der Campus-Mauern befriedigen die meis -<br />

ten studentischen Bedürfnisse. Durch diese Konzentration wird<br />

das Zu sam mengehörigkeitsgefühl gefördert. Wir stellten dementsprechend<br />

bald fest, dass sich die Studierenden stark mit<br />

ihrer Universität identifizierten. Die Campusführungen waren<br />

ebenfalls sehr interessant. Die Universität in Shanghai feierte<br />

gerade 100-jähriges Jubiläum, in Nanjing hatte Angela Merkel<br />

genau am Vortag unseres Besuches eine Rede gehalten. Wenn<br />

wir von unseren Gastgebern an den verschiedenen Universi -<br />

täten Abschied nahmen, tauschten wir stets E-Mail-Adressen<br />

aus, sodass der Kontakt erhalten bleibt. Unlängst kammen zwei<br />

Chinesinnen aus Nanjing für ein Semester nach München, und<br />

wir freuten uns über das Wiedersehen mit ihnen sehr.<br />

Manuel Rogl<br />

26 <strong>Alumni</strong> <strong>Augsburg</strong> <strong>International</strong><br />

EINE ABSOLUT GENIALE REISE<br />

Nach dem fast zehnstündigen Flug von Frankfurt nach Peking<br />

wurde ich von der feuchten Hitze in der chinesischen Haupt -<br />

stadt förmlich erdrückt. Nicht nur das schwüle Klima, auch die<br />

gigantischen Ausmaße der verschiedenen Städte, die wir auf<br />

unserer Reise besuchten, erstaunten mich zutiefst. Es reiht sich<br />

Wolkenkratzer an Wolkenkratzer. Auch wenn viele von ihnen<br />

recht ärmlich und heruntergekommen aussehen: es war dennoch<br />

ein beeindruckender Anblick. Trotz teilweise vierzehnspurigen<br />

Straßen und Monumenten von gigantischen Dimen -<br />

sio nen waren Straßen und Plätze – so auch der „Platz des<br />

himmlisches Friedens“ – zu nahezu jeder Tageszeit erdrückend<br />

überlaufen. Vor allem die Flut an Autos führt dazu, dass über<br />

vielen Städten Chinas eine Smogwolke liegt, die die Hitze wie<br />

unter einer Käseglocke hält und noch unerträglicher wirken<br />

lässt.<br />

In Jinan besuchten wir unter anderem die Universität Shan -<br />

dong, eine Partneruniversität <strong>Augsburg</strong>s. Dort sowie in allen<br />

anderen Universitäten, die wir in China besichtigen konnten,<br />

darunter die Universität Nanjing und die Tongji Universität<br />

Shanghai – bekamen wir zunächst immer eine Führung über<br />

den Campus. Die meisten Universitäten sind relativ neu ge -<br />

baut, hochmodern ausgestattet und bieten einer Vielzahl von<br />

Studenten am Campus Unterkunft in Studentenwohnheimen.<br />

Studentenzahlen von über 50.000 sind normal, und so verwundert<br />

es auch nicht, dass die Universitäten zumeinst eine kleine<br />

Stadt für sich selbst darstellen. Die Wohnheime der Studenten<br />

– riesige, wolkenkratzerähnliche Wohnblöcke – sind in den<br />

Cam pus integriert, genauso wie Mensa, Sportplätze und -hallen<br />

und natürlich die Vorlesungsgebäude.<br />

Nach der Campusführung präsentierten wir unsererseits jeweils<br />

die Stadt und die Universität <strong>Augsburg</strong>, um uns dann mit Ger -<br />

manistikstudentinnen und -studenten der jeweiligen Univer si -<br />

tät in kleinen Gruppen auszutauschen. Viele unserer Gesprächs -<br />

partner interessierten sich besonders dafür, wie unser Studium<br />

aufgebaut ist und was jenseits unseres Studiums machen. Wir<br />

erfuhren dabei, dass chinesische Studentinnen und Studenten<br />

kaum über Freizeit verfügen. In China studiert, gemessen an der<br />

Gesamtbevölkerung, nur ein geringer Prozentsatz, und so verwundert<br />

es nicht, dass der Erfolgsdruck und die Erwartung, die<br />

auf dem Einzelnen lasten, immens hoch sind. Dement spre -<br />

chend erstaunt wa ren viele, als wir ihnen erzählten, dass wir<br />

neben unserem Studium noch genügend Zeit für Freizeit- und<br />

Sportaktivitäten haben. Auszugehen und zu feiern – was in<br />

Deutschland für die meisten zum Studium gehört –, das ist in<br />

China wenig verbreitet: Man verbringt die Abende und Nächte<br />

über Bücher gebeugt, statt tanzend in der Diskothek. Dadurch<br />

kristallisiert sich eine studentische, hoch gebildete Elite in Chi -<br />

na heraus. Studienzeiten von lediglich acht Semestern sind kei -<br />

ne Seltenheit. Wir sprachen z. B. mit Germanistikstudenten, die<br />

Nr. 13 | Oktober 2008<br />

Robert Gassner mit<br />

Kommilitonen vor<br />

der Verbotenen Stadt<br />

in Beijing (oben) und<br />

in kaiserlicher Tracht<br />

im Sommerpalast<br />

Beijing (unten).<br />

Gespräch mit Germa<br />

nistik-Studentinnen<br />

und -studenten der<br />

Xi'an <strong>International</strong><br />

Studies University<br />

27


Robert Gassner<br />

bei der Präsentation<br />

an der Universität<br />

Nanjing (oben), mit<br />

einem chinesischen<br />

Soldaten in Beijing<br />

(Mitte) und beim<br />

Bad im Quellwasser in<br />

Jinan (unten).<br />

lediglich seit zwei Jahren Deutsch lernten, dieses aber schon<br />

erstaunlich gut beherrschten. Neben den Universitäten besichtigten<br />

wir auch viele Sehenswürdigkeiten. Die Große Mauer,<br />

die Tonkriegerarmee, die Verbotene Stadt sowie diverse Tem -<br />

pelanlagen gehörten zu den Zielen unserer Tagesreisen. Spe -<br />

ziell die Große Mauer fanden wir besonders beeindruckend.<br />

Unsere dreiwöchige Reise, die uns von Peking nach Jinan,<br />

Shanghai, Nanjing, Xi'an und wieder zurück nach Peking führte,<br />

war eine absolut gelungene, eine geniale Reise, die ich jederzeit<br />

wiederholen würde. Robert Gassner<br />

IN CHINA HErrSCHEN ANDErE DIMENSIoNEN<br />

Am 17. August 2007 war es endlich soweit, das Abenteuer Chi -<br />

na begann. Wir hatten zehn Stunden Flug vor uns und keine<br />

Ahnung, was uns erwarten würde. In den nächsten drei Wochen<br />

sollten wir rund 3000 Kilometer in China zurücklegen und da -<br />

bei fünf Städte und vier Universitäten besuchen. Wir hatten ein<br />

straffes Programm vor uns.<br />

In Peking angekommen, wird einem Europäer sofort bewusst,<br />

dass in China andere Dimensionen herrschen als in Europa.<br />

Überall sahen wir Massen von Menschen, die Strassen haben<br />

zwi schen acht und zehn Spuren, und die Menge der Autos auf<br />

diesen Strassen ist riesig. Da es in Peking leider nur zwei U-<br />

Bahn-Linien gibt, findet der Verkehr in der 14 Millionen Ein -<br />

wohner zählenden Stadt zum größten Teil auf der Straße statt.<br />

Daher kommt auch der enorme Smog. Man kann vielleicht 200<br />

Meter weit sehen, dahinter wird es diesig. Wenn man dann doch<br />

einmal die U-Bahn nutzen will, muss man sich zuerst an einer<br />

30 Meter langen Warteschlange anstellen, um Tickets zu kaufen.<br />

Es gibt keine Fahrkartenautomaten. Man muss sich als Eu -<br />

ropäer in China schon ein wenig umstellen, was nach kurzer<br />

Eingewöhnung aber kein Problem ist. Die ersten vier Tage verbrachten<br />

wir in Peking, wo wir am ersten Abend den beeindruckenden<br />

Tian'anmen-Platz oder „Platz des Himmlischen<br />

Frie dens“ besichtigten, den größten Platz der Welt. An den darauf<br />

folgenden Tagen besichtigten wir unter anderem die Ver -<br />

botene Stadt, Chinas wohl prachtvollsten Komplex, von dem<br />

aus 24 Kaiser fast 500 Jahre lang das Land regierten, den kaiserlichen<br />

Sommerpalast und natürlich die chinesische Mauer,<br />

an der man als Europäer bisweilen als Fotomodell für chinesische<br />

Touristen herhalten muss.<br />

Die nächste Station der Reise führte uns nach Jinan. Die<br />

Hauptstadt der Provinz Shandong liegt 350 Kilometer südlich<br />

von Peking und gilt mit fünf Millionen Einwohnern in China als<br />

eine mittelgroße Stadt – vergleichbar mit dem, was <strong>Augsburg</strong><br />

nach deutschen Maßstäben ist. In Jinan stand der erste Besuch<br />

an einer chinesischen Universität auf dem Programm: Die<br />

28 <strong>Alumni</strong> <strong>Augsburg</strong> <strong>International</strong><br />

berühmte Shandong Universität hat in China einen ausgezeich-<br />

neten Ruf.. Wir wurden außerordentlich freundlich auf einem<br />

Campus empfangen, dem es wirklich an nichts fehlt. Chi ne -<br />

sische Universitäten sind sehr gut ausgestattet und hoch<br />

modern. Jinan ist vor allem bekannt für seine vielen Quellen.<br />

Ein Besuch in einem Quellenpark musste also sein, und auch<br />

den „Tausend Buddha Berg“ erklommen wir auf dem mit<br />

Buddha-Statuen übersähten Weg bis zum Gipfel. Ein weiterer<br />

Ausflug führte uns zum Tai Shan-Berg. Der Tai Shan ist der<br />

meist bestiegene Berg Chinas. Er trägt die wichtigsten Tempel<br />

gläubiger Chinesen. Trotz der vielen Menschen verliert der hei-<br />

lige Ort seine mystische Stimmung nicht, wofür nicht zuletzt<br />

der um den Berg aufsteigende Nebel sorgt, der eine ganz eige-<br />

ne Atmosphäre erzeugt. Vom Tai Shan aus ging es weiter nach<br />

Qufu, zum Geburtsort von Konfuzius, und dann wieder zurück<br />

nach Jinan.<br />

Mit dem Zug erreichten wir als nächste Station Shanghai, wo<br />

wir Gast an der Tongji Universität waren. Eine sehr moderne<br />

Universität, die auch von vielen deutschen Unternehmen un -<br />

ter stützt wird. Es verwundert also nicht, dass die Hörsäle an der<br />

Fakultät für Germanistik Namen von deutschen Firmen tragen.<br />

Eine Stadtführung zeigte uns Shanghai als eine sehr westlich<br />

angehaucht Stadt, in der es sogar U-Bahn-Pläne auf Englisch<br />

gibt, was für China keinesfalls selbstverständlich ist. Am meis -<br />

ten beeindruckt fraglos aber eine Skyline mit Wolkenkratzern<br />

wie Sand am Meer, von denen einer höher ist als der andre.<br />

Man könnte wirklich glauben, man wäre in New York oder in<br />

sonst einer anderen westlichen Weltmetropole.<br />

Die nächste Station der Reise war Nanjing und die dortige<br />

Universität, deren Studentinnen und Studenten uns zu einer<br />

Stadtführung einluden und zu einem anschließenden sehr<br />

gelungenen Nachmittag, bei dem wir unsere Gastgeber auch<br />

von ihrer privaten Seite kennenlernten. Es waren sehr aufschlussreiche<br />

und angenehme Gespräche, in denen wir China<br />

vielleicht am besten kennengelernt haben.<br />

Dann wieder: Ab in den Zug und auf nach Xi'an. Auf unserer<br />

letzten Station vor der Rückreise nach Peking, besuchten wir<br />

ebenfalls die Universität, v. a. aber die weltberühmte Terra -<br />

kotta-Armee, die für chinesische Verhältnisse nur einen Kat -<br />

zensprung – etwa 120 km – von Xi'an entfernt ist.<br />

Es war eine sehr schöne und erlebnisreiche Reise, die uns viele<br />

neue, tiefe und interessante Einblicke in eine fremde Kul tur<br />

verschafft hat. Sie war oft sehr anstrengend, und das Schlafen<br />

hatte man sich in ihrem Verlauf irgendwann abgewöhnt. Aber<br />

sie war jede Anstrengung wert. Schließlich kam der Spaß in der<br />

Gruppe auch nicht zu kurz, und die interessanten Eindrücke<br />

werden uns noch lange erhalten bleiben.<br />

Benedikt Simon<br />

Fotos: alle privat<br />

Nr. 13 | Oktober 2008<br />

Auf einem der<br />

HeiligenBerge,<br />

Tai'an (oben).<br />

Benedikt Simon bei<br />

Präsentation an der<br />

Universität Nanjing<br />

(Mitte) und bei einer<br />

gemeinsamen Stadt -<br />

tour mit Studentinnen<br />

der Universität<br />

Nanjing (unten).<br />

29


LIEBLINGS-<br />

FOTOS<br />

... von Auslandsaufenthalten<br />

im demnächst erscheinenden<br />

Kalender 2009 der Univer -<br />

sität <strong>Augsburg</strong><br />

Der Niederländer Fons Trompenaars<br />

hat einmal gesagt, andere Kulturen entdecken<br />

zu wollen, „gleicht der Be reit -<br />

schaft, ein dunkles Zimmer zu betreten,<br />

anzuecken und über unvertraute Möbel -<br />

stücke zu stolpern, bis der Schmerz im<br />

Schienbein einen daran gemahnt, wo et -<br />

was steht“.<br />

Die Studentinnen und Studenten, mit<br />

deren Fotos der in Kürze erscheinende<br />

<strong>Augsburg</strong>er Universi tätskalender 2009<br />

gestaltet sein wird, ha ben alle diese Be -<br />

reitschaft gezeigt, indem sie zum Stu die -<br />

ren ins Ausland gegangen sind. Auch die<br />

ausländischen Studierenden in Augs -<br />

burg erleben, wie schwierig, aber auch<br />

wie bereichernd es sein kann, in un ver -<br />

trauter Umgebung Freunde zu finden,<br />

andere Lebensgewohnheiten kennenzu -<br />

lernen und sich in einem anderen Hoch -<br />

schulsystem zurecht zufinden.<br />

Der Kalender „Auslandsmomente“ zeigt,<br />

wie vielfältig die Möglichkeiten sind,<br />

eine Zeit lang im Ausland zu leben. Er<br />

soll andere Studierende dazu motivieren,<br />

selbst den Schritt auf ungewohntes<br />

Terrain zu wagen. Entstanden ist dieser<br />

Kalender aus einem Fotowettbewerb des<br />

Akademischen <strong>Auslandsamt</strong>es, finanziert<br />

wurde er vom DAAD, der mit der<br />

Kampagne „go out!“ mehr Studen tin -<br />

nen und Studenten dazu bewegen will,<br />

ins Ausland zu gehen.<br />

Eingereicht wurden über 50 Lieblings -<br />

fotos, die <strong>Augsburg</strong>er Studentinnen und<br />

Studenten von ihren Auslandsauf ent -<br />

halten mitgebracht haben. Elf von ihnen<br />

wurden von einer Jury zur Präsentation<br />

in diesem Kalender ausgewählt.<br />

MARKETA<br />

EDEROVA<br />

... kam für ein Semester,<br />

blieb ein ganzes Studium<br />

lang und will zum Promo -<br />

vieren wieder kommen.<br />

Als Markèta Ederova 1997 als DAAD-<br />

Stipendiatin für ein Semester nach Augs -<br />

burg kam, ließ sie sich nicht träumen,<br />

dass diese Stadt und ihre Universität für<br />

die nächsten acht Jahre zur neuen<br />

Heimat werden sollten.<br />

Geboren in Brünn/Brno (Tschechische<br />

Republik) studierte sie an der dortigen<br />

Masaryk-Universität Germanistik und<br />

Klassische Philologie. In <strong>Augsburg</strong> wähl -<br />

te sie dann als Studienfächer Neuere<br />

Deutsche Literaturwissenschaft, Spa -<br />

nisch und Kunstgeschichte. In dieser<br />

Kombination studierte sie von 1998 bis<br />

2004 und erwarb bei Prof. Dr. Mathias<br />

Mayer den Magistertitel mit einer Ar -<br />

beit über den Allgäuer Schriftsteller<br />

Ger hard Köpf.<br />

Doch bei der Entscheidung, sich längerfristig<br />

an <strong>Augsburg</strong> zu binden, kam dann<br />

ein Faktor ins Spiel, der nie vorhersehbar<br />

ist und immer wieder große Wir -<br />

kungen zeitigt: die Liebe. Im Jahre 1998<br />

heiratete sie den damaligen Dozenten<br />

am Lehrstuhl für Neuere Deutsche Lite -<br />

ra turwissenschaft, Jürgen Eder. Im De -<br />

zember 2004 wurde die Tochter Tereza<br />

geboren. Markèta Ederova lebt seit Sep -<br />

tember 2005 mit ihrer Familie in Ceskè<br />

Budejovice/Budweis (Tschechische Re -<br />

pu blik), wo ihr Mann seit dieser Zeit Lei -<br />

ter des Germanistischen Instituts ist.<br />

Doch <strong>Augsburg</strong> spielt in ihrem Leben<br />

auch heute eine hervorragende Rolle:<br />

Nicht nur, dass nach wie vor viele ihrer<br />

Freunde dort wohnen, die sie immer wie -<br />

der gerne besucht, auch für das Haus<br />

der Bayerischen Geschichte hat sie nun<br />

schon zweimal für große Ausstellungen<br />

Nr. 13 | Oktober 2008<br />

übersetzt. Zunächst für die Landesaus -<br />

stellung „Der Winterkönig“ 2003 in<br />

Amberg und dann 2007 für die Aus stel -<br />

lung „Bayern und Böhmen. 1500 Jahre<br />

Nachbarschaft“. „Ich konnte die Texte<br />

für die Exponate der Ausstellungen<br />

über setzen, aber auch die langen und<br />

schwierigen Katalogtexte. Das ist eine<br />

Arbeit, die ich mir auch für die Zukunft<br />

wünschen würde, denn dabei kann man<br />

beide Sprachen gleichermaßen praktisch<br />

anwenden und hat doch auch genug eige -<br />

nen Spielraum für Kreativität“. Zwei -<br />

sprachigkeit und Interkulturalität sind<br />

ihr im Privaten wie im Beruflichen ge -<br />

leb te Wirklichkeit – und auch die inzwi-<br />

schen dreijährige Tochter wächst in bei-<br />

den Sprachen auf.<br />

Der Universität <strong>Augsburg</strong> insgesamt,<br />

aber auch einzelnen Menschen dort ist<br />

Markèta Ederova dankbar dafür, dass<br />

sie Wissenschaft immer als Kontakt zu<br />

Menschen und Freunden erleben durfte.<br />

Der Abschied von <strong>Augsburg</strong> 2005 war in -<br />

sofern eine traurige Erfahrung, die erst<br />

einmal verarbeitet sein wollte. Aber in -<br />

zwischen ist zur Gewissheit geworden,<br />

dass die Redensart „Aus den Augen aus<br />

dem Sinn“ nicht gilt: „Ich habe einen<br />

neuen Traum, der mit <strong>Augsburg</strong> zu tun<br />

hat: Ich möchte dort promovieren.“<br />

31


BING YANG<br />

... ging 2002<br />

zum Studium<br />

nach <strong>Augsburg</strong><br />

statt in die<br />

USA und meint<br />

heute: „Es war<br />

die richtige<br />

Entscheidung.“<br />

Nachdem Bing Yang in Jinan – einer<br />

Partnerstadt von <strong>Augsburg</strong> – ein Violi n-<br />

Studium abgeschlossenen hatte, stu dier -<br />

te Sie von April 2002 bis November<br />

2006 Musikpädagogik, Musikwissen -<br />

schaft und Deutsch als Fremdsprache an<br />

der Universität <strong>Augsburg</strong>.<br />

Oft sei sie während ihres Aufenthaltes<br />

in <strong>Augsburg</strong> gefragt worden, warum sie<br />

sich für ein Studium in Deutschland entschieden<br />

habe. „Für mich als Geigerin“,<br />

sagt Bing Yang, „ist der Grund ganz einfach:<br />

Deutschland ist ein ‘Musikland’ –<br />

insbesondere im Bereich der klassischen<br />

Musik.“<br />

„Nach dem Violin-Studium in China er -<br />

öffnete sich mir die Möglichkeit, entweder<br />

nach Deutschland oder nach Ameri -<br />

ka zu ge hen, um meine Studien fortzuführen.<br />

Ich habe mich sofort entschieden,<br />

nach Deutschland zu fliegen, denn<br />

es war schon seit meiner Schulzeit mein<br />

Traum, nach Europa, insbesondere nach<br />

Deutschland zu reisen, um diese ganz<br />

be sondere Kultur und die Menschen<br />

ken nenzulernen.“<br />

Fünf Jahre später, nachdem sie ihren<br />

Ab schluss in <strong>Augsburg</strong> gemacht hat, ist<br />

Bing Yang sich sicher, damals die richtige<br />

Entscheidung getroffen zu haben.<br />

„Mein Studienort <strong>Augsburg</strong>, zugleich<br />

die Geburtsstadt von Leopold Mozart,<br />

des Vaters von Wolfgang Amadeus Mo -<br />

zart, hat mich aufgrund seiner langen<br />

Ge schichte und des vielfältigen musikalischen<br />

Stadtlebens beeindruckt und ge -<br />

prägt. Diese Zeit und die Erfahrungen,<br />

die ich hier gemacht habe, werden mir<br />

für meine zukünftige Arbeit in China<br />

eine wertvolle Bereicherung sein. Ich<br />

bin froh, dass ich in <strong>Augsburg</strong> fünf Jahre<br />

gelebt und studiert habe.“<br />

Mittlerweile ist Bing Yang Deutschdo -<br />

zentin an der Universität ihrer Heimat -<br />

stadt Jinan in der Provinz Shandong, wo<br />

sie Ihre sprachlichen Kom petenzen und<br />

ihre kulturellen Er fah rungen an die chinesischen<br />

Studie ren den weitergibt.<br />

WEITERE<br />

FÜNF JAHRE<br />

Neue Finanzierungs verein -<br />

barung für das erfolgreiche<br />

Modellprojekt „Willkommen<br />

an den <strong>Augsburg</strong>er Hoch -<br />

schulen“<br />

Vor dem Hintergrund des seit dem Jahr<br />

2002 mit großem Erfolg verlaufenen Mo -<br />

dellprojekts „Willkommen an den Augs -<br />

burger Hochschulen“ unterzeichneten<br />

am 20. Februar 2008 Repräsentanten<br />

der Stadt, des Studentenwerks, der<br />

Hochschule (früher: Fachhochschule)<br />

und der Universität <strong>Augsburg</strong> eine neue<br />

Finanzierungsvereinbarung, die die ge -<br />

meinsame Fortführung des Projekts zu -<br />

nächst bis zum 31. März 2013 sicherstellt.<br />

Mit dem Projekt „Willkommen an den<br />

Augs burger Hochschulen“, für das im<br />

Som mer 2002 nach rund zwei Jahren<br />

intensiver Vorbereitungen der Start -<br />

schuss gegeben wurde, beschritt der<br />

Hoch schulstandort <strong>Augsburg</strong> einen völlig<br />

neuen Weg im Umgang mit seinen<br />

aus dem Ausland stammenden Studen -<br />

ten und Gastwissenschaftlern: Durch<br />

die Einrichtung einer speziell und aus -<br />

schließlich für ausländische Gäste der<br />

<strong>Augsburg</strong>er Hochschulen zuständigen<br />

und mit hochschulspezifischer Bera -<br />

tungs- und Betreuungskompetenz angereicherten<br />

Außenstelle der städtischen<br />

Ausländerbehörde direkt an der Uni -<br />

ver sität wurde Studenten und Wissen -<br />

schaftlern zunächst aus dem Nicht-EU-<br />

Ausland und seit dem Frühjahr 2004<br />

dann auch aus EU-Staaten der Weg nach<br />

Augs burg bzw. an die Hochschulen der<br />

Stadt wesentlich einfacher gemacht.<br />

Hinter dem Projekt steht die Idee, durch<br />

eine enge Vernetzung aller interessierten<br />

und beteiligten Institutionen – d. h.<br />

der Stadt und ihrer Ausländerbehörde<br />

auf der einen und der Hochschulen und<br />

32 <strong>Alumni</strong> <strong>Augsburg</strong> <strong>International</strong><br />

des Studentenwerks auf der anderen Sei -<br />

te – sowie durch die dadurch ermöglichte<br />

konzertierte und konsensuale Erle di -<br />

gung der aufenthaltsrechtlichen Forma -<br />

lia günstige Rahmenbedingungen für er -<br />

folgreiche Studien- und Forschungsauf -<br />

enthalte zu schaffen.<br />

In seiner Startphase beteiligten sich so -<br />

wohl das Bayerische Staatsminis te rium<br />

für Wissenschaft, Forschung und Kunst<br />

als auch der Deutsche Akade mi sche<br />

Austauschdienst (DAAD) groß zü gig an<br />

der Anschubfinanzierung dieses Augs -<br />

burger „Willkommen-Projekts“, das<br />

den mit 15.000 Euro dotierten „Preis des<br />

Bundesministers des Auswärtigen für ex -<br />

zellente Betreuung ausländischer Stu -<br />

dierender an deutschen Hochschu len“<br />

er hielt und 2004 der Stadt <strong>Augsburg</strong> die<br />

Ehre verschaffte, beim Wettbewerb „Wer<br />

FIT INS STUDIUM<br />

Mit einem intensiven Vorbereitungskurs verhelfen das<br />

Akademische <strong>Auslandsamt</strong> und das Sprachenzentrum<br />

ausländischen Anfängerinnen und Anfängern zu einem<br />

erfolgreichen Einstieg ins Studium.<br />

Unmittelbar vor Beginn der Lehr ver an -<br />

staltungen des Wintersemesters 2008/09<br />

ha ben das Akademische <strong>Auslandsamt</strong><br />

und das Sprachenzentrum der Univer si -<br />

tat <strong>Augsburg</strong> erstmals einen Studienvor -<br />

be reitungskurs für ausländische Studien -<br />

be werberInnen angeboten.<br />

Ziel dieses Kurses ist es, den Teilneh me -<br />

rinnen und Teilnehmern den Einstieg in<br />

das Studium an der Universität Augs -<br />

burg zu erleichtern. Durch eine Vorbe -<br />

reitung auf die organisatorischen und<br />

fach lichen Studienanforderungen soll<br />

eine Verkürzung der Studienzeit und die<br />

Sicherung des Studienerfolgs aus län -<br />

discher Studierender gefördert werden.<br />

Inhaltlich bietet der Studienvorbe rei -<br />

tungs kurs Möglichkeiten zum Kennen -<br />

Nr. 13 | Oktober 2008<br />

wird Deutsch lands freundlichste Auslän -<br />

derbe hör de?“ lobend hervorgehoben zu<br />

werden.<br />

Nach dem Ende der Förderung durch<br />

das Wissenschaftsministerium und den<br />

DAAD verständigten sich im März 2005<br />

die Projektpartner in einer auf drei Jah -<br />

re angelegten Vereinbarung darauf, das<br />

Pro jekt aus eigenen Mitteln gemeinsam<br />

zu finanzieren. Das Auslaufen dieser ers -<br />

ten machte im Früh jahr 2008 eine neue<br />

Finanzierungs ver ein barung erforderlich,<br />

deren Laufzeit nun fünf Jahre be -<br />

trägt. Nach der Auflösung der Hoch -<br />

schule für Musik und deren Teilin te -<br />

gration in die Universität sind die Kosten<br />

von jährlich 33.000 Euro jetzt auf die<br />

verbleibenden Partner Stadt (28,5%),<br />

Uni (33,5%), Hoch schule (19,5%) und<br />

Stu dentenwerk (18,5%) aufgeteilt. KPP<br />

lernen der unterschiedlichen Angebote<br />

und Einrichtungen der Universität und<br />

ih rer vielfältigen kulturellen Veranstal -<br />

tun gen an. Außerdem umfasst das Pro -<br />

gramm eine Einführung in Studier stra -<br />

te gien und eine sprachunterrichtliche<br />

Kom ponente mit speziellem Training für<br />

die DSH-Prüfung und mit der Vorbe rei -<br />

tung auf den Umgang mit Fachtexten.<br />

Ansprechpartnerin ist Birgit Kirchner<br />

(birgit.kirchner@aaa.uni-augsburg.de).<br />

Sie ist seit April 2008 im Akademischen<br />

<strong>Auslandsamt</strong> für die Planung und Durch -<br />

führung des Studienvorbereitungs kur -<br />

ses zuständig sowie für die Studien ver -<br />

laufsbetreuung ausländischer Studie ren -<br />

der. Von 1995 bis 2001 hat Birgit Kirch -<br />

ner Deutsch als Fremdsprache (DaF) und<br />

Indologie an der Universität Leipzig stu -<br />

diert und für verschiedene Einrich tun -<br />

gen u. a. in Australien und Malaysia als<br />

DaF-Lektorin gearbeitet. BK<br />

Ausführliche Informationen zum Stu -<br />

dien vor bereitungskurs auf www.aaa. uni-<br />

augsburg.de/de/aktuell/vorbereitungs-<br />

kurs.html<br />

Auch in den kom -<br />

menden Jahren kann<br />

Ramona Krünes als<br />

Vertreterin des Aka -<br />

demischen Aus lands -<br />

amts in der Hoch -<br />

schul betreuungsstelle<br />

der <strong>Augsburg</strong>er<br />

Auslän derbehörde<br />

beratend und unterstützend<br />

für reibungslose<br />

Abläufe sorgen.<br />

Foto: Satzinger-Viel<br />

Birgit Kirchner plant<br />

und leitet den neuen<br />

Vorbereitungskurs,<br />

der ausländische<br />

Be werberinnen und<br />

Bewerber fit für den<br />

erfolgreichen Einstieg<br />

in ihr Studium an<br />

der Universität Augs -<br />

burg macht. Foto:<br />

Satzinger-Viel<br />

33


FAUST E.V. MIT NEUEM VORSITZENDEN<br />

UND ERFREULICHER ERFOLGSBILANZ<br />

Bislang konnte der künftig von Prof. Dr. Friedrich Pukelsheim geleitete Verein mit 30.000 Euro<br />

mehr als dreißig ausländischen Studentinnen und Studenten aus der Not helfen.<br />

Als Nachfolger des Gründungs vor sit -<br />

zen den Prof. Dr. Hanspeter Heinz wur -<br />

de auf der letzten Jahresmitglieder ver -<br />

sammlung des Vereins zur Förderung<br />

ausländischer Studierender in <strong>Augsburg</strong><br />

(FAUST) e.V. Prof. Dr. Friedrich Pu -<br />

kelsheim (Universität <strong>Augsburg</strong>, Lehr -<br />

stuhl für Stochastik und ihre Anwen -<br />

dun gen) einstimmig zum neuen Vorsit -<br />

zenden gewählt. Neben Katharina von<br />

Saucken-Griebel, der Leiterin der Bera -<br />

tungsdienste und Öffentlichkeitsreferentin<br />

des Studentenwerks <strong>Augsburg</strong>,<br />

und Rechtsanwalt Bernhard Hanne mann<br />

verbleibt Heinz, als Ordinarius für Pas -<br />

toraltheologie seit Kurzem in Ruhe -<br />

stand, weiterhin als einer der drei stellvertretenden<br />

Vorsitzenden im Vorstand,<br />

der im Rückblick auf die bisherige Ar -<br />

beit eine erfreuliche Bilanz ziehen konn -<br />

te: Mit einem Fördervolumen von über<br />

30.000 Euro konnten mehr als dreißig in<br />

akute materielle Schwierigkeiten geratene<br />

ausländische Studentinnen und Stu -<br />

denten durch Patenschaftsstipendien und<br />

auch mit kleineren Beihilfen effektiv un -<br />

terstützt werden.<br />

Die finanziellen Hilfen kamen vorwiegend<br />

Studentinnen und Studenten aus<br />

den ehemaligen GUS-Staaten sowie aus<br />

Asien und Afrika zugute. Zwanzig Na -<br />

tionalitäten sind auf der Liste der Ge -<br />

förderten vertreten. „Jeder, dem wir hel -<br />

fen können, wird als Botschafter Augs -<br />

burgs die Solidarität, die er hier erfahren<br />

hat, in sein Heimatland tragen“, so<br />

der bisherige FAUST-Vorsitzende Hans -<br />

peter Heinz. Immer wieder und oft Jah -<br />

re nach ihrer Förderung durch FAUST<br />

würden ehemalige ausländische Studen -<br />

tinnen und Studenten in Briefen für die<br />

Hilfe und das Engagement des Vereins<br />

danken.<br />

FAUST-Kämpfer: Wie der bisherige Vorsitzende, der Theologe Prof. Dr. Hanspeter Heinz<br />

(links), will auch sein Nachfolger, der Mathematiker Prof. Dr. Friedrich Pukelsheim, mit kreativ<br />

mobilisiertem Geld dem Vereinszweck entsprechend unverschuldet in Not geratenen ausländischen<br />

Studentinnen und Studenten aus der Patsche helfen. Fotos: S. Tamm und F. Schöllhorn<br />

Die Auslandsämter von Universität und<br />

Hochschule und nicht minder die So -<br />

zialberatung des Studentenwerks werden<br />

immer wieder mit Situationen konfrontiert,<br />

in denen begabte und hochqualifizierte<br />

ausländische Studentinnen<br />

und Studenten – vor allem solche aus är -<br />

meren Herkunftsländern – aus nicht von<br />

ihnen zu verantwortenden Gründen in<br />

größte materielle Not geraten und – oft<br />

kurz vor dem Studienabschluss – kaum<br />

mehr eine Alternative zum Abbruch ih -<br />

res Studiums zu haben scheinen. Ve reins -<br />

zweck von FAUST ist es, in solchen Fäl -<br />

len rasch und effektiv zu helfen. Die<br />

Mit tel die hierfür zur Verfügung stehen,<br />

stammen zum einen aus Mitglieds bei -<br />

trägen und zum anderen aus Spenden.<br />

„Durch mehrere Aktionen, die wir in en -<br />

ger Zusammenarbeit mit der Univer si -<br />

tät und der Hochschule <strong>Augsburg</strong> ver -<br />

an staltet haben, konnten wir das Spen -<br />

denaufkommen in jüngerer Zeit erfreulich<br />

steigern“, berichtet Hannemann. Er<br />

erinnert dabei an „Über Grenzen ge -<br />

hen“, eine Benefizaktion, bei der Pro -<br />

minente im Hochseilgarten des Sport -<br />

zentrums der Universität ihre persönlichen<br />

Grenzen zugunsten von FAUST<br />

aus loten konnten. Oder an das Tor -<br />

wandschießen in den <strong>Augsburg</strong>er Men -<br />

sen während der Fußball-Europa meis -<br />

terschaft; oder an den mittlerweile an -<br />

sehnlichen und wohlgeordneten Bestand<br />

gespendeter Gebrauchtbücher, mit dem<br />

FAUST in Form eines Benefiz-Bücher-<br />

34 <strong>Alumni</strong> <strong>Augsburg</strong> <strong>International</strong><br />

Nr. 13 | Oktober 2008<br />

Bazars bei unterschiedlichen Veranstal -<br />

tungen präsent ist. „In diesem Herbst<br />

werden wir in Zusammenarbeit mit der<br />

Firma Goodsellers erstmals eine Sach -<br />

spendenaktionen veranstalten“, kün digt<br />

Hannemann an.<br />

Im Jahr 2009 wird das Erfolgsprojekt<br />

FAUST e.V. bereits sein zehnjähriges<br />

Be stehen feiern können. Zum geplanten<br />

Fest sollen sowohl Förderer als auch<br />

Geförderte eingeladen werden. „Und na -<br />

türlich hoffen wir, dass wir zu diesem<br />

run den Geburtstag weitere Gönner und<br />

Mitglieder ‘geschenkt’ bekommen, die<br />

sich von der guten Sache überzeugen las -<br />

sen“, sagt der neue Vorsitzende Pu kels -<br />

heim und rechnet – von Hause aus Ma -<br />

thematiker – ein sehr überzeugendes Ar -<br />

gument vor: „Da alle Arbeiten ehrenamtlich<br />

geleistet werden, stehen dem<br />

Förderbudget praktisch keine Ausgaben<br />

gegenüber, wenn man von den rund 20<br />

Euro absieht, die für Verwaltung und Or -<br />

ganisation angefallen sind. Damit dürfte<br />

FAUST e. V. zu den effizientesten Hilfs -<br />

organisationen gehören.“ KPP<br />

Ob man es nun vorzieht, ein gutes Buch zu<br />

einem guten Preis für einen guten Zweck zu<br />

erwerben, oder ob man lieber grenzenlos<br />

spendabel seine persönlichen Grenzen im<br />

Hochseilgarten des Sportzentrums überschreitet:<br />

FAUST hat für jeden das Passen -<br />

de. Fotos: Sabine Tamm und Klaus Kellner<br />

35


www.parolavissuta.de<br />

Im Mai 2008 wurde an der Universität <strong>Augsburg</strong> die Forschungsgruppe parola vissuta gegründet, die unabhängige<br />

Forschung auf dem Gebiet der interkulturellen Literatur betreibt.<br />

Die Ausgangsposition von parola vissuta ist Europa als ein in sich integrierter Lebensraum für die interkulturelle<br />

Zukunft seiner Bürgerinnen und Bürger.<br />

■ Die Auflösung von politischen Regimes und Sozialutopien am Ende des 20. Jahrhunderts in Europa hat den<br />

Weg für ein Wiederaufblühen der Sprachen und der Literaturen frei gemacht.<br />

■ Postkolonialen und klassischen Einwanderungen in Westeuropa ab Mitte des 20. Jahrhunderts verdanken die<br />

nationalen Literaturen eine bis dahin unbedachte Erweiterung ihres inhaltlichen und ästhetischen Blickwinkels.<br />

■ Die Europäische Union als ein in sich integrierter Lebensraum für die Bürgerinnen und Bürger der Mitglieds -<br />

staaten hat sich soweit realisiert, dass an einer interkulturellen Integration Europas kaum zu zweifeln ist.<br />

Das Hauptziel und der Weg dahin<br />

Als Literaturwissenschaftler sehen die Mitglieder von parola vissuta ihr Hauptziel in der Erforschung der interkulturellen<br />

Literatur, wie sie sich in den verschiedenen europäischen Sprachen im Laufe des 20. Jahrhunderts<br />

entwickelt hat.<br />

Auf dem Weg dahin gilt es, folgende Zwischenziele zu erreichen:<br />

■ die Erschließung eines exemplarischen Korpus für Europa in einem übergreifenden Vergleichsystem mit der<br />

interkulturellen Literatur aus Afrika und Nordamerika,<br />

■ die Festlegung der Leitfragen für eine paradigmatische Auslegung interkultureller Werke,<br />

■ die Erschließung des ästhetisch-kreativen Dialogs der Sprachen und der Kulturen als Auslöser interkultureller<br />

Literatur,<br />

■ die Rezeption und gesellschaftlich-politische Wirkung interkultureller Literatur.<br />

Der interkulturelle Leser<br />

Sinnstiftende Aufmerksamkeit wird der Ausbildung des interkulturellen Lesers gewidmet, jenes Lesers also,<br />

der in der Lage sein soll, die Sprache des Werkes zu lesen und dabei die Dialoge zwischen den Sprachen<br />

des Autors herauszuhören.<br />

Das dialogische Verhältnis in der Forschung<br />

Das dialogische Verhältnis der Sprachen und der Kulturen als Auslöser interkultureller Literatur bildet das<br />

Grundmuster für die weltweite Zusammenarbeit bei deren Erforschung. parola vissuta umfasst Geistes wissen -<br />

schaftlerinnen und -wissenschaftler unterschiedlicher Disziplinen und Provenienz und ist seit langen Jahren über<br />

Kooperationen in Deutschland hinaus in Kontakt mit Forscherinnen und Forschern in Benin, China, Italien,<br />

Polen, Rumänien und Ungarn. Seit 2003 arbeitet parola vissuta eng mit der Forschungsgruppe SELIDE<br />

(Seminario Permanente para el Estudio de las Literaturas Desterritorializadas) an der Universidad Autonoma<br />

de Madrid zusammen.<br />

Die Forschungsgruppe parola vissuta, deren Kern Prof. Dr. Carmine Chiellino und die Doktoranden Sandrine<br />

Okou, Frau Szilvia Lengl und Adrian Bieniec bilden, freut sich auf Interessierte, die mit ihr in Kontakt treten<br />

möchten: info@parolavissuta.de

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