Vorurteilsbewusste Bildung und Erziehung - Theresia Friesinger
Vorurteilsbewusste Bildung und Erziehung - Theresia Friesinger
Vorurteilsbewusste Bildung und Erziehung - Theresia Friesinger
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Anti-Bias-Approach (ABA)<br />
Deutsche Adaption: <strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong><br />
24.11.11, Hilde-Domin-Erzieherfachschule Herrenberg<br />
Quelle: Kinderwelten INA gGmbH / Zeichnung: Natascha Welz<br />
<strong>Theresia</strong> <strong>Friesinger</strong><br />
Soz.-Päd. B. A., GfK-Trainerin, NLP <strong>und</strong> Multiplikatorin für <strong>Bildung</strong>s- <strong>und</strong> Lerngeschichten nach M. Carr
2<br />
„Es ist einfacher, ein Atom<br />
zu zertrümmern als ein Vorurteil.“<br />
Albert Einstein<br />
„Jedes Mensch<br />
ist einzig seiner Art!“<br />
<strong>Theresia</strong> <strong>Friesinger</strong><br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
3<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
4<br />
1. Begriffsklärungen zum Thema: Anti-Bias<br />
2. World-Café: An jedem Tisch wird ein anderer Begriff diskutiert.<br />
Dann wird gemischt! Ein Gastgeber bleibt am Tisch, die anderen<br />
besuchen ein anderes Café. Fragen sind: Was sind Vorurteile? Was<br />
ist Macht? Was ist Toleranz? Was ist am Menschen gleich? Was ist<br />
am Menschen different?<br />
3. Thematisierung des Inklusions- <strong>und</strong> Transkulturkonzeptes<br />
4. Aufbau <strong>und</strong> Ziele des Projektes: „Kinderwelten“ (ab Folie 23 –<br />
Praktische Umsetzung ab Folie 50 ff)<br />
5. Qualitätssicherung des Projektes (ab Folie 59)<br />
6. Weiterführende Gedanken <strong>und</strong> Nachhaltigkeit<br />
7. Links, Literaturhinweise <strong>und</strong> Vision<br />
8. Zwischendurch Methoden des kooperatives Lernens (Individuelles<br />
Lernen in heterogenen Gruppen)<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
5<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong><br />
Ins Wasser fällt ein Stein …
6<br />
Das englische Wort Bias bedeutet Voreingenommenheit; Schieflage; Vorurteil.<br />
Anti-Bias zielt darauf, die entstandene Schieflage wieder ins Gleichgewicht<br />
zu bringen.<br />
Dieser innovative Ansatz übernimmt Verantwortung gegenüber<br />
Einseitigkeiten, Ausgrenzungen <strong>und</strong> Diskriminierungen.<br />
Ist ein Konzept der beide Seiten der Medaille einschließt: Gleichheit <strong>und</strong><br />
Differenz.<br />
Umsetzung: Über eine intensive erfahrungs- <strong>und</strong> prozessorientierte<br />
Auseinandersetzung mit Macht- <strong>und</strong> Diskriminierungsthemen<br />
(Anti-Bias-Management; Gender-Mainstreaming; Wann <strong>und</strong> wie übernehmen<br />
Kinder Vorurteile? …) sowie Handlungsoptionen zum bewussten Verlernen<br />
von unterdrückenden <strong>und</strong> diskriminierenden Kommunikationsmustern <strong>und</strong><br />
Interaktionsformen.<br />
ist einer der reichhaltigsten <strong>und</strong> innovativsten <strong>Bildung</strong>sansätze<br />
auf dem Weltmarkt<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
7<br />
Vorurteil/Trigger<br />
Toleranz<br />
Macht<br />
Methode: World Café<br />
Alle nicht ausgewiesenen Zeichnungen: <strong>Theresia</strong> <strong>Friesinger</strong><br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong><br />
Reframing – Gedankenstretching.<br />
„Der Kopf ist r<strong>und</strong>, damit das Denken die Richtung<br />
wechseln kann“ Francis Bicabia,<br />
1922, franz. Schriftsteller
8<br />
„Der erste Eindruck<br />
ist ein sehr wichtiger Eindruck,<br />
aber man kann den<br />
Eindruck nicht für das<br />
ganze Schuljahr so<br />
lassen. Man kann ihn<br />
ändern oder aufheben.“<br />
Aussage <strong>und</strong> Zeichnungsserie<br />
eines Schulkindes, 10 Jahre<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
9<br />
„Da ich mir nun wieder bewusst gemacht habe,<br />
wie stark der erste Eindruck mein Verhalten<br />
gegenüber den Menschen beeinflusst,<br />
werde ich verstärkt darauf achten,<br />
wie sich die Menschen im Umgang<br />
mit mir entwickeln.“<br />
Lehrerin <strong>und</strong> Mutter von drei Kindern in einem Elterngesprächskreis<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
10<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
11<br />
Ein<br />
Urteil<br />
vor<br />
dem Urteil!<br />
Was<br />
die wohl<br />
wieder über mich denken?<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong><br />
Ein<br />
Vorurteil<br />
ist ein<br />
unreflektiertes,<br />
intolerantes,<br />
pauschalisiertes,<br />
egoistisches<br />
Urteil<br />
gegenüber<br />
einer<br />
Person,<br />
Nation<br />
oder<br />
Kultur.
12<br />
„Woher kommen Sie?“<br />
Lassen Sie diese Frage anfänglich bewusst weg, es ergibt sich sowieso<br />
oft aus dem Gespräch! Seien Sie auf den Menschen neugierig, auf<br />
seinen Alltag, den er zu bewältigen hat <strong>und</strong> nicht auf seine ethnische<br />
Herkunft, die evtl. unser angeheiztes Vorurteilsdenken schürt.<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
13<br />
„Toleranz sollte eigentlich nur eine<br />
vorübergehende Gesinnung sein;<br />
sie muss zur Anerkennung führen.<br />
Dulden heißt beleidigen!“<br />
J. W. Goethe: Maximen <strong>und</strong> Reflexionen 1809<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
14<br />
Der Begriff der Duldsamkeit (lat: tolerare) löst die Opferhaltung aus.<br />
Wir brauchen Begegnung auf Augenhöhe. Wer unbekannte Kulturen,<br />
Überzeugungen <strong>und</strong> Bräuche neben seiner Kultur, Überzeugung <strong>und</strong><br />
Bräuchen gelten lassen kann, muss nicht tolerant werden <strong>und</strong> auch nichts<br />
dulden, weil er die anderen Kulturen, Überzeugungen <strong>und</strong> Bräuche, die den<br />
Menschenrechten dienen, respektiert, anerkennt <strong>und</strong> wertschätzt.<br />
Wer andere Menschen gleichwertig <strong>und</strong> -würdig betrachtet, anerkennt alle<br />
Menschen <strong>und</strong> hat kein Bedürfnis, diese zu dulden.<br />
Der Duldungsterminus impliziert eine Hierarchie, da lediglich der Duldende<br />
die Macht besitzt, aktiv zu handeln: „Ich dulde oder ich akzeptiere Dich!“<br />
Ich schlage vor, das Wort Toleranz gegen das der gegenseitigen Anerkennung<br />
zu ersetzen.<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
15<br />
„Mächtig ist der Mensch,<br />
der die Ressource Selbstempathie hat!“ <strong>Theresia</strong> <strong>Friesinger</strong><br />
„ …jede Chance, innerhalb einer sozialen<br />
Beziehung den eigenen Willen auch gegen<br />
Widerstreben durchzusetzen,<br />
gleichviel worauf diese Chance beruht.“ Max Weber<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
16<br />
1. Was ist Macht <strong>und</strong> wie wirkt sie sich aus?<br />
2. Welche Formen von Macht sind ges<strong>und</strong><br />
<strong>und</strong> notwendig?<br />
3. Welche sind schädlich?<br />
4. Was ist Adultismus?<br />
(Machen Sie einen Adultismus-Selbsttest!)<br />
http://www.migration-online.de/data/anne_frank_zentrum_erzieherinnen_als_multiplikatorinnen.pdf<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
17<br />
1. Macht durch Autorität<br />
2. Macht durch Belohnung<br />
3. Macht durch Zwang<br />
4. Macht durch Identifikation (Charisma)<br />
5. Macht durch Wissen <strong>und</strong> „Information<br />
oder Nicht-Information“<br />
Information ist kein Wissen!<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
18<br />
„Tue was ich dir sage,<br />
aber tue nicht, was ich tue!”<br />
ABA-Sprichwort, Louise Derman Sparks<br />
Adultistische Sprache in Bezug auf Kinder<br />
durchschauen!: „Hast Du mich verstanden!“<br />
(siehe Adultismusposter vom DJI – Erstellen Sie Ihr eigenes Adultismusplakat in der Einrichtung, Schule ...)<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
19<br />
„<strong>Bildung</strong> konsequent inklusiv!“<br />
Warum schon in den frühkindlichen<br />
<strong>Bildung</strong>seinrichtungen?<br />
<strong>Bildung</strong>seinrichtungen sind kein Schonraum für<br />
Kinder. Vorurteile werden früh erlernt <strong>und</strong> komplette<br />
Haltungen <strong>und</strong> Einstellungen der Eltern<br />
übernommen.<br />
Kinder haben schon im dritten Lebensjahr<br />
Vor-Vorurteile! (pre-pre-judices) Derman-Sparks 1989, 2-5<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
20<br />
Inklusion heißt,<br />
nicht aus-grenzen.<br />
Alle Menschen haben den gleichen<br />
Wert <strong>und</strong> die gleiche Würde<br />
Vielfalt als Vorteil betrachten.<br />
Wir brauchen eine inklusive Haltung!<br />
Wir brauchen eine inklusive Sprache!<br />
Wir brauchen eine transkulturelle Gesellschaft!<br />
Sowohl-als-auch-Haltung!<br />
Auf die Botschaft der Sprache achten!<br />
Brücken schlagen <strong>und</strong> keine Gräber schlagen.<br />
Auf die Bildsprache achten!<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong><br />
Wolfgang Welsch<br />
Philosoph, 1997
21<br />
1. Differenzieren. Betrachten ohne zu polarisieren, Fremdheit überwinden.<br />
2. Entschematisieren. Halbdeutsch/Halbtürke – Tendenz zur Spaltung der<br />
Identität.<br />
3. Historisieren. Wir sind alle quer historisch miteinander verb<strong>und</strong>en. Märchen<br />
haben überall ihre Wurzeln Neues zusätzliches vertikales Denken in<br />
historischen Dimensionen – nicht nur horizontal – führt zu mehr Vielfalt <strong>und</strong><br />
zu Ausmerzung von Denkfehlern.<br />
4. Kontextualisieren. Weg von Pauschalierungen!<br />
Es gilt, kulturalisierte Denk- <strong>und</strong> Handlungsmuster in ihren komplexen<br />
Zusammenhängen zu betrachten <strong>und</strong> in ihrer negativen Kulturbedingtheit zu<br />
relativieren.<br />
Beispiel: Der weit verbreitete muslimische Glaube hat nichts mit den<br />
extremen F<strong>und</strong>amentalisten gemeinsam. Viele legen aber den Kulturschleier<br />
dieser kleinen extremen Gruppe über den gesamten muslimischen Glauben.<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
22<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
23<br />
Eigenwertschätzung (Selbstempathie)<br />
Wertschätzung des Kindes (keine adultistische Sprache!)<br />
Wertschätzung der <strong>Bildung</strong>sprozesse der Kinder<br />
Wertschätzung der Bezugsgruppenidentität<br />
z. B. über einen hohen Wiedererkennungswert in der<br />
Einrichtung oder über die Beteiligung bei der<br />
Konzeptionsentwicklung; Steckbriefe, Sprach- <strong>und</strong><br />
Familienbücher, Herzlich Willkommen in allen Sprachen,<br />
Feste, Namensplakate, Collagen, Thematisierung der<br />
Heterogenität …)<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
24<br />
Der Diversity-Ansatz nach Louise Derman Sparks =<br />
„Respektieren von Unterschieden"<br />
<strong>und</strong> „Nicht-Akzeptieren von Vorstellungen <strong>und</strong><br />
Handlungen, die unfair sind." Louise Derman-Sparks<br />
Jedes Kind ist willkommen!<br />
Jedes Kind ist einzigartig!<br />
Jedes Kind ist gleich!<br />
Jedes Kind ist unterschiedlich!<br />
Jedes Kind ist besonders!<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong><br />
Quelle: ece205.wikispaces.com/Louise+Derman-Sparks
25<br />
umfasst Vorurteile <strong>und</strong> Einseitigkeiten jeglicher Art.<br />
geht alle an (Kinder <strong>und</strong> Erwachsene).<br />
nimmt Bezug auf die Familienkulturen <strong>und</strong> auf das konkrete<br />
Alltagsleben <strong>und</strong> nicht auf die „Nationalkulturen“ der<br />
Kinder.<br />
ist im Alltagsgeschehen der <strong>Bildung</strong>seinrichtung inkludiert.<br />
setzt sich ab von „farbenblinden“ <strong>und</strong> „touristischen“<br />
Ansätzen interkultureller Arbeit hin zu einer Transkultur!<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
26<br />
In der kulturellen Vielfalt erkannte Louise Derman-Sparks große Vorteile.<br />
Der Anti-Bias-Approach wurde in Südafrika nach dem Ende der Apartheid im<br />
Erwachsenenbereich eingeführt. Über einen Fachkräfteaustausch kam er in den<br />
90er Jahren nach Deutschland.<br />
Für den frühkindlichen Bereich wurde das Konzept über das Institut für den<br />
Situationsansatz (ISTA – Freie Universität Berlin) mit dem Leitziel Inklusion<br />
(uneingeschränkte Teilhabe) über 5 B<strong>und</strong>esländer in einzelnen<br />
<strong>Bildung</strong>seinrichtungen implementiert.<br />
Gefördert von der Bernard van Leer Fo<strong>und</strong>ation <strong>und</strong> vom BFSFJ unter dem<br />
Programm: Vielfalt tut gut!<br />
www.kinderwelten.net<br />
Projektleitung: Petra Wagner<br />
Literatur: Handbuch Kinderwelten, Vielfalt als Chance – Gr<strong>und</strong>lagen einer<br />
vorurteilsbewussten <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>, Herder Verlag, Breisgau 2008<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
27<br />
Entwicklungsprojekt: 2000-2003<br />
Verbreitungsprojekt: 2004-2008<br />
Qualifizierungsprojekt: 2007-2010<br />
Zurzeit keine weitere Unterstützung durch das<br />
B<strong>und</strong>esministerium für Familie, Senioren,<br />
Frauen <strong>und</strong> Jugend im Rahmen des Programms<br />
„Vielfalt tut gut!“<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
28<br />
B<strong>und</strong>esweit haben sich über 100 Kindertageseinrichtungen von<br />
2004-2010 auf den Weg gemacht, den Ansatz:<br />
„<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>“ in die Praxis zu<br />
bringen.<br />
Gemeinsam mit ihnen setzten sich ihre Trägerorganisationen mit<br />
dem Ansatz auseinander <strong>und</strong> entwickelten ihr Profil <strong>und</strong> ihre<br />
Leitlinien hin zu <strong>Vorurteilsbewusste</strong>n Trägern weiter.<br />
In der dritten Projektphase von 2007-2010 kamen 16<br />
Fach(hoch)schulen für Sozialpädagogik <strong>und</strong> 11 Gr<strong>und</strong>schulen<br />
hinzu, die sich auf den Ebenen Kurrikulum, Unterrichtsgestaltung,<br />
Interaktion mit SchülerInnen/Studierenden, Interaktion im Team<br />
<strong>und</strong> institutionellen Strukturen im Rahmen der<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong>n <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong> auseinandersetzen.<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
29<br />
Leitungs- <strong>und</strong> Trägerebene<br />
Mitarbeiterebene (auch Hauswirtschaftskraft, Hausmeister,<br />
Reinigungsfrauen werden oft vergessen …)<br />
Kinderebene<br />
Bezugsgruppenebene (Eltern, Großeltern, Verwandte …)<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
30<br />
* als einen kontinuierlichen Prozess zu verstehen<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
31<br />
Ziel 1: Jedes Kind muss als Individuum <strong>und</strong> als Mitglied einer bestimmten sozialen<br />
Gruppe Anerkennung <strong>und</strong> Wertschätzung erhalten. Dazu gehören<br />
Selbstvertrauen <strong>und</strong> ein Wissen um seinen eigenen Hintergr<strong>und</strong> entwickeln.<br />
Ziel 2: Auf dieser Basis muss Kindern ermöglicht werden, Erfahrungen mit<br />
Menschen zu machen, die anders aussehen <strong>und</strong> sich anders verhalten<br />
als sie selbst, so dass sie sich mit ihnen wohl fühlen <strong>und</strong> Empathie<br />
entwickeln können.<br />
Ziel 3: Das kritische Denken von Kindern über Vorurteile, Einseitigkeiten <strong>und</strong><br />
Diskriminierung anzuregen heißt auch, mit ihnen eine Sprache zu<br />
entwickeln, um sich darüber verständigen zu können, was fair <strong>und</strong><br />
was unfair ist.<br />
Ziel 4: Von da aus können Kinder ermutigt werden, sich aktiv <strong>und</strong> gemeinsam<br />
mit anderen gegen einseitige oder diskriminierende Verhaltensweisen zur<br />
Wehr zu setzen, die gegen sie selbst oder gegen andere gerichtet sind.<br />
Die Ziele bauen aufeinander auf <strong>und</strong> WIRKEN wechselseitig VERSTÄRKEND.<br />
Quelle: Kinderwelten – Ziele <strong>und</strong> Prinzipien<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
32<br />
Die Gr<strong>und</strong>säulen des Anti-Bias-Ansatzes als Pädagogisches Programm<br />
haben auf allen Ebenen jeweils vier ausformulierte Ziele.<br />
vier Ziele für Leitungskräfte <strong>und</strong> für die Träger<br />
vier Ziele für PädagogInnen<br />
<strong>und</strong> evtl. weiteren MitarbeiterInnen der Einrichtungen<br />
vier Ziele für die Arbeit mit Kindern<br />
vier Ziele für die aktive <strong>Bildung</strong>spartnerschaft<br />
mit den Bezugsgruppen<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
33<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> Kitas! Was heißt das?<br />
Erk<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Verändern der Trägerstrukturen in Bezug auf Aspekte<br />
der Vielfalt<br />
Dialogische Verfahren werden in die Trägerstrukturen implementiert<br />
Entwicklungswerkstatt „Trägerqualität“<br />
Entwicklung von Anti-Diskriminierungsleitlinien<br />
Entwicklung von Qualitätskriterien für eine vorurteilsbewusste<br />
Träger- <strong>und</strong> <strong>Bildung</strong>squalität<br />
Führt zur Verbesserung der Trägerqualität!<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
34<br />
Vorurteilsbewusst leiten! Was heißt das?<br />
Ziel 1: Reflektieren der Identität als Leitung <strong>und</strong> ihr Verhältnis zu Macht <strong>und</strong><br />
Verantwortung. Erweiterung der Kommunikations- <strong>und</strong> Konfliktfähigkeit.<br />
Ziel 2: Die vielfältigen Erfahrungen <strong>und</strong> Kompetenzen des Team stärken <strong>und</strong><br />
fördern.<br />
Ziel 3: Leitungen sollen sich mit den Formen <strong>und</strong> Auswirkungen von<br />
Machtausübung auseinander setzen.<br />
Einseitigkeiten <strong>und</strong> Diskriminierung thematisieren.<br />
Ziel 4: Position gegen Diskriminierung <strong>und</strong> Einseitigkeit beziehen.<br />
Initiierung <strong>und</strong> Unterstützung eines Dialogs über Fragen von<br />
Ungerechtigkeit <strong>und</strong> Diskriminierung in der Einrichtung.<br />
Führt zur Verbesserung der Einrichtungsqualität!<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
35<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong>s Team! Was heißt das?<br />
Ziel 1: PädagogInnen müssen sich ihrer eigenen Bezugsgruppenzugehörigkeiten<br />
bewusst werden <strong>und</strong> erkennen, welchen Einfluss diese auf ihr berufliches<br />
Handeln haben.<br />
Ziel 2: Für PädagogInnen geht es nicht allgemein um Erfahrungen mit kultureller<br />
Vielfalt. Sie sollen wissen, wie sie die unterschiedlichen Vorstellungen der<br />
Familien über <strong>Erziehung</strong> <strong>und</strong> Lernen in Erfahrung bringen können.<br />
Ziel 3: PädagogInnen sollen gegenüber den Diskriminierungen <strong>und</strong> Vorurteilen<br />
in ihrer Einrichtung, im Elementarbereich <strong>und</strong> allgemein in der<br />
<strong>Bildung</strong>spolitik kritisch sein.<br />
Ziel 4: Sie brauchen die Fähigkeit, Dialoge über Diskriminierung <strong>und</strong> Vorurteile<br />
zu initiieren <strong>und</strong> am Laufen zu halten, denn das ist ihre Form aktiver<br />
Einmischung.<br />
Führt zur Verbesserung der Teamqualität!<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
36<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> Kinder! Was heißt das?<br />
Ziel 1: Kinder in ihrer Identität <strong>und</strong> Bezugsgruppenidentität<br />
stärken.<br />
Ziel 2: Vielfalt kennenlernen <strong>und</strong> Empathie entwickeln.<br />
Ziel 3: Kritisch werden gegenüber Einseitigkeiten,<br />
Vorurteilen, Diskriminierung <strong>und</strong> Stigmatisierung.<br />
Ziel 4: Verantwortung übernehmen! Aktiv werden gegen<br />
Einseitigkeit <strong>und</strong> Vorurteile.<br />
Führt mit der Zeit zu weniger Konflikte in der<br />
Kindergruppe <strong>und</strong> Diskriminierungserfahrungen!<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
37<br />
Individuelles Lernen in heterogenen Gruppen:<br />
Methode: Expertenhearing<br />
Vier Gruppen á vier Teilnehmer im demokratischen Miteinander!<br />
Jeder liest nach seinem Interesse eines von vier Kinderzielen.<br />
Dann treffen sich diejenigen, welche das Ziel eins, zwei, drei oder<br />
vier gelesen haben <strong>und</strong> tauschen sich gegenseitig aus.<br />
Dadurch werden sie zu Experten des jeweiligen Zieles.<br />
Das Wissen wird in die eigene Gruppe wieder zurückgespiegelt,<br />
so dass alle einen guten Überblick über die vier Ziele haben.<br />
4 Kinderziele austeilen! Quelle aus www.Kinderwelten.net<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
38<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong>spartnerschaft formuliert von Sparks<br />
1. Einen echten Dialog zwischen Team <strong>und</strong> Eltern herstellen, in dem über die<br />
unterschiedlichen Perspektiven offen diskutiert <strong>und</strong> Klärungen, Verständigung<br />
<strong>und</strong> Lösungen angestrebt werden, die für beide Seiten konsensfindend sind.<br />
2. Informationen zur Verfügung stellen, die Eltern bewusster machen, wie kleine<br />
Kinder Identität in Bezug auf Herkunft <strong>und</strong> Geschlecht entwickeln <strong>und</strong> wie<br />
Diskriminierung auf Gr<strong>und</strong> von Hautfarbe, Herkunft, Geschlecht, Behinderung<br />
usw. die ges<strong>und</strong>e, emotionale <strong>und</strong> kognitive Entwicklung von Kindern<br />
beeinträchtigt.<br />
3. Einen geschützten Rahmen zur Verfügung stellen, in dem sich Eltern<br />
untereinander über die Fragen austauschen, die durch die vorurteilsbewusste<br />
Arbeit aufgeworfen werden, so dass sie zunehmend Anti-Bias-Sichtweisen in<br />
ihre eigene <strong>Erziehung</strong>spraxis einbeziehen können.<br />
4. Eltern in die Entwicklung, Umsetzung <strong>und</strong> Auswertung des pädagogischen<br />
Konzepts einbeziehen. (siehe www.Kinderwelten.net)<br />
Führt bei konsequenter Durchführung zu vorurteilsbewusstere Eltern,<br />
mehr Fre<strong>und</strong>schaften untereinander, weniger Konflikte mit den Kindern,<br />
eine inklusivere Gesellschaft. Es werden eher Lösungen gef<strong>und</strong>en!<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
39<br />
Geschlechtsbewusste Pädagogik<br />
(den Interessen <strong>und</strong> Bedürfnissen beider<br />
Geschlechter gerecht zu werden.)<br />
Heterogene Pädagogik<br />
Zusammenarbeit mit Eltern – Respekt für<br />
jede Familie (Neues Familienphänomen<br />
gerecht werden: Regenbogenfamilien …)<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
40<br />
Voraussetzung: Dialogregeln in der Kita erstellen.<br />
Lernen an Wendepunkten<br />
Nachdenkgespräche führen<br />
Empathie-Dreieck (Kinder, Eltern, PädagogInnen)<br />
Elterngesprächskreise<br />
Kinderkreise mit Persona Doll<br />
Open Circle z. B. zur Geschichte meines Namens oder zur Geschichte meines Landes<br />
usw.<br />
Power Flower (Macht-Blume – umformuliert in Kraftblume)<br />
Roots and Wings (Wurzeln <strong>und</strong> Flügel)<br />
Familienfäden<br />
Kleingruppen <strong>und</strong> Plenumsarbeit (hinsichtlich des effektiven Lernens <strong>und</strong><br />
Heterogenität hinterfrage ich gr<strong>und</strong>sätzlich die Plenumsarbeit.) Es gibt andere<br />
Methoden für ein intensiven kooperativen Lernprozess! (One stay, the rest goes,<br />
Gruppenpuzzle, World-Café, Expertenhearing …)<br />
u. a.<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
41<br />
Fragestellungen ohne Leistungsdruck<br />
Sprechstein – Ein Ritual der Aufmerksamkeit <strong>und</strong> des<br />
Aktiven Zuhörens.<br />
Fragen zum Namen:<br />
1. Was bedeutet er?<br />
2. Wo kommt er her?<br />
3. Wie ist es dazu gekommen, dass ich so heiße?<br />
4. Wie geht es mir mit meinem Namen?<br />
5. Gefällt er mir?<br />
6. Wie werde ich noch genannt?<br />
7. Wie möchte ich nicht genannt werden?<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
42<br />
1. Was gefällt Ihnen daran, Mitglied Ihrer Gruppe zu sein?<br />
2. Was gefällt Ihnen nicht daran, Mitglied Ihrer Gruppe zu<br />
sein?<br />
3. Gibt es etwas, was Sie extrem stört, ein Mitglied in Ihrer<br />
Bezugsgruppe zu sein?<br />
4. Welche Äußerungen über Ihre Bezugsgruppe möchten Sie<br />
nie wieder hören, weil es Sie verletzt?<br />
5. Was möchten Sie aktiv daran ändern?<br />
6. Wie sollen andere Menschen über Ihre Gruppe sprechen<br />
<strong>und</strong> sie behandeln?<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
43<br />
Mein kultureller Hintergr<strong>und</strong> = Basis für die Werte,<br />
die sich ein Mensch angeeignet hat.<br />
Wie waren Ihre Erfahrung als Kind, Jugendliche/r <strong>und</strong> als<br />
Erwachsener?<br />
Wie beeinflusst Ihr kultureller Hintergr<strong>und</strong> Ihre Arbeit/Ihr Leben<br />
als PädagogIn oder als Erwachsener?<br />
1. Wer gehört zur Familie?<br />
2. Wo lebt meine Familie?<br />
3. Was sind die besonderen Tage in meiner Familie?<br />
4. Wie wird bei Euch gegessen?<br />
5. Wer macht was in Deiner Familie<br />
6. Welche Rolle spielt die Religion in Deiner Familie?<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
44<br />
Reflexion nach der Übung:<br />
Wie war die Arbeit mit dieser Übung für Sie? Wie geht es Ihnen jetzt?<br />
Waren die Erfahrungen, die Sie als Angehörige der gleichen<br />
Bezugsgruppe gemacht haben, in Ihren Gruppen eher ähnlich oder<br />
unterschiedlich?<br />
Welche Aspekte aus dem Gespräch über Ihre jeweilige Bezugsgruppe<br />
hinsichtlich positiver bzw. negativer Aspekte der Zugehörigkeit dazu,<br />
möchten Sie hier vorstellen?<br />
Welche Aspekte aus den Kleingruppengesprächen hinsichtlich des<br />
Umgangs mit Ihren Bezugsgruppen durch andere (negative<br />
Erfahrungen <strong>und</strong> Wünsche) möchten Sie hier mitteilen?<br />
Gibt es Bezugsgruppen, denen Sie sich nicht oder kaum zugehörig<br />
fühlen, obwohl Sie Ihnen angehören <strong>und</strong>/oder Ihnen durch Dritte<br />
zugeordnet werden? Wenn ja – wie geht es Ihnen damit?<br />
Welche Konsequenzen lassen sich aus den in dieser Übung<br />
gewonnenen Erkenntnissen für Ihren beruflichen Umgang mit Kindern<br />
<strong>und</strong> deren Familien ziehen?<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
45<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
46<br />
Der Name Power Flower geht auf ein Arbeitsblatt für die Einzelarbeit zurück,<br />
auf dem eine stilisierte, in Segmente, mit je einem inneren <strong>und</strong> einem<br />
äußeren Blütenblatt aufgeteilte Blüte abgebildet ist. Die Innensegmente sind<br />
mit für Gruppenzugehörigkeit <strong>und</strong> gesellschaftlichen Status relevanten<br />
Kategorien (Geschlecht, Hautfarbe, Religion, soziale Herkunft, soziale<br />
Orientierung, soziale Schicht, Familien- <strong>und</strong> <strong>Bildung</strong>sstand, Behinderung<br />
oder Beeinträchtigung …) beschriftet, einige für mögliche weitere den<br />
Teilnehmenden wichtige Kategorien frei gehalten.<br />
Sie ist in Wagner/Hahn/Enßlin 2006; Early Learning Ressource Unit 1997,<br />
S.96-99 <strong>und</strong> S.73-78; Europahaus Aurich/Anti-Bias-Werkstatt 2007 in<br />
unterschiedlichen Varianten beschrieben. Kenntnisse darüber sind hilfreich,<br />
um die konkrete Ausgestaltung der Übung an die jeweilige Gruppe anpassen<br />
zu können. Die eigene Selbstverortung hinsichtlich relevanter Kategorien<br />
<strong>und</strong> der damit verb<strong>und</strong>enen relativen Ohn-/Macht oder De-/Privilegierung<br />
wird reflektiert.<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
47<br />
Als ich vor 5 Jahren meine erste Machtblume (so wurde sie damals genannt)<br />
ausmalte, war ich sehr überrascht über das Ergebnis. Fühlte ich mich doch in<br />
mehr als der Hälfte der Kategorien benachteiligt. Ich machte mir über die<br />
Gründe Gedanken <strong>und</strong> was ich daran ändern möchte. Deshalb habe ich diese<br />
Übung am Außenblütenblatt mit dem Erweiterungs(veränderungs)blütenblatt<br />
ergänzt.<br />
Die Kraftblume ist in 16 Kategorien im Innenkreis der Blume eingeteilt. Manche<br />
Kategorien sind vorgegeben <strong>und</strong> manche können individuell ergänzt werden. Die<br />
Blütenblätter haben ein Innen-, ein Außen- <strong>und</strong> ein Erweiterungs-<br />
(veränderungs)blatt. Die Innenblätter sind die privilegierten Blütenblätter. Die<br />
mittleren Blütenblätter sind die benachteiligten Blütenblätter – die Kategorie, in<br />
der Sie sich ausgegrenzt fühlen.<br />
Das Außenblatt ist das Veränderungsblatt. Wo glaube ich, kann ich persönlich<br />
etwas verändern <strong>und</strong> aktiv gegen Diskriminierung vorgehen? Wo glaube ich, bin<br />
ich ohnmächtig?<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
48<br />
Tragen Sie die relevanten Kategorien in den Innenkreis ein: Alter, Geschlecht, Nationalität,<br />
Religion, Sprache, <strong>Bildung</strong>sstand, soziale Herkunft, soziale Schicht, sexuelle Orientierung,<br />
Familienstand, Behinderung oder Beeinträchtigung … Für den einzelnen kann z. B. auch<br />
Körpergröße, Körpergewicht, Geschwisterkonstellation <strong>und</strong> wie im anschließenden<br />
Beispiel selbst die Sensibilität eine Rolle spielen.<br />
Für diese Übung brauchen Sie fünf Farben. Sie können dazu Ihre Lieblingsfarben wählen.<br />
Sie gehen für sich die Kategorien durch <strong>und</strong> malen mit einem Buntstift das erste<br />
Blütenblatt aus, wenn Sie sich persönlich in dieser Kategorie privilegiert fühlen. Mit einer<br />
anderen Farbe malen Sie das mittlere Blatt aus, wenn Sie sich in dieser Kategorie<br />
benachteiligt oder ausgegrenzt fühlen. Das Außenblatt malen Sie mit der dritten oder<br />
vierten Farbe an, je nachdem, ob Sie aktiv dagegen vorgehen wollen <strong>und</strong> sich<br />
diesbezüglich weiterentwickeln wollen, oder ob Sie mit dem Zustand zufrieden sind. Mit<br />
der letzten Farbe malen Sie ebenso im Außenblatt die Kategorie an, wo Sie sich der<br />
Diskriminierung ohnmächtig ausgeliefert fühlen.<br />
HINWEIS: Diese Übung kann auch mit Stärken <strong>und</strong> Fähigkeiten sowie mit Gefühlen <strong>und</strong><br />
Bedürfnissen umfunktioniert werden. In welchen Bereichen möchte ich mich noch<br />
weiterentwickeln? Wo bin ich schon ganz gut?<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
49<br />
Privilegiert:<br />
Kleines Innenblatt<br />
Ausgrenzung, Diskriminierung,<br />
Benachteiligung: Mittleres Blatt<br />
Ich möchte aktiv etwas<br />
verändern: Außenblatt<br />
Ich möchte keine Veränderung:<br />
Außenblatt<br />
Ich fühle mich ohnmächtig! Außenblatt<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
50<br />
Wie viele innere <strong>und</strong> äußere Blütenblätter haben Sie angemalt?<br />
Fiel Ihnen das Ausmalen leicht?<br />
Welche Gefühle hatten Sie bei den einzelnen Kategorien?<br />
Was ist Ihnen dabei bewusst geworden?<br />
Welche Bedürfnisse sind dabei erfüllt, welche unerfüllt?<br />
Wie geht es Ihnen, wenn Sie sehen, worin Sie benachteiligt <strong>und</strong> worin Sie privilegiert<br />
sind? Hätten Sie dieses Ergebnis erwartet?<br />
Was wollen Sie selbst verändern?<br />
Wie wollen Sie gegen die Ausgrenzung vorgehen?<br />
Wo sind sie machtlos <strong>und</strong> ohnmächtig?<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
51<br />
Die Diskriminierungsformen werden nicht nur auf individueller<br />
Ebene, sondern auch auf der gesellschaftlichen Ebene identifiziert!<br />
Fokus auf Diskriminierungsformen in Bezug auf:<br />
1. Körperliche <strong>und</strong> geistige Ges<strong>und</strong>heit<br />
2. Geschlecht<br />
3. Sexuelle Neigung<br />
4. Kultur – rassistische <strong>und</strong> ethnische Merkmale<br />
5. Soziale Schicht<br />
6. <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>, <strong>Bildung</strong>sstatus der Eltern<br />
7. Hohe Barrieren bei der Teilhabe<br />
8. …<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
52<br />
Puppen haben eine Identität! Sie greifen die Stärken der Kinder auf. Sie lösen<br />
Konflikte <strong>und</strong> gehen auf die Ängste der Kinder ein!<br />
Die Persona-Doll-Methode (Puppen erzählen <strong>und</strong> fragen über das Sprachrohr<br />
der Erzieherin) eröffnet die große Chance, Voreingenommenheiten <strong>und</strong><br />
Vorurteile anzusprechen, ohne die betroffene Kinder bloßzustellen <strong>und</strong> ohne<br />
den moralischen Zeigefinger gegen Ausgrenzung, Hänseleien <strong>und</strong> Kränkungen<br />
hochzuhalten.<br />
Quelle: Kinderwelten INA gGmbH<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
53<br />
Enßlin, Ute/Henkys, Barbara:<br />
Vielfalt ins Gespräch bringen mit<br />
Persona Dolls.<br />
In: Preissing/Wagner (Hrsg.):<br />
Kleine Kinder, keine Vorurteile?<br />
Interkulturelle <strong>und</strong> vorurteilsbewusste<br />
Arbeit in Kindertageseinrichtungen.<br />
Freiburg: Herder 2003, S.118-131<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
54<br />
Erk<strong>und</strong>ungen zu Einseitigkeiten <strong>und</strong> Vielfalt in der<br />
Einrichtung<br />
Beteiligung aller am Veränderungsprozess<br />
Konkrete Arbeitsaufträge – Welche Bilderbücher sind<br />
unpassend? Wer kümmert sich darum?<br />
Präsentation <strong>und</strong> Dokumentation<br />
Ergibt eine neue inhaltliche Pädagogische Qualität<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
55<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong><br />
Gefühlsbilder malen
56<br />
Poster<br />
Filme<br />
Transkulturelle Spiele<br />
Bilderbücher<br />
Praxisbücher<br />
Familienbücher<br />
Sprachbücher<br />
Kinderbücher<br />
Bildkarten<br />
Lieder/Fingerspiele<br />
Gesprächskonzeptionen:<br />
Was brauchen wir, damit<br />
wir uns alle wohlfühlen?<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong><br />
Quelle: Kinderwelten INA gGmbH
57<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
58<br />
Beispiel einer<br />
möglichen Übung<br />
auf der<br />
persönlichen<br />
zwischenmenschlichen<br />
<strong>und</strong><br />
gesellschaftlichen<br />
Ebene!<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong><br />
Reflexion der eigenen Diskriminierung<br />
Haben Sie in der Vergangenheit selbst Diskriminierung erfahren?<br />
Wo erleben Sie heute noch Diskriminierung?<br />
Haben Sie selbst diskriminiert? Diskriminieren Sie immer noch? Wenn ja, warum?<br />
Was glauben Sie, wie wäre die Welt ohne Diskriminierung?
59<br />
1. Fachliche Begleitung der Kitas durch BeraterInnen des Kinderweltenteam,<br />
die an der MultiplikatorInnen-Fortbildung teilnehmen<br />
2. Teilnahme der Kitateams an Fortbildungen <strong>und</strong> Veranstaltungen<br />
3. Teilnahme der KitaleiterInnen an der<br />
4. Entwicklungswerkstatt „vorurteilsbewusstes Leiten!“<br />
5. Teilnahme der Träger-VertreterInnen an der<br />
6. Entwicklungswerkstatt „Trägerqualität“ in Berlin.<br />
7. B<strong>und</strong>esweite Fachstelle für „<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>“<br />
einrichten.<br />
Aktuelle Implementationsschwerpunkte: 6 Kompetenzkerne (Stuttgart, Jena, Berlin,<br />
Leipzig, Hannover/Braunschweig, Bremen)<br />
1 Kompetenzkern besteht aus 4-6 frühkindliche <strong>Bildung</strong>seinrichtungen mit ihren<br />
Trägern, einer Gr<strong>und</strong>schule <strong>und</strong> einer Fachschule für Sozialpädagogik oder<br />
Fachhochschule mit jeweils zwei Delegierten.<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
60<br />
Teilnahme der Projektdelegierten an der<br />
Entwicklungswerkstatt: „<strong>Vorurteilsbewusste</strong><br />
<strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong> in der Erzieherfachschule“<br />
Vermittlung der Werkstatt-Inhalte <strong>und</strong> Infos ins<br />
Kollegium durch die Projektdelegierten,<br />
mit Unterstützung der Schulleitung.<br />
Einrichtung einer Projektgruppe als „Motor“ der<br />
innerschulischen Auseinandersetzungen. Wird von<br />
den Delegierten initiiert, ansonsten besteht Gefahr,<br />
dass das Projekt nicht optimal umgesetzt wird.<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
61<br />
Vertiefung der vorurteilsbewussten Themen in einem<br />
regelmäßigen notwendigen Turnus z. B. bei neuen<br />
Mitarbeitern: Die Akzeptierende Haltung nach Carl Rogers<br />
Die Professionelle Haltung aus systemischer Sicht –<br />
Allparteilichkeit, Loyalitätsprinzip …<br />
Einführung in die Inklusive Kommunikation nach Rosenberg,<br />
Schulz von Thun, Gordon, Grossarth-Maticek<br />
(Autonomietraining) …<br />
bedürfnisgerechte <strong>und</strong> nicht ausgrenzende Sprache.<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
62<br />
„Die Resultate des Projekts sollen dazu<br />
beitragen, dass Respekt für die Vielfalt <strong>und</strong><br />
das Widerstehen gegen Ausgrenzung <strong>und</strong><br />
Diskriminierung zunehmend zu einer ,Kultur<br />
des Aufwachsens' in Deutschland gehören,<br />
die Erwachsene verantworten, um allen<br />
Heranwachsenden <strong>Bildung</strong> zu ermöglichen.“<br />
Anke Krause, Projektkoordinatorin<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong><br />
Schweizer Slogan!<br />
Ein Projekt von NCBI, das sich für<br />
Gewaltprävention <strong>und</strong> den Abbau von<br />
Vorurteilen einsetzt.<br />
http://www.ncbi.ch/uploads/Files/pdf/Liste_<br />
Stimmen erheben.pdf
63<br />
„Kinder sind nicht erst Leute von morgen, sie sind es heute schon.<br />
Sie haben ein Recht darauf, ernst genommen zu werden. Sie haben ein<br />
Recht darauf, von den Erwachsenen mit Fre<strong>und</strong>lichkeit <strong>und</strong> Respekt<br />
behandelt zu werden, als gleichwertige Partner <strong>und</strong> nicht wie Sklaven.<br />
Man sollte ein Kind zu dem Menschen heranwachsen lassen, der es ist<br />
<strong>und</strong> der in ihm steckt, denn die ,unbekannte Person' in´ einem jeden von<br />
ihnen ist die Hoffnung der Zukunft.“ aus: Janusz Korczak (1979):<br />
Wie man ein Kind lieben soll, Göttingen (Original 1920).<br />
„Das Kind hat ein Recht darauf, dass seine Angelegenheit ernsthaft<br />
behandelt <strong>und</strong> gebührend bedacht wird. Bis jetzt hing alles vom guten<br />
Willen <strong>und</strong> von der guten oder schlechten Laune des Erziehers ab.<br />
Das Kind war nicht berechtigt, Einspruch zu erheben.<br />
Dieser Despotismus muss ein Ende haben.“ aus: Janusz Korczak (1967):<br />
Das Recht des Kindes auf Achtung, Göttingen (Original 1931).<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
64<br />
Aus: Erzieherin<br />
als<br />
Multiplikatorin für<br />
Demokratie <strong>und</strong> Vielfalt<br />
Zusammenstellung:<br />
Anna Maria Roch<br />
Anne Frank Zentrum<br />
Quelle: http://www.migration-online.de/data/anne_frank_zentrum_erzieherinnen_als_multiplikatorinnen.pdf<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
65<br />
www.anti-bias-werkstatt.de<br />
www.decet.org (ISTA ist ebenso vertreten)<br />
www.antidiskriminierungsstelle.de<br />
www.inklusivebildung.de/Links/links.html<br />
www.vbe.de<br />
Opfer von Diskriminierung hier melden: www.bsk-ev.org/2430/diskriminierung-melden/de<br />
Sir Peter Ustinov Institut zur Erforschung <strong>und</strong> Bekämpfung von Vorurteilen:<br />
www.demokratiezentrum.org/fileadmin/media/pdf/handbuch_vorurteile_onlinev-1.pdf<br />
Persönlicher Hinweise für die Inklusion von Sinti <strong>und</strong> Romas.<br />
ROMA-KinderWelten: Staatspreis Erwachsenenbildung 2010<br />
Evangelische inklusive Kindertagesstätte Martinskirche:<br />
www.kinderwelten.net/news.php<br />
Ein Videobericht des Kirchenfernsehens der Evangelischen Landeskirche in Württemberg.<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>
66<br />
Helfen Sie mit, den Anti-Bias-Ansatz<br />
bekannt zu machen!<br />
Setzen Sie sich für diese wertvollen<br />
<strong>und</strong> unserer menschlichen <strong>und</strong><br />
gesellschaftlichen<br />
Entwicklung dienlichen Inklusions<strong>und</strong><br />
Transkulturgedanken ein,<br />
… weil jeder Mensch zählt!<br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong><br />
Innerer (zufriedenes inneres Team in<br />
uns) <strong>und</strong> Äußerer (sozial „gerechte“<br />
<strong>und</strong> sozialgleichwertige Gesellschaft)<br />
Fre<strong>und</strong>eskreis
67<br />
Wir brauchen Menschen mit Selbstempathie,<br />
weil diese Menschen, die dafür notwendige<br />
inklusive Haltung für die Umsetzung des Anti-Bias-Ansatzes<br />
verinnerlicht haben.<br />
Wie ich spreche,<br />
ist der Schlüssel zur<br />
Beseitigung von Diskriminierung!<br />
www.friesinger-theresia.de/fortbildungskonzepte/<strong>Bildung</strong><br />
<strong>Vorurteilsbewusste</strong> <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong>