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frauenstudien 14 - Frauenbeauftragte - LMU

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gorie "Mann". Dies, wie auch die von Seiten nicht-westlicher<br />

Feministinnen und "feminists of color" heftig formulierte Kritik<br />

am Repräsentationsanspruch der "western white feminist theory",<br />

führte zur "Krise der Differenz".<br />

Auch stellte sich die Frage nach dem Status der gender-<br />

Kategorie als einer Determinante neben anderen wie Klasse,<br />

Rasse, Ethnizität, Religion etc. Die Komplexität dieser in vielfacher<br />

Weise ineinandergreifenden machtkonstituierenden<br />

Faktoren wie auch die Auflösung der dichotomen Geschlechterkonstruktion<br />

selbst, forderten einen neuen Machtbegriff. Die<br />

bipolare Machtkonstruktion im Sinne Max WEBERs – als Macht<br />

über eine untergeordnete Person – wurde abgelöst durch einen<br />

nichtstatischen Machtbegriff, wie Ilse LENZ ihn formulierte: "...<br />

die Diffusion von Macht in viele Zentren erfordert Prozesse, in<br />

denen Konsensus gesucht und ihre Balance erhalten wird."<br />

(LENZ 1990: 47) Bei diesem praxisbetonten Ansatz geht es nicht<br />

mehr um starre Herrschaftsverhältnisse, sondern vielmehr um<br />

das Aushandeln von Machtpositionen zwischen und innerhalb<br />

der unterschiedlichen sozialen Kategorien.<br />

Ein Dilemma, das sich aus der sex-gender-Spaltung ergibt,<br />

besteht darin, daß auch die Unterscheidung von Kultur und<br />

Natur – auf der sie letztendlich beruht – keine "natürlich" gegebene<br />

ist, sondern eine diskursiv erzeugte. Wo aber ist die Grenze<br />

zwischen sex und gender zu ziehen, und in welchem Verhältnis<br />

stehen sie zueinander? Diese Fragen stellen sich für jede<br />

kulturelle Konstruktion neu. Für unsere Gesellschaft sind die<br />

primären Unterscheidungskriterien – der sichtbare anatomische<br />

Geschlechtsunterschied und die komplementären Rollen bei der<br />

Reproduktion – dem Bereich von sex zugeordnet, während<br />

sekundäre Geschlechtsmerkmale, wie zum Beispiel Statur,<br />

Stimme, Gestus und Wesenszuschreibungen, in den Bereich<br />

von gender fallen. Dagegen ist in anderen Gesellschaften beispielsweise<br />

das Verhalten einer Person für die Zuweisung seines/ihres<br />

Geschlechterstatus ausschlaggebend, unabhängig von<br />

der physischen Anatomie. Bei der ausschließlichen Berücksichtigung<br />

der gender-Qualität kann die konstruktivistische Auffassung<br />

vom Geschlecht auf der theoretischen Diskussionsebene<br />

scheinbar zahllose Varianten oder Konstellationen hervorbringen.<br />

Für die ethnologische Praxis dagegen ist es wesentlich, daß<br />

gender zwar bestimmt – d.h. konstruiert –, aber für den jeweiligen<br />

kulturellen Kontext zugleich auch bestimmend ist. Für die<br />

Praxis ist daher die Verkündigung postmoderner Beliebigkeit<br />

unergiebig.<br />

Die feministische Ethnologie befaßt sich mit der flexiblen<br />

und kontextabhängigen Verkörperung und Konstruktion von<br />

gender. Dabei liegt die Betonung vor allem auf der Prozeßhaftigkeit<br />

des gender-Begriffs, der in den Ansätzen von "doing<br />

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