Homo fugit velut umbra Meine sehr verehrten ... - Andreas Köhler

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Einkehr in Ruhe - quies Hingabe an Gott in der Abgeschiedenheit Passivität der Seele, damit der Geist Gottes ungehindert in ihr wirken kann. Jegliches menschliche Verlagen ist zu verwerfen, im Extremfall selbst das Verlagen nach der Erlösung Besser Gott lieben und in der Hölle schmoren, als den Himmel gewinnen ohne Gottesliebe. Der Quietismus kam im 17. und 18. Jahrhundert in Mode, vor allem in Frankreich durch Fénelon, Bischof von Cambrai und Madame Jeanne-Marie Guyon du Chesnoy, 57 Madame Jeanne-Marie Guyon du Chesnoy die ein riesiges Schriftenwerk hinterliess und grossen Anhang hatte. Hundert Jahre später noch war von dieser Lehre zu hören, und zwar beim Romantiker Karl Philipp Moritz, 58 ???: Karl Philipp Moritz der einen autobiographischen Roman über seine frühe Jugend schrieb. 59 Karl Philipp Moritz: Anton Reiser Melancholie / 32 Sinnlosigkeit / 26. Januar 2012 20
Als kleiner Junge war Moritz mit seinem Vater bei einem Anhänger der Guyonschen Lehre zu Besuch: 60 Alle diese Personen mussten sich täglich einmal in einem grossen Zimmer des Hauses zu einer Art von Gottesdienst versammeln, den der Herr von Fleischbein selbst eingerichtet hatte, und welcher darin bestand, dass sie sich alle um einen Tisch setzten und mit zugeschlossnen Augen, den Kopf auf den Tisch gelegt, eine halbe Stunde warteten, ob sie etwa die Stimme Gottes oder das ›innre Wort‹ in sich vernehmen würden. 61 Der Herr von Fleischbein bestimmte auch die Lektüre seiner Leute, und wer von den Knechten oder Mägden eine müssige Viertelstunde hatte, den sahe man nicht anders als mit einer von der Mad. Guion Schriften, vom ›innern Gebet‹ oder dergleichen, in der Hand in einer nachdenkenden Stellung sitzen und lesen. 62 Alles bis auf die kleinsten häuslichen Beschäftigungen hatte in diesem Hause ein ernstes, strenges und feierliches Ansehn. In allen Mienen glaubte man ›Ertötung‹ und ›Verleugnung‹ und in allen Handlungen ›Ausgehen aus sich selbst‹ und ›Eingehen ins Nichts‹ zu lesen. Diese triste Atmosphäre des Quietismus setzte sich im Hause Moritz fort und hatte für den kleinen Jungen Karp Philip - alias Anton Reiser - keineswegs erbauliche Folgen. Sein schon älterer Vater hatte ein zweites Mal geheiratet, nämlich Moritz’ Mutter, und ihre Veranlagungen harmonierten keineswegs. Moritz schreibt über seine Mutter: 63 So <strong>sehr</strong> die Lehre der Mad. Guion von der gänzlichen Ertötung und Vernichtung aller, auch der sanften und zärtlichen Leidenschaften mit Melancholie / 32 Sinnlosigkeit / 26. Januar 2012 21
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