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Die Welt als Gottes Wille und Vorstellung ... - Ht-frings.de

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<strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Gottes</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> –<br />

ontologische Betrachtungen<br />

1 Das Geheimnis <strong>de</strong>r Mystik<br />

In unserer wissenschaftlichen <strong>Welt</strong> wird seit Jahrh<strong>und</strong>erten ein Gegensatz behauptet, <strong>de</strong>n <strong>de</strong>r<br />

menschliche Geist sich in langen Tageswan<strong>de</strong>rungen <strong>und</strong> Nachtsitzungen selbst konstruiert hat. Es ist<br />

<strong>de</strong>r Gegensatz zwischen Wissen <strong>und</strong> Glauben, <strong>als</strong>o zwischen spekulativ-intuitivem Erahnen <strong>und</strong><br />

wissenschaftlich rekonstruierbarer Erfahrung, zwischen Mystik <strong>und</strong> Sinneswahrnehmung. Nun<br />

erkennt die aktuelle Gehirnforschung in ihren Experimenten zum freien <strong>Wille</strong>n, dass bei<strong>de</strong><br />

Vermögen, die <strong>de</strong>n Menschen – je<strong>de</strong>n einzelnen von uns – von alters her f<strong>und</strong>amental prägen <strong>und</strong> in<br />

je<strong>de</strong>r Entscheidung leiten, Hand in Hand gehen in ihrem Duktus, <strong>de</strong>r unser Lebensweg wird. Da ist die<br />

Entscheidung längst gefallen, verwurzelt in all unseren personalen Kräften, wenn sie uns bewusst<br />

wird, sei es <strong>als</strong> rationale, die wir bestätigen <strong>und</strong> <strong>de</strong>rer wir uns schlimmstenfalls brüsten können, sei<br />

es <strong>als</strong> irrationale, emotionale, für die wir uns schämen wollen, es aber nicht so richtig können, da wir<br />

irgendwie ahnen, dass in ihr genau so viel daseinsbezogene Wahrheit steckt wie in unseren kühlsten<br />

Kalkülen. Es ist aber kein Argument gegen <strong>de</strong>n freien <strong>Wille</strong>n, dass er in Wirklichkeit in wesentlich<br />

komplexeren Instanzen vernetzt <strong>und</strong> interaktiv abläuft, <strong>als</strong> wir meinen, spüren, erfahren. Unser <strong>Wille</strong><br />

ist ein komplexes, synergetisches Phänomen. An seiner Realisation ist eben die Auseinan<strong>de</strong>rsetzung<br />

mit all unseren Erfahrungen beteiligt, wie sie im Gehirn abläuft, um sie zu sichten <strong>und</strong> zu gewichten,<br />

ehe eine Entscheidung letztendlich abgerungen ist. <strong>Die</strong>ser Prozess aber, an <strong>de</strong>m die ganze<br />

Persönlichkeit beteiligt ist, läuft ver<strong>de</strong>ckt ab, in rasanter Schnelligkeit, so dass unser träges<br />

Bewusstsein nicht mithalten kann, das nichts an<strong>de</strong>res ist <strong>als</strong> ein schläfriger Beobachter auf hoher<br />

Warte, <strong>de</strong>m die Phänomene oft erst auffallen, wenn sie ante portas stehen o<strong>de</strong>r sogar schon zu einer<br />

instinktiven Handlung geführt haben: „Zum Sehen geboren, zum Schauen bestellt, <strong>de</strong>m Turme geschworen,<br />

gefällt mir die <strong>Welt</strong>.“ Goethe selbst hat seine Lebensentscheidung, Weimar Richtung<br />

Italien zu verlassen o<strong>de</strong>r auch sich <strong>de</strong>r Vulpius anzuheimeln, nicht aus <strong>de</strong>r sicheren <strong>und</strong> erhabenen<br />

Distanz dieses Aufklärungspostens getroffen, son<strong>de</strong>rn aus <strong>de</strong>m Kern seiner Persönlichkeit mit ihren<br />

Verwerfungen <strong>und</strong> Verletzungen, wie sie bei all seinem Glück beteiligt waren, heraus. Aus <strong>de</strong>rselben<br />

„Unvernunft“ heraus hat er seine Christiane links liegen lassen, <strong>als</strong> sie krank war, <strong>und</strong> sich keine<br />

Treppenstufe höher bewegt, um sie noch einmal zu besuchen, <strong>als</strong> sie starb. Da sitzt eine tiefe<br />

Unmenschlichkeit in uns, wie sie unser Zeitalter beherrscht, obwohl die vielfältigen täglichen<br />

medialen Konstrukte von einer Sensibilität <strong>und</strong> Gefühlstiefe träumen, wie sie selbst <strong>de</strong>r Olymp für<br />

seine Götter nicht hätte bieten können, solange wir davon ausgehen müssen, dass auch diese<br />

fiktionale <strong>Welt</strong> <strong>de</strong>s In-Eins von menschlicher <strong>und</strong> göttlicher <strong>Welt</strong> nur auf <strong>de</strong>r Basis dieses paradoxen<br />

kybernetischen W<strong>und</strong>erapparates, <strong>de</strong>r sich permanent verän<strong>de</strong>rt <strong>und</strong> neue Synthesen generiert,<br />

hätte funktionieren können. Wir unterliegen <strong>als</strong>o einem permanenten Schein unserer selbst, in<strong>de</strong>m<br />

dieser Vamp, <strong>de</strong>n wir Gehirn nennen, die <strong>Welt</strong> seiner Projektionen stets generiert, hypostasiert <strong>und</strong><br />

variiert. Wir nennen einen Menschen nüchtern, bei <strong>de</strong>m dies wenig <strong>und</strong> unkomplex geschieht, wir<br />

nennen Menschen stur, bei <strong>de</strong>nen sich dieser Hang zur Varianz ein Leben lang nicht mehr einstellt.<br />

Wir nennen wechsellaunig <strong>und</strong> unstet, ja unberechenbar diejenigen, bei <strong>de</strong>nen das Gehirn Meister<br />

<strong>de</strong>s Variantenreichtums ist <strong>und</strong> lei<strong>de</strong>r auch – wie kybernetisch hochaktive Viren – ein erprobter


Meister <strong>de</strong>r Tarnung ist. Unser Hirn ist so verschie<strong>de</strong>n wie wir Menschen <strong>und</strong> umgekehrt. So<br />

verschie<strong>de</strong>n, dass wir uns gegenseitig für kranl halten müssen, um nicht <strong>de</strong>n letzten Begriffsrest von<br />

Normalität aufgeben zu müssen, wozu wir <strong>als</strong>o noch nicht bereit sind. Es gibt <strong>als</strong>o offensichtlich einen<br />

Zusammenhang zwischen unserem Charakter – was immer das auch sein mag – <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Art, wie<br />

unser Gehirn sich in früher Kindheit organisiert hat <strong>und</strong>/o<strong>de</strong>r genetisch programmiert ist.<br />

Es ist in vielen Fällen so, dass wir bei <strong>de</strong>n wichtigsten Lebensentscheidungen in einer<br />

nachtwandlerisch-unbewussten Klarheit gehan<strong>de</strong>lt haben, dass uns selbst angst <strong>und</strong> bange wird<br />

angesichts solcher Nebelschwa<strong>de</strong>n in unserem Leben, dass wir aber auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite sicher<br />

fühlen, wie wir nicht an<strong>de</strong>rs haben han<strong>de</strong>ln können. Und so gibt es einen gewissen inneren Stolz<br />

gera<strong>de</strong> gegenüber solchen Handlungen, die sich aus unserem Dasein heraus gew<strong>und</strong>en haben wie<br />

ein aus <strong>de</strong>m Nichts gezeugtes <strong>und</strong> geborenes Phänomen, mit <strong>de</strong>m wir allerdings schon länger<br />

schwanger gingen, <strong>als</strong> die Plötzlichkeit seiner Realisation vermuten ließe. Mit dieser latenten Virulenz<br />

unseres <strong>Wille</strong>ns hängt es zusammen, dass er auch nur verwan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n kann durch permanente<br />

Arbeit an ihm; insofern machen ästhetisch hässliche Begriff wie „Trauerarbeit“ Sinn wie auch Hegels<br />

Diktum von <strong>de</strong>r „Arbeit am Begriffe“, Kants <strong>Vorstellung</strong> von <strong>de</strong>r Mühe, mit <strong>de</strong>r man sich auf <strong>de</strong>m Kurs<br />

<strong>de</strong>r Vernunft entgegen <strong>de</strong>n Anfeindungen <strong>de</strong>r Neigungen halten müsse, Nietzsches Lei<strong>de</strong>nsweg <strong>de</strong>r<br />

bitteren Erkenntnis in Bezug auf die Hinfälligkeit geliebter Werte <strong>und</strong> Hei<strong>de</strong>ggers Nichts, das<br />

daseinsbezogen nichte. <strong>Die</strong> Hirnforschung hat sehen dürfen, dass die Latenz eines gewollten<br />

Lei<strong>de</strong>nsdrucks auf die Komplexität <strong>de</strong>r Entscheidungsgenerierung durch diese Permanenz <strong>de</strong>s<br />

<strong>Wille</strong>ns, <strong>de</strong>r eine gleichermaßen bewusst gewollte wie zugleich tief nur erahnte Sehnsucht nach<br />

Lebensän<strong>de</strong>rung, Besserung, nach Läuterung ist, <strong>de</strong>n Erfolg einer realisierbaren Lebensän<strong>de</strong>rung mit<br />

sich bringt. Insofern sind alle Wurzelsün<strong>de</strong>n wie Geiz, Neid <strong>und</strong> Jähzorn heilbar, aber <strong>de</strong>r Anstoß dazu<br />

muss gleichermaßen aus einer Gesellschaft kommen, <strong>de</strong>ren Werte <strong>und</strong> Erziehung dazu anstoßen <strong>und</strong><br />

anhalten, wie aus einer ges<strong>und</strong>en Struktur <strong>de</strong>s Geistes, <strong>de</strong>r Geistigkeit einer Religion, eines Staates,<br />

einer Familie, einer Schule, eines Fre<strong>und</strong>schaftskreises. Nur das Zusammenspiel <strong>de</strong>s extrinsisch<br />

Erfahrenen <strong>und</strong> <strong>de</strong>s intrinsisch gewachsenen Wollens generiert – von Geduld <strong>und</strong> harren<strong>de</strong>r Liebe<br />

begleitet – das Ziel einer besseren <strong>Welt</strong>. Und nur die Intensität einer längeren Psychotherapie <strong>und</strong><br />

einer intensiven Auseinan<strong>de</strong>rsetzung mit sich selbst, wie sie bei Störungen <strong>de</strong>s Urvertrauens o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s<br />

glücksbezogenen Lebensgefühls gegeben sind, unter Beleuchtung aller Fassetten <strong>de</strong>s Lebensweges<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Gefühle kann eine Heilung bewirken. Heilung – <strong>als</strong> Phänomen <strong>und</strong> Möglichkeit <strong>de</strong>s Daseins –<br />

ist ein W<strong>und</strong>er, das <strong>als</strong> solches wirklich auch plötzlich auftreten kann, aber <strong>de</strong>r Heilungsprozess, <strong>de</strong>r<br />

zur Heilung führt, ist stets ein Weg, <strong>de</strong>r gegangen wer<strong>de</strong>n muss. Jesus ging diesen Weg in<br />

konsequenter Form für uns Menschen; insofern konnte er an<strong>de</strong>re w<strong>und</strong>erhaft heilen. Wir müssen<br />

diesen Weg selbst gehen, wenn ihn kein an<strong>de</strong>rer für uns ging. Wir können aber aufgr<strong>und</strong> eines selbst<br />

schon gegangenen Wegs zur Heilung an<strong>de</strong>rer Menschen beitragen. Immer aber ist Heilung ein Weg<br />

<strong>und</strong> zuletzt ein uns fast mystisches Ereignis. Gefährlich ist insofern alle Medizin, die <strong>de</strong>n Weg<br />

verhin<strong>de</strong>rt, da sie einen Heilungserfolg suggeriert, obwohl sie nur Symptome verän<strong>de</strong>rt. <strong>Die</strong>se dritte<br />

Komponente <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnen Medizin, das Kurieren am Phänomen, macht nur Sinn zur momentanen<br />

Hilfe <strong>und</strong> zur Möglichkeit einer ruhigen Einleitung <strong>de</strong>s psychotherapeutisch streng überwachten<br />

Weges, Heilung durch Medizin (im weitesten Sinne verstan<strong>de</strong>n) herbeizuführen. <strong>Die</strong>s gilt auch <strong>und</strong><br />

vielleicht sogar vor allem für Infektionen, <strong>de</strong>nn keine einzige Infektion ist erfolgreich, wenn nicht<br />

Bakterien o<strong>de</strong>r Viren auf ein Milieu treffen, das für diese spezifische Krankheit vorbereitet wur<strong>de</strong><br />

durch charakterbedingte Einseitigkeiten <strong>de</strong>s Lebens. Einsehen können wir das bei Diabetes <strong>und</strong><br />

Alkoholismus, bei Krankheiten infolge von übertriebenem Sport o<strong>de</strong>r mangeln<strong>de</strong>r körperlicher<br />

Bewegung, aber weniger bei Blinddarmentzündung <strong>und</strong> Leistenbruch, Knochenbrüchen <strong>und</strong>


Kopfschmerzen. Aber die mo<strong>de</strong>rne Medizin geht hier neue Wege, in<strong>de</strong>m sie auch solche<br />

Zusammenhänge erkennt, erforscht <strong>und</strong> in Therapieplänen zugr<strong>und</strong>e legt. Insofern wäre <strong>als</strong>o die<br />

kybernetische Ausrichtung unseres Gehirns die Ursache für unsere Krankheiten <strong>und</strong> alle Störungen<br />

kämen aus <strong>de</strong>m Apparat, <strong>de</strong>n man jahrh<strong>und</strong>ertelang <strong>als</strong> Sitz <strong>de</strong>r Vernunft <strong>und</strong> <strong>als</strong> Garant für ein<br />

störungsfreies Leben gesehen hat. Meditationsphilosophien <strong>und</strong> Gurus haben diese Lücke im<br />

menschlichen Wissen um geistige <strong>und</strong> körperliche Ges<strong>und</strong>heit oft erkannt <strong>und</strong> daraus ein<br />

Geschäftskonzept entwickelt, das bis Jahrzehnte nach ihrem Tod funktioniert. Und was wäre, wenn<br />

wir eines Tages erkennen wür<strong>de</strong>n, dass es direktere Verbindungen zwischen <strong>de</strong>m Verhalten unserer<br />

Vorfahren <strong>und</strong> unserer Befindlichkeit gäbe. Wenn z.B. sogenannte endogene Depressionen eine u.U.<br />

direkte Folge <strong>de</strong>s Alkoholismus von Uropas wären? Und umgekehrt die stabile Psyche von vielen<br />

Menschen Folge eines ges<strong>und</strong>en Umgangs mit Alkohol <strong>und</strong> an<strong>de</strong>ren Drogen bei unseren Vorfahren<br />

wären? Es gab in <strong>de</strong>r Ethik eine traurig verlaufen<strong>de</strong> Debatte um die Verantwortung <strong>de</strong>r Menschen für<br />

zukünftige Generationen. Unter diesen m.E. sicher zu vermuten<strong>de</strong>n Zusammenhängen ergäbe sich<br />

eine neue Ethik <strong>de</strong>r Fernstenliebe <strong>als</strong> letzte <strong>und</strong> radik<strong>als</strong>te Konsequenz <strong>de</strong>r Nächstenliebe. Und diese<br />

menschheitsbezogene Liebe wäre kein bloßer lebensfeindlicher Altruismus, son<strong>de</strong>rn eine wirkliche<br />

Liebe auch zu sich selbst. Insofern war Jesus immer schon weiter <strong>als</strong> seine späten Interpreten, <strong>als</strong><br />

Hegel <strong>und</strong> Nietzsche beispielsweise. „Liebe <strong>de</strong>n nächsten wie dich selbst!“<br />

Was sind nun Mysterien in unserer mo<strong>de</strong>rnen <strong>Welt</strong>?<br />

Das zentr<strong>als</strong>te Mysterium ist ein wissenschaftlicher Komplex: Der Urknall, <strong>de</strong>n wir in eine Theorie zu<br />

fassen versuchen, die stimmig sein soll wie ein großes Mosaik, <strong>de</strong>ssen letztes Teilchen, dass Higgs,<br />

nun ent<strong>de</strong>ckt zu sein scheint, sodass man zum ersten Mal in <strong>de</strong>r Geschichte einen Begriff ursächlich<br />

<strong>und</strong> phänomenal erklären könne, <strong>de</strong>n man schon seit Jahrh<strong>und</strong>erten <strong>de</strong>m Berechnen von kosmischen<br />

Mo<strong>de</strong>llen zugr<strong>und</strong>e legt: <strong>de</strong>n Begriff <strong>de</strong>r Masse. Nun sei je<strong>de</strong>s Steinchen rekonstruierbar erforscht.<br />

<strong>Die</strong> Wi<strong>de</strong>rsprüchlichkeit, mit <strong>de</strong>r die Wissenschaftler diese Theorie affirmativ diskutieren, ist <strong>de</strong>r<br />

beste Hinweis auf ihre mysteriöse Scheinwi<strong>de</strong>rsprüchlichkeit, wie sie auch seit Jahrh<strong>und</strong>erten<br />

erkannt zu sein scheint, aber nicht erklärend aufgelöst wer<strong>de</strong>n kann, nämlich durch die Paradoxa <strong>de</strong>r<br />

Physik: etwa, dass man zwar berechnen könne, wie etwas sich bei Lichtgeschwindigkeit verhalten<br />

wer<strong>de</strong>, aber diese wegen <strong>de</strong>r gegen Unendlich sich verstärken<strong>de</strong>n Masse nicht für Körper real<br />

erreichbar sei, o<strong>de</strong>r z.B. die Gegensätzlichkeiten, wie Huyghens sie beobachtete, dass Licht sich<br />

zugleich <strong>als</strong> Korpuskularphänomen <strong>und</strong> <strong>als</strong> Transversalwellenphänomen verhalte, was nicht sein<br />

könne, o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Heisenbergschen Unschärferelation, die ja mit simplen Worten <strong>und</strong> bildlich gesagt<br />

aufzeigt, dass sich ein imaginärer mikrokosmischer Sack Kartoffeln beim Wiegen in seinem Gewicht<br />

verän<strong>de</strong>rt, weil sich die Waage im Modus <strong>de</strong>s Wiegens verän<strong>de</strong>rt. <strong>Die</strong>se Scheinparadoxie <strong>und</strong> all<br />

diese Phänomene sind letztlich nur zu erklären durch die Annahme einer begründbaren,<br />

philosophisch nicht neuen, aber noch unverstan<strong>de</strong>nen Struktur unseres Daseins, nämlich <strong>de</strong>s<br />

Mysteriums <strong>de</strong>r unabdingbar <strong>und</strong> alternativlos anzunehmen<strong>de</strong>n Gleichursprünglichkeit <strong>Gottes</strong> <strong>und</strong><br />

seiner Phänomene.<br />

Ein zweiter mo<strong>de</strong>rner Mythos ist die Evolutionstheorie, zu <strong>de</strong>r ich auch an an<strong>de</strong>rer Stelle<br />

aufgewiesen habe, dass gera<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Kern dieser Theorie immer wie<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Aporie lan<strong>de</strong>t, wenn<br />

man davon ausgeht, dass sie im Sinne unseres herkömmlichen kausalistischen Denkens gedacht<br />

wer<strong>de</strong>n soll. Unser Dilemma dabei ist, dass all unsere Erfahrung auf einem solchen Einbahnstraßen-<br />

Kausalitäts-Schema beruht <strong>und</strong> wir nicht einmal wirklich die Relativitätstheorie Einsteins anschaulich<br />

nachzuvollziehen in <strong>de</strong>r Lage sind. Und so ziehen wir uns immer grollend wie ein beleidigtes Kind auf<br />

die Ebene unserer rudimentären, ja primitiven Erfahrungen zurück <strong>und</strong> ha<strong>de</strong>rn mit <strong>de</strong>r Gegenseite.


Der Ingrimm unserer Einstellung kommt aber letztlich aus unserem Gespür, dass wir aber auch keine<br />

besseren Argumente haben <strong>und</strong> auch einer bloßen Meinung unterliegen. <strong>Die</strong> Kausalitätsproblematik<br />

<strong>de</strong>r Evolutionstheorie lässt sich nur lösen durch die Annahme <strong>de</strong>r Gleichursprünglichkeit von Ursache<br />

<strong>und</strong> Phänomen, wie sie ausschließlich mit <strong>de</strong>r <strong>Vorstellung</strong> eines aller Zeit <strong>und</strong> irdischen Kausalität<br />

enthobenen, walten<strong>de</strong>n <strong>Gottes</strong> kompatibel ist, <strong>de</strong>ssen Instrument das Leben selbst ist, allerdings<br />

nicht <strong>als</strong> ihm entgegengesetztes frem<strong>de</strong>s Objekt, son<strong>de</strong>rn <strong>als</strong> stetiger Bestandteil dieses Göttlichen<br />

selbst ist, in <strong>de</strong>m biologisches Dasein nur in <strong>de</strong>r Form kybernetisch-polar gesteuerter Prozesse<br />

vorkommen kann. Der Gedanke <strong>de</strong>r I<strong>de</strong>ntität zwischen Gott <strong>und</strong> <strong>de</strong>r von ihm gewollten <strong>Welt</strong> ist<br />

philosophisch bekannt <strong>als</strong> Hegels Gedanke von <strong>de</strong>r I<strong>de</strong>ntität <strong>de</strong>r I<strong>de</strong>ntität <strong>und</strong> Nichti<strong>de</strong>ntität <strong>als</strong><br />

Struktur <strong>de</strong>s absoluten Geistes. Also nichts Neues! Aber Kann <strong>und</strong> darf ich Gott diese „Beschränkung“<br />

auf eine biologische <strong>Welt</strong> bipolaren Charakters unterstellen, wo er doch allmächtig ist? Für<br />

traditionelle Theologen steckt darin ein Vorwurf <strong>de</strong>r schlimmsten Sorte, <strong>als</strong>o eine Häresie! Nein,<br />

<strong>de</strong>nn wieso hat er die Kybernetik so gestrickt, dass für alles <strong>und</strong> je<strong>de</strong>s Existenzbedingungen gelten,<br />

gera<strong>de</strong> für die schönsten Dinge <strong>de</strong>s Lebens so enge, dass vieles davon vom permanenten Weg- <strong>und</strong><br />

Aussterben bedroht ist. Das Argument, dass Gott die <strong>Welt</strong> an<strong>de</strong>rs, ohne Beschränkung <strong>und</strong><br />

Wi<strong>de</strong>rsprüchlichkeit gebaut hätte, wenn er wirklich existieren wür<strong>de</strong>, ist hinfällig, da es nicht an<strong>de</strong>rs<br />

sein kann, <strong>als</strong> dass die göttlich gewollte <strong>Welt</strong> <strong>de</strong>n göttlich gewollten Gesetzen unterliegt. Da können<br />

wir in <strong>de</strong>r Reflexion unseres Leids <strong>und</strong> unserer narzißtischen Beleidigungen noch so mosern <strong>und</strong><br />

schimpfen, grollen, ha<strong>de</strong>rn <strong>und</strong> verzweifeln. Dass Gott damit Gesetzen unterliege <strong>und</strong> nicht<br />

allmächtig sei, ist insofern hinfällig, da er selbst die ursprüngliche <strong>und</strong> ursächliche Allheit all dieser<br />

Gesetze ist <strong>und</strong> das zweifelhaft imaginäre, aber letztlich wirksame Spiel <strong>de</strong>r Freiheit <strong>als</strong> eines all<br />

seiner gewollten Daseinsspiele ins Leben gehaucht hat. Das uralte Argument, dass er gera<strong>de</strong> <strong>de</strong>n<br />

hehren Menschen <strong>als</strong> Krone <strong>de</strong>r Schöpfung mit wesentlich mehr Mitteln – Schönheit, Macht,<br />

Ges<strong>und</strong>heit – ausgestattet hätte, wenn er wirklich allgütiger Gott wäre, ist hinfällig, da es allein aus<br />

<strong>de</strong>r Hybris dieses Wesens entstan<strong>de</strong>n ist, <strong>de</strong>m mit <strong>de</strong>m Gehirn eine gottgewollte beson<strong>de</strong>re Funktion<br />

zuteil wur<strong>de</strong>, sein Dasein zu betrachten <strong>und</strong> zu meistern. Gott liebt ja nicht nur <strong>de</strong>n Erfolg guter<br />

Menschen, son<strong>de</strong>rn auch die Güte nicht erfolgreicher Menschen. Insofern ist nicht Gott bloß das<br />

Ebenbild <strong>de</strong>s Menschen, wie Feuerbach es kritisch sagte, aber auch nicht <strong>de</strong>r Mensch das<br />

vollständige <strong>und</strong> perfekte Abbild <strong>Gottes</strong>, son<strong>de</strong>rn nur sein unvollkommenes <strong>und</strong> um sich ringen<strong>de</strong>s<br />

Ebenbild, sein noch unvermögen<strong>de</strong>s Kind, das sich selbst aus Unreife W<strong>und</strong>en zufügt <strong>und</strong> das <strong>de</strong>n<br />

Unbil<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Daseins ausgesetzt ist <strong>und</strong> sich nicht so gut vor allen Gefahren schützen kann, wie es<br />

sein sollte. Natürlich kann Gott auch weinen, wenn <strong>de</strong>m Menschen etwas daneben geht, gera<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>swegen, weil er keine primitive Puppe <strong>als</strong> Ebenbild wollte, die er mit einem Handgriff schnell auf<br />

<strong>de</strong>r Bühne <strong>de</strong>r Puppenspieler hätte vor einem Verhed<strong>de</strong>rn bewahren wür<strong>de</strong>. Er wollte das Phänomen<br />

<strong>de</strong>s Scheiterns, aber nicht das spezifische Unglück. Das Phänomen <strong>de</strong>s Scheiterns wollte er, weil er<br />

<strong>de</strong>n Menschen wollte, <strong>und</strong> er wollte ihn so, wie er ihn wollte <strong>und</strong> wie dieser Mensch ist: <strong>als</strong><br />

suchen<strong>de</strong>s Kind, das sich selbst hypostasiert, aber die Chance hat, sich zu fin<strong>de</strong>n <strong>und</strong> seine<br />

Göttlichkeit zu leben – wozu für die meisten Kulturen noch ein weiter Weg weg aus <strong>de</strong>r Hypostasie<br />

ihres eigenen Egos, ihrer Nationalität <strong>und</strong> ihrer Religion ist. <strong>Die</strong>s aber ist die eigentliche<br />

Befreiungstheologie: Der Weg hinaus aus <strong>de</strong>n Verkürzungen unserer Sichtweisen <strong>und</strong> Fanatismen,<br />

<strong>de</strong>r Weg weg von Manipulation <strong>und</strong> Intoleranz, <strong>de</strong>r Weg hinaus aus <strong>de</strong>m Dunkel unserer<br />

egozentrischen Hibitualitäten. Ist es nicht befreiend für alle Religionen, die noch auf <strong>de</strong>m Niveau <strong>de</strong>r<br />

Urreligionen sind, wenn sie erkennen müssen, dass Gott nieman<strong>de</strong>n persönlich bestrafte o<strong>de</strong>r quälte,<br />

wenn etwas Schlimmes in unserer <strong>Welt</strong> geschah! Und dass man insofern sein eigenes Unglück nicht<br />

auf kausalistische Weise direkt herleitete; nur, wer sich zu waschen versäumt, stinkt, obwohl er das<br />

Phänomen <strong>de</strong>s Gestanks auch durch noch so häufiges Waschen aus <strong>de</strong>r <strong>Welt</strong> bringen kann. Das ist


vielleicht auch das kybernetische Gr<strong>und</strong>motiv hinter je<strong>de</strong>m Waschzwang, dass man nicht die eigene<br />

Situation retten, son<strong>de</strong>rn das Phänomen an sich beseitigen muss. Insofern wäre es ein heiliges Motiv,<br />

<strong>de</strong>nn auch Jesus-Christus hatte diesen von seinem Vater so gewollten phänomenalen Waschzwang.<br />

Auch er hat sein eigenes Leben dadurch zwanghaft zerstört. Haben wir <strong>als</strong>o großes Verständnis für<br />

Zwangsrituale, in <strong>de</strong>nen etwas Göttliches steckt. Den betroffenen Menschen aber machen sie<br />

unglücklich. „So lernt erst leben“, meinte Nietzsche, „Zurück zur Natur!“ Rousseau, <strong>und</strong> früher <strong>als</strong> alle<br />

seine Interpreten sagte Jesus in seiner schlichten Signifikanz: „Wenn ihr nicht wer<strong>de</strong>t wie die Kin<strong>de</strong>r!“<br />

Insofern ist Gott <strong>de</strong>r Alllieben<strong>de</strong>, in<strong>de</strong>m er die Daseinsstruktur so wählte – <strong>und</strong> aus seiner Totalität<br />

heraus so wählen musste, weil er wollte, da er sich in ihr nicht veräußern kann, ohne die irdische<br />

<strong>Welt</strong>, gemäß <strong>de</strong>m Mythos vom Jüngsten Gericht <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Apokalypse, zu been<strong>de</strong>n –, dass <strong>de</strong>r Mensch<br />

unter Hybris lei<strong>de</strong>n lernen musste, an welchen Aufgaben er wachsen darf, seit<strong>de</strong>m er aus <strong>de</strong>m<br />

Paradies <strong>de</strong>r Unschuld vertrieben ist <strong>und</strong> unter <strong>de</strong>n Ansprüchen <strong>de</strong>r materialen <strong>Welt</strong> zu lei<strong>de</strong>n hat.<br />

Der wahre Gott <strong>als</strong> das Ganze, das das Wahre bil<strong>de</strong>t, <strong>als</strong>o in unveräußerter <strong>und</strong> reiner Form, <strong>und</strong> <strong>de</strong>r<br />

beschränkte Mensch, <strong>de</strong>r nur sein mangelhaftes, <strong>de</strong>r Potenz nach aber ähnliches Ebenbild ist, können<br />

nicht zusammen sein <strong>und</strong> sich treffen, zunicken, sich die Hand reichen. Sie begegneten sich durch die<br />

Entäußerung <strong>Gottes</strong> im Menschen Jesus, <strong>de</strong>r uns <strong>als</strong> Christus dann wie<strong>de</strong>r entschwin<strong>de</strong>n musste,<br />

worunter ein Apostel namens Judas so sehr litt, dass er aus Enttäuschung Jesus verriet, was aber<br />

dann gleichursprünglicher Bestandteil <strong>de</strong>s Planes <strong>Gottes</strong> war, wodurch er sich wie<strong>de</strong>r zu sich selbst<br />

zurück nahm – <strong>als</strong> Vorbereitung <strong>de</strong>r Zurücknahme <strong>de</strong>r ganzen Menschheit in die Totalität <strong>de</strong>s<br />

allwalten<strong>de</strong>n <strong>und</strong> allwehen<strong>de</strong>n <strong>Gottes</strong>. <strong>Die</strong> Arbeit eines je<strong>de</strong>n Menschen für die gute Sache ist<br />

insofern die Realisation <strong>de</strong>s Plans <strong>Gottes</strong> mit <strong>de</strong>m Menschen, die Verwirklichung <strong>de</strong>r göttlichen<br />

Geschichte mit <strong>de</strong>m Menschen <strong>und</strong> die Vere<strong>de</strong>lung <strong>de</strong>s Daseins. Es ist die schwere Krankheit <strong>de</strong>r<br />

Auster, die erst die Perle erzeugt, wie Heinrich von Kleist uns einst erinnerte, an <strong>de</strong>r wir unseren Blick<br />

erfreuen dürfen <strong>und</strong> die durch die Ernte erst Wert bekommt. Insofern war Judas’ Verrat nicht einfach<br />

ein lustiges Ereignis, sozusagen ein Trick <strong>Gottes</strong>, son<strong>de</strong>rn es war wirklicher, bitterer, verwerflicher<br />

Verrat, weswegen er mythisch auch <strong>als</strong> eine erkaufte Intention <strong>de</strong>s Teufels dargestellt ist, <strong>de</strong>r aber in<br />

diesem höheren göttlichen Sinn seine Funktion hatte. So wird <strong>de</strong>r Mensch lei<strong>de</strong>r auch zum Spielball,<br />

<strong>de</strong>r hin <strong>und</strong> her getreten wird <strong>und</strong> mehr <strong>de</strong>n Gesetzen <strong>de</strong>s Zufalls zu gehorchen hat <strong>als</strong> <strong>de</strong>n<br />

<strong>Wille</strong>nstrukturen gedanklich hervorragen<strong>de</strong>r Geister. Was je<strong>de</strong>r Fußballspieler weiß, sehen wir nicht,<br />

wenn wir zu wenig über die teuflische Macht <strong>de</strong>s Zufalls in <strong>de</strong>r <strong>Welt</strong> nach<strong>de</strong>nken. Ist <strong>de</strong>r Mythos vom<br />

Teufel die Geschichte von <strong>de</strong>r Inkarnation <strong>de</strong>s Zufalls, <strong>als</strong>o <strong>de</strong>r paradoxen an<strong>de</strong>ren Seite <strong>de</strong>r Medaille<br />

<strong>de</strong>r Notwendigkeit?<br />

Alles bekommt erst Wert durch die Ernte. Kein junger Baum, keine Saat, kein Korn ist Wert, son<strong>de</strong>rn<br />

nur Potenz. Und das sollten wir erneut erfahren an unseren alten Menschen. Unser Jugendkult<br />

laviert im Wertlosen, rein Potentiellen, <strong>de</strong>r Jugendkult hofiert das Unfertige, um uns selbst unfertig<br />

zu halten in <strong>de</strong>n verwöhnten Eventmomenten <strong>de</strong>r Unverbrauchtheit. Aber was nützt<br />

Unverbrauchtheit, wenn sie noch gar keine Kraft hat, an<strong>de</strong>res zu för<strong>de</strong>rn, an<strong>de</strong>rem zu helfen, es zu<br />

ernähren, zu halten <strong>und</strong> stützen. Erst Alter ist Wert, Jugend ist reine Potenz.<br />

Dann haben wir <strong>als</strong> jahrtausendtreuen Wegbegleiter die religiösen Mythen, <strong>de</strong>ren Mystik unseren<br />

Glauben konstituieren. Insofern sind diese Mythen mehr <strong>als</strong> das bloße auswechselbare <strong>und</strong> zufällig<br />

gewor<strong>de</strong>ne Kostüm, das <strong>de</strong>r arme kranke Nietzsche in ihnen sah. Sie sind wie unsere Lebensessenzen<br />

gleichermaßen geboren aus <strong>de</strong>r inneren Kraft unserer Intuition wie aus <strong>de</strong>m rationalen Bedürfnis, die<br />

<strong>Welt</strong> wi<strong>de</strong>rspruchsfrei zu erklären. Das ist das größte Geheimnis <strong>de</strong>s Mythos vom brennen<strong>de</strong>n<br />

Dornbusch, <strong>de</strong>r insofern mehr <strong>als</strong> ein Mythos ist. Er ist ein real gewor<strong>de</strong>nes Gleichnis dafür, wie die


Erkenntnis <strong>de</strong>r fixieren<strong>de</strong>n <strong>und</strong> kommunizierbaren Schrift geboren ist aus <strong>de</strong>m tiefen Feuer <strong>de</strong>s<br />

Lebens, aus <strong>de</strong>m göttlichen Schoß, <strong>de</strong>m vor Liebe brennen<strong>de</strong>n Bauch <strong>de</strong>s Daseins <strong>als</strong> Akt <strong>de</strong>s<br />

göttlichen <strong>Wille</strong>ns. Er ist Produkt <strong>de</strong>r Gleichursprünglichkeit von Gedanke <strong>und</strong> Folge: das neue Gesetz<br />

<strong>de</strong>r <strong>Welt</strong>, die allen kybernetischen Prinzipien wi<strong>de</strong>rsprechen<strong>de</strong> <strong>und</strong> insofern auf einzigartige Weise<br />

freie Nächstenliebe <strong>als</strong> <strong>de</strong>r Kern eines noch jungen Christentums. Alle Religionen sonst basieren auf<br />

<strong>de</strong>n Prinzipien <strong>de</strong>r irdischen <strong>Welt</strong>: die bew<strong>und</strong>ernswerte intensive sexuell-personale Liebe <strong>de</strong>s<br />

Ju<strong>de</strong>ntums zu Gott <strong>und</strong> zu Mitmenschen <strong>und</strong> seine Angst vor diesem mächtigen Gott, wegen <strong>de</strong>r man<br />

sein Haupt be<strong>de</strong>cken muss, die zu verehren<strong>de</strong> ethisch-moralische Kraft <strong>de</strong>s Islams, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n<br />

Menschen mit <strong>de</strong>m Gesetz unter die Wahrheit eines guten Lebens beugen will, wobei aber die Härte<br />

dieses Gesetzes zu starke Lei<strong>de</strong>n verursacht; die sehnsuchtsvolle selbstverliebte Verborgenheit <strong>de</strong>s<br />

Buddhismus, <strong>de</strong>r Gott in allem <strong>und</strong> im Nichts spürt <strong>und</strong> ein Leben voll innerer Güte aus <strong>de</strong>r<br />

Zurückgezogenheit einer vergeistigten, meditativen Lebensweise sieht <strong>und</strong> vieler an<strong>de</strong>rer Formen<br />

von natürlichen Varianten <strong>de</strong>r Sehnsucht <strong>de</strong>s Menschen nach Erlösung von seinem irdischen Lei<strong>de</strong>n.<br />

Das Christentum sieht im Lei<strong>de</strong>n einen notwendigen Bestandteil <strong>de</strong>s irdischen Weges hin zu Gott, es<br />

negiert das Lei<strong>de</strong>n nicht. Allein insofern ist <strong>de</strong>r Mensch frei von Ansprüchen einer Illusion im Leben,<br />

<strong>als</strong> wenn das Paradies wie<strong>de</strong>rholbar wäre. So meint Jesus es, wenn er sagt, dass Gott ein Gott <strong>de</strong>s<br />

Lebens sei, <strong>de</strong>n wir nicht fürchten müssen, da wir das Leid bejahen <strong>und</strong> bewältigen, so meint er es,<br />

wenn er sagt, das <strong>de</strong>r Mensch nicht für das Gesetz, son<strong>de</strong>rn das Gesetz für <strong>de</strong>n Menschen da sei <strong>und</strong><br />

Gott <strong>als</strong>o nur frei <strong>und</strong> aus <strong>de</strong>r Mil<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Herzens heraus zu fin<strong>de</strong>n sei, <strong>und</strong> so meint er es, wenn er<br />

die Nächstenliebe auf <strong>de</strong>n Punkt bringt, in<strong>de</strong>m er sagt, dass wir all das, was wir seinen Brü<strong>de</strong>rn – <strong>als</strong>o<br />

an<strong>de</strong>ren – getan haben – nicht <strong>als</strong>o uns selbst Gutes getan haben –, wir ihm getan haben.<br />

<strong>Die</strong> Irrwege <strong>und</strong> Irrformen, die wir in allen historischen Religionen <strong>und</strong> ihren kollektiven o<strong>de</strong>r<br />

individuellen Fehl<strong>de</strong>utungen fin<strong>de</strong>n, sind Legion <strong>und</strong> „gewaltig“ <strong>und</strong> reichen bis in die heutige Zeit:<br />

Wenn Lehre <strong>als</strong> Doktrin nach Menschenrechten legitimierte o<strong>de</strong>r <strong>als</strong> legitimiert behauptete Kriege<br />

anzettelt. In dieser Form ist Religion Fehlform kindlich-naiv puritanistischer Heilslehre in<br />

verschie<strong>de</strong>nen Gestalten, die allesamt aus <strong>de</strong>r satanischen Übergewalt <strong>de</strong>s materialistischen Denkens<br />

erwachsen sind, vom Sklavenhaltertum bis hin in die mo<strong>de</strong>rnen Formen <strong>de</strong>r<br />

Menschenverschleppung, Feudalismus <strong>de</strong>r galantesten Art im Frack <strong>und</strong> weißer Weste, Kapitalismus<br />

mit <strong>de</strong>r ihm eigenen Paranoia einer gestörten, sich auf <strong>de</strong>m Egotripp befindlichen <strong>Welt</strong>erfahrung<br />

<strong>und</strong> Kommunismus mit <strong>de</strong>r Mär, dass man das Heil <strong>de</strong>r Menschen im gesichtslosen Kollektiv suchen<br />

müsse. All diese Fehlformen vergessen, dass ihre Gr<strong>und</strong>kräfte nur dialektisch-verknüpfte Kräfte <strong>de</strong>s<br />

Daseins sind, die nie isoliert wer<strong>de</strong>n dürfen, um nicht <strong>de</strong>n Kälte- o<strong>de</strong>r Wärmetod aller kybernetischen<br />

Intelligenz herbeizuführen: Der Kapitalismus stirbt <strong>de</strong>n Wärmetod, <strong>de</strong>r Kommunismus <strong>de</strong>n Kältetod.<br />

Alle Formen von Terror, Kampf <strong>und</strong> Gewalt wer<strong>de</strong>n in sich zersplittern <strong>und</strong> schlimmstenfalls die <strong>Welt</strong><br />

zerfetzen. Was aber bleibt, ist die göttliche Kraft <strong>de</strong>r unmotivierten Liebe, die im Menschen nur<br />

überlebt, wenn <strong>de</strong>r Mensch überlebt. Ansonsten lebt sie ewig in <strong>de</strong>r ewig gütigen Allheit <strong>und</strong> Klarheit<br />

<strong>Gottes</strong>.<br />

Ist es nur ein Mythos, dass Jesus <strong>Gottes</strong> Sohn sei? Wir sind alle <strong>Gottes</strong> Kin<strong>de</strong>r, das bezweifelt kein<br />

gläubiger Mensch, insofern sind wir alle ein kleines bisschen Jesus. Er aber war es am meisten, <strong>de</strong>nn<br />

er war mit Gott, anthropomorph gesprochen, von Angesicht zu Angesicht verknüpft, was auch immer<br />

das heißen mag. Er sah ihn <strong>und</strong> seine Wahrheit, weil er in viel unmittelbarerer Form ihm entsprungen<br />

ist, mit ihm verb<strong>und</strong>en war <strong>als</strong> wir. Gera<strong>de</strong> diejenigen, die <strong>Gottes</strong> Sohnschaft bezweifeln, stellen sich<br />

vor, dass er auf seinem fleischlichen Schoß gesessen haben müsse <strong>und</strong> mit ihm über seine<br />

personalen Probleme gesprochen haben müsse. Sie sind <strong>als</strong>o viel fantasieloser <strong>als</strong> alle, die ihn zu<br />

begrün<strong>de</strong>n versuchen, ähnlich wie die, die lautstark <strong>und</strong> medienwirksam immer wie<strong>de</strong>r an einer


unbefleckten Empfängnis zweifeln, wo doch das Dasein unweit mehr Möglichkeiten einer<br />

Befruchtung <strong>und</strong> Empfängnis bereit hält <strong>als</strong> unsere Fantasie sich je auszu<strong>de</strong>nken vermag. Jesus ist<br />

<strong>als</strong>o Christus, d.h. <strong>Gottes</strong> unmittelbarer Sohn, <strong>de</strong>ssen göttliche Realität höher ist <strong>als</strong> unsere es sich<br />

jem<strong>als</strong> vorzustellen vermag.<br />

Das Christentum ist durch die mittelbare Begegnung <strong>Gottes</strong> mit <strong>de</strong>m Menschen eine Religion, die auf<br />

ihrer letzten Stufe die höchste sein wird, <strong>de</strong>nn sie wird die Geheimnisse <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Wert <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren<br />

nur mehr am Menschen orientierten Religionsformen – im En<strong>de</strong> ohne Kampf <strong>und</strong> ohne Streit – in<br />

sich aufgenommen haben, wenn sie am En<strong>de</strong> aller Zeiten in absolut vere<strong>de</strong>lter Form in die Wahrheit<br />

<strong>Gottes</strong> zurückkehren wird. Deswegen ist es jetzt schon <strong>de</strong>r Schatz im Acker, <strong>de</strong>n es zu ahnen, zu<br />

heben, zu halten gilt. Es ist ein unvergänglicher Diamant, wie er im Mythos <strong>de</strong>s gol<strong>de</strong>nen Gr<strong>als</strong><br />

verborgen ist, <strong>de</strong>r die irdische Phase <strong>de</strong>r <strong>Welt</strong> überleben wird, da in ihm die Urkraft <strong>Gottes</strong>, die uns<br />

aus <strong>de</strong>m <strong>Welt</strong>all herausschoss, steckt. <strong>Die</strong> Urkraft steckt in <strong>de</strong>r Struktur, wie sie aus <strong>de</strong>r reinen<br />

immateriellen Lebendigkeit wuchs. Alles Irdische ist insofern Struktur, alles Göttliche insofern Kraft.<br />

Unser Geist ist die Schnittstelle aus göttlicher Kraft <strong>und</strong> irdischer Struktur. Wir <strong>als</strong> Menschen können<br />

nur existieren in <strong>de</strong>r essentiellen Form <strong>de</strong>s Materiellen, das aber auf die Göttlichkeit <strong>de</strong>r Kraft<br />

zurückzuführen ist <strong>und</strong> aus ihr lebt, allerdings in <strong>de</strong>r Form, wie sie erdzeitgeschichtlich ihre Wirkung<br />

gef<strong>und</strong>en hat <strong>und</strong> jeweils in uns lebendig ist. Alles geht <strong>als</strong>o zurück auf <strong>de</strong>n einen Gott, auf <strong>de</strong>n<br />

Allvater, <strong>de</strong>n Kybernos. Er hat sich uns mitgeteilt in <strong>de</strong>r jeweiligen Form evolutionär gewachsener<br />

Möglichkeiten. In <strong>de</strong>r frühen emphatischen Phase <strong>de</strong>r Menschheit <strong>als</strong> Ahnung, Tanz, amorphes<br />

Gebet. Dann, in <strong>de</strong>r ikonischen Phase <strong>als</strong> Bild, danach, in <strong>de</strong>r imaginären Phase <strong>als</strong> Erzählung, Bild<br />

<strong>und</strong> Mythos, vor dreieinhalb- bis vor zweitausend Jahren, in <strong>de</strong>r kryptischen Phase <strong>als</strong> Wort <strong>und</strong> Text,<br />

Gebet <strong>und</strong> Lied, <strong>und</strong> nun, in <strong>de</strong>r kybernetischen Phase, <strong>als</strong> bipolare Information, <strong>de</strong>ren äußeres<br />

Merkmal das Paradoxon, <strong>de</strong>r Scheinwi<strong>de</strong>rspruch <strong>de</strong>r Informationen ist. Erst, wenn wir erkannt<br />

haben, dass diesen Wi<strong>de</strong>rsprühen eine göttlich-geistige Einheit zugr<strong>und</strong>e liegt, wer<strong>de</strong>n wir Gott<br />

erkennen können in <strong>de</strong>r Einheitlichkeit <strong>de</strong>s Ganzen, das das Wahre ist. Das ist uns aber nicht in <strong>de</strong>r<br />

phänomenalen Form <strong>de</strong>s Menschseins möglich.<br />

Alle Religionen sind in ihrem i<strong>de</strong>alen Kern Typen <strong>de</strong>s religiösen Menschseins: das Christentum war<br />

immer schon alternativ <strong>und</strong> Reformation, das an<strong>de</strong>re Denken, die Frie<strong>de</strong>nssehnsucht, <strong>de</strong>r Islam ist<br />

die Sehnsucht nach Unverlogenem <strong>und</strong> Unverbogenem, das mo<strong>de</strong>rne Ju<strong>de</strong>ntum ist loyal <strong>und</strong><br />

vergeistigt, <strong>de</strong>r Buddhismus kreativ, künstlerisch <strong>und</strong> kindlich verspielt <strong>und</strong> das alte Ju<strong>de</strong>ntum auf Du<br />

<strong>und</strong> Du mit Gott in <strong>de</strong>r Beziehungskrise <strong>de</strong>r Menschheit. Alle diese Formen sind Formen <strong>de</strong>s<br />

personalen Wer<strong>de</strong>ns <strong>de</strong>r Gattung Mensch <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Religion – Paradoxon, aber im Sinne <strong>de</strong>r<br />

Gleichursprünglichkeit auflösbar: Das Kind protestiert <strong>und</strong> kämpft um Beziehungen, <strong>de</strong>r Jüngling<br />

ent<strong>de</strong>ckt seinen Status <strong>und</strong> verliert sich in Selbstverliebtheit, die Rationalität kämpft sich nach oben,<br />

in<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r historische Zustand <strong>de</strong>s Religiösen in die kalte Analyse <strong>de</strong>r <strong>Welt</strong> übergeht <strong>und</strong> <strong>als</strong><br />

Bestandteil dieser Entwicklung das Religiöse auch über Bord zu werfen versucht wie alle Lasten. Aber<br />

Verdrängung von Lasten ist immer auch eine neurotische Form <strong>de</strong>s <strong>Welt</strong>umgangs; insofern wird es<br />

die Last nie los, son<strong>de</strong>rn lei<strong>de</strong>t unter weniger Ballast nun mehr. Dann kommt die Phase <strong>de</strong>r Endzeit,<br />

in <strong>de</strong>r Loyalität zuerst, dann Vielseitigkeit <strong>als</strong> Antwort auf die mystische Belastetheit <strong>de</strong>r <strong>Welt</strong><br />

ausdifferenziert wer<strong>de</strong>n. Sekten schießen aus <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n. Kampf <strong>de</strong>r Religionen, aber nicht <strong>de</strong>s<br />

Geistes in ihnen. Seit 500 Jahren <strong>de</strong>r Irrweg im mittelalterlichen Christentum zuerst, dann jetzt<br />

gekränkt durch <strong>de</strong>n Zustand <strong>de</strong>r technokratischen Abirrung vom göttlichen Mysterium durch<br />

Bombenkriege <strong>als</strong> Antwort auf irre Terrorattentate, so dass nun die Herrschaft <strong>de</strong>s 8. Typus die <strong>Welt</strong><br />

in die Zerwürfnisse <strong>de</strong>r Gewalt zerstückelt. Erst die friedliche Vereinigung <strong>als</strong> Überwindung dieser<br />

letzten Irrlehren in <strong>de</strong>n Religionen <strong>de</strong>r <strong>Welt</strong>, dass sie heilsgeschichtlich für die Menschheit je eine hö-


here Be<strong>de</strong>utung hätten <strong>als</strong> an<strong>de</strong>re – erst das Vergessen dieser Hypertrophie <strong>de</strong>s Geistes – lässt <strong>de</strong>n<br />

Gedanken <strong>de</strong>s Christentums, die Nächstenliebe ohne wenn <strong>und</strong> aber, <strong>als</strong> Überwindung aller<br />

kybernetischen Geb<strong>und</strong>enheit wirksam wer<strong>de</strong>n. Insofern ist das richtig verstan<strong>de</strong>ne Christentum<br />

nicht die bessere, son<strong>de</strong>rn die reifere Religion, weil in seine Wahrheit die Wahrheit aller an<strong>de</strong>ren<br />

Religionen eingegangen sein wird. Nur die Nächstenliebe kann <strong>de</strong>n Sieg über die Materie <strong>de</strong>s Globus<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>s Alls leisten. Es kann sein, dass dieser Sieg nur von ein paar wenigen letzten Menschen, ja<br />

vielleicht von einem letzten Überleben<strong>de</strong>n vollzogen wird. Das ist das Geheimnis <strong>de</strong>r Mystik <strong>de</strong>r<br />

Wüste, aus <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Mensch stammt <strong>und</strong> in die er zurückkehren wird – nach einem langen Weg durch<br />

die selbe, <strong>de</strong>r vielleicht noch ein paar Jahrtausen<strong>de</strong> anhalten wird. Der letzte Mensch wird <strong>de</strong>r erste<br />

sein!<br />

2<br />

<strong>Die</strong> Mystik <strong>de</strong>s Menschseins<br />

Wer bin ich? Warum bin ich so? Wie sehen mich die an<strong>de</strong>ren?<br />

Auftrag: Male ein Bild mit einem Haus, das <strong>de</strong>in Wunschhaus,<br />

<strong>de</strong>in absolutes I<strong>de</strong>alhaus ist!<br />

<strong>Die</strong> 3 Bildarten <strong>und</strong> <strong>de</strong>ren Typen<br />

das aus <strong>de</strong>m Herzen heraus gefühlte Bild


„Ich liebe dich, ich helfe dir,<br />

lass uns für immer in meinem<br />

wohnlichen Haus zusammen<br />

sein!“ – <strong>de</strong>r Helfertypus<br />

das vom Kopf erdachte Bild<br />

„Ich überlasse nichts <strong>de</strong>m Zufall<br />

<strong>und</strong> konstruiere alles klar <strong>und</strong><br />

nachvollziehbar, <strong>und</strong> du<br />

erkennst meine Klugheit.“-<br />

<strong>de</strong>r Denkertypus<br />

das spontane Bild aus <strong>de</strong>m Bauch heraus<br />

„Ich beherrsche meine Um-welt,<br />

<strong>de</strong>nn ich habe zu sagen <strong>und</strong> das<br />

sieht je<strong>de</strong>r meinem Haus gleich<br />

„Ich bin ein be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>r<br />

Mensch <strong>und</strong> du kannst das an<br />

meinem repräsentativen Schloss<br />

erkennen.“ –<br />

<strong>de</strong>r Statusmensch<br />

„Ich halte mich auf je<strong>de</strong>n Fall an<br />

die Regeln <strong>und</strong> Normen <strong>und</strong><br />

leiste mir keine Extrava-ganzen;<br />

mein Haus ist brav.“-<br />

<strong>de</strong>r loyale Typus<br />

„In meinem Haus ist es urgemütlich,<br />

warm <strong>und</strong> sonnig; ich<br />

mag keinen Streit, son<strong>de</strong>rn nur<br />

„Ich bin an<strong>de</strong>rs <strong>als</strong> alle <strong>und</strong> mein<br />

Haus ist ganz an<strong>de</strong>rs <strong>als</strong> alle <strong>und</strong><br />

du musst mich <strong>de</strong>swegen<br />

bew<strong>und</strong>ern!“ –<br />

<strong>de</strong>r Künstlertypus<br />

„Ich bin so vielseitig, dass mich<br />

keiner festlegen kann; ich kann<br />

alles <strong>und</strong> mein Haus ist bunt <strong>und</strong><br />

fröhlich.“ –<br />

<strong>de</strong>r Vielseitige<br />

„Ich bin nie mit <strong>de</strong>n Lösungen<br />

<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren zufrie<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>nn es<br />

geht immer noch besser; mein


an.“ –<br />

<strong>de</strong>r Herrschertypus<br />

Harmonie <strong>und</strong> Frie<strong>de</strong>n.“ –<br />

<strong>de</strong>r Friedlieben<strong>de</strong><br />

Haus ist or<strong>de</strong>ntlich.“ -<br />

<strong>de</strong>r Reformer-Typus<br />

Typ <strong>und</strong> Symbol die Stärken die Wurzelsün<strong>de</strong>n die Fallen die Einladungen<br />

Typ 1 – <strong>de</strong>r<br />

Reformertyp<br />

TYP 2 – <strong>de</strong>r Helfertyp<br />

TYP 3 – <strong>de</strong>r<br />

Statusmensch<br />

Perfektion Zorn Empfindlichkeit Wachstum<br />

Hilfsbereitschaft Stolz<br />

Tüchtigkeit Lüge (Betrug)<br />

Schmeichelei<br />

(Gefälligkeit)<br />

Eitelkeit<br />

(Äußerlichkeit)<br />

Freiheit<br />

Hoffnung


TYP 4 – <strong>de</strong>r<br />

Künstlertypus<br />

TYP 5 – <strong>de</strong>r<br />

Denkertypus<br />

TYP 6 – <strong>de</strong>r<br />

Loyale<br />

TYP 7 – <strong>de</strong>r<br />

Vielseitige<br />

TYP 8 – <strong>de</strong>r<br />

Herschertypus<br />

TYP 9 – <strong>de</strong>r<br />

Friedlieben<strong>de</strong><br />

I<strong>de</strong>enhaftigkeit Neid<br />

Schwermut<br />

(Melancholie)<br />

Ursprünglichkeit<br />

Überblick Habsucht Geiz Weisheit<br />

Verlässlichkeit Furcht (Angst)<br />

Vielseitigkeit<br />

Kraft<br />

Erläuterungen zum Enneagramm<br />

Unmäßigkeit<br />

(Völlerei)<br />

Schamlosigkeit<br />

(Unkeuschheit)<br />

Frie<strong>de</strong>n Faulheit<br />

Feigheit o<strong>de</strong>r<br />

Wagh<strong>als</strong>igkeit<br />

Glaube<br />

Planung Realismus<br />

Vergeltung Erbarmen<br />

Trägheit<br />

(Bequemlichkeit) Liebe<br />

Das „Enneagramm“ ist eine Persönlichkeitslehre, die davon ausgeht, dass wir Menschen von<br />

frühester Kindheit an bestimmte feste Charaktereigenschaften haben, die sich im Laufe <strong>de</strong>s Lebens<br />

zwar relativieren, mischen <strong>und</strong> entwickeln, die aber im Gr<strong>und</strong>e bestehen bleiben. Der Mensch ist <strong>als</strong>o<br />

eine in seiner gr<strong>und</strong>sätzlichen Denk-, Reaktions- <strong>und</strong> Verhaltensweise vorstrukturierte Persönlichkeit,<br />

<strong>de</strong>ren Handlungsweise oft – je<strong>de</strong>nfalls grob - voraussagbar ist, da sie manchmal wie programmiert<br />

abläuft – beson<strong>de</strong>rs in Fällen von psychischer Belastung. Darin liegt die Schwäche <strong>de</strong>s Menschen,<br />

aber auch seine Stärke: Je<strong>de</strong>r kann durch Selbst-erfahrung <strong>und</strong> Selbstbewusstsein sich so gut kennen<br />

lernen, dass er sich in positive Richtung entwickeln <strong>und</strong> seine Handlungen jeweils kontrollieren <strong>und</strong><br />

korrigieren kann. Er muss nur ein aufgeklärter Mensch sein: ein Mensch, <strong>de</strong>r die positive Kraft <strong>de</strong>s


Geistes <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Vernunft ei-nerseits bejaht, an<strong>de</strong>rerseits aber nicht mystifizierend <strong>und</strong> illusionshaft<br />

glaubt, <strong>de</strong>r Mensch sei, wie er ist, schon perfekt entwickelt o<strong>de</strong>r – im Gegenteil - hoffnungslos<br />

verloren. I<strong>de</strong>alismus <strong>und</strong> Fatalismus sind <strong>als</strong>o keine aufgeklärten Positionen; sie entziehen sich <strong>de</strong>m<br />

Gedanken, dass <strong>de</strong>r Mensch geistig <strong>und</strong> psychisch ein Leben lang wachsen muss <strong>und</strong> kann.<br />

Das vom Gr<strong>und</strong>ansatz her über 2000 Jahre alte psychotheoretische Lehre <strong>de</strong>s Enneagramms<br />

(Enneagramm = Neuneck) teilt die Menschheit in 9 Gr<strong>und</strong>typen ein, die dadurch entstan<strong>de</strong>n sind,<br />

dass vielleicht einerseits genetische Faktoren mitspielen, aber an<strong>de</strong>rerseits die Konstellation <strong>und</strong><br />

Beziehung <strong>de</strong>r Eltern zueinan<strong>de</strong>r die Erfahrungen lieferten, die das Baby <strong>und</strong> Kind verarbeiten<br />

musste, um glücklich bzw. nicht unglücklich zu sein, <strong>als</strong>o auch Lei<strong>de</strong>nsdruck zu min<strong>de</strong>rn o<strong>de</strong>r sogar –<br />

in schlimmen Fällen - zu überleben. Dazu baut das Kind eine Handlungs- <strong>und</strong> Verdrängungsstrategie<br />

auf: Entwe<strong>de</strong>r verdrängt es ins Herz hinein - dann wird es ein Beziehungs-Typ -, o<strong>de</strong>r es verdrängt in<br />

<strong>de</strong>n Kopf hinein - dann wird es ein Kopf-Typ -, o<strong>de</strong>r es verdrängt in <strong>de</strong>n Bauch hinein – dann wird es<br />

ein Bauch-Typ. Zugleich <strong>als</strong>o entwickelt sich in diesen Energie-Bereichen die Haupt-Handlungs- <strong>und</strong><br />

Filterebene: Wer zuerst mit <strong>de</strong>m Herzen reagiert, agiert auch zuerst mit <strong>de</strong>m Herzen; dasselbe gilt<br />

vom Kopf-Typen <strong>und</strong> vom Beziehungs-Typen.<br />

Manche Menschen sind Typen in relativ reiner Form, nämlich dann, wenn sie <strong>als</strong> Kin-<strong>de</strong>r positive<br />

Züge in einer Richtung entwickeln durften <strong>und</strong> dazu die Gelegenheit hatten, o<strong>de</strong>r, wenn sie in ganz<br />

miesen Verhältnissen sich auf eine einzige Reaktionsbasis <strong>als</strong> Verdrän-gungsform zurückziehen<br />

mussten. Viele Menschen mussten aber eine vielseitigere Strategie entwickeln, da ihr frühes Leben<br />

nicht so ein<strong>de</strong>utig <strong>und</strong> starr war. Sie mussten dynamischer sein. Und so ergeben sich oft Misch-<br />

Formen. <strong>Die</strong> Lehre vom Enneagramm sagt, dass viele Menschen einen Seitenflügel hin zu einem<br />

Nachbar-Typen haben, so zum Beispiel könne je-mand ein Reformer-Typus mit Helfer-Seite sein.<br />

Je<strong>de</strong>r Misch-Typ habe aber nur je einen Flü-gel zu einer Seite hin; nie bei<strong>de</strong> Flügel.<br />

Zugleich geht das Enneagramm aber davon aus, dass wir Menschen alle Typen in uns haben, die im<br />

Laufe <strong>de</strong>s Lebens mehr o<strong>de</strong>r weniger aktiviert wer<strong>de</strong>n können – aber immer nur in Form einer<br />

sek<strong>und</strong>ären o<strong>de</strong>r tertiären Reaktions- <strong>und</strong> Handlungsebene. Und auf dieser Basis ergibt sich eine<br />

zweite Ebene, auf <strong>de</strong>r das Enneagramm für unser Leben wirksam ist: Der Mensch kann sich im Laufe<br />

seines Lebens sozusagen quer durch das Neuneck von einem bestimmten Typus zu einem<br />

bestimmten, fest <strong>de</strong>finierten an<strong>de</strong>ren bewegen, wobei die Rich-tung seiner Entwicklung entwe<strong>de</strong>r<br />

eine Ges<strong>und</strong>ung <strong>und</strong> Verbesserung seiner Lebensweise, o<strong>de</strong>r eine Verschlechterung im Sinne einer<br />

Neurotisierung be<strong>de</strong>utet (siehe folgen<strong>de</strong>s Schema <strong>und</strong> beachte die Richtung <strong>de</strong>r Pfeile!). So ist <strong>de</strong>r<br />

Weg hin zu einer Vere<strong>de</strong>lung <strong>de</strong>s Charakters einerseits, an<strong>de</strong>rerseits <strong>de</strong>r dunkle Abgr<strong>und</strong> einer<br />

Katastrophe in <strong>de</strong>r möglichen Entwicklung eines je<strong>de</strong>n Menschen vor<strong>de</strong>finiert (nicht zu verwechseln<br />

mit ‚vorbestimmt‘; es gibt nach <strong>de</strong>r Lehre <strong>de</strong>s Enneagramms keine schicksalhafte Vorbestimmung <strong>de</strong>s<br />

Charakters!).<br />

Es gibt aber m.E. noch eine dritte Ebene, die in <strong>de</strong>r Geschichte <strong>de</strong>r Entwicklung <strong>de</strong>s Enneagramms<br />

alternativ zu <strong>de</strong>n obigen Formen diskutiert wird. Der russische Psychologe G.I. Gurdjieff hat im


vorigen Jahrh<strong>und</strong>ert die Enneagramm-Theorie <strong>de</strong>r Suffis wie<strong>de</strong>rent<strong>de</strong>ckt <strong>und</strong> weiterentwickelt; er<br />

ging allerdings davon aus, dass das Enneagramm eine Lebensentwick-lung spiegele, dass heißt, dass<br />

Menschen im Laufe eines normal langen Lebens alle Stufen er-reichen können <strong>und</strong> dass jeweils die<br />

nächste Stufe eine Verbesserung, eine Stufe höherer Rei-fe be<strong>de</strong>ute. Wenn man eine positive<br />

Entwicklung eines menschlichen Lebens sieht, ist dies klar, aber wenn man negative Prozesse<br />

betrachtet, fällt dies schwerer.<br />

Ich glaube nun, dass sich die drei Ebenen im Laufe unseres Lebens verstärken: Wenn ein reiner Typus<br />

in <strong>de</strong>r entsprechen<strong>de</strong>n Lebensphase ist (z.B. ein Denker-Typus in <strong>de</strong>r Den-ker-Phase), dann ergibt sich<br />

ein entwe<strong>de</strong>r positiver o<strong>de</strong>r negativer synergetischer Effekt, so dass sich die Ebenen ergänzen. <strong>Die</strong>s<br />

wird dann noch verstärkt, wenn sich aus <strong>de</strong>r Persön-lichkeitsentwicklung heraus zufällig <strong>de</strong>r gleiche<br />

Handlungstypus ergibt. Vielleicht entstehen so W<strong>und</strong>erwerke, aber eben auch schreckliche<br />

menschliche Tragödien. Auf dieselbe Art <strong>und</strong> Weise wären somit vielleicht Mozart <strong>und</strong> Hitler zu<br />

erklären. Wären so etwa für uns alle un-verständliche Selbstmor<strong>de</strong> junger Menschen zu erklären, wie<br />

zum Beispiel <strong>de</strong>r eines 18jähri-gen, <strong>de</strong>ssen Eltern sich getrennt hatten <strong>und</strong> <strong>de</strong>r sich, <strong>als</strong> in <strong>de</strong>r Woche<br />

darauf seine Fre<strong>und</strong>in mit ihm Schluss machte, umbrachte. Tausen<strong>de</strong> reagieren nicht so. Könnte es<br />

sein, dass dieser junge Mensch ein Reformer-Typus war, <strong>de</strong>r sein Leid <strong>und</strong> seine narzißtische<br />

Verletzung nicht akzeptieren konnte, <strong>de</strong>r zusätzlich noch im ‚Reformer-Alter‘, <strong>als</strong>o in <strong>de</strong>r<br />

wi<strong>de</strong>rspruchsreichen <strong>und</strong> kompromisslosen Zeit <strong>de</strong>r Jugend war, <strong>und</strong> <strong>de</strong>r durch die misslichen<br />

Umstän<strong>de</strong> darüber hinaus auch noch in die Phase <strong>de</strong>r Neurotisierung hineingeraten war, nämlich in<br />

<strong>de</strong>n Typ 4, <strong>als</strong>o <strong>de</strong>n Künstler-Typus, <strong>de</strong>r narzißtische Verletzungen so stark empfin<strong>de</strong>t, dass er durch<br />

kleinere o<strong>de</strong>r größere Akte <strong>de</strong>r Selbstzerstörung auf diese aufmerksam machen muss. Auf <strong>de</strong>r<br />

an<strong>de</strong>ren Seite können sich die Ebenen relativieren, wenn <strong>de</strong>r Mensch auf ihnen in verschie<strong>de</strong>-nen,<br />

vielleicht sogar sich neutralisieren<strong>de</strong>n Typen steckt. <strong>Die</strong>se Wi<strong>de</strong>rsprüche könnten sogar manchmal<br />

so diffus <strong>und</strong> kontraproduktiv sein, dass Handlungsunfähigkeit entsteht <strong>und</strong> die be-treffen<strong>de</strong>n<br />

Menschen nicht mehr wissen, wer sie eigentlich sind, wie sie <strong>de</strong>nken, fühlen <strong>und</strong> han<strong>de</strong>ln. Hier gälte<br />

es, eine Linie zur Ein<strong>de</strong>utigkeit <strong>und</strong> zum Positiven zu fin<strong>de</strong>n.<br />

Das Enneagramm kann missverstan<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n <strong>als</strong> Schubla<strong>de</strong>n-Denken. Nach meiner <strong>Vorstellung</strong><br />

aber ist die Vielzahl <strong>de</strong>r sich ergeben<strong>de</strong>n Typen-Mischungen <strong>und</strong> Entwicklungs-phasen ein Spiegelbild<br />

<strong>de</strong>r Vielfalt <strong>de</strong>s menschlichen Wesens: Es gibt eben keinen Norm-Menschen, son<strong>de</strong>rn viele<br />

verschie<strong>de</strong>ne Erscheinungsbil<strong>de</strong>r, die zu<strong>de</strong>m noch im Fluss sind, so dass es naheliegend ist, bei <strong>de</strong>r<br />

Auseinan<strong>de</strong>rsetzung mit <strong>de</strong>m Wesen <strong>de</strong>s Menschen zu resig-nieren <strong>und</strong> zu sagen: Kein Mensch ist<br />

wie <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re, <strong>de</strong>r Mensch ist ein unberechenbares chaotisches Wesen. <strong>Die</strong>s wäre aber eine sehr<br />

negative <strong>und</strong> reduktionistische Deutung <strong>de</strong>r menschlichen Freiheit <strong>und</strong> ihrer Potenzen.<br />

Der christliche Glaube geht davon aus, dass <strong>de</strong>r Mensch ein freies Wesen ist <strong>und</strong> dass in seiner<br />

Freiheit eine lebensgestalten<strong>de</strong>, positive Chance liegt. Das lehrt auch das Enneagramm. Der i<strong>de</strong>ale<br />

Mensch hat alle 9 Gesichter in äußerst positiver Form – für die Person Jesus ist dies aufgezeigt<br />

wor<strong>de</strong>n -, <strong>de</strong>nn er ist das Abbild <strong>de</strong>r menschlichen Seele, die eben diese 9 Gesichter <strong>als</strong><br />

Erlösungsformen in sich trägt. Das Dunkle <strong>und</strong> Böse hat 9 Fratzen <strong>de</strong>r Freiheit; <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Mensch in<br />

dieser Existenzform ist in <strong>de</strong>r Tat, wie die Existenzialisten sagten – zur Freiheit verdammt.


So ergibt sich folgen<strong>de</strong> Ebenen-Überschneidung:


1. Ebene: Typus (Rein-Typus o<strong>de</strong>r Sub-Typus (mit einem ‚Flügel‘)<br />

Auf dieser Ebene existieren 9 Gr<strong>und</strong>typen <strong>und</strong> 9 x 2 Subtypen, <strong>als</strong>o insgesamt 27<br />

Persönlichkeitstypen.<br />

Es ergibt sich <strong>als</strong>o hier schon eine Vielfalt von Typen, die <strong>de</strong>m Laien unübersichtlich sind <strong>und</strong><br />

die eine<br />

Selbsterfahrung schwer machen, weswegen viele Menschen eine Klassifikationsmöglichkeit<br />

leugnen.<br />

2. Ebene: Entwicklungstypus <strong>de</strong>r Ges<strong>und</strong>ung („Integration“) o<strong>de</strong>r Neuroti-<br />

sierung („Desintegration“) (an <strong>de</strong>n Linien <strong>de</strong>s Enneagramms entlang)<br />

<strong>Die</strong> Ges<strong>und</strong>ungslinie: 1 – 7 -- 5 -- 8 -- 2 -- 4 -- 1<br />

<strong>Die</strong> Neurotisierungslinie: 1 -- 4 -- 2 -- 8 -- 5 -- 7 -- 1<br />

3. Ebene: Lebensalter-Ebene: stufenförmiges Aufsteigen durch die Typen<br />

bis hin zum Lebensen<strong>de</strong><br />

(eine genaue altersbezogene Zuordnung ist nicht möglich, da die Lebensphasen bei allen Menschen<br />

unterschiedlich lange durchlebt wer<strong>de</strong>n; man kann auch in einer Phase stecken bleiben. )<br />

Fragen für Vorgespräch zur Eingrenzung <strong>de</strong>s Energiezentrums:<br />

Wie oft räumst du <strong>de</strong>in Zimmer auf? Macht dir das Aufräumen Spaß?<br />

Wie ist <strong>de</strong>in Verhältnis zur Ordnung? Bist du ordnungsfanatisch? Bist du ordnungsfeindlich?<br />

Machst du anfallsweise Ordnung? Machst du es aus Vernunftgrün<strong>de</strong>n?<br />

I Machst du manchmal Ordnung, um an<strong>de</strong>ren Menschen einen Gefallen zu tun bzw. um<br />

Fre<strong>und</strong>e zu empfangen?


II Machst du oft Ordnung, weil es vernünftig ist bzw. weil du es musst?<br />

III Machst du anfallsweise Ordnung, weil es dich sonst nervt?<br />

Wie gehst du in eine neue Gruppe hinein? Wie begegnest du Frem<strong>de</strong>n?<br />

I Versuchst du, offenherzig <strong>und</strong> fröhlich zu sein, zu lächeln, an<strong>de</strong>re anzusehen <strong>und</strong> mit ihnen<br />

so schnell wie möglich ins Gespräch zu kommen?<br />

II Bist du steif, verschwiegen <strong>und</strong> verkrampft? Hältst du so lange wie möglich Distanz? Willst du<br />

eigentlich nur sachlich begrün<strong>de</strong>te Kontakte?<br />

III Willst du schnell eine klare Rolle bei Frem<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r in einer Gruppe spielen? Eine dominante,<br />

friedliche o<strong>de</strong>r beraten<strong>de</strong>?<br />

Wie erlebst du Liebe <strong>und</strong> Sexualität (auch Auto-Sexualität)?<br />

I Spielt für dich in <strong>de</strong>inem sexuellen Erleben die Selbstbefriedigung eine große Rolle?<br />

Bist du schnell verliebt <strong>und</strong> <strong>de</strong>nkst oft an diese geliebten Personen? Brauchst du dieses schöne<br />

seelische Gefühl regelmäßig, so zum Beispiel vor <strong>de</strong>m Einschlafen? Verbin<strong>de</strong>st du es mit einem<br />

positiven Beziehungsgefühl? Lässt du dich leicht dazu animieren?<br />

II Ist eine solche seelische Hinwendung (<strong>und</strong> eben auch Selbstbefriedigung) für dich eigentlich<br />

völlig indiskutabel? Hast du ein schlechtes Gewissen, wenn es trotz<strong>de</strong>m passiert? Bist du meistens<br />

blockiert, so dass sexuelle Gefühle schnell verdrängt wer<strong>de</strong>n? Denkst du mehr an <strong>de</strong>n Reiz <strong>de</strong>r<br />

Sexualität selbst <strong>als</strong> an einen o<strong>de</strong>r eine geliebte Person?<br />

III Passiert es anfallsartig, <strong>als</strong>o rein vom Trieb gelenkt? Gibst du diesem Trieb immer nach?<br />

Animierst du dann auch an<strong>de</strong>re?


Wie ist es mit <strong>de</strong>iner Mitteilsamkeit?<br />

I Re<strong>de</strong>st du gerne über Gott <strong>und</strong> alle <strong>Welt</strong> pausenlos <strong>und</strong> merkst gar nicht, wenn dir keiner<br />

richtig zuhört?<br />

II Re<strong>de</strong>st du nur gerne über Sachfragen, bist du sehr neugierig <strong>und</strong> formulierst du immer nur<br />

kürzere Sätze <strong>und</strong> Monologe?<br />

III Ist <strong>de</strong>in Re<strong>de</strong>- <strong>und</strong> Kommunikationsverhalten sehr von <strong>de</strong>iner Laune abhängig? Neigst du zu<br />

übertriebenen <strong>und</strong> unkontrollierten Formen wie Jährzorn o<strong>de</strong>r übertrieben laute Fröhlichkeit?<br />

Aus welchen Grün<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>st du eine bestimmte Aktivität aufnehmen, z.B. eine Sportart, einen<br />

Kinobesuch, ein bestimmtes Buch lesen?<br />

I Weil ein guter Fre<strong>und</strong> o<strong>de</strong>r eine gute Fre<strong>und</strong>in es auch macht – <strong>als</strong>o beziehungsgebun-<strong>de</strong>n?<br />

II Weil du nach längerer Überlegung entschie<strong>de</strong>n hast, dass die Sache dich interessiert?<br />

III Weil du spontan Lust dazu hast – o<strong>de</strong>r eben keine Lust, so dass dich auch gute Freun-<strong>de</strong> nicht<br />

dazu bewegen können.<br />

Wie fühlst du dich, wenn keiner weiß, wo du im Moment bist?<br />

I Bekommst du Panik, da keiner von <strong>de</strong>inen Lieblingen sich jetzt gedanklich vorstellen kann,<br />

was du tust <strong>und</strong> wie es dir geht?<br />

II Bist du froh, dass du Distanz hast, dass keiner <strong>de</strong>ine Schritte berechnen kann <strong>und</strong> dich<br />

kontrollieren kann?<br />

III Ist es dir eigentlich egal? Denkst du gar nicht darüber nach? Merkst du soetwas gar nicht?<br />

Wie bewegst du dich gerne?<br />

I Schwungvoll, sichtbar elegant, agil? Zeigst du an<strong>de</strong>ren <strong>de</strong>ine Gefühle durch <strong>de</strong>ine Bewegungen?<br />

II Ganz verhalten, steif, da du Angst hast, dass an<strong>de</strong>re dich berechnen können <strong>und</strong> <strong>de</strong>ine<br />

Gefühlslage erkennen <strong>und</strong> diese Erkenntnis ausnützen können?<br />

III Wie es sich so gera<strong>de</strong> ergibt, aber im Gr<strong>und</strong>e sehr klar, bestimmt <strong>und</strong> selbstsicher?<br />

Wie reagieren an<strong>de</strong>re, wenn du einen Raum betrittst?


I Bemerkt das eigentlich gar keiner, so dass du dich zwar unbeobachtet in die Gruppe<br />

hineinbegeben kannst, aber dann sofort mit einigen ins Gespräch kommen musst, so dass zwischen<br />

dir <strong>und</strong> einigen an<strong>de</strong>ren Herzlichkeit entsteht?<br />

II Bemerkt dich zuerst gar keiner, so dass du eine Zeit lang sehr anonym bleiben kannst; fällst<br />

du dann plötzlich an<strong>de</strong>ren auf, die dich ansprechen, weil sie meinen, du seist einsam? Suchst du<br />

selbst fre<strong>und</strong>liche Menschen, um ein anregen<strong>de</strong>s Gespräch zu führen?<br />

III Bemerkt dich sofort je<strong>de</strong>r, entsteht eine verlegene Stille? Genießt du die Vormachtstel-lung?<br />

O<strong>de</strong>r brichst du diese Situation schnell mit Fre<strong>und</strong>lichkeit? O<strong>de</strong>r lässt du gerne an<strong>de</strong>re spüren, dass<br />

dir etwas nicht passt <strong>und</strong> dass man dich um Rat <strong>und</strong> <strong>de</strong>ine Mei-nung fragen solle?<br />

Sind <strong>de</strong>ine Träume/I<strong>de</strong>ale/Wünsche/Ziele<br />

I auf bestimmte Menschen bezogen? (Liebe, Anerkennung, Verw<strong>und</strong>erung)<br />

II auf Sachen bezogen? (Besitz/Gesetz/Können)<br />

III Auf Konstellationen bezogen (Herrschaft, Frie<strong>de</strong>n, Reform?)


Was sind <strong>de</strong>ine Hauptschwächen (Wurzelsün<strong>de</strong>n)?<br />

I bezogen auf an<strong>de</strong>re Personen?<br />

II bezogen auf Sachen?<br />

III bezogen auf dich selbst?<br />

Wie löst du gerne Probleme?<br />

I auf <strong>de</strong>r menschlichen <strong>und</strong> liebevollen Ebene?<br />

II auf <strong>de</strong>r sachlichen <strong>und</strong> juristischen Ebene?<br />

III auf <strong>de</strong>r strukturalen <strong>und</strong> atmosphärischen Ebene?<br />

Bist du <strong>als</strong> Kind an <strong>de</strong>n Pudding gegangen, bevor er offiziell gegessen wur<strong>de</strong>?<br />

I nur, wenn Fre<strong>und</strong>e es taten!<br />

II nie, weil es nicht sein darf <strong>und</strong> unvernünftig ist!<br />

III manchmal, nach Lust <strong>und</strong> Laune, unkontrolliert <strong>und</strong> spontan!<br />

Punktzahlen zur Auswertung: nach Häufigkeit <strong>de</strong>r gewählten Bereichszahlen<br />

Testfragen zur Eingrenzung<br />

Welcher <strong>de</strong>r folgen<strong>de</strong>n Sätze ist für dich <strong>de</strong>r wichtigste?<br />

2. Ich liebe dich <strong>und</strong> mache alles gerne, was du machst.<br />

3. Ich bin ein wichtiger <strong>und</strong> von dir anerkannter Mensch.<br />

4. Ich bin an<strong>de</strong>rs <strong>als</strong> alle <strong>und</strong> du sollst das sehen.<br />

5. Ich weiß viel <strong>und</strong> <strong>de</strong>nke zuerst über alles nach <strong>und</strong> entschei<strong>de</strong> cool.<br />

6. Ich kenne die Vorschriften <strong>und</strong> tue nur, was man darf <strong>und</strong> soll.<br />

7. Ich kann alles, <strong>als</strong>o komm, ich helf dir, packen wir es an.


8. Ich habe zu sagen, bin <strong>de</strong>r wichtigste hier <strong>und</strong> lasse mir von keinem was vormachen.<br />

9. Ich vermittele bei Konflikten; mein Hauptziel ist Ruhe, Bequemlichkeit <strong>und</strong> Frie<strong>de</strong>.<br />

1. Ich kann es besser <strong>und</strong> möchte alles verän<strong>de</strong>rn <strong>und</strong> reformieren.<br />

Wovor hast du die größte Angst?<br />

2. Verlust eines geliebten Menschen<br />

3. Verlust einer Position <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Anerkennung durch an<strong>de</strong>re<br />

4. Ein langweiliger Normalbürger zu sein <strong>und</strong> <strong>als</strong> solcher zu gelten<br />

5. Den Überblick zu verlieren<br />

6. Von einem Vorgesetzten Ta<strong>de</strong>l zu bekommen<br />

7. Etwas nicht zu können <strong>und</strong> an<strong>de</strong>re wür<strong>de</strong>n es merken<br />

8. Nicht die erste Geige spielen zu dürfen<br />

9. Vor einer stressigen <strong>und</strong> zänkischen Atmosphäre<br />

1. Davor, an Mißlichkeiten nichts än<strong>de</strong>rn zu können<br />

Was haben an<strong>de</strong>re schon einmal an dir auszusetzen gehabt o<strong>de</strong>r was wür<strong>de</strong>n an<strong>de</strong>re <strong>de</strong>ines<br />

Erachtens an dir aussetzen, wenn sie offen wären?<br />

2. Dass ich sie wie eine Übermutter beglucke, sie kontrolliere <strong>und</strong> eifersüchtig bin<br />

3. Dass ich mit meinem Status prahle <strong>und</strong> ein Angeber bin<br />

4. Dass ich unberechenbar, komisch <strong>und</strong> <strong>und</strong>urchsichtig bin (Kauz)<br />

5. Dass ich zu ruhig, distanziert <strong>und</strong> unnahbar, ja arrogant bin<br />

6. Dass ich zu brav bin <strong>und</strong> nur tue, was erlaubt ist<br />

7. Dass ich zu quirrlig <strong>und</strong> zu aktiv bin, das, was ich tue, aber zu oberflächlich mache <strong>und</strong> mich<br />

verzettele<br />

8. Dass ich immer zu sagen haben möchte, das letzte Wort behalten möchte <strong>und</strong> ein Sturkopf<br />

bin<br />

9. Dass ich zu bequem bin, mich nie beschwere <strong>und</strong> Probleme unter <strong>de</strong>n Tisch fallen lasse<br />

1. Dass ich zu verbohrt <strong>und</strong> kompromisslos bin, alles än<strong>de</strong>rn möchte <strong>und</strong> die Meinung von<br />

an<strong>de</strong>ren <strong>als</strong> zu <strong>und</strong>iffernziert nicht gelten lassen möchte (‚wobei‘-Effekt)


Gefahren für mich<br />

2. Ich wer<strong>de</strong> enttäuscht, da ich mir durch meine Art mit viel Krach alle Beziehungen kaputt<br />

mache<br />

3. Ich wer<strong>de</strong> ein gespreizter <strong>und</strong> eingebil<strong>de</strong>ter Lackaffe<br />

4. Ich wer<strong>de</strong> ein ganz einsamer <strong>und</strong> isolierter Mensch nach <strong>de</strong>m Motto: Mich mag keiner<br />

5. Ich wer<strong>de</strong> ein nörgeln<strong>de</strong>r <strong>und</strong> geiziger Einzelgänger, ein Misanthrop <strong>und</strong> Eigenbrötler<br />

6. Ich wer<strong>de</strong> ein <strong>de</strong>n Stress <strong>und</strong> Kummer in mich hineinfressen<strong>de</strong>r <strong>und</strong> kompensieren<strong>de</strong>r <strong>Die</strong>ner<br />

7. Ich wer<strong>de</strong> ein oberflächlicher <strong>und</strong> verzettelter Tausendsassa<br />

8. Ich wer<strong>de</strong> ein herrischer <strong>und</strong> unbeherrschter Tyrann<br />

9. Ich wer<strong>de</strong> ein alles um <strong>de</strong>s lieben Frie<strong>de</strong>ns willen akzeptieren<strong>de</strong>r Faulpelz<br />

1. Ich wer<strong>de</strong> ein Workoholics, ziehe alles an mich <strong>und</strong> kenne nur arbeiten, worüber ich ein<br />

unzufrie<strong>de</strong>ner Mensch wer<strong>de</strong>, <strong>de</strong>r für alles lange braucht <strong>und</strong> nichts so richtig akzeptiert<br />

Meine großen Stärken könnten sein<br />

2. Ich bin ein aufmerksamer guter Fre<strong>und</strong><br />

3. Ich bin ein anerkannter Manager<br />

4. Ich habe immer gute <strong>und</strong> neue I<strong>de</strong>en<br />

5. Ich behalte immer <strong>de</strong>n Überblick<br />

6. Ich achte immer darauf, dass wir keine Normen verletzen<br />

7. Ich weiß für alle Probleme eine Lösung<br />

8. Ich kann ein guter <strong>und</strong> sorgen<strong>de</strong>r Chef sein<br />

9. Ich kann Frie<strong>de</strong>n stiften <strong>und</strong> bei Streit vermitteln<br />

1. Ich kann etwas so optimieren, dass <strong>de</strong>r Erfolg gesichert ist<br />

Meine I<strong>de</strong>alvorstellung vom Leben ist<br />

2. mit guten Fre<strong>und</strong>en viele schöne Treffen haben, viele Fre<strong>und</strong>e haben<br />

3. eine gehobene Position <strong>und</strong> einen Titel haben<br />

4. <strong>als</strong> origineller <strong>und</strong> i<strong>de</strong>enreicher Mensch anerkannt sein<br />

5. <strong>als</strong> Fachmann <strong>und</strong> gut informierter Mensch anerkannt zu sein


6. <strong>als</strong> treuer Verwalter wichtiger Angelegenheiten zu gelten<br />

7. <strong>als</strong> Alleskönner <strong>und</strong> Tausendsassa bekannt <strong>und</strong> gefragt zu sein<br />

8. <strong>als</strong> guter Chef gütig über an<strong>de</strong>re zu sagen zu haben<br />

9. ein gut situiertes, luxusvolles <strong>und</strong> bequemes Leben ohne Stress zu führen<br />

i<strong>de</strong>ale Eltern wären für mich<br />

2. Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> geliebte Wesen<br />

3. Wichtige Menschen<br />

4. Tolle Typen<br />

5. Weise Ratgeber<br />

6. Gute Vorgesetzte<br />

7. Versierte Alleskönner<br />

8. Gütige Oberhäupter<br />

9. Friedvolle Ruhepole<br />

1. Verhüter von Problemen<br />

Gefahren, die mich zerstören könnten<br />

2. kaputte Beziehungen<br />

3. Be<strong>de</strong>utungslosigkeit<br />

4. Ein stinknormales ö<strong>de</strong>s Leben<br />

5. Zu viele dumme Menschen um mich<br />

6. Wertezerfall <strong>und</strong> Gesetzesbruch<br />

7. Einseitiges, Langweiliges, Eintöniges, Alltagstrott<br />

8. zu vielen an<strong>de</strong>ren unterstellt sein müssen<br />

9. dauern<strong>de</strong>n Stress zu haben<br />

1. alles hinnehmen zu müssen, ohne es än<strong>de</strong>rn zu können


Auswertung: nach Häufigkeit <strong>de</strong>r gewählten Typzahlen<br />

philosophischer Exkurs:<br />

Erkenne dich selbst! -<br />

Wer<strong>de</strong>, <strong>de</strong>r du bist!<br />

Am Tempel <strong>de</strong>s Apoll in Delphi war in <strong>de</strong>r Antike <strong>de</strong>utlich <strong>und</strong> für alle sichtbar ein kurzer <strong>und</strong> markanter<br />

Spruch zu lesen: "Gnothi Seautón" - "Erkenne dich selbst". Selbsterkenntnis, <strong>als</strong> tägliche Übung,<br />

sollte <strong>de</strong>r Anfang sein, die Basis für je<strong>de</strong>s sinnvolle Denken über Gott <strong>und</strong> die <strong>Welt</strong>, <strong>als</strong>o <strong>de</strong>r Anfang<br />

<strong>de</strong>r Philosophie.<br />

Mit Kant wur<strong>de</strong> dann <strong>de</strong>utlich, dass Philosophie letztlich nichts an<strong>de</strong>res <strong>als</strong> Selbsterkenntnis sein<br />

kann. Kant zeigt, dass das, was erkannt wird, von <strong>de</strong>m, <strong>de</strong>r es erkennt, zwangsläufig abhängt, <strong>und</strong><br />

zwar insofern, <strong>als</strong> <strong>de</strong>r Erkennen<strong>de</strong> das Erkannte notwendig konstruiert. Das be<strong>de</strong>utet, dass die<br />

Wirklichkeit nicht so erkannt wer<strong>de</strong>n kann, wie sie an sich ist, son<strong>de</strong>rn nur in <strong>de</strong>r Art, in <strong>de</strong>r sie für<br />

uns <strong>als</strong> solche erscheint. Alles ist nur innerhalb eines Bewusstseins <strong>und</strong> für dieses da <strong>und</strong> wird in <strong>de</strong>r<br />

Art gefiltert, wie dieses Bewusstsein strukturiert ist.1[1]<br />

Erkennbar wird die <strong>Welt</strong>, so Kant, ausschließlich <strong>als</strong> unsere <strong>Vorstellung</strong>.<br />

Der menschliche <strong>Wille</strong>, so Schopenhauer, wird allezeit durch sein stärkstes Motiv bestimmt. Er ist immer<br />

nur die Folge dieser einen Ursache, <strong>de</strong>r er mit Notwendigkeit nachzukommen hat: "Der Mensch<br />

tut allezeit nur, was er will, <strong>und</strong> tut es doch notwendig. Das liegt aber daran, dass er schon ist, was er<br />

will: Denn aus <strong>de</strong>m, was er ist, folgt notwendig alles, was er je<strong>de</strong>smal tut."1[2] Freilich, schreibt<br />

Schopenhauer, "ich kann tun, was ich will: Ich kann, wenn ich will, alles was ich habe, <strong>de</strong>n Armen<br />

geben <strong>und</strong> dadurch selbst einer wer<strong>de</strong>n - wenn ich will! - Aber ich vermag nicht, es zu wollen; weil die<br />

entgegenstehen<strong>de</strong>n Motive viel zu viel Gewalt über mich haben, <strong>als</strong> dass ich es könnte. Hingegen<br />

wenn ich einen an<strong>de</strong>ren Charakter hätte, <strong>und</strong> zwar in <strong>de</strong>m Maße, dass ich ein Heiliger wäre, dann<br />

wür<strong>de</strong> ich es wollen können; dann aber wür<strong>de</strong> ich auch nicht umhin können, es zu wollen, wür<strong>de</strong> es<br />

<strong>als</strong>o tun müssen".1[3]<br />

1[1] Immanuel Kant, Prolegomina zu einer je<strong>de</strong>n künftigen Metaphysik, die <strong>als</strong> Wissenschaft wird<br />

auftreten können, § 36, in: Wilhelm Weische<strong>de</strong>l (Hrsg.), Werkausgabe in 12 Bän<strong>de</strong>n, Frankfurt am<br />

Main 1991, Bd. 5, 189.<br />

2 Arthur Schopenhauer, Preisschrift über die Freiheit <strong>de</strong>s <strong>Wille</strong>ns, Kap. 5, in: Arthur Hübscher (Hrsg.),<br />

Werke in 10 Bän<strong>de</strong>n (Zürcher Ausgabe), Zürich 1977, Bd. 6, 138f..<br />

3 ebd., Kap. 3, 82f..


<strong>Die</strong> Mystik <strong>de</strong>s Menschseins in Zahlen<br />

Differenzierung nach <strong>de</strong>m Wesen<br />

(auch: Basis-, Gr<strong>und</strong>-, Kerntypen)<br />

<strong>de</strong>s Menschseins:<br />

9 Reintypen1[1]<br />

<strong>und</strong> 18 Mischtypen1[2]<br />

Differenzierung nach <strong>de</strong>r Lebenssituation<br />

gemäß <strong>de</strong>m seelischen Zustand<br />

(auch psychopathologische Typen)<br />

4 Zustandstypen1[3]<br />

Differenzierung nach <strong>de</strong>r Biographie<br />

(auch: Reife-, Alterstypen):<br />

9 Lebensalter-Typen1[4]<br />

Differenzierung nach <strong>de</strong>m Temperament<br />

(auch: Charakter-, Phänomenaltypen):<br />

3 Gr<strong>und</strong>charaktere1[5]<br />

Differenzierung nach <strong>de</strong>m Geschlechtstypus<br />

(auch: Hormontypen):<br />

5 Geschlechtstypen1[6]<br />

Differenzierung nach <strong>de</strong>m Sexualtyp<br />

(auch: Sexualverhaltens-Typus):<br />

3 Sexualverhaltensformen1[7]<br />

Differenzierung nach <strong>de</strong>m Intelligenzgrad<br />

(auch: IQ-Typ)<br />

Nach <strong>de</strong>r Psycho-Philosophie<br />

<strong>de</strong>s Enneagramms<br />

Nach <strong>de</strong>r Aszen<strong>de</strong>nz o<strong>de</strong>r Deszen<strong>de</strong>nztheorie<br />

im Rahmen<br />

<strong>de</strong>s Enneagramms<br />

Nach <strong>de</strong>r Interpretation <strong>de</strong>s<br />

Enneagramms durch Gurdjiew,<br />

<strong>de</strong>m russischen Mystiker<br />

Nach verschie<strong>de</strong>nen<br />

Charakterlehren – grob<br />

ausgewertet<br />

Nach <strong>de</strong>n Erkenntnissen <strong>de</strong>s<br />

Ehepaares Pease<br />

Nach herkömmlicher, aber<br />

durchaus reflektierter<br />

Einteilung<br />

9 + 18 = 3 x 9 =<br />

27<br />

27 x 4 =<br />

108<br />

108 x 9 =<br />

972<br />

972 x 3 =<br />

2916<br />

2916 x 5 =<br />

14580<br />

14580 x 3 =<br />

43740<br />

Grobraster 43740 x 5 =<br />

218700<br />

27<br />

108<br />

972<br />

2916<br />

14580<br />

43740<br />

218700


Grobraster nach IQ1[8]<br />

<strong>Die</strong>s ist eine im Sinne <strong>de</strong>s Enneagramms mystische Zahl: 218700 : 9 = 24300 : 9 = 2700 : 9 = 300 : 9 =<br />

33,33... ; diese periodische Zahl aus lauter 3en spiegelt mystisch die Unendlichkeit <strong>de</strong>r göttlichen<br />

Dreifaltigkeit. In dieser unendlichen Gültigkeit verwurzelt sind <strong>als</strong>o die Wesenformen <strong>de</strong>s<br />

Menschseins. <strong>Die</strong> Tatsache, dass es 7 Differenzierungsstufen sind, spiegelt die Heiligkeit dieser<br />

Daseinsstruktur.<br />

3<br />

Scheinkontroverse<br />

Es ist ein großer Irrtum anzunehmen, dass man die Bibel nur wörtlich verstehen dürfe, da sie<br />

ansonsten in das Reich <strong>de</strong>r Fiktion gerückt sei. <strong>Die</strong> Bibel ist in <strong>de</strong>r Bildsprache <strong>und</strong> Semantik <strong>de</strong>r<br />

Menschheit verfasst, <strong>de</strong>r sie mitgeteilt wur<strong>de</strong>. Sie ist <strong>als</strong>o in ihrer Bildlichkeit absolut wörtlich zu<br />

nehmen – <strong>und</strong> alle ihre Bil<strong>de</strong>r sind übertragbar auf die höhere Realität <strong>Gottes</strong>, die in einfachen,<br />

wörtlich zu nehmen<strong>de</strong>n Vokabeln nicht auszudrücken ist.<br />

Dabei sind die Bil<strong>de</strong>r aber so angelegt, dass man sie in <strong>de</strong>r jeweiligen Bildlichkeit <strong>de</strong>r für Menschen<br />

nachvollziehbaren Inhalte jeweils richtig verstehen kann. So ist Gott <strong>als</strong> Wort zuerst das Gesprochene<br />

<strong>und</strong> innerlich gehörte, dann das geschriebene <strong>und</strong> von Gott durch Inspiration geprägte, heute zu<br />

verstehen <strong>als</strong> die schöpferische Informationsquelle <strong>de</strong>r <strong>Welt</strong> in ihrer Totalität, <strong>als</strong> <strong>de</strong>r<br />

Urprogrammierer, Hardwareentwickler <strong>und</strong> Netzwerktechniker, <strong>als</strong> <strong>de</strong>r Pankrator. Wie das letztlich<br />

funktioniert, können wir nur aus <strong>de</strong>r Semantik <strong>de</strong>r jeweiligen Geistigkeit heraus zu verstehen suchen.<br />

Dabei ist es nicht egal, wie ich Gott nenne, wenn ich mit <strong>de</strong>m Namen bestimmte Inhalte, ja ein<br />

Programm verstehe, das die Menschheit insgesamt ergreifen soll. Dabei kann eine Fehlvorstellung,<br />

eine verkürzte <strong>Vorstellung</strong> so gestaltet sein, dass sie die Menschheit überschattet, wie wir es an<br />

vielen Orten <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> im Augenblick erleben. Dabei ist es aber klar, dass Gott selbst uns vor einem<br />

starren Bild gewarnt hat, wenn es immer wie<strong>de</strong>r heißt, dass man sich kein Bild machen soll. Das heißt<br />

aber nur, dass man sich kein festes, politisch programmatisches Bild machen soll, son<strong>de</strong>rn – wie Jesus<br />

<strong>als</strong> Korrektiv aus seiner Geistigkeit heraus – sich <strong>de</strong>m Fleisch <strong>de</strong>r Sinne <strong>und</strong> Gene entgegenhalten soll,<br />

um die Menschheit in eine bessere <strong>und</strong> heilere Zukunft zu führen. Nicht die Abschaffung <strong>de</strong>s Leids<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Unterschie<strong>de</strong>, son<strong>de</strong>rn die sinnfällige Integration in ein von Geistigkeit, Toleranz <strong>und</strong> Liebe<br />

geprägtes Leben ist <strong>de</strong>r Kern einer lebenszugewandten <strong>und</strong> nicht marxistisch-utopisch <strong>und</strong> damit<br />

weltfrem<strong>de</strong>n Lehre <strong>de</strong>r Zukunft.<br />

Und nur auf dieser Basis können die Sozialprobleme <strong>de</strong>r Zeit angegangen wer<strong>de</strong>n, in<strong>de</strong>m nicht <strong>de</strong>r<br />

Wunsch vieler auf alles, son<strong>de</strong>rn aller auf vieles, aber Realisierbares die Gr<strong>und</strong>lage einer christlichen<br />

Ethik bil<strong>de</strong>n muss.<br />

Wenn aber die Bibel in ihrer Bildlichkeit radikal wörtlich zu nehmen ist, dann ist das mo<strong>de</strong>rne<br />

<strong>Welt</strong>bild, dann sind die physikalischen Ergebnisse <strong>de</strong>r Forschung, dann sind die erkannten Gr<strong>und</strong>züge<br />

<strong>de</strong>r Biologie <strong>und</strong> Evolution nicht gegen die christliche Lehre – <strong>als</strong> Teufelswerk <strong>de</strong>r Materialisten –<br />

gerichtet, son<strong>de</strong>rn die Basis, auf <strong>de</strong>r die christlichen Inhalte überhaupt nur aufrechterhalten <strong>und</strong><br />

plausibel sein können. Der Mensch ist nicht Rippe, nicht Er<strong>de</strong>, nicht Asche <strong>und</strong> Staub, son<strong>de</strong>rn<br />

molekulare Materie mit kybernetischer Ausrichtung, die durch die genetische chemo-elektrische<br />

Information das Leben so steuert, dass Körperlichkeit <strong>und</strong> die das Körperliche übersteigen<strong>de</strong><br />

Geistigkeit möglich wer<strong>de</strong>n. Und in dieser das Körperliche übersteigen<strong>de</strong>n Geistigkeit wohnt <strong>de</strong>r


Geist <strong>Gottes</strong>, da die Prozesse, die sie möglich machen, ja bedingen, aus <strong>de</strong>m Göttlichen, <strong>als</strong>o aus <strong>de</strong>r<br />

göttlich universal funktionieren<strong>de</strong>n Kybernetik heraus in ihren Gr<strong>und</strong>sätzen i<strong>de</strong>ntisch sind mit dieser<br />

Matrix. Also Ebenbild dieser Allmutter, von <strong>de</strong>r <strong>und</strong> aus <strong>de</strong>r alles stammt. Insofern ist <strong>de</strong>r Computer<br />

Reflex <strong>und</strong> Spiegelbild all dieser Lebensprozesse, die auch im Leben spiegelbildlich ablaufen wie in<br />

einem solchen Computerprogramm – allerdings mit <strong>de</strong>m Implement <strong>de</strong>r Freiheit, was es<br />

unterschei<strong>de</strong>t von einem bloßen virtuellen Spiel. Unser Spiel in <strong>de</strong>r <strong>Welt</strong> ist nicht virtuell. Wer stirbt,<br />

stirbt, wer lebt, lebt, <strong>und</strong> wer liebt liebt. Wer zerstört zerstört <strong>und</strong> wer aufbaut, baut auf. Wir leben<br />

im <strong>Die</strong>sseits, das <strong>de</strong>r Reflex <strong>de</strong>s Jenseits ist. Und wir <strong>als</strong> Substanz sind Energie <strong>und</strong> Information, Licht<br />

<strong>und</strong> Blitz o<strong>de</strong>r Dunkel <strong>und</strong> Tod.<br />

Dass die Reichen sterben müssen, ist keine vulgärmarxistische Kampfbotschaft, genau so, wie die<br />

Tatsache, dass die Armen nicht leer ausgehen wer<strong>de</strong>n, kein Blankoscheck für Verzweiflungstaten ist.<br />

Und dass es Gegensätze gibt, weil die Bibel verkürzt verstan<strong>de</strong>n wird, zeigt die gegensätzliche<br />

Formulierung, dass <strong>de</strong>njenigen, die nichts haben, genommen wer<strong>de</strong>n wird, <strong>und</strong> <strong>de</strong>njenigen, die<br />

haben, noch gegeben wer<strong>de</strong>n wird. Hier ist eben nicht materieller Besitz <strong>und</strong> finanzielle Sicherheit <strong>als</strong><br />

Erlösung gemeint, son<strong>de</strong>rn geistige Motivation <strong>und</strong> göttliche Bewegtheit, <strong>als</strong>o kybernetischer<br />

Impetus hin zu Gott.<br />

„Ein Mensch, <strong>de</strong>r keine Hoffnung hat<br />

<strong>und</strong> sich <strong>de</strong>ssen bewusst ist,<br />

hat keine Zukunft mehr“<br />

Albert Camus<br />

Es ist eine alte Frage <strong>de</strong>r Religionsphilosophie, warum <strong>de</strong>nn Gott die <strong>Welt</strong> <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Menschen geschaffen<br />

habe <strong>und</strong> nicht selbstgenügsam in <strong>de</strong>r Urruhe seines eigenen Prinzips verharrt sei. Es gibt<br />

viele Antworten auf diese Frage, die alle dort ansetzen, dass Gott einen äußeren Gr<strong>und</strong> gehabt haben<br />

müsse, in dieses ernste Spiel mit <strong>de</strong>r Menschheit einzusteigen. Dabei setzen diese Antworten voraus,<br />

dass es nur diese Intelligenz gebe <strong>und</strong> dass sie so geschaffen sei, weil Gott sie so geschaffen habe,<br />

<strong>de</strong>nn ansonsten sei Gott nicht allmächtig, wenn er sie an<strong>de</strong>rs, unter Umstän<strong>de</strong>n besser habe schaffen<br />

können, es aber nicht getan habe.<br />

Wie aber, wenn man einfach einsieht, dass er es offensichtlich nicht gewollt habe, dass er die<br />

Gr<strong>und</strong>lagen für die Entstehung biologischen Dasein so gelegt habe, dass Leben überhaupt möglich<br />

wer<strong>de</strong>, dass er diese Entwicklung aber <strong>de</strong>m von ihm geschaffenen Seinsprinzip <strong>de</strong>s Zufalls überlassen<br />

habe. Dann sei Gott eben nicht allmächtig! Wenn er aber nun nicht an<strong>de</strong>rs konnte, <strong>als</strong> die<br />

Bedingungen für alles Leben zu beachten, um überhaupt Leben möglich zu machen? Dann sei er<br />

Sklave <strong>und</strong> nicht Gott.<br />

Was ist <strong>als</strong>o Leben? Leben ist je<strong>de</strong> Form von kybernetischem Prozess, bei <strong>de</strong>m tote Materie zur sich<br />

selbst organisieren<strong>de</strong>n, in dieser Organisation sich reproduzieren<strong>de</strong>n <strong>und</strong> sich evolutionär weiter<br />

entwickeln<strong>de</strong>n Substanz wird, die im Wesentlichen nicht Baustein <strong>und</strong> Morphem ist, son<strong>de</strong>rn<br />

Energie. Energie ist strukturieren<strong>de</strong> Kraft, die aus <strong>de</strong>n Möglichkeiten <strong>de</strong>s Seins sich entwickelt <strong>und</strong><br />

wesentlich an Körperhaftes, an Moleküle geb<strong>und</strong>en ist, die aber nicht aus <strong>de</strong>m molekularen Prinzip<br />

alleine heraus erklärbar ist. Feuer ist mehr <strong>als</strong> heiße Einzelmoleküle, son<strong>de</strong>rn ein gewaltiger Synergie-


Effekt, Feuer <strong>de</strong>s Geistes ist mehr <strong>als</strong> eine biochemische Reaktion <strong>de</strong>s Gehirns, <strong>de</strong>nn I<strong>de</strong>en <strong>und</strong><br />

Geistesakte sind freigesetzte Energien, die vorher nirgendwo waren <strong>und</strong> lei<strong>de</strong>r auch wirkungslos<br />

verschwin<strong>de</strong>n können. Sie wer<strong>de</strong>n wirksam nur am Molekül, sie brauchen <strong>de</strong>n Körper zur Realisation<br />

ihrer Kraft, aber sie sind nicht aus diesem Körperhaften heraus erklärbar <strong>und</strong> somit auch<br />

wahrscheinlich nicht an dieses Körperhafte geb<strong>und</strong>en. Für uns müssen sie daran geb<strong>und</strong>en sein,<br />

wenn wir sie spüren <strong>und</strong> wahrnehmen wollen. Ihre Unsichtbarkeit ist ihr Mysterium, weswegen<br />

David Hume das „innere Band“ <strong>de</strong>r Kausalität zwischen <strong>de</strong>n Dingen suchte, das wir aber bis heute<br />

nicht gef<strong>und</strong>en haben, weil es keines gibt, das wir fin<strong>de</strong>n könnten, <strong>de</strong>nn wir suchen es körperhaft.<br />

Anziehungskraft, Trägheit <strong>de</strong>r Masse, Impulserhaltungsgesetz, Entropie – alles Begriffe für<br />

gemessene Regelmäßigkeiten, <strong>de</strong>ren Wirksamkeit wir allenfalls mit <strong>de</strong>m Gesetz <strong>de</strong>r großen Zahl<br />

erklären können, <strong>de</strong>ren inneres Geheimnis wir aber nicht sehen, hören o<strong>de</strong>r fühlen können. Warum?<br />

4<br />

Substanzbegriff <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>rne<br />

Weil es keine körperlichen Prinzipien sind, son<strong>de</strong>rn weil Energie von ihrem Ursprung her unkorporal<br />

ist, sich in <strong>de</strong>r <strong>Welt</strong> <strong>de</strong>r Materie aber nur korporal nie<strong>de</strong>rschlagen kann, um Effekte zu erzeugen. <strong>Die</strong><br />

Energie <strong>de</strong>s Geistes ist <strong>als</strong>o – frei von diesem Zwang – die Urform <strong>de</strong>s Energetischen, <strong>und</strong> die<br />

Information ist <strong>de</strong>r ursprünglichste Reflex <strong>de</strong>r Energie, nennen wir es Bild, Wort o<strong>de</strong>r Byte. Das, was<br />

wir seit Jahrh<strong>und</strong>erten <strong>als</strong> „substantia“, <strong>als</strong> „conditio sine qua non“ für Leben <strong>und</strong> Dasein, ohne das<br />

sie nicht möglich wären, sehen, ist nur Träger, nur Medium, nur „causa materialis“ <strong>de</strong>r „substantia<br />

sine qua non“, <strong>de</strong>r „causa formalis“ allen Daseins, <strong>und</strong> das ist die Energie. <strong>Die</strong> Wirkweise <strong>de</strong>r Energie<br />

ist die Kybernetik <strong>de</strong>s Lebens – <strong>und</strong> Gott <strong>als</strong> <strong>de</strong>r Schöpfer <strong>de</strong>s Daseins ist <strong>de</strong>r Meister <strong>de</strong>r Energien,<br />

die er so gesteuert hat, dass sie im Rahmen <strong>de</strong>r gegebenen Möglichkeiten Leben erzeugen. Er ist<br />

Kybernos.<br />

Nun aber wird das Winseln <strong>de</strong>r Atheisten zum Aufschrei: Wie aber kann Gott an Bedingungen<br />

geb<strong>und</strong>en sein? Dann ist er nicht Gott, da er nicht allmächtig ist! <strong>Die</strong>ser Einwand ist berechtigt, aber<br />

er trifft nur ein Scheinproblem. Gott hat sich diese Bedingungen selbst geschaffen <strong>und</strong> somit gesetzt,<br />

<strong>als</strong> <strong>und</strong> weil er intelligentes Leben wollte – <strong>als</strong> Spiegel seiner selbst, <strong>als</strong> Spielgefährte seiner Freu<strong>de</strong>,<br />

<strong>als</strong> Gegenstand seiner Liebe, <strong>als</strong> Struktur göttlicher Energie. Hätte er <strong>de</strong>n Menschen nicht gewollt<br />

o<strong>de</strong>r hätte er ihn an<strong>de</strong>rs gewollt – etwa <strong>als</strong> rein energetisches Ereignis, das sich lediglich in seinem<br />

Computergeist abspielen wür<strong>de</strong> – hätte er diese Bedingungen <strong>de</strong>s sich im korporalen Dasein<br />

zeigen<strong>de</strong>n nicht einhalten müssen. Er hat das Korporale gewollt <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Menschen in ihm,<br />

sozusagen <strong>als</strong> seine eigene Antimaterie, die seine Größe spiegelt, weil er diese Intention eben hatte.<br />

Biologisches Leben kann eben nicht aus Eisen sein o<strong>de</strong>r nur aus Wasser. Es braucht einen flexiblen<br />

Körper, in <strong>de</strong>m die Materie so miteinan<strong>de</strong>r verb<strong>und</strong>en ist, dass sie wirksam sein kann <strong>und</strong> sich durch<br />

Informationsträger (<strong>de</strong>r Genetik <strong>de</strong>s Biologischen) fortpflanzen kann. Dabei ist <strong>als</strong> göttliches Spiel zu<br />

sehen, wie sich dieses energetische Prinzip <strong>de</strong>r Biologie, dass letztlich niemand zu erklären weiß,<br />

weiter entwickelt. Gott ist <strong>als</strong>o <strong>als</strong> Programmierer <strong>de</strong>s Evolutionsgeschehens selbst gespannt darauf,<br />

wie sie sich entwickeln wird – ein Spiel in seiner reinsten Form. Er freut sich am eigenen Dasein; er ist<br />

entsetzt über die Umwege, die das am Körperhaften geb<strong>und</strong>ene energetisch-geistige Dasein gehen<br />

muss, um sich weiter zu entwickeln.


5<br />

<strong>Die</strong> Hypertrophie <strong>de</strong>r menschlichen Selbste<br />

Als ich vor einigen Jahren die Bekanntschaft mit einer negativen Anthropologie <strong>de</strong>s menschlichen<br />

Ichs machte, mit <strong>de</strong>r Theorie von Metzinger, <strong>de</strong>r negiert, dass es so etwas wie menschliche Selbste in<br />

<strong>de</strong>r <strong>Welt</strong> gibt, <strong>de</strong>r <strong>als</strong>o die Substantialität jeglichen menschlichen Ichs leugnet, war <strong>de</strong>r Schrecken tief<br />

<strong>und</strong> wäre in <strong>de</strong>r Lage gewesen, schlaflose Nächte <strong>de</strong>r Angst <strong>und</strong> <strong>de</strong>s Leerseins zu erzeugen, wenn es<br />

nicht das sichere Gespür gegeben hätte, dass er zwar einen Seinsmodus <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>rne in seinem Nerv<br />

getroffen hat, aber die f<strong>als</strong>che Schlussfolgerung daraus zog. Der Seinsmodus, <strong>de</strong>n er traf, ist die<br />

Überdimensionalität <strong>de</strong>s Personalen beim Homo Sapiens Sapientiae, die durch die Technik maßlos<br />

wur<strong>de</strong> <strong>und</strong> durch die mo<strong>de</strong>rne Cyber-Technologie noch bis ins Unendliche hinein gewachsen ist. Der<br />

Trugschluss lan<strong>de</strong>t in <strong>de</strong>r Negation jeglichen Ichs, die nicht haltbar ist.<br />

Er sagt, dass das menschliche Ich sozusagen eine kybernetische verursachte <strong>und</strong> gesteuerte<br />

Selbstfiktion sei, da es in <strong>de</strong>r Form, wie wir es sehen, nur Einbildung sei – nämlich <strong>als</strong> autonomer<br />

Agens unserer Biographie, <strong>de</strong>r sich mit <strong>de</strong>n vielen das Ich heteronomisieren<strong>de</strong>n Faktoren ein Leben<br />

lang herumplagen muss, um das Quentchen Freiheit zu leben, das er mehr ahnt <strong>als</strong> feststellt, aber<br />

immer nur indirekt beweisen kann <strong>und</strong> <strong>de</strong>nnoch im Sinne <strong>de</strong>r allgemeinverbindlichen Vernunft zur<br />

Gr<strong>und</strong>lage einer allgemeinen Gesetzgebung gemacht hat. <strong>Die</strong>ses Ich, dieses Selbst, diese<br />

I<strong>de</strong>ntifikation einer wirklich vorhan<strong>de</strong>nen I<strong>de</strong>ntität sei nur Schein, da in Wirklichkeit ein<br />

steuerungsloser Abstraktionsapparat – unser Gehirn im erweiterten Sinn, <strong>als</strong>o unser gesamter<br />

Körper, <strong>de</strong>ssen Funktionen ja nichts an<strong>de</strong>res sind <strong>als</strong> Hirnanhangsmechanismen – dieser<br />

Realisationsmechanismus vermisse auf <strong>de</strong>m Bild <strong>de</strong>s sich rasant wie im freien Flug durch Raum <strong>und</strong><br />

Zeit bewegen<strong>de</strong>n Motionsapparat Mensch in <strong>de</strong>ssen Führungskanzel, die allerdings auch bloß<br />

simuliert ist, <strong>als</strong>o im Flugsimulator <strong>de</strong>s Ego einen Herrn über diesen Prozess, <strong>als</strong>o einen Steuermann,<br />

einen Piloten – einen Kaiser, duce, Führer, Kausalitätsstifter – <strong>de</strong>r die Ursache sei für die beobachtete<br />

Bewegung. Wenn wir <strong>als</strong>o nun alle unsere Taten <strong>und</strong> Untaten, unsere guten <strong>und</strong> unsere f<strong>als</strong>chen<br />

Entscheidungen diesem Ich, das uns zugegebener maßen manchmal frem<strong>de</strong>r ist <strong>als</strong> die uns<br />

umgeben<strong>de</strong> Vertrautheit gesehener Bil<strong>de</strong>r, gehörter Geräusche <strong>und</strong> gerochener Gerüche, wenn <strong>als</strong>o<br />

dieses Ich Ursache unserer Biographie ist, dann sind wir wir selbst, dann existiert eine<br />

selbstreferentielle Wirklichkeit erlebter innerer Eindrücke, die eine eigenen Substanz, das Ego, ist, die<br />

<strong>als</strong>o ein spru<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>r Brunnen unserer Handlungen <strong>und</strong> Gedanken, ein Gefäß unserer Werte <strong>und</strong><br />

Reichtümer, ein Korb unserer Ernte <strong>und</strong> ein Planschbecken <strong>de</strong>r Freu<strong>de</strong> <strong>und</strong> <strong>de</strong>s Fortschritts ist. Aber<br />

hier setzt Metzingers Theorie an: Das Leben selbst, <strong>als</strong>o die kybernetischen Prozesse <strong>de</strong>s Daseins,<br />

fingieren sich in dieses Dasein einen Übermenschen hinein, damit es nicht führerlos <strong>und</strong> damit<br />

zwecklos dahin steuere. Nach <strong>de</strong>m traditionellen Satz, dass es keine Wirkung ohne hinreichend<br />

bestimmbare Ursache geben könne, <strong>und</strong> gemäß <strong>de</strong>n entsprechen<strong>de</strong>n Einflüsterungen, die die<br />

Empiristen seit Jahrh<strong>und</strong>erten <strong>als</strong> Entstehungsursache <strong>de</strong>s Ursachebegriffs behaupten, suggeriert<br />

unser Motionsmechanismus durch seine Abstraktionsfähigkeit im Sinne <strong>de</strong>r Selbstreferenzialität sich<br />

ein autonomes Selbst, was wie<strong>de</strong>rum ein Prozess <strong>de</strong>r Kybernetik sei, <strong>de</strong>r sich so selbst überhebe <strong>und</strong><br />

sich zum Hel<strong>de</strong>n macht. Das Resultat wäre ein rekursives Über-Ich über <strong>de</strong>m Über-Ich etc. <strong>als</strong> circulus<br />

vitiosus <strong>und</strong> <strong>als</strong> Teufelskreis <strong>de</strong>s menschlichen Lebens.<br />

Anthropologisch war es wohl wichtig für <strong>de</strong>n Menschen, sein (Schein-)Ich aufzublasen zu einer<br />

Größe, die an<strong>de</strong>ren <strong>als</strong> unangreifbar, unantastbar <strong>und</strong> unbezweifelbar gelten müsste, dies in <strong>de</strong>r<br />

Sippe genauso wie hinsichtlich <strong>de</strong>s Einzelmenschen. Gemessen an <strong>de</strong>r Erfahrung <strong>und</strong> Reife <strong>de</strong>r<br />

meisten (Pseudo-)Selbste in unserer <strong>Welt</strong>, die in Wirklichkeit nur Produkte <strong>de</strong>s kaschierten Egoismus’<br />

(<strong>de</strong>s kybernetischen Daseins, <strong>als</strong>o nicht <strong>de</strong>s Ichs, son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r steuern<strong>de</strong>n Gene) sind, wenn sie unter


<strong>de</strong>r Herrschaft <strong>de</strong>r Hypertrophie <strong>de</strong>s Ichs zustan<strong>de</strong> kommen. Dummheit <strong>und</strong> Stolz wachsen auf einem<br />

Holz.<br />

In <strong>de</strong>r Tat sind es vor allem die Bewegungen unseres vermeintlichen Selbst, die wir für hel<strong>de</strong>nhaft<br />

<strong>und</strong> groß, stark <strong>und</strong> „geil“ betrachten, die wir <strong>als</strong> solche Akte von autonomer Selbstbestimmung, für<br />

die die Mo<strong>de</strong>rne viele Begriffe wie Glück, Freu<strong>de</strong>, Freiheit, Selbstverwirklichung etc. generierte, die<br />

diese anthropologisch entstan<strong>de</strong>ne Fiktion <strong>de</strong>s Gehirns beschreiben. Da fühlen wir uns gewaltig,<br />

wenn wir tolle Urlaube machen, tolle Dinge kaufen <strong>und</strong> besitzen, tolle Autos fahren etc. Sollte uns<br />

<strong>de</strong>r Begriff „toll“ nicht wachrütteln, <strong>de</strong>r ja auf einem alten Wort basiert, dass – wie in <strong>de</strong>m Begriff<br />

„Tollwut“ – be<strong>de</strong>utet, dass wir eben nicht Herr unserer selbst, nicht autonom, son<strong>de</strong>rn zuhöchst<br />

heteronom, weil rein glücksorientiert han<strong>de</strong>ln.<br />

Für mich be<strong>de</strong>uten die Ergebnisse <strong>de</strong>r Hirnforschung ein großes Aufatmen, die zeigen, dass es zwar<br />

keinen solchen vor<strong>de</strong>rgründigen freien <strong>Wille</strong>n gebe, <strong>de</strong>r funktioniert wie ein Knopfdruck eines Formel<br />

I-Piloten, - dass im Gegenteil <strong>de</strong>r spontan han<strong>de</strong>ln<strong>de</strong> in hohem Maße <strong>de</strong>r Fremdbestimmung<br />

unterliegt –, die aber zeigten, dass die Aufklärung nicht gescheitert ist, da sie <strong>de</strong>n freien <strong>Wille</strong>n <strong>als</strong><br />

wirksam sahen nur in <strong>de</strong>r Latenz eines selbsterzieherischen Lei<strong>de</strong>ns <strong>und</strong> in <strong>de</strong>r Permanenz einer<br />

moralorientierten Erziehung. Es sind nicht die spontanen I<strong>de</strong>en, die freiheitsgeboren sind, <strong>de</strong>nn diese<br />

entstehen auf <strong>de</strong>r Ebene <strong>de</strong>s sich selbst projizieren<strong>de</strong>n Schein-Ichs, son<strong>de</strong>rn es sind die langsam<br />

wirken<strong>de</strong>n <strong>und</strong> die eingefleischten Verhaltensweisen verän<strong>de</strong>rn können<strong>de</strong>n Permanenzen <strong>de</strong>s<br />

Gehirns, die uns <strong>als</strong> vernünftig vermittelt sind, die aus entstan<strong>de</strong>ner Einsicht heraus sich bei uns <strong>als</strong><br />

wichtig gemel<strong>de</strong>t haben <strong>und</strong> die durch diese Arbeit am Begriffe Prozesse verän<strong>de</strong>rt haben <strong>und</strong> unser<br />

Leben in bestimmten Situationen beeinflusst haben, die <strong>als</strong>o aus Erfahrung heraus sich mitteilen <strong>und</strong><br />

auch im Sinne eines kulturellen Erbes weitergegeben wer<strong>de</strong>n können, aber nie, ohne dass Goethes<br />

Diktum gälte, dass man stets erwerben müsse, was man je ererbt habe, um es endgültig zu besitzen.<br />

Was be<strong>de</strong>utet das nun für die Diskussion <strong>de</strong>r Freiheit <strong>de</strong>s <strong>Wille</strong>ns? Was be<strong>de</strong>utet es für die Annahme<br />

<strong>de</strong>r Existenz eines menschlichen Selbst? <strong>Die</strong>s will ich thesenhaft beantworten:<br />

· Es gibt keinen unmittelbar wirksamen freien <strong>Wille</strong>n, <strong>als</strong>o keine Autonomie im Blick auf direkte,<br />

spontane <strong>und</strong> existenzialistisch gesuchte Beurteilung <strong>de</strong>r <strong>Welt</strong>. Alles, was wir für groß halten, liegt in<br />

<strong>de</strong>r Gefahr <strong>de</strong>s heteronom Beeinflussten. Der Mensch hat eine vielschichtige Schale von historisch<br />

gewachsenen Wirklichkeitsverarbeitungsprozessen, die nur Reflexe <strong>und</strong> Reaktionen auf Reize <strong>und</strong><br />

Ursachen extrinsischer Art bil<strong>de</strong>n.<br />

· Der Glaube; dass die große Tat <strong>de</strong>s Urmenschen, <strong>de</strong>s Ritters o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s mo<strong>de</strong>rnen Existenzialisten, die<br />

ja meist <strong>als</strong> Kriegsgeschehen wirksam wur<strong>de</strong>, in irgen<strong>de</strong>iner Weise etwas mit Freiheit zu tun hat – ist<br />

f<strong>als</strong>ch, da er auf <strong>de</strong>r selbstreferentiellen Scheini<strong>de</strong>ntität <strong>de</strong>s Menschen beruht. Wir sind zwar mehr<br />

o<strong>de</strong>r weniger große Individuen, aber auf <strong>de</strong>r Ebene <strong>de</strong>r Problemlösung unseres Gangs, unseres Ritts,<br />

ja heutzutage eher Flugs durch die Geschichte auf <strong>de</strong>m beschei<strong>de</strong>nen Teilstück <strong>de</strong>r Zeit-<strong>Welt</strong>, das sich<br />

unsere Biographie nennt, aber diese Qualitäten sind bloße kybernetisch angelegte Potenzen unseres<br />

Motionsapparates.<br />

· Alle <strong>Vorstellung</strong>en unserer Freiheit – ob heroisch o<strong>de</strong>r existenzialistisch – müssen <strong>als</strong> Fiktionen<br />

unseres Selbst auf <strong>de</strong>n Müllhaufen <strong>de</strong>r Geistesgeschichte platziert wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r schon so groß ist,<br />

dass er <strong>de</strong>n berühmten Seufzer <strong>de</strong>s Faust hervorrief: „Mit <strong>de</strong>m Wissen wächst <strong>de</strong>r Zweifel“.<br />

· Aber dieses negative <strong>und</strong> pessimistische Bild <strong>de</strong>s Menschen <strong>als</strong> bloßer kybernetischer Apparat ist<br />

nicht <strong>de</strong>r ganze Mensch. Wir haben einen inneren Kern, wie die Blumenzwiebel unter vielen Schalen<br />

eine Keimzelle, aus <strong>de</strong>r etwas Großes <strong>und</strong> Be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>s wachsen kann. Aber es wächst nur langsam<br />

<strong>und</strong> stetig. Gera<strong>de</strong> diejenigen, die ihr Schein-Ego so überdimensional aufgeblasen haben durch (in<br />

<strong>de</strong>r Neunzahl <strong>de</strong>s Enneagramms) Penetranz, Symbiotik, Statushaftigkeit, Alternativität, Besitz-


Arroganz, Unterwürfigkeit, Universalität, Dominanz <strong>und</strong> Apathie haben durch diese je eigene<br />

Geschwulst um ihre Person das eigentliche Ich so nach innen erdrückt, dass sie es selbst kaum noch<br />

spüren <strong>und</strong> dass an<strong>de</strong>re es nicht einmal mehr erahnen können.<br />

· Aber dieser innere Kern ist verb<strong>und</strong>en mit <strong>de</strong>m, was unsere Kräfte ausmacht. Es ist paradox, wie die<br />

göttliche <strong>Welt</strong> mit menschlichen Begriffen nur immer wie<strong>de</strong>r im Sinne <strong>de</strong>r Antinomienlehre paradox<br />

gesehen wer<strong>de</strong>n kann: Es gibt nur einen mittelbar freien <strong>Wille</strong>n, <strong>de</strong>r aus <strong>de</strong>r Kraft <strong>de</strong>r Permanenz im<br />

Sinne <strong>de</strong>r Gleichursprünglichkeit von göttlicher I<strong>de</strong>e <strong>und</strong> irdischer Reaktion, wie sie quasi ursachelos<br />

herauskeimt aus <strong>de</strong>m Menschen, die Merkmale eines wirklichen Selbsts trägt: aus <strong>de</strong>r eigenen<br />

Bewegung <strong>de</strong>r Gedanken hervorgegangenes <strong>und</strong> mit <strong>de</strong>r gleichursprünglichen Kraft <strong>de</strong>r göttlichen<br />

Energie generiertes Vermögen <strong>de</strong>r Selbstbestimmung, d.h. <strong>de</strong>r Autonomie. Sie ist <strong>als</strong>o immer<br />

sek<strong>und</strong>är <strong>und</strong> Resultat, nie spontan o<strong>de</strong>r Aktion. <strong>Die</strong> Aufklärung hat <strong>als</strong>o dort Recht behalten, wo sie<br />

die Macht <strong>de</strong>r Vernunft <strong>als</strong> Permanenz-Kraft beschreibt, die – im Sinne eingesehener Wertigkeiten –<br />

beginnen kann, die <strong>Welt</strong> zu verän<strong>de</strong>rn.<br />

· Der Mensch, <strong>de</strong>ssen Wesenskern ohne dass er erdrückt war durch irgendwelche heteronomen<br />

Faktoren frei von allen Zwängen <strong>de</strong>r Außenwelt vor uns stand war Jesus Christus. Er war<br />

gleichursprünglich Gott <strong>und</strong> Mensch. Er ist die Schnittstelle zwischen <strong>de</strong>m Göttlichen <strong>und</strong> <strong>de</strong>m<br />

Irdischen Dasein. Er ist Sohn vom Vater.<br />

· Alleine das Prinzip <strong>de</strong>r Nächstenliebe kann insofern Basis <strong>de</strong>r Autonomie sein, da alle an<strong>de</strong>ren<br />

Handlungsmotive heteronom <strong>und</strong> weltbezogen sind. Allein die Nächstenliebe verän<strong>de</strong>rt <strong>als</strong>o unsere<br />

<strong>Welt</strong>. Allein durch Nächstenliebe ist unsere <strong>Welt</strong> verän<strong>de</strong>rbar.<br />

· Der mo<strong>de</strong>rne Mensch muss erkennen, dass sein Ich nur ein geliehenes ist, aber dieses Cyber-Space-<br />

Kostüm <strong>de</strong>s postmo<strong>de</strong>rnen Menschen ist ein gefährliches, da es <strong>de</strong>r Person, die sich in ihm glänzend<br />

zeigt, alle Kräfte <strong>de</strong>r <strong>Welt</strong> verleiht, in Wirklichkeit ihm aber ein Selbst vortäuscht, das so hypertroph<br />

ist, dass das eigentliche Ich im Kern <strong>de</strong>s Individuums erstickt ist <strong>und</strong> keinen Keim mehr enthält. Der<br />

so verbrauchte Mensch hat nur noch ein Schein-Ich.<br />

· Wahre Ichs <strong>und</strong> wirkliche Selbste sind Menschen, die die Stimme <strong>de</strong>r Vernunft in göttlicher<br />

Ursprünglichkeit zu hören vermögen <strong>und</strong> ihr Leben einzurichten lernen nach diesen bestehen<strong>de</strong>n<br />

Tugen<strong>de</strong>n, die gleichursprünglich die Seele <strong>de</strong>s Menschen bestimmen. <strong>Die</strong> Kirche nennt solche<br />

Personen nicht ohne Gr<strong>und</strong> Heilige, da sie am stärksten <strong>de</strong>n heilen<strong>de</strong>n Energien <strong>de</strong>s Heilands nahe<br />

kamen <strong>und</strong> insofern von uns geheiligt sein müssen. Sie stan<strong>de</strong>n so stark im Energiefeld <strong>de</strong>s Heiligen<br />

Geistes, dass sie an irdischen Kriterien gemessen – wie z.B. die Heilige Katharina von Siena – <strong>als</strong><br />

charakterauffällig o<strong>de</strong>r psychisch krank zu bezeichnen wäre. Der phänomenale Narzißmus dieser<br />

jungen Frau, <strong>de</strong>r sie sogar brieflich mit <strong>de</strong>m Papst verkehren lässt, ist aber im Sinne <strong>de</strong>r<br />

Gleichursprünglichkeit konstitutives Produkt – <strong>als</strong>o auch ein Paradoxon – ihres Selbsts.<br />

· Ein wirkliches Ich ist im Sinne <strong>de</strong>r neuen Substanztheorie <strong>als</strong>o wesentlich Energie <strong>und</strong> verb<strong>und</strong>en<br />

mit <strong>de</strong>r All-Energie, die wir in je<strong>de</strong>m <strong>Gottes</strong>dienst umschreiben <strong>als</strong> „Gott von Gott, Licht vom Licht,<br />

wahrer Gott vom wahren Gott.“ Das innere Kraftzentrum <strong>de</strong>s Individuums, das die Schnittstelle bil<strong>de</strong>t<br />

zwischen dieser Ur- <strong>und</strong> All-Energie <strong>und</strong> <strong>de</strong>n gottgewollten kybernetischen Gesetzen <strong>de</strong>s<br />

gottgewollten Alls ist die Seele. Natürlich ist dieser Begriff auch nur wie<strong>de</strong>r ein anthropomorphes<br />

Hilfskonstrukt, aber das ist <strong>de</strong>r Begriff Energie selbst auch, <strong>de</strong>nn wir sehen sie selbst ja eben nicht,<br />

die Energie, die die Lampe zum Leuchten <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Ton in die Trompete bringt.<br />

· Geist ist die Energie <strong>de</strong>r Seele, wie sie aus <strong>de</strong>m göttlichen Ursprung heraus, aus <strong>de</strong>m Heiligen Geist,<br />

zu uns strömt. Nicht nur metaphorisch ist Geist Licht, son<strong>de</strong>rn phänomenal, <strong>de</strong>nn Geist ist Licht, das<br />

sich ohne Medium bewegen <strong>und</strong> so seine Wirkung entfalten kann. Nur <strong>de</strong>swegen ist auch Licht von<br />

einer so großen Schnelligkeit, dass nur <strong>de</strong>r Gedanke noch schneller ist.<br />

· Es gibt das menschliche Selbst – aber keine vor<strong>de</strong>rgründigen menschlichen Selbste.


· Es existiert die Seele <strong>de</strong>s Menschen, aber nicht im Sinne einer korporalen Entität.<br />

· <strong>Die</strong> Substantialität <strong>de</strong>r <strong>Welt</strong> ist Energie. Alle Körper sind nur Energiekonglomerate. Es existiert im<br />

herkömmlichen Sinne <strong>de</strong>s Wortes nichts Körperhaftes. Es sind nicht die Dinge, die sich nach einem<br />

Schiller-Diktum hart im Raume treffen, son<strong>de</strong>rn es sind die Energiegrenzen, die kein gegenseitiges<br />

Eindringen erlauben. <strong>Die</strong> Kraft <strong>de</strong>s Wassers <strong>und</strong> <strong>de</strong>s Feuers ist die Allmacht <strong>de</strong>r Energien.<br />

· Aller Geist ist Energie, aber frei vom Medium. Daran zu partizipieren ist nur <strong>de</strong>m menschlichen<br />

Unbewussten möglich; wir haben <strong>als</strong>o kein Bewusstsein davon, aber im Unterbewusstsein einen<br />

leichten Schimmer dieser Zusammenhänge.<br />

· Es gibt die Freiheit <strong>de</strong>s <strong>Wille</strong>ns – aber nur <strong>als</strong> reales Paradoxon im Sinne <strong>de</strong>r Lehre von <strong>de</strong>r<br />

Gleichursprünglichkeit <strong>als</strong> alleiniger Möglichkeit daseinsverän<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>r Prozesse. <strong>Die</strong> Annahme <strong>de</strong>r<br />

Gleichursprünglichkeit ist die Conditio sine qua non bezogen auf diese daseinsverän<strong>de</strong>rn<strong>de</strong><br />

weltgestalten<strong>de</strong> Energie <strong>de</strong>s Menschen.<br />

· Gott existiert - <strong>als</strong> Kraft, <strong>als</strong> Energie, <strong>als</strong> Kybernos.<br />

6<br />

Gleichursprünglichkeit <strong>als</strong> einzig <strong>de</strong>nkbares Prinzip <strong>de</strong>r Kosmologie <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Evolutionsbiologie<br />

(Hier wird gezeigt wer<strong>de</strong>n: Gedanken: ja / nein-Bipolarität + Tarnung <strong>als</strong> Phänomen <strong>de</strong>r<br />

Gleichursprünglichkeit (war zuerst die Tarnung <strong>und</strong> dann durch Zufall am richtigen Ort (Wo sind<br />

dann all die F<strong>und</strong>e <strong>de</strong>s Nicht-Geglückten?) o<strong>de</strong>r war zuerst <strong>de</strong>r Ort <strong>und</strong> dann die Genese <strong>de</strong>r<br />

Notwendigkeit <strong>de</strong>r richtigen Tarnung? Wo ist das teleologische Gen, wenn es doch in vielen Fällen<br />

dann auch versagen wür<strong>de</strong>? Wie wür<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Akt von <strong>de</strong>r Erkenntnis <strong>de</strong>r Notwendigkeit hin zur<br />

Genwerdung verlaufen, wenn nicht gleichursprünglich durch <strong>de</strong>n <strong>Wille</strong>n eines gestalten<strong>de</strong>n<br />

<strong>Gottes</strong>? Ohne diesen Gott <strong>als</strong> Kreator ex nihilo ist die <strong>Welt</strong> <strong>als</strong>o nicht wi<strong>de</strong>rspruchsfrei erklärbar.<br />

etc.<br />

+ Notwendigkeit <strong>und</strong> Zufall <strong>als</strong> zwei Seiten ein- <strong>und</strong> <strong>de</strong>rselben Medaille)<br />

7<br />

Theodizeefrage <strong>als</strong> Scheinfrage<br />

<strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> ist ohne die Annahme dieses allgestalten<strong>de</strong>n <strong>Gottes</strong>, wie das Christentum ihn sich im<br />

Laufe von zwei Jahrtausen<strong>de</strong>n in vielen verschie<strong>de</strong>nen Metaphern <strong>de</strong>s Geistes <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Information<br />

vorstellt, nicht wi<strong>de</strong>rspruchsfrei – <strong>und</strong> insofern gar nicht – erklärbar. Er muss <strong>als</strong>o existieren. <strong>Die</strong>s<br />

ist zwar auch nur ein aporetischer Beweis, aber damit kommt ihm Gültigkeit in Bezug auf die<br />

notwendige Annahme <strong>de</strong>r Existenz <strong>Gottes</strong> zu.<br />

Am <strong>de</strong>utlichsten wird diese Tatsache bei <strong>de</strong>r Diskussion <strong>de</strong>r Theodizee-Frage. Als Kind habe ich mir<br />

diese Frage einige Male gestellt, wenn es um <strong>de</strong>n Tod von Bekannten o<strong>de</strong>r Verwandten ging.<br />

Zuerst war es ein Onkel, <strong>de</strong>r auf einer Landstraße tödlich von hinten durch ein zu schnelles Auto,<br />

das von einem trunkenen Fahrer gesteuert wur<strong>de</strong>, angefahren wur<strong>de</strong>. Er soll eine Vorahnung<br />

gehabt haben, da er am Morgen vor seiner Mittagsschicht im Garten zu seinem Bru<strong>de</strong>r im<br />

dorftypischen Dialekt nach <strong>de</strong>m Graben, noch die Schaufel in <strong>de</strong>r Hand, gesagt hatte: „Ich<br />

bekomme heute meine Hän<strong>de</strong> nicht warm.“ Das sei völlig untypisch gewesen. Auf <strong>de</strong>m Weg zur


Arbeit wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r 56jährige Industriearbeiter, <strong>de</strong>r lange Jahre in russischer Kriegsgefangenschaft<br />

gewesen war, dann fahrlässig getötet. Der Unfallfahrer beging zuerst Fahrerflucht. In <strong>de</strong>r Angst<br />

aber, erkannt wor<strong>de</strong>n zu sein, kehrte er zurück – mit einem Pflaster, da er sich ja verletzt habe. Er<br />

bekam ein Jahr Gefängnis. <strong>Die</strong> drei Brü<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Toten wollten ihn aus Gram <strong>und</strong> Hass umbringen,<br />

wovon ihre Frauen sie aber abhalten konnten. Ein Stoff wie aus einem Schicks<strong>als</strong>film, hautnah <strong>und</strong><br />

voller Sätze, die ein Leben lang haften bleiben wie eingeprägt in <strong>de</strong>m Gehirnkasten, <strong>de</strong>r für<br />

Schicks<strong>als</strong>schläge zuständig ist. Nun fragte ich mich <strong>als</strong> Zehnjähriger: Konnte es eine solche<br />

Vorahnung geben? Dann wäre Gott o<strong>de</strong>r wer auch immer an <strong>de</strong>r Planung <strong>de</strong>s Geschehens beteiligt<br />

gewesen. Und ich fragte mich: Warum gera<strong>de</strong> er, <strong>de</strong>r doch so viel Pech gehabt hatte. Als er aus <strong>de</strong>r<br />

langen Kriegsgefangenschaft nach Hause kam, wollte sein einziges Kind, eine Tochter, ihn nicht <strong>als</strong><br />

Vater anerkennen. Sie war auf <strong>de</strong>n jüngeren Onkel geprägt, <strong>de</strong>r im selben Haus wohnte, nicht im<br />

Krieg war <strong>und</strong> wegen seiner Arbeitslosigkeit viel zu Hause gewesen war. Zu ihm sagte sie „Onka“<br />

<strong>als</strong> Variante von „Papa“, er war <strong>als</strong>o ihr Wahlpapa.<br />

Hatte er sich vielleicht im Krieg viel zuschul<strong>de</strong>n kommen lassen? Hatte er gehurt, gelogen,<br />

betrogen? Ich dachte immer wie<strong>de</strong>r an die zehn Gebote <strong>und</strong> an die mil<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>n Umstän<strong>de</strong>, die<br />

schon ein weltlicher Richter ihm zu je<strong>de</strong>m dieser Gebote zusprechen müsste, geschweige <strong>de</strong>nn<br />

<strong>Gottes</strong> Allgerechtigkeit. Selbst dass er vielleicht getötet haben sollte, müsste ihm verziehen<br />

wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>daseinsmodus dieser Zeit war <strong>de</strong>r Überlebenskampf, weil ein Irrer viele<br />

Gleichgesinnte, besser gesagt: viel gleiches Gesin<strong>de</strong>l gef<strong>und</strong>en hatte, die ihr Leben gestalteten aus<br />

<strong>de</strong>r Deprimiertheit ihrer Frustration im Missverhältnis zu einem hypertrophen Ich. Ich konnte das<br />

nicht glauben. Und für die angebliche Vorahnung gab es sicher nur die Erklärung, dass <strong>de</strong>r Zufall<br />

einer solchen Äußerung im Nachhinein unter an<strong>de</strong>rer Interpretationsvoraussetzung teleologisch<br />

uminterpretiert wird; <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r Mensch fühlt sich wichtig in dieser <strong>Welt</strong>, <strong>de</strong>r materiell <strong>und</strong> geistig<br />

Geringbemittelte oft am meisten, <strong>und</strong> unter diesem Deutungskonstrukt <strong>de</strong>r <strong>Welt</strong> kann es doch nun<br />

verdammt noch mal nicht sein, dass das, was geschieht, nicht um einen selbst willen, <strong>als</strong>o für das<br />

Individuum, wegen meiner selbst geschieht. Und <strong>de</strong>r Egoismus <strong>de</strong>r Gene führt hier oft dazu, dass<br />

eine Familie – wahrscheinlich gemäß einem archaischen Sippenprinzip – alles um sie herum, ja<br />

letztlich alles in <strong>de</strong>r <strong>Welt</strong> (die früher klein war) so versteht, <strong>als</strong> sei es teleologisch um ihrer selbst<br />

willen geschehen. Aus diesem archaischen Sippenzentrismus heraus wird man zum Hel<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r<br />

zum Mör<strong>de</strong>r, zum gefeierten Erfolgsmenschen o<strong>de</strong>r zum sublim giftigen Alkoholiker, zum För<strong>de</strong>rer<br />

o<strong>de</strong>r zum Zerstörer. Das sei ja alles gottgewollt!<br />

Der zweite Fall, <strong>de</strong>r mich sehr beschäftigte, war <strong>de</strong>r Fall <strong>de</strong>s fast an <strong>de</strong>r selben Stelle auf dieser<br />

Landstraße überfahrenen <strong>und</strong> dabei getöteten Mitschülers, <strong>de</strong>r durch eine Wie<strong>de</strong>rholung <strong>de</strong>r<br />

Jahrgangsstufe in die Quinta gekommen war <strong>und</strong> nun neben mir saß. Ich mochte ihn lei<strong>de</strong>n, aber er<br />

stammte aus einem betuchten Haus von Altersheimbesitzern <strong>und</strong> ich war <strong>de</strong>r Sohn eines armen<br />

Schnei<strong>de</strong>rmeisters, <strong>de</strong>r nun nur im Nebenerwerb sein Handwerk ausübte <strong>und</strong> sein <strong>und</strong> unser Brot<br />

mit Kranfahren in einem Walzwerk verdiente. Das machte mir die Sympathie etwas schwer, wie ich<br />

oft einen inneren Neid gegenüber Besitzen<strong>de</strong>n erfuhr, <strong>de</strong>r mir eine mögliche Fre<strong>und</strong>schaft schwer<br />

machte. Ich lernte <strong>als</strong> Kind, dass ich ewig kämpfen müsse, was mir <strong>de</strong>n Kampf um die<br />

Existenzversorgung einer mo<strong>de</strong>rnen sechsköpfigen Familie etwas leichter machte, aber zweimal im<br />

Leben dazu führte, dass ich mich auf einem Schlachtfeld in einem Überlebenskampf wähnte, von<br />

<strong>de</strong>m an<strong>de</strong>re in die eine o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re Richtung <strong>de</strong>sertiert waren. Erst durch die davongetragenen<br />

Blessuren lernte ich das Geschick anzuwen<strong>de</strong>n, dass nicht ich es sein durfte, <strong>de</strong>r durch solche<br />

Zwiste das Nachsehen haben musste. Nicht ich muss es sein, <strong>de</strong>n die an<strong>de</strong>ren durch ihre<br />

Verbogenheit schräg machen, son<strong>de</strong>rn sie selbst sollen sich durch ihre Schrägheit in <strong>de</strong>r Begegnung


mit <strong>de</strong>n unwegsamen Pfa<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Lebens ihre Schürfw<strong>und</strong>en holen. Und wir Menschen erlei<strong>de</strong>n<br />

nun halt solche Abschürfungen, gilt doch <strong>de</strong>r Satz Immanuel Kants, nach <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Mensch aus so<br />

krummem Holze gewachsen sei, dass man nichts Gera<strong>de</strong>s daraus schnitzen könne.<br />

Nun war dieser Junge mit 14 Jahren tot, wie uns <strong>de</strong>r Direktor an diesem nebligen grauen<br />

Novembermorgen in <strong>de</strong>r Klasse morgens vor Beginn <strong>de</strong>r ersten St<strong>und</strong>e mitteilte. Dann begann aber<br />

wie stets <strong>de</strong>r Unterricht. Kein Gespräch mit <strong>de</strong>m Klassenleiter, kein Notfallseelsorger. Zum<br />

Begräbnis gingen drei Vertreter seiner alten Klasse, die ihn ja besser kannten <strong>als</strong> ich. Seine Mutter<br />

brachte mir ein gerahmtes Foto von ihm, <strong>de</strong>nn er hatte wohl in diesen wenigen Wochen in seiner<br />

neuen Klasse positiv von mir gesprochen. Ich habe das Foto dieses mir eigentlich frem<strong>de</strong>n Jungen<br />

lange an <strong>de</strong>r Wand hängen gehabt, je<strong>de</strong>nfalls in <strong>de</strong>m Jahr, in <strong>de</strong>m ich zum ersten Mal ein eigenes<br />

Zimmer hatte – mit sechszehn. Aber dieser Segen war dann durch einen Umzug auch wie<strong>de</strong>r<br />

schnell vorbei, da ich mir in <strong>de</strong>m Häuschen, wo wir für uns wohnten <strong>und</strong> nicht mehr in einem<br />

Mietshaus, das Zimmer tagsüber oft mit meinem dort nähen<strong>de</strong>n Vater <strong>und</strong> nachts mit meiner 6<br />

Jahre jüngeren Schwester teilen musste. So war es eine Erlösung, <strong>als</strong> ich mit 19 auf <strong>de</strong>m<br />

Sachsenring in Köln auf das Stu<strong>de</strong>ntenheim „Schmittmann-Kolleg“ zuging, <strong>de</strong>ssen Adresse ich aus<br />

<strong>de</strong>m Telefonbuch hatte, in <strong>de</strong>m sicheren Gefühl, dort zum ersten Mal ein eigenes Zimmer zu<br />

haben. Selbst die Tatsache, dass ich zuerst auf ein Doppelzimmer musste, schreckte mich nicht.<br />

Daraus wur<strong>de</strong>n dann zwei Semester mit wechseln<strong>de</strong>n Zimmergenossen – <strong>de</strong>r eine rauchte wie ein<br />

Schlot <strong>und</strong> <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re war auf an<strong>de</strong>re Art ein liebenswürdiger Chaot. Danach wur<strong>de</strong> ich<br />

Haussprecher <strong>und</strong> hatte stets bis spät nachts oft die Bu<strong>de</strong> voll <strong>und</strong> insgesamt zog ich fünfmal um,<br />

bis ich dann im Keller ein großes Einzelzimmer mit altem Schreibtisch hatte.<br />

Warum war dieser Junge tot? Konnte das genauso <strong>Gottes</strong> Ratschluss sein wie die oben skizzierten<br />

Zimmerwechsel <strong>und</strong> alles an<strong>de</strong>re noch Belanglosere? Dam<strong>als</strong> hörte ich zum ersten Mal <strong>de</strong>n heillos<br />

unvernünftigen Satz: „Wen Gott am meisten liebt, <strong>de</strong>n holt er am frühesten zu sich in <strong>de</strong>n<br />

Himmel.“ Ich empfand dies <strong>als</strong> contradictio in se, <strong>de</strong>nn es steht doch geschrieben, Gott sei ein Gott<br />

<strong>de</strong>s Lebens <strong>und</strong> nicht <strong>de</strong>s To<strong>de</strong>s. Aber gut, das Lebendige im Himmel konnte ungleich vielfältiger<br />

sein <strong>als</strong> unser manchmal trübes Er<strong>de</strong>ndasein. Aber ich hoffte nicht, dass Gott mich sehr liebte,<br />

wenn es um die Konsequenz wäre, dass ich schnell zu ihm musste. Ich hätte das egoistisch von Gott<br />

gef<strong>und</strong>en <strong>und</strong> wusste, dass Gott kein Egoist sein konnte <strong>und</strong> es auch gar nicht nötig hatte, ein<br />

solcher zu sein. Ich kam zu <strong>de</strong>m Schluss, dass ein solcher Unfall letztlich Zufall sein muss, wenn es<br />

auch Faktoren gibt, die ihn fast <strong>de</strong>terminieren wie Dunkelheit, Unkonzentriertheit, Unsicherheit,<br />

Übermüdung, Alkoholkonsum <strong>und</strong> viele an<strong>de</strong>re mehr.<br />

Natürlich ist das Leid ein Kern <strong>de</strong>s Christentums, aber nicht das gewollte <strong>und</strong> zielgerichtet<br />

zugefügte, das erwünschte o<strong>de</strong>r erbetene, son<strong>de</strong>rn das passiv erlittene, <strong>als</strong>o das auf einen<br />

gekommene, das man zwar vielleicht hätte vermei<strong>de</strong>n können, aber nun nicht mehr abwen<strong>de</strong>n<br />

kann. <strong>Die</strong>ses Leid durch die Struktur <strong>de</strong>s Lebens ist nicht <strong>Gottes</strong> Ratschluss bzw. <strong>Wille</strong>, son<strong>de</strong>rn es<br />

ist die Konsequenz <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r von ihm geschaffenen Daseinsstruktur gelegenen Faktoren, die er<br />

gewollt hat, da er <strong>de</strong>n Menschen <strong>als</strong> biologische Höchstform <strong>de</strong>s Lebens gewollt hat <strong>und</strong> nicht<br />

einfach zufrie<strong>de</strong>n war mit einem min<strong>de</strong>rwertigen Apparätchen wie ein Roboter, an <strong>de</strong>m wir im<br />

Augenblick basteln, das aber gemessen an <strong>de</strong>n göttlich-kybernetischen Daseinsstrukturen so<br />

primitiv ist wie ein Stein gegenüber einem primitiven Lebewesen. <strong>Die</strong>se Sicht, dass Gott immer <strong>und</strong><br />

ausschließlich zielgerichtet im Sinne eines theologisch-teleologischen <strong>Welt</strong>bil<strong>de</strong>s han<strong>de</strong>le, wenn es<br />

um das Individu<strong>als</strong>chicksal von Menschen gehe, ist hypertroph. Wir Menschen nehmen uns <strong>und</strong><br />

unser Dasein zu wichtig, wenn wir so <strong>de</strong>nken, ja wir sehen uns <strong>als</strong> Gott selbst, wenn wir auf dieser


Meinung bestehen, <strong>und</strong> wir betrachten die <strong>Welt</strong> um uns herum <strong>als</strong> ein für uns aktiver<br />

Servicebereich, <strong>de</strong>r um <strong>Gottes</strong> <strong>Wille</strong>n zu funktionieren habe <strong>und</strong> uns dienlich zu sein habe. Welch<br />

eine fatale Selbstvermessenheit. Es ist diese Überheblichkeit <strong>de</strong>s geistig wachsen<strong>de</strong>n Menschen,<br />

die Gott selbst erschreckte <strong>und</strong> zu einer für uns bitteren Konsequenz führte: zur – bildlich so gesagt<br />

– Vertreibung aus <strong>de</strong>m Paradies. Also führte Gott uns weg aus einem Dasein, in <strong>de</strong>m das Leben aus<br />

sich selbst heraus funktionierte, hin zu einem Dasein, in <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r kybernetische Impuls für<br />

Wachstum stets selbst vom Menschen geschaffen wer<strong>de</strong>n musste. Es ist dieses fatale<br />

Wachstumsprinzip die Frucht <strong>de</strong>r Erbsün<strong>de</strong>, das aus <strong>de</strong>m uns nun vorgegebenen Entropiesystem<br />

unserer <strong>Welt</strong> heraus uns weiter treibt, ja in <strong>de</strong>n Wahnsinn trieb, <strong>de</strong>nn die <strong>Vorstellung</strong>, dass alles<br />

immer mehr wer<strong>de</strong>n müsse, um nicht zu verfallen, die ja auch in sich wi<strong>de</strong>rsprüchlich ist, da es ja<br />

nur um die Sorge <strong>de</strong>s Erhaltens, nicht <strong>de</strong>s Expandierens gehen müsste, hat unseren Geist so<br />

benebelt, dass <strong>de</strong>r Homo sapiens expansiensis, die jüngste Form <strong>de</strong>s Menschen, <strong>als</strong> pathologisch<br />

verrückt zu gelten hat, was Konrad Lorenz ja schon vermutete, <strong>als</strong> er von <strong>de</strong>r „Verhausschweinung<br />

<strong>de</strong>s Menschen“ sprach. Das Hausschwein Mensch im fröhlich diversifizieren<strong>de</strong>n Kapitalismus, in<br />

<strong>de</strong>m alles eine Fete <strong>und</strong> ein Event ist, wird <strong>de</strong>n Wärmetod sterben.<br />

Aber wer war bzw. ist <strong>de</strong>nn nun <strong>de</strong>r Teufel, <strong>als</strong>o die Schlange, die Eva verführte, vom Baum <strong>de</strong>r<br />

Erkenntnis zuerst <strong>und</strong> dann sogar vom Baum <strong>de</strong>s ewigen Lebens zu essen? <strong>Die</strong>se subtile Bildlichkeit<br />

ist so interessant wie die ganze Genesis <strong>als</strong> Gr<strong>und</strong>lagenbuch <strong>Gottes</strong> für <strong>de</strong>n Menschen. In sich<br />

wi<strong>de</strong>rsprüchlich wäre es, <strong>de</strong>n Teufel zu <strong>de</strong>finieren <strong>als</strong> ein göttliches Wesen, das gleich Gott neben<br />

ihm steht, um sich mit ihm kämpferisch auseinan<strong>de</strong>rzusetzen. <strong>Die</strong> Luzifer-Geschichte sagt ja auch,<br />

dass Gott einen ihm untergebenen Erzengel <strong>de</strong>gradierte <strong>und</strong> ihn herunter stürzte bzw. in die Hölle,<br />

<strong>als</strong>o in die <strong>Welt</strong>, <strong>de</strong>nn die teuflische Hölle ist inhärenter Bestandteil dieser von Gott gewollten <strong>Welt</strong><br />

<strong>und</strong> nicht Bestandteil <strong>de</strong>r göttlichen Sphäre o<strong>de</strong>r eine negative Gegenwelt dazu – wie wir sehen<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

Kann <strong>de</strong>r Teufel dann ein Zwischenwesen, <strong>als</strong>o ein Demiurg negativer Prägung sein? Dann wäre er<br />

so etwas wie ein Beauftragter, wie ein Hermes mit negativen Vorzeichen, ein Handlanger <strong>de</strong>s<br />

Bösen, das so unmittelbar von Gott käme. Aber unmittelbar von Gott kann nichts Böses kommen,<br />

<strong>de</strong>nn so wäre Gott kein guter, son<strong>de</strong>rn ein Täuschergott, wie Descartes ihn gedanklich-satirisch<br />

erwähnt, aber ihn <strong>als</strong> wi<strong>de</strong>rsprüchlich verwirft. Kann dann <strong>de</strong>r Teufel <strong>de</strong>r Mensch selbst bzw. eine<br />

Kraft <strong>de</strong>s Menschen sein? Wenn <strong>de</strong>r Teufel eine bloße Kraft <strong>de</strong>s Menschen wäre, dann wäre er in<br />

ihm <strong>und</strong> käme aus ihm <strong>und</strong> wäre unter uns, weil in uns allen. Aber <strong>de</strong>r Mensch spürt diese negativ<br />

Kraft nicht, <strong>de</strong>nn selbst, wenn er moralisch Verwerfliches unternimmt, fühlt er eigentlich, dass es<br />

gut für ihn ist, <strong>de</strong>nn es ist in diesem genetisch-kybernetischen Konstrukt so angelegt, dass das, was<br />

an<strong>de</strong>re <strong>als</strong> negative <strong>und</strong> tödlich empfin<strong>de</strong>n bzw. erleben, für mich zuerst einmal positiv ist. Jenseits<br />

von gut <strong>und</strong> böse sind die primären <strong>und</strong> spontanen Werke <strong>de</strong>s Menschen, wenn er ganz im<br />

Handlungskreis <strong>de</strong>r Neigungen, bedingt durch die Reflexe <strong>de</strong>s Gen-Egoismus, han<strong>de</strong>lt. Somit ist es<br />

<strong>als</strong>o <strong>de</strong>r Gegensatz <strong>de</strong>r Interessen, <strong>de</strong>r Gewalten <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Gefühle, <strong>de</strong>r Teuflisch ist. Der Teufel<br />

steckt <strong>als</strong>o irgendwie verborgen in unserer Daseinsstruktur. Aber wie?<br />

Er ist keine figurale, erst recht individualisierte Kraft, son<strong>de</strong>rn er ist <strong>als</strong> „Kraft, die stets verneint“<br />

ein kumulatives Ereignis kybernetischer Struktur, ein Problem <strong>de</strong>r <strong>Welt</strong>, das in ihrer Struktur<br />

<strong>de</strong>shalb verborgen ist, da Gott diese <strong>Welt</strong> so wollte, weil er <strong>de</strong>n Menschen, wie er ist, wollte, <strong>und</strong><br />

dieser <strong>und</strong> die <strong>Welt</strong> aber nicht so möglich gewesen wären, wenn es diese Kumulation sich<br />

verstärken<strong>de</strong>r Energien nicht gäbe, da sie nur ein synergetisches Maximum <strong>de</strong>ssen sind, was das<br />

Leben ausmacht. Gott wollte <strong>als</strong>o diesen Menschen in dieser <strong>Welt</strong> <strong>und</strong> schuf damit diesen Teufel,


<strong>de</strong>r nur das Negative ist, da er ein Häufungsphänomen darstellt. Der Teufel ist <strong>als</strong>o nur eine<br />

unglückliche Kumulation, ein Extremkonglomerat von Faktoren, die eine Explosion von<br />

existenzrelevanten Folgen mit sich bringen, o<strong>de</strong>r, wie die Chaosforschung sagt, ein Resultat von<br />

Ursachen, wobei kleinste Ursachen ja auch größte Wirkung haben können, die Fraktale erzeugen,<br />

die uns rätselhaft gewollt erscheinen, die aber nur durch die Extremhäufung von Zufallsprozessen<br />

für unsere beschränkte Erkenntnis Ursache-Wirkungs-Prozesse mit sich bringen. Somit ist Gott<br />

auch nicht das Chaos, son<strong>de</strong>rn sein <strong>Wille</strong> ist die Ursache <strong>de</strong>ssen, was wir chaotische Strukturen<br />

nennen <strong>und</strong> was wir Ordnung nennen, wenn durch diese Universalagglomeration für uns<br />

interpretierbare Gestalt <strong>de</strong>s Daseins erst entsteht.<br />

Erst, wenn <strong>de</strong>r einzelne Mensch verstan<strong>de</strong>n hat, dass er in seiner gottgewollten Einzigartigkeit<br />

<strong>de</strong>swegen keine Ansprüche stellen kann <strong>und</strong> darf, da diese Einzigartigkeit keine von einem situativ<br />

persönlich agieren<strong>de</strong>n Bastelgott konstruierte ist, wird er sich nicht mehr so wichtig nehmen, dass<br />

er an je<strong>de</strong>m Buffet <strong>und</strong> mit <strong>de</strong>m Sektglas in <strong>de</strong>r Hand sich <strong>als</strong> Nabel <strong>de</strong>r <strong>Welt</strong> empfin<strong>de</strong>t <strong>und</strong> das<br />

Dasein weiterhin so <strong>de</strong>utet, <strong>als</strong> sei alles um ihn herum um seinetwillen so, wie es ist. <strong>Die</strong>s ist die<br />

Gr<strong>und</strong>haltung vieler <strong>de</strong>utscher Frührentner nebst saturierter Ehefrauen. Am meisten ist dieser<br />

kapitalistische Nihilist hypertroph <strong>und</strong> vermessen, da er wie <strong>de</strong>r kalte Kommunismus in <strong>de</strong>r <strong>Welt</strong><br />

sich <strong>als</strong> Zielpunkt <strong>de</strong>s Kosmos hypostasiert.<br />

Lange bevor die Chaosforschung Häufungsphänomene untersuchte <strong>und</strong> erkannte, dass über ihre<br />

uns mystisch anmuten<strong>de</strong> Wirksamkeit <strong>de</strong>r logisch-dichotomische Unterschied zwischen Zufall <strong>und</strong><br />

Notwendigkeit hinfällig ist, hat die ältere Philosophie dieses Phänomen schon diskutiert, <strong>und</strong> zwar<br />

unter <strong>de</strong>m Tenor <strong>de</strong>s „Umschlags von Quantität in Qualität“. Es war in verschie<strong>de</strong>nen Bereichen<br />

gesehen wor<strong>de</strong>n, dass qualitative Phänomene manchmal vielleicht verursacht sein könnten durch<br />

quantitative Entwicklung bzw. Häufungen. <strong>Die</strong>sen Strohhalm zogen auch immer wie<strong>de</strong>r die naiven<br />

Empiristen an sich, wenn sie wie<strong>de</strong>r einmal in <strong>de</strong>r Erklärungsnotwendigkeit zu ertrinken drohten,<br />

die die Rationalisten ihnen in Bezug auf die Gr<strong>und</strong>legung <strong>de</strong>s Kausalitätsbegriffes aufzwangen. Sie<br />

versuchten zu zeigen, dass aus <strong>de</strong>r induktiv beobachtbaren Häufung von Einzelphänomenen durch<br />

einen Umschlag dieser Quantität in Qualität <strong>de</strong>r Ursachenbegriff entstehen könne. Heute sehen<br />

wir, dass so auf oben skizzierte für uns fast magisch scheinen<strong>de</strong> Art <strong>und</strong> Weise die Kausalität selbst<br />

je<strong>de</strong>s Mal entsteht, wenn sie wirkt. Je<strong>de</strong>smal ist es dieser mysteriöse Umschlag von Quantität in<br />

Qualität, weswegen es ein Gesetz sein muss, dass Häufung von Zufällen Regelmäßigkeit ergibt.<br />

Darin besteht <strong>de</strong>r Teufel. Ich habe ihn gesehen, ohne vor ihm zu erschrecken, da er nur die<br />

negative Seite <strong>de</strong>s innerweltlich Guten, <strong>als</strong>o <strong>de</strong>s Sozialen <strong>und</strong> Humanen ist. Gott für sich<br />

genommen hätte dieser negativen Seite nicht bedurft, aber uns zuliebe hat er sie erlaubt, damit<br />

wir möglich sind, <strong>und</strong> wir verdauen nun seit wir unserer Existenz bewusst sind an diesem<br />

Sauerteig, ohne ihn schlucken zu wollen. Aber wie kann man etwas verdauen, das man nicht<br />

geschluckt hat? Goethe <strong>und</strong> insofern sein Faust wussten es nicht. Der Teufel ist erklärbar durch die<br />

Ereignisse, wie die Ergebnisse <strong>de</strong>r Chaosforschung sie erbringen, aber nicht im Sinne dieser<br />

archaisch-primitiven Vorahnung dieser Zusammenhänge in <strong>de</strong>n vulgärphilosophischen Sätzen <strong>de</strong>r<br />

Prägung: „Der Teufel ist das Chaos“ etc., son<strong>de</strong>rn darin, dass die Effizienz negativer<br />

existenzbezogener Faktoren in <strong>de</strong>r chaotischen Strukturiertheit <strong>de</strong>r <strong>Welt</strong> im Mikrokosmos<br />

begrün<strong>de</strong>t sind <strong>und</strong> zwar dadurch, dass diese sich durch unglückliche Umstän<strong>de</strong>, die wir Menschen<br />

noch nicht zu vermei<strong>de</strong>n gelernt haben, sich so verstärken, dass die jeweilige menschliche o<strong>de</strong>r<br />

sächliche Katastrophe eintritt. In dieser Erkenntnis liegt die Hoffnung, dass wir diese verteufelt<br />

verflixte Daseinsstruktur doch immer weiter ein Stückchen besser beherrschen lernen können <strong>und</strong>


vielleicht am En<strong>de</strong> ganz beherrschen, wenn wir es schaffen, <strong>de</strong>m Teufel nicht zu verfallen <strong>und</strong> so<br />

weit überhaupt zu kommen.<br />

Was heißt jetzt, <strong>de</strong>m Teufel zu verfallen? Es heißt – ganz im Sinne einer säkularen<br />

Aufklärungsphilosophie – allen Faktoren <strong>de</strong>r Neigung so weit nachzugeben, dass die Akkumulation<br />

<strong>de</strong>s Negativen wahrscheinlich wird. Es sind die <strong>als</strong> stabilisierend zu erkennen<strong>de</strong>n Prinzipien <strong>de</strong>r<br />

primären Tugen<strong>de</strong>n diejenigen, die uns über Wasser halten können, in<strong>de</strong>m wir entgegen <strong>de</strong>r<br />

wirken<strong>de</strong>n Entropie <strong>de</strong>r komplexen Daseinssysteme wirken. Wir können <strong>als</strong>o mithilfe eines<br />

erprobten Ethos die menschlichen <strong>und</strong> sächlichen Katastrophen vermei<strong>de</strong>n, die unsere mo<strong>de</strong>rne<br />

<strong>Welt</strong> so schrecklich <strong>und</strong> täglich prägen, wenn wir lernen, dass wir so unbe<strong>de</strong>utend sind, dass wir<br />

nicht in diese o<strong>de</strong>r jene Katastrophe hineinsteuern müssen, da sie uns auf <strong>de</strong>n Leib geschrieben<br />

geschickt wur<strong>de</strong>, nur für uns, nur zu unserem Zweck, nur dazu, dass wir unser Ich wie<strong>de</strong>r einmal<br />

stark spüren <strong>und</strong> uns <strong>als</strong> Daseinszentrum aller Entwicklungen fühlen. Damit gewinnen die Werte<br />

<strong>de</strong>s Daseins <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Religion, die Prinzipien <strong>de</strong>r Ethik <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Vernunft wie<strong>de</strong>r ihre Gültigkeit.<br />

Nein, die Aufklärung ist nicht gescheitert; dies schien nur so, <strong>als</strong> wir die Determiniertheit vieler<br />

menschlicher Beweggrün<strong>de</strong> sahen <strong>und</strong> fan<strong>de</strong>n. In <strong>de</strong>r ethischen Virulenz einer verlässlichen<br />

Vernunftorientiertheit, in <strong>de</strong>r Dauerwirkung <strong>de</strong>s steten Tropfens, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Stein höhlt, in <strong>de</strong>r Kraft<br />

<strong>de</strong>r Tiefe menschlicher Weisheit liegt <strong>als</strong>o auch nach <strong>de</strong>n Ergebnissen mo<strong>de</strong>rner Theorien <strong>und</strong> z.B.<br />

<strong>de</strong>r Hirnforschung die Chance menschlichen Glücks <strong>und</strong> die Möglichkeit <strong>de</strong>r Heilung einer <strong>Welt</strong>, die<br />

täglich neues Unheil produziert.<br />

Ein Priester begann seine Predigt einst mit <strong>de</strong>m Satz: „Auch über <strong>de</strong>n Teufel kann man etwas Gutes<br />

sagen. Er ist sehr fleißig.“ Genau dies ist es, da die Häufung <strong>de</strong>r Quantität gewisser Elemente <strong>de</strong>s<br />

Daseins das Böse je<strong>de</strong>s Mal neu generiert, wo es auftaucht. Wie die Kausalität selbst ist es dieses<br />

W<strong>und</strong>erphänomen, dass ein Nichts zu einem Etwas wird <strong>und</strong> dadurch erst in <strong>de</strong>r <strong>Welt</strong> sichtbar.<br />

Dass wir diese Form <strong>de</strong>s Bösen ja schon so oft gesehen <strong>und</strong> erlitten haben – man nehme zum<br />

Beispiel egoistisch motivierte Probleme bei Erbschaftsangelegenheiten <strong>und</strong> –prozessen, durch die<br />

man je<strong>de</strong>s Mal sieht, wie sich die Bil<strong>de</strong>r gleichen – heißt ja nicht, dass wir nicht je<strong>de</strong>s Mal davon so<br />

heftig affiziert sind, ob durch Zorn o<strong>de</strong>r Wehmut, dass wir meinen, <strong>de</strong>r Leibhaftige selbst stün<strong>de</strong><br />

vor uns <strong>und</strong> man könne das Schwefel <strong>de</strong>r Hölle riechen. Aber es ist lei<strong>de</strong>r dieser paradoxe<br />

geruchlose Gestank <strong>de</strong>s Daseins selbst, <strong>de</strong>n Gott uns nicht ersparen konnte, da er uns doch <strong>und</strong> in<br />

dieser <strong>Welt</strong> wollte. Vielleicht hat er ja noch mehrere an<strong>de</strong>re Spielchen am Laufen o<strong>de</strong>r in dieser<br />

<strong>Welt</strong> noch ein paar an<strong>de</strong>re Spielnischen. Aber eines wird klar sein: Ist es biologisches Leben, gibt es<br />

überall diesen Kisten- o<strong>de</strong>r Tütenteufel: Schwup, ist er wie<strong>de</strong>r da, wenn wir auch nur mit <strong>de</strong>m<br />

kleinen Fingerchen unseres Verstan<strong>de</strong>s ans Dasein rühren.<br />

In <strong>de</strong>r Chaosforschung hat man das Gesetz <strong>de</strong>r doppelten Periodizität ent<strong>de</strong>ckt. Es ist <strong>de</strong>r<br />

Übergangsbereich zwischen im Makrokosmos regelmäßig verlaufen<strong>de</strong>n Prozessen <strong>und</strong> <strong>de</strong>n in<br />

ihrem Verlauf nicht mehr prognostizierbarem Chaos. Dreht man einen Wasserhahn langsam immer<br />

mehr auf, fin<strong>de</strong>t man dieses Phänomen. Aus regelmäßigem Tropfen wird ein Zweiergetropfe von<br />

ungleich großen Tropfen, die sich auseinan<strong>de</strong>r dividieren. Daraus wird bei Erhöhung <strong>de</strong>r<br />

Tropfgeschwindigkeit <strong>de</strong>r chaotische Wasserstru<strong>de</strong>l einer laufen<strong>de</strong>n Wasserleitung. Solche<br />

Prozesse beobachtet man beim Übergang von geregeltem Herzschlag zu Herzflimmern <strong>und</strong> bei<br />

Wetterstrukturen <strong>und</strong> in allen Bereich <strong>de</strong>r Kausalitätsforschung. So wird <strong>als</strong>o aus einem<br />

kontrollierten Phänomen ein diverseres; so geschieht es in je<strong>de</strong>r sich differenzieren<strong>de</strong>n<br />

Gesellschaft. Und aus diesem wird ein sich doppeln<strong>de</strong>s, sich teilen<strong>de</strong>s, sich zerspellen<strong>de</strong>s, ein<br />

Chaos zuletzt.


Insofern sind Chaos, wie oben erklärt, <strong>und</strong> Teufel i<strong>de</strong>ntisch, dass in diesem Überschwall<br />

ungebremster <strong>und</strong> unkontrollierter Impulsivität kybernetische Prozesse, z.B. <strong>de</strong>s Gehirns, die,<br />

wenn sie zu<strong>de</strong>m noch zielgerichtet sind, da es eine krankhafte teleologische Fixierung gibt, absolut<br />

zerstörerisch sind, die aber, wenn sie nur noch diffus sind, phänomenal gesehen Verrücktheit<br />

verursachen. Nur so ist das Geschrei <strong>de</strong>r durch einen Exorzismus gequälten menschlichen Kreatur<br />

zu erklären <strong>und</strong> nicht durch einen leibhaftigen Teufel. Dass sich die Äußerungen Verrückter so<br />

gleichen <strong>und</strong> eigenen verrückten I<strong>de</strong>en nahe kommen, ja manchmal fast i<strong>de</strong>ntisch sind mit<br />

Lautungen <strong>und</strong> phonetischen Ereignissen, be<strong>de</strong>utet nicht mehr <strong>und</strong> nicht weniger, <strong>als</strong> dass Blitze<br />

<strong>als</strong> gewaltige kosmische Mengenphänomene uns fast ununterscheidbar gleich scheinen, in<br />

Wirklichkeit aber je eigene Phänomene chaotischer Struktur sind <strong>und</strong> keinem Prinzip<br />

gleichkommen <strong>als</strong> <strong>de</strong>m je eigens in dieser Situation generierten.<br />

<strong>Die</strong>ses Akkumulationsphänomen hat aber nicht nur diese teuflische, negative Seite, son<strong>de</strong>rn auch<br />

eine positive. Unser Gehirn kann durch Zufall <strong>und</strong> günstige Faktoren zur Notwendigkeit eines<br />

Genies kommen, wie Mozart <strong>und</strong> Einstein sie z.B. eins waren. Hier wird durch das Wirken<br />

daseinsgünstiger Prozesse Gewaltiges in konstruktiver Hinsicht möglich: ein Geist, <strong>de</strong>r einen<br />

Kosmos an Musik, Literatur o<strong>de</strong>r Mathematik schafft.<br />

Und Gott hat dies alles so gewollt, <strong>de</strong>nn hätte er dies nicht, gäbe es uns nicht. Nicht uns je<strong>de</strong>nfalls<br />

gäbe es, <strong>als</strong>o hat er uns ja gewollt. Er hat diese <strong>Welt</strong> gewollt, <strong>und</strong> uns in ihr. Denn wir sind nur in<br />

dieser <strong>Welt</strong> möglich. <strong>Die</strong>se <strong>Welt</strong> ist aber nicht aus sich allein heraus möglich. Sie ist nur möglich,<br />

wenn etwas existiert, das über sie hinaus geht. Nicht eine Sek<strong>und</strong>e im Leben biologischer Prozesse<br />

wäre gegeben, wenn nicht dieser <strong>Wille</strong> da wäre, <strong>de</strong>r diese <strong>Welt</strong> so gewollt hat. Das gilt es zu zeigen<br />

am Verlauf <strong>de</strong>r Evolution <strong>de</strong>s Kosmos, <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Natur.<br />

Und was be<strong>de</strong>utet es, wenn es in <strong>de</strong>r Bibel heißt, Gott habe uns beim Namen gerufen? Das Wort<br />

Mensch ist gemeint, <strong>als</strong>o unser Gattungsname, nicht <strong>de</strong>r <strong>de</strong>s einzelnen Individuums. Aber im<br />

gewaltigen Namen Mensch sind alle an<strong>de</strong>ren Namen eingeschlossen. Und erst, wenn wir getauft<br />

wer<strong>de</strong>n, haben wir eine Adresse, an die Gott seine Botschaften richten kann. Vorher sind wir<br />

potentielle Kin<strong>de</strong>r <strong>Gottes</strong>, mit <strong>de</strong>r Taufe bekommen wir unsere Email-Adresse <strong>und</strong> wer<strong>de</strong>n zu<br />

<strong>Gottes</strong> Fre<strong>und</strong>en. Nun können wir uns im Laufe unseres Lebens eine Homepage einrichten, damit<br />

wir bei Gott einen Namen haben. Wenn er sie aufruft, nennt er diesen unseren Namen - url.<br />

8<br />

<strong>Die</strong> Nächstenliebe <strong>als</strong> <strong>Gottes</strong> Kraft<br />

Der Egoismus <strong>de</strong>r Gene gilt <strong>als</strong> allein mögliches Prinzip, wie biologisches Leben sich erfolgreich<br />

weiter entwickeln kann. Was ist so erstaunlich am Pinzip <strong>de</strong>s „survival of the fittest“? Ein an<strong>de</strong>res<br />

mögliches Erfolgsprinzip von Evolution gibt es doch nicht.<br />

Gewaltig ist die Erkenntnis, dass das einzelne Individuum mit seinem energetischen Proprium,<br />

seinem seelischen Wert nicht mehr zum Zug kommen wür<strong>de</strong>, wenn diesem Prinzip in <strong>de</strong>r <strong>Welt</strong> kein<br />

Korrektiv entgegengesetzt wür<strong>de</strong>. <strong>Die</strong>s ist <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>, weswegen Gott uns Jesus schickte <strong>als</strong> seinen<br />

Sohn. Er ist <strong>de</strong>r einzige <strong>de</strong>r gesamten Menschheitsgeschichte, <strong>de</strong>ssen Lehre keine Doktrin ist <strong>und</strong><br />

nötig hat, <strong>de</strong>ssen Geist nicht auf <strong>de</strong>m Prinzip <strong>de</strong>s Kampfes beruht, <strong>de</strong>ssen Kraft nicht korporal<br />

sichtbar sein muss, <strong>de</strong>ssen Liebe nicht im Mauerwerk <strong>de</strong>r Selbstliebe verankert ist.


<strong>Die</strong> Sozi<strong>als</strong>truktur <strong>de</strong>s Egoismus <strong>de</strong>r Gene generierte H<strong>und</strong>erte verschie<strong>de</strong>ne Mo<strong>de</strong>lle von<br />

Populationsformen zur Selbstkontrolle <strong>und</strong> Selbststeuerung <strong>de</strong>s Menschseins. Zuerst kleinere<br />

Gruppen, dann größere Gruppen, dann Großgruppen. Wegen <strong>de</strong>r Angst <strong>de</strong>r Populationen<br />

entstehen Doktrinen .... all dies ist <strong>de</strong>r Reflex einer Fehlentwicklung <strong>de</strong>r Menschheit: Nicht die<br />

korporale Gewalt, durch Gesetze gesteuert, kann die Menschheit befrie<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn ausschließlich<br />

die energetisch-geisthafte, dialogisch entstan<strong>de</strong>ne <strong>und</strong> in Weisheit gesteuerte Einsicht in die<br />

Notwendigkeit. Das eine ist ein permanenter Kampf gegen sich selbst, das an<strong>de</strong>re ein Fest <strong>de</strong>r<br />

Vereinigung mit sich selbst, an <strong>de</strong>ssen Höhepunkt eine ungeahnte Verbrü<strong>de</strong>rung steht, die die<br />

Grenzen <strong>de</strong>s Körperlichen gesprengt hat <strong>und</strong> das Geistige <strong>als</strong> Heilsenergie <strong>de</strong>s Daseins feiert. Das<br />

ist die Kraft <strong>de</strong>s Heilands.<br />

In Bezug auf die Frage, was Körperhaftigkeit ist, müssen wir noch einen Schritt weiter gehen: Sie ist<br />

nichts, sie existiert nicht. Unsere Körper sind Energie. Alle Körper bestehen aus Materie, Materie<br />

aus Teilchen, Teilchen sind Scheinkörper <strong>und</strong> <strong>als</strong>o Energie, <strong>und</strong> wir fin<strong>de</strong>n die kleinsten Teilchen<br />

nicht, weil es keine gibt. Es gibt Energien, die Bün<strong>de</strong>lungen schaffen, die unsere beschränkten<br />

Sinne trotz all ihrer sensualen Erweiterungen nur <strong>als</strong> einheitliche, oberflächengeformte Körper<br />

sehen. So stellen wir uns ja Teilchen vor. Aber es gibt keine oberflächengeb<strong>und</strong>ene Materie,<br />

son<strong>de</strong>rn alle Materie ist reine Energie, <strong>de</strong>ren Zusammenspiel von uns nur <strong>als</strong> das, was wir Körper<br />

nennen, erfahren <strong>und</strong> wahrgenommen wird – <strong>und</strong> nur so registriert wer<strong>de</strong>n kann. Das ist <strong>de</strong>r<br />

Ursprung unseres beschränkten <strong>Welt</strong>bil<strong>de</strong>s, das sich in <strong>de</strong>n Körper verliebt, das <strong>de</strong>n Körper<br />

vergöttert, aber <strong>de</strong>n Geist meint, <strong>de</strong>n es <strong>als</strong> Energie erfährt, aber nicht recht <strong>als</strong> Substanz<br />

anerkennen will. Somit sind alle Körper um uns herum eigentlich nur Schimären, da sie reine<br />

Rezeptionsphänomene sind <strong>und</strong> Trugbild einer beschränkten Daseinsform, die in ihrer F<strong>als</strong>chheit<br />

all die Prinzipien verursacht hat, an die wir unseren Glauben <strong>als</strong> möglichen Impuls verschwen<strong>de</strong>n.<br />

<strong>Die</strong> Scheinkontroverse, die begrün<strong>de</strong>t ist in <strong>de</strong>r evolutionsgeschichtlich antinomisch gewachsenen<br />

Verstan<strong>de</strong>sstruktur <strong>de</strong>s Menschen – an<strong>de</strong>rs konnte es aber auch gar nicht sein, da sich auch hier<br />

das Regulativ <strong>de</strong>r dialektisch gepaarten gleich starken Antagonismen spiegelt, das alles Dasein in<br />

Balance hält, damit <strong>und</strong> so dass <strong>de</strong>r Mensch we<strong>de</strong>r Gott noch Apparat ist – hat ein weiteres<br />

Scheinproblem zur historischen Validität hoch gespült, die das Christentum auseinan<strong>de</strong>rgerissen<br />

hat: Gott könne nach menschlichem Ermessen nicht zugleich uneingeschränkte Liebe <strong>und</strong> absolute<br />

Gerechtigkeit sein!<br />

<strong>Die</strong> Auflösung dieser Wi<strong>de</strong>rsprüche unserer <strong>Welt</strong> ist das Mysterium <strong>de</strong>s Göttlichen; kybernetisch<br />

gesehen sind diese Gegensätzlichkeiten (<strong>als</strong> Antinomien ganz im Begriff Immanuel Kants)<br />

notwendig, damit überhaupt Dasein entstehen kann, insofern es kosmisches Sosein ist. Dasein <strong>als</strong><br />

das Ruhen <strong>de</strong>s reinen Geistes in sich ist ohne dies existent <strong>und</strong> phänomenal komplett, ganz nach<br />

Hegels Satz, das Wahre sei das Ganze, aber die positive Materie, die <strong>als</strong> ein Abbild dieses<br />

mathematisch-logischen Geistes real existent ist, <strong>als</strong>o in die Daseinsstruktur <strong>de</strong>r Unruhe, <strong>de</strong>r<br />

Bewegung, <strong>de</strong>r Aktion übergegangen ist, ist in sich nur virulent, wenn sie bipolar ist. Nur so waltet<br />

die Dialektik, die wir <strong>als</strong> Kampf zwischen Gut <strong>und</strong> Böse kybernetisch geson<strong>de</strong>rt erfahren <strong>und</strong><br />

<strong>de</strong>uten, die aber nichts an<strong>de</strong>res ist <strong>als</strong> die gottgewollte Entäußerung <strong>de</strong>s reinen in sich ruhen<strong>de</strong>n<br />

<strong>Wille</strong>ns.<br />

Dessen Liebe zum Menschen ist die Wonne, einen fleisch- <strong>und</strong> somit intellektgewor<strong>de</strong>nen Geist zu<br />

substantialisieren <strong>und</strong> sich ständig zu vergegenwärtigen qua biologisches Leben, das sich<br />

expandiert, aber nicht ad infinitum, son<strong>de</strong>rn zurück in die Qualität <strong>de</strong>s göttliches Ursprungs. <strong>Die</strong>


materialistische <strong>Vorstellung</strong>, dass es einen progressus ad infinitum geben könnte, stößt auf <strong>de</strong>n<br />

inneren Wi<strong>de</strong>rspruch, dass er <strong>de</strong>n exaltieren<strong>de</strong>n Wärmetod aller Soseinsexistenz be<strong>de</strong>uten wür<strong>de</strong>,<br />

da das biologische Leben sich in die grenzenlose Selbstzerstörung hinein ausbreitet. Analog zur<br />

begrenzten Aus<strong>de</strong>hnung <strong>de</strong>s Kosmos muss alles biologische Leben auch wie<strong>de</strong>r in Form eines<br />

regressus ad finitum zurück fallen, sowohl individuell <strong>als</strong> auch generell wird alles Leben zum En<strong>de</strong><br />

seiner kosmischen Existenz <strong>als</strong> Spiegel seines Anfanges zurückkehren. Durch diese<br />

Dismaterialisierung <strong>de</strong>s kybernetischen Lebens, <strong>als</strong>o aller chemisch-biologisch-physikalischen<br />

Prozesse, wird <strong>de</strong>r göttliche <strong>Wille</strong> – ganz im Sinne <strong>de</strong>s Hegelschen Diktums vom absoluten Geist –<br />

ganz wie<strong>de</strong>r bei sich selbst sein <strong>als</strong> Letzteinheit mit sich selbst, <strong>als</strong> wi<strong>de</strong>rspruchsfreie Alleinheit<br />

<strong>Gottes</strong>, somit aller Begriffe <strong>de</strong>s Denkens <strong>und</strong> aller gewesenen historischen Prozesse, die durch die<br />

Phasen <strong>de</strong>r Entäußerung gegangen sind, ohne damit aus <strong>de</strong>m Ganzen <strong>de</strong>s Geistes herausgefallen zu<br />

sein, aber ohne in diesen Phasen in ihm aufgehoben zu sein. Gott verbirgt letztlich alle <strong>Welt</strong> in sich,<br />

er birgt alles Sein <strong>und</strong> Dasein in <strong>de</strong>r ganzheitlichen Größe seiner universalen Endgültigkeit. In Form<br />

<strong>de</strong>r Entäußerung kann Göttliches je<strong>de</strong> Form <strong>und</strong> je<strong>de</strong> Gestalt angenommen haben, in <strong>de</strong>r Form <strong>de</strong>r<br />

In-Sich-Geborgenheit ist seine Form Mysterium, die die Gegensätze <strong>de</strong>s Materiellen in sich<br />

aufhebt, wo Notwendigkeit <strong>und</strong> Zufall keine Gegensätze sind.<br />

So sind vereinigt, was sich zuwi<strong>de</strong>r zu stehen scheint: Liebe <strong>und</strong> Gerechtigkeit sind <strong>als</strong>o auch nur<br />

verschie<strong>de</strong>ne Seiten einer Medaille, wie Zufall <strong>und</strong> Notwendigkeit sowie Freiheit <strong>und</strong> Kausalität.<br />

Gott war sich selbst I<strong>de</strong>e <strong>und</strong> Entelechie, durch seine Geschöpf feiert er sich <strong>als</strong> Allexistenz. So<br />

zeugte Gott seine Vollendung – auch diese menschliche Ausdrucksweise ist antinomisch – <strong>de</strong>nn<br />

Geist ist immer nur <strong>als</strong> vollzogener Prozess in vollen<strong>de</strong>tem Seinsmodus wirklich <strong>und</strong> vollständig<br />

vorhan<strong>de</strong>n. Gott ist ein Gott <strong>de</strong>s Lebens, nicht <strong>de</strong>s To<strong>de</strong>s.<br />

1[1] 1 = Reformertypus, 2 = Helfertypus, 3 = Statusmenschentypus, 4 = Künstlerverhaltenstypus, 5<br />

= Analyse-Denker-Typus, 6 = Loyalitätstypus, 7 = Vielseitigkeitstypus, 8 = Herrschertypus, 9 =Typus<br />

<strong>de</strong>s Friedlieben<strong>de</strong>n<br />

1[2] Menschen sind oft vom Gr<strong>und</strong>typus her keine bloßen Reintypen, son<strong>de</strong>rn Mischtypen,<br />

sogenannte Flügeltypen, in<strong>de</strong>m sie entwe<strong>de</strong>r einen fast gleich stark ausgebil<strong>de</strong>ten rechten o<strong>de</strong>r<br />

linken Flügel haben, d.h. <strong>als</strong>o, ein Mischtyp mit <strong>de</strong>m rechten o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m linken Typus sind <strong>und</strong> vom<br />

Kerntypus her immer bleiben.<br />

1[3] Situationstypen sind die Typen, die die verschie<strong>de</strong>nen Gra<strong>de</strong> von Lei<strong>de</strong>ns- o<strong>de</strong>r<br />

Ges<strong>und</strong>ungszustän<strong>de</strong>n kennzeichnen. <strong>Die</strong> Lehre vom Enneagramm geht davon aus, dass man<br />

neben <strong>de</strong>n Extremformen <strong>de</strong>s neurotischen Menschen o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s fast völlig ges<strong>und</strong>en Menschen auf<br />

<strong>de</strong>m absteigen<strong>de</strong>n Ast sein kann – <strong>als</strong>o in <strong>de</strong>szen<strong>de</strong>nter Bewegung nach unten, <strong>als</strong>o hin zum<br />

Neurotischen – o<strong>de</strong>r in aufsteigen<strong>de</strong>r Linie auf <strong>de</strong>m Weg <strong>de</strong>r Ges<strong>und</strong>ung in Richtung Heilung.<br />

Insofern sind 4 Typen zu unterschei<strong>de</strong>n: Konvaleszenter Typus, Aszen<strong>de</strong>nter Typus, Deszen<strong>de</strong>nter<br />

Typus <strong>und</strong> neurotischer Typus. (Ein mittlerer Typus wird nicht angesetzt, da er nicht ohne Bewegung<br />

nach unten o<strong>de</strong>r nach oben vorkommt; es gibt kein auf Dauer stabiles Auf <strong>und</strong> Ab-<br />

Schwanken <strong>de</strong>s Seelenzustan<strong>de</strong>s). Ein schwanken<strong>de</strong>r Mensch fängt sich entwe<strong>de</strong>r irgendwann o<strong>de</strong>r


er geht über in <strong>de</strong>n Energieverlust, in<strong>de</strong>m seine Daseinsimpulse immer diffuser <strong>und</strong> sporadischer<br />

wer<strong>de</strong>n <strong>und</strong> zuletzt ausbleiben.<br />

1[4] Nach Gurdjiew, <strong>de</strong>m russischen Mystiker, durchleben Menschen im Laufe ihres Daseins alle<br />

Gr<strong>und</strong>typen – auch im Sinne einer Reifung, wenn ihr Leben gut verläuft.<br />

1[5] Grob <strong>und</strong> vorsichtig eingeschätzt kommt man bei einer Auswertung <strong>de</strong>r Charakterlehren <strong>de</strong>s<br />

19. Jahrh<strong>und</strong>erts zu 3 Gr<strong>und</strong>charakter-Formen: Choleriker / Sanguiniker / Phlegmat<br />

1[6] Nach Verhaltens- <strong>und</strong> Erkenntnisformat-Analysen kommt das Psychologenehepaar Pease zu<br />

<strong>de</strong>m Ergebnis, dass es hormonbedingte Übergangsstufen von rein Weiblicher zu rein männlicher<br />

Daseinsrezeption <strong>und</strong> -orientierung gibt; ich teile sie hier ein in die Grobstufen <strong>de</strong>s Vollmannes,<br />

<strong>de</strong>s Halbmannes, <strong>de</strong>s Mann-Weibes (o<strong>de</strong>r Weib-Mannes), <strong>de</strong>r Halbfrau <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Vollfrau.<br />

1[7] Heterosexualität <strong>als</strong> biologischer Regelfall, Homosexualität <strong>als</strong> evolutionsgeschichtliche o<strong>de</strong>r<br />

psychogene Entwicklungsform, Bisexualität <strong>als</strong> phänomenale Mischform; alle an<strong>de</strong>ren<br />

Orientierungen sind bloße erlernte bzw. erlittene Spielarten <strong>de</strong>r Sexualität<br />

1[8] 5 Stufen: Hochintelligenz, Intelligenz, Durchschnittlichkeit, Nichtintelligenz, Dummheit

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