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Die Welt als Gottes Wille und Vorstellung ... - Ht-frings.de

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Der Ingrimm unserer Einstellung kommt aber letztlich aus unserem Gespür, dass wir aber auch keine<br />

besseren Argumente haben <strong>und</strong> auch einer bloßen Meinung unterliegen. <strong>Die</strong> Kausalitätsproblematik<br />

<strong>de</strong>r Evolutionstheorie lässt sich nur lösen durch die Annahme <strong>de</strong>r Gleichursprünglichkeit von Ursache<br />

<strong>und</strong> Phänomen, wie sie ausschließlich mit <strong>de</strong>r <strong>Vorstellung</strong> eines aller Zeit <strong>und</strong> irdischen Kausalität<br />

enthobenen, walten<strong>de</strong>n <strong>Gottes</strong> kompatibel ist, <strong>de</strong>ssen Instrument das Leben selbst ist, allerdings<br />

nicht <strong>als</strong> ihm entgegengesetztes frem<strong>de</strong>s Objekt, son<strong>de</strong>rn <strong>als</strong> stetiger Bestandteil dieses Göttlichen<br />

selbst ist, in <strong>de</strong>m biologisches Dasein nur in <strong>de</strong>r Form kybernetisch-polar gesteuerter Prozesse<br />

vorkommen kann. Der Gedanke <strong>de</strong>r I<strong>de</strong>ntität zwischen Gott <strong>und</strong> <strong>de</strong>r von ihm gewollten <strong>Welt</strong> ist<br />

philosophisch bekannt <strong>als</strong> Hegels Gedanke von <strong>de</strong>r I<strong>de</strong>ntität <strong>de</strong>r I<strong>de</strong>ntität <strong>und</strong> Nichti<strong>de</strong>ntität <strong>als</strong><br />

Struktur <strong>de</strong>s absoluten Geistes. Also nichts Neues! Aber Kann <strong>und</strong> darf ich Gott diese „Beschränkung“<br />

auf eine biologische <strong>Welt</strong> bipolaren Charakters unterstellen, wo er doch allmächtig ist? Für<br />

traditionelle Theologen steckt darin ein Vorwurf <strong>de</strong>r schlimmsten Sorte, <strong>als</strong>o eine Häresie! Nein,<br />

<strong>de</strong>nn wieso hat er die Kybernetik so gestrickt, dass für alles <strong>und</strong> je<strong>de</strong>s Existenzbedingungen gelten,<br />

gera<strong>de</strong> für die schönsten Dinge <strong>de</strong>s Lebens so enge, dass vieles davon vom permanenten Weg- <strong>und</strong><br />

Aussterben bedroht ist. Das Argument, dass Gott die <strong>Welt</strong> an<strong>de</strong>rs, ohne Beschränkung <strong>und</strong><br />

Wi<strong>de</strong>rsprüchlichkeit gebaut hätte, wenn er wirklich existieren wür<strong>de</strong>, ist hinfällig, da es nicht an<strong>de</strong>rs<br />

sein kann, <strong>als</strong> dass die göttlich gewollte <strong>Welt</strong> <strong>de</strong>n göttlich gewollten Gesetzen unterliegt. Da können<br />

wir in <strong>de</strong>r Reflexion unseres Leids <strong>und</strong> unserer narzißtischen Beleidigungen noch so mosern <strong>und</strong><br />

schimpfen, grollen, ha<strong>de</strong>rn <strong>und</strong> verzweifeln. Dass Gott damit Gesetzen unterliege <strong>und</strong> nicht<br />

allmächtig sei, ist insofern hinfällig, da er selbst die ursprüngliche <strong>und</strong> ursächliche Allheit all dieser<br />

Gesetze ist <strong>und</strong> das zweifelhaft imaginäre, aber letztlich wirksame Spiel <strong>de</strong>r Freiheit <strong>als</strong> eines all<br />

seiner gewollten Daseinsspiele ins Leben gehaucht hat. Das uralte Argument, dass er gera<strong>de</strong> <strong>de</strong>n<br />

hehren Menschen <strong>als</strong> Krone <strong>de</strong>r Schöpfung mit wesentlich mehr Mitteln – Schönheit, Macht,<br />

Ges<strong>und</strong>heit – ausgestattet hätte, wenn er wirklich allgütiger Gott wäre, ist hinfällig, da es allein aus<br />

<strong>de</strong>r Hybris dieses Wesens entstan<strong>de</strong>n ist, <strong>de</strong>m mit <strong>de</strong>m Gehirn eine gottgewollte beson<strong>de</strong>re Funktion<br />

zuteil wur<strong>de</strong>, sein Dasein zu betrachten <strong>und</strong> zu meistern. Gott liebt ja nicht nur <strong>de</strong>n Erfolg guter<br />

Menschen, son<strong>de</strong>rn auch die Güte nicht erfolgreicher Menschen. Insofern ist nicht Gott bloß das<br />

Ebenbild <strong>de</strong>s Menschen, wie Feuerbach es kritisch sagte, aber auch nicht <strong>de</strong>r Mensch das<br />

vollständige <strong>und</strong> perfekte Abbild <strong>Gottes</strong>, son<strong>de</strong>rn nur sein unvollkommenes <strong>und</strong> um sich ringen<strong>de</strong>s<br />

Ebenbild, sein noch unvermögen<strong>de</strong>s Kind, das sich selbst aus Unreife W<strong>und</strong>en zufügt <strong>und</strong> das <strong>de</strong>n<br />

Unbil<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Daseins ausgesetzt ist <strong>und</strong> sich nicht so gut vor allen Gefahren schützen kann, wie es<br />

sein sollte. Natürlich kann Gott auch weinen, wenn <strong>de</strong>m Menschen etwas daneben geht, gera<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>swegen, weil er keine primitive Puppe <strong>als</strong> Ebenbild wollte, die er mit einem Handgriff schnell auf<br />

<strong>de</strong>r Bühne <strong>de</strong>r Puppenspieler hätte vor einem Verhed<strong>de</strong>rn bewahren wür<strong>de</strong>. Er wollte das Phänomen<br />

<strong>de</strong>s Scheiterns, aber nicht das spezifische Unglück. Das Phänomen <strong>de</strong>s Scheiterns wollte er, weil er<br />

<strong>de</strong>n Menschen wollte, <strong>und</strong> er wollte ihn so, wie er ihn wollte <strong>und</strong> wie dieser Mensch ist: <strong>als</strong><br />

suchen<strong>de</strong>s Kind, das sich selbst hypostasiert, aber die Chance hat, sich zu fin<strong>de</strong>n <strong>und</strong> seine<br />

Göttlichkeit zu leben – wozu für die meisten Kulturen noch ein weiter Weg weg aus <strong>de</strong>r Hypostasie<br />

ihres eigenen Egos, ihrer Nationalität <strong>und</strong> ihrer Religion ist. <strong>Die</strong>s aber ist die eigentliche<br />

Befreiungstheologie: Der Weg hinaus aus <strong>de</strong>n Verkürzungen unserer Sichtweisen <strong>und</strong> Fanatismen,<br />

<strong>de</strong>r Weg weg von Manipulation <strong>und</strong> Intoleranz, <strong>de</strong>r Weg hinaus aus <strong>de</strong>m Dunkel unserer<br />

egozentrischen Hibitualitäten. Ist es nicht befreiend für alle Religionen, die noch auf <strong>de</strong>m Niveau <strong>de</strong>r<br />

Urreligionen sind, wenn sie erkennen müssen, dass Gott nieman<strong>de</strong>n persönlich bestrafte o<strong>de</strong>r quälte,<br />

wenn etwas Schlimmes in unserer <strong>Welt</strong> geschah! Und dass man insofern sein eigenes Unglück nicht<br />

auf kausalistische Weise direkt herleitete; nur, wer sich zu waschen versäumt, stinkt, obwohl er das<br />

Phänomen <strong>de</strong>s Gestanks auch durch noch so häufiges Waschen aus <strong>de</strong>r <strong>Welt</strong> bringen kann. Das ist

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