28.10.2013 Aufrufe

Madame

Eine Freundin von mir brachte neulich einen Hund mit nach Hause, gerettet vor seinem Besitzer, der es nicht gut mit ihm meinte. Sie gab dem Unhold 100 Euro, ließ beim Tierarzt checken, ob der kleine Cocker gesund und nicht gestohlen war, und da saß er nun verschüchtert rum mit seinen Kulleraugen und dem wuscheligen Fell. Die Kinder waren entzückt, der Ehemann weniger. „Ihr seid verrückt“, meinte er. „Wir haben doch schon einen Hund.

Eine Freundin von mir brachte neulich einen Hund mit nach Hause, gerettet vor seinem Besitzer, der es nicht gut mit ihm meinte. Sie gab dem Unhold 100 Euro, ließ beim Tierarzt checken, ob der kleine Cocker gesund und nicht gestohlen war, und da saß er nun verschüchtert rum mit seinen Kulleraugen und dem wuscheligen Fell. Die Kinder waren entzückt, der Ehemann weniger. „Ihr seid verrückt“, meinte er. „Wir haben doch schon einen Hund.

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KLASSIK SPEKTRUM<br />

70<br />

SCHÖNE WILDE SEELE<br />

Die georgische Geigerin Lisa Batiashvili ist nicht nur optisch ein großer Genuss.<br />

Ihr Spiel verzückt – und man fragt sich, woher sie diese Zaubertöne nimmt<br />

Sonntagmorgen, 11 Uhr, Matinee<br />

in der Essener Philharmonie. Der<br />

große Saal rappelvoll. Geigerin<br />

Lisa Batiashvili gibt ein Recital.<br />

Und tritt auf in einem höllisch<br />

roten Schlauchkleid mit sündig<br />

tiefem Dekolleté, während draußen die Domglocken<br />

läuten. Kurz wirft sie<br />

die langen Haare aus dem<br />

Weg, da beginnt sie schon,<br />

ihrer Stradivari die ersten<br />

weichen, dunklen<br />

Töne zu entlocken,<br />

aufzusteigen<br />

in die blendenden<br />

Sphären der hohen<br />

Lagen, um das virtuose<br />

Glitzern bald<br />

wieder in Richtung<br />

elegischer Mittellage<br />

zu verlassen und fortgerissen<br />

zu werden vom<br />

Rhythmus. Woher sie wohl<br />

diese Töne nimmt?<br />

Schwerer Wein und sanfter<br />

Cognac, dazu schneebedeckte<br />

Berggipfel: Wer etwas<br />

mit Georgien verbindet,<br />

dem „Balkon<br />

Europas“ hinter dem<br />

GANZ NAH DRAN<br />

â NEUE CD Violinkonzert<br />

von Brahms mit der<br />

Sächsischen Staats-<br />

kapelle unter Christian<br />

Thielemann (Deutsche<br />

Grammophon).<br />

Tipp: Beethovens<br />

Violinkonzert mit der<br />

Kammerphilharmonie<br />

Bremen (Sony)<br />

â LIVE 22. – 26. 7.:<br />

Verbier Festival,<br />

Mehr Infos:<br />

klassik<br />

akzente.de/<br />

lisa-<br />

batiashvili/<br />

termine<br />

Schwarzen Meer, der kommt kaum über diese<br />

Bilder hinaus. Und denkt an Musik. Denn<br />

Musiker aus Georgien waren schon zu Zeiten<br />

der Sowjetunion häufige Gäste im Westen. Seit<br />

sie untergegangen ist, sind es noch viel mehr.<br />

Wie eben Lisa Batiashvili, die mit zehn Jahren<br />

an der Hand ihrer Eltern von Tiflis nach München<br />

kam. Das kannte ihr Vater, Primarius<br />

eines Streichquartetts, von Gastspielen her.<br />

Die Isar-Metropole wird, nach drei Jahren in<br />

der Île de France ihrem französischen Ehemann<br />

zuliebe, gerade wieder der Wohnsitz.<br />

„Musik ist in Georgien ein Lebenselixier“, so<br />

Lisa Batiashvili im Gespräch mit MADAME.<br />

„Wenn Menschen zusammensitzen, singen sie<br />

bald. Mit dieser temperamentvollen Volks-<br />

musik wächst jedes Kind auf. Das<br />

hat ebenso wie die Landschaften<br />

meiner Jugend meine Klangvorstellungen<br />

und musikali-<br />

schen Stimmungen beeinflusst.“<br />

Eine Zeit lang galt die inzwischen<br />

34-Jährige mit ihrem so extrovertierten<br />

wie hochsensiblen Spiel mehr als<br />

Geheimtipp unter Musikerkollegen denn als<br />

Zugpferd am Klassikmarkt: „Ich habe wenig<br />

getan, um stets präsent zu sein. Ich bin nicht<br />

der Typ, der ein Leben in der Öffentlichkeit<br />

führt, und schütze mein Privatleben, auch aus<br />

Rücksicht auf meine Familie, vor allem meine<br />

Kinder.“ Eine Tochter, 8, und ein Sohn, 4. Und,<br />

ja, die immense Unterstützung durch Kollegen<br />

war ihr wichtiger als Euphorie im Publikum,<br />

bekräftigt sie. Inzwischen hat sie beides. Wobei<br />

sie gern mehr Bindung zum Publikum aufbaut.<br />

In der vergangenen Saison war sie Residenz-<br />

Solistin beim WDR-Sinfonieorchester in Köln<br />

und Kapellsolistin bei der Sächsischen Staatskapelle<br />

in Dresden. „Das gibt einem Gelegenheit,<br />

auch Stücke abseits des Mainstreams und<br />

vor allem Kammermusik zu spielen“, so die<br />

Geigerin. Der Ton sei ein Spiegel der Persönlichkeit,<br />

sagt sie. „Manche meinen, man dürfe<br />

MADAME 8/2013<br />

FOTOS: Anja Frers/DG (1); Waldhaus Konzerte Flims (2); Uli Weber/Sony Classical (1)

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