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Du bist frech, mein Junge

„Wie kommst du denn auf die Idee, mit einer Frau, die dich so liebt, Schluss zu machen?“ fragte er sich vorwurfsvoll. „Du bist selber verrückt, nichts als ver­rückt und durchgedreht. Schraubst dir irgendwelche Hypothesen über die Zu­kunft zusammen und zerstörst so eine wunderbare Beziehung. Elena ist doch ein Mensch, wie kannst du denn so wahnsinnig mit ihr umgehen?“ Jetzt war Rolf völlig konfus. Wie es nach Juliane weitergehen sollte, eine Vorstellung von seinem neuen Leben hatte er nie gehabt. Er wusste nur, allein wollte er nicht bleiben. Aber wen wollte er denn finden, wenn es seiner Meinung nach mit Ele­na nicht einmal funktionieren würde. Welche Hirngespinste von Vorstellungen tobten denn in seinem Kopf herum? Wahrscheinlich durfte es nur Juliane Nu­mero 2 mit der Garantie für keine Differenzen sein. „Du lebst kein neues Le­ben. Den Traum von deinem alten willst du weiterleben.“ wurde Rolf sich klar.

„Wie kommst du denn auf die Idee, mit einer Frau, die dich
so liebt, Schluss zu machen?“ fragte er sich vorwurfsvoll.
„Du bist selber verrückt, nichts als ver­rückt und durchgedreht. Schraubst dir irgendwelche Hypothesen über die Zu­kunft
zusammen und zerstörst so eine wunderbare Beziehung.
Elena ist doch ein Mensch, wie kannst du denn so wahnsinnig
mit ihr umgehen?“ Jetzt war Rolf völlig konfus. Wie es nach
Juliane weitergehen sollte, eine Vorstellung von seinem neuen
Leben hatte er nie gehabt. Er wusste nur, allein wollte er
nicht bleiben. Aber wen wollte er denn finden, wenn es seiner
Meinung nach mit Ele­na nicht einmal funktionieren würde.
Welche Hirngespinste von Vorstellungen tobten denn in
seinem Kopf herum? Wahrscheinlich durfte es nur Juliane
Nu­mero 2 mit der Garantie für keine Differenzen sein.
„Du lebst kein neues Le­ben. Den Traum von deinem
alten willst du weiterleben.“ wurde Rolf sich klar.

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Annett<br />

Jetzt fing das schon wieder an, aber er wusste ja nichts über Anett, bestimmt<br />

hatte sie einen festen Freund und außerdem war sie ja im Alter seiner Kinder.<br />

Er fand sie nett und offen, sie diskutierte sehr ernsthaft, aber lachte offensichtlich<br />

auch sehr gern. Er mochte sie schon, aber so ein Irrsinn. In dem Alter, in<br />

dem Männer wieder anfangen sich für kleine Mädchen zu interessieren, war er<br />

doch wohl noch nicht und würde er auch nie hinkommen. Außerdem hatte Anett<br />

blonde Haare. „Weißt du Rolf, ich habe gar keine Lust mehr, darüber zu reden.“<br />

erklärte Anett plötzlich im Café, „Mich interessiert etwas ganz anderes.<br />

Bei mir hat man mal <strong>mein</strong> Stimmchen schön gefunden, und dann musste ich<br />

hier und dort singen, dann brauchte ich natürlich Schulungen und Training und<br />

so ging es immer weiter und füllt jetzt <strong>mein</strong> ganzes Leben aus. Für dich waren<br />

Singen, Musik und Klänge schon von klein auf etwas Zentrales, aber du hast<br />

nie etwas daraus und damit gemacht. Ich kann das gar nicht verstehen. <strong>Du</strong><br />

hast erzählt, welche Tricks und Anstrengungen du als Kind unternommen hast,<br />

um in die Oper zu kommen, und du selbst, für dich, deine eigene Stimme, hat<br />

die nie existiert?“ „Ich kann dir dazu überhaupt nichts antworten, Anett.<br />

Vielleicht habe ich eine gespaltene Persönlichkeit, eine für's Genießen und eine<br />

für's Aktive. Ich war selig, wenn ich <strong>mein</strong>er Mutter zuhören konnte und heute<br />

bin ich beim Zuhören im Konzert glücklich. Auf die Idee, dass ich selbst gern<br />

dirigieren möchte, bin ich dabei noch nie gekommen. Er soll mir's nur schön<br />

machen. Hedonismus ist das, nicht wahr, hedonistischer Klang- und<br />

Musikgebrauch. Ist das denn schlimm, wenn's mir so gefällt?“ „<strong>Du</strong> <strong>bist</strong> eine<br />

lustige Nudel, Rolf.“ reagierte Anette lachend, „Auf der Bühne musst du<br />

exibitionistisch sein, Lust daran haben, dich vorzuführen. Wenn sie dir alle<br />

hinterher verbal auf die Schulter klopfen, ist das zwar ganz nett, aber wenn dir<br />

einer aus der dunklen Masse erzählt, wie und warum es ihm gut gefallen und<br />

was es bei ihm bewirkt hat, ist das noch einmal etwas ganz anderes. Das<br />

Publikum besteht ja nicht aus Rezensenten, das sind ja alles Leute, die mit<br />

ihren Gefühlen und Assoziationen mit dem umgehen, was du tust. Nur davon<br />

erfährst du kaum etwas. Wie könnte mir so etwas einfallen, dass ich für so<br />

einen kuriosen Vogel wie dich singe. Beim nächsten Mal denke ich, das das<br />

ganze erste und zweite Parkett und die Logen voller solcher Typen sitzen. Ich<br />

glaube, ich würde ganz anders singen und spielen. Ich würde mich ganz anders<br />

fühlen, wie in einem großen Freundeskreis oder wie zu Hause. <strong>Du</strong> gibst mir zu<br />

denken, Rolf.“ „Die Hälfte der Leute, die in der Oper sitzen, bevölkern sie<br />

wahrscheinlich, weil es zum soziokulturellen Mittelschichtshabitat gehört, dies<br />

ab und an zu tun. Die werden nicht deine Freunde. Die können gar nicht hören.<br />

Die müssen aus der Zeitung lesen, was sie gehört haben.“ reagierte Rolf<br />

darauf. „Es ist so lustig mit dir zu reden, mach mich jetzt bitte nicht traurig.“<br />

antwortete Anett, lachte und fixierte Rolf. „Ich finde noch etwas sehr komisch“<br />

sagte sie, „<strong>Du</strong> könntest ja <strong>mein</strong> Vater sein, nicht wahr? Aber du <strong>bist</strong> ein ganz<br />

anderer Mensch. <strong>Du</strong> <strong>bist</strong> spannend, das muss ich schon sagen.“ Sie schaute<br />

sinnierend vor sich hin. „Meinst du denn, es könnte mit uns beiden etwas<br />

werden? Und du würdest an schwülen Sommerabenden die Habanera für mich<br />

tanzen und singen?“ fragte Rolf spöttisch und beide lachten. „<strong>Du</strong> <strong>bist</strong> <strong>frech</strong>,<br />

<strong>Du</strong> <strong>bist</strong> <strong>frech</strong>, <strong>mein</strong> <strong>Junge</strong> – Seite 14 von 33

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