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Du bist frech, mein Junge

„Wie kommst du denn auf die Idee, mit einer Frau, die dich so liebt, Schluss zu machen?“ fragte er sich vorwurfsvoll. „Du bist selber verrückt, nichts als ver­rückt und durchgedreht. Schraubst dir irgendwelche Hypothesen über die Zu­kunft zusammen und zerstörst so eine wunderbare Beziehung. Elena ist doch ein Mensch, wie kannst du denn so wahnsinnig mit ihr umgehen?“ Jetzt war Rolf völlig konfus. Wie es nach Juliane weitergehen sollte, eine Vorstellung von seinem neuen Leben hatte er nie gehabt. Er wusste nur, allein wollte er nicht bleiben. Aber wen wollte er denn finden, wenn es seiner Meinung nach mit Ele­na nicht einmal funktionieren würde. Welche Hirngespinste von Vorstellungen tobten denn in seinem Kopf herum? Wahrscheinlich durfte es nur Juliane Nu­mero 2 mit der Garantie für keine Differenzen sein. „Du lebst kein neues Le­ben. Den Traum von deinem alten willst du weiterleben.“ wurde Rolf sich klar.

„Wie kommst du denn auf die Idee, mit einer Frau, die dich
so liebt, Schluss zu machen?“ fragte er sich vorwurfsvoll.
„Du bist selber verrückt, nichts als ver­rückt und durchgedreht. Schraubst dir irgendwelche Hypothesen über die Zu­kunft
zusammen und zerstörst so eine wunderbare Beziehung.
Elena ist doch ein Mensch, wie kannst du denn so wahnsinnig
mit ihr umgehen?“ Jetzt war Rolf völlig konfus. Wie es nach
Juliane weitergehen sollte, eine Vorstellung von seinem neuen
Leben hatte er nie gehabt. Er wusste nur, allein wollte er
nicht bleiben. Aber wen wollte er denn finden, wenn es seiner
Meinung nach mit Ele­na nicht einmal funktionieren würde.
Welche Hirngespinste von Vorstellungen tobten denn in
seinem Kopf herum? Wahrscheinlich durfte es nur Juliane
Nu­mero 2 mit der Garantie für keine Differenzen sein.
„Du lebst kein neues Le­ben. Den Traum von deinem
alten willst du weiterleben.“ wurde Rolf sich klar.

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sie sich zunehmend gestritten. Trotzdem war Juliane noch oft präsent. Sie hatten<br />

sich nur einige Male kurz nach Julianes Auszug getroffen, um Organisatorisches<br />

zu regeln, sonst hatten sie keinerlei Kontakt mehr, auch nicht Weihnachten<br />

und nicht zum Geburtstag. Wenn Rolf an Sozialverhalten, Umgang unter<br />

einander, Beziehung oder Liebe dachte, war Juliane mit dabei. Er hatte es ja<br />

begrüßt, dass sie sich trennten, hatte selbst keinen Sinn mehr darin gesehen,<br />

nur da waren eben dreißig Jahre, damals mehr als die Hälfte seines Lebens. Es<br />

war vor allem nicht mal die lange Zeit. Die Art, wie sie sich erlebt hatten, die<br />

Tiefe, das würde er niemals vergessen können. Das war nicht mit jemand anderem<br />

zu wiederholen und das wollte Rolf auch keinesfalls. Er hatte nicht nur<br />

mit Juliane sein Leben verbracht, die Kinder bekommen, sie auf ihrem Weg begleitet,<br />

seine tiefsten zwischenmenschlichen Erfahrungen überhaupt waren an<br />

Juliane gebunden. Das blieb immer da. Das war er, kein Kapitel, das er einfach<br />

abschließen konnte. Das würde auch in einem neuen anderen Leben da sein,<br />

wenn es so etwas überhaupt geben konnte. Vieles ändern, das wäre möglich,<br />

aber ein anderer Mensch konnte er nicht werden.<br />

Allein in der Wüste<br />

Sein Blutdruck war nicht in Ordnung. „Was soll ich denn machen, Paul.“ Rolf<br />

und sein Arzt kannten sich noch aus ge<strong>mein</strong>samen Studentenzeiten, „Ich lebe<br />

doch schon wie ein Asket. Ich rauche nicht mehr und trinke nur selten etwas<br />

und Versalzenes esse ich sowieso nicht.“ „Und Bewegung, wie sieht's damit<br />

aus?“ fragte der Arzt nach. „Paul, ich habe mich <strong>mein</strong> ganz Leben lang bewegt,<br />

mehr als genug und als mir lieb war. In der Schule hat man mir beigebracht,<br />

wenn du schön fleißig und lieb warst, gibt es hinterher eine Belohnung. Im Leben<br />

scheint das aber genau umgekehrt zu sein. Racker dich fleißig ab, tu immer<br />

das, was sich gehört und statt für deine Mühen belohnt zu werden und<br />

dein Leben jetzt genießen zu können, wirst du von immer mehr Widerwärtigkeiten<br />

gequält. Immer etwas Neues, Zusätzliches, immer ein bisschen schlimmer.<br />

Verglichen mit vielen anderen geht’s mir ja heute noch relativ gut, aber<br />

wer sagt denn, dass ich morgen auch noch allein die Treppe raufkomme, dass<br />

nicht irgendwo irgendwelche Karzinome entdeckt werden. Das liegt doch alles<br />

nah, ganz nah. Ich werde mir einen Revolver zulegen für jeden den ich noch<br />

einmal über die positiven Seiten des Älterwerdens reden höre.“ erregte sich<br />

Rolf. „Rolf, ich hätte ja hier auch schon längst Schluss machen können. Ich<br />

mach das für mich, nur für mich. <strong>Du</strong> braucht etwas, das dir klar macht, dass<br />

du nicht überflüssig <strong>bist</strong>. Wenn die alte Frau Rickert mir vertraut, und glücklich<br />

ist, dass ich mich um sie bemühe, dann hilft ihr das mehr als die meisten ihrer<br />

Tabletten, und mir selbst hilft es auch ganz viel. Das habe ich <strong>mein</strong> Leben lang<br />

getan. Das ist <strong>mein</strong> Leben. Das bin ich. Da kann ich mir jetzt nicht einfach<br />

überlegen, ob etwas anderes nicht auch ganz nett sein könnte. Das wird mir<br />

nichts bedeuten. Das wird nicht mit mir übereinstimmen. Und du hast nichts.<br />

Stehst mitten in der Wüste und kannst dich nur selber betrachten. Das ist nicht<br />

gut, Rolf.“ <strong>mein</strong>te Paul, sein Arzt. „Was soll ich denn tun? Bei dir die Praxis putzen?<br />

Alles wird doch außerhalb und aufgesetzt sein. L'art pour l'art, ich werde<br />

es tun, damit ich etwas tue.Und das werde ich vor mir selbst nicht verbergen<br />

<strong>Du</strong> <strong>bist</strong> <strong>frech</strong>, <strong>mein</strong> <strong>Junge</strong> – Seite 17 von 33

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