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Du bist frech, mein Junge

„Wie kommst du denn auf die Idee, mit einer Frau, die dich so liebt, Schluss zu machen?“ fragte er sich vorwurfsvoll. „Du bist selber verrückt, nichts als ver­rückt und durchgedreht. Schraubst dir irgendwelche Hypothesen über die Zu­kunft zusammen und zerstörst so eine wunderbare Beziehung. Elena ist doch ein Mensch, wie kannst du denn so wahnsinnig mit ihr umgehen?“ Jetzt war Rolf völlig konfus. Wie es nach Juliane weitergehen sollte, eine Vorstellung von seinem neuen Leben hatte er nie gehabt. Er wusste nur, allein wollte er nicht bleiben. Aber wen wollte er denn finden, wenn es seiner Meinung nach mit Ele­na nicht einmal funktionieren würde. Welche Hirngespinste von Vorstellungen tobten denn in seinem Kopf herum? Wahrscheinlich durfte es nur Juliane Nu­mero 2 mit der Garantie für keine Differenzen sein. „Du lebst kein neues Le­ben. Den Traum von deinem alten willst du weiterleben.“ wurde Rolf sich klar.

„Wie kommst du denn auf die Idee, mit einer Frau, die dich
so liebt, Schluss zu machen?“ fragte er sich vorwurfsvoll.
„Du bist selber verrückt, nichts als ver­rückt und durchgedreht. Schraubst dir irgendwelche Hypothesen über die Zu­kunft
zusammen und zerstörst so eine wunderbare Beziehung.
Elena ist doch ein Mensch, wie kannst du denn so wahnsinnig
mit ihr umgehen?“ Jetzt war Rolf völlig konfus. Wie es nach
Juliane weitergehen sollte, eine Vorstellung von seinem neuen
Leben hatte er nie gehabt. Er wusste nur, allein wollte er
nicht bleiben. Aber wen wollte er denn finden, wenn es seiner
Meinung nach mit Ele­na nicht einmal funktionieren würde.
Welche Hirngespinste von Vorstellungen tobten denn in
seinem Kopf herum? Wahrscheinlich durfte es nur Juliane
Nu­mero 2 mit der Garantie für keine Differenzen sein.
„Du lebst kein neues Le­ben. Den Traum von deinem
alten willst du weiterleben.“ wurde Rolf sich klar.

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„Danke.“ sagte Juliane knapp, „Und das aber?“<br />

Rolf: „Das ist so ein komplexeres Zusammenspiel von Eindrücken. Willst du das<br />

im Einzelnen erläutert haben?“<br />

„Nö.“ reagierte Juliane knapp, „<strong>Du</strong> hast aber auch noch schöne Hände. Und<br />

deine Finger sind gar nicht mit dir älter geworden.“<br />

Rolf: „Wahrscheinlich weil du sie mir immer verknotet hast. Hast ihre normale<br />

Entwicklung dabei zerstört.“<br />

Juliane: „Fingergymnastik war das.“<br />

Rolf: „Folter war es. <strong>Du</strong> wirst <strong>mein</strong>e Schreie nicht vergessen haben. Vielleicht<br />

hätte ich da schon deine sadistische Ader erkennen sollen, aber ich habe es<br />

nichtsahnend für Spielerei gehalten.“<br />

Juliane: „Ja, wenn du wüsstest, welche Genugtuung mir die Vorstellung bereit,<br />

wie sie überall kommen, die kleinen braunen Fleckchen. Hier und hier und hier<br />

und überall. Und wie das, was sich zwischen der braungesprenkelten Haut und<br />

den Knochen befindet, einfach verschwindet und das viel zu große Pergament,<br />

das sie umgibt, in runzligen Falten zerknittert über den Knochen liegt. Aber<br />

gleichgültig, ob ich es mir genussvoll für dich wünsche oder nicht, es wird einfach<br />

kommen. Alles kommt. Alles was du nicht magst. Früher oder später,<br />

plötzlich oder langsam, irgendwann stellst du fest, wie es dich okkupiert hat.<br />

<strong>Du</strong> musst es akzeptieren, das ist doch natürlich, musst dazu stehen. Dagegen<br />

wehren kannst du dich nicht. Trotzdem empfinde ich <strong>mein</strong>e Haare grässlich,<br />

lass es mir von niemandem verbieten. Ich habe nie besondern Wert auf <strong>mein</strong>e<br />

körperliche Erscheinungsform gelegt, das weißt du. Aber ich bitte dich, so ist<br />

es doch nicht mehr akzeptabel.“<br />

Rolf: „Der Blick ist das Entscheidende. Wer liebend deine Falten küsst, den<br />

werden sie nicht stören.“<br />

Juliane: „Aber das ist keine Frage der Sichtweise. Es ist doch einfach Fakt, ich<br />

seh' es doch selber.“<br />

Rolf: „Ja, mit deinen Augen und was sie damit machen, wie sie es interpretieren<br />

und deuten.“<br />

Juliane: „Tut mir leid, Rolf, aber ich werde mich nicht täglich schöner werdend<br />

empfinden können. Da kann ich noch so viel dran ruminterpretieren. Aber im<br />

Grunde sind das ja Lappalien. Was sind denn zehn Jahre, und was wird dann<br />

mit dir sein, mit fünfundsiebzig. Ja, wirst du dann auch noch den Mädels schöne<br />

Augen machen? Wollen wirst du es immer noch, aber du musst dich auch<br />

mit fünfundsiebzig noch schämen, weil man dich dafür auslachen würde, was<br />

du denkst und empfindest. Vielleicht könntest du es ja nach deinem Schlaganfall<br />

im Rollstuhl gar nicht mehr sagen. Welches Glück für dich. Und noch zehn<br />

Jahre später, wird es aller Voraussicht nach, keinen Rolf Hartmann mehr geben.<br />

Denkst du öfter daran?“<br />

Rolf: „Nein, nur ganz selten. Ich weiß, was auf mich zukommen kann und wird.<br />

Meinst du, mir macht das Freude. Aber mir den Tag heute auch schon verderben<br />

lassen? Dafür ist er mir noch zu schön und zu schade.“<br />

Juliane: „Aha, und was hast du so Schönes heute vor?“<br />

Rolf: „Das interessiert dich? Das willst du wirklich wissen?“<br />

Juliane: „Nein, nein, Quatsch. Nur so eine Floskel. Ich muss jetzt auch gehen.“<br />

Rolf: „Werden wir uns wiedertreffen, Juliane?“<br />

Juliane: „Wieso? Warum sollten wir das? Gibt es etwas zu besprechen?“<br />

<strong>Du</strong> <strong>bist</strong> <strong>frech</strong>, <strong>mein</strong> <strong>Junge</strong> – Seite 23 von 33

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