Ernst Thälmann - KPD/ML
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Dieser Wahlerfolg der Partei gewinnt seine ganz besondere Bedeutung durch die Tatsache,<br />
daß gerade in den entscheidenden Hochburgen der Industrie ein besonders glänzender<br />
Vormarsch des Kommunismus zu verzeichnen ist. In Berlin, als der Hauptstadt Deutschlands<br />
und dem Regierungszentrum der Bourgeoisie, in der schwerindustriellen Stadt Düsseldorf, in<br />
dem wichtigen Zentrum der Chemieindustrie, Halle-Merseburg, und in zahlreichen anderen<br />
Industriestädten schlug die Kommunistische Partei nicht nur die Sozialdemokratie, sondern<br />
auch die Faschisten und alle Bürgerlichen und wurde zur stärksten aller Parteien. Ganz<br />
besonders in Berlin, wo die Partei zum ersten Male die SPD überflügelte und in einer Reihe<br />
von Arbeiterbezirken, in denen noch bei der Kommunalwahl die SPD stärker war, jetzt<br />
ihrerseits die Mehrheit eroberte, ist der Erfolg der Partei auf Kosten des Reformismus ein<br />
durchschlagender.<br />
Selbstverständlich wird das Gewicht des Wahlsieges der <strong>KPD</strong> überhaupt durch die Tatsache<br />
entscheidend erhöht, daß dieser Vormarsch sich auf Kosten der Sozialdemokratie vollzog.<br />
Damit ist ein großer Wendepunkt, der Beginn eines historischen Umschwunges der<br />
Kräfteverhältnisse innerhalb der deutschen Arbeiterbewegung zugunsten der<br />
Kommunistischen Partei erreicht. Hierbei drückt sich der Verlust der SPD nicht etwa nur in<br />
ihrem absoluten Stimmenrückgang aus, sondern vor allem auch in ihrem relativen Verlust,<br />
gemessen an der allgemein stärkeren Wahlbeteiligung. Unter Mitberechnung dieses Faktors<br />
hat die SPD eigentlich nicht nur 13, sondern, entsprechend ihrer früheren anteilmäßigen<br />
Stärke, sogar 38 Mandate verloren. Früher machte die Sozialdemokratie 31 Prozent des<br />
Reichstages, fast ein Drittel aus, heute nur noch 25 Prozent, also ein Viertel. Die 600000<br />
Stimmen, die die SPD direkt verloren hat, wurden fast ausnahmslos von der<br />
Kommunistischen Partei gewonnen. Andrerseits ist es klar, daß über das Maß dieser 600000<br />
hinaus die <strong>KPD</strong> weitere Hunderttausende von sozialdemokratischen Betriebsarbeitern und<br />
Erwerbslosen gewonnen hat, für die die SPD aus kleinbürgerlichen Schichten, so aus dem<br />
Anhang der Demokratischen Partei usw., einen gewissen Ausgleich hatte. Naturgemäß<br />
veränderte sich damit aber zugleich die soziale Struktur der beiden Parteien: bei der <strong>KPD</strong> im<br />
Sinne einer Erweiterung ihrer proletarischen Verankerung, bei der SPD in der Linie einer<br />
fortgesetzt steigenden Verbürgerlichung.<br />
Die Versuche der SPD, ihre Wahlniederlage zu beschönigen, wie sie insbesondere das<br />
Zentralorgan, das Sprachrohr des sozialdemokratischen Parteivorstandes, der „Vorwärts,<br />
betrieb, scheiterten. Selbst die sozialdemokratische Breslauer „Volkswacht“ schrieb dazu:<br />
„In solcher Lage ist die in der ... Auslassung des ‚Vorwärts’ betriebene, völlig unbegründete<br />
Schönfärberei wahrlich ein starkes Stück. Wir sind, statt zu gewinnen, nicht unerheblich<br />
zurückgegangen und dazu in einer Lage, die dies Zurückgehen besonders schwer ins Gewicht fallen<br />
läßt.“<br />
Das führende Blatt der sogenannten „linken“ SPD, die „Leipziger Volkszeitung“, äußert sich<br />
ähnlich:<br />
„Die Sozialdemokratische Partei hat von dem Anwachsen der Wahlbeteiligung nichts profitiert. Sie hat<br />
rund 600000 Stimmen eingebüßt. Das ist ein Schlag, der für die Sozialdemokratische Partei eine<br />
beträchtliche Schlappe ist. Die Kommunisten haben 22 Mandate gewonnen. Sie gewannen ihre<br />
Mandate von der Sozialdemokratie. Aber sie stießen darüber hinaus in das Lager der Nichtwähler<br />
vor.“<br />
Es ist besonders aufschlußreich, daß diese Niederlage der SPD eintrat, obwohl die<br />
Sozialdemokratie schon seit einem halben Jahr durch den Fußtritt der Bourgeoisie aus den<br />
Regierungssesseln hinausgeworfen war und somit den Wahlkampf in der etwas günstigeren<br />
Position einer nicht unmittelbaren Belastung mit der Verantwortung für die Politik der<br />
Brüning-Regierung führen konnte. Auch die Scheinopposition der SPD konnte somit nicht<br />
den Einbruch der Kommunistischen Partei in die Reihen des Reformismus und die