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Manchmal fing ich ein bis drei Hasen, die es an besonderen Tagen zu essen gab.<br />
Außerdem gab es auf dem Grundstück noch Reste von Zucker, Mehl und<br />
Getreide. Daraus kochten wir hauptsächlich Grütze. Grütze war unser<br />
Hauptnahrungsmittel. Sehr oft pflückten wir Brennnessel, Melde oder<br />
sammelten Kartoffeln. Wenn die Russen das herum laufende Vieh schlachteten,<br />
ließen sie die Därme und Pansen liegen, welche wir uns nahmen. Im Winter<br />
fingen wir Eichelhäher mit Siebfallen. Diese Tiere waren eine besondere<br />
Spezialität. Heutzutage kann man sie mit einer kleinen Taube vergleichen, die<br />
man nur als Sonntagsessen bekommt. 1947/48 waren sehr schwere Jahre für<br />
meine Familie und mich, da es sehr wenig Nahrung gab.<br />
Was war Ihr Ankunftsort? Wie wurden Sie aufgenommen? Wurden Sie verachtet<br />
oder herzlich aufgenommen?<br />
Bevor ich erzähle, wo wir ankamen, finde ich es wichtig zu erzählen, wie wir<br />
den langen Weg zurücklegten. Im Mai 1947 sollten alle Ostpreußen die<br />
polnische Staatsbürgerschaft erhalten. Meine Familie unterschrieb diese<br />
Formulare nicht, also mussten wir Polen verlassen. Anfang Juni wurden wir mit<br />
einem Güterzug ausgesiedelt. Meine Mutter war schon vorbereitet. Sie hatte für<br />
jeden einen kleinen Rucksack aus Leinenhandtüchern genäht. Zuerst mussten<br />
wir zum Bahnhof von Rastenburg. Und unsere Endstation war Jütrichau in<br />
Sachsen-Anhalt. Von dort aus hatten wir einen Fußmarsch nach Wertlau ins<br />
Lager, in dem wir entlaust, unsere Kleider entkeimt und wir gewaschen wurden.<br />
Am 16./17. Juli kam ein Bauer aus Dobritz mit seinem Pferd zum Lager und<br />
holte uns ab. Wir mussten gezwungener Weise untergebracht werden. Bei dem<br />
Bauern bekamen wir ein Zimmer. Meine Mutter, meine 5 Geschwister und ich<br />
lebten dort für einige Zeit. Unser Zimmer war nach drei Tagen mit Wanzen<br />
befallen, was wir nicht von zu Hause kannten. Meine Mutter besorgte sich<br />
Schwefel um unsere Unterkunft auszuschwefeln. Wir mussten drei Tage in der<br />
Scheune übernachten. Meine Familie und ich waren unbeliebt, da wir fremd<br />
waren. In Dobritz gab es noch viele andere Flüchtlinge und so war es für mich<br />
nicht schwer neue Freundschaften zu schließen. Vor der Nachkriegszeit hatte<br />
Dobritz etwa 200 Einwohner, mit den Flüchtlingen gab es 600 Dobritzer.<br />
aufgezeichnet von Lydia Meerkatz, Klasse 10/4<br />
Meine Oma Walli Karge (geb. Röschke) wuchs mit vier weiteren Geschwistern<br />
in Östlich-Neufähr, einem Fischerdorf in der Nähe von Danzig, auf. Ihr Vater<br />
Erich Röschke ernährte die Familie, indem er sich durch Fischen in der Ostsee<br />
Geld verdiente. Als der Krieg begann, wurde ihr Vater einberufen, um in Polen<br />
zu kämpfen. Nach 12 Tagen wurde Erich Röschke aufgrund eines Kopfschusses<br />
ins Lazarett nach Königsberg geliefert, in dem er fünf Jahre blieb. Er wurde von