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Rang verraten, denn diese Arbeit war Strafarbeit. In diesen drei Monaten<br />

vegetierte ich mehr dahin, als dass ich lebte. Die Arbeit war sowohl physisch<br />

wie auch psychisch dazu geeignet, einen abzustumpfen und fertig zu machen.<br />

Doch dann wurde das Lager aufgelöst und ich kam wieder in ein anderes.<br />

Dort durfte ich wieder als Schmied arbeiten, und um mein Essen etwas<br />

aufzubessern, schmiedete ich im Austausch für Maiskolben Messer für Kinder.<br />

Im Winter saßen wir abends noch oft in unserer Baracke zusammen und<br />

erzählten einander von der Heimat und wir teilten alle die Hoffnung, dass es<br />

unseren Familien gut gehen möge und wir sie noch mal sehen könnten.<br />

Es war einer solcher Abende, als plötzlich ein paar von den älteren Männern<br />

anfingen „Stille Nacht, heilige Nacht“ zu singen. Da erst wurde mir bewusst,<br />

dass ich inzwischen 23 Jahre alt war und dies bereits mein viertes Jahr in<br />

Gefangenschaft war. Es sollte nicht mein letztes sein. Ich blieb in diesem<br />

Gefangenenlager bis zum Mai des Jahres 1949, wo ich nach 5-jähriger<br />

Kriegsgefangenschaft Russland endlich verlassen durfte!<br />

Ich traf mich in Berlin mit meinem Bruder, der bereits Anfang 1946 aus<br />

amerikanischer Gefangenschaft entlassen worden war und inzwischen Medizin<br />

studierte.<br />

Ich erinnere mich noch daran: als wir einmal abends ausgehen wollten, drehte<br />

ich mich dauernd um, damit ich sicher sein konnte, dass mich niemand<br />

verfolgte. Mein Bruder musste mich ständig beruhigen, denn ich hatte unter so<br />

vielen Menschen einfach nur Angst. Zu tief waren die Erinnerungen an fünf<br />

verlorene Jahre in mir eingebrannt.<br />

Hiermit möchte ich meine Geschichte beenden. Ich habe längst nicht alles<br />

erzählt, was ich erlebt habe, doch manches ist zu dunkel und zu tief verborgen,<br />

um es nach all den Jahren einfach wieder ans Licht zu bringen. Ich hoffe, Sie<br />

haben dafür Verständnis<br />

aufgezeichnet von Vivien Lock, Klasse 10/3<br />

Zeitzeugenbefragung zu Erlebnissen in der Kindheit im Nachkriegsberlin<br />

Nach dem Ende des 2. Weltkrieges mussten viele Kinder in den durch Alliierte<br />

und Deutsche zerstörten Städten aufwachsen. Ebenso mein Zeitzeuge, der aus<br />

persönlichen Gründen ungenannt bleiben möchte. Er wird nun von seiner<br />

Kindheit im Nachkriegsberlin berichten.<br />

Wie erlebten sie die ersten Monate, nachdem Sie und ihre Familie wieder nach<br />

Berlin zurückgekehrt waren?<br />

Meine Mutter war in der ersten Zeit, nachdem wir wieder nach Berlin

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