Feminismus und Glücksvorstellungen
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5. <strong>Feminismus</strong> <strong>und</strong> Glück<br />
Im vorliegenden Kapitel beschreibe ich zuerst, wie ab dem späten 18. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
das Glück für (bürgerliche) Frauen definiert wurde (5.1.), <strong>und</strong> weiters was von<br />
Feministinnen zu diesem Thema gesagt wurde (5.2.). In der Folge analysiere ich<br />
je einen Text von Cornelia Klinger <strong>und</strong> Christina Türmer-Rohr (5.3.), indem ich 2<br />
Fragen an die beiden Texte richte.<br />
5.1. Glück für Frauen des Bürgertums ab dem späten 18.<br />
Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
In Kapitel 3.1. habe ich bereits ausgeführt, wie sich zu Beginn der Moderne, also<br />
etwa ab der Französischen Revolution 1789, eine neue Vorstellung bzw. ein neuer<br />
Zugang zu Glück herausbildete. Allerdings sei hier angemerkt, dass diese<br />
Neudefinition vorwiegend für das Bürgertum galt, <strong>und</strong> nur in einem sehr viel<br />
geringeren Ausmaß für die ländliche Bevölkerung <strong>und</strong> für die Arbeiterschaft.<br />
Das Recht des Einzelnen auf ein „Streben nach Glück“ wurde jedenfalls in der<br />
amerikanischen Unabhängigkeitserklärung von 1776 festgeschrieben, <strong>und</strong> als<br />
wesentlicher Bereich des Glücks wurde das Privatleben bestimmt. Allerdings<br />
galten "naturgemäß" für Männer <strong>und</strong> Frauen sehr unterschiedliche Vorgaben: Das<br />
Credo „Jeder ist seines Glückes Schmied“ galt historisch nur für Männer, Frauen<br />
waren davon ausgeschlossen. (vgl. Thürmer-Rohr 1990 S.16)<br />
Auch die Bedeutung des bürgerlichen Heims war für Männer <strong>und</strong> Frauen völlig<br />
unterschiedlich: während das Zuhause für den Mann der Rückzugs- <strong>und</strong><br />
Erholungsbereich war, war es für die Frau der primäre Arbeitsplatz, der von einem<br />
spezifisch patriarchalen Ausbeutungs- <strong>und</strong> Herrschaftsverhältnis geprägt war (vgl.<br />
Klinger 1999 S.181/182): das bürgerliche Heim diente vorrangig den männlichen<br />
Interessen <strong>und</strong> Belangen. Gleichzeitig wurde dieses Privatleben idealisiert (vgl.<br />
ebd. S.183/184). „Der Mann hat in der Privatsphäre das Refugium seines Glücks –<br />
die Frau dagegen ist, d.h. verkörpert <strong>und</strong> erzeugt dieses Glück, ist seine<br />
Ressource.“ (ebd. S.183).<br />
Auch die nunmehr erwartete Glücks-Arbeit an sich selbst, die Vervollkommnung<br />
des Selbst, galt für beide Geschlechter nicht auf die gleiche Art <strong>und</strong> Weise: „Wer<br />
über das Glück der Geschlechter räsonierte, vermittelte, dass Männer durch ihr<br />
eigenes Handeln glücklich werden könnten, durch die Kombination der<br />
selbstgewählten <strong>und</strong> selbstgeformten Bereiche von Beruf <strong>und</strong> Familie, während<br />
Frauen in der <strong>und</strong> durch die Familienstruktur ihr Glück fänden.“ (Kessel 1999<br />
Elisabeth Moder, <strong>Feminismus</strong> <strong>und</strong> <strong>Glücksvorstellungen</strong>, FGS VI 26