Feminismus und Glücksvorstellungen
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Männer nicht gemacht zu haben. Zu eng sind rechtliche Regelungen mit Streit <strong>und</strong><br />
Konflikt assoziiert, als dass sie sich als Gr<strong>und</strong>lage positiver Entwürfe zur<br />
Gestaltung eines glücklichen Lebens eignen würden.“ (ebd.)<br />
„Sogar innerhalb der feministischen Diskussion werden inzwischen die positiven<br />
Qualitäten von Privatheit reflektiert.“ (ebd.) „Auch das steht unter dem Vorzeichen<br />
des Nachholens bzw. der Beseitigung von Defiziten: Frauen reklamieren, was<br />
Männer in ihrer Privatsphäre selbstverständlich zustand.“ (ebd. S.191) Es gehe<br />
also um eine völlig legitime „nachholende Modernisierung im Sinne von<br />
Individualisierung“, mittels der „Frauen nicht nur zu autonomen Subjekten ihres<br />
Privatinteresses, sonder darüber hinaus auch zu autonomen Subjekten ihres<br />
Privatlebens“ gemacht werden sollen. (…) Auf diese Weise werden die<br />
Bedingungen der Möglichkeit geschaffen, dass auch Frauen in ihrer Privatsphäre<br />
Glück suchen <strong>und</strong> finden können. Was dennoch ausgeblendet bleibt, ist das<br />
Thema ‚Glück„ selbst.“ (ebd.)<br />
Denn es sei eben so, „dass die intime Privatsphäre nach wie vor als der einzige<br />
gesellschaftliche Ort gilt, an dem es in der Moderne möglich ist, Sinn- <strong>und</strong><br />
Zielfragen (…) zu stellen.“ (ebd.) Das stelle gerade für Frauen ein besonderes<br />
Dilemma dar. „<strong>Feminismus</strong> <strong>und</strong> Frauenbewegung haben jedenfalls keinen<br />
alternativen, keinen ganz anderen Ort des Glücks schaffen können.“ (ebd. S.192)<br />
Daraus zieht Klinger eine bestechende Schlussfolgerung: „Ich halte die Vermutung<br />
für begründet, dass in der ungelöst gebliebenen Frage des Glücks die Ursache für<br />
die relative Glücklosigkeit, für den so seltsam begrenzt bleibenden Erfolg, die bei<br />
Männern <strong>und</strong> Frauen so geringe Popularität <strong>und</strong> den so hohen<br />
Abschreckungsgrad von Frauenbewegung <strong>und</strong> <strong>Feminismus</strong> zu suchen sind. Ohne<br />
eine eigene <strong>und</strong> tragfähige promesse de bonheur erscheinen <strong>Feminismus</strong> <strong>und</strong><br />
Frauenbewegung lediglich als Angriff auf das bisschen Sinn <strong>und</strong> Glück, das die<br />
moderne Gesellschaft ‚im Winkel„ zulässt.“ (ebd.)<br />
Klinger fährt weiter fort: „Kaum eine andere politische <strong>und</strong> soziale Bewegung hätte<br />
große utopische Perspektiven nötiger gehabt <strong>und</strong> keine hat weniger davon<br />
entwickelt als die Frauenbewegung.“ (ebd.) Dabei geht es ihr nicht um eine<br />
Schuldzuweisung oder eine Forderung: „Genauso wenig wie um eine<br />
Schuldzuweisung handelt es sich um einen Appell, das Versäumte nachzuholen.“<br />
(ebd.) Denn paradoxerweise konnte das Notwendige nicht geschehen: „Zu dem<br />
Zeitpunkt in der Geschichte der Frauenbewegung, an dem notwendig gewesen<br />
wäre, die ‚Glücksfrage„ zu stellen, war es nicht möglich, weil der Aspekt der<br />
Herrschaftsförmigkeit des Geschlechterverhältnisses zu sehr im Mittelpunkt stand.<br />
Und in der Gegenwart, wo es vielleicht möglich geworden ist, diese Frage zu<br />
stellen, eben weil der Aspekt der Unterdrückung in den Hintergr<strong>und</strong> gerückt ist, ist<br />
der richtige, der notwendige Zeitpunkt vorüber.“ (ebd.) Damit endet der Artikel.<br />
Elisabeth Moder, <strong>Feminismus</strong> <strong>und</strong> <strong>Glücksvorstellungen</strong>, FGS VI 37