kompendium für private ermittler in europa - Der Detektiv

Interview mit dem aufdecker
Ein Gespräch mit dem Enthüllungsjournalisten
Günter Wallraff führte Bernhard Maier
„der detektiv“: welche erfahrungen
haben Sie mit Detektiven
gemacht?
Ich hatte einen Freund, einen
Berufsdetektiv. Der war mir vom
Springer-Konzern als Spitzel in
meine Nähe geschickt worden und
hat mich eine Zeit lang begleitet, um
mich auszuforschen. Er hat tatsächlich
mein Vertrauen erworben, aber
er hat sich im entscheidenden Moment
mir anvertraut. Er hat gesagt,
das kann er nicht mit seinem Gewissen
vereinbaren, weil ich nichts
Unrechtes tue. Das hat mir letztlich
sehr geholfen und war eine positive
Erfahrung. Der Mann war seinem
Gewissen verantwortlich, obwohl
er dadurch viel Geld verloren hat.
„der detektiv“: können Sie der
Branche überhaupt etwas gutes
abgewinnen?
Das Problem besteht darin, wer beauftragt
wen und in wessen Dienste
steht jemand. Da sehe ich den
Knackpunkt. Es gibt Anwälte, die
sich Detektivbüros bemächtigen,
um Menschen Fallen zu stellen und
in Verlegenheit zu bringen. Das ist
etwas Schändliches. Wenn aber
Kriminalität aufgedeckt wird, dann
ist das etwas Positives. Es kommt
immer auf eine Rechtsgüterabwägung
an und auch auf Kräfteverhältnisse.
Wenn ein absolut Mächtiger
mit allen Mitteln und Methoden – oft
an der Rechtstaatlichkeit vorbei –
jemanden zur Strecke bringen will,
dann ist das absolut verwerflich.
Wenn aber kriminelle Strukturen
in Betrieben aufgedeckt werden
sollen, dann kann auch der Einsatz
von Detektiven erforderlich sein. Da
muss man den Einzelfall beurteilen.
In einer Gesellschaft, wo das große
Geld regiert und wo Menschen die
Macht haben, ihre Interessen mit
allen Mitteln durchzusetzen, da ist
immer dem Missbrauch Tür und Tor
geöffnet. Ich kenne aber anderer-
seits in Köln den Leiter eines Detektivbüros,
dem der Ruf vorauseilt,
nur korrekte Sachen zu machen.
„der detektiv“: würden Sie einen
Detektiv engagieren, um einem
unehrlichen Mitarbeiter das
handwerk zu legen?
Unter der Berücksichtigung bestehender
Gesetze und Rechtstaatlichkeit,
warum nicht? Aber nachher
– und das ist wichtig – muss offen
gelegt werden, mit welchen Methoden
etwas aufgedeckt wurde.
„der detektiv“: apropos Methode:
Sie werden ja auch wegen
Ihrer Methoden kritisiert. gibt es
da eine parallele zwischen Ihnen
und Detektiven?
Das gibt’s einen Unterschied. Ich
habe immer sehr mächtige Gegner,
die auch alle Möglichkeiten
haben, Dinge gerichtlich klären zu
lassen. Meine Arbeit war ja immer
auf dem Prüfstand vor Gericht. Ich
habe die Verfahren gewonnen.
Foto: Bernhard Maier
Sogar der Bundesgerichtshof, der
eine Rechtsgüterabwägung vorgenommen
hat, hat gesagt, wenn es
um gravierende Missstände geht,
hat die Öffentlichkeit ein Recht
darüber informiert zu werden. Das
wirtschaftliche Interesse hat zurückzustehen.
Und ich lege meine Methoden
nachher offen. Das ist ja oft
anders bei verdeckten Ermittlern.
Die werden manchmal sogar als
Provokateure eingesetzt und bleiben
nachher im Dunkeln. Da sehe
ich das Problem.
„der detektiv“: tipps für erfolgreiche
undercover-recherche?
Man braucht Zeit und Ausdauer.
Man muss auch damit rechnen,
etwas nicht zu schaffen, und dann
aufgeben können. Man darf’s nicht
auf Teufel komm’ raus machen und
nicht der Sensation wegen. Man
muss auch davon ausgehen, dass
vorhandenes Vorwissen oder eine
Spur doch ganz anders in der Realität
aussieht.
„der detektiv“ März 2010 19