kompendium für private ermittler in europa - Der Detektiv
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Taktik beschrieben, die man sich<br />
offenbar bei der CIA abgeguckt hat<br />
und den Kunden angeboten wird:<br />
das sogenannte Tactical Behavior<br />
Assessment (TBA). Es handelt sich<br />
um e<strong>in</strong>e Methode der „verbalen und<br />
nichtverbalen“ Verhaltensanalyse,<br />
sprich: Gesprächspartner werden<br />
überprüft. Und zwar mit dem Ziel,<br />
sich „gegen Verzerrungen zu schützen,<br />
versteckte Risiken zu identifizieren,<br />
Zuversicht zu bilden und<br />
Investmente<strong>in</strong>blicke zu gew<strong>in</strong>nen“,<br />
teilt BIA mit. Solche „narrensichere<br />
Techniken“ aus dem CIA-Arsenal<br />
habe BIA schon 2006 bei e<strong>in</strong>er Präsentation<br />
<strong>für</strong> se<strong>in</strong>en Klienten SAC<br />
Capital detailliert erklärt, schreibt<br />
Javers. Zwei BIA-Vertreter seien<br />
„Frauen mit Geheimdiensterfahrung“<br />
gewesen. E<strong>in</strong>e habe 20 Jahre<br />
bei der CIA gearbeitet, wo sie sich<br />
auf Verhöre und Lügendetektoren<br />
spezialisiert habe.<br />
E<strong>in</strong> Beispiel, wie die Analysen ablaufen<br />
können, beschreibt Javers<br />
anhand des Internet- und Telekommunikationskonzerns<br />
UTStarcom.<br />
Als dieser <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Konferenzschaltung<br />
mit Wall-Street-Bankern die<br />
Quartalszahlen bekanntgegeben<br />
habe, hätten BIA-Experten mitgehört,<br />
schreibt er. Sie hätten<br />
„jeden Tonfall analysiert“, quasi als<br />
„menschliche Lügendetektoren“,<br />
um „die volle Wahrheit über UTStarcoms<br />
F<strong>in</strong>anzen herauszuf<strong>in</strong>den“<br />
und das an e<strong>in</strong>en „riesigen Hedgefonds<br />
weiterzugeben“. In e<strong>in</strong>em<br />
vertraulichen Bericht habe BIA anschließend<br />
vor „Problemen bei der<br />
Umsatzerkennung“ gewarnt - das<br />
habe man aus Stimmlage und dem<br />
Verhalten der Gesprächsteilnehmer<br />
herausgelesen. Die Warnung habe<br />
sich dann <strong>in</strong> der nächsten Quartalsbilanz<br />
bewahrheitet. E<strong>in</strong> Fonds,<br />
der das vorab geahnt hätte, hätte<br />
mit dem Wissen „substantielle Gew<strong>in</strong>ne“<br />
scheffeln können, schreibt<br />
Javers.<br />
Die „New York Times“ spottete<br />
angesichts solcher Enthüllungen:<br />
„Konzernmanager sollten es sich<br />
zweimal überlegen, bevor sie bei<br />
der nächsten Konferenzschaltung<br />
mit Analysten etwas sagen.“<br />
Fest steht, dass es auch Mitarbeitern<br />
anderer US-Geheimdienste<br />
nicht untersagt ist, sich parallel <strong>in</strong><br />
der Privatwirtschaft zu engagieren.<br />
Die NSA und die DIA, die zwei<br />
Spionageämter des Verteidigungsm<strong>in</strong>isteriums,<br />
erlauben Nebentätigkeiten<br />
ebenso wie die Behörde des<br />
obersten US-Geheimdienstchefs<br />
Dennis Blair - solange es weder „sicherheitsrelevante<br />
oder juristische<br />
Probleme“ noch Interessenkonflikte<br />
gibt. (Spiegel)<br />
freispruch im<br />
kasachischen „Spionage“prozess<br />
Nach mehr als e<strong>in</strong>em Jahr Untersuchungshaft<br />
werden die Handschellen<br />
wieder abgenommen: Die<br />
Geschworenen sahen <strong>in</strong> Ildar A.<br />
ke<strong>in</strong>en kasachischen Spion.<br />
Geschäftsmann Ildar A. soll e<strong>in</strong>e<br />
Entführung geplant haben.<br />
„Ich vertraue dem Gericht. Ich vertraue<br />
den Geschworenen“, lautet<br />
das „letzte Wort“ des Angeklagten.<br />
Dann müssen die Geschworenen<br />
urteilen, ob der kasachische Geschäftsmann<br />
Ildar A. im Sommer<br />
2008 als kasachischer „Spion“<br />
e<strong>in</strong>e gescheiterte Entführung des<br />
ehemaligen kasachischen Geheimdienstchefs<br />
Alnur Mussajew geplant<br />
und organisiert hat.<br />
Das Vertrauen wird aus der Sicht<br />
des Angeklagten belohnt: Die Geschworenen<br />
sprechen ihn von allen<br />
Anklagepunkten frei. Staatsanwalt<br />
Hans-Peter Kronawetter gibt ke<strong>in</strong>e<br />
Erklärung ab - das Urteil ist somit<br />
nicht rechtskräftig. Ildar A. sagt zum<br />
Urteil h<strong>in</strong>gegen e<strong>in</strong> kurzes „Danke“.<br />
Zuvor hatte Kronawetter <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em<br />
Schlussvortrag dem Gericht noch<br />
e<strong>in</strong>mal die umfassenden Ermittlungsergebnisse<br />
und Anklagepunkte<br />
mithilfe von Projektionen und<br />
Schautafeln vorgebracht - jenes<br />
Netzwerk und die Verwicklungen<br />
rund um den früheren kasachischen<br />
Botschafter <strong>in</strong> Wien, Rakhat Alijew.<br />
Insgesamt fünf Vorfälle habe es<br />
gegeben, bei denen der beim kasachischen<br />
Präsidenten <strong>in</strong> Ungnade<br />
gefallene Alijew und se<strong>in</strong>e Vertrauten<br />
„überredet“ werden sollten,<br />
<strong>in</strong> ihre Heimat zurückzukehren. Im<br />
Zentrum dieses Prozesses: e<strong>in</strong> Vorfall<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Gasse gegenüber dem<br />
Straflandesgericht - bei dem drei<br />
Männer den Ex-Geheimdienstchef<br />
Mussajew bedrängt haben sollen,<br />
<strong>in</strong> ihr Auto e<strong>in</strong>zusteigen.<br />
Laut Anklage hatte Ildar A. im Vorfeld<br />
e<strong>in</strong> Wertkartenhandy mit e<strong>in</strong>er<br />
Kundenkarte se<strong>in</strong>er Frau gekauft.<br />
Dieses Handy war vor dem Vorfall<br />
beim Landesgericht tagelang bei<br />
e<strong>in</strong>em unbewohnten Haus Ildar<br />
A.s e<strong>in</strong>geloggt - und der Angeklagte<br />
hatte mehr als 500-mal mit<br />
diesem Handy der „Tätergruppe“<br />
telefoniert. Auch zum Zeitpunkt<br />
des Zwischenfalls.<br />
Außerdem hatte sich Ildar A.<br />
bei e<strong>in</strong>em Polizeibeamten nach<br />
Adressen unter anderem von<br />
Mussajew erkundigt - jener wurde<br />
auch wegen illegaler Abfragen<br />
im Polizeicomputer rechtskräftig<br />
verurteilt.<br />
Und er hatte um € 4.000,- e<strong>in</strong>en<br />
Privatdetektiv engagiert, der die<br />
Adresse Mussajews ausf<strong>in</strong>dig machen<br />
sollte. „Das alles machen Sie<br />
e<strong>in</strong>fach so, als Samariter?“, fragte<br />
der Staatsanwalt.<br />
Die Geschworenen folgten trotzdem<br />
der Argumentation von Verteidiger<br />
Anton Draskovits. Die<br />
Darstellung der angeblichen Entführung<br />
sei „nicht schlüssig nachvollziehbar“<br />
- so habe etwa das<br />
„Opfer“ nach dem Zwischenfall<br />
noch zweimal mit den „Tätern“<br />
telefoniert. Alle<strong>in</strong> bei e<strong>in</strong>em Entführungsversuch<br />
die Handy-Nummer<br />
weiterzugeben wäre aus Sicht<br />
der Täter „absolut wahns<strong>in</strong>nig“.<br />
Die Geschworenen sprachen Ildar<br />
A. von allen Anklagepunkten frei:<br />
• geheime nachrichtendienstliche<br />
Tätigkeit zum Nachteil der Republik<br />
Österreich,<br />
• versuchte Überstellung an e<strong>in</strong>e<br />
ausländische Macht und<br />
• Bestimmung zum Amtsmissbrauch.<br />
Jetzt will Draskovits e<strong>in</strong>e Haftentschädigung<br />
e<strong>in</strong>klagen: „Fakt ist,<br />
dass me<strong>in</strong> Mandant auf Basis bloßer<br />
Spekulationen über e<strong>in</strong> Jahr<br />
zu Unrecht <strong>in</strong> U-Haft verbr<strong>in</strong>gen<br />
musste“.<br />
<strong>Der</strong> nicht rechtskräftige Freispruch<br />
selbst überrasche ihn nicht: „So<br />
wie der parlamentarische U-Ausschuss<br />
zu der angeblichen Spionage-Affäre<br />
e<strong>in</strong>e re<strong>in</strong>e Polit-Show<br />
gewesen ist, war der Prozess e<strong>in</strong>e<br />
Anklage-Show ohne Substrat“,<br />
sagt Draskovits. Die ausgeklügelte<br />
multimediale Präsentation<br />
des Staatsanwalts „konnte über<br />
die fehlenden Beweise <strong>für</strong> die angebliche<br />
Entführung nicht h<strong>in</strong>wegtäuschen“.<br />
(Standard)<br />
„der detektiv“ März 2010 25