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leider keine geeigneten Biotope mehr<br />
gibt.<br />
4) Bei einigen Tierarten, bei denen eine<br />
ständige Nachzucht zum Funktionieren<br />
eines normalen Verhaltens nicht<br />
dringend erforderlich ist, kann die<br />
Nachzucht eingeschränkt wer-den,<br />
indem etwa Tiere kastriert, hormonelle<br />
Empfängnisverhüungsmethoden<br />
eingesetzt oder die Geschlechtspartner<br />
getrennt werden. Diese Verfahrensweisen<br />
sind aber nur eingeschränkt<br />
möglich, da es bei der<br />
Kastration zu einer Verweiblichung von<br />
Tieren kommen kann, die dann in der<br />
Gruppe nicht mehr akzeptiert werden.<br />
Durch den Einsatz von Hormonpräparaten<br />
können Unfruchtbarkeit,<br />
Tumore oder eitrige Gebärmutterkrankheiten<br />
entstehen, so dass ein<br />
Einsatz solcher Mittel bei vielen<br />
Tierarten aus der Sicht des Tierschutzes<br />
nicht zu vertreten ist. Die<br />
dauerhafte Trennung von Geschlechtspartnern<br />
kann schließlich dazu führen,<br />
dass ein artgemäßes Sozialverhalten<br />
nicht mehr möglich ist.<br />
5) Die „ultima ratio“ beim Umgang mit<br />
überzähligen Jungtieren stellt die<br />
Tötung dar. Sie kann zum einen<br />
erforderlich sein, da manche Tiere nur<br />
bestimmte Futtertiere akzeptieren. Hier<br />
liegt folglich ein vernünftiger Grund vor,<br />
weil das getöete Tier zur Verfütterung<br />
an Fleischfresser Ver-wendung findet.<br />
Fleischfressern wird auf diesem Weg<br />
eine artgerechte Ernährungsmöglichkeit<br />
geboten und es wird vermieden, die<br />
Tiere ausschließlich mit geschlachteten<br />
Tieren aus Massentierhaltungen<br />
zu versorgen. Schließlich kann eine<br />
Tötung aus tiermedizinischen Gründen<br />
erforderlich werden, z.B. bei lebensschwachen<br />
Neugeborenen, bei alten<br />
Tieren, die in der Gruppe nicht mehr<br />
akzeptiert werden oder bei unheilbar<br />
kranken Tieren.<br />
4.Verantwortung für überzählige<br />
Jungtiere<br />
Nach dem Tierschutzgesetz ist es verboten,<br />
ein Wirbeltier ohne vernünftigen<br />
Grund zu töten. Dabei sind an den vernünftigen<br />
Grund hohe Anforderungen zu<br />
stellen. Im Lichte dieses ethischen Postulats<br />
beabsichtigen die bayerischen <strong>Zoo</strong>s<br />
wie folgt zu verfahren, wenn überzählige<br />
Jungtiere vorhanden sind:<br />
In jedem <strong>Zoo</strong> wird eine Ethikkommission<br />
gebildet, die sich aus dem <strong>Zoo</strong>direktor,<br />
dem <strong>Zoo</strong>tierarzt, einem wissenschaftlichen<br />
Mitarbeiter und einem Tierpfleger des <strong>Zoo</strong>s<br />
sowie einem Amtstierarzt der zuständigen<br />
Veterinärbehörde zusammensetzt.<br />
Diese Kommission trifft im Rahmen einer<br />
Güterabwägung die Entscheidung, ob im<br />
Einzelfall die Tötung von Jungtieren im<br />
Sinne des Tierschutzgesetzes gerechtfertigt<br />
ist. Dies kann nur der Fall sein, wenn<br />
nach der Ausschöpfung aller sonstigen<br />
Möglichkeiten ein Weiterleben der Tiere<br />
unter tierschutzkonformen Bedingungen<br />
nicht realisierbar ist. Sofern eine Tötung<br />
von Tieren in Betracht kommt, muss sie<br />
selbstverständlich schmerzlos und angstfrei<br />
(z.B. Einschläfern in Narkose) vorgenommen<br />
werden. Die Entscheidung der<br />
Kommission wird unter Darlegung der<br />
jeweiligen Gründe schriftlich dokumentiert.<br />
Mit diesen Leitlinien wollen die wissenschaftlich<br />
geleiteten <strong>Zoo</strong>s in Bayern den<br />
Tierschutz in allen Bereichen von der<br />
Unterbringung, Haltung, Pflege, Ernährung<br />
und dem Verhalten der Tiere bis hin<br />
zu ihrem Tod gewährleisten.<br />
München, 5. November 1998<br />
Prof. Dr. Henning Wiesner, Tierpark Hellabrunn<br />
München<br />
Dr. Peter Mühling, Tiergarten Nürnberg<br />
Dr. Michael Gorgas, <strong>Zoo</strong>logischer Garten<br />
Augsburg<br />
Dipl. Biol. Wolfgang Peter, Tiergarten Straubing<br />
12<br />
<strong>Begegnung</strong> <strong>Zoo</strong> Nr. 15