31.10.2013 Aufrufe

„Figuren, Stelen, Blicke“ zu drei Installationen von Christine Düwel

„Figuren, Stelen, Blicke“ zu drei Installationen von Christine Düwel

„Figuren, Stelen, Blicke“ zu drei Installationen von Christine Düwel

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>von</strong> Immobilität oder Standfestigkeit zerschlägt. Wenn nun<br />

FALL-WEISE-EIN-SICHT dieses Tableau wiederaufnimmt, so<br />

nicht, um eine verlorene Standfestigkeit <strong>zu</strong> restaurieren, – ein<br />

Eindruck, der durch die Verwendung <strong>von</strong> Bronze, diesem Inbegriff<br />

eines dauerhaften Materials, nahegelegt wird und den ganzen<br />

Kontext des Denkmals heraufbeschwört. Vielmehr können<br />

wir hier eine Dramatisierung der Destabilisierung beobachten,<br />

insofern die Bronzefiguren eine Gruppe <strong>von</strong> Pfeilern bevölkern,<br />

die allein schon wegen ihres Materials, dem weichen Wachs,<br />

nicht mehr als Sockel taugen. Eine solche Instabilität durchkreuzt<br />

dabei aber nicht allein den allgemeinen Einsatz des traditionellen<br />

Denkmals, sondern auch den der „archaischen” <strong>Stelen</strong>form.<br />

Beide konstituieren sich über einer konservativen<br />

Funktion: sie monumentalisieren eine Erinnerung, indem sie<br />

diese aus dem Fluss der Zeit, der Veränderung und dem Vergessen<br />

herausheben und sie in einer dauerhaften Form materialisieren.<br />

Dagegen gibt es in FALL-WEISE-EIN-SICHT eine<br />

wahre Umarbeitung der Stele, ihres Materials, ihrer Form und<br />

ihrer Zeitlichkeit <strong>zu</strong> beobachten, und diese Umarbeitung verändert<br />

die Weise, in der hier Gedächtnis inszeniert wird. Versuchen<br />

wir, die Spuren dieser Umdeutung auf<strong>zu</strong>lesen.<br />

3. Abfallmonumente<br />

Die Szene <strong>von</strong> FALL-WEISE-EIN-SICHT stellt sich uns nicht<br />

bloß als die symmetrische Gliederung <strong>von</strong> Wachspfeilern und<br />

Bronzefiguren dar, sondern als ein Arrangement <strong>von</strong> <strong>Stelen</strong>, an<br />

denen die Bronzefiguren wie eine Inschrift oder ein Relief montiert<br />

sind. Als würden sie ein Grabmonument beschriften, fungieren<br />

sie als Dubletten derjenigen Figuren, die notwendig zerstört<br />

werden mussten, damit sie erscheinen konnten. Damit<br />

wird die Funktion der Bronzefiguren umgewendet: nicht sie sind<br />

es, die im Zentrum der Installation, auf der erhöhten Plattform<br />

<strong>von</strong> Sockeln, <strong>zu</strong>r Erscheinung gebracht werden sollen; sondern<br />

sie erscheinen nur, insofern sie <strong>zu</strong>gleich an das erinnern, was<br />

vor ihrem Erscheinen verschwinden musste. Im Zentrum <strong>von</strong><br />

FALL-WEISE-EIN-SICHT stehen somit Abwesenheiten: die<br />

Vergangenheit der Wachsfiguren, die wir hier als „Tod” deuten<br />

möchten, schließlich handelt sich um Anthropomorphismen, um<br />

„quasi-menschliche” Formen, die (<strong>zu</strong>gunsten anderer quasimenschlicher<br />

Formen) verschwunden sind; mit „Tod” meinen<br />

wir hier demnach eine irreversible, vergangene Auslöschung,<br />

die das Schicksal der Wachsfiguren in der Genese <strong>von</strong> Bronzefiguren<br />

bestimmt. Der amorphe Rest an Wachs, das Überbleibsel<br />

einer Zerstörung innerhalb dieses Herstellungsprozesses,<br />

könnte folglich als Zeugnis eines Todes, als Spur des endgültigen<br />

Verschwindens anthropomorpher Wachsfiguren interpre-<br />

12

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!