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„Figuren, Stelen, Blicke“ zu drei Installationen von Christine Düwel

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aber auch heißt, dass sich diese Trauer der Trauer dereinst<br />

ebenso vergessen haben wird ...<br />

(c) Die Bronzefiguren: In welchem Verhältnis befinden sich die<br />

Bronzefiguren <strong>zu</strong> diesem endlosen Sog einer selbstreflexiven<br />

Trauerarbeit? Erweisen sich diese Figuren als immun gegen die<br />

Zeitlichkeit der <strong>Stelen</strong>? – Die Bronzen, Inbegriff einer in Stabilität<br />

und Dauerhaftigkeit gegossenen Form und somit der Zeit<br />

gegenüber materiell resistent, scheinen hier innerhalb einer<br />

Spannung situiert <strong>zu</strong> sein. Einerseits gerieren sie sich in materieller<br />

Hinsicht als dauerhafte Formen, so dass sie damit die<br />

Zeitlichkeit der Trauer durchkreuzen und tatsächlich einen<br />

Kontrapunkt in FALL-WEISE-EIN-SICHT bilden. Ihre Zeitlichkeit<br />

eröffnet nicht die Perspektive eines Verschwindens, sondern ist<br />

auf Dauer und Beständigkeit eingestellt. Damit können wir in<br />

dieser Installation eine Art zeitlichen Widerstreit erkennen, der<br />

sich zwischen den Bronzen und den Wachsstelen konstituiert.<br />

Andererseits aber finden sind die Figuren in eine Abhängigkeit<br />

<strong>von</strong> den <strong>Stelen</strong> gesetzt (wodurch der zeitliche Widerstreit ein<br />

Ungleichgewicht bildet): ihnen fehlt die Standfestigkeit auf einem<br />

Sockel, die ihre zeitlichen Disposition unterstützen würde.<br />

Buchstäblich hängen sie am weichen Wachs der <strong>Stelen</strong> oder<br />

werden <strong>von</strong> diesem eingehüllt, so dass die Stabilität ihrer Stellung<br />

nunmehr <strong>von</strong> der Stabilität der <strong>Stelen</strong> abhängt. In dem<br />

Maße, in dem sich die <strong>Stelen</strong> verbrennen, werden sie den<br />

Bronzefiguren den Halt entziehen, den sie ihnen noch gewähren.<br />

Allein diese Tatsache markiert bereits den Funktionswechsel,<br />

der die Figuren vom Zentrum der Ausstellung „vertreibt”: sie<br />

haften buchstäblich an den <strong>Stelen</strong>, d.h. sie fungieren wie eine<br />

Inskription, die die Monumente beschriftet. Mit dieser Einschreibung<br />

in das Wachs der <strong>Stelen</strong> werden sie <strong>zu</strong>gleich <strong>zu</strong><br />

Gedächtniszeichen: sie erinnern an die Abwesenheit der<br />

Wachsfiguren, denen sie in formaler Hinsicht ähneln. In diesem<br />

Sinne können wir sie als Quasi-Schrift<strong>zu</strong>g deuten, der einem<br />

Grabmonument eingeschrieben ist. In Hinblick auf ihren Sinn,<br />

ihre Funktion und Bedeutung, sind diese materiell beständigen<br />

Figuren somit keinesfalls als stabil <strong>zu</strong> bezeichnen. Als Quasi-<br />

Inschrift eines Monuments teilen die das Ephemere und Vergängliche<br />

mit den <strong>Stelen</strong>, an denen sie angebracht sind.<br />

Einen solche zeitliche Instabilisierung, die den Bronzen einen<br />

„innerlichen” Riss <strong>zu</strong>fügt, sie gleichsam zwischen ihrem materiellen<br />

Dasein und ihrer sinnhaften Funktion spaltet, wird auch<br />

durch den Eindruck unterstrichen, den sie, eingebettet in das<br />

gesamte <strong>Stelen</strong>arrangement, hinterlassen: sie erinnern an trauernde<br />

Figuren, sofern die Art, in der sie an den <strong>Stelen</strong> angebracht<br />

sind, der Situation <strong>von</strong> Trauernden entspricht, die an den<br />

monumentalisierten Resten des Verlorenen hängen. Zuletzt<br />

impliziert die temporal begrenzte Bindung der Figuren an den<br />

Wachsstelen noch einen Rückverweis auf jene Szene, in der<br />

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