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„Figuren, Stelen, Blicke“ zu drei Installationen von Christine Düwel

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sches) Kapital <strong>zu</strong> schlagen. Was in beiden Fällen allerdings<br />

vorausgesetzt wird, was beide sowohl erst möglich und damit<br />

letztlich unmöglich macht, ist eine vorgängige Ergriffenheit<br />

durch den Tod, die nicht <strong>zu</strong> entsorgen ist. Weder die versichernde<br />

Vorsorge, noch die existenzielle Selbstsorge vermögen<br />

sich das <strong>zu</strong> entschärfen, was sie erst auf den Plan ruft: der<br />

„Betroffenheit” durch einen Tod, der sich stets un<strong>zu</strong>gänglich<br />

und unkalkulierbar hält, so dass die Kalküle auf Eigentlichkeit<br />

und Versicherung letztlich auf einer Unberechenbarkeit fundiert<br />

sind. „Zugänglich” wird der Tod nur, indem er kommt und seine<br />

»Wirkung […] auf das Lebendige ausübt«.<br />

5. Zur Rekapitulation: Differenzschemata<br />

In der Differenz Transparenz/Intransparenz, die uns den Leitgesichtspunkt<br />

gibt, markiert sich der entscheidende Übergang,<br />

der <strong>von</strong> FALL-WEISE-EIN-SICHT <strong>zu</strong>r Transparenz der Lebenssicherung<br />

führt: dort hatte die materielle Differenz<br />

Wachs/Bronze, durch welche die Relation Figur–Grundlage<br />

umgearbeitet wurde, die Tür <strong>zu</strong>m virtuellen Raum eines trauernden<br />

Gedächtnisses aufgestoßen, während hier die Differenz<br />

Durchsichtigkeit/Undurchsichtigkeit die Relation Figur–<br />

Betrachter als Relation Schrift/Bild–Betrachter bearbeitet und<br />

das Register des Blicks wiedereinführt, den wir bereits in Be<strong>zu</strong>g<br />

auf die früheren Arbeiten thematisierten. Die Relation Figur–<br />

Betrachter wird damit unter dem Gesichtspunkt Transparenz/Intransparenz<br />

<strong>zu</strong>r Relation Schrift/Bild–Betrachter umgearbeitet,<br />

insofern die Stelle der Figur durch eine andere Differenz<br />

besetzt wird. Streng genommen müssten wir aber <strong>von</strong><br />

einer noch komplexeren Differenz-Konstellation ausgehen:<br />

Denn, wie wir bereits betont hatten, wird die Stelle der Figur<br />

eigentlich durch die Relation Aufschrift–Betrachter modifiziert<br />

und verschoben (denn die Betrachterposition wird in den <strong>Stelen</strong>zwischenraum<br />

und mithin an die Position der Bronzen faktisch<br />

integriert), so dass das Verhältnis Schrift/Bild in ein Verhältnis<br />

<strong>zu</strong>m Blick (des Betrachters) gesetzt wird. Wer an differentiellen<br />

Schematisierungen Spaß hat, könnte sich demnach<br />

an der Konstellation „((Stele–Schrift/Bild)–Blick)–<br />

Betrachterauge” orientieren. Der so markierte Blick unterscheidet<br />

sich demnach vom Auge des Betrachters, insofern jener in<br />

das Differenzgeflecht Stele/ Schrift/ Bild/ Blick eingearbeitet ist<br />

und wir selbst als Betrachtende einen bearbeiteten Blick in der<br />

Installation vorfinden: eine spezifische Blickweise, eine spezifische<br />

Sehsituation, <strong>zu</strong> der sich unser Auge ins Verhältnis setzen<br />

muß. Von Seiten des Sichtbaren gibt es so eine vorgängige<br />

Integration des Blicks, dem sich das Auge des betrachtenden<br />

Subjekts überlässt. Ohne also <strong>von</strong> einer starren Gegenüberstellung<br />

<strong>von</strong> konstituiertem Subjekt und konstituiertem Objekt aus<strong>zu</strong>gehen,<br />

verlagert sich unsere Aufmerksamkeit auf die visuelle<br />

Szene selbst, der die Elemente, die wir eben in dem Differenzschema<br />

aufriefen, implizit sind. Daher geht es primär um die<br />

Modalität dieser Szene, um das Wie, die Art und Weise, in der<br />

hier ein Sichtbares gesehen oder <strong>zu</strong> sehen gegeben wird.<br />

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