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„Figuren, Stelen, Blicke“ zu drei Installationen von Christine Düwel

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überlagert ein Gedächtnis (an die konstitutive Auflösung) und<br />

einen Voll<strong>zu</strong>g (der Auflösung), aber so, dass der Voll<strong>zu</strong>g<br />

<strong>zu</strong>gleich Gedächtnis und das Gedächtnis <strong>zu</strong>gleich Voll<strong>zu</strong>g ist.<br />

Denn in dem Moment, in dem die <strong>Stelen</strong> die Genese der Bronzefigur<br />

erinnern, erinnern sie <strong>zu</strong>gleich ihre eigene Genese: sie<br />

sind nur das, was sie sind, weil der amorphe Rest an Wachs<br />

sich in ihnen reformiert und ihnen so die Spur eines Todes einschreibt,<br />

dessen Gedächtnis sie fortan bilden. Doch noch einmal<br />

bezieht sich die Stele auf sich selbst: die Flamme, welche<br />

den Nicht-Ort einer Vakanz besetzt, markiert ein weiteres Verschwinden,<br />

und zwar das eigene, <strong>zu</strong>künftige Verschwinden<br />

eines Gedächtnisses, das sich derart re-markiert als eines, das<br />

verschwunden, vergessen sein wird. Doch eben dieser<br />

selbstreferentielle Zug, auf das Verschwinden eines Gedächtnisses<br />

<strong>zu</strong> verweisen, ist selbst ein Zug der Stele, – er ist eine<br />

ihrer Marken, die nichts anderes tun, als <strong>zu</strong> gedenken. Dieses<br />

ganze Feld <strong>von</strong> <strong>Stelen</strong> akkumuliert damit in allen seinen Spuren<br />

ein Gedächtnis dessen, was vergessen, verdrängt und abgestoßen<br />

wurde – und verstoßen sein wird. Darin möchten wir die<br />

Pointe <strong>von</strong> FALL-WEISE-EIN-SICHT sehen: in der visuellen<br />

Ausarbeitung eines Modells der Zeitlichkeit des Gedächtnisses.<br />

Versuchen wir im folgenden, diese Zeitlichkeit und die komplexe<br />

Verweisstruktur, die sie eröffnet, in <strong>drei</strong> Aspekten nach<strong>zu</strong>zeichnen:<br />

(a) Die szenische Konstellation: In der Weise, in der das <strong>Stelen</strong>arrangement<br />

<strong>von</strong> FALL-WEISE-EIN-SICHT an die konventionelle<br />

Situation der plastischen Kunst anschließt und sie in sich<br />

reflektiert (im Sinne <strong>von</strong> „Beugen”), gestaltet es diese um: es<br />

wiederholt den Fall des Objekts <strong>von</strong> seinem Sockel, sofern der<br />

Sockel <strong>zu</strong>r Stele und damit <strong>zu</strong>m Gedächtnis all der Abfälle und<br />

Tode wird, die notwendig sind, damit das plastische Objekt<br />

seinen Platz auf dem Sockel einnehmen kann. Die Installation<br />

inszeniert so eine Art Heimsuchung der Bronzefiguren durch<br />

ein Gedächtnis, das sie trägt und ihren Grund bildet, ja sie stets<br />

schon getragen und einfasst hat. Sie konfrontiert die klassische<br />

Situation des Denkmals mit ihrer eigenen Geschichtlichkeit (d.h.<br />

hier: dem Herstellungsprozess), indem sie diese Situation in<br />

das Gedächtnis ihrer Geschichte einschreibt, – ein Zug, der<br />

sich in dem Akt der „Einschreibung” der Bronzefiguren in das<br />

Wachs der <strong>Stelen</strong> (auf einem <strong>von</strong> Quarzsand bedeckten Boden)<br />

manifestiert. Damit ist FALL-WEISE-EIN-SICHT die Darstellung<br />

eines Gedächtnisses, das nicht nur dem „Verdrängten”<br />

der klassischen Ausstellungsszenerie gedenkt, sondern auch<br />

dieser Szenerie selbst. Insofern verweist sie auf das in den<br />

modernen Avantgarden verdrängte klassische Verhältnis des<br />

Sockels <strong>zu</strong>r Figur, dem sie als Stele (Einheit der Differenz <strong>von</strong><br />

„Träger” als Pfeiler und „Inschrift” als Figur) gedenkt; sodann<br />

betrifft sie das Verhältnis dieses Verhältnisses <strong>zu</strong> dem konstitu-<br />

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