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„Figuren, Stelen, Blicke“ zu drei Installationen von Christine Düwel

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präsentieren uns eine Situation, die keine abgesicherte Orientierung<br />

mehr <strong>zu</strong>lässt und in der wir eine eher unabschließbare<br />

Arbeit der Vergewisserung und Deutung <strong>zu</strong> leisten haben.<br />

2. Paradoxe Adressierung<br />

Verschaffen wir uns einen kleinen Überblick über das, was als<br />

Aufschrift und Aufzeichnung auf den <strong>Stelen</strong> niedergelegt ist.<br />

Was finden wir? – Kurzzitate und stichpunktartige Exzerpte <strong>von</strong><br />

Valéry, Heidegger, der Broschüre einer Lebensversicherung<br />

und einer Finanzzeitschrift, die auf verschiedene Weise kombiniert<br />

werden (gemeinsam ist ihnen der inhaltliche Be<strong>zu</strong>g auf<br />

den Tod); graphisch-schriftliche Schemata und Skizzen (wir<br />

finden Aufzeichnungen <strong>zu</strong> dem Themenfeld Tod-Ich-Anderer,<br />

dem Themenfeld Kapital-Lebensversicherung und dem Themenfeld<br />

Schrift-Bild); vereinzelte Fragen und Wendungen (z.B.<br />

»Verhältnis <strong>von</strong> Leben und Währung?«), aufgeschrieben, als ob<br />

man sie sich merken und später erst bearbeiten möchte; statistische<br />

Diagramme und Tabellen, handschriftlich gelöste Rechnungen<br />

(einen Gewinn verbuchend?); rätselhafte Zeichnungen,<br />

die Bewegungskurven ähneln (Seismogramme? Elekrokardiogramme?<br />

Messkurven, die ein Lebendiges aufzeichnen?); der<br />

große, durchscheinende Schrift<strong>zu</strong>g »transparent«, sowie der<br />

Schrift<strong>zu</strong>g »Undurchsichtigkeit«; gezeichnete Figuren, tanzend<br />

auf einem merkwürdigen Pfeillineament. – Was will man hierin<br />

sehen?<br />

Augenfällig ist <strong>zu</strong>nächst der spezifische Notatcharakter, der all<br />

diesen Aufschriften anhaftet: Sie ähneln jenen flüchtigen Krizzeleien<br />

und Aufzeichnungen, die man auf lose Zettel, in Kladden<br />

oder bestenfalls Notizbücher schmiert, um Zitate, Einfälle,<br />

Fragen oder Merksätze in Erinnerung <strong>zu</strong> behalten und sie vielleicht<br />

später <strong>zu</strong> bearbeiten, bzw. um sich komplexe Sinn<strong>zu</strong>sammenhänge<br />

durch schematische Verknüpfungen einiger<br />

Stichwörter <strong>zu</strong> vergegenwärtigen. Man versucht, sich mittels<br />

eines Klarheit stiftenden und Übersicht schaffenden Gebrauchs<br />

<strong>von</strong> Schlag- und Stichwörtern, Pfeilen und Unterstreichungen<br />

bestimmte Themenfelder, die man noch nicht gut genug kennt,<br />

<strong>zu</strong> erschließen. Ein oft Unsinn produzierendes Herantasten,<br />

hinter schwankenden Horizonten und nicht abgesteckten Rahmen,<br />

wobei die provisorischen Resultate dann auch meist,<br />

wenn überhaupt, nur dem Schreibenden selbst durchsichtig<br />

sind (schaut man sich nach Jahren eigene Notizen an, hat das<br />

oft hübsche Irritationseffekte). Wenn man Vilém Flussers Beschreibungen<br />

folgen möchte, dann »ist Schreiben eine Gedanken<br />

richtende, ausrichtende Geste. […] Man schreibt, um seine<br />

Gedanken in die richtigen Bahnen an<strong>zu</strong>führen.« x Die Anordnung<br />

der Notate auf den Transparenten ist aber noch weit entfernt<br />

<strong>von</strong> der Anordnung in „richtige“, recht(s)- geschriebene,<br />

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