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„Figuren, Stelen, Blicke“ zu drei Installationen von Christine Düwel

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I. Figuren<br />

1. Fälle<br />

Betrachten wir <strong>zu</strong>nächst frühere Arbeiten, so werden wir <strong>zu</strong><br />

Zeugen eines Verlusts an Sicherheit und Stabilität, welcher der<br />

Protagonistin der klassischen Ausstellungssituation skulpturaler<br />

Kunst <strong>zu</strong>stößt: der auf ihrem Sockel thronenden Figur. Denn in<br />

jenen Arbeiten stellt sich eine problematische Beziehung zwischen<br />

der Figur und ihrer Grundlage in dem Maße her, in dem<br />

sich der Sockel selbst als Quasi-Figur in den Fokus der Aufmerksamkeit<br />

schiebt. Dies geschieht in der Weise einer Dysfunktion:<br />

statt einfach eine stumme, sich <strong>zu</strong>rückhaltende, anderes<br />

hervor- und erhebende Trägerschaft <strong>zu</strong> demonstrieren,<br />

besteht der Einsatz der Grundlage hier vielmehr in einer Destabilisierung,<br />

insofern sie sich selbst in den Vordergrund einer<br />

Präsentation stellt (und damit den „Grund” des klassischen<br />

Arrangements problematisiert). Die erste Szene unserer Erzählung<br />

beginnt also mit dem Augenblick, an dem kleine anthropomorphe<br />

Figurationen – manche schmächtig und zerfurcht (à<br />

la Giacometti), andere fett wie Wienerwald-Hendln (Anti-<br />

Giacomettis) – sich auf einem eigenartigen Sockel einfinden<br />

müssen, der eine gewisse Un<strong>zu</strong>friedenheit mit seiner bloß tragenden<br />

Funktion demonstriert. Statt einfaches Podest oder<br />

bereitwillige Bühne <strong>zu</strong> sein, schießt er senkrecht nach oben und<br />

bildet eine schlanke Vertikale, auf der die Figur nun ihren Platz<br />

ein<strong>zu</strong>nehmen hat. [Abb. Seite 42-42]<br />

Dort oben scheint sie keinen leichten Stand (und Bestand) <strong>zu</strong><br />

haben; sie wirkt recht klein und ein wenig hilflos, da<strong>zu</strong> noch <strong>zu</strong><br />

fett und grobschlächtig oder <strong>zu</strong> dürr und wackelig im Kontrast<br />

<strong>zu</strong>r robusten und massiven Schlankheit der Vertikale, so daß es<br />

nur eine Frage der Zeit <strong>zu</strong> sein scheint, bis sie hinabfallen und<br />

dem hypertrophen Sockel den Raum überlassen wird.<br />

Tatsächlich aber entfaltet diese Konfrontation zwischen der<br />

„Selbstbehauptung” des Sockels und den „Stabilitätssehnsüchten”<br />

der Figur <strong>zu</strong>nächst ein Beziehungsspiel, das sich über<br />

einer bestimmten Mehrdeutigkeit errichten wird. Denn in der<br />

zweiten Szene unserer Erzählung verläßt die Figur zwar ihren<br />

Ort auf der Spitze der Vertikale, um an ihrer Längsseite wieder<br />

auf<strong>zu</strong>tauchen, – aber was macht sie da? Stürzt sie? Läuft sie<br />

vielleicht fort? Oder trotzt sie der Schwerkraft und entdeckt die<br />

Seitenfläche der Vertikale als neuen Spielraum? Findet sie<br />

einen neuen Ort, an dem sie ihrem Bedürfnis stattgeben kann<br />

(einer Art Bewegungsdrang oder einem Verlangen <strong>zu</strong> tanzen),<br />

oder dokumentiert die Szene den Fall der Figur <strong>von</strong> ihrer thronenden<br />

Position?<br />

Wenn wir uns den folgenden <strong>Installationen</strong> <strong>zu</strong>wenden, der Dialektik<br />

des binären Aufschwungs und FALL-WEISE-EIN-SICHT,<br />

4

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