Pressespiegel Der Ignorant und der Wahnsinnige - Thomas Bernhard
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Profil 07.01.2013<br />
Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 91.996 | Reichweite: Reichweite: 420.000 (5,9%) | Artikelumfang: 26.397 mm²<br />
Seite: 83 1/1<br />
Thema: Burgtheater<br />
Autor:<br />
Karin Cerny<br />
Gespenstersonate<br />
Seltsam leblos:Jan Bosse scheitert im<br />
Burgtheater an <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s Frühwerk<br />
<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>TM.<br />
Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />
eigentümlicher Reiz<br />
Eingeht von den frühen Stücken<br />
des 1989 verstorbenen<br />
Großdramatikers <strong>Thomas</strong><br />
<strong>Bernhard</strong> aus: Wie funkelnde<br />
Edelsteine liegen sie in <strong>der</strong> Vitrine<br />
<strong>der</strong> Dramengeschichte,<br />
sie strahlen kalt, mechanisch<br />
<strong>und</strong> unnahbar. Sie sind den<br />
absurden Texten eines Euüne<br />
Ionesco <strong>und</strong> den minimalistischen<br />
Reflexionen eines Samuel<br />
Beckett erstaunlich nahe<br />
- von den späteren, realistischeren<br />
Stücken des einstigen<br />
Skandalautors <strong>Bernhard</strong> unterscheiden<br />
sie sich deutlich.<br />
Sie sind abstrakter, todessehnsüchtiger,<br />
wirken in ihrer Feier<br />
von Virtuosität <strong>und</strong> Wahnsinn<br />
aber auch reichlich aus<br />
<strong>der</strong> Mode gekommen. <strong>Thomas</strong><br />
Oberen<strong>der</strong>, Ex-Schauspielchef<br />
<strong>der</strong> Salzburger Festspiele, eröffnete<br />
2007 mit Ein Fest für<br />
Boris" sein erstes Programm.<br />
Regisseurin Christiane Pohle<br />
gelang es damals nicht, <strong>Bernhard</strong>s<br />
erstem abendfüllenden<br />
Stück die nötige Bodenhaftung<br />
zu verleihen. Es hing in<br />
<strong>der</strong> Luft, blieb merkwürdig<br />
leer.<br />
Mit ähnlichen Problemen<br />
hat nun auch <strong>der</strong> deutsche Re-<br />
IN DER<br />
KÜNSTLER-<br />
GARDEROBE<br />
Szene aus<br />
,<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Wahnsinnige</strong>"<br />
Presseclipping erstellt am 06.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />
gisseur Jan Bosse zu kämpfen,<br />
<strong>der</strong> <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s zweites<br />
Stück, das 1972 im Rahmen<br />
<strong>der</strong> Salzburger Festspiele uraufgeführt<br />
wurde, für die Silvester-Premiere<br />
am Burgtheater<br />
inszenierte. Er weiß nicht<br />
recht, wie er den Stoff anpacken<br />
soll, den Claus Peymann<br />
einst als klirrend kaltes<br />
Machtspiel ausstellte. <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>"<br />
ist eine Backstage-Farce, die<br />
vor <strong>und</strong> nach einer Opernaufführung<br />
(Die Zauberflöte")<br />
spielt. Es treten auf: die Königin<br />
<strong>der</strong> Nacht, eine gefeierte<br />
Koloraturmaschine, ihr besoffener<br />
Vater <strong>und</strong> ein Arzt, <strong>der</strong><br />
manisch erklärt, wie man eine<br />
Leiche seziert. Joachim Meyerhoff<br />
gibt den Arzt als Nervenbündel,<br />
als Virtuosen <strong>der</strong><br />
Verrenkungen, Peter Simonischek,<br />
<strong>der</strong> kaum einen Satz zu<br />
sprechen hat, verwaltet die Figur<br />
des Vaters mehr, als er sie<br />
gestaltet, <strong>und</strong> Sunnyi Melles<br />
wirkt als Tochter zwar ungemein<br />
witzig, aber im Gr<strong>und</strong>e<br />
fehlt allen dreien das Dringliche<br />
<strong>und</strong> Abgründige. Erst im<br />
zweiten Teil, <strong>der</strong> einer Geisterbeschwörung<br />
gleicht, findet<br />
<strong>der</strong> Abend stellenweise zu<br />
sich. Am besten ist <strong>der</strong> Übergang<br />
zwischen Vor- <strong>und</strong><br />
Nachspiel: Melles hängt als<br />
Königin <strong>der</strong> Nacht in <strong>der</strong> Luft,<br />
schwingt hin <strong>und</strong> her <strong>und</strong><br />
versucht selbst dann gute<br />
Miene zu machen, wenn sie<br />
aus dem Blickfeld baumelt.<br />
Mehr absurde Momente dieser<br />
Art hätte <strong>der</strong> etwas hohle<br />
Kunstanstrengungsabend<br />
durchaus vertragen.<br />
KARIN CERNY<br />
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