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Pressespiegel Der Ignorant und der Wahnsinnige - Thomas Bernhard

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<strong>Pressespiegel</strong><br />

<strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong><br />

<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Wahnsinnige</strong><br />

Regie Jan Bosse<br />

Premiere im Burgtheater am 31. Dezember 2012<br />

Burgtheater ∏ Pressebüro ∏ Universitätsring 2 ∏ 1010 Wien<br />

Tel +43 (0)1 51444-4105 / 4106 ∏ Fax +43 (0)1 51444-4107 ∏ pressebuero@burgtheater.at ∏ www.burgtheater.at


Die Presse 02.01.2013<br />

Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 86.165 | Reichweite: Reichweite: 261.000 (3,6%) | Artikelumfang: 46.703 mm²<br />

Seite: 21 1/1<br />

Thema: Burgtheater<br />

Autor:<br />

NORBERT MAYER<br />

<strong>Bernhard</strong> schneidet noch immer tief<br />

Burgtheater. <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>" fesselt auch noch nach vierzig<br />

Jahren. Regisseur Jan Bosse <strong>und</strong> ein erstklassiges Ensemble beleben diesen Klassiker.<br />

VON NORBERT MAYER<br />

Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />

<strong>Bernhard</strong> hatte einen angenehmen<br />

Bass. Als junger Mann nahm<br />

<strong>Thomas</strong> er in Salzburg Gesangsst<strong>und</strong>en. Einmal<br />

sang er 1950 dem damals berühmten<br />

Dirigenten Josef Krips vor. Dessen Urteil war<br />

vernichtend. Laut <strong>Bernhard</strong> empfahl er ihm,<br />

lieber Fleischer zu werden. Das saß. Gott sei<br />

Dank! <strong>Bernhard</strong> wurde kein zweitklassiger<br />

Sänger, son<strong>der</strong>n ein erstklassiger, weltberühmter<br />

Schriftsteller, aber die Zurückweisung<br />

hat er noch zwei Jahrzehnte später thematisiert,<br />

im ersten seiner großen Dramen,<br />

das bei den Salzburger Festspielen uraufgeführt<br />

wurde: Dort sagt die Hauptfigur, ein<br />

Arzt, <strong>der</strong> angeblich eine schöne Bassstimme<br />

hat, in <strong>der</strong> Gar<strong>der</strong>obe <strong>der</strong> Königin <strong>der</strong> Nacht,<br />

dass <strong>der</strong> Dirigent bei dieser Zauberflöte"<br />

wie ein Fleischhauer agiere.<br />

Verletzungen gab es auch 1972: <strong>Der</strong><br />

<strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>" wurde in<br />

Salzburg mit Claus Peymann zum Skandal,<br />

weil die Behörden untersagten, dass bei <strong>der</strong><br />

Aufführung am Ende zwei Minuten absolute<br />

Finsternis" herrschte. Peymann bestand<br />

darauf, dass auch das Notlicht gelöscht werde.<br />

Das ging aber nicht. Daraufhin sagte er<br />

nach <strong>der</strong> Premiere alle weiteren Vorstellungen<br />

ab. <strong>Bernhard</strong> war solidarisch mit dem<br />

Regisseur <strong>und</strong> telegrafierte: Eine Gesellschaft,<br />

die zwei Minuten Finsternis nicht<br />

verträgt, kommt ohne mein Schauspiel aus."<br />

Viel Gespür für die Musikalität des Textes<br />

Im Wiener Burgtheater hat man das Drama,<br />

das die Kunst <strong>und</strong> ihr Scheitern in artifizieller<br />

Vollendung seziert, soeben zum Jahreswechsel<br />

erstmals aufgeführt, in prominenter<br />

Besetzung. Wie hat sich dieses Stück, das<br />

zum Großteil aus Monologen des Doktors<br />

besteht, gehalten? Es ist noch immer großartig,<br />

wenn es so intensiv wie hier gespielt<br />

wird. Jan Bosse hat mit viel Gespür für <strong>Bernhard</strong>s<br />

Musikalität inszeniert. Souverän gibt<br />

Joachim Meyerhoff den Arzt, kunstvoll zurückhaltend<br />

<strong>und</strong> doch stark präsent ergänzt<br />

ihn Peter Simonischek als Schnaps trinken<strong>der</strong><br />

Vater <strong>der</strong> Sängerin, die von Sunnyi Melles<br />

herrlich überspannt gespielt wird. Stefan<br />

Wieland gewinnt <strong>der</strong> assistierenden Doppelrolle<br />

als Gar<strong>der</strong>obiere <strong>und</strong> Kellner sinnvoll<br />

Bizarres ab - kurz, dieser Abend ist diesem<br />

Quartett <strong>und</strong> <strong>der</strong> Regie gelungen. Sie haben<br />

einen Klassiker erfolgreich belebt.<br />

Simonischek tritt anfangs vorsichtig auf<br />

die Bühne, schwarz gekleidet, dunkle Brille,<br />

weiße Schuhe. Er hat eine fast volle Flasche<br />

<strong>und</strong> einen Blindenstock in <strong>der</strong> Hand. Das<br />

Bühnenbild von Stephane Lairne zeigt die<br />

Gar<strong>der</strong>obe <strong>der</strong> Sängerin. Ihr Schminktisch<br />

hat riesige Spiegel, links hängen Mengen an<br />

Pelzen, rechts Perücken. <strong>Der</strong> Vater setzt sich<br />

Presseclipping erstellt am 02.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />

Ein Galaabend mit toller Besetzung: Peter Simonischek als Vater <strong>und</strong> Sunnyi Melles als Königin <strong>der</strong><br />

Nacht in "<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>" zum Jahreswechsel im Burgtheater.<br />

ApA, Georg enmull I<br />

rechts in ein Sofa. Sein Part: Er wird oftmals<br />

Phrasen aus dem Wortschwall des Arztes,<br />

<strong>der</strong> gleich nach ihm auftritt, wie zur Bestätigung<br />

wie<strong>der</strong>holen, meist aber vor sich hin<br />

brüten. Dieses Echo des Vaters aber gibt den<br />

Kaskaden des Arztes Struktur. Um den Wortschwall<br />

zu dirigieren, schlägt er immer wie<strong>der</strong><br />

mit dem Stock auf den Tisch, nimmt immer<br />

wie<strong>der</strong> Züge aus <strong>der</strong> Flasche.<br />

Die beiden Herren warten auf die Sängerin,<br />

die - immer im letzten Augenblick<br />

kommt. Wie ein Raubtier streicht <strong>der</strong> streng<br />

gekleidete Doktor über die Bühne, streift<br />

sehnsüchtig über die Pelze, setzt sich zum<br />

Vater, spielt mit dessen Trunksucht. Die ganze<br />

Zeit aber doziert er in rasendem Tempo,<br />

sein Monolog handelt vom Sezieren <strong>und</strong><br />

von <strong>der</strong> Kunst, eine Sektion des künstlerischen<br />

Menschen, eine Elegie auf die Hinfälligkeit,<br />

eine Litanei versagen<strong>der</strong> Organe. Um<br />

dieses Stakkato effektvoll darzubieten,<br />

braucht es Wachheit <strong>und</strong> Intelligenz <strong>und</strong><br />

Geschmeidigkeit im Ausdruck. Meyerhoff<br />

hat all das im Übermaß. Es ist schmerz- <strong>und</strong><br />

lustvoll, ihm bei dieser Vorführung <strong>der</strong> Conditio<br />

humana zuzusehen <strong>und</strong> vor allem<br />

auch zuzuhören. Er setzt die Pointen genau,<br />

Simonischek harmoniert dabei w<strong>und</strong>erbar.<br />

Gerade dann, als die Spannung unerträglich<br />

wird, stelzt Frau Vargo daher <strong>und</strong><br />

bereitet die Gar<strong>der</strong>obe für die Königin <strong>der</strong><br />

Nacht vor, die an diesem Abend zum 222.<br />

Mal diese Vorstellung gibt. Gerade dann, als<br />

das Orchester im Hintergr<strong>und</strong> längst spielt<br />

<strong>und</strong> man die Hoffnung auf den rechtzeitigen<br />

Auftritt <strong>der</strong> weltbesten Sängerin aufgeben<br />

will, erscheint diese. Ja, Melles ist tatsächlich<br />

eine Erscheinung <strong>und</strong> jeden Zoll eine Königin,<br />

schon hinter <strong>der</strong> Bühne. Die Rolle, die<br />

das Verletzliche, Überspannte <strong>und</strong> Tragische<br />

einschließt, passt ihr perfekt, sie trifft<br />

<strong>Bernhard</strong>s Ton, spielt, mühelos diese Koloratur-Maschine,<br />

die natürlich selbst mitten<br />

im Triumph immer ans Scheitern denkt.<br />

Totale Finsternis - bis auf das Notlicht<br />

Versagen <strong>und</strong> Abhängigkeit bestimmen wie<br />

ein dunkler Epilog auch den zweiten Akt.<br />

Die weiß geschminkte, schwarz-silberne Königin<br />

ist spektakulär an Seilen himmelwärts<br />

entschwebt, das Bild dreht sich, die kleine<br />

Gesellschaft nimmt an einem Tisch des Nobelrestaurants<br />

Drei Husaren" Platz. Melles<br />

sinkt auf ihren Sessel hernie<strong>der</strong>. Sie essen<br />

Beef Tatar, trinken reichlich Champagner,<br />

das unterstreicht die barbarischen anatomischen<br />

Ausführungen <strong>und</strong> die zwanghafte<br />

Erotik. Die Sängerin, von hartnäckig bösem<br />

Husten befallen, entschließt sich spontan zu<br />

Absagen, Kellner Winter exekutiert sie beflissen.<br />

Hoffnungslos die Liebe, ein einziges<br />

Trauma die Kunst. Nur <strong>der</strong> Alkohol tröstet<br />

<strong>und</strong> hilft. Dann wird es nach knapp zwei<br />

St<strong>und</strong>en endlich finster. Fast. Auch im Burgtheater<br />

kommt man nicht ohne Notlicht aus.<br />

Termine: 3./5./26. I. (19.30h), 8. (20 h)<br />

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Kronen Zeitung Gesamt 02.01.2013<br />

Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 891.381 | Reichweite: Reichweite: 2.742.000 (38,2%) | Artikelumfang: 36.762 mm²<br />

Seite: 32 1/1<br />

Thema: Burgtheater<br />

Autor:<br />

<strong>Thomas</strong> Gabler<br />

Burgtheater: <strong>Bernhard</strong>s,<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>" in Jan Bosses Regie<br />

Brillantes Trio erweckt Nostalgie<br />

Draußen Trubel <strong>und</strong> Knallerei, drinnen Wortgeknalle Manches <strong>und</strong> mancher bild von Stephane Laime<br />

von <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s wahnsinnigem Doktor: Am Ende<br />

bejubelt, ging die Silvesterpremiere von <strong>Der</strong> Igno-<br />

<strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s wortrei- ebenso hervor wie Banales.<br />

kommt in die Jahre. So auch Ironie, kehrt Groteskes<br />

rant <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>" im Burgtheater über die ches Drama über drei anein- Bosse hält die Figuren, die<br />

Bühne. Viel Applaus für ihre Ausdauer gab's für Sunnyi an<strong>der</strong>gekettete Personen, Königin <strong>der</strong> Nacht, <strong>der</strong>en<br />

Melles, Peter Simonischek <strong>und</strong> Joachim Meyerhoff.<br />

das bei <strong>der</strong> Uraufführung bei Vater <strong>und</strong> den Doktor in<br />

den Salzburger Festspielen Bewegung.Witzig verbindet<br />

1972 wohl auch nur zum er die zwei Akte mit Mozarts<br />

Skandal wurde, weil Claus Rache"-Arie, bei <strong>der</strong> die<br />

Peymann am Ende seiner Primadonna trällernd durch<br />

Inszenierung totale Finster- die Szenerie schwebt.<br />

nis wollte. Was bei <strong>der</strong> Ge- Eine enorme Gedächtnisneralprobe<br />

klappte, bei <strong>der</strong> leistung ist für <strong>Bernhard</strong>s<br />

Tiraden gefor<strong>der</strong>t, vor allem<br />

VON THOMAS GABLER vom Dokter, dem <strong>Wahnsinnige</strong>n:<br />

Joachim Meyerhoff<br />

Premiere aber nicht mehr,<br />

brilliert im hirnlastigen, mit<br />

worauf das Stück (mit Anseits"<br />

gespickten Monolog<br />

einerseits" <strong>und</strong> an<strong>der</strong>er-<br />

gela Schmid, Ulrich Wildüber<br />

Leben. Kunst <strong>und</strong> Segruber<br />

<strong>und</strong> Bruno Ganz)<br />

nicht mehr gespielt wurde.<br />

zieren von Leichen. Sein<br />

Groß- <strong>und</strong> sein Kleinhirn<br />

Tempi passati. Alles vor- sind im Dauereinsatz, turbei.<br />

Beinahe nostalgisch nen durch den Text, wie sein<br />

wirkt das Trio, das sich in Körper auf Sessellehnen <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> Operngar<strong>der</strong>obe <strong>und</strong> da- auf dem Schminktisch<br />

nach beim finalen<br />

turnt.<br />

Besäufnis Beleibt <strong>und</strong> mit<br />

mit<br />

Säuferrot<br />

Champagner in den auf den<br />

einst berühmten<br />

Wangen folgt ihm<br />

.,Drei Hu- Peter Simon ischek als Ignosaren"<br />

(<strong>der</strong>en leere Hülle es ran!, als Vater <strong>der</strong> Sängerin.<br />

in <strong>der</strong> Weihburggasse noch Perfekt als Typ,<br />

gibt)<br />

<strong>der</strong> einem<br />

ihren Weltsichten, klar macht: Schnaps, das<br />

anatomischen Kenntnissen wird sein letztes<br />

<strong>und</strong><br />

Wort sein.<br />

Beziehungskrämpfen Und Sunnyi Melles als seine<br />

hingibt. Immerhin hat Jan Tochter passt perfekt<br />

Bosses in die<br />

Inszenierung im Rolle <strong>der</strong> von Zauberflöstimmungsvollen<br />

Bühnen- ten"-Koloraturen Getriebe-<br />

_<br />

nen, gefällt als Diva mit<br />

Tochter <strong>und</strong> Vater im Clinch: Verfallserscheinungen.<br />

5. Helles <strong>und</strong> P. Simonischek. Skurriles Faktotum: Stefan<br />

Wieland als Gar<strong>der</strong>obiere<br />

<strong>und</strong> Kellner.<br />

Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />

Presseclipping erstellt am 02.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />

Redefluss:Joachim Meyerhoff<br />

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Wiener Zeitung 02.01.2013<br />

Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 22.000 | Reichweite: Reichweite: k.A. | Artikelumfang: 45.597 mm²<br />

Seite: 22 1/2<br />

Thema: Burgtheater<br />

Autor:<br />

Hilde Hai<strong>der</strong>-Pregler<br />

Gnadenlose Tragikomik: <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>" im Burgtheater<br />

Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />

Defizite als Scherzmaterial<br />

Von Hilde Hai<strong>der</strong>-Pregler<br />

Mit einem pointierten Witz über<br />

einen blamierten Unternehmensberater<br />

stimmte Burgtheater-Direktor<br />

Matthias Hartmann das<br />

Publikum auf die Silvester-Premiere<br />

von <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s Frühwerk<br />

<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Wahnsinnige</strong>" (1972) ein. Für einen<br />

smarten Kulturmanager von<br />

heute wäre die als Koloraturrnaschine"<br />

funktionierende Sängerin<br />

gewiss eine Idealfigur: Sie<br />

schnurrt ihre einzige Partie - die<br />

Königin <strong>der</strong> Nacht in Mozarts<br />

Zauberflöte" - quasi auf Knopfdruck<br />

seit einem Jahrzehnt an allen<br />

großen Opernhäusern dieser<br />

Welt mit unverän<strong>der</strong>ter Perfektion<br />

ab.<br />

Aber ist die Reproduktion des<br />

einmal Erreichten wirklich noch<br />

Kunst? O<strong>der</strong> ist für den wahrhaft<br />

künstlerischen Menschen das<br />

Scheitern an <strong>der</strong> Realisierbarkeit<br />

seiner idealen Vision <strong>der</strong> wesentliche",<br />

zu stets neuen Versuchen<br />

herausfor<strong>der</strong>nde Gedanke? Diese<br />

Frage, die <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong> in<br />

seinen Theater- <strong>und</strong> Prosatexten<br />

immer wie<strong>der</strong> beschäftigt hat,<br />

wird in <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Wahnsinnige</strong>" mit unvergleichli<br />

cher Radikalität abgehandelt, im<br />

Wissen, dass <strong>der</strong> Tragik des<br />

Scheiterns auch provokante Komik<br />

immanent ist.<br />

In schwindeln<strong>der</strong> Höhe<br />

Dieses Oszillieren zwischen einer<br />

Tragödie, die auch eine Komödie<br />

sein kann, deckt Jan Bosse in einer<br />

<strong>Bernhard</strong> beim Wort nehmenden<br />

Modellinszenierung in einem<br />

das (Burg)-Theater ästhetisch gekonnt<br />

spiegelnden Bühnenraum<br />

(St4hane Lairn) exemplarisch<br />

auf. Dank eines in Höchstform<br />

agierenden Ensembles mit komödiantisch<br />

unterhalten<strong>der</strong> Leichtigkeit,<br />

die dennoch Hintersinn signalisiert.<br />

Zum Tross <strong>der</strong> Königin<br />

<strong>der</strong> Nacht gehören <strong>der</strong>en halbblin<strong>der</strong>,<br />

versoffener Vater <strong>und</strong> ein<br />

seltsamer Pathologe, die ungeduldig<br />

auf das Eintreffen des Stars in<br />

<strong>der</strong> Wiener Staatsoper warten: Joachim<br />

Meyerhoff als hagerer, hektisch<br />

herumschusseln<strong>der</strong> Doktor<br />

- im altväterischen schwarzen<br />

Anzug, Brille mit Goldrand - <strong>und</strong><br />

Peter Simonischek als dickbäuchiger<br />

Vater mit Blindstock <strong>und</strong> -binden.<br />

Gemäß <strong>Bernhard</strong>s Komik-<br />

Perfidie nützt das grandiose Komödianten-Duo<br />

den defizitären<br />

Körper als Scherzmaterial.<br />

Während Meyerhoffs Doktor,<br />

den nicht <strong>der</strong> Mensch, son<strong>der</strong>n<br />

nur dessen Organe als zu untersuchende<br />

Materie interessieren,<br />

sprachgewaltig mit einem privaten<br />

Sezierkurs auftrumpft, leistet<br />

Simonischek als wortkarger Partner<br />

auf seine Art Wi<strong>der</strong>stand. Als<br />

gälte es zu beweisen, dass die<br />

sprachreduzierten Rollen bei<br />

<strong>Bernhard</strong> die eigentlich den Ton<br />

Angebenden sind, dirigiert er das<br />

Geschehen mit seinem Blindenstock,<br />

zeigt mit heimtückisch<br />

überlegenem Lächeln, was er von<br />

<strong>der</strong> gelehrten Suada des Doktors<br />

o<strong>der</strong> von dessen verschämt-koketter<br />

Reminiszenz an eigene Künstler-Träume<br />

als Bassist hält. Sunnyi<br />

Melles als verspätet eintreffende<br />

Sängerin wird da in <strong>der</strong> Tat<br />

als Kunstfigur zum Objekt <strong>und</strong><br />

schwebt schließlich während ihrer<br />

Arie wie eine an Schnüren<br />

hängende Marionette in schwindeln<strong>der</strong><br />

Höhe im Bühnenraum.<br />

Auf dem Seziertisch<br />

Bei <strong>der</strong> Premierenfeier im Nobelrestaurant<br />

zu den Drei Husaren"<br />

wird <strong>der</strong> - alsbald verwüstete -<br />

Esstisch, wie so oft bei <strong>Bernhard</strong>,<br />

zum Ort <strong>der</strong> Katastrophe. Das<br />

Husten <strong>der</strong> - plötzlich alle Engagements<br />

stornierenden - Sängerin<br />

signalisiert vielleicht nicht<br />

nur totale Erschöpfung, son<strong>der</strong>n<br />

auch eine nahende Todeskrankheit.<br />

Statt <strong>der</strong> von <strong>Bernhard</strong> gefor<strong>der</strong>ten,<br />

einstmals einen Skandal<br />

Presseclipping erstellt am 02.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />

auslösenden totalen Finsternis"<br />

zeigt Jan Bosse ein in seiner Intensität<br />

unüberbietbares Schlusstableau:<br />

<strong>Der</strong> Luster senkt sich im<br />

Dämmerlicht auf die bewegungslos<br />

auf dem Tisch ausgestreckte<br />

Königin <strong>der</strong> Nacht herab - <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> Doktor doziert präzise, wie<br />

man bei einer Obduktion den<br />

Kehlkopf zu präparieren hat.<br />

Dass <strong>Bernhard</strong>s beim Wort genommene<br />

Theatertexte <strong>der</strong> Zeit<br />

standgehalten haben, hat Regisseur<br />

Jan Bosse mit seiner kongenialen<br />

Inszenierung nachdrücklich<br />

bewiesen.<br />

Theater<br />

<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong><br />

Von <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong><br />

Jan Bosse (Regie)<br />

Burgtheater<br />

Mit: Joachim Meyerhoff u.a.<br />

Wh.: 3., 5., 8., 26. Jänner<br />

* * * * *<br />

© CLIP Mediaservice 2013 - www.clip.at


Wiener Zeitung 02.01.2013<br />

Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 22.000 | Reichweite: Reichweite: k.A. | Artikelumfang: 45.597 mm²<br />

Seite: 22 2/2<br />

Thema: Burgtheater<br />

Autor:<br />

Hilde Hai<strong>der</strong>-Pregler<br />

Leichtigkeit mit Hintersinn: Sunny' Melles (Königin <strong>der</strong> Nacht) <strong>und</strong> Peter Simonischek (Vater) glückt<br />

in Jan Bosses Burg-Inszenierung eine kongeniale <strong>Bernhard</strong>-Aufführung. Foto: Reinhard Werner<br />

Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />

Presseclipping erstellt am 02.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />

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<strong>Der</strong> Standard 02.01.2013<br />

Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 83.862 | Reichweite: Reichweite: 341.000 (4,8%) | Artikelumfang: 52.586 mm²<br />

Seite: 24 1/2<br />

Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />

Thema: Burgtheater<br />

Autor:<br />

Margarete Affenzeller<br />

Eine Diva entschwebt ihrer letzten Opernnacht<br />

Silvesterpremiere am Burgtheater:<br />

Bei <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s Kunst- <strong>und</strong><br />

Körper-Suada <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Wahnsinnige</strong>" zog Regisseur Jan Bosse<br />

die Künstlichkeitsschraube an.<br />

Margarete Affenzeller<br />

Wien Die Stücke von <strong>Thomas</strong><br />

<strong>Bernhard</strong> machen sich auf den<br />

Spielplänen von heute rar. Auf die<br />

hohen Töne <strong>der</strong> Erregungskunst<br />

scheinen sich Dramaturgen <strong>und</strong><br />

Schauspieler nicht mehr vorrangig<br />

zu verstehen. Doch in einem<br />

Jahr, in dem <strong>der</strong> Burgtheaterdirektor<br />

einen Spielplan mit Österreich-Schwerpunkt<br />

ausgerufen<br />

hat, vermag ein <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong><br />

eine <strong>Thomas</strong>-Vinterberg-Lücke<br />

gut <strong>und</strong> gern zu stopfen.<br />

Ursprünglich war für die Silvesterpremiere<br />

nämlich eine Trinkerinnentragikomödie<br />

des dänischen<br />

Film- <strong>und</strong> Theaterregisseurs<br />

<strong>Thomas</strong> Vinterberg angesetzt<br />

gewesen. Sie wurde verschoben.<br />

Regisseur Jan Bosse eilte zu<br />

Hilfe. <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>,<br />

eine nicht gerade wechselvolle<br />

Suada über die Mühen<br />

<strong>der</strong> (Sanges-)Kunst, <strong>der</strong> Künstler<br />

<strong>und</strong> ihrer mitleidenden Angehörigen,<br />

verhandelte wenige St<strong>und</strong>en<br />

vor Jahresende das schrecklich<br />

Empörende am Leben einer sogenannten<br />

Künstlerexistenz.<br />

Ein pingeliger Anatom (Joachim<br />

Meyerhoff) ergeht sich da in <strong>der</strong><br />

Künstlergar<strong>der</strong>obe einer Operndiva<br />

(Sunnyi Melles) zur Unterhaltung<br />

von <strong>der</strong>en Vater (Peter Simonischek)<br />

in Ausführungen über<br />

die Leichensektion. Was wird da<br />

nicht alles mit Darmschere <strong>und</strong><br />

Hirnmesser getrennt <strong>und</strong> angesägt,<br />

um sich <strong>der</strong> Täuschung hinzugeben,<br />

den Körper durchschauen<br />

zu können. Den Körper als Objekt<br />

<strong>der</strong> Kunst wie <strong>der</strong> Medizin.<br />

Vor einem hoch aufragenden<br />

Schminktisch mit vielen, dem<br />

Konterfei <strong>der</strong> Sängerin gleichenden<br />

Perückenbüsten (Bühne: Stöphane<br />

Laimä) warten Doktor <strong>und</strong><br />

Vater auf den Star. An diesem<br />

Abend wird die Koloratursopranisten<br />

zum 222. Mal die Partie<br />

<strong>der</strong> Königin <strong>der</strong> Nacht singen.<br />

Während <strong>der</strong> Vater (Simonischek)<br />

seine (ausgestopfte) Körperfülle<br />

träge gerade noch in den Clubsessel<br />

hieven konnte <strong>und</strong> fortan seine<br />

weißen Mokassins weit von<br />

sich streckt, aber heftig an <strong>der</strong><br />

Schnapsflasche nippt sowie mit<br />

dem Blindenstock Terror macht,<br />

tänzelt <strong>der</strong> Doktor (Meyerhoff)<br />

den Tanz eines über seinen<br />

Schützlingen wahnsinnig gewordenen<br />

Meister Lämpel. Mit spitzen<br />

Schritten vollführt er ein artifizielles<br />

Ungeduldstänzchen, verknotet<br />

bei Bedarf seine nervösen<br />

Kniegelenke o<strong>der</strong> bringt die Hose<br />

seines redefaulen Gesprächspartners<br />

zum Quietschen, bis dann<br />

endlich die Königin erscheint.<br />

Sunnyi Melles tritt gefolgt von<br />

ihrer Gar<strong>der</strong>obiere Frau Vargo<br />

(Stefan Wieland) ganz bodenständig<br />

im Backstage-Outfit mit Thermoskanne<br />

<strong>und</strong> Pelz-Boots aus<br />

ihrem Klei<strong>der</strong>schrank. In diesem<br />

Moment wird nach <strong>der</strong> Mitte dieser<br />

Inszenierung noch gesucht, die<br />

sich dann doch dem Schabernack,<br />

wenn auch recht edel, übergibt.<br />

An die ironiefreie Deklamationskunst<br />

glaubt Jan Bosse nicht. Er<br />

zieht vor allem an <strong>der</strong> Figur des<br />

Doktors die Sätze <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s<br />

ins Klamaukige. Das beeinträchtigt<br />

die Sprache in ihrer eigenen<br />

Künstlichkeit erstaunlicherweise<br />

nicht. Es bleibt ein Vergnügen,<br />

dem Fatalismus dieser Monologe<br />

zu folgen. Beispielsweise<br />

heißt es einmal. Wenn wir den<br />

Schwachsinn / <strong>der</strong> in dieser Kunstgattung<br />

herrscht / geehrter Herr /<br />

mit <strong>der</strong> Gemeinheit! <strong>der</strong> Zuschauer<br />

verrechnen /kommen wir in den<br />

Wahnsinn [Königin hustetr .<br />

Hat die Uraufführung von <strong>Der</strong><br />

<strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong><br />

1972 bei den Salzburger Festspielen<br />

durch ein nicht abgedrehtes<br />

Notlicht <strong>und</strong> die darin begründete<br />

sofortige Absetzung des Stücks<br />

einen Skandal verursacht, so quittierte<br />

man die Silvestervorstellung<br />

am Burgtheater nun mit<br />

knappem, aber wohlwollendem<br />

Applaus.<br />

Theater als Apöro für einen langen<br />

Abend? Nicht nur. Allein im<br />

Presseclipping erstellt am 02.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />

großen Bühnen-Flug <strong>der</strong> Königin<br />

<strong>der</strong> Nacht vom Schauplatz Oper<br />

im ersten Akt zum Schauplatz<br />

Restaurant im zweiten Akt liegt<br />

das genial Einfache dieses<br />

Abends. Jan Bosse war bewusst:<br />

An <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong> kann man<br />

zwar nicht groß herumdoktern,<br />

aber es kann gelingen, ihn aufzupolieren.<br />

Und hier hat er immerhin<br />

ein wenig gestrahlt.<br />

© CLIP Mediaservice 2013 - www.clip.at


<strong>Der</strong> Standard 02.01.2013<br />

Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 83.862 | Reichweite: Reichweite: 341.000 (4,8%) | Artikelumfang: 52.586 mm²<br />

Seite: 24 2/2<br />

Thema: Burgtheater<br />

Autor:<br />

Margarete Affenzeller<br />

Die Künstlerin<br />

auf dem<br />

Seziertisch:<br />

Sunnyi Melles<br />

als Königin<br />

<strong>der</strong> Nacht<br />

<strong>und</strong> Joachim<br />

Meyerhoff als<br />

Doktor in<br />

<strong>Thomas</strong><br />

<strong>Bernhard</strong>s<br />

<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Wahnsinnige</strong>"<br />

am<br />

Burgtheater.<br />

Foto: APA/Hochinuth<br />

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Presseclipping erstellt am 02.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />

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Kleine Zeitung Steiermark 02.01.2013<br />

Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 203.906 | Reichweite: Reichweite: 561.000 (7,8%) | Artikelumfang: 15.971 mm²<br />

Seite: 42, 43 1/1<br />

Thema: Burgtheater<br />

Autor:<br />

Reinhold Reiterer<br />

Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />

ie Koloraturmaschine <strong>und</strong> <strong>der</strong> Sand im<br />

Kunstgetriebe<br />

Bejubelte Premiere<br />

von <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s<br />

<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>".<br />

WIEN. Von Heimito von Do<strong>der</strong>er<br />

stammt <strong>der</strong> Bef<strong>und</strong>, wer sich in<br />

Familie begibt, kommt darin um.<br />

<strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong> zeigt vor, wie<br />

das geht. In <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>", <strong>der</strong> Silvesterpremiere<br />

im Wiener Burgtheater.<br />

In dieser 1972 bei den Salzburger<br />

Festspielen uraufgeführten<br />

Tragikomödie erklimmt die Königin<br />

<strong>der</strong> Nacht" (Sunnyi Melles)<br />

als Sängerin den höchsten Kunstgipfel,<br />

die absolute Perfektion<br />

<strong>der</strong> Sangeskunst. Zum 222. Mal<br />

steht sie in dieser Rolle heute auf<br />

<strong>der</strong> Bühne <strong>der</strong> Wiener Staatsoper.<br />

In <strong>der</strong> Gar<strong>der</strong>obe wartet ihr<br />

Vater (Peter Simonischek). Ein<br />

ziemlich aus dem Leim gegangenes<br />

Mannsbild, das seit dem ersten<br />

öffentlichen Auftritt seiner<br />

Tochter <strong>der</strong> Trunksucht verfallen<br />

ist. Er, <strong>der</strong> seiner Tochter die<br />

Weltkarriere ermöglicht hat, sie<br />

bei ihren Auftritten in <strong>der</strong> ganzen<br />

Welt begleitet, fühlt sich von ihr<br />

rücksichtslos behandelt. Etwa<br />

dadurch, dass sie immer später",<br />

aber nie zu spät", wie's <strong>der</strong> Doktor<br />

(Joachim Meyerhoff) formuliert,<br />

in <strong>der</strong> Gar<strong>der</strong>obe auftaucht.<br />

<strong>Der</strong> Doktor, er ist <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>,<br />

monologisiert über die Kunst<br />

<strong>und</strong> das Leben, über den menschlichen<br />

Körper, über die Technik<br />

des Sezierens, über das Menschenmaterial,<br />

das zu höchster<br />

Kunstanstrengung fähig ist, wofür<br />

er die Tochter bew<strong>und</strong>ert.<br />

Kaum tritt diese auf, verfällt dieser<br />

Egomane in die Rolle des<br />

schüchtern Anhimmelnden.<br />

Zweites Bild. Nach dem triumphalen<br />

Auftritt beim Nachtmahl<br />

in den Drei Husaren". Die Königin<br />

<strong>der</strong> Nacht, diese Koloraturmaschine".<br />

verflucht ihren Aufstieg<br />

auf den Kunstgipfel, ihre<br />

Disziplin <strong>und</strong> den Theaterbetrieb.<br />

Erschöpfung/nichts als<br />

Erschöpfung" lautet <strong>der</strong> Schluss.<br />

Regisseur Jan Bosse kitzelte<br />

das Komödiantische <strong>und</strong> Klamaukhafte<br />

aus <strong>Bernhard</strong>s Text<br />

<strong>und</strong> dafür gaben Melles, Meyerhoff,<br />

Simonischck <strong>und</strong> Stefan<br />

Wieland in <strong>der</strong> Doppelrolle <strong>der</strong><br />

Gar<strong>der</strong>oberin <strong>und</strong> des Kellners<br />

dem Affen Zuckerbrot. Kräftiger<br />

Premierenapplaus.<br />

REINHOLD REITERER<br />

<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>"<br />

von <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong> im Wiener Burgtheater:<br />

3., 5., 8., 26. Jänner, 19.30 bis<br />

21.30 Uhr. Karten: Tel. (01) 513 1513.<br />

Presseclipping erstellt am 02.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />

Bejubelt: Peter Simonischek (links), Sunnyi Melles <strong>und</strong> Joachim Meyerhoff APA<br />

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Die Welt 02.01.2013<br />

Erscheinungsland: Deutschland | Auflage: 323.949 | Reichweite: Reichweite: 862.000 (0%) | Artikelumfang: 37.399 mm²<br />

Seite: 22 1/2<br />

Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />

Thema: Burgtheater<br />

Autor:<br />

ULRICH WEINZIERL<br />

Das Reich, in dem die Sonne nicht aufgeht<br />

<strong>Der</strong> Lüster als OP-Lampe: Jan Bosse seziert in Wien <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>"<br />

ULRICH WEINZIERL<br />

-9 \-T.- aturgemäß zeitigte kleinstmöglicher<br />

Anlass größtmögliche<br />

...Ä... Wirkung. Die feuerpolizeilich<br />

verordnete Notbeleuchtung im Saal des<br />

Salzburger Landestheaters war nicht,<br />

wie dem Uraufführungsregisseur Claus<br />

Peyrnann <strong>und</strong> dem Autor versprochen,<br />

für einige Minuten erloschen. Also<br />

herrschte am Schluss keine vollkommene<br />

Finsternis". Darum ist die Festspielpremiere<br />

von <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s<br />

zweitem Stück, <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Wahnsinnige</strong>", dessen letzte Vorstellung<br />

in Salzburg gewesen: <strong>Der</strong> sogenannte<br />

Notlicht-Skandal war geboren - zur<br />

Freude <strong>der</strong> Medien <strong>und</strong> Kulturhistoriker.<br />

All das ist mehr als 40 Jahre her,<br />

kein Hahn kräht mehr danach.<br />

Von <strong>der</strong> außerordentlichen Qualität<br />

<strong>der</strong> schließlich vom Hamburger Schauspielhaus<br />

übernommenen <strong>und</strong> auch<br />

beim Berliner Theatertreffen gezeigten<br />

Peymann-Inszenierung kann man sich<br />

aber bis heute auf YouTube überzeugen:<br />

Jede neue Produktion hat sich daran<br />

messen zu lassen. Auch die im ohrenbetäubenden<br />

Wiener Silvestertrubel vonstatten<br />

gegangene des Burgtheaters: Sie<br />

hätte, dank fulminanter Besetzung, das<br />

Zeug gehabt, an das Vorbild heranzukommen.<br />

Allein, es wär zu schön gewesen,<br />

es hat nicht sollen sein.<br />

<strong>Der</strong> erste Akt spielt in <strong>der</strong> Gar<strong>der</strong>obe<br />

<strong>der</strong> besten Koloratursopranistin ihrer<br />

Epoche. Ihr versoffener, blin<strong>der</strong> Vater<br />

(<strong>der</strong> <strong>Ignorant</strong>) <strong>und</strong> ihr wahnsinniger<br />

Verehrer, <strong>der</strong> Doktor, warten auf die Diva:<br />

für den 222. Auftritt als Königin <strong>der</strong><br />

Nacht in Mozarts Zauberflöte". Das Finale<br />

im Luxusrestaurant Zu den drei<br />

Husaren". Dort wollen die drei den Erfolg<br />

feiern. Fast sämtliche Themen von<br />

<strong>Bernhard</strong>s CEuvre klingen da an: die<br />

sinnlose Lächerlichkeit des Lebens im<br />

Angesicht von Krankheit <strong>und</strong> Tod; <strong>der</strong><br />

Irrglaube, sich in Kunst <strong>und</strong> Perfektionismus<br />

retten zu können, obwohl sie die<br />

Künstler doch in Wahrheit vernichten;<br />

letztendlich die allumfassende Pathologie<br />

menschlicher Beziehungen. Dem<br />

Part des einst von keinem Geringeren<br />

als Bruno Ganz verkörperten Doktors<br />

sind unglaubliche Textmengen aufgebürdet:<br />

Wort gewordene Kadaveröffnung<br />

in exakter medizinischer Terminoloffie.<br />

Ganz machte daraus eine w<strong>und</strong>ersame,<br />

vor Kälte klirrende <strong>und</strong> dennoch<br />

melodiöse Todesmusik. Jan Bosses Regie<br />

hingegen zwingt den im Gr<strong>und</strong>e virtuosen<br />

Sprecher Joachim Meyerhoff in<br />

einer Art Horror Vacui zu einer erdrü<br />

ckenden Fülle manierierter Gesten <strong>und</strong><br />

Joachim Meyerhoff (Doktor; links),<br />

Sunnyi Melles (Königin <strong>der</strong> Nacht),<br />

Peter Simonischek (Vater)<br />

Aktionen, die auf Dauer niemanden interessieren<br />

<strong>und</strong> vom Eigentlichen ablenken.<br />

Ein verbaler Zappelphilipp ist <strong>und</strong><br />

bleibt eine bloß oberflächlich erheiternde<br />

Figur. Das Gleiche gilt für die Rolle<br />

des Vaters. Während Ulrich Wildgruber<br />

anno dazumal nur heftigst schwitzend<br />

in seinem Sessel saß, hin <strong>und</strong> wie<strong>der</strong> zur<br />

Schnapsflasche griff <strong>und</strong> aus seinem gläsernen<br />

Blick nichts als das geballte Daseinselend<br />

sprach, muss Peter Simonischek<br />

- hergerichtet als Doppelgänger<br />

von Marion Brandos Don Vito Corleone<br />

im Paten" - mit seinem Blindenstock<br />

wild um sich schlagen <strong>und</strong> sonstige<br />

Allotria treiben.<br />

<strong>Der</strong> Segen <strong>der</strong> Wiener Aufführung<br />

heißt Sunnyi Melles: Ihr Erscheinen<br />

bringt, gleich dem einer Schutzpatronin,<br />

die Wende zum Guten. Schon wenn sie<br />

sich einträllert, mit Tee gurgelt, girrend<br />

lacht, ist das ein Ereignis. Die äußerste<br />

Anspannung einer disziplinierten Hysterikerin<br />

passt ihr wie angegossen, sie umgibt<br />

die Aura des Starglanzes <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Starbeschädigung. Und dass sie die Arie<br />

<strong>Der</strong> Hölle Rache" hoch oben im Büh-<br />

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Die Welt 02.01.2013<br />

Erscheinungsland: Deutschland | Auflage: 323.949 | Reichweite: Reichweite: 862.000 (0%) | Artikelumfang: 37.399 mm²<br />

Seite: 22 2/2<br />

Thema: Burgtheater<br />

Autor:<br />

ULRICH WEINZIERL<br />

nenhimme/ pendelnd singt, genauer gesagt:<br />

markiert, sorgt flir die magischen<br />

Momente verrückten Zaubers, ohne den<br />

auch Oper nicht funktioniert. Diese Königin<br />

<strong>der</strong> Nacht ist eine Königin des<br />

Theaters.<br />

Plötzlich gelingen Jan Bosse szenische<br />

Lösungen, die - statt ein Menschendrama<br />

zu simulieren, wo lediglich<br />

ein Sprachkonzert ist - dramatische<br />

Wucht <strong>und</strong> böse, grausame Komik entwickeln.<br />

<strong>Der</strong> Lüster sinkt hernie<strong>der</strong> <strong>und</strong><br />

verwandelt sich in eine unbarmherzig<br />

grelle Operationsleuchte, die Nobeltafel<br />

in einen Seziertisch, auf dein die völlig<br />

erschöpfte, vöm Husten gepeinigte Sängerin<br />

liegt, als wäre sie bereits die Leiche,<br />

die sie bald sein wird. Das Licht",<br />

sagt <strong>der</strong> Doktor, ist ein Unglück." Und<br />

<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>"<br />

gibt sich als Zurücknahme von Mozarts<br />

Zauberflöte" zu erkennen, mit ihrem<br />

Triumphieren <strong>der</strong> Kräfte des Hellen<br />

über dunkle Gewalten. Denn in <strong>Thomas</strong><br />

<strong>Bernhard</strong>s Reich ging die Sonne nie auf,<br />

hier regierte unangefochten <strong>und</strong> auf<br />

ewig die Macht <strong>der</strong> Finsternis. Ist es eine<br />

Komödie? Ist es eine Tragödie? Beides<br />

zugleich naturgemäß.<br />

Termine: 3., s., 8., 26. Januar<br />

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Österreich 01.01.2013<br />

Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 491.918 | Reichweite: Reichweite: 729.000 (10,2%) | Artikelumfang: 25.639 mm²<br />

Seite: 31 1/1<br />

Thema: Burgtheater<br />

Autor:<br />

k.A.<br />

Man muss<br />

mehrmals<br />

hinschauen:<br />

Ja, das ist<br />

Peter Simonischek<br />

IL Ex-Je<strong>der</strong>mann brillierte an <strong>der</strong> Burg<br />

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Ein Fest für Schauspieler an<br />

<strong>der</strong> Burg mit Simonischek,<br />

Meyerhoff <strong>und</strong> Melles.<br />

Theatet. <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s<br />

<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Wahnsinnige</strong>, ein artifizielles,<br />

hochgradig musikalisches<br />

Sprachkunstwerk über die<br />

Kunst <strong>und</strong> den Tod, wird<br />

erstmals am Burgtheater<br />

aufgeführt. Regisseur Jan<br />

Bosse setzt im beeindruckenden<br />

Bühnenbild von<br />

Stehane Lairn auf drei<br />

grandiose Schauspieler.<br />

Auflösung. Den von allen<br />

Details physischer Auflösung<br />

faszinierten Anatomen,<br />

<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Gar<strong>der</strong>obe<br />

<strong>der</strong> Sängerin auf ihren Auftritt<br />

als Königin <strong>der</strong> Nacht in<br />

Mozarts Zauberflöte wartet,<br />

spielt Joachim Meyerhoff;<br />

S. Melles: Königin <strong>der</strong> Nacht.<br />

Presseclipping erstellt am 02.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />

sanft lächelnd hält er als Verkörperung<br />

monopolisierter<br />

Sprache horrorhaft virtuose,<br />

endlos lange Monologe über<br />

das Sezieren einer Leiche.<br />

Schnaps. Sein Gegenüber<br />

ist ein Schnaps trinken<strong>der</strong>,<br />

dicker, alter Mann mit Stirnglatze,<br />

Blindenstab <strong>und</strong><br />

schwarzer Brille. Man muss<br />

mehrmals hinschauen, bevor<br />

man in dieser Maske Peter<br />

Simonischek erkennt.<br />

Wie er den blinden Vater <strong>der</strong><br />

Königin darstellt, zuerst<br />

nur einzelne Phrasen des<br />

Arztes wie<strong>der</strong>holt, mit seinem<br />

Stock herumtastet <strong>und</strong><br />

auf den Tisch haut, über<br />

eine Stufe stürzt o<strong>der</strong> einen<br />

Finger ins frisch eingeschenkte<br />

Glas steckt, um zu<br />

erfahren, wie voll es ist- das<br />

sind Gustostückerl großer<br />

Schauspielkunst.<br />

Höllenb<strong>und</strong>. Die Dritte im<br />

Höllenb<strong>und</strong>e ist Sunnyi Melles<br />

als hysterische Königin<br />

<strong>der</strong> Nacht. Singen kann sie<br />

nicht, aber sonst kann sie alles:<br />

lachen, schreien, kreischen,<br />

husten. Die koloraturgespickte<br />

Rachearie <strong>der</strong><br />

Königin <strong>der</strong> Nacht kommt<br />

zum Glück vom Band, während<br />

die Koloraturmaschine",<br />

wie <strong>der</strong> Doktor sie<br />

nennt, wie ein schwarzer<br />

Racheengel durch die Luft<br />

an den Tisch bei den Drei<br />

Husaren" schwebt. - Bravos<br />

für alle.<br />

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Die Zeit 03.01.2013<br />

Erscheinungsland: Deutschland | Auflage: 504.072 | Reichweite: Reichweite: 1.696.000 (3,1%) | Artikelumfang: 70.539 mm²<br />

Seite: 47 1/3<br />

Thema: Burgtheater<br />

Autor:<br />

ANDREA HEINZ<br />

Ein Sekt auf<br />

die Todesangst<br />

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Jan Bosse inszeniert <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s »<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>« am Wiener Burgtheater<br />

als unerbittliche Desillusionskunst<br />

Presseclipping erstellt am 03.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />

VON ANDREA HEINZ<br />

vierzig Jahren wurde <strong>Thomas</strong><br />

<strong>Bernhard</strong>s <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Wahnsinnige</strong> bei den Salzburger<br />

Festspielen uraufgefiihrt, <strong>und</strong><br />

Vor<br />

wer Claus Peymanns Inszenierung<br />

in Salzburg o<strong>der</strong> als Aufzeichnung<br />

gesehen hat, erinnert<br />

sich an Bruno Ganz: Blasiert dozierte er als<br />

Doktor vor sich hin, mephistophelisch lächelnd<br />

eine Leichensektion erörternd. Dieser Doktor<br />

war über jeden Zweifel erhaben, er war ganz bei<br />

sich. Ulrich Wildgruber, <strong>der</strong> Vater, daneben: ein<br />

sabbeln<strong>der</strong>, schwitzen<strong>der</strong>, saufen<strong>der</strong> Fleischberg,<br />

ihm alles nachplappernd. <strong>Der</strong> Doktor war<br />

hier die Respektsperson. Immerhin ist es in seinem<br />

ständigen Monologisieren vor allem er, <strong>der</strong><br />

die großen Fragen des Dramas aufwirft: Wie<br />

hält man ein Leben durch, das doch am Ende<br />

vergeblich scheint? Was tut man, wenn die Perfektion<br />

erreicht ist <strong>und</strong> eigentlich nur noch <strong>der</strong><br />

Tod folgen kann? Wenn die Kunst auch nicht<br />

mehr helfen kann, vielmehr <strong>der</strong> Kunstbetrieb<br />

selbst schon »ein Misthaufen« o<strong>der</strong> gleich »die<br />

Hölle« ist?<br />

Vierzig Jähre später, in Jan Bosses Inszenierung<br />

für die Silvesterpremiere am Wiener Burgtheater,<br />

ist Joachim Meyerhoff <strong>der</strong> Doktor. Wenn<br />

er während seines Vortrags mit den Händen dirigiert,<br />

sich zwischendurch manieriert über die ergrauten<br />

Haare streicht, dann fühlt man sich kurzzeitig<br />

an Jan Josef Liefers als Professor Boerne<br />

erinnert, den Gerichtsmediziner aus dem Münsteraner<br />

Tatort: ein selbstverliebter, größenwahnsinniger<br />

Feingeist. Meyerhoff aber bricht jede<br />

solche Eindeutigkeit, die Autorität seines Doktors<br />

ist fragwürdig. Das Warten auf die Königin<br />

<strong>der</strong> Nacht macht ihn hibbelig, er tigert nervös<br />

durch die Gar<strong>der</strong>obe, stöhnt gekünstelt auf. Ungelenkt<br />

drapiert er seinen Körper in die Szenerie<br />

<strong>und</strong> scheint doch nie so recht zu wissen, wohin<br />

mit ihm. Dieser Doktor sitzt nicht im Sessel er<br />

balanciert auf <strong>der</strong> Lehne, mit überkreuzten Beinen<br />

<strong>und</strong> am liebsten auch noch verdrehten Armen.<br />

Er spricht von <strong>der</strong> Kunst, einer »ungeheuren<br />

Nervenanspannung«, von <strong>der</strong> Koloratursängerin,<br />

einem »vollkommen künstlerischen Geschöpf«,<br />

<strong>und</strong> meint doch immer auch sich selbst.<br />

Nur einmal kommt er zu sich <strong>und</strong> wird völlig<br />

klar, dann nämlich, wenn er die Wahrheit des<br />

Stückes ausspricht: »Einmal glauben wir, die Literatur,<br />

einmal glauben wir, die Musik, einmal<br />

glauben wir, Menschen, aber es gibt kein Mittel.«<br />

Sonst aber ist dieser Doktor in seinem manierierten<br />

Gehabe, dem nie enden wollenden<br />

t Gerede von <strong>der</strong> Welt <strong>der</strong> Künstler, von toten<br />

2r.Körpern, »Zerglie<strong>der</strong>ung des Gehirns« <strong>und</strong><br />

»subkutanen Fettpolstern« vor allem eines: ein<br />

Kunstgeschöpf, weit entfernt von allem, was<br />

e, man als Natürlichkeit o<strong>der</strong> Lebendigkeit be-<br />

3zeichnen könnte.<br />

Diesen Part übernimmt, trotzdem o<strong>der</strong> gerade<br />

weil er säuft, Peter Simonischek als Vater. Er<br />

.2 ist raumgreifend, <strong>und</strong> das nicht nur wegen seiner<br />

imposanten Wampe. Für ihn ist <strong>der</strong> Doktor<br />

keine ernst zu nehmende Instanz mehr, er lacht<br />

ihn unverhohlen aus, äfft ihn nach. Neben dem<br />

immer etwas verklemmt agierenden Doktor ist<br />

Sirnonischeks Vater ein reiner Kraftmensch,<br />

spontan <strong>und</strong> unverbildet. Wenn ihm danach ist,<br />

drischt er mit seinem Blindenstock auf dem<br />

Boden o<strong>der</strong> auf dem Frisiertisch herum, erhebt<br />

die Stimme, betatscht seine Tochter.<br />

Sunnyi Melles behauptet ihre Koloratursängerin<br />

neben den beiden Männern, sie schwankt<br />

zwischen konzentrierter Abwesenheit, Gekreisch<br />

<strong>und</strong> hysterischem Gelächter. Ein panischer<br />

Schrei entfährt ihr, als ihre Robe unter<br />

dem Arm zerreißt. Es ist <strong>der</strong> völlige Zusammenbruch:<br />

Die Bühne färbt sich in ein an<strong>der</strong>es<br />

Licht, <strong>der</strong> blinde Vater stürzt, <strong>der</strong> brüllende<br />

Doktor <strong>und</strong> Frau Vargo (Stefan Wieland, <strong>der</strong><br />

auch den Kellner Winter spielt) stürmen herbei,<br />

als gälte es, eine Notoperation durchzuführen.<br />

Es herrscht Todesangst denn freilich geht<br />

es hier nicht um ein zerrissenes Kostüm, son-<br />

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Die Zeit 03.01.2013<br />

Erscheinungsland: Deutschland | Auflage: 504.072 | Reichweite: Reichweite: 1.696.000 (3,1%) | Artikelumfang: 70.539 mm²<br />

Seite: 47 2/3<br />

Thema: Burgtheater<br />

Autor:<br />

ANDREA HEINZ<br />

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dem ebendarum: die Angst davor, dass alles zu<br />

Ende ist <strong>und</strong> keine Klei<strong>der</strong>naht mehr hilft.<br />

Auch keine Arie, sei sie noch so makellos gesungen.<br />

Bei ihrem Auftritt am Ende des ersten Aktes<br />

schwebt die Königin <strong>der</strong> Nacht in ihrem tiefschwarzen<br />

Kostüm wie ein Engel über <strong>der</strong> Bühne,<br />

als wollte sie die Schönheit <strong>und</strong> Erhabenheit<br />

<strong>der</strong> Kunst demonstrieren <strong>und</strong> zugleich die<br />

Lächerlichkeit, die in ihrem vergeblichen Bemühen<br />

steckt. Bezeichnen<strong>der</strong>weise ist es die<br />

Rachearie, die sie singt: Hölle, Tod <strong>und</strong> Verzweiflung.<br />

Vom Himmel herab schwebt die Königin,<br />

fast wie ein Todesengel, in den zweiten Akt <strong>und</strong><br />

an den Tisch, <strong>der</strong> in den Drei Husaren bestellt<br />

wurde. Und eigentlich ist jetzt schon alles vorbei:<br />

Wo <strong>Bernhard</strong> erst am Ende des Aktes völlige<br />

Dunkelheit wünschte, sitzt die Tischgesellschaft<br />

hier von Beginn an in tiefer Finsternis, nur ein<br />

Kronleuchter als Lichtquelle. <strong>Der</strong> Doktor führt<br />

noch pflichtschuldig seine Sektion zu Ende, die<br />

Königin <strong>der</strong> Nacht restauriert sich <strong>und</strong> pu<strong>der</strong>t<br />

mit großer Staubwolke ihre Nase. Man schüttet<br />

gläserweise Sekt hinunter, <strong>und</strong> während alle<br />

noch den Schein zu wahren versuchen, läuft die<br />

Sache langsam aus dem Ru<strong>der</strong>. Die Königin <strong>der</strong><br />

Nacht beginnt unmotiviert <strong>und</strong> hysterisch zu<br />

lachen; irgendwann kriecht sie auf den Tisch,<br />

liegt da wie ein Embryo, während <strong>der</strong> Doktor<br />

sich hinunterbeugt, als wäre sie die Leiche, die<br />

er gerade seziert. Die Königin trägt nur noch ihr<br />

Unterkleid, es ist fleischfarben.<br />

Bei Jan Bosse endet die Inszenierung nicht in<br />

Dunkelheit, im Gegenteil. Hinter den drei Figuren<br />

wird es zunehmend hell, man erkennt an<br />

<strong>der</strong> Rückwand <strong>der</strong> Bühne das ausrangierte Bühnenbild<br />

aus dem ersten Akt, Requisiten, Technik.<br />

Es ist die letzte Desillusionierung. Als wäre<br />

die Dunkelheit immer schon da selbst wenn<br />

man sich noch im Scheinwerferlicht <strong>der</strong> laufenden<br />

Aufführung wähnt.<br />

Presseclipping erstellt am 03.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />

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Die Zeit 03.01.2013<br />

Erscheinungsland: Deutschland | Auflage: 504.072 | Reichweite: Reichweite: 1.696.000 (3,1%) | Artikelumfang: 70.539 mm²<br />

Seite: 47 3/3<br />

Thema: Burgtheater<br />

Autor:<br />

ANDREA HEINZ<br />

Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />

Zu dritt allein: Peter Simonischek, Sunnyi Melles <strong>und</strong> Joachim Meyerhoff<br />

Presseclipping erstellt am 03.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />

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Süddeutsche Zeitung 03.01.2013<br />

Erscheinungsland: Deutschland | Auflage: 546.093 | Reichweite: Reichweite: k.A. | Artikelumfang: 65.902 mm²<br />

Seite: 11, 11a 1/2<br />

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Thema: Burgtheater<br />

Autor:<br />

CHRISTOPHER SCHMIDT<br />

Anatomie einer Koloraturpuppe<br />

Jan Bosse versucht, aus <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s Farce <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>" am<br />

Wiener Burgtheater Funken zu schlagen. Doch es blieb bei einer komödiantischen Fehlzündung<br />

Ani<br />

VON CHRISTOPHER SCHMIDT<br />

Ende des ersten Teils, nach einer<br />

guten o<strong>der</strong> vielmehr lei<strong>der</strong> nicht so<br />

guten St<strong>und</strong>e hängt die Schauspielerin<br />

Sunnyi Melles in <strong>der</strong> Luft. Buchstäblich.<br />

Mit ihrer schwarzen Perücke, <strong>der</strong><br />

Strahlenkrone <strong>und</strong> dem mit silbernen Pailletten<br />

besetzten langen Kleid hängt sie in<br />

<strong>der</strong> Dekoration wie ein Weihnachtsengel,<br />

<strong>der</strong> sich in die Hölle verflogen hat. An zwei<br />

langen Seilen baumelt sie über <strong>der</strong> Bühne<br />

des Burgtheaters, die nun völlig leer ist.<br />

Und wie sie da so schwebt <strong>und</strong> schaukelt,<br />

trällert sie die berühmte Arie <strong>der</strong> Königin<br />

<strong>der</strong> Nacht aus Mozarts Oper Die Zauberflöte"<br />

- <strong>und</strong> hört auch dann nicht auf, tapfer<br />

weiter zu singen, als die Seile in stärkere<br />

Schwingungen geraten <strong>und</strong> sie schließlich<br />

bedrohlich weit über die seitlichen Bühnenrän<strong>der</strong><br />

<strong>und</strong> aus dem Blickfeld des Zuschauers<br />

tragen. Ein schaurig-schönes Bild ist<br />

das für die Leidensbereitschaft des Künstlers,<br />

<strong>der</strong> technischen Pannen mit Professionalität<br />

trotzt; eine Metapher auch für den<br />

Kunstbetrieb, <strong>der</strong> oft genug eine Hängepartie<br />

ist <strong>und</strong> manchmal eine bodenlose Unverschämtheit,<br />

in jedem Fall aber nichts an<strong>der</strong>es<br />

als ein großer Zirkus.<br />

Diese Luftnummer, mit <strong>der</strong> Regisseur<br />

Jan Bosse den Begriff Hochkultur" ironisiert,<br />

bleibt freilich <strong>der</strong> einzige Höhepunkt<br />

<strong>der</strong> Silvesterpremiere am Wiener Burgtheater<br />

mit <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>"<br />

- was schon einiges aussagt über die<br />

verzweifelten Bemühungen, dieses zu<br />

Recht selten gespielte Stück von <strong>Thomas</strong><br />

<strong>Bernhard</strong> aus dem Jahr 1972 mit vereinten<br />

Kräften <strong>und</strong> verstärktem Körpereinsatz<br />

aus <strong>der</strong> Versenkung zu hieven. Es will einfach<br />

nicht hochkommen, <strong>und</strong> das liegt - so<br />

<strong>der</strong> Eindruck nach <strong>der</strong> zweiten Vorstellung<br />

- weniger an den Schauspielern o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Regie als am Stück. Zu überdeutlich <strong>und</strong> daher<br />

auf Dauer enervierend ist diese Kulturbetriebsfarce<br />

über eine erfolgreiche Sopranistin,<br />

die ihrer Rolle als Koloratunnaschine"<br />

mit hoher Drehzahl müde ist, über ihren<br />

trunksüchtigen Vater, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Gar<strong>der</strong>obe<br />

auf sie wartet <strong>und</strong> sich dabei von einein<br />

befre<strong>und</strong>eten Arzt erzählen lässt, wie<br />

man fachgerecht eine Leiche obduziert.<br />

1972 ha<strong>der</strong>te <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong><br />

mit einer Geselischaft die zwei<br />

Minuten Finsternis nicht verträgt"<br />

Auf die Engführung von Natur <strong>und</strong> Kultur<br />

läuft hier alles hinaus, darauf, dass die<br />

musikalische Leistung des Virtuosen verdinglicht<br />

wird <strong>und</strong> von <strong>der</strong> Kritik genauso<br />

kalt zerglie<strong>der</strong>t <strong>und</strong> daher entweiht wie<br />

<strong>der</strong> menschliche Körper durch den Anatomen.<br />

Diesen unmenschlichen Charakter<br />

des Star- Systems anzuprangern, ist schon<br />

die ganze Aussage des Stücks, das eher zu<br />

den misanthropischen Aufwärrnübungen<br />

<strong>Bernhard</strong>s zählt. Ein Feuerwerk <strong>der</strong><br />

schlechten Laune, wenn man so will. Man<br />

würde sich kaum noch daran erinnern, verbände<br />

sich das Stück nicht mit einer immer<br />

wie<strong>der</strong> gern kolportierten Theater-<br />

Schnurre, dem sogenannten Salzburger<br />

Notlicht-Skandal". Für das Schlussbild<br />

wollte <strong>der</strong> Uraufführungs-Regisseur Claus<br />

Peymann bei den Salzburger Festspielen<br />

1972 für zwei Minuten die Notbeleuchtung<br />

im Zuschauerraum löschen lassen, damit<br />

absolute Dunkelheit herrsche. Als dieses<br />

Vorhaben von <strong>der</strong> Festspielleitung vereitelt<br />

wurde, kam es zu Eklat <strong>und</strong> Handgemenge,<br />

Autor <strong>und</strong> Regisseur werteten den<br />

Vorfall als Vertragsbruch, so dass keine weitere<br />

Vorstellung gespielt werden konnte.<br />

Das waren noch Zeiten, als Peymann die<br />

Festspiele eine ganz schicke Scheiße"<br />

nannte <strong>und</strong> auch dadurch provozierte,<br />

dass er bereits für die Proben echten Champagner<br />

verlangte, während <strong>Bernhard</strong> telegrafisch<br />

erklärte: Eine Gesellschaft die<br />

zwei Minuten Finsternis nicht verträgt<br />

kommt ohne mein Schauspiel aus Stop."<br />

Vierzig Jahre später sind die Theaterverhältnisse<br />

deutlich tutaufgeregter <strong>und</strong> <strong>Bernhard</strong>s<br />

Salzburger Schockerl taugt nur<br />

mehr als buntes Knallbonbon zum Jahreswechsel.<br />

Vor einer hohen Spiegelwand, die<br />

in St6phane Lairrds psychedelisch angehauchtem<br />

Bühnenbild das Publikum etwas<br />

wohlfeil eingemeindet in <strong>Bernhard</strong>s<br />

Theater-Schelte, sitzen Joachim Meyerhoff<br />

als Doktor <strong>und</strong> Peter Simonischek als<br />

Vater einan<strong>der</strong> in weißen Sesseln gegenüber<br />

- <strong>und</strong> den monologlastigen ersten<br />

Teil aus. Meyerhoff gibt im schwarzen Gehrock<br />

<strong>und</strong> mit schütterem Resthaar des<br />

Wahnsinns schlaksige Beute. Halb Frankenstein,<br />

halb Dr. Seltsam redet er sich um<br />

Kopf <strong>und</strong> steifen Kragen, steigert sich, ein<br />

Sprechautomat mit irrem Wackelkontakt,<br />

in sadistischen Furor hinein, wenn er sich<br />

in die Ekeldetails <strong>der</strong> Leichensektion vertieft,<br />

rangelt mit dem Vater um dessen<br />

Schnapsflasche - ein netter Gag, wenn er<br />

dessen Organe abtastet <strong>und</strong> dazu orchestrale<br />

Pupstöne aus dem Off erklingen.<br />

Peter Simonischek ist das ganz Fat-Suit<br />

gewordene Phlegma. Nur ab <strong>und</strong> zu grunzt<br />

er dazwischen, aber dies energisch, <strong>und</strong><br />

haut, Meyerhoffs Suada interpunktierend,<br />

mit dem Teleskopstock auf den Tisch,<br />

Presseclipping erstellt am 03.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />

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Süddeutsche Zeitung 03.01.2013<br />

Erscheinungsland: Deutschland | Auflage: 546.093 | Reichweite: Reichweite: k.A. | Artikelumfang: 65.902 mm²<br />

Seite: 11, 11a 2/2<br />

Thema: Burgtheater<br />

Autor:<br />

CHRISTOPHER SCHMIDT<br />

wenn es ans Familieneingemachte geht -<br />

zugleich ein Hallo-wach-Signal für den<br />

von <strong>Bernhard</strong>s Hasslitaneien gründlich<br />

eingelullten Zuschauer. Sunnyi Melles tritt<br />

durch den Spiegel auf wie eine Alice im<br />

W<strong>und</strong>erland. Sie spielt die Königin <strong>der</strong><br />

Nacht als eine Art Olimpia, eine Puppe, die<br />

wie auf Autopilot Koloraturen markiert, eine<br />

w<strong>und</strong>ersam hyperaktive <strong>und</strong> ferngesteuerte<br />

Kunstfigur. Wenn <strong>der</strong> Doktor ihr<br />

aufgerissenes Kostüm mit heißer Nadel<br />

wie<strong>der</strong> zunäht, meint man, es müssten geradezu<br />

Sägespäne aus den Löchern rieseln.<br />

Auf das Lampenfiebervor folgt die nervliche<br />

Zerrüttung nach dem Auftritt. Bei <strong>der</strong><br />

Feier im Restaurant Bei den Drei Husaren"<br />

schüttet sie sich mit Champagner zu,<br />

knutscht inzestuös mit dem Papa , <strong>und</strong> die<br />

Koloratur-Übungen zerfallen nun zu Hustenkrämpfen.<br />

Die gedeckte Tafel verwandelt<br />

sich in einen Operationstisch, auf dem<br />

die Sängerin bewusstlos liegt, als folge auf<br />

die Theorie <strong>der</strong> Obduktion gleich <strong>der</strong>en<br />

Vollzug am lebenden Objekt. Doch auch<br />

diese kleine Bosheits-Extra-Explosion<br />

macht aus einer Papierschlange noch keine<br />

Rakete. Das einzige, was an diesem<br />

Abend abhebt, sind - außer Sunnyi Melles'<br />

Flugnummer - am Ende die Molton-Tücher,<br />

welche die Hinterbühne verhängen.<br />

Jan Bosse schaut Tante Thalia mal wie<strong>der</strong><br />

unter die Röcke, um dem Zuschauer zu bedeuten,<br />

es war alles nur Theater. Schon<br />

wahr, nur lei<strong>der</strong> kein richtig gutes.<br />

Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />

Die Kunst auf dem Seziertisch Joachim Meyerhoff, Sunnyi Melks (als Königin <strong>der</strong> Nacht) <strong>und</strong> Peter Simonfiliasek. FOTO: REINHARD MAXIMILIAN WERNER<br />

Presseclipping erstellt am 03.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />

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Frankfurter Allgemeine Zeitung 02.01.2013<br />

Erscheinungsland: Deutschland | Auflage: 445.477 | Reichweite: Reichweite: 938.000 (0%) | Artikelumfang: 59.652 mm²<br />

Seite: 27, 27a 1/2<br />

Thema: Burgtheater<br />

Autor:<br />

Martin Lhotzky<br />

Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />

Schaukeln in luftiger Höhe<br />

Die Königin schwingt<br />

<strong>und</strong> singt <strong>und</strong> nervt<br />

trotzdem: Das Wiener<br />

Burgtheater zeigt<br />

<strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s<br />

<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Wahnsinnige</strong>".<br />

ersten Takte knistern noch<br />

bloß aus dem Lautsprecher, dann<br />

Dieaber hebt die Spiegelwand Richtung<br />

Bühnenhimmel ab, die Gar<strong>der</strong>obe<br />

<strong>der</strong> gefeierten Sopranistin verschwindet<br />

<strong>und</strong> gibt den Blick <strong>und</strong> den Ton frei<br />

auf die Königin <strong>der</strong> Nacht. Nach oben<br />

fährt sie, im schwarzen, mit silbernen<br />

Nieten besetzten Kleid, am Kopfe die<br />

schwarze Perücke <strong>und</strong> daran befestigt<br />

die Fe<strong>der</strong>krone peinlicher als eine Königin,<br />

die ihre Krone verliert, ist nur<br />

eine, <strong>der</strong>en Kleid zerreißt. Einfach nach<br />

oben zu schweben reicht aber nicht,<br />

nicht mehr bei diesem ihrem zweih<strong>und</strong>ertzwei<strong>und</strong>zwanzigsten<br />

Auftritt in <strong>der</strong><br />

Rolle <strong>der</strong> Mozart-Bösewichtin par excellence.<br />

Schwingen muss sie, hin <strong>und</strong> her, mal<br />

verschwindet sie beinahe links, dann<br />

auch noch rechts aus dem Sichtbereich,<br />

<strong>und</strong> immer singt sie beziehungsweise<br />

gibt sie vor, ihre Koloraturen zu singen.<br />

Naturgemäß Koloraturen möchte man sagen,<br />

denn die im fiktiven Feuilleton als<br />

Koloraturmaschine" bekannte Diva entsprang<br />

1972 <strong>der</strong> Fe<strong>der</strong> von <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>.<br />

In seinem Stück <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>" wird <strong>der</strong> Auftritt<br />

selbst zwar ausgeblendet, doch in <strong>der</strong> Inszenierung<br />

durch Jan Bosse am Burgtheater,<br />

die Silvesterpremiere des gerade<br />

vergangenen Jahres, bildet diese Schaukelszene<br />

in luftiger Höhe den einsamen<br />

Höhepunkt.<br />

Wäre es nicht während <strong>der</strong> Uraufführung<br />

bei den Salzburger Festspielen vor<br />

gut vierzig Jahren zum Eklat gekommen<br />

die dem Regisseur Claus Peymann <strong>und</strong><br />

dem Autor vertraglich zugesicherte vollständige<br />

Lichtlöschung am Ende wurde<br />

von Feuerwehr <strong>und</strong> Bühnenpolizei verhin<strong>der</strong>t,<br />

es kam zu Handgreiflichkeiten,<br />

gar zur Absetzung des Stückes würde<br />

höchstwahrscheinlich überhaupt kein<br />

Hahn mehr nach diesem ohnedies <strong>und</strong><br />

zu Recht selten aufgeführten frühen<br />

<strong>Bernhard</strong> krähen. Zwar zeigen sich da<br />

schon seine später fortgesetzten <strong>und</strong> ausgebreiteten<br />

Marotten <strong>und</strong> misanthropen<br />

Anwürfe, nicht zuletzt die inflationäre<br />

Verwendung des Wortes naturgemäß",<br />

aber es taugt doch nur gering zur Unterhaltung,<br />

strapaziert eher die Nerven<br />

selbst eines wohlmeinenden Publikums.<br />

Im ersten Akt warten <strong>der</strong> geschwätzige<br />

Arzt <strong>und</strong> <strong>der</strong> beinahe blinde Trunkenbold<br />

von Vater in <strong>der</strong> Gar<strong>der</strong>obe <strong>der</strong> Königin<br />

auf <strong>der</strong>en Auftritt. Während sie,<br />

endlich, spät, aber noch nicht zu spät,<br />

wenn auch jeden Abend später, wie lang<br />

<strong>und</strong> breit ausgeführt wird, zurechtgemacht<br />

wird, trägt <strong>der</strong> Arzt nicht nur Belanglosigkeiten<br />

über Kunst <strong>und</strong> Kultur<br />

(Mich ekelt noch immer vor dem tagtäglichen<br />

Empfindungsreichtum des Feuilletonismus")<br />

vor, son<strong>der</strong>n hält zusätzlich<br />

eine Vorlesung über Autopsien. Die setzt<br />

er dann nach <strong>der</strong> Vorstellung im zweiten<br />

Akt, bereits im Nobelrestaurant Zu den<br />

drei Husaren" (ging im Jahre 2010 in<br />

Konkurs) bei Beef Tatar <strong>und</strong> Gevrey-<br />

Chambertin-Wein fort, wo aber alle drei<br />

schon ihren diversen Todessehnsüchten<br />

nachhängen. <strong>Der</strong> Vater säuft weiter:bald<br />

drei Flaschen Schnaps am Tag, die Diva<br />

will künftig nicht mehr auftreten, <strong>der</strong><br />

Doktor nur mehr Finsternis.<br />

Um sich aus dieser Ödnis noch zu retten,<br />

bedarf es mehr als einer singenden,<br />

schwingenden Königin <strong>der</strong> Nacht, auch<br />

wenn Sunnyi Melles ihre ganze Fahrigkeit<br />

<strong>und</strong> Nervigkeit, ihre schrillste Stimme<br />

<strong>und</strong> ihre beste Koloraturpantomimik<br />

auffährt. Für einige Zeit ist das noch<br />

ganz witzig, die Ubertreibung kommt<br />

auch <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>intention des Textes, ein,<br />

wenn auch zu langes, Stück absurden<br />

Theaters zu sein, wie<strong>der</strong> recht nahe,<br />

trägt aber dann doch keine zwei St<strong>und</strong>en.<br />

Besser hat es da Peter Simonischek,<br />

<strong>der</strong> den Säufervater als rülpsenden Rabauken<br />

behaupten darf. Schon zu Beginn<br />

wenig elegant zur dunklen Sakko-<br />

Hose-Kombination hat ihm tatsächlich<br />

<strong>der</strong> F<strong>und</strong>us weiße Le<strong>der</strong>schuhe ausgegraben<br />

ist <strong>der</strong> beim langsamen Ausblenden<br />

<strong>der</strong> Bühnenlichter bereits völlig <strong>der</strong>angiert,<br />

wenn auch gut abgefüllt <strong>und</strong><br />

fröhlich. Neu ist, dass er neben den papageienartigen<br />

Wie<strong>der</strong>holungen des Arztvortrages<br />

mit seinem Teleskopblindenstock<br />

zuschlägt. Erst trommelt er damit<br />

bei je<strong>der</strong> Bemerkung des Doktors, die<br />

das als inzestuös (auch so eine Schnapsidee)<br />

angedeutete Verhältnis zur Tochter<br />

anstreift, auf den Schminktisch, dann<br />

macht er Anstalten, alle mit dem Gehbehelf<br />

zu verprügeln.<br />

Joachim Meyerhoff schließlich gibt<br />

den boshaft-redseligen pathologischen<br />

Presseclipping erstellt am 02.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />

Mediziner als eine Variante von Doktor<br />

Seltsam aus Kubricks Bombenfilm mit<br />

Doktor Frankenstein. Er hechelt,- er<br />

schubst, er näht (das zerrissene Kleid)<br />

<strong>und</strong> neckt seinen blinden Zuhörer auf<br />

vielerlei Arten. <strong>Der</strong> Soupertisch wird<br />

ihm zuletzt zum Operationstisch, auf<br />

dem eventuell noch heute Abend die Königin<br />

seziert werden soll. Aber das erfährt<br />

man nicht mehr <strong>und</strong> will man eh<br />

nicht wissen. Auf <strong>der</strong> Bühne wird es dunkel,<br />

aber im Saal bleiben die Notbeleuchtungen<br />

an, wie das Ensemble noch mit einem<br />

Ausdruck von Verw<strong>und</strong>erung feststellt,<br />

als <strong>der</strong> Eiserne Vorhang den lange<br />

weilenden Abend endlich beendet.<br />

MARTIN LHOTZKY<br />

© CLIP Mediaservice 2013 - www.clip.at


Frankfurter Allgemeine Zeitung 02.01.2013<br />

Erscheinungsland: Deutschland | Auflage: 445.477 | Reichweite: Reichweite: 938.000 (0%) | Artikelumfang: 59.652 mm²<br />

Seite: 27, 27a 2/2<br />

Thema: Burgtheater<br />

Autor:<br />

Martin Lhotzky<br />

Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />

Auf dem Soupertäch wird die Königin (Sunnyi Melles) im Laufe des Abends eventuell noch seziert.<br />

Presseclipping erstellt am 02.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />

Foto Reinhard Maximilian Werner<br />

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Die Furche 03.01.2013<br />

Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 17.577 | Reichweite: Reichweite: k.A. | Artikelumfang: 53.118 mm²<br />

Seite: 15 1/2<br />

Thema: Burgtheater<br />

Autor:<br />

Patric Blaser<br />

Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />

Das ewige Leiden an <strong>der</strong> Perfektion<br />

Jan Bosse inszeniert am Burgtheater <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s Drama "<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>". Seiner Inszenierung mangelt es an Abgründigem.<br />

I Von Patric Blaser<br />

<strong>Bernhard</strong>s Stücke lassen<br />

Regisseuren meist wenig<br />

Raum zur Interpretation.<br />

<strong>Thomas</strong><br />

Sie sind im besten Sinne Schauspielerstücke,<br />

<strong>der</strong>en Wortkaskaden<br />

<strong>und</strong> verschachtelten Windungen<br />

<strong>und</strong> Wendungen vor allem<br />

von den Leistungen <strong>der</strong> Schauspie-<br />

/er abhängen. So auch das 1972 bei<br />

den Salzburger Festspielen durch<br />

Claus Peymann zur Uraufführung<br />

gebrachte (<strong>und</strong> durch den sogenannten<br />

Notlichtskandar zur Berühmtheit<br />

gelangte) Stück <strong>Der</strong><br />

<strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>".<br />

Jan Bosse setzt bei seiner Inszenierung<br />

am Wiener Burgtheater - die<br />

kurzfristig als Ersatz für das auf einen<br />

späteren Zeitpunkt verschobene<br />

neue Stück des Dänen <strong>Thomas</strong><br />

Vinterberg angesetzt wurde<br />

- ganz auf Joachim ,Meyerhoff, Peter<br />

Simonischek, Sunnyi Melles<br />

<strong>und</strong> Stefan Wieland.<br />

Im erst zweiten abendfüllenden<br />

Bühnenwerk von <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong><br />

geht es um die Kunst, genauer<br />

um die Deformation durch<br />

Kunst <strong>und</strong> die Unmenschlichkeit<br />

eines Theaterbetriebs, <strong>der</strong> allabendlich<br />

Höchstleistungen verlangt.<br />

Dabei stehen die Kunst, <strong>der</strong><br />

Künstler stellvertretend für das<br />

Leben. So ist nicht nur das zu Veräußerlichung<br />

bestimmte Leben<br />

unweigerlich zum Scheitern verurteilt,<br />

son<strong>der</strong>n je<strong>der</strong> Versuch mit<br />

diesem irgendwie fertig zu werden.<br />

<strong>Bernhard</strong> versteht darunter<br />

ein Scheitern auch <strong>der</strong> Herstellung<br />

von Identität (auch gesellschaftlicher)<br />

- vielleicht die einzige<br />

Interpretation, die sich Bosse<br />

hier jenseits von <strong>Bernhard</strong> erlaubt<br />

hat, indem er einen die ganze Breite<br />

<strong>der</strong> I3urgtheaterbühne einnehmenden<br />

Spiegel bauen ließ (Bühne<br />

Stdphane Lairn6), in dem das<br />

Publikum sich selbst den ganzen<br />

Abend über sehen konnte.<br />

<strong>Bernhard</strong>Sche Situationen<br />

Das Stück spielt am Rande <strong>der</strong><br />

Oper. Im ersten Akt in <strong>der</strong> Gar<strong>der</strong>obe<br />

einer virtuosen Operndiva (Sunnyi<br />

Melles), <strong>der</strong>en Konterfei unter<br />

zahlreichen Perückenpuppen<br />

unschwei zu erkennen ist. Dort<br />

warten vor einem überdimensionierten,<br />

mit unzähligen Glühbirnen<br />

beleuchteten Schminkspiegel<br />

auf die Virtuosin ihr Bew<strong>und</strong>erer<br />

<strong>und</strong> unablässig schwadronieren<strong>der</strong><br />

Arzt (Joachim Meyerhoff)<br />

<strong>und</strong> sein meist stummes Gegenr<br />

Peter Simoschek<br />

spielt in<br />

er <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>"<br />

einen halbblinden<br />

Säufer. Wie alle an<strong>der</strong>en<br />

Schauspieler<br />

begeistert auch<br />

er mit sehr gutem<br />

echauspiel.<br />

über, <strong>der</strong> heruntergekommene Vater,<br />

ein halbblin<strong>der</strong> Säufer von beträchtlicher<br />

Körperfülle (Peter<br />

Simonischek). Es ist dies eine typisch<br />

<strong>Bernhard</strong>'sche Situation:<br />

99 Bosse zelebriert zwar <strong>Bernhard</strong>s böse<br />

Wendungen, treibt aber die Farce eher dem<br />

Boulevardesken zu als <strong>der</strong> existenziellen<br />

Schwäche."<br />

Zwischen den Wartenden kommt<br />

es zu keinem eigentlichen Dialog.<br />

<strong>Der</strong> wahnsinnige Doktor ergießt<br />

sich zuerst in einer typisch<br />

<strong>Bernhard</strong>'schen Suada über den<br />

Theaterbetrieb, gegen die Schauspieler<br />

<strong>und</strong> gegen das Publikum,<br />

dann gegen das Feuilleton (nichts<br />

als Organe <strong>der</strong> Unzuständigkeit"),<br />

bevor er manisch von <strong>der</strong> fachgerechten<br />

Sezierung des menschlichen<br />

Körpers zu schwadronieren<br />

beginnt, während <strong>der</strong> ignorante<br />

Vater das Stakkato medizinischer<br />

Fachbegriffe meist mit dem Griff<br />

zur Schnapsflasche o<strong>der</strong> gelegentlich<br />

gehässig mit dem Wort Rücksichtslosigkeit"<br />

quittiert. Die<br />

Vorstellung von Mozarts Zauberflöte"<br />

hat längst begonnen, wie wir<br />

Presseclipping erstellt am 03.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />

über Lautsprecher vernehmen, als<br />

die Königin <strong>der</strong> Nacht" endlich<br />

durch den Klei<strong>der</strong>schrank auftritt,<br />

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Die Furche 03.01.2013<br />

Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 17.577 | Reichweite: Reichweite: k.A. | Artikelumfang: 53.118 mm²<br />

Seite: 15 2/2<br />

Thema: Burgtheater<br />

Autor:<br />

Patric Blaser<br />

beseelt von <strong>der</strong> Hoffnung, die berühmte<br />

Arie erneut zur höchsten<br />

Perfektion zu bringen.<br />

Mangel an Abgründigem<br />

Sunny' Melles spielt die Koloratursängerin<br />

als oft irre lächelnde<br />

Diva am Rande des Nervenzusammenbruchs.<br />

Als die wie<strong>der</strong>holt aufgeplatzten<br />

Achselnähte durch die<br />

stoische Gar<strong>der</strong>obiere Frau Vargo<br />

(Stefan Wieland) genäht wurden,<br />

hängt sie hoch oben, frei schwebend<br />

am Schnürboden, während<br />

<strong>Der</strong> Hölle Rache" ertönt <strong>und</strong> die<br />

Bühne sich zum zweiten Akt dreht.<br />

Im Nobelrestaurant "Zu den drei<br />

Husaren" trägt <strong>der</strong> Doktor zu Beefsteak-Tatar<br />

weiter sein Sektionsprotokoll<br />

vor, während <strong>der</strong> servile<br />

Kellner (ebenfalls Stefan Wieland)<br />

wie<strong>der</strong>holt dezent den Feierabend<br />

ausruft.<br />

Jan Bosses Regie ist sehr am<br />

Text, die Schauspieler glänzen,<br />

aber insgesamt mangelt es dem<br />

Abend etwas an Abgründigem.<br />

Bosse zelebriert zwar <strong>Bernhard</strong>s<br />

böse Wendungen, treibt aber die<br />

Farce eher dem Boulevardesken<br />

als <strong>der</strong> existenziellen Schwärze.<br />

Weitere Termine<br />

3., 5., 8., 26. Jänner<br />

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Silvester-Premiere am Burgtheater - <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s "<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> u...<br />

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1 von 2 02.01.2013 11:44<br />

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FAZIT<br />

31.12.2012 · 23:05 Uhr<br />

Wiener Burgtheater (Bild: Stock.XCHNG / Michael Gordon)<br />

<strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s "<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>"<br />

Von Gerhard Doppler<br />

Irgendwie langweilig <strong>und</strong> müde wirkte diese Inszenierung. Vierzig Jahre nach seiner<br />

Entstehung wurde <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s "<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>" am Silvesterabend<br />

erstmals am Wiener Burgtheater aufgeführt.<br />

"Erschöpfung, nichts als Erschöpfung" sind die letzten Worte in <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s "Salzburger Stück"<br />

"<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>" <strong>und</strong> schon vorher einmal: "das Theater ist die Hölle". Insofern schon<br />

scheint dieses frühe Drama <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s gut geeignet für den Jahresausklang eines Theaters, für<br />

eine Silvester-Premiere, eine früher an vielen Theatern übliche, inzwischen sonst fast ausgestorbene<br />

Tradition, die Intendant Matthias Hartmann für das Wiener Burgtheater neu belebt hat.<br />

"<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>", ein Auftragswerk <strong>der</strong> Salzburger Festspiele 1972, ist eine<br />

Back-Stage-Komödie: Arzt <strong>und</strong> Vater warten in <strong>der</strong> Theatergar<strong>der</strong>obe auf die Darstellerin <strong>der</strong> Sängerin<br />

<strong>der</strong> Königin <strong>der</strong> Nacht aus Mozarts "Zauberflöte" <strong>und</strong> assistieren ihr beim Schminken <strong>und</strong> Anlegen des<br />

Kostüms. Nach <strong>der</strong> Vorstellung sehen wir Doktor, Vater <strong>und</strong> Tochter in einem Wirtshaus miteinan<strong>der</strong><br />

speisen. Die gefeierte Sängerin sagt dabei <strong>der</strong> Kunst, sagt alle weitere Auftritte ab.<br />

Mehr als drei Viertel des Textes bestreitet <strong>der</strong> Doktor, indem er vor dem nur einige Worte<br />

wie<strong>der</strong>holenden, blinden, betrunkenen Vater <strong>der</strong> Sängerin über Anatomie <strong>und</strong> die Kunst des Sezierens<br />

doziert: Koloraturen <strong>der</strong> Sängerin <strong>und</strong> Sezieren <strong>der</strong> Stimme, Anatomie <strong>und</strong> Kunst, Künstlichkeit von<br />

Kunst, Tod, Perfektion <strong>und</strong> Kunst werden auf diese Weise Thema des Stücks.<br />

<strong>Bernhard</strong>s frühes Werk hat allerdings ein wenig Staub angesetzt, ein wenig zu direkt existentialistische<br />

Fragen erörternd, ein wenig zu konstruiert. Es zeigt noch nicht so deutlich wie spätere Werke den<br />

abgründigen, aber auch sehr komödiantischen Übertreibungs- <strong>und</strong> Erregungskünstler <strong>Bernhard</strong>.<br />

Gerade daran waren aber vielleicht die Erwartungen eines vergnügungssüchtigen Silvester-<br />

Premierenpublikums geknüpft, zumal drei Bugtheater-Publikumslieblinge auftreten: Joachim Meyerhoff<br />

(Doktor), Peter Simonischek (Vater) <strong>und</strong> Sunnyi Melles (Sängerin). Doch <strong>der</strong> Abend zog sich, zumal<br />

Regisseur Jan Bosse sich kaum bemerkbar machte.<br />

Sicherlich das Bühnenbild (Stephane Laime) gefällt: Die Künstlergar<strong>der</strong>obe vor dem Vorhang, <strong>der</strong> als<br />

Spiegel auch den gesamten Zuschauerraum des Burgtheaters mit spiegelte, dann <strong>der</strong> Wirtshaustisch, <strong>der</strong><br />

mit <strong>der</strong> darauf liegenden Sängerin am Schluss wie das Rembrandt'sche Anatomiebild beleuchtet erschien<br />

(Licht: Peter Bandl) o<strong>der</strong> die in <strong>der</strong> Umbaupause über den Männern schwebende Königin <strong>der</strong> Nacht.<br />

Doch die Theaterkatastrophen <strong>und</strong> Provokationen, von denen in <strong>Bernhard</strong>s Stück immer wie<strong>der</strong> die Rede<br />

ist - plötzlicher Abbruch <strong>der</strong> Vorstellung, Verweigerung <strong>der</strong> Schauspieler <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e Pannen - wurden nur<br />

angesprochen, kaum theatralisch ausgekostet, nicht einmal das mögliche plötzliche Aufreißen <strong>der</strong> Nähte<br />

im Theaterkostüm.<br />

Und die Schauspieler schienen allein gelassen. Peter Simonischek gab sich keine Mühe, seiner meist aufs


Silvester-Premiere am Burgtheater - <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s "<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> u...<br />

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2 von 2 02.01.2013 11:44<br />

Zuhören beschränkten Rolle Eigengewicht zu verschaffen, hin <strong>und</strong> wie<strong>der</strong> schlug lediglich er heftig mit<br />

seinem Blindenstock auf den Tisch. Sunnyi Melles Stimme traute man trotz Bemühungen bei ihren<br />

Einsingübungen kaum große Arien zu. Und vor allem Joachim Meyerhoff schien keinen Ton für den<br />

<strong>Bernhard</strong>sche Erregungstexte <strong>und</strong> dessen schnellen Wechsel von Anatomievorlesung <strong>und</strong><br />

Kunstaufgeregtheit gef<strong>und</strong>en zu haben. Man stellte sich insgeheim vor, wie kauzig grüblerisch wohl Bruno<br />

Ganz, für den <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong> die Rolle geschrieben hatte, im Kontrast dazu gewesen sein mag.<br />

Gleichbleibend hyperaktiv, sich immer wie<strong>der</strong> nervös das Haupthaar mit <strong>der</strong> Hand streichend, ermüdete<br />

Meyerhoffs aufgeregter Vortrag schnell.<br />

Fre<strong>und</strong>licher, aber etwas verhaltener Beifall für eine Inszenierung, die nach vierzig Jahren die verspätete<br />

Erstaufführung eines noch nie am Wiener Burgtheater gezeigten Stücks des inzwischen zum<br />

österreichischen Klassiker gewordenen Autors nachholte. Mehr war es kaum. Da die Premiere früh<br />

angesetzt wurde, hatte das Silvester-Publikum danach aber noch fast vier St<strong>und</strong>en Zeit, das alte Jahr zu<br />

feiern.<br />

© 2013 Deutschlandradio


News 03.01.2013<br />

Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 169.435 | Reichweite: Reichweite: 640.000 (8,9%) | Artikelumfang: 9.032 mm²<br />

Seite: 88 1/1<br />

Thema: Burgtheater<br />

Autor:<br />

Heinz Sichrovsky<br />

BURGTHEATER<br />

<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong><br />

von <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong> ***** *<br />

Du Burgtheater leistet sich eine jährliche<br />

Silvesterpremiere aus dem Großbereich<br />

<strong>der</strong> Unterhaltung, <strong>und</strong> <strong>der</strong> Begriff ist<br />

weit gefasst: Schillers Parasit" gehorchte<br />

ihm ebenso wie eine Komödie von Woody<br />

Allen. Mit guten Voraussetzungen wandte<br />

man sich nun also <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s <strong>Der</strong><br />

<strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>" zu, einem<br />

Klassiker des Theaters auf dem Theater.<br />

Die Gar<strong>der</strong>obe einer hysterischen Operndiva,<br />

die ihren Auftritt als Königin <strong>der</strong> Nacht<br />

in <strong>der</strong> Zauberflöte" erwartet; ihr blin<strong>der</strong>,<br />

zirrhotischer Vater <strong>und</strong> ihr von Sexualneurosen<br />

verkrümmter Vertrauensarzt: Mit diesem<br />

Personal hat <strong>Bernhard</strong> eine schwarze Groteske<br />

von Rang geschaffen. Nicht aber eine<br />

plumpe Knallkomödie mit grob gehämmerten<br />

Klischeefiguren, die, einmal auf die Bühne<br />

geklotzt, dort alleingelassen werden. Dem<br />

Regisseur Jan Bosse fehlt zudem jedes Sensorium<br />

für <strong>Bernhard</strong>s Sprachmusik. So kämpfen<br />

die Könner Peter Simonischek <strong>und</strong> Joachim<br />

Meyerhoff vergebens gegen die sich<br />

verbreitende Langeweile. Nur Sunnyi Meltes<br />

lässt die Dimension <strong>der</strong> <strong>Bernhard</strong>'schen<br />

Abgründe ahnen.<br />

Heinz Sichrovsky<br />

Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />

Presseclipping erstellt am 03.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />

© CLIP Mediaservice 2013 - www.clip.at


Kurier 02.01.2013<br />

Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 199.302 | Reichweite: Reichweite: 574.000 (8%) | Artikelumfang: 55.273 mm²<br />

Seite: 22 1/2<br />

Thema: Burgtheater<br />

Autor:<br />

Guido Tartarotti<br />

Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />

Burg-Silvesterpremiere: <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong><br />

auf <strong>der</strong> Flucht vor dem Kasperltheater<br />

VON GM° TARTAROTTI<br />

Kritik.<br />

Das Burgtheater macht<br />

aus <strong>Bernhard</strong>s <strong>Der</strong><br />

<strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Wahnsinnige</strong>"<br />

einen launigen<br />

Silvester-Schwank.<br />

Ein interessantes<br />

Missverständnis.<br />

Vorweg: Naturgemäß ist<br />

das,was die Schauspieler hier<br />

bieten, sehenswert <strong>und</strong> die<br />

paar Bravos wert.<br />

Auch, wenn sie ihre beachtlichen<br />

künstlerischen<br />

Kräfte für ein falsches Ziel<br />

einsetzen. Joachim Meyerhoff<br />

säuselt <strong>und</strong> röhrt <strong>und</strong><br />

biegt <strong>und</strong> windet sich durch<br />

die Rolle des Arztes, <strong>der</strong> eine<br />

Opernsängerin anbetet <strong>und</strong><br />

zum Zeitvertreib gerne Sezier-Anleitungen<br />

rezitiert, als<br />

wären sie Liebesgedichte. Allein<br />

ein simples Nie<strong>der</strong>setzen<br />

auf einen Sessel wird bei<br />

Meyerhoff zu einer komplizierten<br />

<strong>und</strong> virtuosen Choreografie.<br />

Meyerhoff entwirft<br />

einen grandiosen Kasperl<br />

eh schön, nur steht <strong>der</strong><br />

lei<strong>der</strong> so nicht im Text drin.<br />

Ähnlich Sunnyi Melles<br />

als exaltierte Star-Sopranistin<br />

<strong>und</strong> Peter Simonischek<br />

als ihr versoffener Vater: Sie<br />

verkaufen ihre Figuren an<br />

die Pointe. Wie sie dies tun, ist<br />

beeindruckend, aber es bleibt<br />

ein zweifelhaftes Geschäft.<br />

Das Ergebnis dieser Transaktion:<br />

Noch nie hat man <strong>Thomas</strong><br />

<strong>Bernhard</strong> so harmlos, so<br />

ungefährlich <strong>und</strong> letztlich so<br />

uninteressant gesehen.<br />

Irrtum<br />

Offenbar hat irgend jemand<br />

in <strong>der</strong> Burg-Dramaturgie gemeint,<br />

in diesem abgründigen,<br />

verzweifelten Text<br />

stecke eine heitere Komödie,<br />

die es freizulegen gelte. Ein<br />

Irrtum. Unter all den Kasperliaden,<br />

Clownerien <strong>und</strong> Slapstickeinlagen<br />

verschwindet<br />

das Stück einfach. Die furchtbare<br />

Geschichte dreier einan<strong>der</strong><br />

in Hassliebe verb<strong>und</strong>ener<br />

Menschen, die einan<strong>der</strong><br />

die Lebenskraft aussaugen,<br />

wird uninteressant, ja einwenig<br />

lächerlich.<br />

Man schreckt auch vor<br />

Ausrutschern in den Chorleystantismus<br />

nicht zurück:<br />

Stefan Wieland spielt storchenbeinig<br />

unter Zuhilfenahme<br />

vonKleid, Brille <strong>und</strong> Haarteil<br />

die Gar<strong>der</strong>obenfrau, inklusive<br />

einer sehr peinlichen<br />

Massen-Grabsch-Szene.<br />

Ähnlich daneben: Meyerhoff<br />

drückt, Organe erklärend,<br />

im grotesk aufgepolsterten<br />

Bauch von Simonischek herum,<br />

<strong>und</strong> von hinter <strong>der</strong> Bühne<br />

kommen zufällig" passende<br />

Darmgeräusche von Orchesterinstrumenten.<br />

Was haben<br />

wir gelacht.<br />

Die Aufführung läuft zudem<br />

unglücklich ab. Meyerhoff<br />

leistet sichbereits bei seinem<br />

ersten S atz einen Rollenausstieg,<br />

indem er auf einen<br />

Zuspätkommer reagiert. Die<br />

erste St<strong>und</strong>e wird vom offenbar<br />

irritierten Publikum gnadenlos<br />

kaputtgehustet. Danach<br />

wird viel gegähnt. <strong>Der</strong><br />

Applaus am Ende klingt<br />

fre<strong>und</strong>lich gegenüber den<br />

Schauspielern, aber auch<br />

durchaus erleichtert.<br />

Witz<br />

<strong>Der</strong> traditionelle Silvesterwitz<br />

von Burgchef Matthias<br />

Hartmann brachte übrigens<br />

die größten Lacher ein.<br />

<strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong> hat in<br />

kurzer Zeit einen weiten<br />

Weg hinter sich gebracht: Zu<br />

Lebzeiten noch Staatsfeind<br />

<strong>und</strong> Nestbeschmutzer, wurde<br />

er nach seinem Tod zum<br />

mo<strong>der</strong>nen Klassiker, jetzt<br />

sieht man ihnoffenbarbereits<br />

Presseclipping erstellt am 02.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />

als Lieferanten für leichte<br />

Silvesterunterhaltung. Wo<br />

wird <strong>Bernhard</strong> inzehnJahren<br />

laufen? Im Gloria-Theater?<br />

Fazit: Ein Irrtum<br />

Stück .<br />

<strong>Bernhard</strong>s Text wurde 1972 bei<br />

den Salzburger Festspielen von<br />

Claus Peymann uraufgeführt. Das<br />

Verbot, am Ende das Notlicht<br />

auszuschalten, löste einen<br />

Skandal aus.<br />

Regie<br />

Jan Bosse versucht, aus den<br />

düsteren Monologen eine leichte<br />

Komödie zu machen <strong>und</strong> scheitert<br />

Spiel<br />

Im Rahmen dieses Irrtums virtuos<br />

KURIER-Wertung: * * *<br />

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Kurier 02.01.2013<br />

Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 199.302 | Reichweite: Reichweite: 574.000 (8%) | Artikelumfang: 55.273 mm²<br />

Seite: 22 2/2<br />

Thema: Burgtheater<br />

Autor:<br />

Guido Tartarotti<br />

Witzfiguren? O<strong>der</strong> doch eher drei Vampire, die einan<strong>der</strong> gegenseitig aussaugen? Doktor (Meyerhoff), Königin <strong>der</strong> Nacht (Meltes), Vater (Simonischek)<br />

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Presseclipping erstellt am 02.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />

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Salzburger Nachrichten 02.01.2013<br />

Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 80.150 | Reichweite: Reichweite: 238.000 (3,3%) | Artikelumfang: 48.204 mm²<br />

Seite: 12 1/2<br />

Thema: Burgtheater<br />

Autor:<br />

Julia Danielczyk<br />

An <strong>Bernhard</strong> kleben bleiben<br />

<strong>Ignorant</strong>. Nach Raim<strong>und</strong>, Hofmannsthal <strong>und</strong> Palmetshofer beschloss das Burgtheater<br />

Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />

zu Silvester eine Österreicher-Saison mit <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>.<br />

JULIA DANIELCZYK<br />

WIEN (5N). Vor gut 40 Jahren hatte<br />

Claus Peymann <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>" als Auftragsstück<br />

<strong>der</strong> Salzburger Festspiele<br />

mit einem großen Bühnenskandal<br />

ans Licht gebracht. Anlässlich<br />

<strong>der</strong> Uraufführung am 27.<br />

Juli 1972 hatte sich die Theaterleitung<br />

geweigert, die Notbeleuchtung<br />

im Zuschauerraum abzuschalten,<br />

das Stück wurde daraufhin<br />

vom Spielplan <strong>der</strong> Festspiele<br />

abgesetzt.<br />

Aus Unverständnis gegenüber<br />

<strong>Bernhard</strong>s Werk wurde eine unkritische<br />

Ehrfurcht, die heute jeden<br />

Satz wie wertvollstes Museumsgut<br />

zelebriert. So zeigt sich<br />

zumindest Jan Bosses Inszenierung,<br />

die streng am Text klebt, als<br />

wäre jedes Wort <strong>Bernhard</strong>s ein<br />

Heiligtum. Szenisch vollkommen<br />

einfallslos begegnet Bosse diesem<br />

ohnehin kaum dynamischen monolog/astigen<br />

Stück, in dem die<br />

Figuren ihre aberwitzigen Obsessionen<br />

ausbreiten.<br />

Unmittelbar vor Beginn von<br />

Mozarts Zauberflöte" warten <strong>der</strong><br />

Arzt (er ist <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong> des<br />

Titels) sowie <strong>der</strong> Vater <strong>der</strong> berühmtesten<br />

aller Koloratursängerinnen"<br />

in <strong>der</strong> Operngar<strong>der</strong>obe<br />

auf das Eintreffen <strong>der</strong> Sopranistin.<br />

Joachim Meyerhoff gibt diesen<br />

Doktor <strong>der</strong> Anatomie als veritable<br />

Karikatur. Höchst manieriert erklärt<br />

er detailliert die Sektion<br />

einer Leiche, seine medizinischen<br />

Bemerkungen verflicht er mit<br />

Aussagen über Kunst, die seinen<br />

Überzeugungen nach radikal<br />

künstlich werden muss. Meyerhoff<br />

überartikuliert die <strong>Bernhard</strong>'schen<br />

Sätze, schiebt dabei<br />

die Unterlippe weit nach vorn,<br />

schlenkert unbeholfen mit seinen<br />

langen Armen <strong>und</strong> verrenkt sich<br />

gelenkig. Grenzgängerisch bewegt<br />

er sich zwischen Otto Waalkes<br />

<strong>und</strong> einer Marionette, <strong>und</strong> versucht<br />

diesem Doktor eine komische<br />

Figur abzuringen. Witzig<br />

wird er dennoch nicht. Denn über<br />

die Grimasse entsteht noch lang<br />

kein Ausdruck. Meyerhoff ist allzu<br />

geführt, <strong>und</strong> Peter Simonischek<br />

bietet ihm als Vater <strong>der</strong> Sängerin<br />

kaum Wi<strong>der</strong>part. Simonischek<br />

bringt jedoch das Grausliche dieses<br />

<strong>Ignorant</strong>en" gut zum Vorschein:<br />

Monströs ausgestopft versinkt<br />

er in seinem Stuhl, schüttet<br />

massenhaft Schnaps in sich hinein<br />

o<strong>der</strong> drischt unentwegt (<strong>und</strong> definitiv<br />

zu viel) auf den Tisch.<br />

Die Kostümbildnerin Kathrin<br />

Plath hat ihn als Ulrich-Wildgruber-Imitat<br />

hergerichtet: Mit<br />

schütterem, nach hinten gekämmtem<br />

Haar erinnert er nicht zufällig<br />

an den Uraufführungsvater. Möglicherweise<br />

hat sich Plath von<br />

dem australischen Verkleidungskünstler<br />

Leigh Bowery inspirieren<br />

lassen, denn auch Sunnyi Melks<br />

ist als entrücktes Kunstwesen<br />

ziemlich schräg gewandet: Zuerst<br />

in Gummistiefeln, dann mit<br />

schreiend pinken Accessoires (im<br />

entsprechenden Bühnenbild von<br />

Stehane Laim6), vor dem Auftritt<br />

als Königin <strong>der</strong> Nacht in tiefem<br />

Schwarz, mit silbernen Lametta-<br />

Bikini-Applikationen schwebt sie<br />

sie über <strong>der</strong> Bühne.<br />

Nach <strong>der</strong> Vorstellung <strong>der</strong> Mozart-Oper<br />

landet diese makellose<br />

Koloraturmaschine" direkt im<br />

Wiener Nobelrestaurant Drei Husaren.<br />

<strong>Der</strong> Arzt befreit sie von ihrem<br />

Fluggeschirr <strong>und</strong> dem Kostüm.<br />

Heraus schlüpft ein blasses,<br />

fast durchsichtiges Wesen in Altrosa.<br />

Am Ende stirbt sie am Esstisch,<br />

die Lampe senkt sich <strong>und</strong><br />

beleuchtet den von <strong>der</strong> künstlerischen<br />

Perfektion zerstörten erschöpften<br />

Körper.<br />

<strong>Bernhard</strong>s Metapher von <strong>der</strong><br />

Welt als Bühne, auf <strong>der</strong> die Menschen<br />

ihre Todesrolle spielen,<br />

zeigt sich bei Bosse als finsterer<br />

Albtraum, zu dem man nur selten<br />

Zugang findet. Einzig Sunnyi Melles<br />

vermag es in ihrer unnachahmlichen<br />

Art, Zauber auf die Burgtheaterbühne<br />

zu bringen.<br />

Presseclipping erstellt am 02.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />

© CLIP Mediaservice 2013 - www.clip.at


Salzburger Nachrichten 02.01.2013<br />

Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 80.150 | Reichweite: Reichweite: 238.000 (3,3%) | Artikelumfang: 48.204 mm²<br />

Seite: 12 2/2<br />

Thema: Burgtheater<br />

Autor:<br />

Julia Danielczyk<br />

Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />

Nur sie zaubert: Sunnyi Melfes als entrücktes Kunstwesen in <strong>Bernhard</strong>s <strong>Der</strong><br />

<strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>".<br />

Bild: SNIDAPD<br />

Presseclipping erstellt am 02.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />

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Profil 07.01.2013<br />

Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 91.996 | Reichweite: Reichweite: 420.000 (5,9%) | Artikelumfang: 26.397 mm²<br />

Seite: 83 1/1<br />

Thema: Burgtheater<br />

Autor:<br />

Karin Cerny<br />

Gespenstersonate<br />

Seltsam leblos:Jan Bosse scheitert im<br />

Burgtheater an <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s Frühwerk<br />

<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>TM.<br />

Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />

eigentümlicher Reiz<br />

Eingeht von den frühen Stücken<br />

des 1989 verstorbenen<br />

Großdramatikers <strong>Thomas</strong><br />

<strong>Bernhard</strong> aus: Wie funkelnde<br />

Edelsteine liegen sie in <strong>der</strong> Vitrine<br />

<strong>der</strong> Dramengeschichte,<br />

sie strahlen kalt, mechanisch<br />

<strong>und</strong> unnahbar. Sie sind den<br />

absurden Texten eines Euüne<br />

Ionesco <strong>und</strong> den minimalistischen<br />

Reflexionen eines Samuel<br />

Beckett erstaunlich nahe<br />

- von den späteren, realistischeren<br />

Stücken des einstigen<br />

Skandalautors <strong>Bernhard</strong> unterscheiden<br />

sie sich deutlich.<br />

Sie sind abstrakter, todessehnsüchtiger,<br />

wirken in ihrer Feier<br />

von Virtuosität <strong>und</strong> Wahnsinn<br />

aber auch reichlich aus<br />

<strong>der</strong> Mode gekommen. <strong>Thomas</strong><br />

Oberen<strong>der</strong>, Ex-Schauspielchef<br />

<strong>der</strong> Salzburger Festspiele, eröffnete<br />

2007 mit Ein Fest für<br />

Boris" sein erstes Programm.<br />

Regisseurin Christiane Pohle<br />

gelang es damals nicht, <strong>Bernhard</strong>s<br />

erstem abendfüllenden<br />

Stück die nötige Bodenhaftung<br />

zu verleihen. Es hing in<br />

<strong>der</strong> Luft, blieb merkwürdig<br />

leer.<br />

Mit ähnlichen Problemen<br />

hat nun auch <strong>der</strong> deutsche Re-<br />

IN DER<br />

KÜNSTLER-<br />

GARDEROBE<br />

Szene aus<br />

,<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Wahnsinnige</strong>"<br />

Presseclipping erstellt am 06.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />

gisseur Jan Bosse zu kämpfen,<br />

<strong>der</strong> <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s zweites<br />

Stück, das 1972 im Rahmen<br />

<strong>der</strong> Salzburger Festspiele uraufgeführt<br />

wurde, für die Silvester-Premiere<br />

am Burgtheater<br />

inszenierte. Er weiß nicht<br />

recht, wie er den Stoff anpacken<br />

soll, den Claus Peymann<br />

einst als klirrend kaltes<br />

Machtspiel ausstellte. <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>"<br />

ist eine Backstage-Farce, die<br />

vor <strong>und</strong> nach einer Opernaufführung<br />

(Die Zauberflöte")<br />

spielt. Es treten auf: die Königin<br />

<strong>der</strong> Nacht, eine gefeierte<br />

Koloraturmaschine, ihr besoffener<br />

Vater <strong>und</strong> ein Arzt, <strong>der</strong><br />

manisch erklärt, wie man eine<br />

Leiche seziert. Joachim Meyerhoff<br />

gibt den Arzt als Nervenbündel,<br />

als Virtuosen <strong>der</strong><br />

Verrenkungen, Peter Simonischek,<br />

<strong>der</strong> kaum einen Satz zu<br />

sprechen hat, verwaltet die Figur<br />

des Vaters mehr, als er sie<br />

gestaltet, <strong>und</strong> Sunnyi Melles<br />

wirkt als Tochter zwar ungemein<br />

witzig, aber im Gr<strong>und</strong>e<br />

fehlt allen dreien das Dringliche<br />

<strong>und</strong> Abgründige. Erst im<br />

zweiten Teil, <strong>der</strong> einer Geisterbeschwörung<br />

gleicht, findet<br />

<strong>der</strong> Abend stellenweise zu<br />

sich. Am besten ist <strong>der</strong> Übergang<br />

zwischen Vor- <strong>und</strong><br />

Nachspiel: Melles hängt als<br />

Königin <strong>der</strong> Nacht in <strong>der</strong> Luft,<br />

schwingt hin <strong>und</strong> her <strong>und</strong><br />

versucht selbst dann gute<br />

Miene zu machen, wenn sie<br />

aus dem Blickfeld baumelt.<br />

Mehr absurde Momente dieser<br />

Art hätte <strong>der</strong> etwas hohle<br />

Kunstanstrengungsabend<br />

durchaus vertragen.<br />

KARIN CERNY<br />

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Oberösterreichische Nachrichten 02.01.2013<br />

Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 118.411 | Reichweite: Reichweite: 305.000 (4,3%) | Artikelumfang: 42.371 mm²<br />

Seite: 15 1/1<br />

Thema: Burgtheater<br />

Autor:<br />

Reinhold Reiterer<br />

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Verfallen: <strong>Der</strong> egomanische Doktor (Joachim Meyerhoff) verehrt in <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>" die Kunst <strong>der</strong> Königin <strong>der</strong> Nacht" (Sunnyi Melles).<br />

Eine Frau zwischen Gipfel <strong>und</strong> Abgr<strong>und</strong><br />

Burgtheater: Bejubelte Premiere von <strong>Bernhard</strong>s <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong><br />

Von Reinhold Reiterer<br />

Von Heimito von Do<strong>der</strong>er stammt<br />

<strong>der</strong> Bef<strong>und</strong>, wer sich in Familie begibt,<br />

kommt darin um. <strong>Thomas</strong><br />

<strong>Bernhard</strong> zeigt vor, wie das geht.<br />

Etwa in <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Wahnsinnige</strong>", <strong>der</strong> heftig MWalliierten<br />

Silvesterpremiere im Wiener<br />

Burgtheater.<br />

In dieser 1972 bei den Salzburger<br />

Festspielen uraufgeführten<br />

Tragikomödie erklimmt die Königin<br />

<strong>der</strong> Nacht" (Sunnyi Melles) als<br />

Sängerin den höchsten Kunstgipfel,<br />

die absolute Perfektion <strong>der</strong><br />

Sangeskunst. Zum 222. Mal steht<br />

sie in dieser Rolle heute auf <strong>der</strong><br />

Bühne <strong>der</strong> Wiener Staatsoper.<br />

In <strong>der</strong> Gar<strong>der</strong>obe wartet ihr Vater<br />

(Peter Simonischek): ein im<br />

Laufe <strong>der</strong> Jahre ziemlich aus dem<br />

Leim gegangenes Mannsbild, das<br />

seit dem ersten öffentlichen Auftritt<br />

seiner Tochter <strong>der</strong> Trunksucht<br />

verfallen ist.<br />

Er, <strong>der</strong> seiner Tochter die Weltkarriere<br />

ermöglicht hat, sie bei ihren<br />

Auftritten in <strong>der</strong> ganzen Welt<br />

begleitet, fühlt sich von ihr rücksichtslos<br />

behandelt. Etwa auch dadurch,<br />

dass sie immer später",<br />

aber nie zu spät", wie's <strong>der</strong> Doktor<br />

(Joachim Meyerhoff) formuliert,<br />

in <strong>der</strong> Gar<strong>der</strong>obe auftaucht.<br />

<strong>Der</strong> schüchterne Egomane<br />

Presseclipping erstellt am 02.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />

<strong>Der</strong> Doktor, er ist <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>,<br />

monologisiert über die Kunst<br />

<strong>und</strong> das Leben, über den menschlichen<br />

Körper, über clie Technik<br />

des Sezierens, über das Menschenmaterial,<br />

das zu höchster Kunstanstrengung<br />

fähig ist, wofür er die<br />

Tochter bew<strong>und</strong>ert. Kaum tritt<br />

diese auf, verfällt dieser Egomane<br />

in die Rolle des schüchtern Anhimmelnden.<br />

Zweites Bild, nach dem triumphalen<br />

Auftritt beim Nachtmahl in<br />

den Drei Husaren". Die Königin<br />

<strong>der</strong> Nacht, diese Koloraturmaschine",<br />

verflucht ihren Aufstieg<br />

auf den Kunst-Gipfel, ihre Disziplin<br />

<strong>und</strong> den Theaterbetrieb. Erschöpfung/nichts<br />

als Erschöpfung",<br />

heißes am Stückschluss.<br />

Keine Rede davon im Burgtheater,<br />

weil Regisseur Jan Bosse das<br />

Komödiantische <strong>und</strong> Klamaukhafte<br />

aus <strong>Bernhard</strong>s Text kitzelte,<br />

<strong>und</strong> dafür gaben Melles,<br />

Meyerhoff, Simonischek <strong>und</strong> Stefan<br />

Wieland in <strong>der</strong> Doppelrolle <strong>der</strong><br />

Gar<strong>der</strong>obierin <strong>und</strong> des Kellners<br />

dem Affen Zuckerbrot. Kräftiger<br />

Premierenapplaus, Ovationen für<br />

Meyerho ff.<br />

<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> VVahnsinnige":<br />

Drama von <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>,<br />

Silvesterpremiere am Burgtheater<br />

Wien *****-i-c<br />

n Termine: 3., 5., 8., 26. Jänner.<br />

III Kartentelefon: (01) 513 15 13,<br />

Internet: www.burgtheater.at<br />

I SKANDAL-GESCHICHTE<br />

Regisseur Claus Peymann verlangte<br />

zum Ende <strong>der</strong> Uraufführung<br />

('72) ein stockfinsteres<br />

Theater. Bei <strong>der</strong> Premiere blieb<br />

sein Wunsch unerhört. Eine<br />

zweite Aufführung gab es nie.<br />

(APA)<br />

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Tiroler Tageszeitung 02.01.2013<br />

Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 105.071 | Reichweite: Reichweite: 289.000 (4%) | Artikelumfang: 27.193 mm²<br />

Seite: 14 1/1<br />

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Thema: Burgtheater<br />

Autor:<br />

Bernadette Lietzow<br />

Sezierkurs in dunkler Champagnerlaune<br />

Silvesterspaß ä la <strong>Bernhard</strong>: Jan Bosse inszeniert <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>" am Burgtheater.<br />

Von Bernadette Lietzow<br />

Wien - Die (Opern-)Diven<br />

scheinen ausgestorben, <strong>und</strong><br />

damit jene Gattung Künstlerinnen,<br />

<strong>der</strong>en oft genug tragische<br />

Extravaganz in erster<br />

Linie als Projektionsfläche<br />

männlich-voyeuristischer<br />

Anteilnahme an weiblicher<br />

Exzellenz diente. Selbst Anna<br />

Netrebko nimmt sich neben<br />

ihren Vorgängerinnen <strong>und</strong> Diva<br />

assolutas wie Maria Callas<br />

höchst nüchtern aus. <strong>Thomas</strong><br />

<strong>Bernhard</strong> schwebte in seinem<br />

1972 mit einem Skandal in <strong>der</strong><br />

Regie von Claus Peyrnann anlässlich<br />

<strong>der</strong> Salzburger Festspiele<br />

uraufgeführten Bühnenwerk<br />

<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>" jedoch eine<br />

dieser tragischen Frauenfiguren<br />

vor, um <strong>der</strong>en Hysterie er<br />

ebenso hysterische nutznießende<br />

Bew<strong>und</strong>erer gruppiert<br />

hat.<br />

Sein <strong>Wahnsinnige</strong>r" ist ein<br />

Arzt (Joachim Meyerhoff),<br />

dessen Begeisterung für die<br />

Koloratursopranistin <strong>Bernhard</strong><br />

streng parallel laufen<br />

lässt mit einer an - eben -<br />

Wahn grenzenden Besessenheit<br />

für die menschliche Anatomie<br />

<strong>und</strong> die Möglichkeiten,<br />

diese sezierend zu erk<strong>und</strong>en.<br />

Ihm gegenüber, <strong>und</strong> über weite<br />

Teile des ersten Aktes als<br />

alleiniger Adressat <strong>der</strong> ärztlichen<br />

Monologe zu Medizin,<br />

Kunst <strong>und</strong> Existenz, harrt <strong>der</strong><br />

<strong>Ignorant</strong>", <strong>der</strong> fast erblindete<br />

Vater <strong>der</strong> Sängerin (Peter<br />

Simonischek) <strong>der</strong>en Erscheinen,<br />

ein traurig-aggressiver<br />

Alkoholiker <strong>und</strong> ständig präsenter<br />

Schatten seiner erfolgreichen<br />

Tochter. Als diese (in<br />

<strong>der</strong> Bühnengestalt <strong>der</strong> Sunnyi<br />

Melles) endlich <strong>und</strong> verspätet<br />

erscheint, um zum bis<br />

zum Überdruss wie<strong>der</strong>holten<br />

Mal Mozarts Königin <strong>der</strong><br />

Nacht" zu singen, kommt das<br />

Geschehen in Gang, bis die<br />

Sängerin beim Souper in den<br />

Drei Husaren" beschließt,<br />

ihrer Karriere ein Ende zu<br />

bereiten, <strong>und</strong> sämtliche weiteren<br />

Vorstellungen absagen<br />

lässt. Jan Bosse, <strong>der</strong> Regisseur<br />

dieser Burgtheater-Silvester-<br />

Überraschung, hatte mit <strong>der</strong><br />

ihm zur Verfügung stehenden<br />

Luxus-Besetzung (verstärkt<br />

noch von Stefan Wieland in<br />

den Rollen <strong>der</strong> Gar<strong>der</strong>obiere<br />

Frau Vargo <strong>und</strong> des Kellners<br />

Winter) alle Trümpfe in<br />

<strong>der</strong> Hand - <strong>und</strong> einige davon<br />

doch verspielt.<br />

Bosse setzt auf Pointen,<br />

die das Werk mit all den<br />

<strong>Bernhard</strong>'schen R<strong>und</strong>umschlägen<br />

auf Feuilleton, Theater<br />

<strong>und</strong> österreichische Eitelkeiten<br />

eindeutig bietet, die<br />

aber, so manieristisch herausgestellt,<br />

wie Bosse vor allem<br />

.Meyerhoff agieren lässt,<br />

in eine ermüdende Leere<br />

laufen. Da kann auch Sunnyi<br />

Melles' Flugshow über den<br />

Bühnenhimmel nicht allzu<br />

viel ausrichten, was aber dem<br />

heftigen Schlussapplaus eines<br />

Publikums in Champagnerlaune<br />

keinen Abbruch tat.<br />

Presseclipping erstellt am 03.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />

V. I.: Joachim Meyerhoff, Stefan Wieland, Sunnyi Melles <strong>und</strong> Peter Simonischek<br />

in <strong>Bernhard</strong>s "<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>". Foto: Sueeater/Reinhard Werner<br />

© CLIP Mediaservice 2013 - www.clip.at


er <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong> – <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>-Deutung von Jan...<br />

http://www.nachtkritik.de/index.php?view=article&catid=38:die-nachtkr...<br />

von 5 07.01.2013 10:21<br />

<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong> – <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>-Deutung von Jan Bosse an <strong>der</strong> Burg Wien<br />

Leichensezierende Meyerhoffiaden<br />

von Christian Desrues<br />

Wien, 31. Dezember 2012. Burgtheater Intendant Matthias Hartmann erzählt in <strong>der</strong> Vorrede<br />

seinen Silvesterwitz, es wird gelacht <strong>und</strong> das Stück beginnt. Schon um 18 Uhr. Peter Simonischek,<br />

muss dananch nämlich noch in die Staatsoper, zur "Fle<strong>der</strong>maus". "<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Wahnsinnige</strong>" ist ein frühes Drama von <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>. Jugendwerk im herkömmlichen Sinn ist<br />

es aber keines, denn es beinhaltet schon fast alle Themen, die später für <strong>Bernhard</strong> so<br />

charakteristisch werden sollten. Die Darsteller reden aneinan<strong>der</strong> vorbei, dozieren, führen<br />

Monologe o<strong>der</strong> sprechen in unfertigen Sätzen, wie<strong>der</strong>holen unnötigerweise Teile des<br />

Vorangegangenen.<br />

<strong>Der</strong> Vater <strong>und</strong> <strong>der</strong> Doktor warten in einer Gar<strong>der</strong>obe <strong>der</strong> Wiener Staatsoper auf die Königin <strong>der</strong><br />

Nacht. Die Motive des Arztes sind nicht ganz klar, aber eine Art Verehrer <strong>der</strong> Sopranistin ist er<br />

wohl doch. Diese singt an diesem Abend zum 222. Mal den Part aus Mozarts Zauberflöte, sie sieht<br />

sich selbst zur Koloraturmaschine verkommen, zwitschert dennoch o<strong>der</strong> deshalb ständig Teile <strong>der</strong><br />

berühmten Arie. Ihr geht es nur noch um künstlerische Vollendung, das Publikum ist ihr<br />

zumindest gleichgültig <strong>und</strong> "das Theater, insbeson<strong>der</strong>e die Oper, ist die Hölle"! Sunnyi Melles spielt<br />

diese Rolle auf tragikomische, beeindruckend verlorene Weise, sie ist eine große Komödiantin,<br />

doch verspürt man ihr gegenüber in diesem Stück keine wirkliche Sympathie.<br />

Strategien des Wartens<br />

<strong>Der</strong> Vater ist <strong>der</strong> fast blinde <strong>Ignorant</strong>. Man erfährt, dass er unter dem ständigen Zuspätkommen<br />

seiner Tochter leidet <strong>und</strong> eigentlich seit ihrem ersten Auftritt trinkt. Er redet nicht<br />

zusammenhängend, bleibt passiver Zuseher im Mikrokosmos <strong>der</strong> Gar<strong>der</strong>obe, später im Speisesaal<br />

des Restaurants. Er wie<strong>der</strong>holt zumeist nur Bruchstücke <strong>der</strong> Monologe des Arztes, nicht einmal die<br />

wichtigsten o<strong>der</strong> einprägsamsten Aussagen.<br />

Einfach nur so herumsitzend, in stoischer Selbstvernichtung, anscheinend apathisch, stellt Peter<br />

Simonischek einmal mehr seine unglaubliche Bühnenpräsenz unter Beweis. Einige Teilsätze, ein<br />

paar Schläge mit dem Blindenstock reichen da völlig aus, um <strong>der</strong> Rolle eine Dichte zu verleihen,<br />

die nicht je<strong>der</strong> Schauspieler aus ihr herausholen könnte. Aber reicht das, ist das befriedigend für<br />

die Betroffenen, in diesem Fall im Saal <strong>und</strong> auf <strong>der</strong> Bühne?


<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong> – <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>-Deutung von Jan...<br />

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2 von 5 07.01.2013 10:21<br />

Echte <strong>und</strong> künstliche Köpfe in "<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>" © Reinhard Werner<br />

Joachim Meyerhoffs Darstellung des wahnsinnigen Doktors ist eine ganz merkwürdige<br />

Angelegenheit. Anscheinend zusammenhanglos beginnt er mit Zitaten <strong>und</strong> Beispielen aus einem<br />

pathologisch-anatomischen Einführungskurs. Er erklärt, auf extrem anschauliche Weise <strong>und</strong> mit<br />

teilweise großem Vergnügen, verschiedene Arten <strong>der</strong> Leichensektion. Dann aber kommt <strong>der</strong><br />

Verdacht auf, dass ihn seine eigenen Schil<strong>der</strong>ungen langweilen o<strong>der</strong> er sie bloß herunterleiert, um<br />

die Langeweile, o<strong>der</strong> besser gesagt, die Nichtkommunikation mit dem Vater <strong>und</strong> das Warten auf die<br />

Königin <strong>der</strong> Nacht erträglicher zu machen.<br />

Obsessionen, Ängste, Zweifel<br />

Fast wie ein Gaukler erledigt Meyerhoff diese Aufgabe, mit großem körperlichen <strong>und</strong> sprachlichen<br />

Einsatz. Er spielt seine ganze Virtuosität aus, wenn er die nicht einfachen Texte <strong>und</strong> Ausführungen<br />

ohne einen Patzer aufsagt. Zweifellos entstehen dadurch komische Aspekte, sie lassen aber auf<br />

sich warten.<br />

Die erste St<strong>und</strong>e <strong>der</strong> Aufführung vergeht nur<br />

langsam. Spannung kommt keine auf, während <strong>der</strong><br />

Doktor sich abmüht. Komik für einen kurzen Moment,<br />

als Stefan Wieland als sehr dünne Gar<strong>der</strong>obiere Frau<br />

Vargo wortwörtlich aus den gelungenen Kostümen<br />

(Kathrin Plath) tritt. Die schlichte Bühne von<br />

Stéphane Laimé ist praktisch <strong>und</strong> stimmig: Eine<br />

Gar<strong>der</strong>obe voller Spiegel, in denen sich die Darsteller<br />

in ihrer Eitelkeit reflektieren, <strong>und</strong> danach ein<br />

Restaurantsaal, in dem sie sich zu verlieren drohen in<br />

© Reinhard Werner<br />

<strong>der</strong> Tiefe <strong>der</strong> Bühne <strong>und</strong> in ihrer Hilflosigkeit. Die<br />

zweite St<strong>und</strong>e ist dichter, packen<strong>der</strong>. <strong>Der</strong> Zuseher<br />

beginnt die ganze Tragik <strong>der</strong> Figuren von <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong> zu spüren. Man darf sich fragen,<br />

warum Regisseur Jan Bosse so lange damit gewartet hat, die Obsessionen <strong>und</strong> Ängste, die Zweifel<br />

<strong>und</strong> die Nie<strong>der</strong>tracht <strong>der</strong> Personen aufzuzeigen.<br />

Komik an <strong>der</strong> falschen Stelle


<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong> – <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>-Deutung von Jan...<br />

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3 von 5 07.01.2013 10:21<br />

In vielen seiner Stücke <strong>und</strong> Texte zeigt <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong> beißenden Humor, mehr als die Kritiker<br />

anfangs wahrscheinlich wahrhaben wollten, aber er ist mit Sicherheit kein Vaudeville-Dramatiker,<br />

wie es hier die Inszenierung stellenweise glauben machen will. Natürlich entsteht durch das<br />

Aufzeigen <strong>der</strong> Schwächen, Leiden <strong>und</strong> Zwängen <strong>der</strong> Figuren etwas Lachhaftes, aber "<strong>der</strong> <strong>Ignorant</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>" ist ein trauriges, pessimistisches Stück, demnach also nur beschränkt für<br />

eine "heitere" Silvesteraufführung geeignet. <strong>Der</strong> mehr als höfliche Applaus galt <strong>der</strong> zweifellos<br />

großen Leistung <strong>der</strong> Schauspieler.<br />

<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong><br />

von <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong><br />

Regie: Jan Bosse, Bühne: Stéphane Laimé, Mitarbeit Bühne: Katharina Faltner, Kostüme:<br />

Kathrin Plath, Musik: Arno Kraehahn, Licht: Peter Brandl, Dramaturgie: Gabriella Bußacker.<br />

Mit: Sunnyi Melles, Peter Simonischek, Joachim Meyerhoff, Stefan Wieland.<br />

www.burgtheater.at<br />

Kritikenr<strong>und</strong>schau<br />

Gerhard Doppler schreibt auf <strong>der</strong> Internetseite von Deutschlandradio Kultur (1.1.2013): "Ein<br />

wenig zu direkt" erötere <strong>Bernhard</strong>s Frühwerk "existentialistische Fragen", es sei "ein wenig zu<br />

konstruiert". Es zeige den abgründigen <strong>und</strong> sehr komödiantischen Übertreibungs- <strong>und</strong><br />

Erregungskünstler, den das "vergnügungssüchtige Silvester-Premierenpublikum sich erwartet<br />

habe, noch nicht so deutlich. Doch "irgendwie langweilig <strong>und</strong> müde" wirke diese Inszenierung,<br />

zumal Regisseur Jan Bosse sich kaum bemerkbar gemacht habe. Zwar gefalle das Bühnenbild,<br />

etwa <strong>der</strong> Wirtshaustisch, <strong>der</strong> mit <strong>der</strong> darauf liegenden Sängerin am Schluss wie "das<br />

Rembrandt'sche Anatomiebild beleuchtet" erschien. Doch die Theaterkatastrophen <strong>und</strong><br />

Provokationen seien nur angesprochen, kaum theatralisch ausgekostet worden. Und die<br />

Schauspieler schienen allein gelassen. Peter Simonischek habe sich "keine Mühe gegeben" seiner<br />

Rolle "Eigengewicht" zu verschaffen. Sunnyi Melles Stimme traue man kaum große Arien zu. Und<br />

Joachim Meyerhoff schien "keinen Ton für den <strong>Bernhard</strong>sche Erregungstexte" gef<strong>und</strong>en zu haben.<br />

Norbert Mayer erzählt auf <strong>der</strong> Internetseite <strong>der</strong> Wiener Tageszeitung Die Presse (1.1.2013,<br />

18:35 Uhr) erst einmal, wie <strong>der</strong> berühmte Dirigent Josef Krips 1950 dem vorsingenden <strong>Thomas</strong><br />

<strong>Bernhard</strong> empfohlen habe "lieber Fleischer zu werden". Reflexe dieser Kränkung fänden sich auch<br />

im Stück, wo <strong>der</strong> Arzt sagt, dass <strong>der</strong> Dirigent bei <strong>der</strong> "Zauberflöte" wie ein Fleischhauer agiere.<br />

Mayer findet das 40 Jahre alte Stück "noch immer großartig, wenn es so intensiv wie hier gespielt"<br />

werde. Jan Bosse habe "mit viel Gespür für <strong>Bernhard</strong>s Musikalität inszeniert". Meyerhoff biete im<br />

Übermaß die für seine Rolle erfor<strong>der</strong>liche "Wachheit <strong>und</strong> Intelligenz <strong>und</strong> Geschmeidigkeit im<br />

Ausdruck", er setze die Pointen genau. "Kunstvoll zurückhaltend <strong>und</strong> doch stark präsent" ergänze<br />

ihn Peter Simonischek, Sunnyi Melles spiele die Sängerin "herrlich überspannt", sie sei "tatsächlich<br />

eine Erscheinung <strong>und</strong> jeden Zoll eine Königin", die Rolle, die das "Verletzliche, Überspannte <strong>und</strong><br />

Tragische einschließt", passe ihr perfekt. Stefan Wieland gewinne <strong>der</strong> Doppelrolle als Gar<strong>der</strong>obiere<br />

<strong>und</strong> Kellner "sinnvoll Bizarres" ab – kurz: Schauspieler <strong>und</strong> Regisseur "haben einen Klassiker<br />

erfolgreich belebt".<br />

Margarete Affenzeller macht in <strong>der</strong> Tageszeitung <strong>Der</strong> Standard (2.1.2013) darauf aufmerksam,<br />

dass Bosse [wie<strong>der</strong> einmal wie schon bei "Wer hat Angst vor Virginia Woolf?" am Burgtheater]<br />

eingesprungen wäre. Ursprünglich sei eine Trinkerinnentragikomödie von <strong>Thomas</strong> Vinterberg<br />

angesetzt gewesen. Bosse sei bewusst gewesen: An <strong>Bernhard</strong> könne man nicht "groß


<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong> – <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>-Deutung von Jan...<br />

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4 von 5 07.01.2013 10:21<br />

herumdoktern", aber es könne gelingen, "ihn aufzupolieren". So mache Simonischek als <strong>der</strong> Vater<br />

mit dem Blindenstock "Terror", während Meyerhoff als Doktor ein "artifizielles Ungeduldstänzchen"<br />

vollführe, bei Bedarf seine "nervösen Kniegelenke" verknote o<strong>der</strong> die Hose seines redefaulen<br />

Gesprächspartners "zum Quietschen" bringe. Wenn Sunnyi Melles dann aus ihrem Klei<strong>der</strong>schrank<br />

trete, ergebe sich die Inszenierung dem, wenn auch recht edlen "Schabernack". Bosse ziehe die<br />

Sätze <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s ins Klamaukige. Das beeinträchtige die Sprache in ihrer eigenen<br />

Künstlichkeit erstaunlicherweise nicht. Es bleibe ein Vergnügen, dem Fatalismus <strong>der</strong><br />

<strong>Bernhard</strong>schen Monologe zu folgen. Erfolgreich aufpoliert, habe dieses Stück "immerhin ein wenig<br />

gestrahlt".<br />

Ulrich Weinzierl vergleicht in <strong>der</strong> Welt (2.1.2013) Bosses Inszenierung mit <strong>der</strong> Uraufführung von<br />

Claus Peymann. Obwohl sie, "dank fulminanter Besetzung", das "Zeug gehabt, an das Vorbild<br />

heranzukommen", könne sie dem "nicht das Wasser reichen". Bosses Regie zwinge den virtuosen<br />

Sprecher Joachim Meyerhoff in "einer Art Horror Vacui zu einer erdrückenden Fülle manierierter<br />

Gesten <strong>und</strong> Aktionen, die auf Dauer niemanden interessieren <strong>und</strong> vom Eigentlichen ablenken".<br />

Peter Simonischek – "hergerichtet als Doppelgänger von Marlon Brandos Don Vito Corleone im<br />

"Paten" " - müsse mit seinem Blindenstock "wild um sich schlagen <strong>und</strong> sonstige Allotria treiben".<br />

Erst Sunnyi Melles' Erscheinen bringe die Wende zum Guten. "Schon wenn sie sich einträllert, mit<br />

Tee gurgelt, girrend lacht, ist das ein Ereignis." Die "äußerste Anspannung einer disziplinierten<br />

Hysterikerin" passe ihr wie angegossen. Plötzlich gelängen auch Bosse szenische Lösungen, "die –<br />

statt ein Menschendrama zu simulieren, wo lediglich ein Sprachkonzert ist – dramatische Wucht<br />

<strong>und</strong> böse, grausame Komik entwickeln".<br />

Martin Lhotzky befindet in <strong>der</strong> Frankfurter Allgemeinen Zeitung (2.1.2013): Dieser zu Recht<br />

selten aufgeführte frühe <strong>Bernhard</strong> tauge nur gering zur Unterhaltung, strapaziere eher die Nerven<br />

selbst eines "wohlmeinenden Publikums". Um aus <strong>der</strong> Ödnis <strong>der</strong> Monologe zu retten, bedürfe es<br />

mehr als einer "singenden, schwingenden Königin <strong>der</strong> Nacht", auch wenn Sunnyi Melles ihre<br />

"ganze Fahrigkeit <strong>und</strong> Nervigkeit, ihre schrillste Stimme <strong>und</strong> ihre beste Koloraturpantomimik"<br />

auffahre. Für einige Zeit sei das noch ganz witzig, die Übertreibung käme auch <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>intention<br />

des Textes, ein "Stück absurden Theaters" zu sein, wie<strong>der</strong> "recht nahe", trage aber keine zwei<br />

St<strong>und</strong>en. Peter Simonischek, <strong>der</strong> den Säufervater als rülpsenden Rabauken behaupten dürfe,<br />

trommele bei je<strong>der</strong> Bemerkung, die das "als inzestuös (auch so eine Schnapsidee) angedeutete<br />

Verhältnis zur Tochter" anstreife, mit dem Blindenstock auf den Schminktisch. Joachim Meyerhoff<br />

gebe den boshaft-redseligen pathologischen Mediziner als eine Variante von Doktor Seltsam aus<br />

Kubricks Bombenfilm. "Er hechelt, er schubst, er näht (das zerrissene Kleid) <strong>und</strong> neckt seinen<br />

blinden Zuhörer auf vielerlei Arten."<br />

Christopher Schmidt schreibt in <strong>der</strong> Süddeutschen Zeitung (3.1.2013): Die Luftnummer von<br />

Sunnyi Melles bleibe <strong>der</strong> einzige Höhepunkt <strong>der</strong> Silvesterpremiere. "Eine Metapher auch für den<br />

Kunstbetrieb, <strong>der</strong> oft genug eine Hängepartie ist <strong>und</strong> manchmal eine bodenlose Unverschämtheit,<br />

in jedem Fall aber nichts an<strong>der</strong>es als ein großer Zirkus." Das Stück zähle eher zu den<br />

"misanthropischen Aufwärmübungen <strong>Bernhard</strong>s". Doch sein Salzburger Schockerl tauge nur mehr<br />

als buntes Knallbonbon zum Jahreswechsel. Meyerhoff gebe mit "schütterem Resthaar des<br />

Wahnsinns schlaksige Beute". Halb Frankenstein, halb Dr. Seltsam rede er sich um Kopf <strong>und</strong><br />

steifen Kragen, steigere sich, "ein Sprechautomat mit irrem Wackelkontakt", in sadistischen Furor<br />

hinein. Peter Simonischek sei das ganz Fat-Suit gewordene Phlegma. Nur ab <strong>und</strong> zu grunze er<br />

dazwischen, <strong>und</strong> haue mit dem Teleskopstock auf den Tisch, ein Hallo-wach-Signal für den "von<br />

<strong>Bernhard</strong>s Hasslitaneien gründlich eingelullten Zuschauer". Sunnyi Melles spiele die Königin <strong>der</strong><br />

Nacht als eine "Art Olimpia", eine Puppe, die wie "auf Autopilot Koloraturen markiert, eine<br />

w<strong>und</strong>ersam hyperaktive <strong>und</strong> ferngesteuerte Kunstfigur".


Neues Volksblatt 03.01.2013<br />

Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 22.900 | Reichweite: Reichweite: 44.000 (0,6%) | Artikelumfang: 21.013 mm²<br />

Seite: 16 1/1<br />

Thema: Burgtheater<br />

Autor:<br />

Von Renate<br />

Auf blankes Amüsement gesetzt<br />

Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />

Burgtheater-Premiere: <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>"<br />

Von Renate Wagner<br />

Bei den Salzburger Festspielen<br />

1972 konnte <strong>Thomas</strong><br />

<strong>Bernhard</strong> Mit seinem<br />

Theaterstück <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>" eine<br />

jener Erregungen hervorrufen,<br />

für die sein dramatisches<br />

Schaffen steht. Er<br />

Exzellente Besetzung: Sunny Seiles als<br />

Königin <strong>der</strong> Nacht" <strong>und</strong> Joachim<br />

Meyerhoff als Doktor" Foto: APA/Hochmuth<br />

war damals 41, es handelte<br />

sich um sein zweites, großes<br />

Theaterstück, <strong>und</strong> er<br />

hatte bereits seinen Stil<br />

das Schlachten heiliger Kühe<br />

gef<strong>und</strong>en.<br />

Ausgerechnet in Salzburg<br />

eine Sängerin <strong>der</strong> Königin<br />

<strong>der</strong> Nacht" als Koloraturmaschine<br />

in den Mittelpunkt<br />

des Geschehens<br />

zu<br />

stellen, die<br />

eigentlich gar<br />

Presseclipping erstellt am 03.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />

keinen Spaß<br />

an ihrem Beruf<br />

hat, ist ein<br />

starkes Stück.<br />

Abgesehen<br />

von den<br />

ätzenden<br />

Bemerkungen<br />

<strong>der</strong> Titelhelden:<br />

<strong>der</strong> <strong>Ignorant</strong>",<br />

ihr<br />

besoffener<br />

Vater, <strong>der</strong><br />

<strong>Wahnsinnige</strong>",<br />

ihr Verehrer,<br />

ein Mediziner,<br />

<strong>der</strong><br />

zwischen Kulturanalysen<br />

<strong>und</strong> Berichten<br />

über das Sezieren<br />

schwankt.<br />

Eine ätzende<br />

Satire in gnadenlos bohren<strong>der</strong><br />

<strong>Bernhard</strong>-Sprache.<br />

Es erschien klar, dass ein<br />

deutscher Regisseur wie<br />

Jan Bosse, <strong>der</strong> kein spezifisches<br />

Feeling für <strong>Bernhard</strong><br />

hat (da war Claus Peymann<br />

dem Oberösterreicher<br />

doch ein perfekter<br />

Partner), eigene Wege gehen<br />

würde. Sein lei<strong>der</strong><br />

stark gekürzter Abend am<br />

Burgtheater (weniger als<br />

zwei St<strong>und</strong>en ohne Pause)<br />

setzt nicht auf die gnadenlose,<br />

scharfe Klarheit des<br />

Boshaften, mit dem <strong>Bernhard</strong><br />

ins Österreichisch-<br />

Schwarze traf, son<strong>der</strong>n<br />

wollte parodistisch, possenhaft,<br />

pointiert verfahren.<br />

Das Amüsement ging<br />

oft äußerlich sehr weit<br />

(wenn die Sängerin durch<br />

die Lüfte <strong>der</strong> Burgtheaterbühne<br />

geschwenkt wird),<br />

kostete die Figuren aber<br />

ihre Prägnanz <strong>und</strong> vielfach<br />

auch Wirkung. Und das<br />

trotz einer so exzellenten<br />

Besetzung wie Sunnyi Meiles,<br />

Joachim Meyerhoff<br />

<strong>und</strong> Peter Simonischek.<br />

Ein Publikum, das diese<br />

Premiere am Burgtheater<br />

umjubelte, hat <strong>Bernhard</strong><br />

noch nicht an<strong>der</strong>s, sprich:<br />

besser gesehen.<br />

© CLIP Mediaservice 2013 - www.clip.at


Österreich 02.01.2013<br />

Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 497.082 | Reichweite: Reichweite: 729.000 (10,2%) | Artikelumfang: 10.715 mm²<br />

Seite: 34 1/1<br />

Thema: Burgtheater<br />

Autor:<br />

E.Hirschmann<br />

<strong>Der</strong> Silvester-Hero<br />

Simonischeks Coup'<br />

Peter Simonischek spielte zu<br />

Silvester <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong><br />

<strong>und</strong> den Fle<strong>der</strong>maus"-Frosch.<br />

Theater. <strong>Bernhard</strong>s<br />

schwarze Komödie <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>, ein<br />

artifizielles, musikalisches<br />

Sprachkunstwerk über<br />

Kunst <strong>und</strong> Tod, wurde zu Silvester<br />

erstmals am Burgtheater<br />

aufgeführt. Regisseur<br />

Jan Bosse setzte im beeindruckenden<br />

Bühnenbild<br />

von Stehane Laim einer<br />

verspiegelten Theatergar<strong>der</strong>obe<br />

<strong>und</strong> einem drehbaren<br />

Tisch im Nobelrestaurant<br />

Drei Husaren" auf drei<br />

grandiose Schauspieler.<br />

Frosch. Den von allen Details<br />

physischer Auflösung<br />

faszinierten Anatomen, <strong>der</strong><br />

in <strong>der</strong> Gar<strong>der</strong>obe <strong>der</strong> Sängerin<br />

aufihren Auftritt als Königin<br />

<strong>der</strong> Nacht in Mozarts<br />

Zauberflöte wartet, verkörperte<br />

Joachim Meyerhoff.<br />

Sein Vis-ä-vis ist ein Schnaps<br />

trinken<strong>der</strong>, dicker, alter<br />

Mann mit Stirnglatze, Blindenstab<br />

<strong>und</strong> schwarzer Bril-<br />

Peter Simonischek mit Maske.<br />

le. Man musste mehrmals<br />

hinschauen, bevor man in<br />

dieser entstellenden Maske<br />

Peter Simonischek erkannte.<br />

Die Dritte im genialen<br />

Höllenb<strong>und</strong>e war Sunnyi<br />

Melles als grandios hysterische<br />

Königin <strong>der</strong> Nacht.<br />

Respekt! Nach <strong>der</strong> Burg-<br />

Premiere radelte Simonischek<br />

an die Staatsoper, wo<br />

er in <strong>der</strong> Fle<strong>der</strong>maus den<br />

Frosch gab. Hut ab!<br />

Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />

Presseclipping erstellt am 02.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />

© CLIP Mediaservice 2013 - www.clip.at


Kronen Zeitung Gesamt 01.01.2013<br />

Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 888.832 | Reichweite: Reichweite: 2.742.000 (38,2%) | Artikelumfang: 15.087 mm²<br />

Seite: 50 1/1<br />

Thema: Burgtheater<br />

Autor:<br />

k.A.<br />

Feuchte, aber gar nicht fröhliche Silvesterpremiere: Gestern<br />

(31.) ging zum erstem Mal <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>" (Peter Simonischek <strong>und</strong> Joachim Meyerhoff)<br />

in einer Inszenierung von Jan Bosse über die Bühne des<br />

Wiener Burgtheaters. Eine Kritik folgt morgen (2.). TG<br />

Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />

Presseclipping erstellt am 02.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />

© CLIP Mediaservice 2013 - www.clip.at


Kronen Zeitung Gesamt 28.12.2012<br />

Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 996.870 | Reichweite: Reichweite: 2.742.000 (38,2%) | Artikelumfang: 19.471 mm²<br />

Seite: 45 1/1<br />

Thema: Burgtheater<br />

Autor:<br />

k.A.<br />

Rededuelle<br />

zu Silvester<br />

Erstmals ist <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s<br />

1972 in einer Inszenierung<br />

Claus Peymanns bei<br />

den Salzburger Festspielen<br />

uraufgeführtes Stück <strong>Der</strong><br />

<strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>"<br />

im Burgtheater zu sehen.<br />

Jan Bosse hat Rededuelle<br />

zwischen <strong>der</strong> Königin <strong>der</strong><br />

Nacht an <strong>der</strong> Wiener Staatsoper<br />

(Sunnyi Melles), ihrem<br />

trunksüchtigen Vater (<strong>der</strong><br />

<strong>Ignorant</strong>: Peter Simonischek)<br />

<strong>und</strong> dem Doktor (<strong>der</strong><br />

<strong>Wahnsinnige</strong>: Joachim Meyerhoff)<br />

inszeniert (Bühne:<br />

Stphane Laim). Premiere<br />

ist am 31. Dezember. TG<br />

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Presseclipping erstellt am 28.12.2012 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />

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Heute 28.12.2012<br />

Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 406.636 | Reichweite: Reichweite: 947.000 (13,2%) | Artikelumfang: 14.938 mm²<br />

Seite: 20 1/1<br />

Thema: Burgtheater<br />

Autor:<br />

k.A.<br />

Meyerhoff, Melles <strong>und</strong> Simonischek<br />

<strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong> zum Jahreswechsel<br />

Burg-Premiere kitzelt<br />

die Lust am Morbiden<br />

Wiener Burg als Nährboden für den rabenschwarzen öster-<br />

Humor - <strong>und</strong> das zu Silvester? Klingt mutig, aber<br />

Diereichischen<br />

gut. Jan Bosse inszeniert <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>", es<br />

spielen Peter Simonischek, Joachim Meyerhoff <strong>und</strong> Sunnyi Melles.<br />

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Obsession, grausame Rohheit,<br />

kein Licht im Dunkel - <strong>Thomas</strong><br />

<strong>Bernhard</strong> in seinem Element!<br />

-1. In <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

e_<strong>Wahnsinnige</strong>" spannt er drei<br />

21_3 Menschen zusammen, die einan<strong>der</strong><br />

nichts zu geben haben.<br />

Außer vielleicht ihre Zeit. <strong>Der</strong><br />

eine (Simonischek) ist halbblind<br />

cc <strong>und</strong> Säufer, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e (Meyerhoff)<br />

krankhaft vernarrt in die<br />

Presseclipping erstellt am 28.12.2012 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />

Anatomie. Man trinkt, doziert<br />

übers Leichensezieren <strong>und</strong> wartet<br />

in <strong>der</strong> Künstlergar<strong>der</strong>obe auf<br />

die Perfektion: Die stößt in Gestalt<br />

<strong>der</strong> Sopranistin (Melles)<br />

dazu. Zum 222. Mal singt sie<br />

heute die Königin <strong>der</strong> Nacht",<br />

<strong>und</strong> nichts ist ihr mehr verhasst.<br />

Außer vielleicht ihr Vater, <strong>der</strong><br />

<strong>Ignorant</strong>. Für die Jänner-Termine<br />

gibt's noch Restkarten! MD<br />

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darunter<br />

-<br />

bekanntlich<br />

Zur Zeit 11.01.2013<br />

Erscheinungsland: Österreich | Auflage: | Reichweite: Reichweite: k.A. | Artikelumfang: 36.326 mm²<br />

Seite: 36 1/1<br />

Thema: Akademietheater<br />

Autor:<br />

KULTUR<br />

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Knapp<br />

vor Weihnachten <strong>und</strong><br />

zum Jahreswechsel brachten<br />

die Premieren im Akademie- <strong>und</strong><br />

Burgtheater zwei Stücke, die ohne<br />

jede Diskussion dem Bereich des<br />

Absurden zugerechnet werden<br />

können <strong>und</strong> damit in nur sehr beschränktem<br />

Ausmaß den jeweiligen<br />

Anlässen zuzuordnen sind.<br />

Daß auf diese Weise traditionelle<br />

<strong>und</strong> daher übliche Produktionen<br />

außer acht gelassen wurden, spricht<br />

schon Bände.<br />

Ewald Palmetshofer wird als<br />

Autor "zeitgemäßen" Theaters<br />

hoch gehandelt, was aber absolut<br />

nichts über die tatsächliche Qualität<br />

seiner Werke aussagt, denn ..rauber.<br />

schuldengenital" im Akademietheater<br />

ist zwar offiziell eine Paraphrase<br />

zu Friedrichs Schillers "Räuber",<br />

erinnert an diese allerdings nur im<br />

Abstand von ungezählten Lichtjahren.<br />

Die bekannten Brü<strong>der</strong> Karl <strong>und</strong><br />

Franz suchen ihre Eltern heim, um<br />

bei dieser Gelegenheit ihr Erbe mit<br />

Gewalt einzufor<strong>der</strong>n. Was dabei<br />

herauskommt ist ein zweistündiges<br />

<strong>und</strong> (absichtlich) pausenloses Tohuwabohu,<br />

das zu einer ständigen<br />

Flucht <strong>der</strong> Zuschauer führt, zumal<br />

<strong>der</strong> berühmte "Otto Normalver<br />

braucher" jede Übersicht in bezug<br />

auf die Handlung verliert. Regisseur<br />

Stephan Kimmig schien es auch<br />

nicht darauf angelegt zu haben, den<br />

Inhalt verständlich zu machen. Die<br />

-<br />

acht Darsteller ein Kind<br />

-bemühen sich im objektiven Sinn,<br />

aus <strong>der</strong> ganzen Sache einen Theaterabend<br />

zu gestalten, scheitern aber an<br />

<strong>der</strong> Unzulänglichkeit des Textes, <strong>der</strong><br />

in einigen Momenten tatsächlich an<br />

Schiller gemahnt, ohne dessen Qualität<br />

auch nur annähernd zu errei<br />

chen. Therese Affolter, Sarah Viktoria<br />

Frick, Barbara Petritsch, Philipp<br />

Hauß, Michael König, Christoph<br />

Luser <strong>und</strong> Martin Schwab wurden<br />

daher für ihr "Wollen" bedankt.<br />

<strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s "<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>"<br />

Presseclipping erstellt am 14.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />

AUF BUHNEN &<br />

PODIEN<br />

Absurdes engros:<br />

Palmetshofer im Akademietheater<br />

<strong>Bernhard</strong> im Burgtheater<br />

ein "Skandal" bei<br />

<strong>der</strong> Uraufführung im Rahmen <strong>der</strong><br />

Salzburger Festspiele 1972<br />

-<br />

wurde<br />

erstaunlicherweise erstmals im<br />

Burgtheater gezeigt.<br />

Zwar als Ersatz für eine verschobene<br />

Uraufführung, dennoch aber<br />

bew<strong>und</strong>ernswert in Hinsicht auf<br />

S. Melles, J. Meyerhoff <strong>und</strong> P. Simonischek im Burgtheater<br />

die schauspielerischen Leistungen,<br />

wobei in erster Linie natürlich<br />

Joachim Meyerhoff zu nennen ist,<br />

<strong>der</strong> als Doktor (^-<strong>Wahnsinnige</strong>r) ein<br />

fast unbewältigbares Textvolumen<br />

zu meistern hatte <strong>und</strong> dies auch in<br />

bew<strong>und</strong>ernswerter Art <strong>und</strong> Weise<br />

schaffte. Als Vater (=<strong>Ignorant</strong>) war<br />

-<br />

Peter Simonischek von <strong>der</strong> Maske<br />

her kaum zu erkennen, beeindruckte<br />

aber mit wenigen Sätzen.<br />

-<br />

In <strong>der</strong> Hauptrolle als Sängerin von<br />

Mozarts "Königin <strong>der</strong> Nacht" bestach<br />

Sunnyi Melles<br />

mit den bei ihr<br />

bekannten Tugen<br />

den.<br />

Das Bühnenbild<br />

von Stephane Laime<br />

<strong>und</strong> Katharina<br />

Faltner <strong>und</strong> die Kostüme<br />

von Kathrin<br />

Plath trugen auch<br />

zum Erfolg <strong>der</strong> Premiere<br />

dieses frühen<br />

<strong>Bernhard</strong>-Stückes bei, zumal hier<br />

-<br />

-trotz <strong>der</strong> Absurdität Verständnis<br />

herrschte. Insgesamt wurde damit<br />

<strong>der</strong> Beweis erbracht, daß auch<br />

scheinbar "unmo<strong>der</strong>ne" Stücke<br />

beim Publikum großes Interesse<br />

wecken können (<strong>und</strong> sollen)!<br />

WILHELM SELEDEC<br />

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Falter 23.01.2013<br />

Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 35.000 | Reichweite: Reichweite: 94.000 (1,3%) | Artikelumfang: 7.230 mm²<br />

Seite: 12 1/1<br />

Thema: Burgtheater<br />

Autor:<br />

k.A.<br />

Das falsche Stück<br />

am falschen Ort<br />

<strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong> im Burgtheater<br />

falsche Stück zur falschen<br />

Das Zeit am falschen Ort: Zu Silvester<br />

hatte im Burgtheater <strong>Thomas</strong><br />

<strong>Bernhard</strong>s Frühwerk <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>" (1972) Premiere,<br />

obwohl das erstens kein Silvesterspaß<br />

<strong>und</strong> zweitens zu klein für die<br />

große Bühne ist. Vor <strong>und</strong> nach einer<br />

Aufführung <strong>der</strong> Zauberflöte" an <strong>der</strong><br />

Staatsoper monologisiert ein manischer<br />

Arzt (Joachim Meyerhoff) über<br />

den Musikbetrieb <strong>und</strong> die Sektion eines<br />

Körpers; seine Gesprächspartner"<br />

sind eine verhuschte Sängerin (Sunnyi<br />

Melles) <strong>und</strong> <strong>der</strong>en versoffener Vater<br />

(Peter Simonischek). Das spröde<br />

Drama hat durchaus seine komischen<br />

Seiten; es zur schrägen Backstage-Comedy<br />

hochzujazzen, wie Regisseur Jan<br />

Bosse das versucht hat, funktioniert<br />

aber nicht wirklich.<br />

w K<br />

Burgtheater, Sa 19.30<br />

Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />

Presseclipping erstellt am 23.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />

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