Pressespiegel Der Ignorant und der Wahnsinnige - Thomas Bernhard
Pressespiegel Der Ignorant und der Wahnsinnige - Thomas Bernhard
Pressespiegel Der Ignorant und der Wahnsinnige - Thomas Bernhard
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Pressespiegel</strong><br />
<strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong><br />
<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Wahnsinnige</strong><br />
Regie Jan Bosse<br />
Premiere im Burgtheater am 31. Dezember 2012<br />
Burgtheater ∏ Pressebüro ∏ Universitätsring 2 ∏ 1010 Wien<br />
Tel +43 (0)1 51444-4105 / 4106 ∏ Fax +43 (0)1 51444-4107 ∏ pressebuero@burgtheater.at ∏ www.burgtheater.at
Die Presse 02.01.2013<br />
Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 86.165 | Reichweite: Reichweite: 261.000 (3,6%) | Artikelumfang: 46.703 mm²<br />
Seite: 21 1/1<br />
Thema: Burgtheater<br />
Autor:<br />
NORBERT MAYER<br />
<strong>Bernhard</strong> schneidet noch immer tief<br />
Burgtheater. <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>" fesselt auch noch nach vierzig<br />
Jahren. Regisseur Jan Bosse <strong>und</strong> ein erstklassiges Ensemble beleben diesen Klassiker.<br />
VON NORBERT MAYER<br />
Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />
<strong>Bernhard</strong> hatte einen angenehmen<br />
Bass. Als junger Mann nahm<br />
<strong>Thomas</strong> er in Salzburg Gesangsst<strong>und</strong>en. Einmal<br />
sang er 1950 dem damals berühmten<br />
Dirigenten Josef Krips vor. Dessen Urteil war<br />
vernichtend. Laut <strong>Bernhard</strong> empfahl er ihm,<br />
lieber Fleischer zu werden. Das saß. Gott sei<br />
Dank! <strong>Bernhard</strong> wurde kein zweitklassiger<br />
Sänger, son<strong>der</strong>n ein erstklassiger, weltberühmter<br />
Schriftsteller, aber die Zurückweisung<br />
hat er noch zwei Jahrzehnte später thematisiert,<br />
im ersten seiner großen Dramen,<br />
das bei den Salzburger Festspielen uraufgeführt<br />
wurde: Dort sagt die Hauptfigur, ein<br />
Arzt, <strong>der</strong> angeblich eine schöne Bassstimme<br />
hat, in <strong>der</strong> Gar<strong>der</strong>obe <strong>der</strong> Königin <strong>der</strong> Nacht,<br />
dass <strong>der</strong> Dirigent bei dieser Zauberflöte"<br />
wie ein Fleischhauer agiere.<br />
Verletzungen gab es auch 1972: <strong>Der</strong><br />
<strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>" wurde in<br />
Salzburg mit Claus Peymann zum Skandal,<br />
weil die Behörden untersagten, dass bei <strong>der</strong><br />
Aufführung am Ende zwei Minuten absolute<br />
Finsternis" herrschte. Peymann bestand<br />
darauf, dass auch das Notlicht gelöscht werde.<br />
Das ging aber nicht. Daraufhin sagte er<br />
nach <strong>der</strong> Premiere alle weiteren Vorstellungen<br />
ab. <strong>Bernhard</strong> war solidarisch mit dem<br />
Regisseur <strong>und</strong> telegrafierte: Eine Gesellschaft,<br />
die zwei Minuten Finsternis nicht<br />
verträgt, kommt ohne mein Schauspiel aus."<br />
Viel Gespür für die Musikalität des Textes<br />
Im Wiener Burgtheater hat man das Drama,<br />
das die Kunst <strong>und</strong> ihr Scheitern in artifizieller<br />
Vollendung seziert, soeben zum Jahreswechsel<br />
erstmals aufgeführt, in prominenter<br />
Besetzung. Wie hat sich dieses Stück, das<br />
zum Großteil aus Monologen des Doktors<br />
besteht, gehalten? Es ist noch immer großartig,<br />
wenn es so intensiv wie hier gespielt<br />
wird. Jan Bosse hat mit viel Gespür für <strong>Bernhard</strong>s<br />
Musikalität inszeniert. Souverän gibt<br />
Joachim Meyerhoff den Arzt, kunstvoll zurückhaltend<br />
<strong>und</strong> doch stark präsent ergänzt<br />
ihn Peter Simonischek als Schnaps trinken<strong>der</strong><br />
Vater <strong>der</strong> Sängerin, die von Sunnyi Melles<br />
herrlich überspannt gespielt wird. Stefan<br />
Wieland gewinnt <strong>der</strong> assistierenden Doppelrolle<br />
als Gar<strong>der</strong>obiere <strong>und</strong> Kellner sinnvoll<br />
Bizarres ab - kurz, dieser Abend ist diesem<br />
Quartett <strong>und</strong> <strong>der</strong> Regie gelungen. Sie haben<br />
einen Klassiker erfolgreich belebt.<br />
Simonischek tritt anfangs vorsichtig auf<br />
die Bühne, schwarz gekleidet, dunkle Brille,<br />
weiße Schuhe. Er hat eine fast volle Flasche<br />
<strong>und</strong> einen Blindenstock in <strong>der</strong> Hand. Das<br />
Bühnenbild von Stephane Lairne zeigt die<br />
Gar<strong>der</strong>obe <strong>der</strong> Sängerin. Ihr Schminktisch<br />
hat riesige Spiegel, links hängen Mengen an<br />
Pelzen, rechts Perücken. <strong>Der</strong> Vater setzt sich<br />
Presseclipping erstellt am 02.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />
Ein Galaabend mit toller Besetzung: Peter Simonischek als Vater <strong>und</strong> Sunnyi Melles als Königin <strong>der</strong><br />
Nacht in "<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>" zum Jahreswechsel im Burgtheater.<br />
ApA, Georg enmull I<br />
rechts in ein Sofa. Sein Part: Er wird oftmals<br />
Phrasen aus dem Wortschwall des Arztes,<br />
<strong>der</strong> gleich nach ihm auftritt, wie zur Bestätigung<br />
wie<strong>der</strong>holen, meist aber vor sich hin<br />
brüten. Dieses Echo des Vaters aber gibt den<br />
Kaskaden des Arztes Struktur. Um den Wortschwall<br />
zu dirigieren, schlägt er immer wie<strong>der</strong><br />
mit dem Stock auf den Tisch, nimmt immer<br />
wie<strong>der</strong> Züge aus <strong>der</strong> Flasche.<br />
Die beiden Herren warten auf die Sängerin,<br />
die - immer im letzten Augenblick<br />
kommt. Wie ein Raubtier streicht <strong>der</strong> streng<br />
gekleidete Doktor über die Bühne, streift<br />
sehnsüchtig über die Pelze, setzt sich zum<br />
Vater, spielt mit dessen Trunksucht. Die ganze<br />
Zeit aber doziert er in rasendem Tempo,<br />
sein Monolog handelt vom Sezieren <strong>und</strong><br />
von <strong>der</strong> Kunst, eine Sektion des künstlerischen<br />
Menschen, eine Elegie auf die Hinfälligkeit,<br />
eine Litanei versagen<strong>der</strong> Organe. Um<br />
dieses Stakkato effektvoll darzubieten,<br />
braucht es Wachheit <strong>und</strong> Intelligenz <strong>und</strong><br />
Geschmeidigkeit im Ausdruck. Meyerhoff<br />
hat all das im Übermaß. Es ist schmerz- <strong>und</strong><br />
lustvoll, ihm bei dieser Vorführung <strong>der</strong> Conditio<br />
humana zuzusehen <strong>und</strong> vor allem<br />
auch zuzuhören. Er setzt die Pointen genau,<br />
Simonischek harmoniert dabei w<strong>und</strong>erbar.<br />
Gerade dann, als die Spannung unerträglich<br />
wird, stelzt Frau Vargo daher <strong>und</strong><br />
bereitet die Gar<strong>der</strong>obe für die Königin <strong>der</strong><br />
Nacht vor, die an diesem Abend zum 222.<br />
Mal diese Vorstellung gibt. Gerade dann, als<br />
das Orchester im Hintergr<strong>und</strong> längst spielt<br />
<strong>und</strong> man die Hoffnung auf den rechtzeitigen<br />
Auftritt <strong>der</strong> weltbesten Sängerin aufgeben<br />
will, erscheint diese. Ja, Melles ist tatsächlich<br />
eine Erscheinung <strong>und</strong> jeden Zoll eine Königin,<br />
schon hinter <strong>der</strong> Bühne. Die Rolle, die<br />
das Verletzliche, Überspannte <strong>und</strong> Tragische<br />
einschließt, passt ihr perfekt, sie trifft<br />
<strong>Bernhard</strong>s Ton, spielt, mühelos diese Koloratur-Maschine,<br />
die natürlich selbst mitten<br />
im Triumph immer ans Scheitern denkt.<br />
Totale Finsternis - bis auf das Notlicht<br />
Versagen <strong>und</strong> Abhängigkeit bestimmen wie<br />
ein dunkler Epilog auch den zweiten Akt.<br />
Die weiß geschminkte, schwarz-silberne Königin<br />
ist spektakulär an Seilen himmelwärts<br />
entschwebt, das Bild dreht sich, die kleine<br />
Gesellschaft nimmt an einem Tisch des Nobelrestaurants<br />
Drei Husaren" Platz. Melles<br />
sinkt auf ihren Sessel hernie<strong>der</strong>. Sie essen<br />
Beef Tatar, trinken reichlich Champagner,<br />
das unterstreicht die barbarischen anatomischen<br />
Ausführungen <strong>und</strong> die zwanghafte<br />
Erotik. Die Sängerin, von hartnäckig bösem<br />
Husten befallen, entschließt sich spontan zu<br />
Absagen, Kellner Winter exekutiert sie beflissen.<br />
Hoffnungslos die Liebe, ein einziges<br />
Trauma die Kunst. Nur <strong>der</strong> Alkohol tröstet<br />
<strong>und</strong> hilft. Dann wird es nach knapp zwei<br />
St<strong>und</strong>en endlich finster. Fast. Auch im Burgtheater<br />
kommt man nicht ohne Notlicht aus.<br />
Termine: 3./5./26. I. (19.30h), 8. (20 h)<br />
© CLIP Mediaservice 2013 - www.clip.at
Kronen Zeitung Gesamt 02.01.2013<br />
Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 891.381 | Reichweite: Reichweite: 2.742.000 (38,2%) | Artikelumfang: 36.762 mm²<br />
Seite: 32 1/1<br />
Thema: Burgtheater<br />
Autor:<br />
<strong>Thomas</strong> Gabler<br />
Burgtheater: <strong>Bernhard</strong>s,<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>" in Jan Bosses Regie<br />
Brillantes Trio erweckt Nostalgie<br />
Draußen Trubel <strong>und</strong> Knallerei, drinnen Wortgeknalle Manches <strong>und</strong> mancher bild von Stephane Laime<br />
von <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s wahnsinnigem Doktor: Am Ende<br />
bejubelt, ging die Silvesterpremiere von <strong>Der</strong> Igno-<br />
<strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s wortrei- ebenso hervor wie Banales.<br />
kommt in die Jahre. So auch Ironie, kehrt Groteskes<br />
rant <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>" im Burgtheater über die ches Drama über drei anein- Bosse hält die Figuren, die<br />
Bühne. Viel Applaus für ihre Ausdauer gab's für Sunnyi an<strong>der</strong>gekettete Personen, Königin <strong>der</strong> Nacht, <strong>der</strong>en<br />
Melles, Peter Simonischek <strong>und</strong> Joachim Meyerhoff.<br />
das bei <strong>der</strong> Uraufführung bei Vater <strong>und</strong> den Doktor in<br />
den Salzburger Festspielen Bewegung.Witzig verbindet<br />
1972 wohl auch nur zum er die zwei Akte mit Mozarts<br />
Skandal wurde, weil Claus Rache"-Arie, bei <strong>der</strong> die<br />
Peymann am Ende seiner Primadonna trällernd durch<br />
Inszenierung totale Finster- die Szenerie schwebt.<br />
nis wollte. Was bei <strong>der</strong> Ge- Eine enorme Gedächtnisneralprobe<br />
klappte, bei <strong>der</strong> leistung ist für <strong>Bernhard</strong>s<br />
Tiraden gefor<strong>der</strong>t, vor allem<br />
VON THOMAS GABLER vom Dokter, dem <strong>Wahnsinnige</strong>n:<br />
Joachim Meyerhoff<br />
Premiere aber nicht mehr,<br />
brilliert im hirnlastigen, mit<br />
worauf das Stück (mit Anseits"<br />
gespickten Monolog<br />
einerseits" <strong>und</strong> an<strong>der</strong>er-<br />
gela Schmid, Ulrich Wildüber<br />
Leben. Kunst <strong>und</strong> Segruber<br />
<strong>und</strong> Bruno Ganz)<br />
nicht mehr gespielt wurde.<br />
zieren von Leichen. Sein<br />
Groß- <strong>und</strong> sein Kleinhirn<br />
Tempi passati. Alles vor- sind im Dauereinsatz, turbei.<br />
Beinahe nostalgisch nen durch den Text, wie sein<br />
wirkt das Trio, das sich in Körper auf Sessellehnen <strong>und</strong><br />
<strong>der</strong> Operngar<strong>der</strong>obe <strong>und</strong> da- auf dem Schminktisch<br />
nach beim finalen<br />
turnt.<br />
Besäufnis Beleibt <strong>und</strong> mit<br />
mit<br />
Säuferrot<br />
Champagner in den auf den<br />
einst berühmten<br />
Wangen folgt ihm<br />
.,Drei Hu- Peter Simon ischek als Ignosaren"<br />
(<strong>der</strong>en leere Hülle es ran!, als Vater <strong>der</strong> Sängerin.<br />
in <strong>der</strong> Weihburggasse noch Perfekt als Typ,<br />
gibt)<br />
<strong>der</strong> einem<br />
ihren Weltsichten, klar macht: Schnaps, das<br />
anatomischen Kenntnissen wird sein letztes<br />
<strong>und</strong><br />
Wort sein.<br />
Beziehungskrämpfen Und Sunnyi Melles als seine<br />
hingibt. Immerhin hat Jan Tochter passt perfekt<br />
Bosses in die<br />
Inszenierung im Rolle <strong>der</strong> von Zauberflöstimmungsvollen<br />
Bühnen- ten"-Koloraturen Getriebe-<br />
_<br />
nen, gefällt als Diva mit<br />
Tochter <strong>und</strong> Vater im Clinch: Verfallserscheinungen.<br />
5. Helles <strong>und</strong> P. Simonischek. Skurriles Faktotum: Stefan<br />
Wieland als Gar<strong>der</strong>obiere<br />
<strong>und</strong> Kellner.<br />
Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />
Presseclipping erstellt am 02.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />
Redefluss:Joachim Meyerhoff<br />
© CLIP Mediaservice 2013 - www.clip.at
Wiener Zeitung 02.01.2013<br />
Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 22.000 | Reichweite: Reichweite: k.A. | Artikelumfang: 45.597 mm²<br />
Seite: 22 1/2<br />
Thema: Burgtheater<br />
Autor:<br />
Hilde Hai<strong>der</strong>-Pregler<br />
Gnadenlose Tragikomik: <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>" im Burgtheater<br />
Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />
Defizite als Scherzmaterial<br />
Von Hilde Hai<strong>der</strong>-Pregler<br />
Mit einem pointierten Witz über<br />
einen blamierten Unternehmensberater<br />
stimmte Burgtheater-Direktor<br />
Matthias Hartmann das<br />
Publikum auf die Silvester-Premiere<br />
von <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s Frühwerk<br />
<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Wahnsinnige</strong>" (1972) ein. Für einen<br />
smarten Kulturmanager von<br />
heute wäre die als Koloraturrnaschine"<br />
funktionierende Sängerin<br />
gewiss eine Idealfigur: Sie<br />
schnurrt ihre einzige Partie - die<br />
Königin <strong>der</strong> Nacht in Mozarts<br />
Zauberflöte" - quasi auf Knopfdruck<br />
seit einem Jahrzehnt an allen<br />
großen Opernhäusern dieser<br />
Welt mit unverän<strong>der</strong>ter Perfektion<br />
ab.<br />
Aber ist die Reproduktion des<br />
einmal Erreichten wirklich noch<br />
Kunst? O<strong>der</strong> ist für den wahrhaft<br />
künstlerischen Menschen das<br />
Scheitern an <strong>der</strong> Realisierbarkeit<br />
seiner idealen Vision <strong>der</strong> wesentliche",<br />
zu stets neuen Versuchen<br />
herausfor<strong>der</strong>nde Gedanke? Diese<br />
Frage, die <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong> in<br />
seinen Theater- <strong>und</strong> Prosatexten<br />
immer wie<strong>der</strong> beschäftigt hat,<br />
wird in <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Wahnsinnige</strong>" mit unvergleichli<br />
cher Radikalität abgehandelt, im<br />
Wissen, dass <strong>der</strong> Tragik des<br />
Scheiterns auch provokante Komik<br />
immanent ist.<br />
In schwindeln<strong>der</strong> Höhe<br />
Dieses Oszillieren zwischen einer<br />
Tragödie, die auch eine Komödie<br />
sein kann, deckt Jan Bosse in einer<br />
<strong>Bernhard</strong> beim Wort nehmenden<br />
Modellinszenierung in einem<br />
das (Burg)-Theater ästhetisch gekonnt<br />
spiegelnden Bühnenraum<br />
(St4hane Lairn) exemplarisch<br />
auf. Dank eines in Höchstform<br />
agierenden Ensembles mit komödiantisch<br />
unterhalten<strong>der</strong> Leichtigkeit,<br />
die dennoch Hintersinn signalisiert.<br />
Zum Tross <strong>der</strong> Königin<br />
<strong>der</strong> Nacht gehören <strong>der</strong>en halbblin<strong>der</strong>,<br />
versoffener Vater <strong>und</strong> ein<br />
seltsamer Pathologe, die ungeduldig<br />
auf das Eintreffen des Stars in<br />
<strong>der</strong> Wiener Staatsoper warten: Joachim<br />
Meyerhoff als hagerer, hektisch<br />
herumschusseln<strong>der</strong> Doktor<br />
- im altväterischen schwarzen<br />
Anzug, Brille mit Goldrand - <strong>und</strong><br />
Peter Simonischek als dickbäuchiger<br />
Vater mit Blindstock <strong>und</strong> -binden.<br />
Gemäß <strong>Bernhard</strong>s Komik-<br />
Perfidie nützt das grandiose Komödianten-Duo<br />
den defizitären<br />
Körper als Scherzmaterial.<br />
Während Meyerhoffs Doktor,<br />
den nicht <strong>der</strong> Mensch, son<strong>der</strong>n<br />
nur dessen Organe als zu untersuchende<br />
Materie interessieren,<br />
sprachgewaltig mit einem privaten<br />
Sezierkurs auftrumpft, leistet<br />
Simonischek als wortkarger Partner<br />
auf seine Art Wi<strong>der</strong>stand. Als<br />
gälte es zu beweisen, dass die<br />
sprachreduzierten Rollen bei<br />
<strong>Bernhard</strong> die eigentlich den Ton<br />
Angebenden sind, dirigiert er das<br />
Geschehen mit seinem Blindenstock,<br />
zeigt mit heimtückisch<br />
überlegenem Lächeln, was er von<br />
<strong>der</strong> gelehrten Suada des Doktors<br />
o<strong>der</strong> von dessen verschämt-koketter<br />
Reminiszenz an eigene Künstler-Träume<br />
als Bassist hält. Sunnyi<br />
Melles als verspätet eintreffende<br />
Sängerin wird da in <strong>der</strong> Tat<br />
als Kunstfigur zum Objekt <strong>und</strong><br />
schwebt schließlich während ihrer<br />
Arie wie eine an Schnüren<br />
hängende Marionette in schwindeln<strong>der</strong><br />
Höhe im Bühnenraum.<br />
Auf dem Seziertisch<br />
Bei <strong>der</strong> Premierenfeier im Nobelrestaurant<br />
zu den Drei Husaren"<br />
wird <strong>der</strong> - alsbald verwüstete -<br />
Esstisch, wie so oft bei <strong>Bernhard</strong>,<br />
zum Ort <strong>der</strong> Katastrophe. Das<br />
Husten <strong>der</strong> - plötzlich alle Engagements<br />
stornierenden - Sängerin<br />
signalisiert vielleicht nicht<br />
nur totale Erschöpfung, son<strong>der</strong>n<br />
auch eine nahende Todeskrankheit.<br />
Statt <strong>der</strong> von <strong>Bernhard</strong> gefor<strong>der</strong>ten,<br />
einstmals einen Skandal<br />
Presseclipping erstellt am 02.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />
auslösenden totalen Finsternis"<br />
zeigt Jan Bosse ein in seiner Intensität<br />
unüberbietbares Schlusstableau:<br />
<strong>Der</strong> Luster senkt sich im<br />
Dämmerlicht auf die bewegungslos<br />
auf dem Tisch ausgestreckte<br />
Königin <strong>der</strong> Nacht herab - <strong>und</strong><br />
<strong>der</strong> Doktor doziert präzise, wie<br />
man bei einer Obduktion den<br />
Kehlkopf zu präparieren hat.<br />
Dass <strong>Bernhard</strong>s beim Wort genommene<br />
Theatertexte <strong>der</strong> Zeit<br />
standgehalten haben, hat Regisseur<br />
Jan Bosse mit seiner kongenialen<br />
Inszenierung nachdrücklich<br />
bewiesen.<br />
Theater<br />
<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong><br />
Von <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong><br />
Jan Bosse (Regie)<br />
Burgtheater<br />
Mit: Joachim Meyerhoff u.a.<br />
Wh.: 3., 5., 8., 26. Jänner<br />
* * * * *<br />
© CLIP Mediaservice 2013 - www.clip.at
Wiener Zeitung 02.01.2013<br />
Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 22.000 | Reichweite: Reichweite: k.A. | Artikelumfang: 45.597 mm²<br />
Seite: 22 2/2<br />
Thema: Burgtheater<br />
Autor:<br />
Hilde Hai<strong>der</strong>-Pregler<br />
Leichtigkeit mit Hintersinn: Sunny' Melles (Königin <strong>der</strong> Nacht) <strong>und</strong> Peter Simonischek (Vater) glückt<br />
in Jan Bosses Burg-Inszenierung eine kongeniale <strong>Bernhard</strong>-Aufführung. Foto: Reinhard Werner<br />
Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />
Presseclipping erstellt am 02.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />
© CLIP Mediaservice 2013 - www.clip.at
<strong>Der</strong> Standard 02.01.2013<br />
Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 83.862 | Reichweite: Reichweite: 341.000 (4,8%) | Artikelumfang: 52.586 mm²<br />
Seite: 24 1/2<br />
Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />
Thema: Burgtheater<br />
Autor:<br />
Margarete Affenzeller<br />
Eine Diva entschwebt ihrer letzten Opernnacht<br />
Silvesterpremiere am Burgtheater:<br />
Bei <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s Kunst- <strong>und</strong><br />
Körper-Suada <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Wahnsinnige</strong>" zog Regisseur Jan Bosse<br />
die Künstlichkeitsschraube an.<br />
Margarete Affenzeller<br />
Wien Die Stücke von <strong>Thomas</strong><br />
<strong>Bernhard</strong> machen sich auf den<br />
Spielplänen von heute rar. Auf die<br />
hohen Töne <strong>der</strong> Erregungskunst<br />
scheinen sich Dramaturgen <strong>und</strong><br />
Schauspieler nicht mehr vorrangig<br />
zu verstehen. Doch in einem<br />
Jahr, in dem <strong>der</strong> Burgtheaterdirektor<br />
einen Spielplan mit Österreich-Schwerpunkt<br />
ausgerufen<br />
hat, vermag ein <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong><br />
eine <strong>Thomas</strong>-Vinterberg-Lücke<br />
gut <strong>und</strong> gern zu stopfen.<br />
Ursprünglich war für die Silvesterpremiere<br />
nämlich eine Trinkerinnentragikomödie<br />
des dänischen<br />
Film- <strong>und</strong> Theaterregisseurs<br />
<strong>Thomas</strong> Vinterberg angesetzt<br />
gewesen. Sie wurde verschoben.<br />
Regisseur Jan Bosse eilte zu<br />
Hilfe. <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>,<br />
eine nicht gerade wechselvolle<br />
Suada über die Mühen<br />
<strong>der</strong> (Sanges-)Kunst, <strong>der</strong> Künstler<br />
<strong>und</strong> ihrer mitleidenden Angehörigen,<br />
verhandelte wenige St<strong>und</strong>en<br />
vor Jahresende das schrecklich<br />
Empörende am Leben einer sogenannten<br />
Künstlerexistenz.<br />
Ein pingeliger Anatom (Joachim<br />
Meyerhoff) ergeht sich da in <strong>der</strong><br />
Künstlergar<strong>der</strong>obe einer Operndiva<br />
(Sunnyi Melles) zur Unterhaltung<br />
von <strong>der</strong>en Vater (Peter Simonischek)<br />
in Ausführungen über<br />
die Leichensektion. Was wird da<br />
nicht alles mit Darmschere <strong>und</strong><br />
Hirnmesser getrennt <strong>und</strong> angesägt,<br />
um sich <strong>der</strong> Täuschung hinzugeben,<br />
den Körper durchschauen<br />
zu können. Den Körper als Objekt<br />
<strong>der</strong> Kunst wie <strong>der</strong> Medizin.<br />
Vor einem hoch aufragenden<br />
Schminktisch mit vielen, dem<br />
Konterfei <strong>der</strong> Sängerin gleichenden<br />
Perückenbüsten (Bühne: Stöphane<br />
Laimä) warten Doktor <strong>und</strong><br />
Vater auf den Star. An diesem<br />
Abend wird die Koloratursopranisten<br />
zum 222. Mal die Partie<br />
<strong>der</strong> Königin <strong>der</strong> Nacht singen.<br />
Während <strong>der</strong> Vater (Simonischek)<br />
seine (ausgestopfte) Körperfülle<br />
träge gerade noch in den Clubsessel<br />
hieven konnte <strong>und</strong> fortan seine<br />
weißen Mokassins weit von<br />
sich streckt, aber heftig an <strong>der</strong><br />
Schnapsflasche nippt sowie mit<br />
dem Blindenstock Terror macht,<br />
tänzelt <strong>der</strong> Doktor (Meyerhoff)<br />
den Tanz eines über seinen<br />
Schützlingen wahnsinnig gewordenen<br />
Meister Lämpel. Mit spitzen<br />
Schritten vollführt er ein artifizielles<br />
Ungeduldstänzchen, verknotet<br />
bei Bedarf seine nervösen<br />
Kniegelenke o<strong>der</strong> bringt die Hose<br />
seines redefaulen Gesprächspartners<br />
zum Quietschen, bis dann<br />
endlich die Königin erscheint.<br />
Sunnyi Melles tritt gefolgt von<br />
ihrer Gar<strong>der</strong>obiere Frau Vargo<br />
(Stefan Wieland) ganz bodenständig<br />
im Backstage-Outfit mit Thermoskanne<br />
<strong>und</strong> Pelz-Boots aus<br />
ihrem Klei<strong>der</strong>schrank. In diesem<br />
Moment wird nach <strong>der</strong> Mitte dieser<br />
Inszenierung noch gesucht, die<br />
sich dann doch dem Schabernack,<br />
wenn auch recht edel, übergibt.<br />
An die ironiefreie Deklamationskunst<br />
glaubt Jan Bosse nicht. Er<br />
zieht vor allem an <strong>der</strong> Figur des<br />
Doktors die Sätze <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s<br />
ins Klamaukige. Das beeinträchtigt<br />
die Sprache in ihrer eigenen<br />
Künstlichkeit erstaunlicherweise<br />
nicht. Es bleibt ein Vergnügen,<br />
dem Fatalismus dieser Monologe<br />
zu folgen. Beispielsweise<br />
heißt es einmal. Wenn wir den<br />
Schwachsinn / <strong>der</strong> in dieser Kunstgattung<br />
herrscht / geehrter Herr /<br />
mit <strong>der</strong> Gemeinheit! <strong>der</strong> Zuschauer<br />
verrechnen /kommen wir in den<br />
Wahnsinn [Königin hustetr .<br />
Hat die Uraufführung von <strong>Der</strong><br />
<strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong><br />
1972 bei den Salzburger Festspielen<br />
durch ein nicht abgedrehtes<br />
Notlicht <strong>und</strong> die darin begründete<br />
sofortige Absetzung des Stücks<br />
einen Skandal verursacht, so quittierte<br />
man die Silvestervorstellung<br />
am Burgtheater nun mit<br />
knappem, aber wohlwollendem<br />
Applaus.<br />
Theater als Apöro für einen langen<br />
Abend? Nicht nur. Allein im<br />
Presseclipping erstellt am 02.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />
großen Bühnen-Flug <strong>der</strong> Königin<br />
<strong>der</strong> Nacht vom Schauplatz Oper<br />
im ersten Akt zum Schauplatz<br />
Restaurant im zweiten Akt liegt<br />
das genial Einfache dieses<br />
Abends. Jan Bosse war bewusst:<br />
An <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong> kann man<br />
zwar nicht groß herumdoktern,<br />
aber es kann gelingen, ihn aufzupolieren.<br />
Und hier hat er immerhin<br />
ein wenig gestrahlt.<br />
© CLIP Mediaservice 2013 - www.clip.at
<strong>Der</strong> Standard 02.01.2013<br />
Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 83.862 | Reichweite: Reichweite: 341.000 (4,8%) | Artikelumfang: 52.586 mm²<br />
Seite: 24 2/2<br />
Thema: Burgtheater<br />
Autor:<br />
Margarete Affenzeller<br />
Die Künstlerin<br />
auf dem<br />
Seziertisch:<br />
Sunnyi Melles<br />
als Königin<br />
<strong>der</strong> Nacht<br />
<strong>und</strong> Joachim<br />
Meyerhoff als<br />
Doktor in<br />
<strong>Thomas</strong><br />
<strong>Bernhard</strong>s<br />
<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Wahnsinnige</strong>"<br />
am<br />
Burgtheater.<br />
Foto: APA/Hochinuth<br />
Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />
Presseclipping erstellt am 02.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />
© CLIP Mediaservice 2013 - www.clip.at
Kleine Zeitung Steiermark 02.01.2013<br />
Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 203.906 | Reichweite: Reichweite: 561.000 (7,8%) | Artikelumfang: 15.971 mm²<br />
Seite: 42, 43 1/1<br />
Thema: Burgtheater<br />
Autor:<br />
Reinhold Reiterer<br />
Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />
ie Koloraturmaschine <strong>und</strong> <strong>der</strong> Sand im<br />
Kunstgetriebe<br />
Bejubelte Premiere<br />
von <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s<br />
<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>".<br />
WIEN. Von Heimito von Do<strong>der</strong>er<br />
stammt <strong>der</strong> Bef<strong>und</strong>, wer sich in<br />
Familie begibt, kommt darin um.<br />
<strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong> zeigt vor, wie<br />
das geht. In <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>", <strong>der</strong> Silvesterpremiere<br />
im Wiener Burgtheater.<br />
In dieser 1972 bei den Salzburger<br />
Festspielen uraufgeführten<br />
Tragikomödie erklimmt die Königin<br />
<strong>der</strong> Nacht" (Sunnyi Melles)<br />
als Sängerin den höchsten Kunstgipfel,<br />
die absolute Perfektion<br />
<strong>der</strong> Sangeskunst. Zum 222. Mal<br />
steht sie in dieser Rolle heute auf<br />
<strong>der</strong> Bühne <strong>der</strong> Wiener Staatsoper.<br />
In <strong>der</strong> Gar<strong>der</strong>obe wartet ihr<br />
Vater (Peter Simonischek). Ein<br />
ziemlich aus dem Leim gegangenes<br />
Mannsbild, das seit dem ersten<br />
öffentlichen Auftritt seiner<br />
Tochter <strong>der</strong> Trunksucht verfallen<br />
ist. Er, <strong>der</strong> seiner Tochter die<br />
Weltkarriere ermöglicht hat, sie<br />
bei ihren Auftritten in <strong>der</strong> ganzen<br />
Welt begleitet, fühlt sich von ihr<br />
rücksichtslos behandelt. Etwa<br />
dadurch, dass sie immer später",<br />
aber nie zu spät", wie's <strong>der</strong> Doktor<br />
(Joachim Meyerhoff) formuliert,<br />
in <strong>der</strong> Gar<strong>der</strong>obe auftaucht.<br />
<strong>Der</strong> Doktor, er ist <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>,<br />
monologisiert über die Kunst<br />
<strong>und</strong> das Leben, über den menschlichen<br />
Körper, über die Technik<br />
des Sezierens, über das Menschenmaterial,<br />
das zu höchster<br />
Kunstanstrengung fähig ist, wofür<br />
er die Tochter bew<strong>und</strong>ert.<br />
Kaum tritt diese auf, verfällt dieser<br />
Egomane in die Rolle des<br />
schüchtern Anhimmelnden.<br />
Zweites Bild. Nach dem triumphalen<br />
Auftritt beim Nachtmahl<br />
in den Drei Husaren". Die Königin<br />
<strong>der</strong> Nacht, diese Koloraturmaschine".<br />
verflucht ihren Aufstieg<br />
auf den Kunstgipfel, ihre<br />
Disziplin <strong>und</strong> den Theaterbetrieb.<br />
Erschöpfung/nichts als<br />
Erschöpfung" lautet <strong>der</strong> Schluss.<br />
Regisseur Jan Bosse kitzelte<br />
das Komödiantische <strong>und</strong> Klamaukhafte<br />
aus <strong>Bernhard</strong>s Text<br />
<strong>und</strong> dafür gaben Melles, Meyerhoff,<br />
Simonischck <strong>und</strong> Stefan<br />
Wieland in <strong>der</strong> Doppelrolle <strong>der</strong><br />
Gar<strong>der</strong>oberin <strong>und</strong> des Kellners<br />
dem Affen Zuckerbrot. Kräftiger<br />
Premierenapplaus.<br />
REINHOLD REITERER<br />
<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>"<br />
von <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong> im Wiener Burgtheater:<br />
3., 5., 8., 26. Jänner, 19.30 bis<br />
21.30 Uhr. Karten: Tel. (01) 513 1513.<br />
Presseclipping erstellt am 02.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />
Bejubelt: Peter Simonischek (links), Sunnyi Melles <strong>und</strong> Joachim Meyerhoff APA<br />
© CLIP Mediaservice 2013 - www.clip.at
Die Welt 02.01.2013<br />
Erscheinungsland: Deutschland | Auflage: 323.949 | Reichweite: Reichweite: 862.000 (0%) | Artikelumfang: 37.399 mm²<br />
Seite: 22 1/2<br />
Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />
Thema: Burgtheater<br />
Autor:<br />
ULRICH WEINZIERL<br />
Das Reich, in dem die Sonne nicht aufgeht<br />
<strong>Der</strong> Lüster als OP-Lampe: Jan Bosse seziert in Wien <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>"<br />
ULRICH WEINZIERL<br />
-9 \-T.- aturgemäß zeitigte kleinstmöglicher<br />
Anlass größtmögliche<br />
...Ä... Wirkung. Die feuerpolizeilich<br />
verordnete Notbeleuchtung im Saal des<br />
Salzburger Landestheaters war nicht,<br />
wie dem Uraufführungsregisseur Claus<br />
Peyrnann <strong>und</strong> dem Autor versprochen,<br />
für einige Minuten erloschen. Also<br />
herrschte am Schluss keine vollkommene<br />
Finsternis". Darum ist die Festspielpremiere<br />
von <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s<br />
zweitem Stück, <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Wahnsinnige</strong>", dessen letzte Vorstellung<br />
in Salzburg gewesen: <strong>Der</strong> sogenannte<br />
Notlicht-Skandal war geboren - zur<br />
Freude <strong>der</strong> Medien <strong>und</strong> Kulturhistoriker.<br />
All das ist mehr als 40 Jahre her,<br />
kein Hahn kräht mehr danach.<br />
Von <strong>der</strong> außerordentlichen Qualität<br />
<strong>der</strong> schließlich vom Hamburger Schauspielhaus<br />
übernommenen <strong>und</strong> auch<br />
beim Berliner Theatertreffen gezeigten<br />
Peymann-Inszenierung kann man sich<br />
aber bis heute auf YouTube überzeugen:<br />
Jede neue Produktion hat sich daran<br />
messen zu lassen. Auch die im ohrenbetäubenden<br />
Wiener Silvestertrubel vonstatten<br />
gegangene des Burgtheaters: Sie<br />
hätte, dank fulminanter Besetzung, das<br />
Zeug gehabt, an das Vorbild heranzukommen.<br />
Allein, es wär zu schön gewesen,<br />
es hat nicht sollen sein.<br />
<strong>Der</strong> erste Akt spielt in <strong>der</strong> Gar<strong>der</strong>obe<br />
<strong>der</strong> besten Koloratursopranistin ihrer<br />
Epoche. Ihr versoffener, blin<strong>der</strong> Vater<br />
(<strong>der</strong> <strong>Ignorant</strong>) <strong>und</strong> ihr wahnsinniger<br />
Verehrer, <strong>der</strong> Doktor, warten auf die Diva:<br />
für den 222. Auftritt als Königin <strong>der</strong><br />
Nacht in Mozarts Zauberflöte". Das Finale<br />
im Luxusrestaurant Zu den drei<br />
Husaren". Dort wollen die drei den Erfolg<br />
feiern. Fast sämtliche Themen von<br />
<strong>Bernhard</strong>s CEuvre klingen da an: die<br />
sinnlose Lächerlichkeit des Lebens im<br />
Angesicht von Krankheit <strong>und</strong> Tod; <strong>der</strong><br />
Irrglaube, sich in Kunst <strong>und</strong> Perfektionismus<br />
retten zu können, obwohl sie die<br />
Künstler doch in Wahrheit vernichten;<br />
letztendlich die allumfassende Pathologie<br />
menschlicher Beziehungen. Dem<br />
Part des einst von keinem Geringeren<br />
als Bruno Ganz verkörperten Doktors<br />
sind unglaubliche Textmengen aufgebürdet:<br />
Wort gewordene Kadaveröffnung<br />
in exakter medizinischer Terminoloffie.<br />
Ganz machte daraus eine w<strong>und</strong>ersame,<br />
vor Kälte klirrende <strong>und</strong> dennoch<br />
melodiöse Todesmusik. Jan Bosses Regie<br />
hingegen zwingt den im Gr<strong>und</strong>e virtuosen<br />
Sprecher Joachim Meyerhoff in<br />
einer Art Horror Vacui zu einer erdrü<br />
ckenden Fülle manierierter Gesten <strong>und</strong><br />
Joachim Meyerhoff (Doktor; links),<br />
Sunnyi Melles (Königin <strong>der</strong> Nacht),<br />
Peter Simonischek (Vater)<br />
Aktionen, die auf Dauer niemanden interessieren<br />
<strong>und</strong> vom Eigentlichen ablenken.<br />
Ein verbaler Zappelphilipp ist <strong>und</strong><br />
bleibt eine bloß oberflächlich erheiternde<br />
Figur. Das Gleiche gilt für die Rolle<br />
des Vaters. Während Ulrich Wildgruber<br />
anno dazumal nur heftigst schwitzend<br />
in seinem Sessel saß, hin <strong>und</strong> wie<strong>der</strong> zur<br />
Schnapsflasche griff <strong>und</strong> aus seinem gläsernen<br />
Blick nichts als das geballte Daseinselend<br />
sprach, muss Peter Simonischek<br />
- hergerichtet als Doppelgänger<br />
von Marion Brandos Don Vito Corleone<br />
im Paten" - mit seinem Blindenstock<br />
wild um sich schlagen <strong>und</strong> sonstige<br />
Allotria treiben.<br />
<strong>Der</strong> Segen <strong>der</strong> Wiener Aufführung<br />
heißt Sunnyi Melles: Ihr Erscheinen<br />
bringt, gleich dem einer Schutzpatronin,<br />
die Wende zum Guten. Schon wenn sie<br />
sich einträllert, mit Tee gurgelt, girrend<br />
lacht, ist das ein Ereignis. Die äußerste<br />
Anspannung einer disziplinierten Hysterikerin<br />
passt ihr wie angegossen, sie umgibt<br />
die Aura des Starglanzes <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
Starbeschädigung. Und dass sie die Arie<br />
<strong>Der</strong> Hölle Rache" hoch oben im Büh-<br />
Presseclipping erstellt am 02.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />
© CLIP Mediaservice 2013 - www.clip.at
Die Welt 02.01.2013<br />
Erscheinungsland: Deutschland | Auflage: 323.949 | Reichweite: Reichweite: 862.000 (0%) | Artikelumfang: 37.399 mm²<br />
Seite: 22 2/2<br />
Thema: Burgtheater<br />
Autor:<br />
ULRICH WEINZIERL<br />
nenhimme/ pendelnd singt, genauer gesagt:<br />
markiert, sorgt flir die magischen<br />
Momente verrückten Zaubers, ohne den<br />
auch Oper nicht funktioniert. Diese Königin<br />
<strong>der</strong> Nacht ist eine Königin des<br />
Theaters.<br />
Plötzlich gelingen Jan Bosse szenische<br />
Lösungen, die - statt ein Menschendrama<br />
zu simulieren, wo lediglich<br />
ein Sprachkonzert ist - dramatische<br />
Wucht <strong>und</strong> böse, grausame Komik entwickeln.<br />
<strong>Der</strong> Lüster sinkt hernie<strong>der</strong> <strong>und</strong><br />
verwandelt sich in eine unbarmherzig<br />
grelle Operationsleuchte, die Nobeltafel<br />
in einen Seziertisch, auf dein die völlig<br />
erschöpfte, vöm Husten gepeinigte Sängerin<br />
liegt, als wäre sie bereits die Leiche,<br />
die sie bald sein wird. Das Licht",<br />
sagt <strong>der</strong> Doktor, ist ein Unglück." Und<br />
<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>"<br />
gibt sich als Zurücknahme von Mozarts<br />
Zauberflöte" zu erkennen, mit ihrem<br />
Triumphieren <strong>der</strong> Kräfte des Hellen<br />
über dunkle Gewalten. Denn in <strong>Thomas</strong><br />
<strong>Bernhard</strong>s Reich ging die Sonne nie auf,<br />
hier regierte unangefochten <strong>und</strong> auf<br />
ewig die Macht <strong>der</strong> Finsternis. Ist es eine<br />
Komödie? Ist es eine Tragödie? Beides<br />
zugleich naturgemäß.<br />
Termine: 3., s., 8., 26. Januar<br />
Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />
Presseclipping erstellt am 02.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />
© CLIP Mediaservice 2013 - www.clip.at
Österreich 01.01.2013<br />
Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 491.918 | Reichweite: Reichweite: 729.000 (10,2%) | Artikelumfang: 25.639 mm²<br />
Seite: 31 1/1<br />
Thema: Burgtheater<br />
Autor:<br />
k.A.<br />
Man muss<br />
mehrmals<br />
hinschauen:<br />
Ja, das ist<br />
Peter Simonischek<br />
IL Ex-Je<strong>der</strong>mann brillierte an <strong>der</strong> Burg<br />
Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />
Ein Fest für Schauspieler an<br />
<strong>der</strong> Burg mit Simonischek,<br />
Meyerhoff <strong>und</strong> Melles.<br />
Theatet. <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s<br />
<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Wahnsinnige</strong>, ein artifizielles,<br />
hochgradig musikalisches<br />
Sprachkunstwerk über die<br />
Kunst <strong>und</strong> den Tod, wird<br />
erstmals am Burgtheater<br />
aufgeführt. Regisseur Jan<br />
Bosse setzt im beeindruckenden<br />
Bühnenbild von<br />
Stehane Lairn auf drei<br />
grandiose Schauspieler.<br />
Auflösung. Den von allen<br />
Details physischer Auflösung<br />
faszinierten Anatomen,<br />
<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Gar<strong>der</strong>obe<br />
<strong>der</strong> Sängerin auf ihren Auftritt<br />
als Königin <strong>der</strong> Nacht in<br />
Mozarts Zauberflöte wartet,<br />
spielt Joachim Meyerhoff;<br />
S. Melles: Königin <strong>der</strong> Nacht.<br />
Presseclipping erstellt am 02.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />
sanft lächelnd hält er als Verkörperung<br />
monopolisierter<br />
Sprache horrorhaft virtuose,<br />
endlos lange Monologe über<br />
das Sezieren einer Leiche.<br />
Schnaps. Sein Gegenüber<br />
ist ein Schnaps trinken<strong>der</strong>,<br />
dicker, alter Mann mit Stirnglatze,<br />
Blindenstab <strong>und</strong><br />
schwarzer Brille. Man muss<br />
mehrmals hinschauen, bevor<br />
man in dieser Maske Peter<br />
Simonischek erkennt.<br />
Wie er den blinden Vater <strong>der</strong><br />
Königin darstellt, zuerst<br />
nur einzelne Phrasen des<br />
Arztes wie<strong>der</strong>holt, mit seinem<br />
Stock herumtastet <strong>und</strong><br />
auf den Tisch haut, über<br />
eine Stufe stürzt o<strong>der</strong> einen<br />
Finger ins frisch eingeschenkte<br />
Glas steckt, um zu<br />
erfahren, wie voll es ist- das<br />
sind Gustostückerl großer<br />
Schauspielkunst.<br />
Höllenb<strong>und</strong>. Die Dritte im<br />
Höllenb<strong>und</strong>e ist Sunnyi Melles<br />
als hysterische Königin<br />
<strong>der</strong> Nacht. Singen kann sie<br />
nicht, aber sonst kann sie alles:<br />
lachen, schreien, kreischen,<br />
husten. Die koloraturgespickte<br />
Rachearie <strong>der</strong><br />
Königin <strong>der</strong> Nacht kommt<br />
zum Glück vom Band, während<br />
die Koloraturmaschine",<br />
wie <strong>der</strong> Doktor sie<br />
nennt, wie ein schwarzer<br />
Racheengel durch die Luft<br />
an den Tisch bei den Drei<br />
Husaren" schwebt. - Bravos<br />
für alle.<br />
© CLIP Mediaservice 2013 - www.clip.at
Die Zeit 03.01.2013<br />
Erscheinungsland: Deutschland | Auflage: 504.072 | Reichweite: Reichweite: 1.696.000 (3,1%) | Artikelumfang: 70.539 mm²<br />
Seite: 47 1/3<br />
Thema: Burgtheater<br />
Autor:<br />
ANDREA HEINZ<br />
Ein Sekt auf<br />
die Todesangst<br />
Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />
Jan Bosse inszeniert <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s »<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>« am Wiener Burgtheater<br />
als unerbittliche Desillusionskunst<br />
Presseclipping erstellt am 03.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />
VON ANDREA HEINZ<br />
vierzig Jahren wurde <strong>Thomas</strong><br />
<strong>Bernhard</strong>s <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Wahnsinnige</strong> bei den Salzburger<br />
Festspielen uraufgefiihrt, <strong>und</strong><br />
Vor<br />
wer Claus Peymanns Inszenierung<br />
in Salzburg o<strong>der</strong> als Aufzeichnung<br />
gesehen hat, erinnert<br />
sich an Bruno Ganz: Blasiert dozierte er als<br />
Doktor vor sich hin, mephistophelisch lächelnd<br />
eine Leichensektion erörternd. Dieser Doktor<br />
war über jeden Zweifel erhaben, er war ganz bei<br />
sich. Ulrich Wildgruber, <strong>der</strong> Vater, daneben: ein<br />
sabbeln<strong>der</strong>, schwitzen<strong>der</strong>, saufen<strong>der</strong> Fleischberg,<br />
ihm alles nachplappernd. <strong>Der</strong> Doktor war<br />
hier die Respektsperson. Immerhin ist es in seinem<br />
ständigen Monologisieren vor allem er, <strong>der</strong><br />
die großen Fragen des Dramas aufwirft: Wie<br />
hält man ein Leben durch, das doch am Ende<br />
vergeblich scheint? Was tut man, wenn die Perfektion<br />
erreicht ist <strong>und</strong> eigentlich nur noch <strong>der</strong><br />
Tod folgen kann? Wenn die Kunst auch nicht<br />
mehr helfen kann, vielmehr <strong>der</strong> Kunstbetrieb<br />
selbst schon »ein Misthaufen« o<strong>der</strong> gleich »die<br />
Hölle« ist?<br />
Vierzig Jähre später, in Jan Bosses Inszenierung<br />
für die Silvesterpremiere am Wiener Burgtheater,<br />
ist Joachim Meyerhoff <strong>der</strong> Doktor. Wenn<br />
er während seines Vortrags mit den Händen dirigiert,<br />
sich zwischendurch manieriert über die ergrauten<br />
Haare streicht, dann fühlt man sich kurzzeitig<br />
an Jan Josef Liefers als Professor Boerne<br />
erinnert, den Gerichtsmediziner aus dem Münsteraner<br />
Tatort: ein selbstverliebter, größenwahnsinniger<br />
Feingeist. Meyerhoff aber bricht jede<br />
solche Eindeutigkeit, die Autorität seines Doktors<br />
ist fragwürdig. Das Warten auf die Königin<br />
<strong>der</strong> Nacht macht ihn hibbelig, er tigert nervös<br />
durch die Gar<strong>der</strong>obe, stöhnt gekünstelt auf. Ungelenkt<br />
drapiert er seinen Körper in die Szenerie<br />
<strong>und</strong> scheint doch nie so recht zu wissen, wohin<br />
mit ihm. Dieser Doktor sitzt nicht im Sessel er<br />
balanciert auf <strong>der</strong> Lehne, mit überkreuzten Beinen<br />
<strong>und</strong> am liebsten auch noch verdrehten Armen.<br />
Er spricht von <strong>der</strong> Kunst, einer »ungeheuren<br />
Nervenanspannung«, von <strong>der</strong> Koloratursängerin,<br />
einem »vollkommen künstlerischen Geschöpf«,<br />
<strong>und</strong> meint doch immer auch sich selbst.<br />
Nur einmal kommt er zu sich <strong>und</strong> wird völlig<br />
klar, dann nämlich, wenn er die Wahrheit des<br />
Stückes ausspricht: »Einmal glauben wir, die Literatur,<br />
einmal glauben wir, die Musik, einmal<br />
glauben wir, Menschen, aber es gibt kein Mittel.«<br />
Sonst aber ist dieser Doktor in seinem manierierten<br />
Gehabe, dem nie enden wollenden<br />
t Gerede von <strong>der</strong> Welt <strong>der</strong> Künstler, von toten<br />
2r.Körpern, »Zerglie<strong>der</strong>ung des Gehirns« <strong>und</strong><br />
»subkutanen Fettpolstern« vor allem eines: ein<br />
Kunstgeschöpf, weit entfernt von allem, was<br />
e, man als Natürlichkeit o<strong>der</strong> Lebendigkeit be-<br />
3zeichnen könnte.<br />
Diesen Part übernimmt, trotzdem o<strong>der</strong> gerade<br />
weil er säuft, Peter Simonischek als Vater. Er<br />
.2 ist raumgreifend, <strong>und</strong> das nicht nur wegen seiner<br />
imposanten Wampe. Für ihn ist <strong>der</strong> Doktor<br />
keine ernst zu nehmende Instanz mehr, er lacht<br />
ihn unverhohlen aus, äfft ihn nach. Neben dem<br />
immer etwas verklemmt agierenden Doktor ist<br />
Sirnonischeks Vater ein reiner Kraftmensch,<br />
spontan <strong>und</strong> unverbildet. Wenn ihm danach ist,<br />
drischt er mit seinem Blindenstock auf dem<br />
Boden o<strong>der</strong> auf dem Frisiertisch herum, erhebt<br />
die Stimme, betatscht seine Tochter.<br />
Sunnyi Melles behauptet ihre Koloratursängerin<br />
neben den beiden Männern, sie schwankt<br />
zwischen konzentrierter Abwesenheit, Gekreisch<br />
<strong>und</strong> hysterischem Gelächter. Ein panischer<br />
Schrei entfährt ihr, als ihre Robe unter<br />
dem Arm zerreißt. Es ist <strong>der</strong> völlige Zusammenbruch:<br />
Die Bühne färbt sich in ein an<strong>der</strong>es<br />
Licht, <strong>der</strong> blinde Vater stürzt, <strong>der</strong> brüllende<br />
Doktor <strong>und</strong> Frau Vargo (Stefan Wieland, <strong>der</strong><br />
auch den Kellner Winter spielt) stürmen herbei,<br />
als gälte es, eine Notoperation durchzuführen.<br />
Es herrscht Todesangst denn freilich geht<br />
es hier nicht um ein zerrissenes Kostüm, son-<br />
© CLIP Mediaservice 2013 - www.clip.at
Die Zeit 03.01.2013<br />
Erscheinungsland: Deutschland | Auflage: 504.072 | Reichweite: Reichweite: 1.696.000 (3,1%) | Artikelumfang: 70.539 mm²<br />
Seite: 47 2/3<br />
Thema: Burgtheater<br />
Autor:<br />
ANDREA HEINZ<br />
Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />
dem ebendarum: die Angst davor, dass alles zu<br />
Ende ist <strong>und</strong> keine Klei<strong>der</strong>naht mehr hilft.<br />
Auch keine Arie, sei sie noch so makellos gesungen.<br />
Bei ihrem Auftritt am Ende des ersten Aktes<br />
schwebt die Königin <strong>der</strong> Nacht in ihrem tiefschwarzen<br />
Kostüm wie ein Engel über <strong>der</strong> Bühne,<br />
als wollte sie die Schönheit <strong>und</strong> Erhabenheit<br />
<strong>der</strong> Kunst demonstrieren <strong>und</strong> zugleich die<br />
Lächerlichkeit, die in ihrem vergeblichen Bemühen<br />
steckt. Bezeichnen<strong>der</strong>weise ist es die<br />
Rachearie, die sie singt: Hölle, Tod <strong>und</strong> Verzweiflung.<br />
Vom Himmel herab schwebt die Königin,<br />
fast wie ein Todesengel, in den zweiten Akt <strong>und</strong><br />
an den Tisch, <strong>der</strong> in den Drei Husaren bestellt<br />
wurde. Und eigentlich ist jetzt schon alles vorbei:<br />
Wo <strong>Bernhard</strong> erst am Ende des Aktes völlige<br />
Dunkelheit wünschte, sitzt die Tischgesellschaft<br />
hier von Beginn an in tiefer Finsternis, nur ein<br />
Kronleuchter als Lichtquelle. <strong>Der</strong> Doktor führt<br />
noch pflichtschuldig seine Sektion zu Ende, die<br />
Königin <strong>der</strong> Nacht restauriert sich <strong>und</strong> pu<strong>der</strong>t<br />
mit großer Staubwolke ihre Nase. Man schüttet<br />
gläserweise Sekt hinunter, <strong>und</strong> während alle<br />
noch den Schein zu wahren versuchen, läuft die<br />
Sache langsam aus dem Ru<strong>der</strong>. Die Königin <strong>der</strong><br />
Nacht beginnt unmotiviert <strong>und</strong> hysterisch zu<br />
lachen; irgendwann kriecht sie auf den Tisch,<br />
liegt da wie ein Embryo, während <strong>der</strong> Doktor<br />
sich hinunterbeugt, als wäre sie die Leiche, die<br />
er gerade seziert. Die Königin trägt nur noch ihr<br />
Unterkleid, es ist fleischfarben.<br />
Bei Jan Bosse endet die Inszenierung nicht in<br />
Dunkelheit, im Gegenteil. Hinter den drei Figuren<br />
wird es zunehmend hell, man erkennt an<br />
<strong>der</strong> Rückwand <strong>der</strong> Bühne das ausrangierte Bühnenbild<br />
aus dem ersten Akt, Requisiten, Technik.<br />
Es ist die letzte Desillusionierung. Als wäre<br />
die Dunkelheit immer schon da selbst wenn<br />
man sich noch im Scheinwerferlicht <strong>der</strong> laufenden<br />
Aufführung wähnt.<br />
Presseclipping erstellt am 03.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />
© CLIP Mediaservice 2013 - www.clip.at
Die Zeit 03.01.2013<br />
Erscheinungsland: Deutschland | Auflage: 504.072 | Reichweite: Reichweite: 1.696.000 (3,1%) | Artikelumfang: 70.539 mm²<br />
Seite: 47 3/3<br />
Thema: Burgtheater<br />
Autor:<br />
ANDREA HEINZ<br />
Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />
Zu dritt allein: Peter Simonischek, Sunnyi Melles <strong>und</strong> Joachim Meyerhoff<br />
Presseclipping erstellt am 03.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />
© CLIP Mediaservice 2013 - www.clip.at
Süddeutsche Zeitung 03.01.2013<br />
Erscheinungsland: Deutschland | Auflage: 546.093 | Reichweite: Reichweite: k.A. | Artikelumfang: 65.902 mm²<br />
Seite: 11, 11a 1/2<br />
Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />
Thema: Burgtheater<br />
Autor:<br />
CHRISTOPHER SCHMIDT<br />
Anatomie einer Koloraturpuppe<br />
Jan Bosse versucht, aus <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s Farce <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>" am<br />
Wiener Burgtheater Funken zu schlagen. Doch es blieb bei einer komödiantischen Fehlzündung<br />
Ani<br />
VON CHRISTOPHER SCHMIDT<br />
Ende des ersten Teils, nach einer<br />
guten o<strong>der</strong> vielmehr lei<strong>der</strong> nicht so<br />
guten St<strong>und</strong>e hängt die Schauspielerin<br />
Sunnyi Melles in <strong>der</strong> Luft. Buchstäblich.<br />
Mit ihrer schwarzen Perücke, <strong>der</strong><br />
Strahlenkrone <strong>und</strong> dem mit silbernen Pailletten<br />
besetzten langen Kleid hängt sie in<br />
<strong>der</strong> Dekoration wie ein Weihnachtsengel,<br />
<strong>der</strong> sich in die Hölle verflogen hat. An zwei<br />
langen Seilen baumelt sie über <strong>der</strong> Bühne<br />
des Burgtheaters, die nun völlig leer ist.<br />
Und wie sie da so schwebt <strong>und</strong> schaukelt,<br />
trällert sie die berühmte Arie <strong>der</strong> Königin<br />
<strong>der</strong> Nacht aus Mozarts Oper Die Zauberflöte"<br />
- <strong>und</strong> hört auch dann nicht auf, tapfer<br />
weiter zu singen, als die Seile in stärkere<br />
Schwingungen geraten <strong>und</strong> sie schließlich<br />
bedrohlich weit über die seitlichen Bühnenrän<strong>der</strong><br />
<strong>und</strong> aus dem Blickfeld des Zuschauers<br />
tragen. Ein schaurig-schönes Bild ist<br />
das für die Leidensbereitschaft des Künstlers,<br />
<strong>der</strong> technischen Pannen mit Professionalität<br />
trotzt; eine Metapher auch für den<br />
Kunstbetrieb, <strong>der</strong> oft genug eine Hängepartie<br />
ist <strong>und</strong> manchmal eine bodenlose Unverschämtheit,<br />
in jedem Fall aber nichts an<strong>der</strong>es<br />
als ein großer Zirkus.<br />
Diese Luftnummer, mit <strong>der</strong> Regisseur<br />
Jan Bosse den Begriff Hochkultur" ironisiert,<br />
bleibt freilich <strong>der</strong> einzige Höhepunkt<br />
<strong>der</strong> Silvesterpremiere am Wiener Burgtheater<br />
mit <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>"<br />
- was schon einiges aussagt über die<br />
verzweifelten Bemühungen, dieses zu<br />
Recht selten gespielte Stück von <strong>Thomas</strong><br />
<strong>Bernhard</strong> aus dem Jahr 1972 mit vereinten<br />
Kräften <strong>und</strong> verstärktem Körpereinsatz<br />
aus <strong>der</strong> Versenkung zu hieven. Es will einfach<br />
nicht hochkommen, <strong>und</strong> das liegt - so<br />
<strong>der</strong> Eindruck nach <strong>der</strong> zweiten Vorstellung<br />
- weniger an den Schauspielern o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
Regie als am Stück. Zu überdeutlich <strong>und</strong> daher<br />
auf Dauer enervierend ist diese Kulturbetriebsfarce<br />
über eine erfolgreiche Sopranistin,<br />
die ihrer Rolle als Koloratunnaschine"<br />
mit hoher Drehzahl müde ist, über ihren<br />
trunksüchtigen Vater, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Gar<strong>der</strong>obe<br />
auf sie wartet <strong>und</strong> sich dabei von einein<br />
befre<strong>und</strong>eten Arzt erzählen lässt, wie<br />
man fachgerecht eine Leiche obduziert.<br />
1972 ha<strong>der</strong>te <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong><br />
mit einer Geselischaft die zwei<br />
Minuten Finsternis nicht verträgt"<br />
Auf die Engführung von Natur <strong>und</strong> Kultur<br />
läuft hier alles hinaus, darauf, dass die<br />
musikalische Leistung des Virtuosen verdinglicht<br />
wird <strong>und</strong> von <strong>der</strong> Kritik genauso<br />
kalt zerglie<strong>der</strong>t <strong>und</strong> daher entweiht wie<br />
<strong>der</strong> menschliche Körper durch den Anatomen.<br />
Diesen unmenschlichen Charakter<br />
des Star- Systems anzuprangern, ist schon<br />
die ganze Aussage des Stücks, das eher zu<br />
den misanthropischen Aufwärrnübungen<br />
<strong>Bernhard</strong>s zählt. Ein Feuerwerk <strong>der</strong><br />
schlechten Laune, wenn man so will. Man<br />
würde sich kaum noch daran erinnern, verbände<br />
sich das Stück nicht mit einer immer<br />
wie<strong>der</strong> gern kolportierten Theater-<br />
Schnurre, dem sogenannten Salzburger<br />
Notlicht-Skandal". Für das Schlussbild<br />
wollte <strong>der</strong> Uraufführungs-Regisseur Claus<br />
Peymann bei den Salzburger Festspielen<br />
1972 für zwei Minuten die Notbeleuchtung<br />
im Zuschauerraum löschen lassen, damit<br />
absolute Dunkelheit herrsche. Als dieses<br />
Vorhaben von <strong>der</strong> Festspielleitung vereitelt<br />
wurde, kam es zu Eklat <strong>und</strong> Handgemenge,<br />
Autor <strong>und</strong> Regisseur werteten den<br />
Vorfall als Vertragsbruch, so dass keine weitere<br />
Vorstellung gespielt werden konnte.<br />
Das waren noch Zeiten, als Peymann die<br />
Festspiele eine ganz schicke Scheiße"<br />
nannte <strong>und</strong> auch dadurch provozierte,<br />
dass er bereits für die Proben echten Champagner<br />
verlangte, während <strong>Bernhard</strong> telegrafisch<br />
erklärte: Eine Gesellschaft die<br />
zwei Minuten Finsternis nicht verträgt<br />
kommt ohne mein Schauspiel aus Stop."<br />
Vierzig Jahre später sind die Theaterverhältnisse<br />
deutlich tutaufgeregter <strong>und</strong> <strong>Bernhard</strong>s<br />
Salzburger Schockerl taugt nur<br />
mehr als buntes Knallbonbon zum Jahreswechsel.<br />
Vor einer hohen Spiegelwand, die<br />
in St6phane Lairrds psychedelisch angehauchtem<br />
Bühnenbild das Publikum etwas<br />
wohlfeil eingemeindet in <strong>Bernhard</strong>s<br />
Theater-Schelte, sitzen Joachim Meyerhoff<br />
als Doktor <strong>und</strong> Peter Simonischek als<br />
Vater einan<strong>der</strong> in weißen Sesseln gegenüber<br />
- <strong>und</strong> den monologlastigen ersten<br />
Teil aus. Meyerhoff gibt im schwarzen Gehrock<br />
<strong>und</strong> mit schütterem Resthaar des<br />
Wahnsinns schlaksige Beute. Halb Frankenstein,<br />
halb Dr. Seltsam redet er sich um<br />
Kopf <strong>und</strong> steifen Kragen, steigert sich, ein<br />
Sprechautomat mit irrem Wackelkontakt,<br />
in sadistischen Furor hinein, wenn er sich<br />
in die Ekeldetails <strong>der</strong> Leichensektion vertieft,<br />
rangelt mit dem Vater um dessen<br />
Schnapsflasche - ein netter Gag, wenn er<br />
dessen Organe abtastet <strong>und</strong> dazu orchestrale<br />
Pupstöne aus dem Off erklingen.<br />
Peter Simonischek ist das ganz Fat-Suit<br />
gewordene Phlegma. Nur ab <strong>und</strong> zu grunzt<br />
er dazwischen, aber dies energisch, <strong>und</strong><br />
haut, Meyerhoffs Suada interpunktierend,<br />
mit dem Teleskopstock auf den Tisch,<br />
Presseclipping erstellt am 03.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />
© CLIP Mediaservice 2013 - www.clip.at
Süddeutsche Zeitung 03.01.2013<br />
Erscheinungsland: Deutschland | Auflage: 546.093 | Reichweite: Reichweite: k.A. | Artikelumfang: 65.902 mm²<br />
Seite: 11, 11a 2/2<br />
Thema: Burgtheater<br />
Autor:<br />
CHRISTOPHER SCHMIDT<br />
wenn es ans Familieneingemachte geht -<br />
zugleich ein Hallo-wach-Signal für den<br />
von <strong>Bernhard</strong>s Hasslitaneien gründlich<br />
eingelullten Zuschauer. Sunnyi Melles tritt<br />
durch den Spiegel auf wie eine Alice im<br />
W<strong>und</strong>erland. Sie spielt die Königin <strong>der</strong><br />
Nacht als eine Art Olimpia, eine Puppe, die<br />
wie auf Autopilot Koloraturen markiert, eine<br />
w<strong>und</strong>ersam hyperaktive <strong>und</strong> ferngesteuerte<br />
Kunstfigur. Wenn <strong>der</strong> Doktor ihr<br />
aufgerissenes Kostüm mit heißer Nadel<br />
wie<strong>der</strong> zunäht, meint man, es müssten geradezu<br />
Sägespäne aus den Löchern rieseln.<br />
Auf das Lampenfiebervor folgt die nervliche<br />
Zerrüttung nach dem Auftritt. Bei <strong>der</strong><br />
Feier im Restaurant Bei den Drei Husaren"<br />
schüttet sie sich mit Champagner zu,<br />
knutscht inzestuös mit dem Papa , <strong>und</strong> die<br />
Koloratur-Übungen zerfallen nun zu Hustenkrämpfen.<br />
Die gedeckte Tafel verwandelt<br />
sich in einen Operationstisch, auf dem<br />
die Sängerin bewusstlos liegt, als folge auf<br />
die Theorie <strong>der</strong> Obduktion gleich <strong>der</strong>en<br />
Vollzug am lebenden Objekt. Doch auch<br />
diese kleine Bosheits-Extra-Explosion<br />
macht aus einer Papierschlange noch keine<br />
Rakete. Das einzige, was an diesem<br />
Abend abhebt, sind - außer Sunnyi Melles'<br />
Flugnummer - am Ende die Molton-Tücher,<br />
welche die Hinterbühne verhängen.<br />
Jan Bosse schaut Tante Thalia mal wie<strong>der</strong><br />
unter die Röcke, um dem Zuschauer zu bedeuten,<br />
es war alles nur Theater. Schon<br />
wahr, nur lei<strong>der</strong> kein richtig gutes.<br />
Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />
Die Kunst auf dem Seziertisch Joachim Meyerhoff, Sunnyi Melks (als Königin <strong>der</strong> Nacht) <strong>und</strong> Peter Simonfiliasek. FOTO: REINHARD MAXIMILIAN WERNER<br />
Presseclipping erstellt am 03.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />
© CLIP Mediaservice 2013 - www.clip.at
Frankfurter Allgemeine Zeitung 02.01.2013<br />
Erscheinungsland: Deutschland | Auflage: 445.477 | Reichweite: Reichweite: 938.000 (0%) | Artikelumfang: 59.652 mm²<br />
Seite: 27, 27a 1/2<br />
Thema: Burgtheater<br />
Autor:<br />
Martin Lhotzky<br />
Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />
Schaukeln in luftiger Höhe<br />
Die Königin schwingt<br />
<strong>und</strong> singt <strong>und</strong> nervt<br />
trotzdem: Das Wiener<br />
Burgtheater zeigt<br />
<strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s<br />
<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Wahnsinnige</strong>".<br />
ersten Takte knistern noch<br />
bloß aus dem Lautsprecher, dann<br />
Dieaber hebt die Spiegelwand Richtung<br />
Bühnenhimmel ab, die Gar<strong>der</strong>obe<br />
<strong>der</strong> gefeierten Sopranistin verschwindet<br />
<strong>und</strong> gibt den Blick <strong>und</strong> den Ton frei<br />
auf die Königin <strong>der</strong> Nacht. Nach oben<br />
fährt sie, im schwarzen, mit silbernen<br />
Nieten besetzten Kleid, am Kopfe die<br />
schwarze Perücke <strong>und</strong> daran befestigt<br />
die Fe<strong>der</strong>krone peinlicher als eine Königin,<br />
die ihre Krone verliert, ist nur<br />
eine, <strong>der</strong>en Kleid zerreißt. Einfach nach<br />
oben zu schweben reicht aber nicht,<br />
nicht mehr bei diesem ihrem zweih<strong>und</strong>ertzwei<strong>und</strong>zwanzigsten<br />
Auftritt in <strong>der</strong><br />
Rolle <strong>der</strong> Mozart-Bösewichtin par excellence.<br />
Schwingen muss sie, hin <strong>und</strong> her, mal<br />
verschwindet sie beinahe links, dann<br />
auch noch rechts aus dem Sichtbereich,<br />
<strong>und</strong> immer singt sie beziehungsweise<br />
gibt sie vor, ihre Koloraturen zu singen.<br />
Naturgemäß Koloraturen möchte man sagen,<br />
denn die im fiktiven Feuilleton als<br />
Koloraturmaschine" bekannte Diva entsprang<br />
1972 <strong>der</strong> Fe<strong>der</strong> von <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>.<br />
In seinem Stück <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>" wird <strong>der</strong> Auftritt<br />
selbst zwar ausgeblendet, doch in <strong>der</strong> Inszenierung<br />
durch Jan Bosse am Burgtheater,<br />
die Silvesterpremiere des gerade<br />
vergangenen Jahres, bildet diese Schaukelszene<br />
in luftiger Höhe den einsamen<br />
Höhepunkt.<br />
Wäre es nicht während <strong>der</strong> Uraufführung<br />
bei den Salzburger Festspielen vor<br />
gut vierzig Jahren zum Eklat gekommen<br />
die dem Regisseur Claus Peymann <strong>und</strong><br />
dem Autor vertraglich zugesicherte vollständige<br />
Lichtlöschung am Ende wurde<br />
von Feuerwehr <strong>und</strong> Bühnenpolizei verhin<strong>der</strong>t,<br />
es kam zu Handgreiflichkeiten,<br />
gar zur Absetzung des Stückes würde<br />
höchstwahrscheinlich überhaupt kein<br />
Hahn mehr nach diesem ohnedies <strong>und</strong><br />
zu Recht selten aufgeführten frühen<br />
<strong>Bernhard</strong> krähen. Zwar zeigen sich da<br />
schon seine später fortgesetzten <strong>und</strong> ausgebreiteten<br />
Marotten <strong>und</strong> misanthropen<br />
Anwürfe, nicht zuletzt die inflationäre<br />
Verwendung des Wortes naturgemäß",<br />
aber es taugt doch nur gering zur Unterhaltung,<br />
strapaziert eher die Nerven<br />
selbst eines wohlmeinenden Publikums.<br />
Im ersten Akt warten <strong>der</strong> geschwätzige<br />
Arzt <strong>und</strong> <strong>der</strong> beinahe blinde Trunkenbold<br />
von Vater in <strong>der</strong> Gar<strong>der</strong>obe <strong>der</strong> Königin<br />
auf <strong>der</strong>en Auftritt. Während sie,<br />
endlich, spät, aber noch nicht zu spät,<br />
wenn auch jeden Abend später, wie lang<br />
<strong>und</strong> breit ausgeführt wird, zurechtgemacht<br />
wird, trägt <strong>der</strong> Arzt nicht nur Belanglosigkeiten<br />
über Kunst <strong>und</strong> Kultur<br />
(Mich ekelt noch immer vor dem tagtäglichen<br />
Empfindungsreichtum des Feuilletonismus")<br />
vor, son<strong>der</strong>n hält zusätzlich<br />
eine Vorlesung über Autopsien. Die setzt<br />
er dann nach <strong>der</strong> Vorstellung im zweiten<br />
Akt, bereits im Nobelrestaurant Zu den<br />
drei Husaren" (ging im Jahre 2010 in<br />
Konkurs) bei Beef Tatar <strong>und</strong> Gevrey-<br />
Chambertin-Wein fort, wo aber alle drei<br />
schon ihren diversen Todessehnsüchten<br />
nachhängen. <strong>Der</strong> Vater säuft weiter:bald<br />
drei Flaschen Schnaps am Tag, die Diva<br />
will künftig nicht mehr auftreten, <strong>der</strong><br />
Doktor nur mehr Finsternis.<br />
Um sich aus dieser Ödnis noch zu retten,<br />
bedarf es mehr als einer singenden,<br />
schwingenden Königin <strong>der</strong> Nacht, auch<br />
wenn Sunnyi Melles ihre ganze Fahrigkeit<br />
<strong>und</strong> Nervigkeit, ihre schrillste Stimme<br />
<strong>und</strong> ihre beste Koloraturpantomimik<br />
auffährt. Für einige Zeit ist das noch<br />
ganz witzig, die Ubertreibung kommt<br />
auch <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>intention des Textes, ein,<br />
wenn auch zu langes, Stück absurden<br />
Theaters zu sein, wie<strong>der</strong> recht nahe,<br />
trägt aber dann doch keine zwei St<strong>und</strong>en.<br />
Besser hat es da Peter Simonischek,<br />
<strong>der</strong> den Säufervater als rülpsenden Rabauken<br />
behaupten darf. Schon zu Beginn<br />
wenig elegant zur dunklen Sakko-<br />
Hose-Kombination hat ihm tatsächlich<br />
<strong>der</strong> F<strong>und</strong>us weiße Le<strong>der</strong>schuhe ausgegraben<br />
ist <strong>der</strong> beim langsamen Ausblenden<br />
<strong>der</strong> Bühnenlichter bereits völlig <strong>der</strong>angiert,<br />
wenn auch gut abgefüllt <strong>und</strong><br />
fröhlich. Neu ist, dass er neben den papageienartigen<br />
Wie<strong>der</strong>holungen des Arztvortrages<br />
mit seinem Teleskopblindenstock<br />
zuschlägt. Erst trommelt er damit<br />
bei je<strong>der</strong> Bemerkung des Doktors, die<br />
das als inzestuös (auch so eine Schnapsidee)<br />
angedeutete Verhältnis zur Tochter<br />
anstreift, auf den Schminktisch, dann<br />
macht er Anstalten, alle mit dem Gehbehelf<br />
zu verprügeln.<br />
Joachim Meyerhoff schließlich gibt<br />
den boshaft-redseligen pathologischen<br />
Presseclipping erstellt am 02.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />
Mediziner als eine Variante von Doktor<br />
Seltsam aus Kubricks Bombenfilm mit<br />
Doktor Frankenstein. Er hechelt,- er<br />
schubst, er näht (das zerrissene Kleid)<br />
<strong>und</strong> neckt seinen blinden Zuhörer auf<br />
vielerlei Arten. <strong>Der</strong> Soupertisch wird<br />
ihm zuletzt zum Operationstisch, auf<br />
dem eventuell noch heute Abend die Königin<br />
seziert werden soll. Aber das erfährt<br />
man nicht mehr <strong>und</strong> will man eh<br />
nicht wissen. Auf <strong>der</strong> Bühne wird es dunkel,<br />
aber im Saal bleiben die Notbeleuchtungen<br />
an, wie das Ensemble noch mit einem<br />
Ausdruck von Verw<strong>und</strong>erung feststellt,<br />
als <strong>der</strong> Eiserne Vorhang den lange<br />
weilenden Abend endlich beendet.<br />
MARTIN LHOTZKY<br />
© CLIP Mediaservice 2013 - www.clip.at
Frankfurter Allgemeine Zeitung 02.01.2013<br />
Erscheinungsland: Deutschland | Auflage: 445.477 | Reichweite: Reichweite: 938.000 (0%) | Artikelumfang: 59.652 mm²<br />
Seite: 27, 27a 2/2<br />
Thema: Burgtheater<br />
Autor:<br />
Martin Lhotzky<br />
Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />
Auf dem Soupertäch wird die Königin (Sunnyi Melles) im Laufe des Abends eventuell noch seziert.<br />
Presseclipping erstellt am 02.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />
Foto Reinhard Maximilian Werner<br />
© CLIP Mediaservice 2013 - www.clip.at
Die Furche 03.01.2013<br />
Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 17.577 | Reichweite: Reichweite: k.A. | Artikelumfang: 53.118 mm²<br />
Seite: 15 1/2<br />
Thema: Burgtheater<br />
Autor:<br />
Patric Blaser<br />
Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />
Das ewige Leiden an <strong>der</strong> Perfektion<br />
Jan Bosse inszeniert am Burgtheater <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s Drama "<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>". Seiner Inszenierung mangelt es an Abgründigem.<br />
I Von Patric Blaser<br />
<strong>Bernhard</strong>s Stücke lassen<br />
Regisseuren meist wenig<br />
Raum zur Interpretation.<br />
<strong>Thomas</strong><br />
Sie sind im besten Sinne Schauspielerstücke,<br />
<strong>der</strong>en Wortkaskaden<br />
<strong>und</strong> verschachtelten Windungen<br />
<strong>und</strong> Wendungen vor allem<br />
von den Leistungen <strong>der</strong> Schauspie-<br />
/er abhängen. So auch das 1972 bei<br />
den Salzburger Festspielen durch<br />
Claus Peymann zur Uraufführung<br />
gebrachte (<strong>und</strong> durch den sogenannten<br />
Notlichtskandar zur Berühmtheit<br />
gelangte) Stück <strong>Der</strong><br />
<strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>".<br />
Jan Bosse setzt bei seiner Inszenierung<br />
am Wiener Burgtheater - die<br />
kurzfristig als Ersatz für das auf einen<br />
späteren Zeitpunkt verschobene<br />
neue Stück des Dänen <strong>Thomas</strong><br />
Vinterberg angesetzt wurde<br />
- ganz auf Joachim ,Meyerhoff, Peter<br />
Simonischek, Sunnyi Melles<br />
<strong>und</strong> Stefan Wieland.<br />
Im erst zweiten abendfüllenden<br />
Bühnenwerk von <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong><br />
geht es um die Kunst, genauer<br />
um die Deformation durch<br />
Kunst <strong>und</strong> die Unmenschlichkeit<br />
eines Theaterbetriebs, <strong>der</strong> allabendlich<br />
Höchstleistungen verlangt.<br />
Dabei stehen die Kunst, <strong>der</strong><br />
Künstler stellvertretend für das<br />
Leben. So ist nicht nur das zu Veräußerlichung<br />
bestimmte Leben<br />
unweigerlich zum Scheitern verurteilt,<br />
son<strong>der</strong>n je<strong>der</strong> Versuch mit<br />
diesem irgendwie fertig zu werden.<br />
<strong>Bernhard</strong> versteht darunter<br />
ein Scheitern auch <strong>der</strong> Herstellung<br />
von Identität (auch gesellschaftlicher)<br />
- vielleicht die einzige<br />
Interpretation, die sich Bosse<br />
hier jenseits von <strong>Bernhard</strong> erlaubt<br />
hat, indem er einen die ganze Breite<br />
<strong>der</strong> I3urgtheaterbühne einnehmenden<br />
Spiegel bauen ließ (Bühne<br />
Stdphane Lairn6), in dem das<br />
Publikum sich selbst den ganzen<br />
Abend über sehen konnte.<br />
<strong>Bernhard</strong>Sche Situationen<br />
Das Stück spielt am Rande <strong>der</strong><br />
Oper. Im ersten Akt in <strong>der</strong> Gar<strong>der</strong>obe<br />
einer virtuosen Operndiva (Sunnyi<br />
Melles), <strong>der</strong>en Konterfei unter<br />
zahlreichen Perückenpuppen<br />
unschwei zu erkennen ist. Dort<br />
warten vor einem überdimensionierten,<br />
mit unzähligen Glühbirnen<br />
beleuchteten Schminkspiegel<br />
auf die Virtuosin ihr Bew<strong>und</strong>erer<br />
<strong>und</strong> unablässig schwadronieren<strong>der</strong><br />
Arzt (Joachim Meyerhoff)<br />
<strong>und</strong> sein meist stummes Gegenr<br />
Peter Simoschek<br />
spielt in<br />
er <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>"<br />
einen halbblinden<br />
Säufer. Wie alle an<strong>der</strong>en<br />
Schauspieler<br />
begeistert auch<br />
er mit sehr gutem<br />
echauspiel.<br />
über, <strong>der</strong> heruntergekommene Vater,<br />
ein halbblin<strong>der</strong> Säufer von beträchtlicher<br />
Körperfülle (Peter<br />
Simonischek). Es ist dies eine typisch<br />
<strong>Bernhard</strong>'sche Situation:<br />
99 Bosse zelebriert zwar <strong>Bernhard</strong>s böse<br />
Wendungen, treibt aber die Farce eher dem<br />
Boulevardesken zu als <strong>der</strong> existenziellen<br />
Schwäche."<br />
Zwischen den Wartenden kommt<br />
es zu keinem eigentlichen Dialog.<br />
<strong>Der</strong> wahnsinnige Doktor ergießt<br />
sich zuerst in einer typisch<br />
<strong>Bernhard</strong>'schen Suada über den<br />
Theaterbetrieb, gegen die Schauspieler<br />
<strong>und</strong> gegen das Publikum,<br />
dann gegen das Feuilleton (nichts<br />
als Organe <strong>der</strong> Unzuständigkeit"),<br />
bevor er manisch von <strong>der</strong> fachgerechten<br />
Sezierung des menschlichen<br />
Körpers zu schwadronieren<br />
beginnt, während <strong>der</strong> ignorante<br />
Vater das Stakkato medizinischer<br />
Fachbegriffe meist mit dem Griff<br />
zur Schnapsflasche o<strong>der</strong> gelegentlich<br />
gehässig mit dem Wort Rücksichtslosigkeit"<br />
quittiert. Die<br />
Vorstellung von Mozarts Zauberflöte"<br />
hat längst begonnen, wie wir<br />
Presseclipping erstellt am 03.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />
über Lautsprecher vernehmen, als<br />
die Königin <strong>der</strong> Nacht" endlich<br />
durch den Klei<strong>der</strong>schrank auftritt,<br />
© CLIP Mediaservice 2013 - www.clip.at
Die Furche 03.01.2013<br />
Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 17.577 | Reichweite: Reichweite: k.A. | Artikelumfang: 53.118 mm²<br />
Seite: 15 2/2<br />
Thema: Burgtheater<br />
Autor:<br />
Patric Blaser<br />
beseelt von <strong>der</strong> Hoffnung, die berühmte<br />
Arie erneut zur höchsten<br />
Perfektion zu bringen.<br />
Mangel an Abgründigem<br />
Sunny' Melles spielt die Koloratursängerin<br />
als oft irre lächelnde<br />
Diva am Rande des Nervenzusammenbruchs.<br />
Als die wie<strong>der</strong>holt aufgeplatzten<br />
Achselnähte durch die<br />
stoische Gar<strong>der</strong>obiere Frau Vargo<br />
(Stefan Wieland) genäht wurden,<br />
hängt sie hoch oben, frei schwebend<br />
am Schnürboden, während<br />
<strong>Der</strong> Hölle Rache" ertönt <strong>und</strong> die<br />
Bühne sich zum zweiten Akt dreht.<br />
Im Nobelrestaurant "Zu den drei<br />
Husaren" trägt <strong>der</strong> Doktor zu Beefsteak-Tatar<br />
weiter sein Sektionsprotokoll<br />
vor, während <strong>der</strong> servile<br />
Kellner (ebenfalls Stefan Wieland)<br />
wie<strong>der</strong>holt dezent den Feierabend<br />
ausruft.<br />
Jan Bosses Regie ist sehr am<br />
Text, die Schauspieler glänzen,<br />
aber insgesamt mangelt es dem<br />
Abend etwas an Abgründigem.<br />
Bosse zelebriert zwar <strong>Bernhard</strong>s<br />
böse Wendungen, treibt aber die<br />
Farce eher dem Boulevardesken<br />
als <strong>der</strong> existenziellen Schwärze.<br />
Weitere Termine<br />
3., 5., 8., 26. Jänner<br />
Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />
Presseclipping erstellt am 03.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />
© CLIP Mediaservice 2013 - www.clip.at
Silvester-Premiere am Burgtheater - <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s "<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> u...<br />
http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/fazit/1964307/drucken/<br />
1 von 2 02.01.2013 11:44<br />
dradio.de<br />
http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/fazit/1964307/<br />
FAZIT<br />
31.12.2012 · 23:05 Uhr<br />
Wiener Burgtheater (Bild: Stock.XCHNG / Michael Gordon)<br />
<strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s "<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>"<br />
Von Gerhard Doppler<br />
Irgendwie langweilig <strong>und</strong> müde wirkte diese Inszenierung. Vierzig Jahre nach seiner<br />
Entstehung wurde <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s "<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>" am Silvesterabend<br />
erstmals am Wiener Burgtheater aufgeführt.<br />
"Erschöpfung, nichts als Erschöpfung" sind die letzten Worte in <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s "Salzburger Stück"<br />
"<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>" <strong>und</strong> schon vorher einmal: "das Theater ist die Hölle". Insofern schon<br />
scheint dieses frühe Drama <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s gut geeignet für den Jahresausklang eines Theaters, für<br />
eine Silvester-Premiere, eine früher an vielen Theatern übliche, inzwischen sonst fast ausgestorbene<br />
Tradition, die Intendant Matthias Hartmann für das Wiener Burgtheater neu belebt hat.<br />
"<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>", ein Auftragswerk <strong>der</strong> Salzburger Festspiele 1972, ist eine<br />
Back-Stage-Komödie: Arzt <strong>und</strong> Vater warten in <strong>der</strong> Theatergar<strong>der</strong>obe auf die Darstellerin <strong>der</strong> Sängerin<br />
<strong>der</strong> Königin <strong>der</strong> Nacht aus Mozarts "Zauberflöte" <strong>und</strong> assistieren ihr beim Schminken <strong>und</strong> Anlegen des<br />
Kostüms. Nach <strong>der</strong> Vorstellung sehen wir Doktor, Vater <strong>und</strong> Tochter in einem Wirtshaus miteinan<strong>der</strong><br />
speisen. Die gefeierte Sängerin sagt dabei <strong>der</strong> Kunst, sagt alle weitere Auftritte ab.<br />
Mehr als drei Viertel des Textes bestreitet <strong>der</strong> Doktor, indem er vor dem nur einige Worte<br />
wie<strong>der</strong>holenden, blinden, betrunkenen Vater <strong>der</strong> Sängerin über Anatomie <strong>und</strong> die Kunst des Sezierens<br />
doziert: Koloraturen <strong>der</strong> Sängerin <strong>und</strong> Sezieren <strong>der</strong> Stimme, Anatomie <strong>und</strong> Kunst, Künstlichkeit von<br />
Kunst, Tod, Perfektion <strong>und</strong> Kunst werden auf diese Weise Thema des Stücks.<br />
<strong>Bernhard</strong>s frühes Werk hat allerdings ein wenig Staub angesetzt, ein wenig zu direkt existentialistische<br />
Fragen erörternd, ein wenig zu konstruiert. Es zeigt noch nicht so deutlich wie spätere Werke den<br />
abgründigen, aber auch sehr komödiantischen Übertreibungs- <strong>und</strong> Erregungskünstler <strong>Bernhard</strong>.<br />
Gerade daran waren aber vielleicht die Erwartungen eines vergnügungssüchtigen Silvester-<br />
Premierenpublikums geknüpft, zumal drei Bugtheater-Publikumslieblinge auftreten: Joachim Meyerhoff<br />
(Doktor), Peter Simonischek (Vater) <strong>und</strong> Sunnyi Melles (Sängerin). Doch <strong>der</strong> Abend zog sich, zumal<br />
Regisseur Jan Bosse sich kaum bemerkbar machte.<br />
Sicherlich das Bühnenbild (Stephane Laime) gefällt: Die Künstlergar<strong>der</strong>obe vor dem Vorhang, <strong>der</strong> als<br />
Spiegel auch den gesamten Zuschauerraum des Burgtheaters mit spiegelte, dann <strong>der</strong> Wirtshaustisch, <strong>der</strong><br />
mit <strong>der</strong> darauf liegenden Sängerin am Schluss wie das Rembrandt'sche Anatomiebild beleuchtet erschien<br />
(Licht: Peter Bandl) o<strong>der</strong> die in <strong>der</strong> Umbaupause über den Männern schwebende Königin <strong>der</strong> Nacht.<br />
Doch die Theaterkatastrophen <strong>und</strong> Provokationen, von denen in <strong>Bernhard</strong>s Stück immer wie<strong>der</strong> die Rede<br />
ist - plötzlicher Abbruch <strong>der</strong> Vorstellung, Verweigerung <strong>der</strong> Schauspieler <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e Pannen - wurden nur<br />
angesprochen, kaum theatralisch ausgekostet, nicht einmal das mögliche plötzliche Aufreißen <strong>der</strong> Nähte<br />
im Theaterkostüm.<br />
Und die Schauspieler schienen allein gelassen. Peter Simonischek gab sich keine Mühe, seiner meist aufs
Silvester-Premiere am Burgtheater - <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s "<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> u...<br />
http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/fazit/1964307/drucken/<br />
2 von 2 02.01.2013 11:44<br />
Zuhören beschränkten Rolle Eigengewicht zu verschaffen, hin <strong>und</strong> wie<strong>der</strong> schlug lediglich er heftig mit<br />
seinem Blindenstock auf den Tisch. Sunnyi Melles Stimme traute man trotz Bemühungen bei ihren<br />
Einsingübungen kaum große Arien zu. Und vor allem Joachim Meyerhoff schien keinen Ton für den<br />
<strong>Bernhard</strong>sche Erregungstexte <strong>und</strong> dessen schnellen Wechsel von Anatomievorlesung <strong>und</strong><br />
Kunstaufgeregtheit gef<strong>und</strong>en zu haben. Man stellte sich insgeheim vor, wie kauzig grüblerisch wohl Bruno<br />
Ganz, für den <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong> die Rolle geschrieben hatte, im Kontrast dazu gewesen sein mag.<br />
Gleichbleibend hyperaktiv, sich immer wie<strong>der</strong> nervös das Haupthaar mit <strong>der</strong> Hand streichend, ermüdete<br />
Meyerhoffs aufgeregter Vortrag schnell.<br />
Fre<strong>und</strong>licher, aber etwas verhaltener Beifall für eine Inszenierung, die nach vierzig Jahren die verspätete<br />
Erstaufführung eines noch nie am Wiener Burgtheater gezeigten Stücks des inzwischen zum<br />
österreichischen Klassiker gewordenen Autors nachholte. Mehr war es kaum. Da die Premiere früh<br />
angesetzt wurde, hatte das Silvester-Publikum danach aber noch fast vier St<strong>und</strong>en Zeit, das alte Jahr zu<br />
feiern.<br />
© 2013 Deutschlandradio
News 03.01.2013<br />
Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 169.435 | Reichweite: Reichweite: 640.000 (8,9%) | Artikelumfang: 9.032 mm²<br />
Seite: 88 1/1<br />
Thema: Burgtheater<br />
Autor:<br />
Heinz Sichrovsky<br />
BURGTHEATER<br />
<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong><br />
von <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong> ***** *<br />
Du Burgtheater leistet sich eine jährliche<br />
Silvesterpremiere aus dem Großbereich<br />
<strong>der</strong> Unterhaltung, <strong>und</strong> <strong>der</strong> Begriff ist<br />
weit gefasst: Schillers Parasit" gehorchte<br />
ihm ebenso wie eine Komödie von Woody<br />
Allen. Mit guten Voraussetzungen wandte<br />
man sich nun also <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s <strong>Der</strong><br />
<strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>" zu, einem<br />
Klassiker des Theaters auf dem Theater.<br />
Die Gar<strong>der</strong>obe einer hysterischen Operndiva,<br />
die ihren Auftritt als Königin <strong>der</strong> Nacht<br />
in <strong>der</strong> Zauberflöte" erwartet; ihr blin<strong>der</strong>,<br />
zirrhotischer Vater <strong>und</strong> ihr von Sexualneurosen<br />
verkrümmter Vertrauensarzt: Mit diesem<br />
Personal hat <strong>Bernhard</strong> eine schwarze Groteske<br />
von Rang geschaffen. Nicht aber eine<br />
plumpe Knallkomödie mit grob gehämmerten<br />
Klischeefiguren, die, einmal auf die Bühne<br />
geklotzt, dort alleingelassen werden. Dem<br />
Regisseur Jan Bosse fehlt zudem jedes Sensorium<br />
für <strong>Bernhard</strong>s Sprachmusik. So kämpfen<br />
die Könner Peter Simonischek <strong>und</strong> Joachim<br />
Meyerhoff vergebens gegen die sich<br />
verbreitende Langeweile. Nur Sunnyi Meltes<br />
lässt die Dimension <strong>der</strong> <strong>Bernhard</strong>'schen<br />
Abgründe ahnen.<br />
Heinz Sichrovsky<br />
Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />
Presseclipping erstellt am 03.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />
© CLIP Mediaservice 2013 - www.clip.at
Kurier 02.01.2013<br />
Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 199.302 | Reichweite: Reichweite: 574.000 (8%) | Artikelumfang: 55.273 mm²<br />
Seite: 22 1/2<br />
Thema: Burgtheater<br />
Autor:<br />
Guido Tartarotti<br />
Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />
Burg-Silvesterpremiere: <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong><br />
auf <strong>der</strong> Flucht vor dem Kasperltheater<br />
VON GM° TARTAROTTI<br />
Kritik.<br />
Das Burgtheater macht<br />
aus <strong>Bernhard</strong>s <strong>Der</strong><br />
<strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Wahnsinnige</strong>"<br />
einen launigen<br />
Silvester-Schwank.<br />
Ein interessantes<br />
Missverständnis.<br />
Vorweg: Naturgemäß ist<br />
das,was die Schauspieler hier<br />
bieten, sehenswert <strong>und</strong> die<br />
paar Bravos wert.<br />
Auch, wenn sie ihre beachtlichen<br />
künstlerischen<br />
Kräfte für ein falsches Ziel<br />
einsetzen. Joachim Meyerhoff<br />
säuselt <strong>und</strong> röhrt <strong>und</strong><br />
biegt <strong>und</strong> windet sich durch<br />
die Rolle des Arztes, <strong>der</strong> eine<br />
Opernsängerin anbetet <strong>und</strong><br />
zum Zeitvertreib gerne Sezier-Anleitungen<br />
rezitiert, als<br />
wären sie Liebesgedichte. Allein<br />
ein simples Nie<strong>der</strong>setzen<br />
auf einen Sessel wird bei<br />
Meyerhoff zu einer komplizierten<br />
<strong>und</strong> virtuosen Choreografie.<br />
Meyerhoff entwirft<br />
einen grandiosen Kasperl<br />
eh schön, nur steht <strong>der</strong><br />
lei<strong>der</strong> so nicht im Text drin.<br />
Ähnlich Sunnyi Melles<br />
als exaltierte Star-Sopranistin<br />
<strong>und</strong> Peter Simonischek<br />
als ihr versoffener Vater: Sie<br />
verkaufen ihre Figuren an<br />
die Pointe. Wie sie dies tun, ist<br />
beeindruckend, aber es bleibt<br />
ein zweifelhaftes Geschäft.<br />
Das Ergebnis dieser Transaktion:<br />
Noch nie hat man <strong>Thomas</strong><br />
<strong>Bernhard</strong> so harmlos, so<br />
ungefährlich <strong>und</strong> letztlich so<br />
uninteressant gesehen.<br />
Irrtum<br />
Offenbar hat irgend jemand<br />
in <strong>der</strong> Burg-Dramaturgie gemeint,<br />
in diesem abgründigen,<br />
verzweifelten Text<br />
stecke eine heitere Komödie,<br />
die es freizulegen gelte. Ein<br />
Irrtum. Unter all den Kasperliaden,<br />
Clownerien <strong>und</strong> Slapstickeinlagen<br />
verschwindet<br />
das Stück einfach. Die furchtbare<br />
Geschichte dreier einan<strong>der</strong><br />
in Hassliebe verb<strong>und</strong>ener<br />
Menschen, die einan<strong>der</strong><br />
die Lebenskraft aussaugen,<br />
wird uninteressant, ja einwenig<br />
lächerlich.<br />
Man schreckt auch vor<br />
Ausrutschern in den Chorleystantismus<br />
nicht zurück:<br />
Stefan Wieland spielt storchenbeinig<br />
unter Zuhilfenahme<br />
vonKleid, Brille <strong>und</strong> Haarteil<br />
die Gar<strong>der</strong>obenfrau, inklusive<br />
einer sehr peinlichen<br />
Massen-Grabsch-Szene.<br />
Ähnlich daneben: Meyerhoff<br />
drückt, Organe erklärend,<br />
im grotesk aufgepolsterten<br />
Bauch von Simonischek herum,<br />
<strong>und</strong> von hinter <strong>der</strong> Bühne<br />
kommen zufällig" passende<br />
Darmgeräusche von Orchesterinstrumenten.<br />
Was haben<br />
wir gelacht.<br />
Die Aufführung läuft zudem<br />
unglücklich ab. Meyerhoff<br />
leistet sichbereits bei seinem<br />
ersten S atz einen Rollenausstieg,<br />
indem er auf einen<br />
Zuspätkommer reagiert. Die<br />
erste St<strong>und</strong>e wird vom offenbar<br />
irritierten Publikum gnadenlos<br />
kaputtgehustet. Danach<br />
wird viel gegähnt. <strong>Der</strong><br />
Applaus am Ende klingt<br />
fre<strong>und</strong>lich gegenüber den<br />
Schauspielern, aber auch<br />
durchaus erleichtert.<br />
Witz<br />
<strong>Der</strong> traditionelle Silvesterwitz<br />
von Burgchef Matthias<br />
Hartmann brachte übrigens<br />
die größten Lacher ein.<br />
<strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong> hat in<br />
kurzer Zeit einen weiten<br />
Weg hinter sich gebracht: Zu<br />
Lebzeiten noch Staatsfeind<br />
<strong>und</strong> Nestbeschmutzer, wurde<br />
er nach seinem Tod zum<br />
mo<strong>der</strong>nen Klassiker, jetzt<br />
sieht man ihnoffenbarbereits<br />
Presseclipping erstellt am 02.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />
als Lieferanten für leichte<br />
Silvesterunterhaltung. Wo<br />
wird <strong>Bernhard</strong> inzehnJahren<br />
laufen? Im Gloria-Theater?<br />
Fazit: Ein Irrtum<br />
Stück .<br />
<strong>Bernhard</strong>s Text wurde 1972 bei<br />
den Salzburger Festspielen von<br />
Claus Peymann uraufgeführt. Das<br />
Verbot, am Ende das Notlicht<br />
auszuschalten, löste einen<br />
Skandal aus.<br />
Regie<br />
Jan Bosse versucht, aus den<br />
düsteren Monologen eine leichte<br />
Komödie zu machen <strong>und</strong> scheitert<br />
Spiel<br />
Im Rahmen dieses Irrtums virtuos<br />
KURIER-Wertung: * * *<br />
© CLIP Mediaservice 2013 - www.clip.at
Kurier 02.01.2013<br />
Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 199.302 | Reichweite: Reichweite: 574.000 (8%) | Artikelumfang: 55.273 mm²<br />
Seite: 22 2/2<br />
Thema: Burgtheater<br />
Autor:<br />
Guido Tartarotti<br />
Witzfiguren? O<strong>der</strong> doch eher drei Vampire, die einan<strong>der</strong> gegenseitig aussaugen? Doktor (Meyerhoff), Königin <strong>der</strong> Nacht (Meltes), Vater (Simonischek)<br />
Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />
Presseclipping erstellt am 02.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />
© CLIP Mediaservice 2013 - www.clip.at
Salzburger Nachrichten 02.01.2013<br />
Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 80.150 | Reichweite: Reichweite: 238.000 (3,3%) | Artikelumfang: 48.204 mm²<br />
Seite: 12 1/2<br />
Thema: Burgtheater<br />
Autor:<br />
Julia Danielczyk<br />
An <strong>Bernhard</strong> kleben bleiben<br />
<strong>Ignorant</strong>. Nach Raim<strong>und</strong>, Hofmannsthal <strong>und</strong> Palmetshofer beschloss das Burgtheater<br />
Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />
zu Silvester eine Österreicher-Saison mit <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>.<br />
JULIA DANIELCZYK<br />
WIEN (5N). Vor gut 40 Jahren hatte<br />
Claus Peymann <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>" als Auftragsstück<br />
<strong>der</strong> Salzburger Festspiele<br />
mit einem großen Bühnenskandal<br />
ans Licht gebracht. Anlässlich<br />
<strong>der</strong> Uraufführung am 27.<br />
Juli 1972 hatte sich die Theaterleitung<br />
geweigert, die Notbeleuchtung<br />
im Zuschauerraum abzuschalten,<br />
das Stück wurde daraufhin<br />
vom Spielplan <strong>der</strong> Festspiele<br />
abgesetzt.<br />
Aus Unverständnis gegenüber<br />
<strong>Bernhard</strong>s Werk wurde eine unkritische<br />
Ehrfurcht, die heute jeden<br />
Satz wie wertvollstes Museumsgut<br />
zelebriert. So zeigt sich<br />
zumindest Jan Bosses Inszenierung,<br />
die streng am Text klebt, als<br />
wäre jedes Wort <strong>Bernhard</strong>s ein<br />
Heiligtum. Szenisch vollkommen<br />
einfallslos begegnet Bosse diesem<br />
ohnehin kaum dynamischen monolog/astigen<br />
Stück, in dem die<br />
Figuren ihre aberwitzigen Obsessionen<br />
ausbreiten.<br />
Unmittelbar vor Beginn von<br />
Mozarts Zauberflöte" warten <strong>der</strong><br />
Arzt (er ist <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong> des<br />
Titels) sowie <strong>der</strong> Vater <strong>der</strong> berühmtesten<br />
aller Koloratursängerinnen"<br />
in <strong>der</strong> Operngar<strong>der</strong>obe<br />
auf das Eintreffen <strong>der</strong> Sopranistin.<br />
Joachim Meyerhoff gibt diesen<br />
Doktor <strong>der</strong> Anatomie als veritable<br />
Karikatur. Höchst manieriert erklärt<br />
er detailliert die Sektion<br />
einer Leiche, seine medizinischen<br />
Bemerkungen verflicht er mit<br />
Aussagen über Kunst, die seinen<br />
Überzeugungen nach radikal<br />
künstlich werden muss. Meyerhoff<br />
überartikuliert die <strong>Bernhard</strong>'schen<br />
Sätze, schiebt dabei<br />
die Unterlippe weit nach vorn,<br />
schlenkert unbeholfen mit seinen<br />
langen Armen <strong>und</strong> verrenkt sich<br />
gelenkig. Grenzgängerisch bewegt<br />
er sich zwischen Otto Waalkes<br />
<strong>und</strong> einer Marionette, <strong>und</strong> versucht<br />
diesem Doktor eine komische<br />
Figur abzuringen. Witzig<br />
wird er dennoch nicht. Denn über<br />
die Grimasse entsteht noch lang<br />
kein Ausdruck. Meyerhoff ist allzu<br />
geführt, <strong>und</strong> Peter Simonischek<br />
bietet ihm als Vater <strong>der</strong> Sängerin<br />
kaum Wi<strong>der</strong>part. Simonischek<br />
bringt jedoch das Grausliche dieses<br />
<strong>Ignorant</strong>en" gut zum Vorschein:<br />
Monströs ausgestopft versinkt<br />
er in seinem Stuhl, schüttet<br />
massenhaft Schnaps in sich hinein<br />
o<strong>der</strong> drischt unentwegt (<strong>und</strong> definitiv<br />
zu viel) auf den Tisch.<br />
Die Kostümbildnerin Kathrin<br />
Plath hat ihn als Ulrich-Wildgruber-Imitat<br />
hergerichtet: Mit<br />
schütterem, nach hinten gekämmtem<br />
Haar erinnert er nicht zufällig<br />
an den Uraufführungsvater. Möglicherweise<br />
hat sich Plath von<br />
dem australischen Verkleidungskünstler<br />
Leigh Bowery inspirieren<br />
lassen, denn auch Sunnyi Melks<br />
ist als entrücktes Kunstwesen<br />
ziemlich schräg gewandet: Zuerst<br />
in Gummistiefeln, dann mit<br />
schreiend pinken Accessoires (im<br />
entsprechenden Bühnenbild von<br />
Stehane Laim6), vor dem Auftritt<br />
als Königin <strong>der</strong> Nacht in tiefem<br />
Schwarz, mit silbernen Lametta-<br />
Bikini-Applikationen schwebt sie<br />
sie über <strong>der</strong> Bühne.<br />
Nach <strong>der</strong> Vorstellung <strong>der</strong> Mozart-Oper<br />
landet diese makellose<br />
Koloraturmaschine" direkt im<br />
Wiener Nobelrestaurant Drei Husaren.<br />
<strong>Der</strong> Arzt befreit sie von ihrem<br />
Fluggeschirr <strong>und</strong> dem Kostüm.<br />
Heraus schlüpft ein blasses,<br />
fast durchsichtiges Wesen in Altrosa.<br />
Am Ende stirbt sie am Esstisch,<br />
die Lampe senkt sich <strong>und</strong><br />
beleuchtet den von <strong>der</strong> künstlerischen<br />
Perfektion zerstörten erschöpften<br />
Körper.<br />
<strong>Bernhard</strong>s Metapher von <strong>der</strong><br />
Welt als Bühne, auf <strong>der</strong> die Menschen<br />
ihre Todesrolle spielen,<br />
zeigt sich bei Bosse als finsterer<br />
Albtraum, zu dem man nur selten<br />
Zugang findet. Einzig Sunnyi Melles<br />
vermag es in ihrer unnachahmlichen<br />
Art, Zauber auf die Burgtheaterbühne<br />
zu bringen.<br />
Presseclipping erstellt am 02.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />
© CLIP Mediaservice 2013 - www.clip.at
Salzburger Nachrichten 02.01.2013<br />
Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 80.150 | Reichweite: Reichweite: 238.000 (3,3%) | Artikelumfang: 48.204 mm²<br />
Seite: 12 2/2<br />
Thema: Burgtheater<br />
Autor:<br />
Julia Danielczyk<br />
Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />
Nur sie zaubert: Sunnyi Melfes als entrücktes Kunstwesen in <strong>Bernhard</strong>s <strong>Der</strong><br />
<strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>".<br />
Bild: SNIDAPD<br />
Presseclipping erstellt am 02.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />
© CLIP Mediaservice 2013 - www.clip.at
Profil 07.01.2013<br />
Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 91.996 | Reichweite: Reichweite: 420.000 (5,9%) | Artikelumfang: 26.397 mm²<br />
Seite: 83 1/1<br />
Thema: Burgtheater<br />
Autor:<br />
Karin Cerny<br />
Gespenstersonate<br />
Seltsam leblos:Jan Bosse scheitert im<br />
Burgtheater an <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s Frühwerk<br />
<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>TM.<br />
Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />
eigentümlicher Reiz<br />
Eingeht von den frühen Stücken<br />
des 1989 verstorbenen<br />
Großdramatikers <strong>Thomas</strong><br />
<strong>Bernhard</strong> aus: Wie funkelnde<br />
Edelsteine liegen sie in <strong>der</strong> Vitrine<br />
<strong>der</strong> Dramengeschichte,<br />
sie strahlen kalt, mechanisch<br />
<strong>und</strong> unnahbar. Sie sind den<br />
absurden Texten eines Euüne<br />
Ionesco <strong>und</strong> den minimalistischen<br />
Reflexionen eines Samuel<br />
Beckett erstaunlich nahe<br />
- von den späteren, realistischeren<br />
Stücken des einstigen<br />
Skandalautors <strong>Bernhard</strong> unterscheiden<br />
sie sich deutlich.<br />
Sie sind abstrakter, todessehnsüchtiger,<br />
wirken in ihrer Feier<br />
von Virtuosität <strong>und</strong> Wahnsinn<br />
aber auch reichlich aus<br />
<strong>der</strong> Mode gekommen. <strong>Thomas</strong><br />
Oberen<strong>der</strong>, Ex-Schauspielchef<br />
<strong>der</strong> Salzburger Festspiele, eröffnete<br />
2007 mit Ein Fest für<br />
Boris" sein erstes Programm.<br />
Regisseurin Christiane Pohle<br />
gelang es damals nicht, <strong>Bernhard</strong>s<br />
erstem abendfüllenden<br />
Stück die nötige Bodenhaftung<br />
zu verleihen. Es hing in<br />
<strong>der</strong> Luft, blieb merkwürdig<br />
leer.<br />
Mit ähnlichen Problemen<br />
hat nun auch <strong>der</strong> deutsche Re-<br />
IN DER<br />
KÜNSTLER-<br />
GARDEROBE<br />
Szene aus<br />
,<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Wahnsinnige</strong>"<br />
Presseclipping erstellt am 06.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />
gisseur Jan Bosse zu kämpfen,<br />
<strong>der</strong> <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s zweites<br />
Stück, das 1972 im Rahmen<br />
<strong>der</strong> Salzburger Festspiele uraufgeführt<br />
wurde, für die Silvester-Premiere<br />
am Burgtheater<br />
inszenierte. Er weiß nicht<br />
recht, wie er den Stoff anpacken<br />
soll, den Claus Peymann<br />
einst als klirrend kaltes<br />
Machtspiel ausstellte. <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>"<br />
ist eine Backstage-Farce, die<br />
vor <strong>und</strong> nach einer Opernaufführung<br />
(Die Zauberflöte")<br />
spielt. Es treten auf: die Königin<br />
<strong>der</strong> Nacht, eine gefeierte<br />
Koloraturmaschine, ihr besoffener<br />
Vater <strong>und</strong> ein Arzt, <strong>der</strong><br />
manisch erklärt, wie man eine<br />
Leiche seziert. Joachim Meyerhoff<br />
gibt den Arzt als Nervenbündel,<br />
als Virtuosen <strong>der</strong><br />
Verrenkungen, Peter Simonischek,<br />
<strong>der</strong> kaum einen Satz zu<br />
sprechen hat, verwaltet die Figur<br />
des Vaters mehr, als er sie<br />
gestaltet, <strong>und</strong> Sunnyi Melles<br />
wirkt als Tochter zwar ungemein<br />
witzig, aber im Gr<strong>und</strong>e<br />
fehlt allen dreien das Dringliche<br />
<strong>und</strong> Abgründige. Erst im<br />
zweiten Teil, <strong>der</strong> einer Geisterbeschwörung<br />
gleicht, findet<br />
<strong>der</strong> Abend stellenweise zu<br />
sich. Am besten ist <strong>der</strong> Übergang<br />
zwischen Vor- <strong>und</strong><br />
Nachspiel: Melles hängt als<br />
Königin <strong>der</strong> Nacht in <strong>der</strong> Luft,<br />
schwingt hin <strong>und</strong> her <strong>und</strong><br />
versucht selbst dann gute<br />
Miene zu machen, wenn sie<br />
aus dem Blickfeld baumelt.<br />
Mehr absurde Momente dieser<br />
Art hätte <strong>der</strong> etwas hohle<br />
Kunstanstrengungsabend<br />
durchaus vertragen.<br />
KARIN CERNY<br />
© CLIP Mediaservice 2013 - www.clip.at
Oberösterreichische Nachrichten 02.01.2013<br />
Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 118.411 | Reichweite: Reichweite: 305.000 (4,3%) | Artikelumfang: 42.371 mm²<br />
Seite: 15 1/1<br />
Thema: Burgtheater<br />
Autor:<br />
Reinhold Reiterer<br />
Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />
Verfallen: <strong>Der</strong> egomanische Doktor (Joachim Meyerhoff) verehrt in <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>" die Kunst <strong>der</strong> Königin <strong>der</strong> Nacht" (Sunnyi Melles).<br />
Eine Frau zwischen Gipfel <strong>und</strong> Abgr<strong>und</strong><br />
Burgtheater: Bejubelte Premiere von <strong>Bernhard</strong>s <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong><br />
Von Reinhold Reiterer<br />
Von Heimito von Do<strong>der</strong>er stammt<br />
<strong>der</strong> Bef<strong>und</strong>, wer sich in Familie begibt,<br />
kommt darin um. <strong>Thomas</strong><br />
<strong>Bernhard</strong> zeigt vor, wie das geht.<br />
Etwa in <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Wahnsinnige</strong>", <strong>der</strong> heftig MWalliierten<br />
Silvesterpremiere im Wiener<br />
Burgtheater.<br />
In dieser 1972 bei den Salzburger<br />
Festspielen uraufgeführten<br />
Tragikomödie erklimmt die Königin<br />
<strong>der</strong> Nacht" (Sunnyi Melles) als<br />
Sängerin den höchsten Kunstgipfel,<br />
die absolute Perfektion <strong>der</strong><br />
Sangeskunst. Zum 222. Mal steht<br />
sie in dieser Rolle heute auf <strong>der</strong><br />
Bühne <strong>der</strong> Wiener Staatsoper.<br />
In <strong>der</strong> Gar<strong>der</strong>obe wartet ihr Vater<br />
(Peter Simonischek): ein im<br />
Laufe <strong>der</strong> Jahre ziemlich aus dem<br />
Leim gegangenes Mannsbild, das<br />
seit dem ersten öffentlichen Auftritt<br />
seiner Tochter <strong>der</strong> Trunksucht<br />
verfallen ist.<br />
Er, <strong>der</strong> seiner Tochter die Weltkarriere<br />
ermöglicht hat, sie bei ihren<br />
Auftritten in <strong>der</strong> ganzen Welt<br />
begleitet, fühlt sich von ihr rücksichtslos<br />
behandelt. Etwa auch dadurch,<br />
dass sie immer später",<br />
aber nie zu spät", wie's <strong>der</strong> Doktor<br />
(Joachim Meyerhoff) formuliert,<br />
in <strong>der</strong> Gar<strong>der</strong>obe auftaucht.<br />
<strong>Der</strong> schüchterne Egomane<br />
Presseclipping erstellt am 02.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />
<strong>Der</strong> Doktor, er ist <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>,<br />
monologisiert über die Kunst<br />
<strong>und</strong> das Leben, über den menschlichen<br />
Körper, über clie Technik<br />
des Sezierens, über das Menschenmaterial,<br />
das zu höchster Kunstanstrengung<br />
fähig ist, wofür er die<br />
Tochter bew<strong>und</strong>ert. Kaum tritt<br />
diese auf, verfällt dieser Egomane<br />
in die Rolle des schüchtern Anhimmelnden.<br />
Zweites Bild, nach dem triumphalen<br />
Auftritt beim Nachtmahl in<br />
den Drei Husaren". Die Königin<br />
<strong>der</strong> Nacht, diese Koloraturmaschine",<br />
verflucht ihren Aufstieg<br />
auf den Kunst-Gipfel, ihre Disziplin<br />
<strong>und</strong> den Theaterbetrieb. Erschöpfung/nichts<br />
als Erschöpfung",<br />
heißes am Stückschluss.<br />
Keine Rede davon im Burgtheater,<br />
weil Regisseur Jan Bosse das<br />
Komödiantische <strong>und</strong> Klamaukhafte<br />
aus <strong>Bernhard</strong>s Text kitzelte,<br />
<strong>und</strong> dafür gaben Melles,<br />
Meyerhoff, Simonischek <strong>und</strong> Stefan<br />
Wieland in <strong>der</strong> Doppelrolle <strong>der</strong><br />
Gar<strong>der</strong>obierin <strong>und</strong> des Kellners<br />
dem Affen Zuckerbrot. Kräftiger<br />
Premierenapplaus, Ovationen für<br />
Meyerho ff.<br />
<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> VVahnsinnige":<br />
Drama von <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>,<br />
Silvesterpremiere am Burgtheater<br />
Wien *****-i-c<br />
n Termine: 3., 5., 8., 26. Jänner.<br />
III Kartentelefon: (01) 513 15 13,<br />
Internet: www.burgtheater.at<br />
I SKANDAL-GESCHICHTE<br />
Regisseur Claus Peymann verlangte<br />
zum Ende <strong>der</strong> Uraufführung<br />
('72) ein stockfinsteres<br />
Theater. Bei <strong>der</strong> Premiere blieb<br />
sein Wunsch unerhört. Eine<br />
zweite Aufführung gab es nie.<br />
(APA)<br />
© CLIP Mediaservice 2013 - www.clip.at
Tiroler Tageszeitung 02.01.2013<br />
Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 105.071 | Reichweite: Reichweite: 289.000 (4%) | Artikelumfang: 27.193 mm²<br />
Seite: 14 1/1<br />
Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />
Thema: Burgtheater<br />
Autor:<br />
Bernadette Lietzow<br />
Sezierkurs in dunkler Champagnerlaune<br />
Silvesterspaß ä la <strong>Bernhard</strong>: Jan Bosse inszeniert <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>" am Burgtheater.<br />
Von Bernadette Lietzow<br />
Wien - Die (Opern-)Diven<br />
scheinen ausgestorben, <strong>und</strong><br />
damit jene Gattung Künstlerinnen,<br />
<strong>der</strong>en oft genug tragische<br />
Extravaganz in erster<br />
Linie als Projektionsfläche<br />
männlich-voyeuristischer<br />
Anteilnahme an weiblicher<br />
Exzellenz diente. Selbst Anna<br />
Netrebko nimmt sich neben<br />
ihren Vorgängerinnen <strong>und</strong> Diva<br />
assolutas wie Maria Callas<br />
höchst nüchtern aus. <strong>Thomas</strong><br />
<strong>Bernhard</strong> schwebte in seinem<br />
1972 mit einem Skandal in <strong>der</strong><br />
Regie von Claus Peyrnann anlässlich<br />
<strong>der</strong> Salzburger Festspiele<br />
uraufgeführten Bühnenwerk<br />
<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>" jedoch eine<br />
dieser tragischen Frauenfiguren<br />
vor, um <strong>der</strong>en Hysterie er<br />
ebenso hysterische nutznießende<br />
Bew<strong>und</strong>erer gruppiert<br />
hat.<br />
Sein <strong>Wahnsinnige</strong>r" ist ein<br />
Arzt (Joachim Meyerhoff),<br />
dessen Begeisterung für die<br />
Koloratursopranistin <strong>Bernhard</strong><br />
streng parallel laufen<br />
lässt mit einer an - eben -<br />
Wahn grenzenden Besessenheit<br />
für die menschliche Anatomie<br />
<strong>und</strong> die Möglichkeiten,<br />
diese sezierend zu erk<strong>und</strong>en.<br />
Ihm gegenüber, <strong>und</strong> über weite<br />
Teile des ersten Aktes als<br />
alleiniger Adressat <strong>der</strong> ärztlichen<br />
Monologe zu Medizin,<br />
Kunst <strong>und</strong> Existenz, harrt <strong>der</strong><br />
<strong>Ignorant</strong>", <strong>der</strong> fast erblindete<br />
Vater <strong>der</strong> Sängerin (Peter<br />
Simonischek) <strong>der</strong>en Erscheinen,<br />
ein traurig-aggressiver<br />
Alkoholiker <strong>und</strong> ständig präsenter<br />
Schatten seiner erfolgreichen<br />
Tochter. Als diese (in<br />
<strong>der</strong> Bühnengestalt <strong>der</strong> Sunnyi<br />
Melles) endlich <strong>und</strong> verspätet<br />
erscheint, um zum bis<br />
zum Überdruss wie<strong>der</strong>holten<br />
Mal Mozarts Königin <strong>der</strong><br />
Nacht" zu singen, kommt das<br />
Geschehen in Gang, bis die<br />
Sängerin beim Souper in den<br />
Drei Husaren" beschließt,<br />
ihrer Karriere ein Ende zu<br />
bereiten, <strong>und</strong> sämtliche weiteren<br />
Vorstellungen absagen<br />
lässt. Jan Bosse, <strong>der</strong> Regisseur<br />
dieser Burgtheater-Silvester-<br />
Überraschung, hatte mit <strong>der</strong><br />
ihm zur Verfügung stehenden<br />
Luxus-Besetzung (verstärkt<br />
noch von Stefan Wieland in<br />
den Rollen <strong>der</strong> Gar<strong>der</strong>obiere<br />
Frau Vargo <strong>und</strong> des Kellners<br />
Winter) alle Trümpfe in<br />
<strong>der</strong> Hand - <strong>und</strong> einige davon<br />
doch verspielt.<br />
Bosse setzt auf Pointen,<br />
die das Werk mit all den<br />
<strong>Bernhard</strong>'schen R<strong>und</strong>umschlägen<br />
auf Feuilleton, Theater<br />
<strong>und</strong> österreichische Eitelkeiten<br />
eindeutig bietet, die<br />
aber, so manieristisch herausgestellt,<br />
wie Bosse vor allem<br />
.Meyerhoff agieren lässt,<br />
in eine ermüdende Leere<br />
laufen. Da kann auch Sunnyi<br />
Melles' Flugshow über den<br />
Bühnenhimmel nicht allzu<br />
viel ausrichten, was aber dem<br />
heftigen Schlussapplaus eines<br />
Publikums in Champagnerlaune<br />
keinen Abbruch tat.<br />
Presseclipping erstellt am 03.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />
V. I.: Joachim Meyerhoff, Stefan Wieland, Sunnyi Melles <strong>und</strong> Peter Simonischek<br />
in <strong>Bernhard</strong>s "<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>". Foto: Sueeater/Reinhard Werner<br />
© CLIP Mediaservice 2013 - www.clip.at
er <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong> – <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>-Deutung von Jan...<br />
http://www.nachtkritik.de/index.php?view=article&catid=38:die-nachtkr...<br />
von 5 07.01.2013 10:21<br />
<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong> – <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>-Deutung von Jan Bosse an <strong>der</strong> Burg Wien<br />
Leichensezierende Meyerhoffiaden<br />
von Christian Desrues<br />
Wien, 31. Dezember 2012. Burgtheater Intendant Matthias Hartmann erzählt in <strong>der</strong> Vorrede<br />
seinen Silvesterwitz, es wird gelacht <strong>und</strong> das Stück beginnt. Schon um 18 Uhr. Peter Simonischek,<br />
muss dananch nämlich noch in die Staatsoper, zur "Fle<strong>der</strong>maus". "<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Wahnsinnige</strong>" ist ein frühes Drama von <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>. Jugendwerk im herkömmlichen Sinn ist<br />
es aber keines, denn es beinhaltet schon fast alle Themen, die später für <strong>Bernhard</strong> so<br />
charakteristisch werden sollten. Die Darsteller reden aneinan<strong>der</strong> vorbei, dozieren, führen<br />
Monologe o<strong>der</strong> sprechen in unfertigen Sätzen, wie<strong>der</strong>holen unnötigerweise Teile des<br />
Vorangegangenen.<br />
<strong>Der</strong> Vater <strong>und</strong> <strong>der</strong> Doktor warten in einer Gar<strong>der</strong>obe <strong>der</strong> Wiener Staatsoper auf die Königin <strong>der</strong><br />
Nacht. Die Motive des Arztes sind nicht ganz klar, aber eine Art Verehrer <strong>der</strong> Sopranistin ist er<br />
wohl doch. Diese singt an diesem Abend zum 222. Mal den Part aus Mozarts Zauberflöte, sie sieht<br />
sich selbst zur Koloraturmaschine verkommen, zwitschert dennoch o<strong>der</strong> deshalb ständig Teile <strong>der</strong><br />
berühmten Arie. Ihr geht es nur noch um künstlerische Vollendung, das Publikum ist ihr<br />
zumindest gleichgültig <strong>und</strong> "das Theater, insbeson<strong>der</strong>e die Oper, ist die Hölle"! Sunnyi Melles spielt<br />
diese Rolle auf tragikomische, beeindruckend verlorene Weise, sie ist eine große Komödiantin,<br />
doch verspürt man ihr gegenüber in diesem Stück keine wirkliche Sympathie.<br />
Strategien des Wartens<br />
<strong>Der</strong> Vater ist <strong>der</strong> fast blinde <strong>Ignorant</strong>. Man erfährt, dass er unter dem ständigen Zuspätkommen<br />
seiner Tochter leidet <strong>und</strong> eigentlich seit ihrem ersten Auftritt trinkt. Er redet nicht<br />
zusammenhängend, bleibt passiver Zuseher im Mikrokosmos <strong>der</strong> Gar<strong>der</strong>obe, später im Speisesaal<br />
des Restaurants. Er wie<strong>der</strong>holt zumeist nur Bruchstücke <strong>der</strong> Monologe des Arztes, nicht einmal die<br />
wichtigsten o<strong>der</strong> einprägsamsten Aussagen.<br />
Einfach nur so herumsitzend, in stoischer Selbstvernichtung, anscheinend apathisch, stellt Peter<br />
Simonischek einmal mehr seine unglaubliche Bühnenpräsenz unter Beweis. Einige Teilsätze, ein<br />
paar Schläge mit dem Blindenstock reichen da völlig aus, um <strong>der</strong> Rolle eine Dichte zu verleihen,<br />
die nicht je<strong>der</strong> Schauspieler aus ihr herausholen könnte. Aber reicht das, ist das befriedigend für<br />
die Betroffenen, in diesem Fall im Saal <strong>und</strong> auf <strong>der</strong> Bühne?
<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong> – <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>-Deutung von Jan...<br />
http://www.nachtkritik.de/index.php?view=article&catid=38:die-nachtkr...<br />
2 von 5 07.01.2013 10:21<br />
Echte <strong>und</strong> künstliche Köpfe in "<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>" © Reinhard Werner<br />
Joachim Meyerhoffs Darstellung des wahnsinnigen Doktors ist eine ganz merkwürdige<br />
Angelegenheit. Anscheinend zusammenhanglos beginnt er mit Zitaten <strong>und</strong> Beispielen aus einem<br />
pathologisch-anatomischen Einführungskurs. Er erklärt, auf extrem anschauliche Weise <strong>und</strong> mit<br />
teilweise großem Vergnügen, verschiedene Arten <strong>der</strong> Leichensektion. Dann aber kommt <strong>der</strong><br />
Verdacht auf, dass ihn seine eigenen Schil<strong>der</strong>ungen langweilen o<strong>der</strong> er sie bloß herunterleiert, um<br />
die Langeweile, o<strong>der</strong> besser gesagt, die Nichtkommunikation mit dem Vater <strong>und</strong> das Warten auf die<br />
Königin <strong>der</strong> Nacht erträglicher zu machen.<br />
Obsessionen, Ängste, Zweifel<br />
Fast wie ein Gaukler erledigt Meyerhoff diese Aufgabe, mit großem körperlichen <strong>und</strong> sprachlichen<br />
Einsatz. Er spielt seine ganze Virtuosität aus, wenn er die nicht einfachen Texte <strong>und</strong> Ausführungen<br />
ohne einen Patzer aufsagt. Zweifellos entstehen dadurch komische Aspekte, sie lassen aber auf<br />
sich warten.<br />
Die erste St<strong>und</strong>e <strong>der</strong> Aufführung vergeht nur<br />
langsam. Spannung kommt keine auf, während <strong>der</strong><br />
Doktor sich abmüht. Komik für einen kurzen Moment,<br />
als Stefan Wieland als sehr dünne Gar<strong>der</strong>obiere Frau<br />
Vargo wortwörtlich aus den gelungenen Kostümen<br />
(Kathrin Plath) tritt. Die schlichte Bühne von<br />
Stéphane Laimé ist praktisch <strong>und</strong> stimmig: Eine<br />
Gar<strong>der</strong>obe voller Spiegel, in denen sich die Darsteller<br />
in ihrer Eitelkeit reflektieren, <strong>und</strong> danach ein<br />
Restaurantsaal, in dem sie sich zu verlieren drohen in<br />
© Reinhard Werner<br />
<strong>der</strong> Tiefe <strong>der</strong> Bühne <strong>und</strong> in ihrer Hilflosigkeit. Die<br />
zweite St<strong>und</strong>e ist dichter, packen<strong>der</strong>. <strong>Der</strong> Zuseher<br />
beginnt die ganze Tragik <strong>der</strong> Figuren von <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong> zu spüren. Man darf sich fragen,<br />
warum Regisseur Jan Bosse so lange damit gewartet hat, die Obsessionen <strong>und</strong> Ängste, die Zweifel<br />
<strong>und</strong> die Nie<strong>der</strong>tracht <strong>der</strong> Personen aufzuzeigen.<br />
Komik an <strong>der</strong> falschen Stelle
<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong> – <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>-Deutung von Jan...<br />
http://www.nachtkritik.de/index.php?view=article&catid=38:die-nachtkr...<br />
3 von 5 07.01.2013 10:21<br />
In vielen seiner Stücke <strong>und</strong> Texte zeigt <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong> beißenden Humor, mehr als die Kritiker<br />
anfangs wahrscheinlich wahrhaben wollten, aber er ist mit Sicherheit kein Vaudeville-Dramatiker,<br />
wie es hier die Inszenierung stellenweise glauben machen will. Natürlich entsteht durch das<br />
Aufzeigen <strong>der</strong> Schwächen, Leiden <strong>und</strong> Zwängen <strong>der</strong> Figuren etwas Lachhaftes, aber "<strong>der</strong> <strong>Ignorant</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>" ist ein trauriges, pessimistisches Stück, demnach also nur beschränkt für<br />
eine "heitere" Silvesteraufführung geeignet. <strong>Der</strong> mehr als höfliche Applaus galt <strong>der</strong> zweifellos<br />
großen Leistung <strong>der</strong> Schauspieler.<br />
<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong><br />
von <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong><br />
Regie: Jan Bosse, Bühne: Stéphane Laimé, Mitarbeit Bühne: Katharina Faltner, Kostüme:<br />
Kathrin Plath, Musik: Arno Kraehahn, Licht: Peter Brandl, Dramaturgie: Gabriella Bußacker.<br />
Mit: Sunnyi Melles, Peter Simonischek, Joachim Meyerhoff, Stefan Wieland.<br />
www.burgtheater.at<br />
Kritikenr<strong>und</strong>schau<br />
Gerhard Doppler schreibt auf <strong>der</strong> Internetseite von Deutschlandradio Kultur (1.1.2013): "Ein<br />
wenig zu direkt" erötere <strong>Bernhard</strong>s Frühwerk "existentialistische Fragen", es sei "ein wenig zu<br />
konstruiert". Es zeige den abgründigen <strong>und</strong> sehr komödiantischen Übertreibungs- <strong>und</strong><br />
Erregungskünstler, den das "vergnügungssüchtige Silvester-Premierenpublikum sich erwartet<br />
habe, noch nicht so deutlich. Doch "irgendwie langweilig <strong>und</strong> müde" wirke diese Inszenierung,<br />
zumal Regisseur Jan Bosse sich kaum bemerkbar gemacht habe. Zwar gefalle das Bühnenbild,<br />
etwa <strong>der</strong> Wirtshaustisch, <strong>der</strong> mit <strong>der</strong> darauf liegenden Sängerin am Schluss wie "das<br />
Rembrandt'sche Anatomiebild beleuchtet" erschien. Doch die Theaterkatastrophen <strong>und</strong><br />
Provokationen seien nur angesprochen, kaum theatralisch ausgekostet worden. Und die<br />
Schauspieler schienen allein gelassen. Peter Simonischek habe sich "keine Mühe gegeben" seiner<br />
Rolle "Eigengewicht" zu verschaffen. Sunnyi Melles Stimme traue man kaum große Arien zu. Und<br />
Joachim Meyerhoff schien "keinen Ton für den <strong>Bernhard</strong>sche Erregungstexte" gef<strong>und</strong>en zu haben.<br />
Norbert Mayer erzählt auf <strong>der</strong> Internetseite <strong>der</strong> Wiener Tageszeitung Die Presse (1.1.2013,<br />
18:35 Uhr) erst einmal, wie <strong>der</strong> berühmte Dirigent Josef Krips 1950 dem vorsingenden <strong>Thomas</strong><br />
<strong>Bernhard</strong> empfohlen habe "lieber Fleischer zu werden". Reflexe dieser Kränkung fänden sich auch<br />
im Stück, wo <strong>der</strong> Arzt sagt, dass <strong>der</strong> Dirigent bei <strong>der</strong> "Zauberflöte" wie ein Fleischhauer agiere.<br />
Mayer findet das 40 Jahre alte Stück "noch immer großartig, wenn es so intensiv wie hier gespielt"<br />
werde. Jan Bosse habe "mit viel Gespür für <strong>Bernhard</strong>s Musikalität inszeniert". Meyerhoff biete im<br />
Übermaß die für seine Rolle erfor<strong>der</strong>liche "Wachheit <strong>und</strong> Intelligenz <strong>und</strong> Geschmeidigkeit im<br />
Ausdruck", er setze die Pointen genau. "Kunstvoll zurückhaltend <strong>und</strong> doch stark präsent" ergänze<br />
ihn Peter Simonischek, Sunnyi Melles spiele die Sängerin "herrlich überspannt", sie sei "tatsächlich<br />
eine Erscheinung <strong>und</strong> jeden Zoll eine Königin", die Rolle, die das "Verletzliche, Überspannte <strong>und</strong><br />
Tragische einschließt", passe ihr perfekt. Stefan Wieland gewinne <strong>der</strong> Doppelrolle als Gar<strong>der</strong>obiere<br />
<strong>und</strong> Kellner "sinnvoll Bizarres" ab – kurz: Schauspieler <strong>und</strong> Regisseur "haben einen Klassiker<br />
erfolgreich belebt".<br />
Margarete Affenzeller macht in <strong>der</strong> Tageszeitung <strong>Der</strong> Standard (2.1.2013) darauf aufmerksam,<br />
dass Bosse [wie<strong>der</strong> einmal wie schon bei "Wer hat Angst vor Virginia Woolf?" am Burgtheater]<br />
eingesprungen wäre. Ursprünglich sei eine Trinkerinnentragikomödie von <strong>Thomas</strong> Vinterberg<br />
angesetzt gewesen. Bosse sei bewusst gewesen: An <strong>Bernhard</strong> könne man nicht "groß
<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong> – <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>-Deutung von Jan...<br />
http://www.nachtkritik.de/index.php?view=article&catid=38:die-nachtkr...<br />
4 von 5 07.01.2013 10:21<br />
herumdoktern", aber es könne gelingen, "ihn aufzupolieren". So mache Simonischek als <strong>der</strong> Vater<br />
mit dem Blindenstock "Terror", während Meyerhoff als Doktor ein "artifizielles Ungeduldstänzchen"<br />
vollführe, bei Bedarf seine "nervösen Kniegelenke" verknote o<strong>der</strong> die Hose seines redefaulen<br />
Gesprächspartners "zum Quietschen" bringe. Wenn Sunnyi Melles dann aus ihrem Klei<strong>der</strong>schrank<br />
trete, ergebe sich die Inszenierung dem, wenn auch recht edlen "Schabernack". Bosse ziehe die<br />
Sätze <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s ins Klamaukige. Das beeinträchtige die Sprache in ihrer eigenen<br />
Künstlichkeit erstaunlicherweise nicht. Es bleibe ein Vergnügen, dem Fatalismus <strong>der</strong><br />
<strong>Bernhard</strong>schen Monologe zu folgen. Erfolgreich aufpoliert, habe dieses Stück "immerhin ein wenig<br />
gestrahlt".<br />
Ulrich Weinzierl vergleicht in <strong>der</strong> Welt (2.1.2013) Bosses Inszenierung mit <strong>der</strong> Uraufführung von<br />
Claus Peymann. Obwohl sie, "dank fulminanter Besetzung", das "Zeug gehabt, an das Vorbild<br />
heranzukommen", könne sie dem "nicht das Wasser reichen". Bosses Regie zwinge den virtuosen<br />
Sprecher Joachim Meyerhoff in "einer Art Horror Vacui zu einer erdrückenden Fülle manierierter<br />
Gesten <strong>und</strong> Aktionen, die auf Dauer niemanden interessieren <strong>und</strong> vom Eigentlichen ablenken".<br />
Peter Simonischek – "hergerichtet als Doppelgänger von Marlon Brandos Don Vito Corleone im<br />
"Paten" " - müsse mit seinem Blindenstock "wild um sich schlagen <strong>und</strong> sonstige Allotria treiben".<br />
Erst Sunnyi Melles' Erscheinen bringe die Wende zum Guten. "Schon wenn sie sich einträllert, mit<br />
Tee gurgelt, girrend lacht, ist das ein Ereignis." Die "äußerste Anspannung einer disziplinierten<br />
Hysterikerin" passe ihr wie angegossen. Plötzlich gelängen auch Bosse szenische Lösungen, "die –<br />
statt ein Menschendrama zu simulieren, wo lediglich ein Sprachkonzert ist – dramatische Wucht<br />
<strong>und</strong> böse, grausame Komik entwickeln".<br />
Martin Lhotzky befindet in <strong>der</strong> Frankfurter Allgemeinen Zeitung (2.1.2013): Dieser zu Recht<br />
selten aufgeführte frühe <strong>Bernhard</strong> tauge nur gering zur Unterhaltung, strapaziere eher die Nerven<br />
selbst eines "wohlmeinenden Publikums". Um aus <strong>der</strong> Ödnis <strong>der</strong> Monologe zu retten, bedürfe es<br />
mehr als einer "singenden, schwingenden Königin <strong>der</strong> Nacht", auch wenn Sunnyi Melles ihre<br />
"ganze Fahrigkeit <strong>und</strong> Nervigkeit, ihre schrillste Stimme <strong>und</strong> ihre beste Koloraturpantomimik"<br />
auffahre. Für einige Zeit sei das noch ganz witzig, die Übertreibung käme auch <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>intention<br />
des Textes, ein "Stück absurden Theaters" zu sein, wie<strong>der</strong> "recht nahe", trage aber keine zwei<br />
St<strong>und</strong>en. Peter Simonischek, <strong>der</strong> den Säufervater als rülpsenden Rabauken behaupten dürfe,<br />
trommele bei je<strong>der</strong> Bemerkung, die das "als inzestuös (auch so eine Schnapsidee) angedeutete<br />
Verhältnis zur Tochter" anstreife, mit dem Blindenstock auf den Schminktisch. Joachim Meyerhoff<br />
gebe den boshaft-redseligen pathologischen Mediziner als eine Variante von Doktor Seltsam aus<br />
Kubricks Bombenfilm. "Er hechelt, er schubst, er näht (das zerrissene Kleid) <strong>und</strong> neckt seinen<br />
blinden Zuhörer auf vielerlei Arten."<br />
Christopher Schmidt schreibt in <strong>der</strong> Süddeutschen Zeitung (3.1.2013): Die Luftnummer von<br />
Sunnyi Melles bleibe <strong>der</strong> einzige Höhepunkt <strong>der</strong> Silvesterpremiere. "Eine Metapher auch für den<br />
Kunstbetrieb, <strong>der</strong> oft genug eine Hängepartie ist <strong>und</strong> manchmal eine bodenlose Unverschämtheit,<br />
in jedem Fall aber nichts an<strong>der</strong>es als ein großer Zirkus." Das Stück zähle eher zu den<br />
"misanthropischen Aufwärmübungen <strong>Bernhard</strong>s". Doch sein Salzburger Schockerl tauge nur mehr<br />
als buntes Knallbonbon zum Jahreswechsel. Meyerhoff gebe mit "schütterem Resthaar des<br />
Wahnsinns schlaksige Beute". Halb Frankenstein, halb Dr. Seltsam rede er sich um Kopf <strong>und</strong><br />
steifen Kragen, steigere sich, "ein Sprechautomat mit irrem Wackelkontakt", in sadistischen Furor<br />
hinein. Peter Simonischek sei das ganz Fat-Suit gewordene Phlegma. Nur ab <strong>und</strong> zu grunze er<br />
dazwischen, <strong>und</strong> haue mit dem Teleskopstock auf den Tisch, ein Hallo-wach-Signal für den "von<br />
<strong>Bernhard</strong>s Hasslitaneien gründlich eingelullten Zuschauer". Sunnyi Melles spiele die Königin <strong>der</strong><br />
Nacht als eine "Art Olimpia", eine Puppe, die wie "auf Autopilot Koloraturen markiert, eine<br />
w<strong>und</strong>ersam hyperaktive <strong>und</strong> ferngesteuerte Kunstfigur".
Neues Volksblatt 03.01.2013<br />
Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 22.900 | Reichweite: Reichweite: 44.000 (0,6%) | Artikelumfang: 21.013 mm²<br />
Seite: 16 1/1<br />
Thema: Burgtheater<br />
Autor:<br />
Von Renate<br />
Auf blankes Amüsement gesetzt<br />
Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />
Burgtheater-Premiere: <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>"<br />
Von Renate Wagner<br />
Bei den Salzburger Festspielen<br />
1972 konnte <strong>Thomas</strong><br />
<strong>Bernhard</strong> Mit seinem<br />
Theaterstück <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>" eine<br />
jener Erregungen hervorrufen,<br />
für die sein dramatisches<br />
Schaffen steht. Er<br />
Exzellente Besetzung: Sunny Seiles als<br />
Königin <strong>der</strong> Nacht" <strong>und</strong> Joachim<br />
Meyerhoff als Doktor" Foto: APA/Hochmuth<br />
war damals 41, es handelte<br />
sich um sein zweites, großes<br />
Theaterstück, <strong>und</strong> er<br />
hatte bereits seinen Stil<br />
das Schlachten heiliger Kühe<br />
gef<strong>und</strong>en.<br />
Ausgerechnet in Salzburg<br />
eine Sängerin <strong>der</strong> Königin<br />
<strong>der</strong> Nacht" als Koloraturmaschine<br />
in den Mittelpunkt<br />
des Geschehens<br />
zu<br />
stellen, die<br />
eigentlich gar<br />
Presseclipping erstellt am 03.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />
keinen Spaß<br />
an ihrem Beruf<br />
hat, ist ein<br />
starkes Stück.<br />
Abgesehen<br />
von den<br />
ätzenden<br />
Bemerkungen<br />
<strong>der</strong> Titelhelden:<br />
<strong>der</strong> <strong>Ignorant</strong>",<br />
ihr<br />
besoffener<br />
Vater, <strong>der</strong><br />
<strong>Wahnsinnige</strong>",<br />
ihr Verehrer,<br />
ein Mediziner,<br />
<strong>der</strong><br />
zwischen Kulturanalysen<br />
<strong>und</strong> Berichten<br />
über das Sezieren<br />
schwankt.<br />
Eine ätzende<br />
Satire in gnadenlos bohren<strong>der</strong><br />
<strong>Bernhard</strong>-Sprache.<br />
Es erschien klar, dass ein<br />
deutscher Regisseur wie<br />
Jan Bosse, <strong>der</strong> kein spezifisches<br />
Feeling für <strong>Bernhard</strong><br />
hat (da war Claus Peymann<br />
dem Oberösterreicher<br />
doch ein perfekter<br />
Partner), eigene Wege gehen<br />
würde. Sein lei<strong>der</strong><br />
stark gekürzter Abend am<br />
Burgtheater (weniger als<br />
zwei St<strong>und</strong>en ohne Pause)<br />
setzt nicht auf die gnadenlose,<br />
scharfe Klarheit des<br />
Boshaften, mit dem <strong>Bernhard</strong><br />
ins Österreichisch-<br />
Schwarze traf, son<strong>der</strong>n<br />
wollte parodistisch, possenhaft,<br />
pointiert verfahren.<br />
Das Amüsement ging<br />
oft äußerlich sehr weit<br />
(wenn die Sängerin durch<br />
die Lüfte <strong>der</strong> Burgtheaterbühne<br />
geschwenkt wird),<br />
kostete die Figuren aber<br />
ihre Prägnanz <strong>und</strong> vielfach<br />
auch Wirkung. Und das<br />
trotz einer so exzellenten<br />
Besetzung wie Sunnyi Meiles,<br />
Joachim Meyerhoff<br />
<strong>und</strong> Peter Simonischek.<br />
Ein Publikum, das diese<br />
Premiere am Burgtheater<br />
umjubelte, hat <strong>Bernhard</strong><br />
noch nicht an<strong>der</strong>s, sprich:<br />
besser gesehen.<br />
© CLIP Mediaservice 2013 - www.clip.at
Österreich 02.01.2013<br />
Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 497.082 | Reichweite: Reichweite: 729.000 (10,2%) | Artikelumfang: 10.715 mm²<br />
Seite: 34 1/1<br />
Thema: Burgtheater<br />
Autor:<br />
E.Hirschmann<br />
<strong>Der</strong> Silvester-Hero<br />
Simonischeks Coup'<br />
Peter Simonischek spielte zu<br />
Silvester <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong><br />
<strong>und</strong> den Fle<strong>der</strong>maus"-Frosch.<br />
Theater. <strong>Bernhard</strong>s<br />
schwarze Komödie <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>, ein<br />
artifizielles, musikalisches<br />
Sprachkunstwerk über<br />
Kunst <strong>und</strong> Tod, wurde zu Silvester<br />
erstmals am Burgtheater<br />
aufgeführt. Regisseur<br />
Jan Bosse setzte im beeindruckenden<br />
Bühnenbild<br />
von Stehane Laim einer<br />
verspiegelten Theatergar<strong>der</strong>obe<br />
<strong>und</strong> einem drehbaren<br />
Tisch im Nobelrestaurant<br />
Drei Husaren" auf drei<br />
grandiose Schauspieler.<br />
Frosch. Den von allen Details<br />
physischer Auflösung<br />
faszinierten Anatomen, <strong>der</strong><br />
in <strong>der</strong> Gar<strong>der</strong>obe <strong>der</strong> Sängerin<br />
aufihren Auftritt als Königin<br />
<strong>der</strong> Nacht in Mozarts<br />
Zauberflöte wartet, verkörperte<br />
Joachim Meyerhoff.<br />
Sein Vis-ä-vis ist ein Schnaps<br />
trinken<strong>der</strong>, dicker, alter<br />
Mann mit Stirnglatze, Blindenstab<br />
<strong>und</strong> schwarzer Bril-<br />
Peter Simonischek mit Maske.<br />
le. Man musste mehrmals<br />
hinschauen, bevor man in<br />
dieser entstellenden Maske<br />
Peter Simonischek erkannte.<br />
Die Dritte im genialen<br />
Höllenb<strong>und</strong>e war Sunnyi<br />
Melles als grandios hysterische<br />
Königin <strong>der</strong> Nacht.<br />
Respekt! Nach <strong>der</strong> Burg-<br />
Premiere radelte Simonischek<br />
an die Staatsoper, wo<br />
er in <strong>der</strong> Fle<strong>der</strong>maus den<br />
Frosch gab. Hut ab!<br />
Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />
Presseclipping erstellt am 02.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />
© CLIP Mediaservice 2013 - www.clip.at
Kronen Zeitung Gesamt 01.01.2013<br />
Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 888.832 | Reichweite: Reichweite: 2.742.000 (38,2%) | Artikelumfang: 15.087 mm²<br />
Seite: 50 1/1<br />
Thema: Burgtheater<br />
Autor:<br />
k.A.<br />
Feuchte, aber gar nicht fröhliche Silvesterpremiere: Gestern<br />
(31.) ging zum erstem Mal <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>" (Peter Simonischek <strong>und</strong> Joachim Meyerhoff)<br />
in einer Inszenierung von Jan Bosse über die Bühne des<br />
Wiener Burgtheaters. Eine Kritik folgt morgen (2.). TG<br />
Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />
Presseclipping erstellt am 02.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />
© CLIP Mediaservice 2013 - www.clip.at
Kronen Zeitung Gesamt 28.12.2012<br />
Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 996.870 | Reichweite: Reichweite: 2.742.000 (38,2%) | Artikelumfang: 19.471 mm²<br />
Seite: 45 1/1<br />
Thema: Burgtheater<br />
Autor:<br />
k.A.<br />
Rededuelle<br />
zu Silvester<br />
Erstmals ist <strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s<br />
1972 in einer Inszenierung<br />
Claus Peymanns bei<br />
den Salzburger Festspielen<br />
uraufgeführtes Stück <strong>Der</strong><br />
<strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>"<br />
im Burgtheater zu sehen.<br />
Jan Bosse hat Rededuelle<br />
zwischen <strong>der</strong> Königin <strong>der</strong><br />
Nacht an <strong>der</strong> Wiener Staatsoper<br />
(Sunnyi Melles), ihrem<br />
trunksüchtigen Vater (<strong>der</strong><br />
<strong>Ignorant</strong>: Peter Simonischek)<br />
<strong>und</strong> dem Doktor (<strong>der</strong><br />
<strong>Wahnsinnige</strong>: Joachim Meyerhoff)<br />
inszeniert (Bühne:<br />
Stphane Laim). Premiere<br />
ist am 31. Dezember. TG<br />
Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />
Presseclipping erstellt am 28.12.2012 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />
© CLIP Mediaservice 2012 - www.clip.at
Heute 28.12.2012<br />
Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 406.636 | Reichweite: Reichweite: 947.000 (13,2%) | Artikelumfang: 14.938 mm²<br />
Seite: 20 1/1<br />
Thema: Burgtheater<br />
Autor:<br />
k.A.<br />
Meyerhoff, Melles <strong>und</strong> Simonischek<br />
<strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong> zum Jahreswechsel<br />
Burg-Premiere kitzelt<br />
die Lust am Morbiden<br />
Wiener Burg als Nährboden für den rabenschwarzen öster-<br />
Humor - <strong>und</strong> das zu Silvester? Klingt mutig, aber<br />
Diereichischen<br />
gut. Jan Bosse inszeniert <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>", es<br />
spielen Peter Simonischek, Joachim Meyerhoff <strong>und</strong> Sunnyi Melles.<br />
Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />
Obsession, grausame Rohheit,<br />
kein Licht im Dunkel - <strong>Thomas</strong><br />
<strong>Bernhard</strong> in seinem Element!<br />
-1. In <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
e_<strong>Wahnsinnige</strong>" spannt er drei<br />
21_3 Menschen zusammen, die einan<strong>der</strong><br />
nichts zu geben haben.<br />
Außer vielleicht ihre Zeit. <strong>Der</strong><br />
eine (Simonischek) ist halbblind<br />
cc <strong>und</strong> Säufer, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e (Meyerhoff)<br />
krankhaft vernarrt in die<br />
Presseclipping erstellt am 28.12.2012 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />
Anatomie. Man trinkt, doziert<br />
übers Leichensezieren <strong>und</strong> wartet<br />
in <strong>der</strong> Künstlergar<strong>der</strong>obe auf<br />
die Perfektion: Die stößt in Gestalt<br />
<strong>der</strong> Sopranistin (Melles)<br />
dazu. Zum 222. Mal singt sie<br />
heute die Königin <strong>der</strong> Nacht",<br />
<strong>und</strong> nichts ist ihr mehr verhasst.<br />
Außer vielleicht ihr Vater, <strong>der</strong><br />
<strong>Ignorant</strong>. Für die Jänner-Termine<br />
gibt's noch Restkarten! MD<br />
© CLIP Mediaservice 2012 - www.clip.at
darunter<br />
-<br />
bekanntlich<br />
Zur Zeit 11.01.2013<br />
Erscheinungsland: Österreich | Auflage: | Reichweite: Reichweite: k.A. | Artikelumfang: 36.326 mm²<br />
Seite: 36 1/1<br />
Thema: Akademietheater<br />
Autor:<br />
KULTUR<br />
Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />
Knapp<br />
vor Weihnachten <strong>und</strong><br />
zum Jahreswechsel brachten<br />
die Premieren im Akademie- <strong>und</strong><br />
Burgtheater zwei Stücke, die ohne<br />
jede Diskussion dem Bereich des<br />
Absurden zugerechnet werden<br />
können <strong>und</strong> damit in nur sehr beschränktem<br />
Ausmaß den jeweiligen<br />
Anlässen zuzuordnen sind.<br />
Daß auf diese Weise traditionelle<br />
<strong>und</strong> daher übliche Produktionen<br />
außer acht gelassen wurden, spricht<br />
schon Bände.<br />
Ewald Palmetshofer wird als<br />
Autor "zeitgemäßen" Theaters<br />
hoch gehandelt, was aber absolut<br />
nichts über die tatsächliche Qualität<br />
seiner Werke aussagt, denn ..rauber.<br />
schuldengenital" im Akademietheater<br />
ist zwar offiziell eine Paraphrase<br />
zu Friedrichs Schillers "Räuber",<br />
erinnert an diese allerdings nur im<br />
Abstand von ungezählten Lichtjahren.<br />
Die bekannten Brü<strong>der</strong> Karl <strong>und</strong><br />
Franz suchen ihre Eltern heim, um<br />
bei dieser Gelegenheit ihr Erbe mit<br />
Gewalt einzufor<strong>der</strong>n. Was dabei<br />
herauskommt ist ein zweistündiges<br />
<strong>und</strong> (absichtlich) pausenloses Tohuwabohu,<br />
das zu einer ständigen<br />
Flucht <strong>der</strong> Zuschauer führt, zumal<br />
<strong>der</strong> berühmte "Otto Normalver<br />
braucher" jede Übersicht in bezug<br />
auf die Handlung verliert. Regisseur<br />
Stephan Kimmig schien es auch<br />
nicht darauf angelegt zu haben, den<br />
Inhalt verständlich zu machen. Die<br />
-<br />
acht Darsteller ein Kind<br />
-bemühen sich im objektiven Sinn,<br />
aus <strong>der</strong> ganzen Sache einen Theaterabend<br />
zu gestalten, scheitern aber an<br />
<strong>der</strong> Unzulänglichkeit des Textes, <strong>der</strong><br />
in einigen Momenten tatsächlich an<br />
Schiller gemahnt, ohne dessen Qualität<br />
auch nur annähernd zu errei<br />
chen. Therese Affolter, Sarah Viktoria<br />
Frick, Barbara Petritsch, Philipp<br />
Hauß, Michael König, Christoph<br />
Luser <strong>und</strong> Martin Schwab wurden<br />
daher für ihr "Wollen" bedankt.<br />
<strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong>s "<strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>"<br />
Presseclipping erstellt am 14.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />
AUF BUHNEN &<br />
PODIEN<br />
Absurdes engros:<br />
Palmetshofer im Akademietheater<br />
<strong>Bernhard</strong> im Burgtheater<br />
ein "Skandal" bei<br />
<strong>der</strong> Uraufführung im Rahmen <strong>der</strong><br />
Salzburger Festspiele 1972<br />
-<br />
wurde<br />
erstaunlicherweise erstmals im<br />
Burgtheater gezeigt.<br />
Zwar als Ersatz für eine verschobene<br />
Uraufführung, dennoch aber<br />
bew<strong>und</strong>ernswert in Hinsicht auf<br />
S. Melles, J. Meyerhoff <strong>und</strong> P. Simonischek im Burgtheater<br />
die schauspielerischen Leistungen,<br />
wobei in erster Linie natürlich<br />
Joachim Meyerhoff zu nennen ist,<br />
<strong>der</strong> als Doktor (^-<strong>Wahnsinnige</strong>r) ein<br />
fast unbewältigbares Textvolumen<br />
zu meistern hatte <strong>und</strong> dies auch in<br />
bew<strong>und</strong>ernswerter Art <strong>und</strong> Weise<br />
schaffte. Als Vater (=<strong>Ignorant</strong>) war<br />
-<br />
Peter Simonischek von <strong>der</strong> Maske<br />
her kaum zu erkennen, beeindruckte<br />
aber mit wenigen Sätzen.<br />
-<br />
In <strong>der</strong> Hauptrolle als Sängerin von<br />
Mozarts "Königin <strong>der</strong> Nacht" bestach<br />
Sunnyi Melles<br />
mit den bei ihr<br />
bekannten Tugen<br />
den.<br />
Das Bühnenbild<br />
von Stephane Laime<br />
<strong>und</strong> Katharina<br />
Faltner <strong>und</strong> die Kostüme<br />
von Kathrin<br />
Plath trugen auch<br />
zum Erfolg <strong>der</strong> Premiere<br />
dieses frühen<br />
<strong>Bernhard</strong>-Stückes bei, zumal hier<br />
-<br />
-trotz <strong>der</strong> Absurdität Verständnis<br />
herrschte. Insgesamt wurde damit<br />
<strong>der</strong> Beweis erbracht, daß auch<br />
scheinbar "unmo<strong>der</strong>ne" Stücke<br />
beim Publikum großes Interesse<br />
wecken können (<strong>und</strong> sollen)!<br />
WILHELM SELEDEC<br />
© CLIP Mediaservice 2013 - www.clip.at
Falter 23.01.2013<br />
Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 35.000 | Reichweite: Reichweite: 94.000 (1,3%) | Artikelumfang: 7.230 mm²<br />
Seite: 12 1/1<br />
Thema: Burgtheater<br />
Autor:<br />
k.A.<br />
Das falsche Stück<br />
am falschen Ort<br />
<strong>Thomas</strong> <strong>Bernhard</strong> im Burgtheater<br />
falsche Stück zur falschen<br />
Das Zeit am falschen Ort: Zu Silvester<br />
hatte im Burgtheater <strong>Thomas</strong><br />
<strong>Bernhard</strong>s Frühwerk <strong>Der</strong> <strong>Ignorant</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Wahnsinnige</strong>" (1972) Premiere,<br />
obwohl das erstens kein Silvesterspaß<br />
<strong>und</strong> zweitens zu klein für die<br />
große Bühne ist. Vor <strong>und</strong> nach einer<br />
Aufführung <strong>der</strong> Zauberflöte" an <strong>der</strong><br />
Staatsoper monologisiert ein manischer<br />
Arzt (Joachim Meyerhoff) über<br />
den Musikbetrieb <strong>und</strong> die Sektion eines<br />
Körpers; seine Gesprächspartner"<br />
sind eine verhuschte Sängerin (Sunnyi<br />
Melles) <strong>und</strong> <strong>der</strong>en versoffener Vater<br />
(Peter Simonischek). Das spröde<br />
Drama hat durchaus seine komischen<br />
Seiten; es zur schrägen Backstage-Comedy<br />
hochzujazzen, wie Regisseur Jan<br />
Bosse das versucht hat, funktioniert<br />
aber nicht wirklich.<br />
w K<br />
Burgtheater, Sa 19.30<br />
Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag<br />
Presseclipping erstellt am 23.01.2013 für Burgtheater Wien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.<br />
© CLIP Mediaservice 2013 - www.clip.at