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Renée Wagener<br />
„Das Rad gehört in die Zeit“<br />
Die Sozialgeschichte des Fahrrads in Luxemburg<br />
von 1914 bis 1945 im Spiegel von Zeitberichten<br />
Als 1914 der Erste Weltkrieg ausbricht, ist Luxemburg gerade dabei, sich an neue Formen der Mobilität zu<br />
gewöhnen: Der Drahtesel wird zum Transportmittel der Massen, zum Passepartout für gesellige Stunden,<br />
zum Sport- und Freizeitvehikel. Die Medien der Zwischenkriegszeit zeichnen ein farbiges Bild von der Blütezeit<br />
des Fahrrads, die mit dem Zweiten Weltkrieg zu Ende geht.<br />
Am 2. August 1914, wenige Tage nach der Kriegserklärung<br />
Österreichs an Serbien, radelten einige<br />
Mitglieder des gutbürgerlichen Veloce-C<strong>lu</strong>b zur Mosel,<br />
„pour voir ce qui se passait réellement de l’autre côté<br />
de la frontière“. Die C<strong>lu</strong>bmitglieder trugen, wie es ihre<br />
Sitte war, Fechtuniform, denn der C<strong>lu</strong>b war eine Untersektion<br />
des Vereins Escrime: Mütze, Matrosenb<strong>lu</strong>se,<br />
kurze Hose und Strümpfe, alles in Blau gehalten. Sie<br />
sorgten jenseits der Grenze unvermittelt für Aufregung:<br />
„[L]e télégraphe allemand lançait la nouvelle ahurissante:<br />
un peloton de gendarmerie française à<br />
bicylette avance à travers le Grand-Duché vers<br />
l’Allemagne!“<br />
So beginnt in Luxemburg, vom Fahrrad aus<br />
betrachtet, der Erste Weltkrieg. Und mit ihm eine neue<br />
gesellschaftliche Epoche. Der Historiker Joseph Meyers<br />
berichtet, wie bereits die Zeit des Jahrhundertanfangs<br />
von technischen Neuerungen geprägt war: „Die Technik<br />
verzeichnete auf allen Gebieten große Fortschritte.<br />
Neben dem Pferdsgespann tauchte das Automobil<br />
auf, das Fahrrad war überall verbreitet. In den<br />
größeren Orten des Landes, besonders im Süden,<br />
gab es Gaslampen und Gaskocher in den Häusern,<br />
auch schon das elektrische Licht.“<br />
Nun deuten sich je<strong>do</strong>ch auch neue bürgerrechtliche<br />
Ansprüche auf Teilhabe am Wohlstand, Mitsprache an<br />
politischen Entscheidungen und per sönlicher Selbst-<br />
Im ersten Weltkrieg wird das Fahrrad zum kostbaren Gut,<br />
etwa zur Besorgung von rationierten Lebensmitteln.<br />
Bombeneinschlag am Place Wallis 1916. Unter den<br />
Schau<strong>lu</strong>stigen befinden sich auch Radfahrer.