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'philosophisches' Problem? - Ernst Michael Lange

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Dadurch hat das Bild eine bestimmte Struktur und die Möglichkeit dieser Struktur nennt<br />

Wittgenstein „Form der Abbildung“: „Die Form der Abbildung ist die Möglichkeit, dass sich die<br />

Dinge so zu einander verhalten, wie die Elemente des Bildes.“ (2.151) Nun hat das<br />

Elementarsatzbild seine Struktur nach diesen Bestimmungen offenbar durch das unmittelbare sichzu-einander-Verhalten<br />

der Namen. Man sollte daher erwarten, dass die Namen selbst Formen haben,<br />

die durch ihr Verkettetsein die Struktur des Satzes bestimmen und darin seine Form der Abbildung<br />

als ihre Möglichkeit voraussetzen. Das ist aber nicht der Fall. In dem reichhaltigen Repertoire von<br />

'Formen' in der LPA gibt es die Kategorie 'Form des Namens' nicht. 12 Es gibt nur die Kategorie<br />

'Form des Gegenstandes', erklärt als die Möglichkeit seines Vorkommens in Sachverhalten (2.0141).<br />

Nach der Tagebuch-Bemerkung und dem in ihr klar ausgesprochenen Vorrang des Bedingens vor<br />

dem Charakterisieren zu schließen war Wittgensteins Vorstellung die, dass die Namen vermöge der<br />

Vertretungsbeziehung zu ihren Gegenständen deren Formen (Möglichkeiten des Vorkommens in<br />

Sachverhalten) gleichsam absorbieren 13 , so dass das das Fehlen der Kategorie 'Form eines Namens'<br />

erklärte. Die Elementarsätze als Wahrheitsfunktions-Basen der Sätze hätten also in der<br />

Vertretungsbeziehung zwischen Namen und Gegenständen eine 'ontologisches' Fundament. Und die<br />

Logik, insofern sie nach 6.124 voraussetzt, dass Elementarsätze Sinn haben (und Namen<br />

Bedeutung), beruhte ebenfalls 'ontologisch' auf der in den Formen der Gegenstände sich<br />

ausdrückenden Struktur oder 'Form' der Welt (vgl. 2.022). Für diese Konzeption einer Logik mit<br />

ontologischem Fundament möchte ich mir den in der Literatur meist anders erklärten Begriff eines<br />

'logischen Objektivismus' aneignen, demzufolge die logischen Sätze das „Gerüst der Welt“ selbst<br />

sind (vgl. 6.124) und ein solches Gerüst nicht nur für die Sätze der Sprache darstellen.<br />

Unter Voraussetzung des logischen Objektivismus sieht die Auflösung der Kontroverse<br />

Realismus vs. Idealismus so aus: Der Realist besteht auf der Unabhängigkeit der Wirklichkeit oder<br />

der Welt (ich beachte hier die LPA-Unterscheidung zwischen beiden Begriffen nicht) von unserer<br />

Darstellung derselben in der Sprache. Er kann sich dabei darauf berufen, dass, ob unsere Sätze wahr<br />

sind oder falsch, von der Wirklichkeit, vom Wie-sich-Verhalten der Sachverhalte abhängt und nicht<br />

von uns. Der Idealist dagegen versteht die Wirklichkeit oder Welt als von uns (unserem<br />

Bewusstsein; unserer Sprache; unserem Denken) abhängig. Er kann sich darauf berufen, dass uns<br />

die Wirklichkeit nur sprachlich, und d.h. nur in von uns gemachten Begriffen objektiv zugänglich,<br />

12 Diese Beobachtung verdanke ich Henry Le Roi Finch: Wittgenstein – The early Philosophy, New York 1971.<br />

13 So gut wie ein 'smoking gun' als Beleg für die Richtigkeit dieser Interpretation ist, dass Wittgenstein in 'Some<br />

Remarks on Logical Form' (1929) seine LPA-Bemerkung 2.1511 („Das Bild ist so mit der Wirklichkeit verknüpft; es<br />

reicht bis zu ihr“) explizit so erläutert: „by this I meant that the forms of the entities are contained in the form of the<br />

proposition which is about these entities.“ (zit. nach Ludwig Wittgenstein; Philosophical Occasions 1912-1951,<br />

hrsg. James Klagge/Alfred Nordmann, Indianapolis 1993, 34). Die Einschränkung 'so gut wie' erklärt sich aus dem<br />

Zeitpunkt der Selbstinterpretation, 10 Jahre nach Fertigstellung der LPA. Das ist aber immerhin ein Zeitpunkt, zu<br />

dem Wittgenstein von den Thesen der LPA nur die Analysierbarkeit von Sätzen mit Gradangaben aufgegeben hatte.<br />

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