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'philosophisches' Problem? - Ernst Michael Lange

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Henrichs Kantianismus von dem Wittgensteins trennt, ist, dass Henrich der Auffassung ist: „Die<br />

Philosophie akkumuliert also Wissen.“ (96) Henrich würde von auch 'Einsicht' als Wissen auffassen,<br />

aber Wittgenstein assoziiert Einsicht mit dem allem Wissen vorausgehenden (Sinn-)Verstehen und<br />

vertritt daher eine nicht-kognitive Philosophie-Auffassung, zu deren Begründung und Verteidigung<br />

Peter Hacker in seinem Beitrag zum Band alles Notwendige gesagt hat.<br />

An Meggles negativen biographischem Bezug auf Wittgenstein – er gesteht, er sei auf den späten<br />

Wittgenstein 'total abgefahren' und habe ihn nur reproduzieren können (105) – ist nur interessant,<br />

dass er in seiner späteren Hinwendung zu und Praktizierung von rationaler Rekonstruktion nach<br />

seiner eigenen Schilderung methodisch-konzeptionell genauso unselbständig geblieben ist.<br />

Mittelstraß zitiert Wittgensteins späte allgemeine Form eines philosophischen <strong>Problem</strong>s als 'Ich<br />

kenne mich nicht aus' (PU Abschnitt 123) und referiert einfach Wittgensteins Ansicht, in der<br />

'Sprachtherapie' würden die <strong>Problem</strong>e „durch eine Einsicht in das Arbeiten unserer Sprache gelöst“.<br />

(PU Abschnitt 109). (139) Mittelstraß stimmt auch meiner Eingangsannahme ausdrücklich zu, dass<br />

der Begriff eines philosophischen <strong>Problem</strong>s jeweils relativ ist auf eine philosophische Konzeption,<br />

„dass in einem gewissen Sinne jede philosophische Konzeption jeweils für sich bestimmt, was ein<br />

philosophisches <strong>Problem</strong> ist.“ (138)<br />

Bei Rorty erschöpft sich die Bezugnahme auf Wittgenstein in seiner Erwähnung durch<br />

Aufnahme in eine Liste philosophischer Genies, von denen die akademische Philosophie jeweils<br />

eine Zeitlang lebt. (153)<br />

Die weiteren Erwähnungen Wittgensteins bzw. Näherungen an seine philosophische Konzeption<br />

sind nicht von Belang. Von Ursula Wolf ist aber noch erwähnenswert, dass sie zwar von<br />

Wittgensteins Verwirrung-Auflösung-Konzeption als Explikation des <strong>Problem</strong>charakters sich nicht<br />

überzeugt erklärt, sie aber immerhin für einen ersten Schritt hält. Und dass sie die 'unvermeidliche'<br />

Frage Augustins nach der Zeit 6 als Paradigma der Form eines philosophischen <strong>Problem</strong>s zitiert , wie<br />

Wittgenstein es getan hat (PU Abschnitt 89) und vor ihm Kant 7 (198f.). Am Beispiel dieser Frage<br />

zeigt sich, dass der reflexive Charakter philosophischen Fragens über die Beziehung auf gegebene<br />

Begriffe hinaus auch darin besteht, dass die Philosophie, wie viele Beiträger bemerken, Fragen in<br />

erster Person stellen (zunächst im Singular, aber über die Ratifizierung ihrer Behauptungen in<br />

Urteilsspielen dann auch im Plural).<br />

6 Quid est ergo 'tempus'? Si nemo ex me quaerat,scio; si quaerentem explicare velim, nescio... (Confessiones XI 14,17.)<br />

7 Kant: Untersuchung über die Deutlichkeit der Grundsätze der natürlichen Theologie und der Moral (1764), A 79 f.<br />

Von den (zugegeben zahlreichen) Zuspitzungen farbiger Bemerkungen abgesehen, ist die wittgensteinianische<br />

Philosophiekonzeption einfach die Erneuerung eines Grundzugs der logischen Philosophiekonzeption Kants in<br />

sprachanalytischem Kontext. Und farbige Bemerkungen gibt es, wenn auch nicht so zahlreich, ja auch bei Kant –<br />

z.B. Kritik der reinen Vernunft B 82-3 / A 58 – , was bei seinem Interesse am Witz auch nicht überraschen sollte.<br />

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