'philosophisches' Problem? - Ernst Michael Lange
'philosophisches' Problem? - Ernst Michael Lange
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gelöst sind“, auf die philosophischen <strong>Problem</strong>e.<br />
Die andere Stelle findet sich in 4.003 und lautet:<br />
Die meisten Sätze und Fragen, welche über philosophische Dinge geschrieben worden sind, sind nicht falsch,<br />
sondern unsinnig. Wir können daher Fragen dieser Art überhaupt nicht beantworten, sondern nur ihre Unsinnigkeit<br />
feststellen. Die meisten Fragen und Sätze der Philosophen beruhen darauf, dass wir unsere Sprachlogik nicht<br />
verstehen.<br />
(Sie sind von der Art der Frage, ob das Gute mehr oder weniger identisch sei als das Schöne.)<br />
Und es ist nicht verwunderlich, dass die tiefsten <strong>Problem</strong>e eigentlich keine <strong>Problem</strong>e sind.<br />
Auch hier werden die philosophischen <strong>Problem</strong>e durch das Merkmal 'Missverständnis der Logik<br />
unserer Sprache' charakterisiert, insofern sie darauf „beruhen“ sollen, „dass wir unsere Sprachlogik<br />
nicht verstehen.“ Einen Schritt weiter geht die Behauptung, die <strong>Problem</strong>e seien „unsinnig“ und<br />
daher „eigentlich keine <strong>Problem</strong>e“ (aus dieser Formulierung wurden Carnaps 'Scheinprobleme').<br />
Zugleich wird mit dem Begriff des Unsinns auf die Notwendigkeit angespielt, zwischen Sinn und<br />
Unsinn zu unterscheiden, und damit auf die Basis des Missverständnisses unserer Sprachlogik, als<br />
die sich die mangelnde Unterscheidung zwischen Sinn und Wahrheit/Falschheit erweisen wird.<br />
Bevor ich eine Interpretation der textlichen Befunde vorschlage, ist es nicht unnütz, auch noch<br />
die wenigen Stellen, an denen das Adjektiv 'philosophisch' auftritt, in Übersicht zu bringen. In 4.128<br />
wird behauptet, es gebe keinen philosophischen Monismus oder Dualismus, weil es in der Logik<br />
keine ausgezeichneten Zahlen gebe; in 5.641 tritt der Ausdruck „das philosophische Ich“ auf. Am<br />
wichtigsten ist eine Bemerkung zur Philosophie (4.112):<br />
Der Zweck der Philosophie ist die logische Klärung der Gedanken.<br />
Die Philosophie ist keine Lehre, sondern eine Tätigkeit.<br />
Ein philosophisches Werk besteht wesentlich aus Erläuterungen.<br />
Das Resultat der Philosophie sind nicht 'philosophische Sätze', sondern das Klarwerden von Sätzen.<br />
Die Philosophie soll die Gedanken, die sonst, gleichsam, trübe und verschwommen sind, klar machen und scharf<br />
abgrenzen.<br />
Was nun ist die korrekte Interpretation dieser textlichen Befunde? Offenbar ist sie schwierig vor<br />
allem deshalb, weil keine Beispiele für durch das Merkmal des Missverständnisses der Sprachlogik<br />
gekennzeichneten philosophischen <strong>Problem</strong>e gegeben zu werden scheinen. Aber der Anschein trügt<br />
und es hilft weiter, darauf aufmerksam zu werden, dass Wittgenstein jedenfalls ein Beispiel eines<br />
traditionellen philosophischen <strong>Problem</strong>s ausdrücklich nennt, das in seiner allein für möglich<br />
erklärten Behandlung – der Feststellung seiner Unsinnigkeit – genau in den Rahmen der allgemein<br />
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