'philosophisches' Problem? - Ernst Michael Lange
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Denn so sehen ja die Streitigkeiten zwischen Idealisten, Solipsisten und Realisten aus. Die Einen greifen die<br />
normale Ausdrucksform an, so als griffen sie eine Behauptung an; die Andern verteidigen sie, als konstatierten sie<br />
Tatsachen, die jeder vernünftige Mensch anerkennt.<br />
Nach wie vor ist die Unterscheidung zwischen Sinn und Wahrheit-oder-Falschheit bei Vorrang<br />
des Sinns die Grundlage. Aber weil der Sinn nicht länger in der logischen Struktur der Welt<br />
verankert ist (über die Formen der Gegenstände und ihre Beziehung zu ihren Namen), verliert die<br />
Beurteilung der metaphysischen Konzeption von Idealismus, Solispsismus und Realismus den<br />
Anschein der Wahrheitsfähigkeit. In der Dimension des Sinns sind auf der Grundlage einer<br />
Autonomie der Grammatik Fragen nicht mehr zwischen wahr oder falsch zu entscheiden, sondern<br />
zwischen nützlich oder unnütz, anwendbar oder nicht anwendbar, expressiv angemessen oder nicht.<br />
Wittgenstein muss daher den kritisierten Positionen einräumen, dass sie mögliche Auffassungen<br />
sind. Zuerst ist ihm das in seiner zweiten Kritik am Solipsismus in Das Blaue Buch (BlB) deutlich<br />
geworden. Wenn der Solipsist (der jetzt durchaus bewusstseinstheoretisch, nicht nur mehr<br />
metaphysisch, wie in der LPA, gedacht ist) darauf besteht, nur er mache wirklich Erfahrungen, nur<br />
er habe z.B. wirklich Schmerzen, dann muss ihm eingeräumt werden, dass er eine mögliche<br />
Notation vorschlägt, in der dann für die Schmerzen anderer und für Simulation auf andere Weise<br />
aufgekommen wird. Für den gefühlten Schmerz des Solipsisten könnte einfach gesagt werden 'es<br />
gibt jetzt wirkliche Schmerzen', von den Schmerzen eines anderen 'er benimmt sich so, wie wenn es<br />
wirkliche Schmerzen gibt'. (vgl. BlB 96) Worin sich der Solipsist aber irrt, ist in seiner Meinung,<br />
seine Notation sei 'wahr', die gewöhnliche 'falsch'. Wittgenstein hat das so erläutert (BlB 92 f.):<br />
Der Mann der sagt: 'Nur meine Schmerzen sind wirklich', will damit nicht sagen, dass er mittels der<br />
gewöhnlichen Kriterien herausgefunden hat … , dass die anderen, die sagten, dass sie Schmerzen hätten,<br />
schwindelten. Das heißt, er hat Einwände gegen die besondere Weise, in der dieser Ausdruck gemeinhin gebraucht<br />
wird. Andererseits ist es ihm nicht klar, dass seine Einwände sich gegen eine Konvention richten. Er sieht, wie man<br />
das Land auf andere Weise teilen kann als nach der Methode, der die gewöhnliche Landkarte entspricht. Er fühlt<br />
sich versucht, etwa den Namen 'Devonshire' nicht für die Grafschaft mit ihren konventionellen Grenzen, sondern für<br />
ein andersartig begrenztes Gebiet zu gebrauchen. Er könnte das folgendermaßen ausdrücken: 'Ist es denn nicht<br />
absurd, aus diesem hier eine Grafschaft zu machen, die Grenzen hier zu ziehen?' Was er jedoch sagt, ist folgendes:<br />
'Das wirkliche Devonshire ist dieses.' Wir können ihm antworten: 'Du willst nur eine neue Bezeichnungsweise, und<br />
mit einer neuen Bezeichnungsweise werden keine geographischen Tatsachen geändert.<br />
Es ist im Sinn des hier am Solipsisten Vorgeführten zu verstehen, wenn PU Abschnitt 402 sagt,<br />
dass die Einen – nämlich Idealisten und Solipsisten – „die normale Ausdrucksform an(greifen), so<br />
als griffen sie eine Behauptung an“. Und dass die Andern – nämlich die Realisten – sie<br />
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