Das erste JAW - berufliche Qualifizierung in 21 Bildungseinrichtungen
Das erste JAW - berufliche Qualifizierung in 21 Bildungseinrichtungen
Das erste JAW - berufliche Qualifizierung in 21 Bildungseinrichtungen
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Vom Kollektiv zum Individuum<br />
36<br />
Die <strong>in</strong> den Heimstätten untergebrachten<br />
Jugendlichen wurden <strong>in</strong> den<br />
Anfängen des <strong>JAW</strong>’s e<strong>in</strong>er gruppenbezogenen<br />
Geme<strong>in</strong>schaftserziehung<br />
unterworfen.<br />
Diese der Jugendbewegung entlehnte<br />
Orientierung stellte die Gruppe, das<br />
Kollektiv <strong>in</strong> den Mittelpunkt der Erziehung.<br />
Ihr möglichst harmonisches<br />
Funktionieren waren Kernpunkt erzieherischen<br />
Handelns, dessen Normen<br />
sich das Individuum anzupassen und<br />
unterzuordnen hatte. Ausbrüche des<br />
E<strong>in</strong>zelnen, auch aufgrund besonderer<br />
Fähigkeiten oder Störungen wurden<br />
als geme<strong>in</strong>schaftsschädlich erkannt<br />
und benannt. Es wurde e<strong>in</strong>e zukünftige<br />
Unterordnung und Anpassung erwartet<br />
oder durch Sanktionen erzwungen.<br />
Jegliche Aktivität <strong>in</strong> Arbeit und freier<br />
Zeit hatte geme<strong>in</strong>schaftsförderlich zu<br />
se<strong>in</strong> und die <strong>in</strong>dividuellen Erwartungen<br />
hatten sich der (von wem auch immer<br />
festgelegten) Gruppennorm unterzuordnen.<br />
Es war das ”alle an e<strong>in</strong>em<br />
Strang ziehen”. <strong>Das</strong> <strong>in</strong>dividuelle Aufblühen<br />
durch besondere Fähigkeiten<br />
und Fertigkeiten oder die nachhaltige<br />
Beschäftigung mit Beh<strong>in</strong>derungen und<br />
Störungen fanden nur <strong>in</strong>sofern Raum,<br />
wenn das Ergebnis dem vorher festgelegten<br />
Gruppenziel dienlich waren.<br />
Mit der Verbreitung der Erkenntnisse<br />
der Sozialisationsforschung 1970 bis<br />
1975, der Implementierung der Sozialpädagogik<br />
<strong>in</strong> die Lehrgänge des <strong>JAW</strong><br />
und der allgeme<strong>in</strong>en Etablierung der<br />
Förderlehrgänge als tragendes Angebot<br />
der Berufsvorbereitung traten<br />
<strong>in</strong>dividual-pädagogische und -psychologische<br />
Ansätze <strong>in</strong> den Vordergrund.<br />
E<strong>in</strong>e ganzheitliche Förderung <strong>in</strong> den<br />
Lernorten Werkstatt, Schule und Internat<br />
sollten die erkannten Nachteile,<br />
die dem E<strong>in</strong>zelnen <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Leben<br />
widerfahren waren, ausräumen und<br />
beseitigen.<br />
Dieser allumfassende Ansatz verstand<br />
das <strong>JAW</strong> als gesellschaftlichen Reparaturbetrieb<br />
zum Abbau<br />
• frühk<strong>in</strong>dlicher Störungen,<br />
• familiärer Vernachlässigungen,<br />
• schulischer Versäumnisse,<br />
• gesundheitlicher und psychischer<br />
E<strong>in</strong>schränkungen und<br />
• ökonomischer Versagungen.<br />
Dieser pädagogische Ansatz erkannte<br />
jedoch das Individuum, das die Gruppe<br />
als Lernraum brauchte, aber gleichzeitig<br />
e<strong>in</strong>es hohen Maßes an <strong>in</strong>dividueller<br />
Zuwendung bedurfte.<br />
Nach der Erkenntnis der Überfrachtung<br />
der e<strong>in</strong>jährigen Lehrgänge mit<br />
diesen vorrangig sozialarbeiterischen<br />
Aufgaben und dem permanenten Erfolgsdruck<br />
durch das Ziel der ”erfolgreichen<br />
E<strong>in</strong>gliederung <strong>in</strong> Arbeit, Beruf<br />
und Gesellschaft,” wurde der Ansatz<br />
der <strong>in</strong>dividuellen Stärkenorientierung<br />
destilliert und <strong>in</strong> vielen E<strong>in</strong>richtungen<br />
des <strong>JAW</strong> angenommen und gelebt.<br />
Daraus bildeten sich <strong>in</strong>dividualisierte<br />
Ansätze, die den E<strong>in</strong>zelnen mit se<strong>in</strong>en<br />
Stärken <strong>in</strong> den Mittelpunkt stellten.<br />
Es wurde <strong>in</strong> Förderung und <strong>Qualifizierung</strong><br />
danach gefragt, welche bereits<br />
entwickelten Kompetenzfelder entsprechend<br />
e<strong>in</strong>em festgelegten E<strong>in</strong>gliederungsziel<br />
durch im vorab def<strong>in</strong>ierte<br />
und standardisierte Bildungsmodule<br />
weiter entwickelt werden können.<br />
Verblockte, kollektive Elemente, ”für<br />
alle alles”, wichen dem <strong>in</strong>dividualisierten<br />
Förderplan, der der entsprechenden<br />
<strong>in</strong>dividuellen Entwicklung<br />
Rechnung trug.<br />
Mit diesem Verfahren wuchs <strong>in</strong> Ansätzen<br />
auch e<strong>in</strong> größerer E<strong>in</strong>gliederungserfolg,<br />
baute sich die Überforderung<br />
des e<strong>in</strong>zelnen Teilnehmers ab und der<br />
Mitarbeiter fühlte sich durch planvolleres<br />
Arbeiten bei realistischeren Zielsetzungen<br />
sicherer, nicht mehr so<br />
überfordert und damit zufriedener.