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„Skeptiker“-Bewegung in der kritischen Diskussion - Skeptizismus.de

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17<br />

Das entstellte Ockhams Razor ist dabei nur e<strong>in</strong>es von vielen Beispielen für <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>„Skeptiker“</strong>-<br />

<strong>Bewegung</strong> verbreitete wissenschaftstheoretische Konzepte, die <strong><strong>de</strong>r</strong> fachwissenschaftlichen<br />

<strong>Diskussion</strong> Hohn sprechen o<strong><strong>de</strong>r</strong> diese weitestgehend ausblen<strong>de</strong>n und ignorieren 47 .<br />

E<strong>in</strong> weiteres, hier im Rea<strong><strong>de</strong>r</strong> nicht aufgegriffenes Beispiel wäre die berühmte Argumentation<br />

von David Hume gegen „Wun<strong><strong>de</strong>r</strong>“, die <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>„Skeptiker“</strong>-<strong>Bewegung</strong> immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong> so gewen<strong>de</strong>t<br />

wird, als könne man damit missliebige Anomalien verwerfen.<br />

Auch <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>„Skeptiker“</strong>-<strong>Bewegung</strong> verbreitete Kriterienlisten für „Wissenschaftlichkeit“<br />

(z.B. Falsifizierbarkeit, <strong>in</strong>nere und äußere Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>spruchsfreiheit, Zirkelfreiheit usw.), <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Regel im Anschluss an Karl Popper aufgestellt, müssen <strong>in</strong> diesem Zusammenhang genannt<br />

wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>nn <strong>in</strong> ihnen fehlt bezeichnen<strong><strong>de</strong>r</strong>weise quasi durchgehend e<strong>in</strong> Kriterium, auf das<br />

Popper im Rahmen se<strong>in</strong>es so genannten Rob<strong>in</strong>son Crusoe-Arguments 48 ganz beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s abgehoben<br />

hat: dass erst soziale Institutionen, <strong>in</strong> <strong>de</strong>nen sehr verschie<strong>de</strong>ne Positionen gleichberechtigt<br />

aufe<strong>in</strong>an<strong><strong>de</strong>r</strong> treffen und artikuliert wer<strong>de</strong>n können, Wissenschaft konstituieren,<br />

während das bloße Befolgen gewisser methodologischer Spielregeln alle<strong>in</strong> dazu noch nicht<br />

ausreichend ist 49 .<br />

Liest man Aufsätze bekannter Vertreter von <strong>„Skeptiker“</strong>-Organisationen (z.B. Kurtz), was<br />

„Wissenschaft“ konstituiere, so begegnet e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>e unhistorische, statische Sicht von Wissenschaft<br />

als Metho<strong>de</strong>, die ihre soziale Dimension und <strong>de</strong>n massiven, stets im Fluss bef<strong>in</strong>dlichen<br />

historischen Wan<strong>de</strong>l jener als verb<strong>in</strong>dlich angesehenen Metho<strong>de</strong>n und Pr<strong>in</strong>zipien<br />

weitgehend ausblen<strong>de</strong>t.<br />

Das daran anschließen<strong>de</strong> Kapitel <strong>de</strong>s Rea<strong><strong>de</strong>r</strong>s (Abschnitt 8.1) umfasst Analysen von Bauer,<br />

Truzzi, Owens und Dras<strong>in</strong> zum real existieren<strong>de</strong>n „skeptischen“ Diskurs, die auf langjährige<br />

Beobachtungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Autoren zurückgehen. Untersucht wer<strong>de</strong>n also typische Argumentationsmuster<br />

von „Skeptikern“, wie sie immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong> auftreten.<br />

Dem angefügt ist mit <strong>de</strong>m Beitrag von Stanwick, <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> britischen <strong>„Skeptiker“</strong>-Organisation<br />

ASKE angehört, e<strong>in</strong> Beispiel, wie <strong>„Skeptiker“</strong> auf solche Kritik <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Regel zu reagieren<br />

pflegen. Montague Keen hatte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em vorausgehen<strong>de</strong>n (im Rea<strong><strong>de</strong>r</strong> nicht enthaltenen) Artikel<br />

diverse Beispiele von unangemessener Rhetorik von „Skeptikern“ benannt und kritisiert, doch<br />

Stanwick geht <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Replik auf diese konkreten Fälle gar nicht weiter e<strong>in</strong>, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n er<br />

entwirft statt<strong>de</strong>ssen e<strong>in</strong> I<strong>de</strong>albild <strong>de</strong>s „Skeptikers“, das er dann im Rahmen e<strong>in</strong>er Konfundierung<br />

von Se<strong>in</strong> und Sollen mit <strong>de</strong>m real existieren<strong>de</strong>n „<strong>Skeptizismus</strong>“ gleich setzt. Entsprechen<strong>de</strong><br />

Kritik übt dann auch Keen <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em abschließen<strong>de</strong>n Kommentar, <strong><strong>de</strong>r</strong> auf die Replik<br />

von Stanwick folgt.<br />

Mir ersche<strong>in</strong>t es jedoch wichtig zu betonen, dass hier die Unterstellung von „Stupid Skeptics<br />

Tricks“ (Owens) sicherlich zu weit geht. <strong>„Skeptiker“</strong> han<strong>de</strong>ln nach me<strong>in</strong>er Erfahrung <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Regel durchaus nach bestem Wissen und Gewissen, s<strong>in</strong>d dabei aber <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em all zu engen<br />

„Realitätstunnel“ gefangen, <strong><strong>de</strong>r</strong> durch die regelmäßigen Interaktionen mit an<strong><strong>de</strong>r</strong>en „Skeptikern“<br />

stets aufs Neue bekräftigt und stabilisiert wird. So gew<strong>in</strong>nen dann nicht nur diverse<br />

47 Vergleiche z.B. <strong>de</strong>n Sammelband von Lakatos, I. & Musgrave, A. (Hrsg., 1974): Kritik und Erkenntnisfortschritt.<br />

Vieweg, Braunschweig.<br />

48 Popper, K. (1992): Die offene Gesellschaft und ihre Fe<strong>in</strong><strong>de</strong>. Mohr, Tüb<strong>in</strong>gen, 7. Auflage. Dar<strong>in</strong>: S. 256 f.<br />

49 E<strong>in</strong>e solche Institution stellt die <strong>„Skeptiker“</strong>-<strong>Bewegung</strong> <strong>in</strong> ihrer Eigenschaft als Vergeme<strong>in</strong>schaftung von<br />

disbelief-Systemen sicher nicht da, was womöglich auch <strong><strong>de</strong>r</strong> Grund dafür ist, warum ausgerechnet dieses<br />

Poppersche Kriterium dort <strong>in</strong> <strong>de</strong>n entsprechen<strong>de</strong>n Kriterienkatalogen für „Wissenschaftlichkeit“ übersehen wird.

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