Kreislaufstillstand unter besonderen Umständen ... - Reanitrain
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Perikardiozentese<br />
Bei Patienten mit mutmaßlich traumainduzierter<br />
Herzbeuteltamponade ist die<br />
Durchführung einer Perikardpunktion<br />
mithilfe einer Nadel vermutlich keine<br />
sinnvolle Intervention [467]. In der Literatur<br />
gibt es keine Daten zu einem möglichen<br />
Vorteil. Hierdurch wird die präklinische<br />
Behandlungszeit verlängert, möglicherweise<br />
kommt es zur Myokardverletzung,<br />
und effektive therapeutische Verfahren<br />
wie die notfallmäßige Thorakotomie<br />
werden verzögert.<br />
Präklinische Volumen- und<br />
Transfusionstherapie<br />
Die Volumenzufuhr bei Traumapatienten<br />
vor der Blutungskontrolle ist umstritten,<br />
und es gibt keinen Konsens, wann sie begonnen<br />
werden und welche Substanzen<br />
verabreicht werden sollen [468, 469]. Einige<br />
wenige evidenzbasierte Daten und<br />
allgemeiner Konsens <strong>unter</strong>stützen eine<br />
eher konservative i.v.-Flüssigkeitszufuhr<br />
<strong>unter</strong> Inkaufnahme einer permissiven<br />
Hypotension bis zur definitiven operativen<br />
Blutstillung [470, 471]. In Großbritannien<br />
hat das National Institute for Clinical<br />
Excellence (NICE) Leitlinien zum<br />
präklinischen Volumenmanagement bei<br />
Traumapatienten herausgegeben [472].<br />
Die Empfehlungen beinhalten die Verabreichung<br />
von Bolusgaben von 250 ml<br />
Kristalloiden bis zum Nachweis eines Radialispulses.<br />
Der rasche Transport von<br />
Traumapatienten darf nicht durch prähospitale<br />
Volumentherapie verzögert werden.<br />
Prähospitale Volumentherapie spielt u. U.<br />
bei länger dauernder technischer Rettung<br />
eine Rolle, obwohl dies nicht eindeutig belegt<br />
ist [473, 474].<br />
Sonographie<br />
Die Sonographie stellt ein wertvolles Verfahren<br />
zur Untersuchung des schwerstbeeinträchtigten<br />
Traumapatienten dar. Hämatoperitoneum,<br />
Hämo- oder Pneumothorax<br />
und Herzbeuteltamponade können<br />
mit hoher Sicherheit innerhalb weniger<br />
Minuten – sogar in der präklinischen Situation<br />
– diagnostiziert werden [475]. Diagnostische<br />
Peritoneallavage und Nadelperikardiozentese<br />
sind seit der Einführung<br />
der Sonographie in die Traumaversorgung<br />
praktisch vollständig aus der klinischen<br />
Praxis eliminiert worden. Die prähospitale<br />
Sonographie steht mittlerweile zur Verfügung,<br />
obwohl deren Vorteile noch bewiesen<br />
werden müssen [476].<br />
Vasopressoren<br />
Die mögliche Rolle von Vasopressoren bei<br />
der Traumabehandlung ist unklar und basiert<br />
vorwiegend auf Fallberichten (z. B.<br />
Vasopressin; [477]).<br />
8j <strong>Kreislaufstillstand</strong><br />
im Zusammenhang mit<br />
Schwangerschaft<br />
Allgemeines<br />
Schwangerschaftsassoziierte Todesfälle<br />
sind in Nichtentwicklungsländern selten:<br />
Ein Todesfall ereignet sich auf ca.<br />
30.000 Entbindungen [478]. Wenn ein<br />
potenziell gefährliches Ereignis bei einer<br />
Schwangeren auftritt, muss der Fetus stets<br />
mitbetrachtet werden. Das fetale Überleben<br />
hängt i. Allg. vom mütterlichen Überleben<br />
ab. Die Leitlinien zur Reanimation<br />
Schwangerer basieren im Wesentlichen<br />
auf Fallberichten, Extrapolation von<br />
nichtschwangerschaftsassoziierten Kreislaufstillständen,<br />
Untersuchungen an Reanimationsübungsphantomen<br />
sowie Expertenmeinung<br />
und beziehen die Physiologie<br />
der Schwangerschaft und der Veränderungen,<br />
die im normalen Geburtsverlauf<br />
auftreten, mit ein. Die meisten Berichte<br />
beschreiben Ursachen in Nichtentwicklungsländern,<br />
während die Mehrzahl<br />
schwangerschaftsassoziierter Todesfälle<br />
in Entwicklungsländern auftritt. Im Jahr<br />
2008 gab es weltweit geschätzt 342.900<br />
mütterliche Todesfälle (Tod während<br />
Schwangerschaft, Geburt oder in den ersten<br />
42 postpartalen Tagen; [479]).<br />
Im Verlauf der Schwangerschaft tritt<br />
eine Reihe wesentlicher physiologischer<br />
Veränderungen auf, z. B. die Zunahme von<br />
Herzzeitvolumen, Blutvolumen, Atemminutenvolumen<br />
und Sauerstoffverbrauch.<br />
Darüber hinaus kommt es durch den<br />
schwangeren Uterus in Rückenlage zu einer<br />
signifikanten Kompression von Iliakal-<br />
und intraabdominellen Gefäßen mit<br />
dem Resultat eines reduzierten Herzzeitvolumens<br />
und einer Hypotension.<br />
Ursachen<br />
Es gibt viele Ursachen für einen <strong>Kreislaufstillstand</strong><br />
bei Schwangeren. Ein Review<br />
von nahezu 2 Mio. Schwangerschaften in<br />
Großbritannien [480] zeigte, dass mütterliche<br />
Todesfälle (Tod während Schwangerschaft,<br />
Geburt oder in den ersten 42 postpartalen<br />
Tagen) zwischen 2003 und 2005<br />
assoziiert waren mit:<br />
F Herzerkrankungen,<br />
F Lungenembolien,<br />
F psychiatrischen Erkrankungen,<br />
F hypertensiven Erkrankungen<br />
während der Schwangerschaft,<br />
F Sepsis,<br />
F Blutungen,<br />
F Fruchtwasserembolien,<br />
F ektoper Schwangerschaft.<br />
Zudem können Schwangere einen <strong>Kreislaufstillstand</strong><br />
aus denselben Ursachen wie<br />
Nichtschwangere in vergleichbarem Alter<br />
erleiden.<br />
Schlüsselmaßnahmen<br />
zur Verhinderung eines<br />
<strong>Kreislaufstillstand</strong>s<br />
Beim Vorliegen eines Notfalls soll der AB-<br />
CDE-Algorithmus angewendet werden.<br />
Zahlreiche kardiovaskuläre Probleme im<br />
Zusammenhang mit einer Schwangerschaft<br />
werden durch Kompression der<br />
V. cava verursacht. Eine in schlechtem<br />
Zustand befindliche bzw. vital gefährdete<br />
Schwangere soll folgendermaßen behandelt<br />
werden:<br />
F Lagerung auf die linke Seite oder vorsichtige<br />
manuelle Verlagerung des<br />
Uterus nach links,<br />
F pulsoxymetriegesteuerte „Highflow“-Gabe<br />
von Sauerstoff,<br />
F Verabreichung eines Volumenbolus<br />
bei Vorliegen von Hypotension oder<br />
Anzeichen einer Hypovolämie,<br />
F unmittelbare Reevaluierung der Notwendigkeit<br />
von Medikamentengaben,<br />
F frühzeitige Expertenhilfe suchen. Geburtshelfer<br />
und Neonatologen sollen<br />
frühzeitig in die Reanimation einbezogen<br />
werden.<br />
F Identifikation und Behandlung der<br />
zugrunde liegenden Ursache.<br />
Notfall + Rettungsmedizin 7 · 2010 |<br />
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