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Automobilindustrie Europa. - Osec

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<strong>Automobilindustrie</strong> <strong>Europa</strong>.<br />

Aktuelle <br />

und künftige Entwicklung der Europäischen <strong>Automobilindustrie</strong>.<br />

Dezember 2009<br />

osec.ch <br />

<br />

IWK - Institut <br />

für Wirtschaftsanalyse<br />

und <br />

Kommunikation – Dr. Helmut Becker


<strong>Automobilindustrie</strong> <strong>Europa</strong>.<br />

Aktuelle <br />

und künftige Entwicklung der Europäischen <strong>Automobilindustrie</strong>.<br />

Dezember 2009<br />

osec.ch <br />

<br />

IWK - Institut <br />

für Wirtschaftsanalyse<br />

und <br />

Kommunikation – Dr. Helmut Becker


Vorwort<br />

Einhergehend mit der Weltwirtschaftskrise hat die <strong>Automobilindustrie</strong><br />

in den letzten Monaten einschneidende Veränderungen erlebt. Das<br />

Premiumsegment erlitt einen in der Automobilgeschichte nie da<br />

gewesenen Einbruch. GM wurde als langjährige No. 1 nicht nur<br />

abgelöst sondern regelrecht gelähmt. Ebenso mussten etablierte<br />

geographische Märkte wie die USA einen starken Absatzrückgang<br />

verzeichnen während China als einer der neuen Märkte auch in<br />

Zeiten der Krise weiterhin Zuwachsraten aufwies und noch immer<br />

aufweist. Neben diesen Veränderungen in Markt- und<br />

Industriestruktur schreiten Entwicklungen neuer Technologien mit<br />

grossen Schritten voran, wie z.B. in den Bereichen Antriebsstrang,<br />

Fahrzeugkommunikation oder Fahrzeugsicherheit. Hinzu kommt,<br />

dass die Mobilität und Mobilitätsanspruch in Zukunft eher zu- als<br />

abnehmen und sich eher evolutionär als revolutionär entwickeln<br />

werden. Damit bieten sich - wie in jeder Krise oder Veränderung –<br />

nicht zuletzt den Schweizer Zulieferern der <strong>Automobilindustrie</strong><br />

zahlreiche Chancen. Es lohnt sich also, den Blick nach vorne zu<br />

richten.<br />

Viele Firmen in der Schweiz sind als Zulieferer von der Krise und den<br />

genannten Entwicklungen der <strong>Automobilindustrie</strong> betroffen. Bereits<br />

2008 hat sich unser Forschungsteam intensiv mit den Schweizer<br />

Automobil(zuliefer)industrie beschäftigt und damit die Ausgangslage<br />

für eine systematische Branchenbeobachtung geschaffen. Dabei<br />

wurde deutlich, welche ökonomische Bedeutung diese Industrie für<br />

die Schweiz hat und wie erfolgreich Schweizer Firmen sich in der<br />

<strong>Automobilindustrie</strong> positioniert haben. Vor dem Hintergrund der<br />

aktuellen Entwicklungen stellt sich die Frage nach den<br />

Konsequenzen und den für jede Firma individuell zu bestimmenden<br />

Schlüssen. Während für die einen eine Festigung ihrer Position<br />

zukunftssichernd wirkt, ist es für die anderen eine Re-Positionierung.<br />

Die vorliegende Untersuchung analysiert die wesentlichen<br />

Veränderungstreiber der <strong>Automobilindustrie</strong> vor dem Hintergrund der<br />

aktuellen weltweiten Entwicklungen und beschreibt deren<br />

Auswirkungen auf die Europäischen Firmen. Sie dient als Grundlage,<br />

um effektive Massnahmen für eine Weiterentwicklung und Stärkung<br />

der Schweizer Firmen zu<br />

definieren.<br />

Wir wünschen Ihnen viel Spass<br />

bei der Lektüre.<br />

Dr. Anja Schulze<br />

Leiterin des swiss CAR<br />

2


Inhaltsverzeichnis<br />

Vorwort ..................................................................................... 2<br />

Inhaltsverzeichnis ................................................................... 3<br />

Abbildungsverzeichnis ........................................................... 5<br />

Tabellenverzeichnis ................................................................ 6<br />

1. Die Rahmenbedingungen der <strong>Automobilindustrie</strong> ........ 7<br />

1.1. Struktur der Weltautomobilindustrie ............................. 8<br />

1.1.1. Nachfrageseite (Absatzmärkte) .............................................. 8<br />

1.1.2. Produktionsseite ................................................................... 13<br />

1.2. Konjunkturelle, weltwirtschaftliche Einflussfaktoren 16<br />

1.3. Bevölkerungsentwicklung in den Weltregionen ........ 20<br />

1.3.1. Langfristige demographische Entwicklung ........................... 20<br />

1.3.2. Einkommens- und Kaufkraftentwicklung .............................. 22<br />

1.4. Analyse und Prognose der weltweiten<br />

Automobilmärkte .......................................................... 27<br />

1.4.1. Abwrackprämien als staatliche Subventionsprogramme ...... 28<br />

1.4.2. Triade bis 2015 ..................................................................... 32<br />

1.4.3. Wachstumsmärkte (BRIC-Staaten) bis 2015 ....................... 34<br />

2. Ext. Veränderungstreiber in der <strong>Automobilindustrie</strong> ... 40<br />

2.1. Entwicklung der Rohstoff- & Energiepreise ............... 40<br />

2.2. Neue Anforderungen zur Umweltverträglichkeit ........ 44<br />

2.2.1. Aktuelle und künftige gesetzliche Auflagen .......................... 44<br />

2.2.2. Entwicklungen in der Motoren- / Antriebstechnologien ........ 48<br />

2.2.3. Strukturveränderung durch Elektromobilität ......................... 57<br />

2.2.4. Einsatz neuer Materialien / Werkstoffe im Fahrzeug ............ 61<br />

2.3. Veränderungen in den gesellschaftlichen<br />

Mobilitätsansprüchen ................................................... 63<br />

3. Brancheninterne Einflussfaktoren der<br />

<strong>Automobilindustrie</strong> ................................................................ 67<br />

3.1. Analyse der aktuellen Entwicklung in der<br />

Branchenstruktur .......................................................... 67<br />

3.1.1. Fusionen und Insolvenzen bei den Herstellern .................... 67<br />

3.1.2. Veränderungen in der Zuliefererstruktur............................... 72<br />

3.2. Veränderungen innerhalb der Wertschöpfungskette 74<br />

3.2.1. Fertigungsstrukturen ............................................................. 74<br />

3.2.2. Fertigungstiefen .................................................................... 75<br />

3.3. Technische Entwicklung im Fertigungsprozess ........ 76<br />

3.4. Trend zu Kooperationen und strategischen Allianzen<br />

........................................................................................ 78<br />

3


3.4.1. Im Einkauf ............................................................................. 80<br />

3.4.2. In der Entwicklung ................................................................ 80<br />

3.4.3. In der Fertigung .................................................................... 81<br />

4. Auswirkungen auf die <strong>Automobilindustrie</strong> in <strong>Europa</strong> . 83<br />

4.1. Zukünftige Struktur der supply chain ......................... 83<br />

4.2. Prognose der europäischen Produktionsstandorte/ -<br />

netzwerke ...................................................................... 84<br />

4.3. Veränderte Anforderungen an Hersteller und<br />

Zulieferer ....................................................................... 90<br />

5. Zusammenfassung und Fazit der künftigen<br />

Entwicklungen in der europäischen <strong>Automobilindustrie</strong> .. 93<br />

5.1. Handlungsfelder für Europäische Firmen ................... 94<br />

5.2. Handlungsfelder für (teil)staatliche und private<br />

Institutionen zur Unterstützung der<br />

<strong>Automobilindustrie</strong> ....................................................... 97<br />

Anhang ................................................................................... 99<br />

Tabelle 12: Produktion in den EU-Beitrittsländern nach<br />

Hersteller 2008 ....................................................................... 99<br />

Tabelle 13: Produktion in Osteuropa nach Hersteller 2008<br />

.............................................................................................. 100<br />

Literaturverzeichnis ................................................................... 101<br />

4


Abbildungsverzeichnis<br />

Abbildung 1-1: Entwicklung der Pkw-Neuzulassungen in Mio.<br />

Einheiten in der Triade ........................................................ 9<br />

Abbildung 1-2: Pkw-Dichten nach Weltregionen ............................... 10<br />

Abbildung 1-3: Regionale Verteilung der Kfz Neuzulassungen ......... 11<br />

Abbildung 1-4: Pkw-Bestand in der Triade und in den BRIC-<br />

Staaten .............................................................................. 12<br />

Abbildung 1-5: Neuzulassungen in Deutschland nach<br />

Bestandszugang und Ersatzbedarf (in Mio. Einh.) ............ 13<br />

Abbildung 1-6: Entwicklung der Pkw-Produktion in Mio. Einheiten<br />

in der Triade ...................................................................... 14<br />

Abbildung 1-7: Entwicklung der Fahrzeugproduktion ........................ 15<br />

Abbildung 1-8: Fahrzeugproduktion nach Herstellern, 2008 ............. 15<br />

Abbildung 1-9: Exportanteil an der Inlandsproduktion der<br />

deutschen Hersteller ......................................................... 16<br />

Abbildung 1-10: Auftragseingang der <strong>Automobilindustrie</strong> in<br />

Deutschland ...................................................................... 17<br />

Abbildung 1-11: Entwicklung der Weltbevölkerung ........................... 21<br />

Abbildung 1-12: Bevölkerungspyramide Deutschland für die Jahre<br />

2005 und 2050 .................................................................. 22<br />

Abbildung 1-13: Prognose der langfristigen Wachstumsaussichten . 24<br />

Abbildung 1-14: Entwicklung der Reallöhne ...................................... 25<br />

Abbildung 1-15: Langfristige Entwicklung der Pro-Kopf-<br />

Einkommen ....................................................................... 26<br />

Abbildung 1-16: Pkw-Absatz – Entwicklung nach Regionen ............. 28<br />

Abbildung 1-17: Auswirkungen der Abwrackprämie in Deutschland . 32<br />

Abbildung 1-18: Prognose Triade ...................................................... 33<br />

Abbildung 1-19: Prognose Pkw-Absatz in Deutschland .................... 34<br />

Abbildung 1-20: China: Neuzulassungen und Produktion im<br />

internationalen Vergleich ................................................... 36<br />

Abbildung 1-21: Prognose BRIC-Staaten .......................................... 39<br />

Abbildung 2-1: Anstieg der Rohstoffpreise ........................................ 40<br />

Abbildung 2-2: Weltenergienachfrage 2005-2020 ............................. 43<br />

Abbildung 2-3: Energieeffizienz......................................................... 43<br />

Abbildung 2-4: Langfristige Ölpreisentwicklung ................................ 44<br />

Abbildung 2-5: Geforderte CO2-Reduzierung nach Herstellern ........ 46<br />

Abbildung 2-6: CO2-Ausstoss der neuzugelassenen Pkw in<br />

<strong>Europa</strong> in g/km .................................................................. 47<br />

Abbildung 2-7: Batterietechnologien im Vergleich ............................. 52<br />

Abbildung 2-8: Fahrzeugherstellerkosten nach<br />

Antriebstechnologie ........................................................... 53<br />

5


Abbildung 2-9: Lebenszykluskosten im Vergleich ............................. 53<br />

Abbildung 2-10: Trend in Industriestaaten ........................................ 64<br />

Abbildung 2-11: Megastädte der Welt von 1950 - 2015 in Mio. ........ 65<br />

Abbildung 3-1: Konzentration auf OEM Ebene ................................. 67<br />

Abbildung 3-2: Konzentration in der Automobilbranche .................... 72<br />

Abbildung 3-3: Verlagerung der Wertschöpfung ............................... 76<br />

Abbildung 3-4: Plattformstrategie bei Renault – Nissan .................... 77<br />

Abbildung 4-1: Kfz-Produktion weltweit ............................................. 85<br />

Abbildung 4-2: Deutschland als Premium-Standort .......................... 86<br />

Abbildung 4-3: Pkw-Produktion in Westeuropa und den EU-<br />

Beitrittsländern bis 2012 .................................................... 87<br />

Abbildung 4-4: Produktionswachstum in der EU nach Ländern ........ 88<br />

Tabellenverzeichnis<br />

Tabelle 1: BIP-Wachstum, real .......................................................... 18<br />

Tabelle 2: reales Wirtschaftswachstum nach Regionen .................... 19<br />

Tabelle 3: Langfristiges BIP-Wachstum ............................................ 24<br />

Tabelle 4: Verschrottungsprämien richten sich nur nach Alter des<br />

Alter des Altwagens ........................................................... 29<br />

Tabelle 5: Verschrottungsprämien richten sich zusätzlich nach<br />

CO2-Ausstoss des Neuwagens ........................................ 30<br />

Tabelle 6: Überblick der Funktionen je Hybrid-Art ............................. 51<br />

Tabelle 7: Staatliche Förderprogramme für Elektroautos in<br />

einzelnen Ländern ............................................................. 57<br />

Tabelle 8: Prämien für Elektroautos .................................................. 58<br />

Tabelle 9: Geplante Produktion in Tsd. Stück in Osteuropa nach<br />

Hersteller ........................................................................... 89<br />

Tabelle 10: Produktion in den EU-Beitrittsländern nach Hersteller<br />

2008 .................................................................................. 99<br />

Tabelle 11: Produktion in Osteuropa nach Hersteller 2008 ............. 100<br />

6


1. Die Rahmenbedingungen der <strong>Automobilindustrie</strong><br />

Das Automobil und die dazugehörige <strong>Automobilindustrie</strong> haben dem<br />

20. Jahrhundert ihren Stempel aufgedrückt. Der Aufstieg der heute<br />

hoch entwickelten Industrienationen (G 8) wäre ohne die<br />

<strong>Automobilindustrie</strong> mit ihren weit reichenden Wachstums- und<br />

Wohlstandeffekten in der gesamten Wirtschaft nicht möglich<br />

geworden. Die <strong>Automobilindustrie</strong> wurde zu einer der wichtigsten<br />

Branchen weltweit, zunächst in den USA, <strong>Europa</strong> und Japan (die so<br />

genannte „Triade“), mittlerweile immer stärker zunehmend auch in<br />

den Schwellenländern wie China, Indien, Russland und Brasilien (die<br />

so genannten „BRIC-Staaten“).<br />

Aktuell, zur Jahresmitte 2009, jedoch befindet sich die gesamte<br />

<strong>Automobilindustrie</strong> in einer tiefen, nie da gewesenen Krise. Die<br />

Hersteller und Zulieferunternehmen sind von einem konjunkturellen<br />

und strukturellen Nachfrageeinbruch betroffen, der auf allen<br />

Absatzmärkten weltweit gleichzeitig auftritt. Drastische<br />

Absatzrückgänge und erhebliche Beschäftigungsprobleme mit<br />

massenweiser Kurzarbeit und Werkschliessungen bis hin zu<br />

Zuliefererinsolvenzen prägen das aktuelle Bild der Branche. Noch ist<br />

nicht absehbar, wann diese Krise überstanden sein wird, und welche<br />

Unternehmen dann noch auf dem Markt übrig sein werden. Es<br />

werden aber mit Sicherheit nicht alle überleben können. Denn bereits<br />

vor Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise stand der Welt-<br />

Automobilmarkt unter einem harten globalen<br />

Verdrängungswettbewerb, der von Sättigungstendenzen,<br />

Überkapazitäten, verfehlter Modellpolitik und von neuen auf den<br />

Markt drängenden Anbietern aus China, Indien und Osteuropa<br />

geprägt war. Der hohe Wettbewerbsdruck hatte somit über die<br />

gesamte automobile Wertschöpfungskette hinweg bei allen<br />

Beteiligten - OEMs wie Zulieferern - zu deutlich gesteigertem<br />

Ertragsdruck geführt.<br />

Durch die aktuelle Wirtschaftskrise kam seit Ende 2008 noch ein<br />

erheblicher Absatzeinbruch hinzu, weltweit verzeichneten die<br />

Neuwagenverkäufe im ersten Halbjahr 2009 ein Minus von mehr als<br />

20% gegenüber der ersten Jahreshälfte 2008. Für das Gesamtjahr<br />

2009 wird mit einem Rückgang der Neuzulassungen in der Höhe von<br />

bis zu 15 Millionen gerechnet – ein Markteinbruch in noch nie da<br />

gewesenem Ausmass.<br />

Unabhängig von diesen konjunkturellen Belastungsfaktoren befindet<br />

sich die <strong>Automobilindustrie</strong>, mit den grossen Herstellern an der<br />

Spitze, in jüngster Vergangenheit in einem elementaren<br />

Veränderungsprozess ihrer Geschäftsgrundlagen: Der<br />

Weltautomobilmarkt befindet sich einer strukturellen Umbruchphase.<br />

Während die Automobilproduzenten über Jahrzehnte hinweg auf ein<br />

beträchtliches Wachstum der Triade-Märkte in den USA, Japan und<br />

Westeuropa bauen konnten, wächst hier die Zahl der<br />

7


Neuzulassungen schon seit Beginn des 21. Jahrhunderts nicht mehr<br />

in nennenswertem Umfang. Diese Märkte sind in eine Phase der<br />

Sättigung eingetreten, während gleichzeitig das Aufstreben neuer<br />

Märkte in Asien und auch Osteuropa zu einer deutlichen regionalen<br />

Verschiebung der Wachstumsdynamik auf dem Weltautomobilmarkt<br />

führte. Die entsprechenden Folgen für die Produktionsstandorte und -<br />

kapazitäten haben bereits begonnen, werden aber noch zu weiteren<br />

deutlichen strukturellen Veränderungen führen. Die Globalisierung<br />

zwingt die Unternehmen zur Verlagerung und Aufbau von<br />

Produktionskapazitäten in den Regionen, wo der Absatz vor Ort noch<br />

wächst oder wo Produktion zu wettbewerbsfähigeren Preisen möglich<br />

ist, als an den bisherigen Standorten in den etablierten<br />

Industrieländern.<br />

Diese konjunkturellen und strukturellen Veränderungen wirken sich<br />

entlang der gesamten Wertschöpfungskette innerhalb der Branche<br />

aus. Alle Beteiligten unterliegen einem starken Anpassungsdruck an<br />

diese veränderten Rahmenbedingungen.<br />

1.1. Struktur der Weltautomobilindustrie<br />

1.1.1. Nachfrageseite (Absatzmärkte)<br />

Die Absatzmärkte der weltweiten <strong>Automobilindustrie</strong> befanden sich<br />

bis zum Jahr 2000 fast ausschliesslich in den etablierten<br />

Industrieländern der so genannten Triade (USA, Westeuropa und<br />

Japan). Rund drei Viertel aller weltweit jährlich produzierten Pkw<br />

(2008: rd. 66 Mio.) wurden in diesen drei Märkten verkauft. Die<br />

restlichen Länder der Welt spielten bis zu diesem Zeitpunkt, obwohl<br />

sie knapp 90% der Weltbevölkerung stellen, allenfalls eine<br />

untergeordnete Rolle für die <strong>Automobilindustrie</strong>.<br />

Die Automobilhersteller konzentrierten sich auf die Triade-Länder, in<br />

denen die Absatzzahlen im Trend – von konjunkturellen<br />

Schwankungen abgesehen – Jahr für Jahr stetig anstiegen und<br />

dadurch über ein Mehr an Verkaufsvolumen ein profitables<br />

Wachstum ermöglichten. Man war unter sich,<br />

Aussenseiterwettbewerb gab es infolge der ideologischen freiwilligen<br />

Selbstabschottung und Kasteiung nicht.<br />

Diese seit Ende des Zweiten Weltkrieges gültige globale Aufteilung<br />

der Welt hat sich innerhalb der letzten 10 Jahre erheblich verändert.<br />

Seit Beginn des 21. Jahrhunderts herrscht in den Kernmärkten der<br />

<strong>Automobilindustrie</strong> eine ausgeprägte Nachfrageflaute – unabhängig<br />

von der aktuellen Weltwirtschaftskrise, die den Trend noch weiter<br />

verschärft hat. Mit einer normalen konjunkturellen<br />

Nachfrageschwäche lässt sich dieser seit Jahren anhaltende Trend<br />

einer Stagnation allein nicht mehr erklären. Vielmehr sind die hoch<br />

entwickelten Volumenmärkte der Triade voll gesättigt. Der Absatz in<br />

der Triade hatte mit 39, 8 Millionen verkauften Pkw (inkl. leichter<br />

Nutzfahrzeuge) seinen Höchstwert im Jahr 2000, seitdem stagniert<br />

der Wert zwischen 38 und 39 Millionen Fahrzeugen pro Jahr, ein<br />

8


allgemeines Marktwachstum findet hier kaum noch statt. Im Jahr<br />

2008 brach der Absatz in der Triade durch die Auswirkungen der<br />

weltweiten Finanzkrise auf 33,6 Millionen Pkw ein (vgl. Abbildung<br />

1-1).<br />

Die Hersteller können in diesen Regionen ihren Absatz nur noch<br />

durch einen wachsenden Marktanteil steigern und somit nur zu<br />

Lasten ihrer Wettbewerber. Als Folge entstand in den Triade-Ländern<br />

seit der Jahrtausendwende ein verstärkter Verdrängungswettbewerb<br />

zwischen den Herstellern, mit teilweise ruinösen Rabattschlachten.<br />

20<br />

18<br />

16<br />

14<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

Pkw-Neuzulassungen in Mio. Einheiten<br />

1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008<br />

Westeuropa USA (light duty) Japan<br />

Quelle VDA, eigene Darstellung<br />

Abbildung 1-1: Entwicklung der Pkw-Neuzulassungen in Mio. Einheiten in der<br />

Triade<br />

Während die etablierten Absatzmärkte der <strong>Automobilindustrie</strong> seit<br />

Jahren stagnieren oder teilweise sogar schrumpfen fand eine<br />

Verlagerung der Wachstumszentren der Branche in die Boom-<br />

Regionen der Weltwirtschaft statt. Diese regionale Verschiebung<br />

erfolgte einerseits innerhalb <strong>Europa</strong>s in die Staaten des ehemaligen<br />

Ostblocks, andererseits aber auch weltweit in Richtung Asien, allen<br />

voran die Bevölkerungsriesen China und Indien.<br />

In den hoch entwickelten westlichen Industriestaaten der Triade, ist<br />

neben ökonomischen Faktoren (stagnierende Realeinkommen,<br />

steigende Rohstoffpreise, etc.) eine wesentliche Ursache für die<br />

Marktsättigung vor allem der hohe Motorisierungsgrad der<br />

Bevölkerung. Bei einer Dichte von 800 Pkw pro 1000 Einwohner in<br />

den USA und 500 Pkw in Westeuropa und Japan ist in der Triade<br />

bereits ein Niveau erreicht, das nur noch wertmässige, aber kaum<br />

noch volumenmässige Wachstumspotenziale bietet.<br />

Die neuen Wachstumsmärkte in Osteuropa, Asien und Südamerika<br />

weisen dagegen einen hohen Aufholbedarf in der Motorisierung und<br />

entsprechend geringe Pkw-Dichten auf. In China und Indien hat<br />

statistisch gesehen bisher nur jeder 100. bzw. 50. Einwohner ein<br />

Pkw, und in den osteuropäischen Ländern liegt die Pkw-Dichte in der<br />

Bevölkerung bei weniger als der Hälfte des deutschen Niveaus (vgl.<br />

Abbildung 1-2). Im Zuge der wirtschaftlichen Entwicklung und dem<br />

9


fortschreitendem Wohlstand in diesen Wachstumsregionen ist daher<br />

auch mit einem starken Anstieg der Pkw-Verkäufe zu rechnen. In<br />

China beispielsweise hat sich die PKW-Dichte innerhalb eines<br />

Jahrzehnts fast vervierfacht.<br />

Zusätzlich wächst in vielen Regionen, wie beispielsweise Indien oder<br />

Brasilien auch die Bevölkerungszahl (im Gegensatz zu <strong>Europa</strong> und<br />

Japan) noch stark an, sodass hier die Zahl der Pkw selbst dann<br />

ansteigt, wenn der Mobilitätsgrad auf dem niedrigen Ausgangsniveau<br />

bleiben würde. Was er aber nicht tut!<br />

Pkw-Dichte 2007<br />

Anzahl Pkw/Light Vehicles pro 1000 Einwohner<br />

USA<br />

804<br />

Westeuropa<br />

Deutschland<br />

504<br />

501<br />

Japan<br />

451<br />

Osteuropa<br />

Russland<br />

199<br />

228<br />

Brasilien<br />

Südamerika<br />

95<br />

109<br />

China<br />

Indien<br />

17<br />

11<br />

0 100 200 300 400 500 600 700 800 900<br />

Quelle: VDA, eigene Darstellung<br />

Abbildung 1-2: Pkw-Dichten nach Weltregionen<br />

Dementsprechend gewinnen mit steigendem wirtschaftlichem<br />

Aufstieg der Emerging/Rising Countries auch die dortigen<br />

Automobilmärkte wesentlich an Gewicht, vor allem angesichts der<br />

Stagnation auf den traditionellen Märkten. Die Länder Asiens und<br />

Osteuropas sind innerhalb der Weltautomobilindustrie nicht länger auf<br />

die Rolle billiger Produktionsstandorte für einfache Zulieferteile<br />

beschränkt, sondern sind schon heute die wichtigsten<br />

Wachstumstreiber bei der lokalen Produktion und dem Absatz der<br />

Endfahrzeuge und bieten auch in Zukunft die weitaus grössten<br />

Wachstumspotentiale für die Branche als Ganzes. Nur dank dieser<br />

neuen Märkte konnte die <strong>Automobilindustrie</strong> auch im 21. Jahrhundert,<br />

trotz der Stagnation in der Triade, insgesamt weiterhin kräftig<br />

wachsen, von rund 56 Millionen verkaufter Fahrzeuge im Jahr 2000<br />

auf mehr als 66 Millionen in 2007 und 63 Millionen in 2008.<br />

Die wichtigsten Wachstumsmärkte sind dabei die so genannten<br />

BRIC-Staaten: Brasilien, Russland, Indien und China. Allein in China<br />

stieg der Absatz innerhalb der vergangenen acht Jahre um mehr als<br />

7 Millionen Fahrzeuge an, von 2 Millionen Fahrzeugen im Jahr 2000<br />

auf über 9 Millionen Fahrzeuge im Jahr 2008) Damit ist China<br />

mittlerweile hinter den USA der zweitgrösste Absatzmarkt in der<br />

<strong>Automobilindustrie</strong>. In Russland verdreifachte sich der Fahrzeug-<br />

Absatz von 0,8 Millionen in 2000 auf 3,2 Millionen in 2008, in<br />

10


Brasilien verdoppelte sich der Absatz von 1,4 Millionen in 2.000 auf<br />

2,8 Millionen Fahrzeuge in 2008 und in Indien legte der<br />

Fahrzeugabsatz von 850.000 Stück auf etwa 2 Millionen Stück zu.<br />

Allein in diesen vier Ländern stieg der Absatz seit dem Jahr 2000<br />

somit um mehr als 12 Millionen Fahrzeuge, während die weltweiten<br />

Verkäufe in Summe lediglich um 7 Millionen wuchsen. Das bedeutet,<br />

ohne die BRIC-Staaten wären die Automobilhersteller weltweit schon<br />

seit Jahren einem schrumpfenden Absatzmarkt ausgesetzt gewesen.<br />

Dementsprechend gravierend stellen sich die Veränderungen in der<br />

regionalen Aufteilung des Weltautomobilmarkts dar. Der Anteil der<br />

Triade an den weltweiten Fahrzeug-Neuzulassungen sank von 75%<br />

im Jahr 2000 auf nur noch 55% im Jahr 2008 (vgl. Abbildung 1-3) und<br />

durch die aktuellen Auswirkungen der weltweiten Wirtschaftskrise<br />

werden im Jahr 2009 voraussichtlich erstmals weniger Fahrzeuge in<br />

der Triade verkauft als im Rest der Welt.<br />

Für die etablierten Hersteller bedeuten diese Verschiebungen in der<br />

regionale Struktur der weltweiten Automobilnachfrage neben den<br />

neuen Wachstumschancen auch ein erhebliches<br />

Bedrohungspotenzial für ihre Geschäftstätigkeit. Denn während auf<br />

ihren traditionellen Absatzmärkten der Konkurrenzkampf um die<br />

stagnierende Käuferzahl zunehmend steigt, müssen sie sich in den<br />

Wachstumsmärkten mit neuen Anforderungen an das Produkt und<br />

vor allem mit neuen einheimischen Wettbewerben<br />

auseinandersetzen. So ist der chinesische Markt beispielsweise nach<br />

wie vor nur über Joint-Ventures mit chinesischen Partner-Herstellern<br />

zu bedienen und in Indien muss hauptsächlich die Nachfrage nach<br />

preiswerten Einstiegsfahrzeugen für Erstkäufer abgedeckt werden,<br />

die westliche Hersteller aber nicht zu bieten haben.<br />

Top 10 Absatzmärkte 2008<br />

Kfz insgesamt, in Mio. Stück<br />

Kfz-Neuzulassungen 2008 nach<br />

Weltregionen<br />

insg. rd. 63 Mio. Fahrzeuge<br />

USA<br />

China<br />

Japan<br />

5,1<br />

9,4<br />

13,5<br />

Japan<br />

8%<br />

China 15%<br />

Deutschland<br />

Russland<br />

3,4<br />

3,2<br />

Westeuropa<br />

26%<br />

USA<br />

22%<br />

Rest der Welt<br />

45%<br />

Indien 3%<br />

restl. Asien 6%<br />

neue EU-Beitrittsl.<br />

2%<br />

restl. Osteuropa<br />

6%<br />

restl. NAFTA 4%<br />

Brasilien<br />

Frankreich<br />

Großbritannien<br />

Italien<br />

2,8<br />

2,6<br />

2,5<br />

2,4<br />

Mercosur 6%<br />

Indien<br />

2,0<br />

Sonstige 2%<br />

0 2 4 6 8 10 12 14 16<br />

Quelle: VDA, eigene Darstellung<br />

Abbildung 1-3: Regionale Verteilung der Kfz Neuzulassungen<br />

Im Gegensatz zu den Wachstumsmärkten tendieren in den<br />

westlichen Industriestaaten der Triade die Zuwachsraten beim<br />

Bestand an Kraftfahrzeugen (und damit bei der Pkw-Dichte) aufgrund<br />

des bereits erreichten hohen Niveaus im längerfristigen Trend gegen<br />

Null. In Deutschland wuchs der Pkw-Bestand innerhalb der<br />

11


vergangenen zehn Jahre lediglich um 10% auf 41 Millionen Pkw, in<br />

den letzten Jahren überhaupt nicht mehr.<br />

In Westeuropa und USA lag der Bestandszuwachs nur unwesentlich<br />

höher. Das grösste Bestandswachstum in den vergangenen Jahren<br />

war in China zu verzeichnen, wo sich die Anzahl der Pkw seit 1999<br />

nahezu verfünffacht hat, von 4,5 Millionen auf 22 Millionen im Jahr<br />

2008. In Indien war ein ähnlich starkes Wachstum zu verzeichnen, in<br />

Russland und Brasilien waren die Zuwächse etwas geringer.<br />

Allerdings bleibt festzuhalten, dass diese Länder aufgrund ihres<br />

niedrigen Ausgangsniveaus bezüglich ihrer Flottengrösse noch immer<br />

eine untergeordnete Rolle im Vergleich zu den Triade-Märkten<br />

spielen. Der Bestandszuwachs in allen vier BRIC-Staaten zusammen<br />

war – trotz der sehr hohen relativen Zuwachsraten – in absoluten<br />

Stückzahlen mit rund 50 Millionen Pkw gerade einmal so gross wie<br />

das Bestandwachstum in den USA im selben Zeitraum (vgl.<br />

Abbildung 1-4). Die hohen Zuwachsraten des Bestands in den BRIC-<br />

Staaten werden aber in Zukunft noch weiterhin anhalten, da in diesen<br />

Ländern die Neuwagenverkäufe infolge nahezu fehlender<br />

Verschrottungen den Fahrzeug-Bestand eins zu eins erhöhen.<br />

In Deutschland dienen indessen bereits weit über 90% der verkauften<br />

Neufahrzeuge lediglich dem Ersatz von Altfahrzeugen und führen<br />

somit nicht mehr zu Bestandswachstum. Die Nachfrage nach<br />

Neufahrzeugen entsteht hier fast ausschliesslich durch den<br />

Ersatzbedarf (vgl. Abbildung 1-5). Angesichts der zunehmenden<br />

Lebensdauer der Fahrzeuge (Qualitätsfortschritt, abnehmende<br />

Fahrleistung, Einschränkung der Nutzung in Ballungsgebieten etc.)<br />

verschiebt sich die Anschaffung dieses Ersatzbedarfs allerdings<br />

immer weiter hinaus. Das Durchschnittsalter des Fahrzeugbestands<br />

stieg in der Vergangenheit stetig an, im Jahr 2008 waren bereits mehr<br />

als 16 Millionen Pkw – fast ein Drittel des Bestandes - in Deutschland<br />

älter als neun Jahre. Dies erklärt auch den Erfolg der Abwrackprämie,<br />

durch die 2 Millionen Altfahrzeuge durch neue ersetzt wurden. Durch<br />

die Abwrackprämie hat sich der Bestand so wieder ein wenig<br />

verjüngt, entsprechend geringer wird der Ersatzbedarf hier in den<br />

kommenden Jahren ausfallen.<br />

250<br />

200<br />

+ 19%<br />

Triade Pkw-Bestand<br />

+ 16%<br />

1999 2008<br />

30<br />

25<br />

+ 44%<br />

BRIC Pkw-Bestand<br />

+ 386%<br />

+ 46%<br />

1999 2008<br />

20<br />

Millionen Stück<br />

150<br />

100<br />

+ 13%<br />

Millionen Stück<br />

15<br />

10<br />

+ 179%<br />

50<br />

+ 10%<br />

5<br />

0<br />

USA<br />

Westeuopa (EU-<br />

15)<br />

Japan<br />

Deutschland<br />

0<br />

Russland China Brasilien Indien<br />

Quelle: VDA, eigene Darstellung<br />

Abbildung 1-4: Pkw-Bestand in der Triade und in den BRIC-Staaten<br />

12


Pkw-Ersatzbedarf in Deutschland<br />

5<br />

4<br />

Mio. Stück<br />

3<br />

2<br />

Neuzulassungen<br />

Ersatzbedarf<br />

(Löschungen)<br />

1<br />

0<br />

1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008<br />

Quelle: VDA, eigene Darstellung<br />

Abbildung 1-5: Neuzulassungen in Deutschland nach Bestandszugang und<br />

Ersatzbedarf (in Mio. Einh.)<br />

1.1.2. Produktionsseite<br />

Während auf der Absatzseite alle Triadeländer eine Stagnation an<br />

der Sättigungsgrenze aufweisen und ein Wachstum fast<br />

ausschliesslich ausserhalb der hoch entwickelten Industrieländer<br />

stattfindet, sieht das Bild auf der Produktionsseite etwas<br />

differenzierter aus. Unabhängig von der aktuellen Branchenkrise, von<br />

der die USA, aber auch <strong>Europa</strong> besonders stark getroffen sind,<br />

herrschen deutliche strukturelle Unterschiede. Dies hat viele Gründe.<br />

In Japan wurden die stagnierenden Neuzulassungen auf den<br />

Heimatmärkten durch gesteigerten Export in andere Absatzmärkte<br />

mehr als ausgeglichen, die japanischen Hersteller konnten ihr<br />

Exportgeschäft in den vergangenen zehn Jahren stetig ausbauen und<br />

so die Produktion an ihren Heimatstandorten kräftig steigern, auf<br />

knapp 10 Millionen Pkw im Jahr 2008.<br />

Auch in Westeuropa, wo in den letzten Vorkrisen- Jahren mit<br />

deutlichem Abstand die meisten Fahrzeuge in der Triade produziert<br />

wurden, konnte der stetig wachsende Exportanteil die schwache<br />

Binnennachfrage grösstenteils kompensieren. Daher stagnieren die<br />

Produktionszahlen hier seit mehreren Jahren auf einem Niveau<br />

zwischen 14 und 15 Millionen Pkw, im Jahr 2008 ging die Produktion<br />

allerdings in Folge der Weltfinanzkrise auf nur noch 13 Millionen Pkw<br />

zurück. Langfristig ist in Westeuropa mit keinem nennenswerten<br />

Produktionswachstum mehr zu rechnen, da die europäischen<br />

Hersteller immer stärker dazu übergehen, einen Teil ihres Exports<br />

durch den Aufbau von Produktionsstätten vor Ort in den weltweiten<br />

Wachstumsmärkten zu ersetzen. Die asiatischen Hersteller, die auf<br />

dem europäischen Markt zunehmend aktiv sind, bauen ihre<br />

Produktion am Hochlohnstandort Westeuropa nur geringfügig aus,<br />

ihre neuen Werke werden eher im osteuropäischen Ausland<br />

(Tschechin, Slowakei, Ungarn, Polen, Russland) aufgebaut, und<br />

natürlich in Asien selber, vor der eigenen Haustüre.<br />

13


In den USA hat die Automobilproduktion bereits Ende der Neunziger<br />

Jahre ihren Höhepunkt überschritten und ist seit dem deutlich<br />

rückläufig, von 12,6 Millionen (1999) auf 10,5 Millionen (2007), bzw.<br />

ist im Zuge der aktuellen Krise auf nur noch 8,5 Millionen Fahrzeuge<br />

gesunken. Dieser Produktionsrückgang in den USA fand bei den drei<br />

grossen US-Herstellern (GM, Ford, Chrysler) mit ihren Werken für<br />

SUV´s noch deutlich stärker statt. Denn die asiatischen Hersteller<br />

bedienten die wachsende Nachfrage nach ihren verbrauchsärmeren<br />

Fahrzeugen nicht nur durch Exporte dorthin, sondern auch<br />

kontinuierlich durch den Aufbau eigener Produktionsstätten in den<br />

USA. Aufgrund der Finanz- und Wirtschaftskrise hat sich seit Mitte<br />

2008 auch die Lage der japanischen und koreanischen Hersteller in<br />

den USA im Zuge des allgemeinen Markteinbruch deutlich<br />

verschlechtert, auch deshalb, weil sie sich ebenfalls sehr stark mit<br />

ihren US-Werken auf den SUV-Bereich nach amerikanischem<br />

Geschmack auf- und eingestellt haben. So hat mittlerweile auch<br />

Toyota mit einem Teil seiner Produktpalette ähnliche Probleme wie<br />

die „Big Three“. Die Produktion der deutschen Hersteller in den USA<br />

spielt (bislang) volumenmässig keine nennenswerte Rolle, andere<br />

europäische Hersteller sind mit eigener Produktion in den USA seit<br />

langem nicht mehr vertreten. Lediglich Fiat wagt aktuelle mit der<br />

Übernahme von Chrysler ein Comeback.<br />

16<br />

15<br />

14<br />

13<br />

12<br />

11<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

Quelle: VDA, eigene Darstellung<br />

Pkw-Produktion in der Triade<br />

in Mio. Stück<br />

1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008<br />

Westeuropa USA (light duty) Japan<br />

Abbildung 1-6: Entwicklung der Pkw-Produktion in Mio. Einheiten in der Triade<br />

Folgend dem globalen Strukturwandel der Nachfrage hat sich die<br />

regionale Verteilung der Weltautomobilproduktion im Laufe der<br />

Jahrzehnte erheblich verändert und passt sich nach und nach der<br />

regionalen Nachfrageverteilung an. Immer mehr Autos werden<br />

ausserhalb der Triade produziert, im Jahr 1970 waren es noch 10%,<br />

mittlerweile wird schon jedes Dritte Fahrzeug in mehr in den USA,<br />

Japan oder Westeuropa produziert. Noch bis zum Jahr 2000 fanden<br />

die regionalen Verschiebungen in der Produktion vornehmlich<br />

innerhalb der Triade statt, da beispielsweise die Japanischen<br />

Hersteller die Absatzmärkte in den USA und Westeuropa weniger<br />

durch den Export aus Japan, sondern vermehrt durch Produktion vor<br />

Ort bedienten. Dasselbe passiert nun seit einigen Jahren mit den<br />

Märkten ausserhalb der Triade, sodass die Produktion und damit<br />

auch die Beschäftigungssituation in der Branche in den westlichen<br />

Industrieländern stagnierend bis rückläufig sind.<br />

14


Fahrzeugproduktion 1970-2008<br />

10,6%<br />

15,9% 15,6%<br />

22,3%<br />

32,6%<br />

RoW<br />

38,8% 30,7% 30,7%<br />

29,6%<br />

Western<br />

Europe<br />

25,5%<br />

North<br />

America<br />

25,2% 25,8%<br />

Japan<br />

32,7%<br />

30,5%<br />

17,3%<br />

17,9%<br />

28,2% 27,8%<br />

17,5% 17,3%<br />

1970 1980 1990 2000 2008<br />

Quelle: VDA<br />

Abbildung 1-7: Entwicklung der Fahrzeugproduktion<br />

Ein kurzer Blick auf die Skala der Hersteller: Mit dem Rückgang der<br />

amerikanischen Automobilproduktion verlor auch General Motors<br />

seine jahrzehntelang angestammte Position als weltweit grösster<br />

Automobilhersteller. Auf Rang 1 liegt seit dem Jahr 2008 der<br />

japanische Toyota-Konzern (9,2 Mio. Fahrzeuge), vor GM (8,3 Mio.)<br />

und Volkswagen (6,4 Mio.), die erstmals Ford (5,4 Mio.) überholen<br />

konnten. Dieses Bild wird sich in den nächsten weiter zugunsten von<br />

Volkswagen verschieben.<br />

Millionen Einheiten<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

Produktion der globalen OEMs 2008 69,6 Mio.<br />

Quelle: OICA<br />

Abbildung 1-8: Fahrzeugproduktion nach Herstellern, 2008<br />

Insgesamt ist festzustellen, dass die <strong>Automobilindustrie</strong> trotz ihrer<br />

derzeitigen konjunkturellen und strukturellen Probleme unverändert<br />

eine wichtige Wachstumsbranche geblieben ist. Die Auswirkungen<br />

auf die einzelnen Hersteller sind allerdings sehr unterschiedlich. Die<br />

US-Hersteller, die stark von ihrem Heimatmarkt abhängig sind,<br />

mussten ihre Produktion erheblich kürzen, während beispielsweise<br />

die deutschen Hersteller stark von ihrer globalen Aufstellung<br />

15


profitieren konnten. Im Jahr 2008 lag der Absatz der deutschen<br />

Automobilhersteller 1 auf ihrem Heimatmarkt bei ca. 2 Millionen Pkw,<br />

weltweit konnten sie aber 12 Millionen Fahrzeuge produzieren und<br />

absetzen (Weltmarktanteil: 18%). Knapp die Hälfte dieser Fahrzeuge<br />

wurde in den deutschen Werken dieser Hersteller produziert und von<br />

dieser Inlandsproduktion gingen wiederum drei Viertel der Fahrzeuge<br />

in den Export, überwiegend in andere westeuropäische Länder<br />

(58%), sowie in die USA (12%), nach Asien (11%) und Osteuropa<br />

(5%).<br />

Inlandsproduktion aller Deutschen Hersteller<br />

6<br />

5<br />

Millionen Stück<br />

31%<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

Quelle: VDA<br />

1950<br />

1953<br />

1956<br />

1959<br />

1962<br />

1965<br />

1968<br />

1971<br />

1974<br />

1977<br />

1980<br />

1983<br />

1986<br />

Produktion Export<br />

1989<br />

1992<br />

1995<br />

1998<br />

2001<br />

2004<br />

2007<br />

Abbildung 1-9: Exportanteil an der Inlandsproduktion der deutschen Hersteller<br />

1.2. Konjunkturelle, weltwirtschaftliche Einflussfaktoren<br />

Die Auswirkungen der weltweiten Finanzkrise trafen die<br />

<strong>Automobilindustrie</strong> besonders hart, die ohnehin vorhanden<br />

strukturellen Überkapazitäten der Hersteller wurden durch den<br />

konjunkturellen Nachfrageeinbruch noch deutlich verschärft. Die<br />

Wachstumsdynamik der Weltwirtschaft begann bereits ab dem Jahr<br />

2006 sich langsam abzuschwächen, was nach mehreren Jahren des<br />

weltweiten Booms einen nicht sonderlich aussergewöhnlichen<br />

Vorgang im normalen Konjunkturzyklus darstellt. Durch das Platzen<br />

der Blase an den Immobilienmärkten in USA und den dadurch<br />

ausgelösten Turbulenzen bei den Banken und Versicherungen kam<br />

es daraufhin jedoch zu einer weltweiten Finanzkrise, die voll auf die<br />

Realwirtschaft – und die <strong>Automobilindustrie</strong> als eine ihrer wichtigsten<br />

Branchen – durchgeschlagen hat.<br />

Wie in der Vergangenheit zeigt sich auch diesmal wieder, dass sich in<br />

Rezessionszeiten der konjunkturelle Abschwung in den<br />

Industrieländern besonders stark auf die Nachfrage nach langlebigen<br />

Konsumgütern auswirkt. Entsprechend stark betroffen ist die<br />

<strong>Automobilindustrie</strong> von dieser Krise, zumal sich die Qualität und<br />

75%<br />

1 Die deutschen Konzerne, inkl. ihrer ausländischen Tochtermarken, sowie die deutschen<br />

Töchter der US-Hersteller, also: Volkswagen, Daimler, BMW, Opel, Ford (Deutschland),<br />

Porsche<br />

16


damit auch die Lebensdauer von Automobilen im letzen Jahrzehnt<br />

erheblich verbessert haben. Weltweit mussten Hersteller wie<br />

Zulieferer der Branche ihre Produktion empfindlich drosseln oder<br />

teilweise ganze Werke stilllegen. In der deutschen <strong>Automobilindustrie</strong><br />

brachen die Auftragseingänge ab Mitte 2008 dramatisch ein, im<br />

Januar 2009 lagen sie 40% unter dem Vorjahresmonat (Januar<br />

2008). Besonders stark war der Rückgang der Aufträge aus dem<br />

Ausland, die in den vergangenen Jahren der wesentliche<br />

Wachstumstreiber der Branche waren. Mit der Einführung staatlicher<br />

Konjunkturmassnahmen speziell für die <strong>Automobilindustrie</strong><br />

(„Abwrackprämien“ s. Kap. 1.4.1) konnte im Frühjahr 2009 in vielen<br />

Ländern der Einbruch der Branche gestoppt werden.<br />

Auftragseingang Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen<br />

(Volumen, 2000 = 100)<br />

180,0<br />

Ausland Inland Gesamt<br />

170,0<br />

160,0<br />

150,0<br />

140,0<br />

130,0<br />

120,0<br />

110,0<br />

100,0<br />

90,0<br />

80,0<br />

70,0<br />

60,0<br />

2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009<br />

Quelle: Statistisches Bundesamt<br />

Abbildung 1-10: Auftragseingang der <strong>Automobilindustrie</strong> in Deutschland<br />

Eine vergleichbare Situation derart drastisch verschlechterter<br />

weltwirtschaftlicher Rahmenbedingungen gab es seit der<br />

Weltwirtschaftskrise Anfang der 1930er Jahre nicht mehr. Die für die<br />

Nachkriegszeit beispiellose Finanzkrise und die Konjunkturkrise<br />

verstärkten sich gegenseitig und haben einen globalen Einbrauch der<br />

Weltwirtschaft bewirkt, von dem niemand genau sagen kann, wann er<br />

wieder überwunden sein wird. Zum Zeitpunkt der Erstellung dieser<br />

Studie – im Herbst 2009 – sieht es so aus, als läge das Schlimmste<br />

hinter uns und komme die Welt noch einmal mit dem Schrecken einer<br />

schweren, aber doch beherrschbaren Rezession davon. Zumindest<br />

das zwischenzeitlich befürchtete Szenario einer jahrelang<br />

anhaltenden, schweren wirtschaftlichen Depression scheint<br />

mittlerweile dank riesiger staatlicher Konjunkturpakete und<br />

Schutzschirme für die Banken gebannt.<br />

In allen grossen westlichen Industrieländern ist die<br />

Wirtschaftsleistung seit mindestens drei Quartalen in Folge rückläufig,<br />

mit extremen Einbrüchen im ersten Quartal 2009. Im zweiten Quartal<br />

fiel der Rückgang in den – aufgrund ihrer Exportorientierung – am<br />

stärksten betroffenen Ländern Japan und Deutschland bereits wieder<br />

17


ein wenig schwächer aus, in den USA und anderen<br />

westeuropäischen Ländern verschärfte sich die Lage bis zum<br />

Sommer 2009 noch leicht. Eine nachhaltige und kräftige<br />

Konjunkturerholung ist bei Abgabe der Studie weit und breit nicht in<br />

Sicht. Allenthalben wird damit gerechnet, dass frühesten in<br />

2012/2013 das alte volkswirtschaftliche Produktionsniveau wieder<br />

erreicht werden wird.<br />

Tabelle 1: BIP-Wachstum, real<br />

BIP-Wachstum,<br />

real in % geg. Vj.<br />

Q3/08 Q4/08 Q1/09 Q2/09<br />

Prognose<br />

Gesamtjahr<br />

2009<br />

U.S.A. 0,0 -1,9 -3,3 -3,9 -2,5<br />

E.W.U. 0,5 -1,7 -4,9 -4,7 -4,0<br />

Deutschland 0,8 -1,8 -6,7 -5,9 -4,6<br />

Japan -0,3 -4,5 -8,3 -6,5 -5,8<br />

Alle westlichen Industrieländer befinden sich somit mitten in einer<br />

tiefen Rezession, die noch wesentlich stärker ausfallen würde, wenn<br />

die Regierungen und Notenbanken weltweit nicht in nie zuvor da<br />

gewesenem Ausmass interveniert hätten. Die Zentralbanken mit der<br />

amerikanischen Fed an der Spitze haben ihre Leitzinsen nahezu auf<br />

Null gesenkt und den Kapitalmärkten massiv mit Geld überflutet.<br />

Allerdings: Zentralbankgeld ist und bleibt Fremdkapital; es ersetzt<br />

kein Eigenkapital und keine Rentabilität!<br />

Zusätzlich wurden weltweit staatliche Konjunkturprogramme<br />

eingeführt, die in ihrer Grösse beispiellos sind. Allein die USA haben<br />

für 2009 und 2010 eine staatliche Ausgabenerhöhung in Höhe von rd.<br />

800 Mrd. US$ beschlossen, um die Konjunktur anzukurbeln. Diese<br />

Massnahme würde rein rechnerisch einen Anstieg des<br />

amerikanischen BIP um 3,5% pro Jahr ausmachen. In Deutschland<br />

und den europäischen Nachbarstaaten wurden ebenfalls gewaltige<br />

Wirtschaftsförderungsprogramme aufgelegt, um den negativen<br />

Folgen der Weltwirtschaftskrise entgegenzuwirken. In der gesamten<br />

EU summieren sich die Massnahmen der Konjunkturankurbelung auf<br />

insgesamt 2,1% des BIP und inkl. automatischer Stabilisatoren wie<br />

Arbeitslosengeld und anderen Sozialleistungen ergeben sich für 2009<br />

und 2010 sogar 600 Mrd. Euro (5% des BIP). Neben den westlichen<br />

Industrieländern setzen auch viele Schwellenländer auf staatliche<br />

Unterstützungsmassnahmen für die Konjunktur, allen voran China mit<br />

rd. 450 Mrd. Euro, sodass sich weltweit die öffentlichen Fördermittel<br />

auf rd. 2.000 Mrd. Euro summieren<br />

Diese massiven politischen Konjunkturprogramme entfalten aktuell<br />

ihre Wirkung und werden 2009 und 2010 helfen, diese Krise in ihrer<br />

Schärfe abzumildern, allerdings auf Kosten einer langfristig extrem<br />

hohen staatlichen Schuldenlast. Die Industrieproduktion wird nach<br />

dem starken Einbruch in der ersten Jahreshälfte 2009 zum<br />

18


Jahresende wieder ansteigen, ebenso wird sich der Welthandel<br />

wieder beleben, da einzelne Weltregionen (z.B. China) bereits wieder<br />

ein kräftiges Wirtschaftswachstum und steigende Importe<br />

verzeichnen. Gedämpft wird das weltweite Wachstum weiterhin vom<br />

schwachen privaten Konsum in den Industrieländern, da hier ein<br />

deutlicher Anstieg der Arbeitslosigkeit, stagnierende bzw. sinkende<br />

Realeinkommen und negative Vermögenseffekte aufgrund der<br />

Finanzkrise zu verzeichnen sind. Angesichts absehbar hoher<br />

Überkapazitäten bleibt die Investitionstätigkeit weiterhin verhalten, zu<br />

verhalten jedenfalls, um einen kräftige Konjunkturerholung zu<br />

bewirken.<br />

Unklar ist nach wie vor, in welchem Umfang noch weiterer<br />

Abschreibungsbedarf bei Banken und Versicherungen besteht, wie<br />

gross die Zweitrundeneffekte bei den Finanzinstituten (beispielsweise<br />

über die Kreditkartenfirmen) ausfallen und in welchem Umfang<br />

notwendige Unternehmensinvestitionen durch die neue<br />

Zurückhaltung der Banken bei der Kreditvergabe verhindert werden.<br />

Alle Banken bemühen sich - freiwillig oder aufgrund neuer<br />

internationaler Vorschriften – ihre Eigenkapitalquoten zu erhöhen.<br />

Teilweise geht dies auch zu Lasten der Kreditengagements.<br />

Insgesamt wird im zweiten Halbjahr 2009 aufgrund der genannten<br />

Effekte ein kräftiges Wachstum, aber noch kein nachhaltiger<br />

Aufschwung erzielt werden und im Jahresverlauf 2010 wird es mit<br />

dem Auslaufen der Konjunkturprogramme wieder zu einer<br />

Abschwächung des Wirtschaftswachstums kommen.<br />

Tabelle 2: reales Wirtschaftswachstum nach Regionen<br />

2008 2009 2010<br />

U.S.A. 0,4 -2,5 2,2<br />

E.W.U. 0,6 -4,0 1,0<br />

Deutschland 1,3 -4,6 1,6<br />

Japan -0,7 -5,8 1,3<br />

China 9,0 8,0 8,9<br />

Welt 1,5 -2,5 2,4<br />

Wie lang die Auswirkungen der aktuellen Krise andauern werden,<br />

kann derzeit nur schwer abgeschätzt werden. Nur als Anhaltspunkt:<br />

Die Weltwirtschaftskrise von 1929 ff. dauerte in den USA rd. 6 Jahre.<br />

Die <strong>Automobilindustrie</strong> hat in einigen Ländern (z.B. Deutschland) von<br />

den staatlichen Konjunkturprogrammen stark profitieren können, die<br />

inzwischen zum Grossteil ausgelaufen sind. In anderen Ländern<br />

wartet nach der Krise eine immense aufgestaute Nachfrage, die dann<br />

abgearbeitet werden muss, auf die Hersteller wie Zulieferer.<br />

Schliesslich altert der vorhandene Fahrzeugbestand bei den<br />

Besitzern auch in Krisenzeiten weiter und muss irgendwann ersetzt<br />

werden. Ganz zu schweigen von den Impulsen für den<br />

Automobilabsatz, wenn Automobile mit wesentlich höherer<br />

19


Energieeffizienz und geringeren Verbräuchen endlich – wie seit<br />

langem angekündigt - auf den Markt gebracht werden. Allein in<br />

Deutschland muss ein Bestand von rd. 45 Mio. Fahrzeugen auf die<br />

energetischen Anforderungen der Zukunft „umgerüstet“, sprich<br />

ersetzt, werden. Wenn denn die richtigen Autos da wären, gäbe es<br />

also für die Branche viel zu tun!<br />

Hinzu kommt der langfristige Trend, dass die so genannten Emerging<br />

Markets aufgrund ihrer strukturellen Gegebenheiten weiterhin<br />

Wachstumstreiber der Weltwirtschaft bleiben werden. China und<br />

Indien gelingt es sogar während der aktuellen Krise eine weltweite<br />

Wachstumsstütze zu bilden, Russland und Brasilien dagegen<br />

erleiden gegenwärtig eine deutliche Wachstumsdelle. In Zukunft<br />

werden aber alle diese Länder riesige Wachstumsmärkte darstellen,<br />

von denen die westliche Wirtschaft und besonders die<br />

<strong>Automobilindustrie</strong> im Zuge fortschreitender Handelsverflechtungen<br />

erheblich profitieren können. Trade creation ist und bleibt eines der<br />

hervorragenden positiven Merkmale der Globalisierung, daran wird<br />

sich auch in Zukunft nichts ändern.<br />

1.3. Bevölkerungsentwicklung in den Weltregionen<br />

1.3.1. Langfristige demographische Entwicklung<br />

Ein wichtiger Faktor für die <strong>Automobilindustrie</strong> ist neben der<br />

Entwicklung der Kaufkraft die demographische Entwicklung der<br />

Bevölkerung. Es ist generell davon auszugehen, dass bei einer<br />

wachsenden Bevölkerung auch die absolute Nachfrage nach<br />

Fahrzeugen in einer Gesellschaft ansteigt. Aus diesem Grund besteht<br />

für die Branche zunächst einmal kein nachhaltiger Anlass zur Sorge,<br />

denn weltweit steigt die Bevölkerungsanzahl weiter stark an. Von<br />

derzeit rund 6,5 Milliarden. Menschen wächst die Weltbevölkerung<br />

allein in den nächsten 15 Jahren um eine weitere Milliarde auf 7,5<br />

Milliarden an. Für das Jahr 2050 wird mit über 9 Milliarden Menschen<br />

gerechnet.<br />

Allerdings bestehen dabei deutliche regionale Unterschiede. Auf den<br />

heute wichtigen Absatzmärkten der <strong>Automobilindustrie</strong> in <strong>Europa</strong> und<br />

Japan findet kein Wachstum der Bevölkerung mehr statt, die Anzahl<br />

der Menschen wird hier in Zukunft sogar schrumpfen. In Nordamerika<br />

steigen die Bevölkerungszahlen zwar auf Grund von Zuwanderung<br />

noch weiter an, aber auch in einem schwächeren Ausmass als in der<br />

Vergangenheit. Südamerikas Bevölkerung wächst weiterhin deutlich<br />

an, von einem global gesehen aber eher niedrigen Niveau aus.<br />

Das grösste Wachstum findet in Asien statt, wo bereits heute über die<br />

Hälfte der Weltbevölkerung lebt. In China, dem<br />

bevölkerungsreichsten Land der Erde, verlangsamt sich das<br />

Wachstum aufgrund der staatlich geregelten „Ein-Kind-Politik“. Indien<br />

weist – politisch gewollt - die grösste Wachstumsrate auf und wird im<br />

20


Jahr 2020 mit dann knapp 1,4 Milliarden Einwohner beinahe zu China<br />

aufgeschlossen haben. Das sonstige Asien wächst ausser in Japan<br />

ebenfalls stark an, genauso wie die restliche Welt (hauptsächlich<br />

Afrika). Die Bevölkerung in Japan schrumpft noch stärker als in<br />

<strong>Europa</strong>.<br />

8.000<br />

Weltbevölkerung nach Regionen, in Mio.<br />

7.000<br />

+59% RoW<br />

6.000<br />

restl. Asien<br />

5.000<br />

+45%<br />

Indien<br />

4.000<br />

+61%<br />

China<br />

3.000<br />

+24%<br />

2.000<br />

Südamerika<br />

+48%<br />

1.000<br />

+35%<br />

Nordamerika<br />

0<br />

+6% <strong>Europa</strong><br />

1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020<br />

Quelle: Feri<br />

Abbildung 1-11: Entwicklung der Weltbevölkerung<br />

Das Wachstum der Bevölkerung findet somit hauptsächlich in den<br />

Regionen der Welt statt, die ein geringes Einkommen und damit eine<br />

geringe Kaufkraft aufweisen. Ein Grossteil des afrikanischen<br />

Kontinents wird aus diesem Grund auch trotz des hohen<br />

Bevölkerungswachstums auch in Zukunft keine wesentlich grössere<br />

Bedeutung für die <strong>Automobilindustrie</strong> erhalten als heute. In Asien<br />

findet dagegen in vielen Regionen parallel zum<br />

Bevölkerungswachstum auch ein hohes wirtschaftliches Wachstum<br />

statt, sodass sich der Wohlstand der Bevölkerung und deren<br />

Kaufkraft im Durchschnitt erhöhen. China weist eine stetig<br />

wachsende Mittelschicht auf, die zunehmend in der Lage ist, sich ein<br />

eigenes Auto zu kaufen, was sich in den gewaltigen<br />

Wachstumszahlen des chinesischen Automobilmarkts der<br />

vergangenen Jahre niedergeschlagen hat.<br />

Neben den bevölkerungsreichen Schwellenländern besteht aber auch<br />

in den westlichen Industrieländern, trotz stagnierender oder<br />

rückläufiger Bevölkerungszahlen, durchaus ein Wachstumspotenzial<br />

für die <strong>Automobilindustrie</strong>. Denn die Bevölkerung schrumpft nicht<br />

über alle Altersklassen gleichmässig, sondern aufgrund der geringen<br />

Kinderzahlen zuerst in den jungen Altersklassen, während der Anteil<br />

der älteren Bevölkerung zunächst noch weiter anwächst. Da der<br />

Grossteil der Neuwagenkäufer – je nach Marke unterschiedlich –<br />

eher der mittleren bis älteren und damit in der Regel kaufkräftigen<br />

Altersklasse angehört, wird die Fahrzeugnachfrage rein quantitativ<br />

auch in den westlichen Industriegesellschaften trotz rückläufiger<br />

Gesamtbevölkerung aus rein demographischen Gründen zunächst<br />

21


ansteigen. Das Premium-Segment hat dabei überproportionale<br />

Wachstumschancen, allerdings in einer anderen Auslegung der<br />

Modellpalette als heute („downsizing“).<br />

In der Betrachtung der deutschen Bevölkerung nach Altersklassen für<br />

die Jahre 2005 und 2050 zeigt sich deutlich, dass zunächst der Anteil<br />

der jungen Bevölkerung weiter abnimmt, während die heute grössten<br />

Altersklassen im mittleren Altersbereich im Laufe des Zeit älter<br />

werden und nach oben wandern.<br />

Quelle: Destatis<br />

Abbildung 1-12: Bevölkerungspyramide Deutschland für die Jahre 2005 und<br />

2050<br />

Für die Produkt- und Absatzplanung der <strong>Automobilindustrie</strong> steht<br />

daher (noch) nicht der Bevölkerungsrückgang in den westlichen<br />

Industrieländer im Vordergrund, sondern die zunehmende Alterung<br />

der Gesellschaft. Der wachsende Anteil der älteren Bevölkerung hat<br />

ganz andere Anforderungen an die Fahrzeuge, vor allem in Punkto<br />

Komfort, Ausstattung und Sicherheit. Die wesentliche Aufgabe der<br />

<strong>Automobilindustrie</strong> ist daher die technologische Anpassung ihrer<br />

Modellpalette an die Erfordernisse einer alternden und älteren<br />

Bevölkerung! Vereinfacht ausgedrückt: An die Stelle eines Maximums<br />

an PS tritt ein Maximum an Airbags!<br />

1.3.2. Einkommens- und Kaufkraftentwicklung<br />

Losgekoppelt von der gegenwärtigen weltweiten Wirtschaftskrise und<br />

den entsprechend unsicheren kurzfristigen Prognosen, lassen sich<br />

mit wesentlich höherer Zuverlässigkeit die langfristigen<br />

Entwicklungen der Weltwirtschaft voraussagen. Die langfristigen<br />

Trends wurden zwar von der aktuellen Wirtschaftskrise kurzzeitig<br />

22


unterbrochen, sind aber von bleibender Dauer und daher erheblich<br />

sicherer zu prognostizieren.<br />

Der langfristige Wachstumstrend der Weltwirtschaft wird anhalten, vor<br />

allem durch die anhaltende Globalisierung und den weiterhin<br />

ansteigenden Welthandel, wobei die Emerging Markets<br />

überdurchschnittlich stark wachsen und gegenüber den etablierten<br />

Industriestaaten weiter aufholen werden. Mit China und Indien an der<br />

Spitze, werden die BRIC-Staaten und Osteuropa für weiteres<br />

Wachstum sorgen, sowohl innerhalb ihrer eigenen Grenzen, als auch<br />

in den westlichen Exportländern, für die sie wichtige<br />

Abnehmerstaaten aber auch Hightech-Lieferanten sind. Einerseits<br />

profitieren die Emerging-Markets von ihren niedrigen<br />

Produktionskosten, die ausländische Investitionen anziehen,<br />

andererseits werden im Zuge des wirtschaftlichen Aufholprozesses<br />

die asiatischen Binnenmärkte deutlich stärker wachsen. Die Rohstoffexportierenden<br />

Länder wie Brasilien und Russland, die von und in<br />

der aktuellen Krise besonders stark getroffen sind, werden von den<br />

mittelfristig wieder ansteigenden Rohstoffpreisen profitieren können<br />

und ebenfalls wieder auf einen deutlichen Wachstumstrend<br />

einschwenken. Langfristig werden die Wachstumsraten in diesen<br />

Ländern aufgrund ihrer schlechteren strukturellen Bedingungen<br />

allerdings nicht mit China und Indien mithalten können.<br />

In den USA wird sich das Potenzialwachstum nach der aktuellen<br />

Wirtschaftskrise auf einem etwas niedrigeren Niveau einpendeln als<br />

in den vergangenen Jahrzehnten, als sich der amerikanische Staat im<br />

Ausland und die amerikanischen Verbraucher bei ihren Banken<br />

nahezu grenzenlos verschulden konnten. Hier geht dem<br />

kreditgetriebene privaten Verbrauch für längere Zeit die Puste aus, ist<br />

solideres Haushaltsgebahren – privat wie öffentlich - und eine<br />

höhere Ersparnisbildung: kurz: Konsolidierung, angesagt.<br />

Deutschland weist aufgrund eines insgesamt solideren<br />

volkswirtschaftlichen Datenkranzes – analog zur Schweiz – ein<br />

strukturell niedrigeres Wachstum auf, wird aber als wichtiger Lieferant<br />

von Investitionsgütern von der wirtschaftlichen Entwicklung in den<br />

Emerging Markets im nahen und fernen Osten profitieren können.<br />

23


14,0<br />

BIP-Wachstum, real in %<br />

12,0<br />

10,0<br />

8,0<br />

6,0<br />

4,0<br />

2,0<br />

0,0<br />

-2,0<br />

-4,0<br />

-6,0<br />

China<br />

Indien<br />

Russland<br />

Brasilien<br />

USA<br />

E.W.U.<br />

Japan<br />

-8,0<br />

2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020<br />

Quelle: IWK<br />

Abbildung 1-13: Prognose der langfristigen Wachstumsaussichten<br />

In Tabelle 3 ist der langfristige Entwicklungstrend der Wirtschaftskraft<br />

in den verschiedenen Regionen der Welt, mit einem jeweils<br />

unterstellten konstanten Wachstumspfad, schematisch dargestellt.<br />

Während die westlichen Industrieländer langfristig mit 2,0% bis 2,5%<br />

wachsen werden, können die BRIC-Staaten mit deutlich höheren<br />

Wachstumsraten aufwarten. Bei einem anhaltenden<br />

Wirtschaftswachstum von 7,5 % in China würde es aber trotzdem<br />

noch fast 25 Jahre dauern, bis das 1,3 Mrd-Volk in der<br />

Wirtschaftsleistung zu den USA aufgeschlossen hat. Indien hätte<br />

auch bei einem anhaltend hohen Wachstum von 7,0 % erst in 25<br />

Jahren die Wirtschaftskraft Deutschlands erreicht – bei 1,3 Mrd.<br />

Indern und nur 80 Mio. Deutschen. Russland und Brasilien werden<br />

auch langfristig trotz hoher Zuwachsraten hinter Deutschland<br />

zurückbleiben.<br />

Tabelle 3: Langfristiges BIP-Wachstum<br />

BIP in Mio.<br />

Russland<br />

n<br />

hland<br />

Brasilie<br />

Deutsc<br />

China Indien<br />

EMU<br />

US$<br />

USA<br />

Wachstumsra<br />

te, real, in %<br />

7,5 7,0 4,5 3,5 2,0 1,9 2,5<br />

2007 4.328 1.223 1.675 1.675 13.638 3.670 14.441<br />

In 5 Jahren 6.213 1.715 2.087 2.038 15.057 4.032 16.339<br />

In 10 Jahren 8.920 2.405 2.601 2.479 16.624 4.430 18.486<br />

In 15 Jahren 12.806 3.373 3.241 3.016 18.354 4.867 20.915<br />

In 20 Jahren 18.384 4.731 4.039 3.669 20.265 5.347 23.664<br />

In 25 Jahren 26.393 6.636 5.033 4.464 22.374 5.875 26.774<br />

In 30 Jahren 37.891 9.307 6.272 5.432 24.703 6.454 30.292<br />

Quelle: IWK<br />

Der Abstand im durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommen der BRIC-<br />

Staaten zu den hoch entwickelten westlichen Industriestaaten wird<br />

sich aber auch trotz der deutlich höheren Zuwachsraten in<br />

absehbarer Zukunft nicht gravierend verringern. Selbst wenn sich in<br />

Indien und Russland das BIP pro Kopf bis zum Jahr 2020 verdoppelt<br />

und in China nahezu verdreifacht, bleibt das Niveau aber trotz allem<br />

24


noch sehr niedrig, verglichen mit Deutschland oder den USA. So wird<br />

der Durchschnitts-Deutsche auch in mehr als zehn Jahren noch rund<br />

fünf bis zehnmal so reich sein, wie ein durchschnittlicher Chinese<br />

oder Inder. In diesen Ländern wächst das Pro-Kopf-Einkommen zwar<br />

bei weitem nicht so schnell wie in China, sondern lediglich um rund<br />

25% in den nächsten 10 Jahren, die Bevölkerung wird aber auch<br />

dann noch im Durchschnitt um ein zehnmal höheres Einkommen<br />

verfügen, wie ein Inder oder Chinese.<br />

Vor allem in China, aber auch in Russland ist bereits ein deutlicher<br />

Anstieg der Reallöhne in den letzten Jahren zu verzeichnen<br />

gewesen, der auch (in Russland nach einer kurzen Delle 2009) noch<br />

in den kommenden Jahren anhalten wird. Im Jahr 2015 werden dort<br />

die Reallöhne bis zu viermal so hoch sein, wie im Jahr 2000, in Indien<br />

und Brasilien fällt der Anstieg dagegen deutlich niedriger aus. In den<br />

westlichen Industriestaaten findet bereits seit einigen Jahren so gut<br />

wie überhaupt kein realer Einkommensanstieg mehr statt, die Löhne<br />

stagnieren oder sind real sogar zum Teil rückläufig (z.B. in Japan).<br />

450<br />

400<br />

350<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

BRIC - Entwicklung der Reallöhne<br />

(2000=100)<br />

0<br />

2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014<br />

Brasilien Russland Indien China<br />

150<br />

140<br />

130<br />

120<br />

110<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

Triade - Entwicklung der Reallöhne<br />

(2000=100)<br />

50<br />

2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014<br />

Europ. Währungsunion Vereinigte Staaten Japan<br />

Quelle: Feri<br />

Abbildung 1-14: Entwicklung der Reallöhne<br />

Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass es in der Realität kaum<br />

einen Durchschnitts-Chinesen oder -Inder gibt, sondern immer mehr<br />

Chinesen der wirtschaftlichen Aufstieg in eine deutlich<br />

wohlhabendere Mittelschicht gelingt und vor allem dadurch das<br />

durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen ansteigt. Kurz: Die heute<br />

schon grosse Disparität in der Einkommensverteilung nimmt dort eher<br />

weiter zu. Vom kommunistischen Ideal der Einkommens-<br />

Gleichverteilung ist China weiter weg als es Mitteleuropa jemals war!<br />

Die Anzahl der Millionäre übertrifft bereits heute jene in Deutschland<br />

25


erheblich; das Gleiche gilt im Übrigen auch für Russland mit seinen<br />

Oligarchen. In dieser stetig wachsenden Mittelschicht in den BRIC-<br />

Staaten zeigt sich auch das Potenzial, das diese Staaten für die<br />

westliche Wirtschaft haben, gerade auch für den Absatz langlebiger<br />

und hochwertiger Konsumgüter, die überdies – anders als in<br />

Mitteleuropa – auch noch als Statussymbole gelten, mit denen man<br />

seinen Reichtum ungehemmt darstellen kann. Bisher kann sich dort<br />

nur ein kleiner Teil der Bevölkerung westliche Wohlstandsgüter –<br />

beispielsweise ein Auto – leisten. Doch diese Mittelschicht wird<br />

langfristig weiter anwachsen, ein Ende dieses Trends ist nicht in<br />

Sicht, denn das westliche Wohlstandsniveau ist auch in Jahrzehnten<br />

noch nicht annähernd erreicht.<br />

55.000<br />

50.000<br />

45.000<br />

40.000<br />

35.000<br />

30.000<br />

25.000<br />

20.000<br />

15.000<br />

10.000<br />

5.000<br />

0<br />

Quelle: IWK<br />

Indien<br />

2008 2020<br />

China<br />

Russland<br />

BIP pro Kopf<br />

real (Preise aus 2000) in US$<br />

+19%<br />

+14%<br />

+18%<br />

+16%<br />

+87% +151% +63% +41%<br />

Brasilien<br />

Frankreich<br />

Deutschland<br />

Großbritannien<br />

USA<br />

Japan<br />

+16%<br />

Abbildung 1-15: Langfristige Entwicklung der Pro-Kopf-Einkommen<br />

Ausgehend von einem sehr niedrigen Einkommen werden viele<br />

Menschen vor allem in Asien in den nächsten Jahren und<br />

Jahrzehnten zu einem bescheidenen Wohlstand kommen, der ihnen<br />

oftmals den Umstieg vom Motorrad zum Auto als primäres<br />

Fortbewegungsmittel ermöglicht. Diese Bevölkerungsschichten<br />

werden allerdings andere Anforderungen an ein Auto stellen als die<br />

Bevölkerung in den westlichen Industrieländern, sodass hier ein völlig<br />

neues Marktsegment im Bereich der so genannten „Billig-Autos“<br />

entsteht. Bestes Beispiel ist der Tata Nano, der in Indien für<br />

umgerechnet 1.700 Euro als Einstiegsauto und Motorradersatz für<br />

breite Bevölkerung auf den Markt kommen soll. Und auch in <strong>Europa</strong><br />

zeigt der Erfolg von Dacia, dass das Konzept von „Billigautos“ für<br />

einen Teil der Bevölkerung funktioniert. Die aktuelle<br />

Weltwirtschaftkrise scheint auch hier in der Skala der Konsumenten-<br />

Präferenzen einiges durcheinander gewirbelt zu haben! Für manche<br />

deutsche Automobilhersteller stellt dies eine völlig neue<br />

Herausforderung dar, da für diese Fahrzeuge zwar auch innovative<br />

und fortschrittliche Technologien zum Einsatz kommen müssen, dies<br />

aber in Autos, von denen man dachte, sie wären in ihrer Auslaegung<br />

für den europäischen Markt und Geschmack ungeeignet. Hier ist man<br />

26


dabei, umzu denken, auch in Richtung der technologischen<br />

Entfeinerung der heutigen Palette.<br />

1.4. Analyse und Prognose der weltweiten Automobilmärkte<br />

Die Weltautomobilindustrie befindet sich stärker noch als der Rest der<br />

Weltwirtschaft mitten in einer tiefen Rezession. Zusätzlich zu den<br />

strukturellen Sättigungstendenzen in den etablierten Absatzländern<br />

der Triade (s.o.), ist die Fahrzeug-Nachfrage in Folge der weltweiten<br />

Finanz- und Wirtschaftskrise auf allen wichtigen Märkten<br />

weggebrochen. Der US-Automobilmarkt weist schon seit längerer Zeit<br />

deutliche Sättigungs-/ Bremsspuren auf und wird sowohl strukturell<br />

als auch kurzfristig konjunkturell besonders hart getroffen. Auf den<br />

europäischen Absatzmärkten brechen die Pkw-Neuzulassungen vor<br />

allem in jenen Staaten ein, wo die Immobilienmarkt- und Finanzkrise<br />

besonders verheerend wirkt, wie in Spanien, Grossbritannien und<br />

Irland.<br />

In vielen Ländern wurden mit Hilfe staatlicher Fördermassnahmen,<br />

z.B. Abwrackprämien, die Neuzulassungen künstlich erhöht, was<br />

aber nur ein kurzfristiges Strohfeuer in der Krise darstellt. Immerhin<br />

wurden mit diesen „Brückenmassnahmen“ schlimmeres verhindert, in<br />

der Hoffnung, 2010 würden die konjunkturellen Auftriebskräfte<br />

Unterstützung bieten. In den BRIC-Staaten hat sich die Situation sehr<br />

uneinheitlich entwickelt, während Russland dramatische<br />

Absatzeinbrüche von mehr als -50% verzeichnete, erwies sich China<br />

nach kurzzeitigem Einbruch mit wieder erstarktem Wachstum als<br />

Stabilisator für die weltweite Branche.<br />

Es ist unwahrscheinlich, dass sich die Lage in der globalen<br />

<strong>Automobilindustrie</strong> rasch aufhellen wird. Für das Gesamtjahr 2009<br />

rechnet das IWK in Summe mit einem Rückgang des weltweiten<br />

Absatzes um rd. 9 – 10 Mio. Fahrzeuge (-14%). 2010 wird in den<br />

meisten Automärkten der Welt ein weiteres schwieriges Jahr, auch<br />

wenn die Gründe dafür durchaus nicht nur konjunkturell sind. Die<br />

Gesamtnachfrage wird sich nur geringfügig auf 60 Mio. Einheiten<br />

erhöhen und somit noch immer deutlich unter dem Niveau von 2008<br />

(66 Mio. Stk.) liegen.<br />

Doch trotz dieser getrübten kurzfristigen Perspektiven darf die<br />

langfristige Zukunftsfähigkeit der <strong>Automobilindustrie</strong> insgesamt nicht<br />

pessimistisch gesehen werden. Nach dem tiefen konjunkturellen<br />

Einbruch wird eine entsprechend kräftige Nachfrageerholung<br />

einsetzen, der auch in den gesättigten Absatzmärkten der Triade die<br />

Neuzulassungen wieder deutlich ansteigen lassen wird. Langfristig<br />

weisen diese Märkte allerdings kein strukturelles Wachstum auf, der<br />

Pkw-Absatz wird auch im Jahr 2015 noch geringfügig unter dem Wert<br />

aus dem Jahr 2000 liegen. Das zukünftige Wachstum wird dagegen<br />

ausserhalb der Triade stattfinden, mit einem Zuwachs von ca. 16 Mio.<br />

Pkw im Jahr 2015 gegenüber 2000.<br />

27


Pkw-Absatz - Entwicklung nach Regionen<br />

Triade<br />

Rest<br />

2005/2015:<br />

Ø +5,5 %<br />

90<br />

80<br />

79<br />

2005/2015:<br />

Ø +13,3 %<br />

70<br />

60<br />

64<br />

66<br />

57<br />

60<br />

41<br />

Millionen Stück<br />

50<br />

40<br />

30<br />

25<br />

32<br />

29<br />

31<br />

2005/2015:<br />

Ø -0,7 %<br />

20<br />

10<br />

39<br />

34<br />

28 29<br />

38<br />

0<br />

2005 2008 2009* 2010* 2015*<br />

* - Prognosezahlen<br />

Quelle: Global Insight, IWK<br />

Abbildung 1-16: Pkw-Absatz – Entwicklung nach Regionen<br />

1.4.1. Abwrackprämien als staatliche Subventionsprogramme<br />

Um die aktuelle Krise in der <strong>Automobilindustrie</strong> abzumildern,<br />

beschloss eine Vielzahl westlicher Industrieländer im Rahmen der<br />

staatlichen Konjunkturmassnahmen die Subventionierung von<br />

Neuwagenkäufen. Diese staatlichen Verschrottungsprämien sollen für<br />

die Besitzer alter Fahrzeuge einen Anreiz zum Neuwagenkauf bieten<br />

und somit tatsächliche Zusatz-Nachfrage schaffen, da die Zielgruppe<br />

dieser Prämienzahlungen normalerweise keine Neuwagenkäufer<br />

sind. Reine Mitnahme- und Vorzieh-Effekte werden durch ein<br />

Mindestalter der Altfahrzeuge weitestgehend verhindert. Seit Anfang<br />

des Jahres 2009 wurden solche Abwrackprämien bereits in über<br />

einem Drittel der EU-Mitgliedstaaten eingeführt, die Höhe der<br />

Prämien und die Bedingungen sind dabei aber sehr unterschiedlich<br />

gestaltet. Mehrheitlich wird versucht, mit dem wirtschaftspolitischen<br />

Anreiz gleichzeitig Umweltziele zu verknüpfen, indem der Kauf<br />

energiesparenderer und damit umweltfreundlicherer Autos gefördert<br />

werden soll. Aber nicht in allen Ländern werden strenge<br />

Abgasnormen oder Grenzwerte für den CO 2 -Ausstoss als Kriterien<br />

herangezogen So waren beispielsweise die so genannte<br />

„Umweltprämie“ in Deutschland und die „Ökoprämie“ in Österreich,<br />

die beide seit Anfang des Jahres 2009 galten, nicht an den CO 2 -<br />

Ausstoss gekoppelt. Ebenso in anderen europäischen Ländern (vgl.<br />

Tabelle 4).<br />

In Deutschland erhielt man ab dem 14. Januar für die Verschrottung<br />

seines mindestens neun Jahre alten Pkw 2.500 Euro (europaweit die<br />

grösste Prämie), wenn der Neuwagen zumindest der seit 2005<br />

28


gültigen Euro 4-Norm entsprach 2 . Die staatlichen Mittel für die Prämie<br />

wurden wegen der unerwartet grossen Nachfrage im April von<br />

ursprünglich 1,5 Milliarden auf fünf Milliarden Euro erhöht und waren<br />

bis zum 2. September ausgeschöpft. In Österreich reichte das<br />

Kontingent von 45 Millionen Euro für die Verschrottungsprämie im<br />

Zeitraum vom 1. April bis zum 8. Juli 2009 für 30.000 Neuwagen. Für<br />

den Eintausch eines mindestens 13 Jahre alten Pkw gegen einen<br />

Neuwagen mit Euro 4 lag in Österreich die Prämie mit 1.500 Euro im<br />

europäischen Mittelfeld. Der Bund trug nur mit 50% zur Zahlung der<br />

Prämie bei, die andere Hälfte wurde von der Kfz-Branche<br />

übernommen. Auch in Grossbritannien, Rumänien, den Niederlanden<br />

und in der Slowakei gelten keine bestimmten Umwelteigenschaften<br />

für den Neuwagen, um die staatlichen Zuschüsse zu erhalten.<br />

Anders gestaltet sind die Bedingungen für die Verschrottungsprämien<br />

in den Vereinigten Staaten, Frankreich, Italien, Luxemburg, Spanien<br />

und Portugal. Dort dienen die Prämien nicht alleine der<br />

Konjunkturbelebung, sondern fördern durch die Bedingung eines<br />

niedrigen CO 2 -Ausstosses zusätzlich den Klimaschutz. Die US-<br />

Regierung verknüpft ihre Prämie „Cash for Clunkers“ an den<br />

Verbrauch des Alt- und Neuwagens. Der Käufer eines Neuwagens<br />

erhielt vom 24. Juli bis zum 24. August 2009 je nach<br />

Verbrauchsersparnis des Neuwagens zwischen 3.500 und 4.500<br />

Dollar Prämie. Das Altauto musste dafür mehr als 13 l auf 100 km<br />

und der Neuwagen nicht mehr als 10,7 l verbrauchen und weniger als<br />

45.000 Dollar kosten. Insgesamt hatte die US-Regierung rund zwei<br />

Milliarden Euro für die Prämie bereitgestellt, die innerhalb eines<br />

Monats aufgebraucht waren. Um einen plötzlichen<br />

Nachfrageeinbruch zu verhindern, werden in Frankreich und<br />

Grossbritannien die Verschrottungsprämien verlängert.<br />

Tabelle 4: Verschrottungsprämien richten sich nur nach Alter des Alter des<br />

Altwagens<br />

Land<br />

Geltungsdauer<br />

Prämie<br />

(€)<br />

Deutschland 14.Jan – 2.Sep 2009 2.500<br />

Staat (€) # Pkw<br />

5.000<br />

Mio.<br />

Alter<br />

Pkw<br />

Anteil*<br />

2 Mio. > 9 100%<br />

Österreich 1.April – 8.Juli 2009 1.500 22,5 Mio. 30.000 > 13 50%<br />

Grossbritannien 18.Mai – 28.Feb 2009 2.250 340 Mio. 300.000 > 10 50%<br />

Rumänien 1.Feb – 31.Dez 2009 915 60 Mio. 60.000 > 10 100%<br />

Niederlande<br />

29.Mai 2009<br />

- 29.Mai 2010<br />

750 –<br />

1.000<br />

85 Mio. 80.000<br />

> 9<br />

(Benzin)<br />

> 13<br />

(Diesel)<br />

100%<br />

2 Erst die seit September 2009 vorgeschriebene Abgasnorm Euro 5 erfordert<br />

beispielsweise einen Dieselpartikelfilter, der für einen fünf Mal geringeren<br />

Russpartikel Ausstoss sorgt als ein Diesel-Pkw mit Euro 4.<br />

29


Slowakei<br />

3. – 25.März 2009<br />

6.Apr – 31.Dez 2009<br />

1.000 -<br />

1.500<br />

1.000<br />

Japan Seit März 2009 2.200<br />

55 Mio. 40.000 > 10 100%<br />

2.700<br />

Mio.<br />

1.000.000 > 13 100%<br />

Tabelle 5: Verschrottungsprämien richten sich zusätzlich nach CO 2 -Ausstoss<br />

des Neuwagens<br />

Land Geltungsdauer Prämie (€) Staat (€) # Pkw CO 2 (g/km) Anteil*<br />

USA<br />

24.Juli – 24.Aug<br />

2009<br />

2.400<br />

3.100<br />

2.000<br />

Mio.<br />

700.000<br />


Rückgänge bei seiner Premiummarke Audi, kann jedoch Dank seiner<br />

Kleinwagenpalette noch einen leichten Zuwachs (0,4%) erzielen, im<br />

deutschen Heimatmarkt sogar stark wachsen (+32%). Das Gleiche<br />

gilt für Ford und Opel, die alle von der Prämie profitierten. Die<br />

Verschrottungsprämie hat also trotz der nicht vorhandenen<br />

Umweltauflagen in vielen Ländern vorwiegend den Verkauf von<br />

umweltfreundlichen Klein –und Kleinstwagen bewirkt, da hier eine<br />

Prämie von 1.500 Euro oder auch 2.500 Euro einen wesentlich<br />

grösseren Kaufanreiz bildet als bei den (verbrauchsintensiveren)<br />

Premiumfahrzeugen der Oberklasse.<br />

Offen ist, wie sich die Autoindustrie ohne die Verschrottungsprämien<br />

entwickelt, die in vielen Ländern inzwischen ausgelaufen sind. Sicher<br />

ist, dass gegenüber dem staatlich gespushten, subventionierten<br />

Absatz in 2009 die Märkte im Jahr 2010 einen deutlichen Rückgang<br />

verzeichnen werden, allerdings wird der Einbruch niedriger ausfallen,<br />

als er 2009 ohne die staatliche Förderung gewesen wäre. Per saldo<br />

über zwei Jahre gerechnet, hat die Prämie also eine deutliche<br />

Marktstützung erreicht, das Ziel der Verschrottungsprämie, die<br />

kurzfristige konjunkturbelebende Wirkung, um einen temporären<br />

drastischen Nachfrage-Einbruch zu verhindern, wurde also erreicht.<br />

Ab 2010 ist wieder mit verbesserten Konjunktur- und damit<br />

Absatzaussichten zu rechnen, auch wenn die Auswirkungen der<br />

Finanzkrise noch lange nicht überwunden sind.<br />

Für das Jahr 2010 ist mit einem Einbruch der Neuzulassungen in<br />

Deutschland um 22 Prozent zu rechnen. Ohne die Prämie, wäre der<br />

Absatz bereits 2009 massiv auf ca. 2,3 Mio. Pkw 3 eingebrochen.<br />

Somit handelt es sich im Jahr 2010 nur um einen scheinbaren<br />

Rückgang, eigentlich findet ein Zuwachs um 0,5 Mio. gegenüber dem<br />

unverzerrten Jahreswert 2009 statt. Ein Vorzieheffekt, bei dem die<br />

ohnehin geplante Nachfrage nur wegen der Prämie auf das Jahr<br />

2009 vorgezogen wurde, kann weitestgehend ausgeschlossen<br />

werden, aufgrund des vorgeschriebenen Mindestalters von 9 Jahres<br />

für das zu verschrottende Auto. Der klassische Neuwagenkäufer<br />

behält sein Fahrzeug wesentlich kürzer, während die Besitzer älterer<br />

Autos grösstenteils Gebrauchtwagenkäufer sind. Somit wurde durch<br />

die staatliche Förderung eine tatsächliche Zusatznachfrage<br />

geschaffen, die konjunkturstabilisierend wirkte (Zweiteffekte auf dem<br />

Gebrauchtwagenmarkt und die zusätzliche Staatsverschuldung<br />

ausser Betracht gelassen).<br />

3 Es können nicht die kompletten 2 Mio. Autos, für die die Prämie ausgezahlt<br />

wurde, als Absatzzuwachs verbucht werden, da ca. 700.000 Fahrzeuge<br />

bereits als Jahreswagen zugelassen waren und somit den tatsächlichen<br />

Zuwachs der Neuzulassungen auf ca. 1,3 Mio. verringert.<br />

31


Pkw-Neuzulassungen in Deutschland<br />

5.000.000<br />

5.000.000<br />

4.500.000<br />

4.500.000<br />

4.000.000<br />

3.500.000<br />

+ 16,5%<br />

3,6 Mio.<br />

+ 1,3 Mio. E.<br />

Abwrackprämie<br />

4.000.000<br />

3.500.000<br />

3.000.000<br />

2.500.000<br />

3,15 Mio.<br />

- 25%<br />

3,09 Mio.<br />

2,8 Mio.<br />

- 22,2% 3,1 Mio.<br />

+ 21%<br />

3,2 Mio.<br />

3.000.000<br />

2.500.000<br />

2.000.000<br />

2,3 Mio.<br />

2007 2008 2009 2010 2011 2012<br />

2.000.000<br />

IWK-Prognose ohne Abwrackprämie<br />

mit Abwrackprämie<br />

Quelle: IWK<br />

Abbildung 1-17: Auswirkungen der Abwrackprämie in Deutschland<br />

Eine Ausweitung oder Verlängerung der Abwrackprämie im<br />

kommenden Jahr ist daher nicht mehr gerechtfertigt, sinnvoll kann<br />

eine staatliche Unterstützung höchstens für den Absatz<br />

umweltfreundlicher Fahrzeuge sein, um die technische Neuerung in<br />

der <strong>Automobilindustrie</strong> voranzubringen, z.B. im Bereich der<br />

Elektrofahrzeuge (vgl. Kapitel 2.2.2.).<br />

1.4.2. Triade bis 2015<br />

Die USA waren bis zum Ausbruch der Finanzkrise mit 16 - 17 Mio.<br />

verkauften Pkw (inkl. light vehicles) der grösste Automobilmarkt der<br />

Welt. Im Jahr 2008 fiel der Absatz auf nur noch 13,2 Mio. Stück und<br />

in den ersten acht Monaten 2009 war ein Rückgang um weitere 28%<br />

zu verzeichnen. Auch die „Cash for Clunkers“-Prämie konnten diesen<br />

Abwärtstrend nur vorrübergehend stoppen, für das Gesamtjahr 2009<br />

wird mit weniger als 10 Mio. verkauften Pkw gerechnet, wovon allein<br />

2 Mio der Prämie zu verdanken sind. Mit anderen Worten: Am US-<br />

Markt hat sich 2008/2009 ein fundamentaler Wandel vollzogen, der<br />

Züge der Jahre 1929/30 aufweist.<br />

Bis ins Mark getroffen von diesem Markteinbruch sind vor allem die<br />

ehemals „Big-Three“ US-Autobauer (GM, Ford und Chrysler), mit<br />

ihren heimischen Werken für SUV´s und „light duty vehicles“ (leichte<br />

Nutzfahrzeuge). Aufgrund ihrer verfehlten Modellpolitik verlieren sie<br />

bereits seit Jahren auf ihrem Heimatmarkt an Boden gegenüber ihren<br />

Wettbewerbern aus Asien, in der aktuellen Krise noch stärker als<br />

vorher. Ihr Marktanteil lag im Jahr 2008 erstmals unterhalb der 50%-<br />

Marke und im Jahr 2009 unterhalb der japanischen „Big-Three“<br />

(Toyota, Honda, Nissan), Toyota hat in den ersten acht Monaten<br />

2009 GM in den USA sogar überholt – die Sinkgeschwindigkeit bei<br />

32


GM war grösser. Allerdings hat sich ebenfalls die Lage der<br />

japanischen und koreanischen Hersteller, die ihre Produktion in den<br />

USA sowie ihre Exporte dorthin immer kontinuierlich steigern<br />

konnten, in den USA deutlich verschlechtert, auch deshalb, weil sie<br />

sich ebenfalls sehr stark mit ihren US-Werken auf den SUV und light<br />

vehicle Bereich nach amerikanischem Geschmack auf- und<br />

eingestellt haben.<br />

Die langfristigen Aussichten auf dem amerikanischen Automobilmarkt<br />

sind zwar besser als der aktuelle Eindruck, er wird über die<br />

kommenden Jahre hinweg aber kaum mehr der weltweit grösste<br />

Absatzmarkt für die <strong>Automobilindustrie</strong> sein. China rückt auf Platz 1.<br />

Unabhängig von dem derzeitigen Einbruch, werden die<br />

Neuzulassungen in den USA im langfristigen Trend jedoch leicht<br />

ansteigen, während sie in Westeuropa eher stagnieren und in Japan<br />

sogar rückläufig sein werden. Als Gründe hierfür sind vor allem der<br />

höhere Mobilitätsbedarf in den USA, das Bevölkerungswachstum und<br />

das langfristig höhere Potenzialwachstum der US-amerikanischen<br />

Wirtschaft anzuführen. Das IWK rechnet daher mit einem<br />

langfristigen Trend von durchschnittlich über 14 Millionen<br />

Neuzulassungen in den USA, während sich der Pkw-Absatz in<br />

Westeuropa trendmässig auf einem Niveau zwischen 14 und 15<br />

Millionen Einheiten einpendeln wird und in Japan langfristig in<br />

Richtung der 4 Millionen-Marke sinkt.<br />

Mio. Stück<br />

20<br />

18<br />

16<br />

14<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

USA (+ light duty) Westeuropa Japan<br />

Trend Amerika Trend Westeuropa Trend Japan<br />

Quelle: VDA, IWK-Prognose<br />

Abbildung 1-18: Prognose Triade<br />

Pkw-Neuzulassungen Triade - 2015<br />

2009 - 2015:<br />

Ø +4,9 % p.a.<br />

2009 - 2015:<br />

Ø +1,6 % p.a.<br />

2009 - 2015:<br />

Ø -0,4 % p.a.<br />

0<br />

1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014<br />

Der westeuropäische Markt zeigt aufgrund der aktuellen staatlichen<br />

Abwrackprämien momentan eine sehr heterogene Entwicklung auf.<br />

Der Gesamtmarkt ist 2009 (durch die künstlich erhöhte Nachfrage in<br />

einzelnen Volumen-Ländern) nur leicht rückläufig und wird im Jahr<br />

2010 wegen des Auslaufens der Sonderkonjunktur stärker<br />

einbrechen, wenn andere Regionen bereits wieder einen Anstieg<br />

verzeichnen. Die durch die Krise aufgestaute Nachfrage (vor allem<br />

bei gewerblichen Nutzern) wird mit verbesserten<br />

Konjunkturaussichten erst ab dem Jahr 2011 greifen und für einen<br />

Anstieg bis 2015 sorgen.<br />

33


In <strong>Europa</strong> nimmt Deutschland, als grösster Absatzmarkt und<br />

Produktionsstandort, eine wichtige Stellung in der <strong>Automobilindustrie</strong><br />

ein. Ebenso wie die anderen westeuropäischen Länder weist auch<br />

Deutschland eine seit Anfang 2000 anhaltende Absatzschwäche auf,<br />

die durch die Abwrackprämie nur künstlich unterbrochen wurde. Das<br />

IWK sieht einen langfristigen Trend der Neuzulassungen in<br />

Deutschland zwischen 3,0 bis 3,3 Millionen Pkw liegen. Gegenüber<br />

den schwachen Absatzzahlen in den Jahren 2007 und 2008 bedeutet<br />

dieser Trend zwar zunächst eine Steigerung, die mit Steuergeldern<br />

künstlich erhöhte Nachfrage 2009 liegt allerdings über diesem Trend.<br />

Mit dem Abklingen der Negativwirkungen der Weltwirtschaftskrise<br />

wird voraussichtlich in den Jahren zwischen 2011 bis 2013<br />

vorübergehend aufgrund des aufgestauten Ersatzbedarfs sogar<br />

temporär fast wieder das hohe Neuzulassungsniveau von Ende der<br />

Neuziger Jahre (3,8 Mio. Pkw) erreicht werden können – allerdings<br />

nicht dauerhaft. Dass es dazu kommt, dafür spricht die anhaltende<br />

Alterung der deutschen PKW-Flotte und der inzwischen seit fast<br />

einem Jahrzehnt zurück gestaute Ersatzbedarf. Ab dem Jahr 2014<br />

wird die strukturelle Stagnation der Nachfrage durchschlagen, mit<br />

konjunkturellen Schwankungen um den langfristigen Trend.<br />

Deutschland - Pkw-Absatz<br />

4.500<br />

4.000<br />

Prognose<br />

3.500<br />

Tausend Stück<br />

3.000<br />

2.500<br />

2.000<br />

1.500<br />

1.000<br />

500<br />

0<br />

1970<br />

1973<br />

1976<br />

1979<br />

1982<br />

1985<br />

1988<br />

1991<br />

1994<br />

1997<br />

2000<br />

2003<br />

2006<br />

2009<br />

2012<br />

2015<br />

2018<br />

Quelle: IWK<br />

Abbildung 1-19: Prognose Pkw-Absatz in Deutschland<br />

1.4.3. Wachstumsmärkte (BRIC-Staaten) bis 2015<br />

Die wesentlichen Wachstumsmärkte der <strong>Automobilindustrie</strong> werden<br />

die BRIC-Staaten sein, die gegenwärtig zwar unterschiedlich stark<br />

von der Wirtschaftskrise getroffen sind, aber einen strukturellen Trend<br />

auf ihren Automobilmärkten aufweisen, der steil nach oben geht.<br />

Entsprechend der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (vgl. Kapitel<br />

1.2.) werden die Emerging Countries der <strong>Automobilindustrie</strong> ein<br />

immenses Wachstum bescheren, das allerdings zunehmend von der<br />

lokalen <strong>Automobilindustrie</strong> vor Ort bedient wird und nicht mehr über<br />

den Export von den etablierten Produktionsländern.<br />

Die Volksrepublik China ist nicht nur der am schnellsten wachsende<br />

Automobilmarkt weltweit, sondern mittlerweile auch die wichtigste<br />

34


Stütze für die gesamte <strong>Automobilindustrie</strong>. In den ersten acht<br />

Monaten verzeichnete China einen Absatzzuwachs von 30%<br />

gegenüber dem Vorjahreszeitraum und war damit erstmals weltweit<br />

grösster Automobilmarkt, noch vor den USA. Während viele wichtige<br />

Absatzregionen in Folge der weltweiten Wirtschaftskrise starke<br />

Einbrüche verzeichneten, war in China nur eine kurze Stagnation<br />

Anfang 2009 zu bemerken und ab Frühjahr konnte mit Hilfe der<br />

staatlichen Konjunkturmassnahmen aus Peking (v.a.<br />

Steuererleichterungen beim Kauf von kleinmotorigen Autos) das<br />

rasante Wachstum der Vorjahre fortgesetzt werden. Mit jährlichen<br />

Wachstumsraten von über 20% hat sich der chinesische<br />

Automobilmarkt in einem atemberaubenden Tempo innerhalb von<br />

zehn Jahren quasi aus dem Nichts zu einem der grössten<br />

Absatzmärkte weltweit entwickelt, auf dem jeder der weltweiten<br />

Hersteller präsent sein muss. In der aktuellen Krise ist der florierende<br />

chinesische Markt für die Hersteller umso wichtiger, der Volkswagen-<br />

Konzern setzt beispielsweise inzwischen mit über einer Million<br />

Fahrzeugen mehr als 15 % seiner Fahrzeuge in China ab. Das<br />

Absatzvolumen von VW ist damit in China um ein Vielfaches grösser<br />

als in bereits entwickelten Märkten wie den USA oder Japan.<br />

Das Potenzial des chinesischen Automobilmarkts ist trotz der bereits<br />

erzielten Zuwächse weiterhin hoch, der Ausstattungsgrad der<br />

Bevölkerung mit einem eigenen Pkw ist noch immer extrem niedrig.<br />

Berechnungen des Internationalen Währungsfonds zufolge würde<br />

sich in China die Zahl der Automobile pro 1.000 Einwohner bei gleich<br />

bleibender wirtschaftlicher Entwicklung von derzeit 20 auf 267 bis<br />

zum Jahr 2035 erhöhen. Das wären dann rund 350 Millionen Autos<br />

auf Chinas Strassennetz, das bereits heute mit den vorhanden 30<br />

Millionen Fahrzeugen teilweise hoffnungslos überfordert ist. Da die<br />

wirtschaftlichen Wachstumsraten nicht auf dem jetzigen Niveau<br />

bleiben werden, ist von einer langsameren Zunahme der Fahrzeuge<br />

in China auszugehen, die in ihrem absoluten Ausmass<br />

nichtsdestotrotz alles bisher da gewesene übertrumpfen wird.<br />

Diese gigantischen Wachstumsaussichten des chinesischen<br />

Automobilmarktes – bei gleichzeitig gesättigten Märkten in den<br />

Industrieländern – haben zu einer „herdenartigen Flucht“ der globalen<br />

<strong>Automobilindustrie</strong> nach China geführt. Der chinesische<br />

Automobilmarkt ist für alle westlichen Automobilkonzerne ein<br />

entscheidendes Unternehmensstandbein geworden und hat sich<br />

dementsprechend zu einem hart umkämpften Markt entwickelt.<br />

Parallel zur Absatzentwicklung wurde in China auch die<br />

Automobilproduktion aufgebaut. Da nur wenige Autos aus dem<br />

Ausland nach China importiert werden und die Exporte von<br />

chinesischen Produktionsstandorten auch (noch) sehr gering sind,<br />

wächst die Fahrzeug-Produktion in China im Gleichschritt mit der<br />

Nachfrage auf dem chinesischen Markt. Seit 1998 hat sich die Pkw-<br />

Produktion bis zum Jahr 2008 mehr als verzehnfacht. Allein von 2006<br />

bis 2007 stieg die Anzahl der in China produzierten Fahrzeuge um<br />

35


1,5 Millionen Einheiten, im Jahr 2008 um weitere 500.000. China<br />

steht damit mittlerweile hinter Japan und noch vor den USA weltweit<br />

an zweiter Stelle und hat sich als wichtiger Produktionsstandort für<br />

alle grossen Automobilkonzerne etabliert. Im Jahr 2008 wurden<br />

insgesamt 9,3 Millionen Fahrzeuge in China hergestellt, in<br />

Deutschland ging die Automobilproduktion im Vergleich dazu um 3%<br />

auf 6 Millionen Fahrzeuge zurück.<br />

Neuzulassungen, Fahrzeuge insgesamt<br />

Millionen Stück<br />

Millionen Stück<br />

20<br />

18<br />

16<br />

14<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

14<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

1998<br />

1999<br />

Japan<br />

2000<br />

2001<br />

2002<br />

2003<br />

2004<br />

2005<br />

Produktion, Fahrzeuge insgesamt<br />

Deutschland<br />

USA<br />

China<br />

Deutschland<br />

2006<br />

2007<br />

2008<br />

USA<br />

China<br />

Japan<br />

4<br />

2<br />

0<br />

1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008<br />

Quelle: VDA<br />

Abbildung 1-20: China: Neuzulassungen und Produktion im internationalen<br />

Vergleich<br />

In seinem absoluten Ausmass übertrumpft der chinesische<br />

Automobilmarkt alle anderen Wachstumsländern bei weitem und in<br />

Zukunft wird dies noch deutlich stärker der Fall sein. In den<br />

kommenden Jahren werden die Wachstumsraten voraussichtlich<br />

deutlich unterhalb der im ersten Halbjahr 2009 erreichten 25% liegen<br />

und nur 6% -8% betragen. Aber selbst dann wird der Absatz in China<br />

im Jahr 2015 bei über 14 Mio. Fahrzeugen liegen.<br />

Der zweite wichtige asiatische Wachstumsmarkt Indien wird diese<br />

Grössenordnung bei weitem nicht erreichen können, spielt für die<br />

internationalen Herstellerkonzerne aber trotzdem eine zunehmend<br />

wichtigere Rolle. Davon zeugt auch die Eröffnung des neuen<br />

Volkswagen Werks in Pune im Frühjahr 2009, wo der Skoda Fabia<br />

und ab Anfang 2010 der VW Polo produziert werden. Der Boom des<br />

indischen Automobilmarktes mit Zuwachsraten von 15% - 25% in den<br />

vergangenen 5 Jahren wurde durch die weltweite Finanzkrise nur<br />

kurzzeitig gestoppt, mit einem Wachstum von lediglich 1% im Jahr<br />

2008. In den ersten acht Monaten 2009 konnte der Pkw-Absatz<br />

bereits wieder um 8% zulegen, für das Gesamtjahr 2009 rechnet das<br />

IWK mit einem Anstieg der Pkw-Verkäufe um 10% auf 1,9 Mio. Stück.<br />

In den nächsten Jahren ist in Indien mit einer wachsenden<br />

Mittelschicht mit erhöhter Kaufkraft zu rechnen, sodass bei einer<br />

36


Motorisierungsdichte von 11 Pkw pro 1.000 Einwohner in diesem<br />

Subkontinent anhaltend lebhafte Wachstumsraten des<br />

Automobilmarktes geradezu vorprogrammiert sind. Der Pkw-Absatz<br />

wird sich innerhalb der nächsten 5 Jahre auf über 4 Mio. Einheiten<br />

mehr als verdoppeln. Eine wichtige Bedeutung wird dabei den<br />

Billigautos des Einstiegssegmentzukommen, wie dem Nano von Tata,<br />

aus heimischer Produktion und mit westlicher Technik (Bosch).<br />

Generell steht ausser Zweifel, dass Indien dank seiner geografischen<br />

Lage und seiner Kostenvorteile als Produktionsstandort immer<br />

wichtiger wird. Mit einer Produktion von 2,3 Millionen Kraftfahrzeugen<br />

und einem Export von gerade einmal 260.000 Einheiten, steht das<br />

Land eher noch am Anfang eines dynamischen<br />

Entwicklungsprozesses. Dabei ist an der Entschlossenheit der<br />

einheimischen Anbieter, künftig auch auf internationalem Parkett auf<br />

sich aufmerksam zu machen, nicht zu zweifeln.<br />

Der Automobilmarkt Russland war dank hoher Zuwachsraten ersten<br />

Halbjahr 2008 bereits kurzzeitig grösster Neuwagenmarkt <strong>Europa</strong>s<br />

(vor Deutschland) bis der Absatz in Folge der globalen<br />

Wirtschaftskrise dramatisch einbrach. Seit Ende 2008 sind hier<br />

Rückgänge im Pkw-Verkauf um 50% zu verzeichnen und 2009 wird<br />

der Absatz nur noch bei rd. 1,5 Mio. Pkw liegen, nach 2,9 Mio. im<br />

Jahr 2008. Damit fällt der Markt unter das Niveau des Jahres 2005<br />

und erreicht im europäischen Vergleich nur den fünften Platz. Ab<br />

Frühjahr 2010 ist mit einer Erholung des russischen<br />

Automobilmarktes zu rechnen, aufgrund einer generellen leichten<br />

wirtschaftlichen Erholung (steigende Rohöl- und Erdgas-Einnahmen)<br />

und der von der Regierung beschlossenen Massnahmen zur<br />

Stützung des Kfz-Absatzes. Hierzu zählen subventionierte Kredite für<br />

den Kauf von in Russland montierten Neuwagen in- und<br />

ausländischer Marken und ein aktuell beschlossenes<br />

Abwrackprogramm. Längerfristig werden dem Absatzmarkt Russland<br />

weiterhin gute Perspektiven eingeräumt, im Jahr 2013 könnte das<br />

Niveau von 2008 bereits wieder übertroffen werden und nach 2015<br />

sogar die 4 Mio.-Marke. Die Zukunft des russischen Pkw-Markts<br />

gehört eindeutig den ausländischen Herstellern, die die russischen<br />

Marken zunehmend verdrängen und ihren Marktanteil innerhalb<br />

weniger Jahre auf über zwei Drittel steigern konnten. Ein Grossteil<br />

der westlichen Marken wird dabei in Kooperation mit den<br />

einheimischen Herstellern produziert, immer mehr westliche OEMs<br />

bauen aber auch eigene Werke in Russland auf (vgl. Kap. 4.2).<br />

Als vierter grosser Wachstumsmarkt der Welt gilt Brasilien. Nach<br />

einigen Turbulenzen in den 1990er Jahren weist der brasilianische<br />

Automobilmarkt mittlerweile ein stabiles Wachstum auf und der<br />

Absatz konnte sich innerhalb von fünf Jahren mehr als verdoppeln,<br />

auf 2,7 Mio. light vehicles (2008). Die Auswirkungen der weltweiten<br />

Finanzkrise sind allerdings auch am brasilianischen Automobilmarkt<br />

nicht spurlos vorbeigegangen, im Jahr 2009 gibt es eine<br />

Wachstumspause auf in etwa gleichem Niveau, wie im Vorjahr. In<br />

37


Anbetracht der dramatischen Einbrüche auf den anderen süd- und<br />

nordamerikanischen Automobilmärkten, sowie der hohen<br />

Abhängigkeit der brasilianischen Wirtschaft von Einnahmen aus dem<br />

Rohstoffgeschäft (s. Russland) ist das Verharren bei 2,7 Mio.<br />

verkauften light vehicles als Beweis für die Stabilität und das weitere<br />

Wachstumspotenzial des brasilianischen Automarktes zu werten.<br />

Langfristig sind in Brasilien zwar keine vergleichbaren Zuwachsraten<br />

wie in den anderen drei oben aufgeführten Ländern zu erwarten, mit<br />

durchschnittlich 5 % Wachstum wird der brasilianische Markt bis 2015<br />

immerhin auf 3,5 Mio. Einheiten anwachsen können. Als regionale<br />

Besonderheit verzeichnen in Brasilien so genannte Flexi-Fuel-<br />

Fahrzeuge 4 ein hohes Wachstum. Der Anteil dieser Fahrzeuge stieg<br />

in den vergangen Jahren an, auf über 2 Mio. Einheiten im Jahr 2008,<br />

mehr als 80% des Gesamtabsatzes. Die wichtigsten Akteure in<br />

Brasilien sind die drei Hersteller Fiat, VW und GM, die jeweils ca. ein<br />

Viertel der dortigen Nachfrage abdecken. Aber auch andere<br />

Hersteller wie Toyota, Hyundai oder der chinesische Hersteller Chery<br />

wollen in Brasilien verstärkt aktiv werden und planen den Aufbau<br />

eigener Werke vor Ort. Denn neben dem Wachstum des dortigen<br />

Marktes sind auch die Exportmöglichkeiten in den gesamten süd- und<br />

mittelamerikanischen Raum ein wichtiges Standortkriterium für<br />

Brasilien.<br />

Insgesamt bleibt festzuhalten, dass allein diese vier BRIC-Staaten für<br />

einen bisher unbekannten Wachstumsschub in der<br />

<strong>Automobilindustrie</strong> sorgen werden. Im Jahr 2015 wird der Pkw-Absatz<br />

in diesen vier Märkten zusammen ein Niveau von mehr als 25 Mio.<br />

Fahrzeugen erreicht haben, zehn Millionen mehr als 2009. Von<br />

diesem Zuwachs entfallen allein fünf Millionen auf China, den mit<br />

Abstand wichtigsten und grössten Markt der Zukunft. Indien,<br />

Russland und Brasilien werden zusammengenommen aber ebenfalls<br />

um rund fünf Millionen Einheiten wachsen können. Alle in der<br />

globalen <strong>Automobilindustrie</strong> tätigen Unternehmen (Hersteller wie<br />

Zulieferer) müssen auf dieses Wachstum vorbereitet und in den<br />

entsprechenden Märkten aktiv sein, wenn sie den Anschluss nicht<br />

verpassen wollen.<br />

4 Diese Fahrzeuge können alternativ mit Benzin, Ethanol sowie einer<br />

beliebigen Mischung der beiden Treibstoffe betrieben werden. Die<br />

entsprechende Technik wurde in den Neunziger Jahren bei Bosch entwickelt<br />

und 2003 eingeführt.<br />

38


16<br />

Pkw (light vehicle)-Verkäufe in den BRIC-Staaten<br />

14<br />

12<br />

Millionen Stück<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015<br />

Brasilien Russland Indien China<br />

Quelle: VDA; Global Insight; Eigene Berechnung IWK<br />

Abbildung 1-21: Prognose BRIC-Staaten<br />

39


2. Externe Veränderungstreiber in der <strong>Automobilindustrie</strong><br />

2.1. Entwicklung der Rohstoff- & Energiepreise<br />

Die turbulente Entwicklung der Rohstoff- und Energiepreise in den<br />

letzten Jahren war – neben anderen Faktoren – ein wesentlicher<br />

Grund für die derzeitige strukturelle Krise der <strong>Automobilindustrie</strong>. Die<br />

Produktionskosten der Hersteller und Zulieferer nahmen aufgrund<br />

stark steigender Preise für Rohmaterialien, wie beispielsweise für<br />

Stahl, und einem dramatischen Anstieg der Energiepreise erheblich<br />

zu. Innerhalb von nur sechs Jahren hatte sich bis Mitte des Jahres<br />

2008 der Preis für Edelmetalle mehr als verdreifacht und die<br />

Energiepreise waren sogar sieben Mal so hoch wie Anfang 2002. Als<br />

Vergleich, im Zeitraum von 2002 bis 2008 fand bei den Lebensmitteln<br />

„nur“ einer Verdoppelung der Preise statt.<br />

Ausgelöst wurde dieser enorme Preisanstieg vor allem durch die<br />

steigende Rohstoffnachfrage der wirtschaftlichen Schwellenländer,<br />

allen voran China und Indien. Das rasante Wachstum der dortigen<br />

Industriezweige verursachte eine stark erhöhte Nachfrage nach den<br />

nötigen Rohstoffen, mit der das Angebot auf dem Weltmarkt nicht<br />

mehr mithalten konnte.<br />

Ab der zweiten Hälfte des Jahres 2008 machte sich die<br />

Weltwirtschaftskrise bemerkbar und die Rohstoff- und Energiehausse<br />

fand ein abruptes Ende. Dieses war allerdings nur von kurzer Dauer:<br />

Seit Anfang 2009 ziehen die Energiepreise auf dem Weltmarkt bereits<br />

wieder an und liegen wieder dreieinhalb Mal so hoch wie Anfang<br />

2002. Die Lebensmittelpreise haben ebenfalls ab Mitte 2008 deutlich<br />

nachgelassen, der Preis für Edelmetalle wich dagegen nur kurz von<br />

seinem Aufwärtstrend ab.<br />

Entwicklung der Rohstoffpreise<br />

Jan 2002 = 100; Basis: US$<br />

800<br />

700<br />

600<br />

500<br />

400<br />

300<br />

200<br />

100<br />

0<br />

2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009<br />

Energie Edelmetalle Lebensmittel<br />

Quelle: FERI, eigene Darstellung<br />

Abbildung 2-1: Anstieg der Rohstoffpreise<br />

Für die <strong>Automobilindustrie</strong> ging dieser starke Anstieg der Einkaufsund<br />

Produktionskosten über die gesamte Wertschöpfungskette<br />

gesehen nahezu ungebremst direkt zu Lasten der Gewinnmarge, da<br />

die meisten Unternehmen die gestiegenen Kosten kaum an ihre<br />

Kunden weitergeben konnten, der hohe globale Wettbewerbsdruck<br />

40


und die schwache Nachfrage an den Absatzmärkten liessen das nicht<br />

zu. Denn die Autokäufer waren als Konsumenten von dem starken<br />

Anstieg der Energiekosten ebenfalls betroffen, der bei ihnen für einen<br />

realen Kaufkraftentzug und einen entsprechenden Rückgang der<br />

Mineralölverbräuche und der PKW-Nutzung sorgte. Allein in<br />

Deutschland belief sich der Kaufkraftentzug zeitweise auf bis zu 15<br />

Milliarden Euro. Die Verbraucher sahen sich Mitte 2008 mit einem<br />

Rohölpreis konfrontiert, der mit bis zu 130 US$ pro Barrel sogar<br />

inflationsbereinigt deutlich über dem Höchstwert der letzten Ölkrise<br />

im Jahr 1979 lag.<br />

In den USA waren die Autofahrer von diesem Ölpreisanstieg gleich<br />

dreifach betroffen:<br />

<br />

Der Grossteil der amerikanischen Pkw-Flotte besteht aus<br />

schweren, grossmotorigen Off-Road-Fahrzeugen, wie Pick-ups<br />

und SUVs (Sport Utility Vehicle), die einen sehr hohen<br />

Kraftstoffverbrauch haben und nach 2002 durch heftige<br />

Rabattschlachten der US-Hersteller weit über den Normalbedarf<br />

hinaus in den Markt gedrückt wurden. Entsprechend ist der Pkw-<br />

Bestand in den USA aktuell vergleichsweise jung.<br />

Aufgrund des relativ niedrigen Steueranteils für Benzin in den<br />

USA, schlug sich der Ölpreisanstieg an den amerikanischen<br />

Tankstellen überproportional auf die Budgets der Konsumenten<br />

durch – da brachten auch „prayer at the pump“ 5 keine Hilfe,<br />

während beispielsweise in <strong>Europa</strong> der hohe fixe Steueranteil<br />

(Mineralölsteuer) wie ein Puffer wirkte.<br />

Der sinkende Wechselkurs des US-Dollars sorgte ebenfalls für<br />

eine stärkere Auswirkung in den USA als in <strong>Europa</strong>. So stieg<br />

Rohölpreis im Zeitraum 2002 bis 2008 von 20 Euro auf einen<br />

Höchststand von 90 Euro (+350%), während er im gleichen<br />

Zeitraum von 20 US$ auf 140 US$ anstieg (+600%).<br />

Dementsprechend war der US-Markt der erste grosse Absatzmarkt,<br />

auf dem die Neuwagenverkäufe seit 2006 bereits zurück gingen, in<br />

den Jahren 2006 und 2007 noch in geringem Ausmass, gegen Mitte<br />

des Jahres 2008, als auch der Höchststand des Ölpreises erreicht<br />

war, dann mit einem Rückgang um zeitweise bis zu 50%. Besonders<br />

getroffen von dieser Entwicklung waren die drei grossen US-<br />

Hersteller + Toyota, mit ihrer auf „Spritfresser“ ausgerichteten<br />

Modellpolitik. Die asiatischen Anbieter mit ihren überwiegend kleinen<br />

5 Als Mitte 2008 der Preis für eine Gallone (3,79 Liter) Kraftstoff auf vier<br />

Dollar (rund 2,60 Euro) anstieg, bildete sich in den USA die religiöse<br />

Bewegung „Prayer at the pump“, die an den Tankstellen für billigeres<br />

Benzin betete.<br />

41


Autos, konnten dagegen zunächst noch profitieren und Marktanteile<br />

hinzugewinnen.<br />

Blickt man zurück, so stellt der Rohölpreis einen klassischen systemimmanenten<br />

Konjunkturstabilisator dar, da er eine boomende<br />

Wirtschaft mit entsprechend hoher Ölnachfrage durch einen hohen<br />

Preis abbremst und bei einer konjunkturellen Abschwächung und<br />

damit verbundenem niedrigeren Ölbedarf durch einen sinkenden<br />

Preis den Druck auf die Wirtschaft verringert. In der gegenwärtigen<br />

Situation ist dies zwar auch der Fall, die <strong>Automobilindustrie</strong> kann von<br />

diesem Effekt allerdings nur in einem geringen Umfang profitieren.,<br />

da die negativen Effekte der weltweiten Wirtschaftskrise schwerer<br />

wogen. Die Nachfrage nach Fahrzeugen ging in den Industrieländern<br />

(ohne staatliche Fördermassnahmen) stark zurück und in einigen<br />

vorherigen Boomregionen wie Russland oder Brasilien brach die<br />

Nachfrage weg. Dort hatten die hohen Rohstoffpreise für ein starkes<br />

Wachstum der Wirtschaft, und auch der Neuzulassungen, gesorgt,<br />

das plötzlich aufgrund der sinkenden Einnahmen aus dem<br />

Rohstoffexport gestoppt wurde.<br />

Eine Prognose, wie sich der Ölpreis kurzfristig entwickeln wird, ist<br />

gegenwärtig äusserst schwierig, da er im Wesentlichen von der<br />

weiteren konjunkturellen Entwicklung der Weltwirtschaft abhängt.<br />

Wichtiger als die kurzfristige Sicht ist jedoch die Erkenntnis, dass die<br />

Zeiten billigen Öls langfristig vorbei sind, da die weltweiten Reserven<br />

knapper werden und nur bei entsprechend hohen Ölpreisen lukrativ<br />

zu fördern sind. Obwohl sich die Konjunkturaussichten in den<br />

Industrieländern noch nicht dauerhaft erholt haben, stieg der Ölpreis<br />

seit seinem Tiefststand von 34 US$ (Dez. 2008) mittlerweile wieder<br />

auf über 70 US$ (Sept. 2009) an. Ein weiterer Anstieg gilt bei<br />

verbesserter wirtschaftlicher Lage als sicher.<br />

Im langfristigen Trend wird also die weltweite Energienachfrage<br />

ansteigen, hauptsächlich getrieben von den Ländern ausserhalb der<br />

OECD. In den letzten Jahren hatten diese Entwicklungs- und<br />

Schwellenländer einen Beitrag von 90% zum Wachstum des<br />

weltweiten Energieverbrauchs, d.h. der Anstieg der weltweiten<br />

Energienachfrage kam nahezu komplett aus den Nicht-OECD-<br />

Ländern, während in den westlichen Industrieländern kaum ein<br />

Anstieg im Energiebedarf festzustellen war. Dieser Trend wird auch in<br />

Zukunft weiter anhalten, die Energienachfrage in der OECD wird<br />

nahezu konstant bleiben, ausserhalb der Industrieländer wird die<br />

Nachfrage dagegen bis zum Jahr 2020 um rund 50% ansteigen.<br />

42


in Brd. (10 15 ) Energieeinheiten (Btu)<br />

700,0<br />

600,0<br />

500,0<br />

400,0<br />

300,0<br />

200,0<br />

100,0<br />

Energienachfrage<br />

Nicht OECD<br />

OECD<br />

339<br />

303<br />

263<br />

221<br />

241 250 261 269<br />

0,0<br />

2005 2010 2015 2020<br />

Quelle: EIA, eigene Darstellung<br />

Abbildung 2-2: Weltenergienachfrage 2005-2020<br />

Zusätzlich zu ihrem höheren Wirtschaftswachstum weisen die<br />

grossen Wachstumsländer China und Indien bisher eine höhere<br />

Energieintensität ihres Wachstums auf. Der Energieaufwand, der für<br />

die Produktion einer BIP-Einheit benötigt wird, ist in China mehr als<br />

viermal und in Indien fast dreimal so hoch wie in Deutschland. Die<br />

Energieeffizienz ihrer Produktionsprozesse erheblich zu verbessern<br />

wird also in Zukunft eine zentrale Aufgabe für die betreffenden<br />

Länder sein – sehr zum Wohl des deutschen Maschinenbaus, der in<br />

solchen Dingen führend ist. Die beiden Faktoren hohes BIP-<br />

Wachstum und niedrige Energieeffizienz in den Emerging Countries<br />

werden indessen im Trend für einen stark wachsenden Energiebedarf<br />

weltweit sorgen, der mit den knapper werdenden Ressourcen<br />

gedeckt werden muss. Dies wird sich entsprechend auf den Ölpreis<br />

auswirken, aber auch andere Energieträger wie Erdgas, das preislich<br />

an den Ölpreis gekoppelt ist, und Kohle werden sich wieder<br />

verteuern.<br />

40.000<br />

35.000<br />

30.000<br />

25.000<br />

20.000<br />

15.000<br />

Energieintensität<br />

Energieverbrauch (BTU) je BIP-Einheit (US$)<br />

35.766<br />

24.799<br />

Welt: 12.749<br />

10.000<br />

9.113<br />

7.396<br />

6.539<br />

5.000<br />

0<br />

USA Deutschland China Indien Japan<br />

Quelle: EIA, eigene Darstellung<br />

Abbildung 2-3: Energieeffizienz<br />

43


Kurzum: Ein langfristiger Ölpreisanstieg ist trotz temporärer<br />

Abweichungen unausweichlich. Der Preiseinbruch im Zuge der<br />

Wirtschaftskrise oder durch die Entdeckung neuer Ressourcen kann<br />

nur kurzfristig sein. Auch andere Rohstoffe, die für die industrielle<br />

Produktion nötig sind, werden einen ähnlichen langfristigen Trend<br />

aufweisen, ebenfalls im Wesentlichen getrieben durch die steigende<br />

Nachfrage in den Emerging Countries. Der Preisanstieg wird für diese<br />

anderen Rohstoffe durchschnittlich etwas weniger steil ausfallen als<br />

im Energiebereich, da mehr weltweite Ressourcen vorhanden sind.<br />

200,00<br />

180,00<br />

160,00<br />

140,00<br />

120,00<br />

100,00<br />

80,00<br />

60,00<br />

40,00<br />

20,00<br />

Ölpreis - langfristige Entwicklung<br />

(US$/barrel)<br />

Prognose<br />

langfr. Trend<br />

0,00<br />

1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020<br />

Quelle: FERI, eigene Darstellung<br />

Abbildung 2-4: Langfristige Ölpreisentwicklung<br />

Die <strong>Automobilindustrie</strong> muss sich also auf ein deutlich höheres<br />

Ölpreisniveau als in der Vergangenheit einstellen und ihre<br />

Modellpolitik und Antriebstechnologie entsprechend anpassen. Für<br />

die Endkunden wird der Benzinverbrauch ein zunehmend wichtigeres<br />

Entscheidungskriterium beim Autokauf werden. Zumal die aktuelle<br />

Krise der Weltwirtschaft vielfach Anlass zu künftig rationalerem<br />

Verbraucherverhalten sein dürfte. All dies läuft auf eine<br />

überproportionale Bevorzugung der unteren PKW-Marktsegemente<br />

hinaus. Und auch in der Produktion werden die langfristig steigenden<br />

Rohstoffpreise bei Zulieferern und Herstellern für einen weiter<br />

anhaltenden Kostendruck wirken, so dass sich die Branche in der<br />

gegenwärtigen Phase nicht auf den niedrigen Kosten ausruhen darf,<br />

sondern die nötigen technologischen Anpassungen an hohe<br />

Rohstoffpreise weiter vorantreiben muss.<br />

2.2. Neue Anforderungen zur Umweltverträglichkeit<br />

2.2.1. Aktuelle und künftige gesetzliche Auflagen<br />

Einer der wichtigsten zukünftigen Technologietreiber in der gesamten<br />

Automobilbranche ist die Fokussierung auf die zunehmend<br />

erforderliche Umweltverträglichkeit. Einerseits hat die<br />

<strong>Automobilindustrie</strong> durch die oben beschriebene Verteuerung der<br />

Rohstoffe aus Kostengründen ein Eigeninteresse an diesem Thema,<br />

44


zweitens spielt bei den Kunden der Umweltaspekt beim<br />

Neuwagenkauf eine zunehmend wichtigere Rolle, und drittens<br />

müssen in Zukunft wesentlich strengere gesetzliche Vorschriften und<br />

Auflagen zum Umweltschutz eingehalten werden. Dies alles wird<br />

erhebliche strukturelle Auswirkungen auf die gesamte Branche<br />

haben. Die Automobilhersteller und Zulieferer müssen ein<br />

entsprechendes Umweltkonzept entwickeln, das alle Phasen von der<br />

Entwicklung, Produktion, Nutzung bis hin zur Verwertung eines<br />

Automobils einschliesst, wobei die Schwerpunkte in folgenden<br />

Bereichen liegen:<br />

Minderung der Schadstoff-Emissionen und des<br />

Kraftstoffverbrauchs<br />

Schonender und effizienter Einsatz der Ressourcen<br />

Umweltfreundliche Produktion<br />

Geschlossener Materialkreislauf (Recycling und Entsorgung)<br />

Der wichtigste Ansatzpunkt für die gesetzliche Umweltpolitik ist dabei<br />

mit Sicherheit der Schadstoffausstoss der Fahrzeuge. Im Rahmen<br />

der globalen Klimaerwärmung und des Treibhauseffekts erhält die<br />

Reduzierung des CO 2 -Ausstosses eine zunehmende politische<br />

Bedeutung. Der Verkehr trägt dabei mit 26% erheblich zu den CO 2 -<br />

Gesamtemissionen in der Europäischen Union bei, und für etwa die<br />

Hälfte dieser Emissionen ist der Pkw-Verkehr verantwortlich.<br />

Bei den staatlichen Abwrackprämien knüpfen nur einzelne Ländern<br />

die Prämienzahlung an strenge Umweltauflagen, in den meisten<br />

Ländern (wie Deutschland) wurde diese Massnahme aber trotz der<br />

offiziellen Bezeichnung als „Umweltprämie“ nur als Konjunkturhilfe für<br />

die <strong>Automobilindustrie</strong> eingeführt (vgl. Kapitel 1.4.1.). Die<br />

französische Regierung verfolgt zusätzlich schon seit Januar 2008<br />

ein Bonus-Malus-System, bei dem der Kauf schadstoffniedriger<br />

Neuwagen mit bis zu 5.000 Euro subventioniert und der Kauf CO 2 -<br />

intensiver Neuwagen mit bis zu 2.600 Euro Strafzahlung belegt wird.<br />

Dies kann aber ebenfalls als staatliche Subventionierung für die<br />

nationalen Hersteller betrachtet werden, da vor allem die<br />

französischen Kleinwagen von dieser Regelung profitieren.<br />

Innerhalb der Europäischen Union haben sich die Mitgliedsstaaten<br />

inzwischen auch auf einheitliche langfristige Vorgaben zur CO 2 -<br />

Reduzierung im Strassenverkehr geeinigt. Nachdem die<br />

europäischen Pkw-Hersteller ihre freiwillige Selbstverpflichtung von<br />

140 g/km CO 2 bis 2009 nicht einhalten konnten, hat das EU-<br />

Parlament im April 2009 erstmals ein Emissionslimit erlassen. Der<br />

CO 2 -Ausstoss von Neuwagen innerhalb der EU soll ab 2012<br />

schrittweise sinken, von derzeit knapp 160 g/km auf 130 g/km 6 im<br />

6 weitere 10 g/km sollen zusätzlich durch den Einsatz von Biokraftstoffen<br />

45


Jahr 2012. Für jeden grossen Hersteller wird ein Flottenzielwert<br />

ermittelt, der von dem Produktportfolio, also dem<br />

Durchschnittsgewicht der Flotte der Hersteller abhängig ist. Für<br />

Hersteller von schweren Premiumfahrzeugen bedeutet das eine<br />

Senkung des CO 2 -Ausstosses auf einen Wert, der etwas über dem<br />

EU-Zielwert von 130 g/km liegt, für Kleinwagenhersteller etwas<br />

darunter. Da es bei grossen, schweren Autos mit einem hohen<br />

Verbrauch mehr Möglichkeiten zur CO 2 -Senkung gibt, müssen diese<br />

Hersteller nach den EU-Vorgaben den Flottendurchschnitt nicht nur<br />

absolut in g/km stärker senken, sondern auch relativ zu ihrem<br />

derzeitigen Ausgangswert. Für Premiumanbieter wie Daimler und<br />

BMW bedeutet dies eine Reduzierung um ca. 25% auf 135 g/km bzw.<br />

138 g/km, während Hersteller von kleineren Fahrzeugen 12% bis<br />

16% CO 2 -Minderung durchführen müssen, um dann einen Zielwert<br />

deutlich unter 130 g/km zu realisieren.<br />

Um die branchentypischen Produktionszyklen zu berücksichtigen,<br />

wird diese neue EU-Regelung gestaffelt eingeführt. Damit<br />

Fahrzeugmodelle, die heute neu in den Markt eingeführt werden,<br />

auch noch die nächsten Jahre unverändert vom Band laufen können,<br />

müssen im Jahr 2012 erst 65% der Neuwagenflotte die Werte<br />

erfüllen. In den Folgejahren steigt die Quote zunächst auf 75% und<br />

später auf 80%, und bis zum Jahr 2015 haben 100% der<br />

Neuwagenflotte das Ziel zu erfüllen. Zusätzlich soll langfristig bis<br />

2020 der durchschnittliche CO 2 -Ausstoss auf 95 g/km gesenkt<br />

werden.<br />

Abbildung 2-5: Geforderte CO 2 -Reduzierung nach Herstellern<br />

Für den Fall, dass der jeweilige Grenzwert für die Flotten-Emissionen<br />

überschritten wird, sieht die EU-Kommission Strafzahlungen für den<br />

entsprechenden Hersteller vor. Ab 2012 muss für jedes Gramm CO 2 -<br />

und so genannten Ökoinnovationen eingespart werden.<br />

46


Ausstoss über dem Grenzwert Strafe gezahlt werden. Zunächst<br />

gestaffelt, 5 Euro für das erste Gramm, 15 Euro für das zweite, 25<br />

Euro für das dritte und ab vier g/km über dem Flottenziel sind 95 Euro<br />

pro verkauftem Fahrzeug fällig. Bei einem Absatzvolumen von 2,5<br />

Millionen Pkw kostet ein um drei Gramm erhöhter Flottenverbrauch<br />

den Hersteller somit 112 Millionen Euro, bei 5 Gramm zu viel beträgt<br />

die Strafe bereits 590 Millionen Euro.<br />

Die Hersteller werden erhebliche Anstrengungen unternehmen<br />

müssen, um diese zukünftigen Vorgaben zu erreichen. Im Jahr 2008<br />

sank der durchschnittliche CO 2 -Ausstoss bei Neuwagen in der EU um<br />

5 g/km auf 154 g/km. Mit einem relativ hohen Anteil an grossen,<br />

schweren Fahrzeugen der Premiumanbieter lag der Wert im Jahr<br />

2008 in Deutschland mit 165 g/km auf dem höchsten Niveau der<br />

westeuropäischen Industrieländer.<br />

180<br />

170<br />

160<br />

150<br />

140<br />

130<br />

183<br />

181<br />

169<br />

165<br />

165<br />

158<br />

2007 2008<br />

153<br />

148 147<br />

145<br />

149<br />

140<br />

144<br />

138<br />

158,7<br />

153,5<br />

120<br />

Lettland Deutschland Großbritannien Spanien Italien Frankreich Portugal Total<br />

Quelle: Transport & Environment<br />

Abbildung 2-6: CO 2 -Ausstoss der neuzugelassenen Pkw in <strong>Europa</strong> in g/km<br />

Neben diesen ab 2012 geltenden CO 2 -Vorschriften begrenzt<br />

ebenfalls die im September 2009 europaweit eingeführte Abgasnorm<br />

Euro 5 den Schadstoffausstoss. Gegenüber der Euro 4 Norm wird der<br />

Grenzwert für Stickstoffoxide von Pkw mit Benzinmotor von 80 auf 60<br />

mg/km und der von Dieselfahrzeugen von 250 auf 180 mg/km<br />

verringert. Kohlenwasserstoffe und Stickstoffoxide dürfen dabei<br />

zusammen den Wert von 230 mg/km nicht überschreiten. Im<br />

September 2014 tritt die Euro 6 Norm in Kraft, die den Grenzwert für<br />

Stickstoffoxide von Dieselfahrzeuge auf 80 mg/km senkt und die<br />

Obergrenze für die Summe von Stickstoffoxiden und<br />

Kohlenwasserstoffen auf 170 mg/km festschreibt.<br />

Eine weitere Massnahme zur Schadstoffreduzierung ist die Änderung<br />

der Kfz-Steuer, die in vielen Ländern mittlerweile auch an den CO 2 -<br />

Ausstoss gekoppelt ist. So gilt in Deutschland seit dem ersten Juli<br />

2009, und in Frankreich schon seit dem ersten Januar 2006, eine<br />

neue Kfz Steuer, die sich nicht mehr allein nach dem Hubraum eines<br />

Autos, sondern zusätzlich nach dessen CO 2 -Ausstoss bemisst. In<br />

Deutschland ist ein CO 2 -Ausstoss von 120 g/km bis 2011 kostenfrei.<br />

Diese Regelung gilt für Neuwagen und wird in den nächsten Jahren<br />

schrittweise auf 95 g/km CO 2 gesenkt. Fahrzeuge mit weniger<br />

Emissionen werden ausschliesslich nach dem Hubraum versteuert.<br />

Ältere Pkw fallen erst ab dem Jahr 2013 unter die neue Kfz Steuer.<br />

47


Die Automobilhersteller müssen sich aber auch ausserhalb der EU<br />

auf verschärfte Schadstoffvorschriften einrichten. Die US-Regierung<br />

verschärfte im März 2009 die seit 1985 unverändert geltenden<br />

„Corporate Average Fuel Economy“ (CAFE) - Standards, das sind die<br />

durchschnittlichen Meilenstrecken, die ein Automobil per Gallone<br />

Benzin verbraucht. Die Änderung verringert den Benzinverbrauch pro<br />

100 km für das Modelljahr 2011 umgerechnet von derzeit<br />

durchschnittlich 9,5 l auf 8,8 l Benzin für Pkw. Zudem beschloss die<br />

US-Regierung im Mai, die von Kalifornien vorgeschlagenen<br />

Grenzwerte für den CO 2 -Ausstoss und Benzinverbrauch nicht, wie<br />

geplant bis 2020, sondern bis 2016 umzusetzen. Der<br />

Verbrauchsstandard für Fahrzeuge wird dann um knapp 30% auf 6,7 l<br />

pro 100 km gesenkt. Damit werden auch CO 2 -Emissionen auf etwa<br />

150 g/km von derzeit rund 210 g/km begrenzt. Die neuen Vorschriften<br />

sind allerdings noch deutlich milder als die CO 2 -Grenzwerte in der<br />

Europäischen Union.<br />

Auch China, das inzwischen mehr CO 2 als die USA verursacht, hat<br />

inzwischen strengere Umweltvorschriften eingeführt, darunter auch<br />

Grenzwerte für den Treibstoffverbrauch von Pkw und verbietet damit<br />

den Verkauf von Neuwagen, die je nach Gewicht, mehr als 7,7 l auf<br />

100 km verbrauchen. Im Jahr 2008 wurden die Werte auf 7,2 l<br />

verschärft. In Japan gelten ab 2010 ähnliche Werte.<br />

2.2.2. Absehbare Entwicklungen in der Motoren- /<br />

Antriebstechnologien<br />

Die <strong>Automobilindustrie</strong> reagiert auf diese zunehmende Bedeutung<br />

von Verbrauchs- und Schadstoffreduzierung vor allem mit einer<br />

weiter fortschreitenden Optimierung ihrer Motortechnik, die<br />

insbesondere auf Effizienzsteigerung und Downsizing abzielt, sowie<br />

mit der Entwicklung und Integration neuer Antriebstechnologien.<br />

Gestiegene Energiepreise, schärfer werdende gesetzliche<br />

Vorschriften, veränderte Kundenpräferenzen, neue technologische<br />

Möglichkeiten und staatliche Fördermittel zur Forschung und<br />

Innovation für die Elektromobilität forcieren dieses Thema, das aktuell<br />

die grösste Herausforderung für die Automobilhersteller und<br />

Zulieferer darstellt und für die zukünftige Überlebensfähigkeit vieler<br />

Unternehmen der Branche entscheidend ist.<br />

Einen einheitlichen Technologietrend gibt es nicht, die Möglichkeiten<br />

auf diesem Gebiet sind extrem vielfältig und es wird in der gesamten<br />

<strong>Automobilindustrie</strong> in verschiedene Richtungen entwickelt. Dazu<br />

nachfolgend ein Überblick über aktuelle Tendenzen:<br />

Dieselmotor:<br />

Die Dieseltechnologie hat in den vergangenen Jahren in <strong>Europa</strong> und<br />

in Deutschland eine wesentliche technologische Verbesserung<br />

erhalten und eine entsprechend hohe Akzeptanz beim Kunden<br />

48


erzielen können. Der Kraftstoffverbrauch und die Emissionen wurden<br />

signifikant reduziert, was einer verbesserten innermotorischen<br />

Verbrennung zugeschrieben werden kann. Ausserdem wurden die<br />

Akustik und der Sound dem Ottomotor angenähert. Die zukünftig<br />

entwickelten Dieselmotoren zielen schwerpunktmässig auf eine<br />

weitere Reduzierung der Emissionswerte und Partikel ab.<br />

Insbesondere sollen hohe Einspritzdrücke geringe Toleranzen für<br />

Einspritzmenge und Spritzbeginn gewährleisten, so dass bei der<br />

Verbrennung weniger Schadstoffe entstehen. Dabei werden folgende<br />

technische Aspekte aufgegriffen:<br />

<br />

Neue Brennverfahren (homogene Verbrennung): Es wird hierbei<br />

eine Verbrennung unter hohem Motorwirkungsgrad bei sehr<br />

niedrigen Stickstoffoxidemissionen (NOx) angestrebt.<br />

Abgasnachbehandlung: Dies ist ein Verfahren, das<br />

Verbrennungsgase, nachdem sie den Brennraum oder die<br />

Brennkammer verlassen haben, entweder auf mechanischem<br />

(Katalysator, DPF) oder chemischem Weg (SCR – Selective<br />

Catalytic Reduction) reinigt.<br />

<br />

<br />

Höhere Einspritzdrücke über 2000 bar: Die Vorteile liegen dabei<br />

in der sehr feinen Kraftstoffverteilung im Brennraum und einer<br />

guten Gemischbildung mit den Zielen von optimierter<br />

Verbrennung, besserem Abgas und niedrigeren<br />

Partikelemissionen.<br />

Optimierte Aufladesysteme (2 Turbolader): Eruierung des<br />

Potentials hoher Spitzendrücke, mit doppelter Aufladung und<br />

Zylinder - Innendrücken von rund 350 bar.<br />

Ottomotor:<br />

Auch beim Ottomotor wird zukünftig eine weitere Reduzierung des<br />

Kraftstoffverbrauchs, vor allem hinsichtlich der CO 2 -Emissionsziele,<br />

angestrebt. Selbst wenn die Popularität des Dieselmotors gegenüber<br />

dem Ottomotor seit Mitte der 90er Jahre überproportional<br />

angestiegen ist, wird oftmals ein Comeback des Ottomotors<br />

vorhergesagt. Dies gründet zum einen auf das noch vorhandene<br />

Optimierungspotenzial, zum anderem auf der immer komplexeren<br />

und kostenaufwändigeren Abgasnachbehandlung bei Dieselmotoren.<br />

Im Bereich der Kraftstoffverbrauchseinsparung könnte der<br />

Benzinmotor durch effizientes Downsizing den Dieselmotor durchaus<br />

einholen. Wesentliche Verbesserungen wurden dabei bereits mit<br />

verschiedenen technischen Massnahmen erreicht:<br />

<br />

Direkteinspritzung: Ermöglicht höheres Verdichten und eine<br />

höhere Leistungsentfaltung als die Saugrohreinspritzung.<br />

Abgasturboaufladung: Verringerung des Verbrauchs, da ein Teil<br />

der Abgasenergie zur Leistung des Motors beiträgt.<br />

49


Schichtladung: Kraftstoffaufbereitung für ein zündfähigeres<br />

Gemisch im Bereich der Zündkerze.<br />

Combined Combustion System (Diesotto):<br />

Verbrennungsverfahren, das die Prinzipien von Otto- und<br />

Dieselmotor miteinander verbindet und die Vorteile beider<br />

Prozesse (Ottomotor: gutes Emissionsverhalten, homogene<br />

Gemischbildung, wenig Schadstoffe, kein Russ – Dieselmotor:<br />

hoher Wirkungsgrad, Selbstzündung, niedriger Verbrauch)<br />

vereinigt.<br />

Dabei haben alle genannten Bereiche noch weiteres<br />

Optimierungspotential, beispielsweise durch höhere Einspritzdrücke,<br />

Weiterentwicklungen im Bereich der Aufladung, höhere Verdichtung,<br />

Bi-Turbo, regelbarer Turbolader, variabler Ventilantrieb<br />

(Steuerzeiten/Hübe) oder verbessertes Energie/Wärmemanagement.<br />

Hybridtechnologie:<br />

An der Hybridtechnologie kommt inzwischen kein Hersteller mehr<br />

vorbei, sie wird als die wesentliche Brückentechnologie beim<br />

Übergang vom Verbrennungsmotor zum Elektrofahrzeug angesehen.<br />

Der Hybridantrieb besteht hierbei aus einem Verbrennungs- und<br />

einem Elektromotor, die unterschiedlich kombiniert sein können und<br />

gemeinsam für den Fahrzeugbetrieb sorgen. Durch den Elektromotor<br />

und die zugehörige Batterie soll der Verbrennungsmotor unterstützt,<br />

bzw. teilweise oder ganz ersetzt werden. Dies führt in erster Linie auf<br />

kurzen Strecken oder im Verkehr in Ballungsräumen zu<br />

Effizienzsteigerungen, während bei längeren Überlandstrecken<br />

dagegen die Verbrennungsmotoren einen Vorteil haben.<br />

Grundsätzlich unterscheidet man drei Hauptformen der<br />

Hybridisierung:<br />

Micro – Hybrid: Der Micro–Hybrid ist die erste Stufe der<br />

Hybridisierung und ist nur mit geringen Fahrzeugmodifikationen im<br />

Vergleich zu einem konventionellen Fahrzeug verbunden. Im<br />

Allgemeinen wird der konventionelle Anlasser durch eine<br />

leistungsfähigere Variante ersetzt. Dieser verfügt über eine Start-<br />

Stopp Automatik und eine Bremsenergierückgewinnung zum<br />

Laden der Batterie, dessen Leistung 2 bis 3kW beträgt. Dadurch<br />

kann der Verbrennungsmotor auch bei kurzen Standzeiten des<br />

Fahrzeuges, wie beispielsweise im Stau oder an der Ampel,<br />

abgeschaltet und beim Anfahren ohne spürbare zeitliche<br />

Verzögerung wieder gestartet werden. Allerdings besteht ein<br />

erhöhter Verschleiss und die Energieersparnis beträgt im<br />

Stadtverkehr maximal 10%. (Beispiel: BMW 1er, seit 2007)<br />

Mild – Hybrid: Der Elektroantriebteil des Mild-Hybrids ist im<br />

Vergleich zum Micro-Hybrid gross genug, um den<br />

50


Verbrennungsmotor zu unterstützen. Somit kann<br />

Effizienzsteigerung und eine elektromotorische Leistung zwischen<br />

6 und 14 kW erreicht werden. Hierbei nutzt das System neben der<br />

Start-Stopp Automatik und der um die Generatorregelung<br />

erweiterten Funktion die Bremswirkung der elektrischen Maschine<br />

im Generatorbetrieb zum Wiederaufladen des Energiespeichers<br />

(Rekuperation). Das 14-V-Bordnetz wird um diesen<br />

entsprechenden Energiespeicher erweitert. Für verbesserte<br />

Fahrleistungen stellt die elektrische Maschine im motorischen<br />

Betrieb ein zusätzliches Drehmoment (Boost) zur Verfügung und<br />

unterstützt damit, beispielsweise in der Anfahr- oder<br />

Beschleunigungsphase, den Verbrennungsmotor. Das<br />

Verbrauchseinsparpotential liegt durchschnittlich bei 15% bis<br />

20%. (Beispiel: Honda Civic Hybrid)<br />

Full – Hybrid: Voll-Hybridfahrzeuge können wahlweise rein<br />

elektrisch oder per Verbrennungsmotor angetrieben werden und<br />

benötigen daher eine elektrische Leistung von etwa 30 - 50kW mit<br />

einem ähnlich dimensionierten elektrischen Energiespeicher, um<br />

somit bei Bremsvorgängen einen Grossteil der kinetischen<br />

Energie des Fahrzeugs durch die Rekuperation in der Batterie zu<br />

speichern. Beim rein elektrischen Betrieb im Stadtverkehr<br />

entstehen dabei keinerlei Emissionen. Bei der Konstruktion muss<br />

tiefer in die Antriebsstrang- und Fahrzeugstruktur eingegriffen<br />

werden als bei den Micro- und Mild-Hybriden. Je nach<br />

Ausprägung kann bei einem Voll-Hybridfahrzeug der<br />

Verbrennungsmotor oder der Elektroantrieb überwiegen. Der<br />

Verbrennungsmotor kann auch als Range Extender im<br />

Elektrofahrzeug eingesetzt werden und erst dann einspringen,<br />

wenn die Speicherkapazität des Akkus erschöpft ist. (Beispiel:<br />

Toyota Prius)<br />

Da Full–Hybride bislang noch sehr kostenintensiv sind, ist davon<br />

auszugehen, dass sich im Volumensegment vorerst der Mildhybrid<br />

durchsetzen wird. Die nachstehende Tabelle gibt einen<br />

zusammenfassenden Überblick über den Stand der Technik und die<br />

realisierten Funktionen hybrider Antriebsstränge.<br />

Tabelle 6: Überblick der Funktionen je Hybrid-Art<br />

Funktionen Micro Mild Full<br />

Start – Stopp X X X<br />

Erweiterte Generatorregelung X X X<br />

Rekuperation X X<br />

Betrieb<br />

elektrischer<br />

Nebenaggregate<br />

X<br />

X<br />

Elektrisches Fahren kurz X<br />

Aktiver Boostbetrieb<br />

X<br />

Quelle: IWK<br />

Elektroantrieb:<br />

Die Vorteile eines Elektrofahrzeugs werden in der heutigen Zeit<br />

insbesondere aufgrund steigender Energiekosten fossiler Brennstoffe<br />

51


immer bedeutsamer. Daneben dominieren die geringen Betriebs- und<br />

Instandhaltungskosten. Die <strong>Automobilindustrie</strong> arbeitet zusammen<br />

mit Batterieherstellern, Energieversorgern und wissenschaftlichen<br />

Instituten mit Hochdruck am Elektromotor und –antrieb. Allerdings<br />

muss bedacht werden, dass zum einen die nötige Infrastruktur zum<br />

Aufladen eine grosse Herausforderung darstellt, zum anderen die<br />

Batterietechnologie aufgrund der hohen Akkukosten auch noch für<br />

das Volumensegment rentabel sein muss. Ausserdem stellen die<br />

Reichweite der Batterien und ihr Gewicht die Industrie vor weitere<br />

Herausforderungen.<br />

Zur Diskussion stehen derzeit verschiedene Hochleistungsakkus, vor<br />

allem Lithium-Ionen Batterien (Li-Ionen) werden in Elektrofahrzeugen<br />

(EV) verwendet. Daneben gibt es Nickel-Metall-Hydride (N-Mh) oder<br />

Supercapacitors (Supercaps). Während die N-Mh und Li-Ionen<br />

Systeme genügend Energie für längeres elektrisches Fahren liefern,<br />

werden Supercaps eher für den kurzfristigen Energiebedarf, z.B. für<br />

Start-Stopp-Funktionen, favorisiert. N-Mh werden z.B. auch im Prius<br />

von Toyota verwendet, der mit Hybridantrieb fährt.<br />

Abbildung 2-7: Batterietechnologien im Vergleich<br />

Die Li–Ionen Technologie wird aufgrund ihrer guten Eigenschaften,<br />

wie hohe Leistungs- und Energiedichte, für den zukünftigen Einsatz<br />

im Elektroauto bevorzugt. Momentan stellt allerdings neben der<br />

Reichweite, die im reinen EV in der heutigen Entwicklung bei bis zu<br />

160 km liegt, insbesondere der hohe Preis eine wesentliche Barriere<br />

für den Kauf eines Elektrofahrzeugs dar. Zurzeit liegen die erwarteten<br />

Batteriekosten zwischen 10.000 und 15.000 Euro bei einer<br />

Lebensdauer von bis zu 100.000 km. Eine Senkung der Kosten auf<br />

5.000 Euro ist geplant. Ein weiteres Problem stellt das Volumen der<br />

Batterien dar. Zurzeit wiegt die Batterie noch mindestens 200 kg, wie<br />

im i-MiEV von Mitsubishi. Die Batterie, Elektromaschinen und<br />

Leistungselektronik steigern die Kosten für das EV erheblich. Derzeit<br />

sind die Kosten für ein Elektroauto in etwa zweieinhalb Mal so hoch<br />

52


wie bei einem herkömmlichen Auto, und sogar im Jahr 2025 wird das<br />

umweltfreundliche Elektrofahrzeug noch 60% mehr kosten.<br />

Fahrzeugherstellerkosten nach Antriebstechnologie<br />

Durchschnittlicher Pkw, Verbrennungsfahrzeug 2010 = Index 100<br />

Elektrofahrzeug<br />

Plug-in-Hybridfahrzeug<br />

Voll-Hybridfahrzeug<br />

Mild-Hybridfahrzeug<br />

Verbrennungsfahrzeug<br />

230<br />

180<br />

130<br />

247<br />

235<br />

225<br />

201,5<br />

190<br />

168<br />

168<br />

154<br />

144<br />

137<br />

146<br />

130<br />

122 122 118,5 115<br />

100<br />

80<br />

104 103,5 103<br />

2010 2015 2020 2025<br />

Quelle: Oliver Wyman-Studie „Elektromobilität 2025“<br />

Abbildung 2-8: Fahrzeugherstellerkosten nach Antriebstechnologie<br />

Den teuren Anschaffungskosten für ein Elektrofahrzeug stehen<br />

jedoch niedrige Betriebskosten gegenüber. Ein Benziner verbraucht<br />

auf seine gesamte Lebensdauer umgerechnet rund 10.000 Euro für<br />

Tankfüllungen, während sich die Stromkosten für ein Elektroauto auf<br />

rund 2.000 Euro belaufen. Die Gesamtkosten für ein elektrisch<br />

betriebenes Auto bleiben aber trotz der niedrigeren Betriebskosten in<br />

absehbarer Zukunft noch deutlich höher als bei einem<br />

Verbrennungsfahrzeug. Für den Autokäufer fallen für ein<br />

Elektrofahrzeug in den ersten vier Jahren durch den Wertverlust des<br />

Fahrzeugs, der hauptsächlich durch die Batterie verursacht wird,<br />

Mehrkosten von mehr als 12.000 Euro an, das sind fast 50%. Erst in<br />

15 Jahren könnte sich der Erwerb eines Elektroautos über 4 Jahre<br />

rechnen. Dann liegen die Lebenszykluskosten um rund 3.500 Euro<br />

unter denen eines Verbrennungsfahrzeugs.<br />

Lebenszykluskosten im Vergleich: Elektro- vs. Verbrennungsfahrzeug<br />

In Euro, durchschnittlicher Pkw, Haltedauer 4 Jahre, 15.000 km Laufleistung pro Jahr<br />

Wertverlust<br />

Kraftstoff-, bzw. Stromkosten<br />

Sonstiges*<br />

2010<br />

Verbrennungsfahrzeug<br />

12.100 6.000 8.000 = 26.100<br />

Elektrofahrzeug 27.200 9.000 = 38.200<br />

2.000<br />

2025<br />

Verbrennungsfahrzeug 16.600 9.000 11.000 = 36.600<br />

Elektrofahrzeug 18.900 11.300 = 33.100<br />

2.900<br />

*) Fixkosten (inkl. Steuer, Versicherung), Wartung und Reparatur, Fahrzeugpflege<br />

Quelle: Oliver Wyman-Studie „Elektromobilität 2025“<br />

Abbildung 2-9: Lebenszykluskosten im Vergleich<br />

Der Batterieantrieb wird langfristig einer der grossen<br />

Zukunftsoptionen sein, auch wenn zurzeit die Li-Ionen Batterie noch<br />

53


zu schwach, zu schwer und zu teuer ist. Es ist festzuhalten, dass die<br />

Entwicklung auf diesem Bereich unaufhaltsam voranschreitet und die<br />

Ingenieure bestrebt sind, diese Technologie serienreif werden zu<br />

lassen. In Deutschland waren im Januar dieses Jahres knapp 1.500<br />

Elektrofahrzeuge unterwegs. Weltweit werden im Jahr 2009 rund<br />

10.000 rein elektrisch betriebene Fahrzeuge abgesetzt. Bis zum Jahr<br />

2025 rechnet man mit weltweit 15 Millionen Elektrofahrzeugen auf<br />

den Strassen, das sind etwa 1,5% des zukünftigen<br />

Fahrzeugbestands. Bis das E-Auto vorherrschende Antriebstechnik<br />

ist, wird es also noch Jahrzehnte dauern. Um diese Zeit zu verkürzen<br />

sind staatliche Fördermassnahmen für die Erforschung und<br />

Verbreitung von Elektroautos von entscheidender Bedeutung (s. Kap.<br />

2.2.3).<br />

Alternative Kraftstoffe:<br />

Neben neuen Antriebstechniken, gibt es einen weiteren<br />

umweltschonenden Ansatz. Die Einbeziehung alternativer<br />

Energiequellen zur Kraftstoffherstellung gewinnt zunehmend an<br />

Bedeutung, sowohl für Diesel- wie auch Ottomotoren. Die leicht<br />

förderbaren Ölquellen werden bald versiegen und der Aufwand für die<br />

Erschliessung und Nutzung abgelegener Quellen wird rapide<br />

zunehmen, was unweigerlich wiederum einen steigenden Ölpreis<br />

nach sich zieht. Daher wird neben der Notwendigkeit zur<br />

Verbesserung der CO 2 -Bilanz die begrenzte Verfügbarkeit als<br />

wesentlicher Treiber alternativer Kraftstoffe angesehen.<br />

Erdgas (CNG) ist seit den neunziger Jahren in Deutschland<br />

verfügbar und verbrennt weitaus weniger CO 2 als ein<br />

Verbrennungsmotor. Erdgas ist jedoch auch eine begrenzte<br />

Ressource und schätzungsweise bis 2050 in grossen Mengen<br />

verfügbar. Die Umrüstungskosten betragen zwischen 1.500 und<br />

2.700 Euro, aber dafür sind die Antriebskosten mit 60 bis 70 Cent<br />

Euro für 1 l sehr günstig. Im August 2008 waren 75.000<br />

Erdgasfahrzeuge auf deutschen Strassen unterwegs. In<br />

Argentinien, Brasilien und Italien ist der Erdgasantrieb mit<br />

mehreren Millionen Fahrzeug schon wesentlich stärker verbreitet.<br />

<br />

<br />

Ethanol-Kraftstoff (Bio-Ethanol) wird aus Zuckerrüben oder<br />

Weizen gewonnen. Seit 2005 wird es in Deutschland bis zu 5%<br />

dem normalen Benzin beigemischt. Gegenüber Ottokraftstoff kann<br />

eine CO 2 -Minderung von 30% bis 70% erzielt werden. In Brasilien<br />

kann bereits ein Grossteil der Fahrzeuge mit diesem Biotreibstoff<br />

fahren (Flexible Fuel Vehicle). Wegen Startschwierigkeiten bei<br />

kalten Temperaturen ist Bio-Ethanol aber kein potenzieller Antrieb<br />

in kälteren Ländern.<br />

Biodiesel wird aus mit Methanol veresterten Pflanzenölen<br />

hergestellt. Basis der Pflanzenöle ist unter anderem der Samen<br />

der Rapspflanze. Er wird auch dem mineralischen Diesel<br />

beigemischt. Da die Eigenschaften von Biodiesel in vielen<br />

54


Punkten denen von mineralischem Diesel sehr ähneln, können<br />

auch viele nicht umgerüstete Dieselmotoren mit diesem Kraftstoff<br />

betrieben werden. Aus Umweltsicht ist Biodiesel jedoch nicht zu<br />

befürworten, da es bei den benötigten Monokultur-Anbauflächen<br />

schnell zur Bodenversauerung kommen kann und ein hoher<br />

Düngemitteleinsatz den Treibhauseffekt stärker verursacht als<br />

Kohlendioxid.<br />

Biogas kann für stationäre Motoren und zu Heizzwecken in der<br />

Nähe der Erzeugeranlagen eingesetzt werden, aber auch<br />

Erdgasfahrzeuge können damit betankt werden.<br />

<br />

Biomass to Liquid (BtL) - Kraftstoff wird auch unter dem<br />

Markennamen SunDiesel vertrieben. Er ist einer der viel<br />

versprechendsten Optionen der alternativen Antriebe, da er den<br />

CO 2 -Ausstoss im Vergleich zu Verbrennungsmotoren bis zu 90%<br />

senken kann.<br />

Pflanzenöle (Raps oder Sonnenblume), auch Naturdiesel<br />

genannt, können als Kraftstoff in Dieselmotoren eingesetzt<br />

werden. Insbesondere die höhere Viskosität gegenüber<br />

Dieselkraftstoff führt dazu, dass zum dauerhaften Betrieb von<br />

Dieselmotoren mit Pflanzenöl eine Anpassung des Kraftstoff- und<br />

Einspritzsystems notwendig wird. Die Vorteile von Pflanzenölen<br />

liegen in der CO 2 -Neutralität, der Möglichkeit zur dezentralen<br />

Herstellung, der hohen Energiedichte und dem geringen<br />

Gefahrenpotential für Mensch und Umwelt (wasserkompatibel,<br />

kein Gefahrgut, ungiftig, hoher Flammpunkt).<br />

<br />

Wasserstoff (H 2 ) kann aus Strom mittels Elektrolyse gewonnen<br />

werden. Kostengünstiger ist allerdings die Gewinnung durch<br />

direkte chemische Umwandlung von Biomasse bei hohen<br />

Temperaturen (Steam-Reforming). Wasserstoff lässt sich mit<br />

Verbrennungsmotoren oder Brennstoffzellen nutzen.<br />

Die Palette alternativer Kraftstoffe ist sehr breit – mit<br />

unterschiedlichen Auswirkungen auf die Technik der<br />

Verbrennungsmotoren, von der Korrosionsbeständigkeit der<br />

Komponenten bis hin zur Alterung der Dichtungen. Die Bewertung<br />

der unterschiedlichen Kraftstoffe erfolgt in der Regel nach den<br />

folgenden Kriterien: CO 2 -Bilanz, Ressourcenverfügbarkeit,<br />

Substitutionsfähigkeit bestehender Kraftstoffe (Diesel, Benzin) und<br />

vorhandene Infrastruktur. Bei der weiteren Bewertung alternativer<br />

Kraftstoffe wie H 2 , Biodiesel, Ethanol, Pflanzenöl und BtL sind neben<br />

deren Vorteile auch entsprechende Einschränkungen zu<br />

berücksichtigen, wie geringe Energiedichte, höhere Aggressivität und<br />

anderes Brennverhalten. Eine andere Problematik stellt bei vielen<br />

Biokraftstoffen die Verdrängung der Anbauflächen für Lebensmittel<br />

dar. Da in der EU die landwirtschaftliche Fläche nicht ausreicht, um<br />

die steigende Nachfrage nach Biokraftstoffen zu decken, werden die<br />

Anbauflächen in Entwicklungsländer verlegt. Das zieht nicht nur eine<br />

55


enorme Preiserhöhung der Grundnahrungsmittel nach sich, sondern<br />

belastet zudem die Umwelt, da aus Kostengründen hauptsächlich<br />

Monokulturen angebaut werden und Dünger eingesetzt wird. Das<br />

versauert den Boden und erhöht den Treibhauseffekt. Mittelfristig<br />

werden insbesondere Biokraftstoffe und BtL als Beimischung zu<br />

konventionellen Kraftstoffen weiter voranschreiten, wie dies<br />

beispielsweise beim Flexi Fuel Vehicle der Fall ist.<br />

Flexi-Fuel-Vehicle:<br />

Das Flexible-Fuels-Vehicle (FFV) ist ein Fahrzeug, das sowohl mit<br />

Benzin als auch mit verschiedenen ähnlichen Kraftstoffen, wie<br />

beispielsweise Ethanol-, Bioethanol- oder Ethanol-Benzin-<br />

Gemischen, betrieben werden kann. Dabei wird das Ethanol in einem<br />

bestimmten Verhältnis dem fossilen Kraftstoff zugeführt, der unter<br />

Umständen auch vollständig substituiert werden kann. Das gängige<br />

Mischverhältnis enthält bis zu 85% Ethanol und wird mit E85<br />

bezeichnet. Technisch gesehen erfordert die FFV-Technologie nur<br />

geringe Änderungen am Fahrzeug. Ventile und –sitze des FFV-<br />

Motors sind aus härterem Stahl gefertigt. Tank, kraftstoffführende<br />

Bauteile und Dichtungen müssen eine höhere<br />

Korrosionsbeständigkeit aufweisen. Die Motorsteuerung muss hierbei<br />

das Benzin-, Ethanol-Mischungsverhältnis erkennen und die<br />

Zündzeitpunkte festlegen. Das Bioethanol ist in jenen Ländern von<br />

hohem Interesse, in denen die Landwirtschaft einen hohen Anteil an<br />

Zuckerrohranbau enthält, beispielsweise in Brasilien und Argentinien.<br />

Die Produktionskosten von Ethanol sind in Entwicklungs- und<br />

Schwellenländern sehr niedrig. Brasilien ist zurzeit der weltweit<br />

grösste Bioethanolerzeuger.<br />

Wasserstoffmotor:<br />

Langfristig kann Wasserstoff als nachhaltiger Energieträger eine<br />

Schlüsselrolle spielen. Wasserstoffmotoren besitzen eine günstige<br />

Emissionslage, da sie vor allem Wasserdampf und keinerlei<br />

Feinstaub ausstossen. Ein weiterer Vorzug im Gegensatz zum<br />

klassischen Verbrennungsmotor liegt im höheren Wirkungsgrad, der<br />

bis zu 45% beträgt und weit über dem liegt, was Benzinmotoren<br />

(25%) erreichen. Die Leistung des H 2 -Motors ist trotz des höheren<br />

Wirkungsgrades niedriger als bei Ottomotoren. Das liegt am<br />

niedrigeren Energiegehalt des Wasserstoffs pro Kubikmeter Gas.<br />

Eine der grossen Herausforderungen bleibt die Speichermöglichkeit<br />

des hochsensiblen, flüchtigen Kraftstoffs. Mit der Nutzung von<br />

flüssigem Wasserstoff ist wegen des niedrigen Siedepunktes (-<br />

253 °C) ein erheblicher Aufwand verbunden, sowohl beim<br />

Tankvorgang als auch am Fahrzeug selbst, für das spezielle<br />

Materialien gewählt werden müssen, die solchen Temperaturen gut<br />

standhalten. Zudem erhitzt sich Wasserstoff mit der Zeit und benötigt<br />

dadurch ein grösseres Volumen. Dies führt dazu, dass der<br />

Wasserstoff an die Umwelt abgegeben werden muss und sich der<br />

56


Tank entleert. Die Einführung dieser Fahrzeuge erfordert eine sehr<br />

teuer und bisher praktisch nicht existente Infrastruktur, um eine<br />

flächendeckende Versorgung mit Wasserstoff gewährleisten zu<br />

können.<br />

Brennstoffzellenantrieb:<br />

Der Brennstoffzellenantrieb verwendet ebenfalls H 2 als Treibstoff, der<br />

hier aber nicht verbrannt, sondern über die Brennstoffzelle direkt in<br />

elektrischen Strom umgewandelt wird. In den neunziger Jahren war<br />

die Euphorie gross, die Automobilkonzerne forcierten die Entwicklung<br />

von Brennstoffzellenfahrzeugen und schickten ihre Konzeptfahrzeuge<br />

auf die Strasse. Auch heute arbeiten die Hersteller weiterhin an<br />

alltagstauglichen Fahrzeugen mit Brennstoffzellenantrieb. Die<br />

Technik ist jedoch nach jetzigem Stand viel zu teuer, um für den<br />

normalen Autobetrieb in Frage zu kommen. Zweitens stellt sich hier<br />

ebenfalls die gleiche Frage, wie H 2 in ausreichender Menge<br />

produziert und zur Verfügung gestellt werden soll.<br />

2.2.3. Strukturveränderung durch Elektromobilität<br />

Die Entwicklung von Elektrofahrzeugen ist und bleibt zunächst noch<br />

sehr teuer. Es besteht ein enormer Investitionsbedarf, dem kurzfristig<br />

ein geringes Ertragspotenzial gegenüber steht. Weltweit unterstützten<br />

viele Staaten die Autoindustrie, Batteriehersteller, Energieversorger<br />

und wissenschaftliche Institute in der Forschung und Entwicklung<br />

(F&E) von Hybrid- und Elektrofahrzeugen. Die Zusammenarbeit<br />

zwischen den einzelnen Mitspielern ist dabei unumgänglich, um die<br />

Zukunftsfähigkeit der Industrie zu gewährleisten.<br />

Der politische Beitrag für umweltfreundliche Fahrzeuge wächst in<br />

vielen Ländern und auf EU-Ebene. In einem Konjunktur-Paket der EU<br />

von 2008 sind 5 Milliarden Euro für die „Green Cars Initiative"<br />

vorgesehen. Ziel der Initiative ist die Förderung von F&E im Bereich<br />

der sicheren, effizienten und umweltfreundlichen Mobilität,<br />

insbesondere der Elektromobilität und der dazu benötigten<br />

Technologien und Infrastrukturen. Zudem gibt es in einzelnen<br />

Ländern Förderprogramme für die Elektromobilität. So stehen in<br />

Deutschland bis 2011 insgesamt 500 Millionen Euro aus dem zweiten<br />

Konjunkturpaket im „Nationaler Entwicklungsplan für Elektromobilität“<br />

zur Verfügung. Innerhalb der EU unterstützen auch Frankreich und<br />

Grossbritannien die nationale F&E für Hybrid- und Elektroautos durch<br />

staatliche Subventionen.<br />

Tabelle 7: Staatliche Förderprogramme für Elektroautos in einzelnen Ländern<br />

Land Name Ziel<br />

Betrag<br />

(€)<br />

Dauer<br />

Vereinigte<br />

Staaten<br />

Teil des amerikanischen<br />

Konjunkturprogramms<br />

2009<br />

F&E für Batterie,<br />

Hybrid-<br />

&<br />

Elektroautos<br />

1,6<br />

Mrd.<br />

Seit<br />

August<br />

2009<br />

Japan<br />

Entwicklung verbesserter<br />

Batterien<br />

Zellkosten bis 2010<br />

halbieren<br />

140<br />

Mio.<br />

Seit<br />

2006<br />

57


China<br />

Europäische<br />

Union<br />

Deutschland<br />

Frankreich<br />

Grossbritannien<br />

Antriebstechnologien<br />

10 Pilotregionen,<br />

10.000 Pkw<br />

1 Mrd.<br />

2 Mrd.<br />

Green Cars Initiative Ausschreibung 5 Mrd.<br />

Teil des 2.<br />

Konjunkturprogramms<br />

„Nationaler<br />

Entwicklungsplan für<br />

Elektromobilität“<br />

„Low Carbon Vehicle<br />

Programme“ von<br />

Regierung & Industrie<br />

1 Mio.<br />

Elektrofahrzeuge bis<br />

2020<br />

F&E für Hybrid- &<br />

Elektroautos<br />

E&F<br />

von<br />

Komponenten für<br />

Hybrid-<br />

&<br />

Elektroautos<br />

500<br />

Mio.<br />

400<br />

Mio.<br />

220<br />

Mio.<br />

2009 -<br />

2011<br />

Seit<br />

Juli<br />

2009<br />

August<br />

2009 -<br />

2011<br />

4 Jahre<br />

2009 -<br />

2014<br />

Zu den staatlichen Förderprogramme, die vorwiegend der F&E von<br />

Elektroautos und deren Bestandteilen zu Gute kommen, damit also<br />

besonders den Herstellern und Zulieferern helfen, gibt es in einigen<br />

Ländern bereits Prämien für den Kauf von Hybrid- und<br />

Elektrofahrzeugen, in anderen Ländern sind solche Prämien geplant.<br />

Diese staatlichen Fördermassnahmen sollen den enormen<br />

Kostenunterschied verringern und den Kauf von umweltfreundlichen<br />

Fahrzeugen vorantreiben.<br />

Tabelle 8: Prämien für Elektroautos<br />

Land Prämie (€) Bedingung Geltungsdauer<br />

Vereinigte<br />

Staaten<br />

Grossbritannien<br />

China 6.200<br />

Japan<br />

Deutschland<br />

Quelle: FTD<br />

1.800 -<br />

5.300<br />

2.300 –<br />

5.800<br />

50%<br />

Mehrkosten<br />

14.700<br />

3.000 -<br />

5.000<br />

Höchstsatz für Elektroautos<br />

von den US Herstellern<br />

Chevrolet und Tesla<br />

Seit September 2008 –<br />

beide Hersteller jeweils<br />

250.000 Autos verkauft<br />

haben<br />

Für Elektroautos April 2009 - 2016<br />

An Stadtbehörden und<br />

Taxiunternehmen<br />

Für Elektroautos<br />

Für Elektroauto i-MiEV<br />

Für Hybrid- und<br />

Elektroautos<br />

Seit April 2009<br />

Seit 1996<br />

Seit März 2009<br />

2012 - 2014<br />

Testphasen von fast allen Herstellern laufen weltweit. Im Januar 2009<br />

fuhren auf deutschen Strassen insgesamt 1.500 rein elektrisch<br />

angetriebene Fahrzeuge, alle rein zu Testzwecken.<br />

Während Hybridfahrzeuge schon seit einigen Jahren für Privatkunden<br />

erhältlich sind, ist mit den ersten elektrischen Serienfahrzeugen nicht<br />

vor 2011 zu rechnen, zunächst für Firmenflotten und Pilotprojekte,<br />

Privatverbraucher werden sich noch weitere Jahre gedulden müssen.<br />

In der Entwicklung des elektrischen Fahrens sind viele vertikale und<br />

horizontale Kooperationen zwischen den Herstellern untereinander<br />

und zu den Zulieferern, sowie eine zunehmende Beteiligung der<br />

Stromkonzerne zu beobachten, für die sich durch die Verbreitung von<br />

Elektroautos vollkommen neue Geschäftsbereiche ergeben. Dabei<br />

spielt nicht nur der Zuwachs des Stromabsatzes eine entscheidende<br />

Rolle, sondern auch die Errichtung und der Betrieb von<br />

Ladeinfrastrukturen. Um ein flächendeckendes Tankstellennetz für<br />

58


EV zu entwickeln, ist es wichtig, dass sich die Stromanbieter<br />

frühzeitig um Kooperationen mit den Ölkonzernen, die dominierenden<br />

Kräfte der bestehenden Tankstellenstruktur, bemühen. Ein weiteres<br />

Potenzial liefern Elektrofahrzeuge, indem sie als riesiger Speicher<br />

zum Ausgleich von Schwankungen in der Stromerzeugung (z.B.<br />

durch Windkraft) und der Stromnachfrage dienen. Auch die<br />

Möglichkeit des Batterieleasings ermöglicht Stromkonzernen neue<br />

Geschäftsfelder.<br />

In <strong>Europa</strong> sieht man reine Elektrofahrzeuge in diversen Testgebieten<br />

und EV-Pilotprojekten; beispielsweise testet BMW seit Anfang 2009<br />

gemeinsam mit dem Stromerzeuger Vattenfall 100 E-Minis in Berlin,<br />

um mehr über Lebensdauer der Akkus, Ladezeiten, Stromverbrauch,<br />

Reaktion auf Hitze, Kälte und vieles mehr zu erfahren. In<br />

Zusammenarbeit mit E.on werden seit Juli 2009 in München 15 E-<br />

Mini erprobt. Mit einem 204 PS starken Elektromotor ausgestattet<br />

kommen sie auf eine Höchstgeschwindigkeit von 150 km/h, und die<br />

Li-Ionen Batterie sorgt für eine Reichweite von 250 km. Auch Daimler<br />

startete bereits in London für Verwaltung und Geschäftsleute eine<br />

Elektro-Smart Fortwo Offensive, welche in Zusammenarbeit mit RWE<br />

und Siemens in Berlin unter dem „E-Mobility Berlin“–Konzept seit<br />

September 2008 weiter fortgesetzt und von der Bundesregierung<br />

unterstützt wird. In Deutschland sollen in diesem Projekt insgesamt<br />

40 Ladestationen aufgebaut werden, 20 davon in Berlin. Die<br />

Erkenntnisse sollen dem Aufbau einer grösseren Infrastruktur für<br />

Elektrofahrzeuge dienen. Seit kurzem ist Daimler mit 10% an dem<br />

kalifornischen Autohersteller Tesla beteiligt, der seit 2004<br />

Elektroautos entwickelt und Ende des Jahres die Batterien für die<br />

ersten 1.000 Elektro-Smarts liefern soll, die dann in Berlin und Italien<br />

getestet werden. Tesla produziert bereits seit Anfang 2008 den<br />

vollelektrischen Tesla Roadster und hatte bis September 2009<br />

insgesamt 700 Stück an Kunden ausgeliefert. In Norwegen gibt es<br />

den vollelektrischen Think, der in ausgewählten europäischen<br />

Ländern wie Norwegen, Dänemark, Schweden, den Niederlanden,<br />

der Schweiz, Österreich und kürzlich auch Spanien auf Testfahrten<br />

unterwegs ist.<br />

Eine weitere Allianz zwischen Energieunternehmen und Konzern der<br />

<strong>Automobilindustrie</strong> besteht bei EWE und der insolventen Automobilund<br />

Karosseriebaufirma Karmann. Sie entwickeln zusammen eine<br />

elektrische Sportlimousine, den E3. Anders als bei sonstigen<br />

derartigen Kooperationen, ist nicht der Automobilkonzern, sondern<br />

EWE der eigentliche Hersteller des E-Autos. EWE sieht in<br />

Elektrofahrzeugen grosses Potenzial für die mobile Speicherung von<br />

Strom und Einbindung ins Telekommunikationsnetz, um<br />

Energieprobleme der Zukunft zu lösen. Auch General Motors wird<br />

zukünftig kooperieren, und zwar mit der Electric Car Company Reva,<br />

die sich seit 14 Jahren mit dieser Antriebsart beschäftigt. Ziel ist die<br />

Entwicklung elektrischer Fahrzeuge für den indischen Markt. Sie<br />

59


werden dabei von der indischen Regierung unterstützt, die den<br />

Aufbau der nötigen Infrastruktur vorantreibt<br />

Ein anderes Projekt läuft in Dänemark. Dort entwickelt man unter<br />

dem Namen „Electric Vehicles in a Distributed and Integrated Market<br />

Using Sustainable Energy and Open Networks” (EDISON) eine<br />

Energieinfrastruktur für den breiten Einsatz von Elektrofahrzeugen.<br />

Auch in diesem Projekt spielt Siemens als Partner eines<br />

internationalen Konsortiums eine Rolle.<br />

Die japanisch-französische Allianz Renault-Nissan kündigt eine<br />

ganze Flotte von Elektrofahrzeugen an. Kleinwagen,<br />

Mittelklasselimousinen und Mini-Vans wollen sie entwicklen. Die<br />

ersten Fahrzeuge sollen Ende 2010 zu Preisen ab 20.000 Euro auf<br />

den Markt kommen. Renault-Nissan kooperiert zusätzlich mit der<br />

kalifornischen Firma Better Place, die 2007 gegründet wurde und<br />

eine flächendeckende Infrastruktur für Elektroautos aufzubauen<br />

beabsichtigt. Better Place konnte bereits einige Regionen zu einer<br />

Zusammenarbeit gewinnen. In Israel werden vier Elektroautos<br />

getestet und bis 2011 sollen 150.000 Ladestationen aufgebaut<br />

werden, für die seit zwei Jahren 140 Millionen Euro zur Verfügung<br />

stehen. Spezielle Leasing-Elektromobile mit Wechselbatterien sollen<br />

lange Ladezeiten umgehen und die Aktionsradien erhöhen. Es ist<br />

geplant, dass unter dem Leasingmodell das EV nicht gekauft wird,<br />

sondern in einer Art Mobilitätsvertrag nur eine Grundgebühr und die<br />

gefahrenen Kilometer bezahlt werden. Die Batterie soll dann auch<br />

nicht vom Kunden geladen, sondern an der Tankstelle gegen einen<br />

geladenen Akku getauscht werden. Unter anderem soll für dieses<br />

Projekt das Elektroauto Z.E. Concept von Renault weiterentwickelt<br />

werden. Die Antriebskomponenten für das Elektrofahrzeug werden<br />

voraussichtlich von Continental entwickelt. Der Zulieferer kündigte die<br />

Grossserienproduktion eines EV für 2011 an. Better Place konnte<br />

neben Israel, dem Heimatland Agassis, auch Dänemark von seinen<br />

Zielen überzeugen. Geplant ist ausserdem, dass Hawaii, San<br />

Francisco Bay Area, Ontario, und die Südostküste Australiens mit<br />

Better Place zusammen arbeiten. Nissan kooperiert zugleich mit<br />

Showa Shell, um ein schnelles Ladesystem für EV unter der<br />

Benutzung von Shells neu entwickelten Solarzellen und Nissans Li-<br />

Ionen Batterien zu fertigen. Erneuerbare Solarenergie soll dazu<br />

beitragen, dass nicht nur abgasfrei gefahren, sondern Energie auch<br />

ohne CO 2 -Emission produziert wird. Die Li-Ionen Batterien werden<br />

aktiv, wenn die Solarenergie erschöpft ist.<br />

Fazit und Ausblick:<br />

Vorrangiges Entwicklungsziel in der Motorentechnologie ist eine<br />

weitere Erhöhung der Effizienz der Antriebsaggregate mit attraktiver<br />

Dynamik, Agilität, sparsamen Kraftstoffverbrauch bei gleichzeitig<br />

reduzierten Emissionen. Verbrennungsmotoren werden auch in den<br />

60


nächsten Jahren die Hauptantriebstechnologie bleiben und besitzen<br />

weiterhin grosses Entwicklungspotential im Bereich Downspeeding<br />

und Downsizing.<br />

Die Hybridtechnologie schreitet weiter voran in den Micro-, Mild- und<br />

Full- Hybridsegmenten. Allerdings geht man davon aus, dass es kurzbis<br />

mittelfristig zu keiner Marktdurchdringung des Hybrids kommen<br />

wird, da systembedingte Grenzen gesetzt sind. Nur wo deutliche<br />

Vorteile durch Emissionsreduzierung zu vertretbaren Kosten zu<br />

erzielen sind, wird sich der Einsatz dieser Technologie rechnen. Ein<br />

Hybrid mit einem Range Extender, einem so genannten PHEV<br />

(Partial Hybrid Electric Vehicle) wird die Übergangslösung zu dem<br />

reinen EV sein. Das EV wird auf lange Sicht den Verbrennungsmotor<br />

ersetzen, doch auch 2015 wird der Anteil reiner Elektrofahrzeuge<br />

weltweit einen Marktanteil von nur etwa 3% erhalten. Das liegt zum<br />

einen an den hohen Mehrkosten und zum anderen an den noch<br />

geringen Reichweiten, die ein Elektroauto höchstens als Zweitwagen<br />

qualifizieren. Das Energiemanagement im Antriebsstrang wird für<br />

viele Applikationen an Bedeutung gewinnen. Dabei ist die<br />

Entwicklung leistungs- und marktfähiger Technologie, wie<br />

beispielsweise der Einsatz von Li-Ionen Batterien notwendig.<br />

Der Anteil an alternativen Kraftstoffen wird zunehmen. Die<br />

Motorentechnologie wird sich darauf ausrichten, Gemische von<br />

herkömmlichen und alternativen Kraftstoffen in jedem beliebigen<br />

Verhältnis verbrennen zu können.<br />

2.2.4. Einsatz neuer Materialien / Werkstoffe im Fahrzeug<br />

In der <strong>Automobilindustrie</strong> kommen verstärkt Ökoinnovationen zum<br />

Einsatz, die neben neuen Antriebsformen ebenfalls helfen können<br />

den Kraftstoffverbrauch zu senken. Die Umstellung von Klimaanlagen<br />

von fluorhaltigen Gasen auf klimafreundliche Kältemittel, die weniger<br />

klimawirksam und nicht so viel Kraftstoff verbrauchen, ist ein Beispiel.<br />

Da ein zu geringerer Reifendruck zum Kraftstoffmehrverbrauch führt,<br />

sind Systeme, die den Reifendruck überwachen, ein anderes Mittel<br />

den Verbrauch zu senken. Eine weitere Verbrauchsminderung von<br />

1% bis 2% kann durch Leichtlauföle und -reifen erreicht werden.<br />

Andere Ökoinnovationen sind Schaltzeitpunktanlagen, LED und<br />

Solardächer. Schaltzeitpunktanlagen zeigen den optimalen<br />

Schaltzeitpunkt an und ermöglichen so Einsparungen von bis zu 5%<br />

bei Otto- und bis zu 3% bei Dieselmotoren. Beleuchtung durch LED-<br />

Lampen ist um rund 20 Mal effizienter als mit herkömmlichen<br />

Lampen. Solardächer können die Batterie laden und so Kraftstoff<br />

sparen. Eine weitere Möglichkeit bieten Thermogeneratoren, die<br />

Abwärmeenergie in nutzbare Energie wandeln und so Kraftstoff<br />

zurück gewinnen.<br />

Neben den Ökoinnovationen werden zunehmend Leichtbauwerkstoffe<br />

in der <strong>Automobilindustrie</strong> verwendet und bewirken eine Reduzierung<br />

des Energie- und Materialbedarfs sowie eine Verbesserung der<br />

61


Wirtschaftlichkeit der Systeme. Vor allem wegen zunehmend<br />

strengeren Umweltvorschriften und niedrigeren Verbrauchswünschen<br />

der Kunden setzt die <strong>Automobilindustrie</strong> verstärkt auf schlanke<br />

Bauteilkonstruktion. Ob Aluminium, Magnesium, hochfester und<br />

höchstfester Stahl, neuartige Faserverbundwerkstoffe – Werkstoffe<br />

sind ein wesentlicher Innovationstreiber im Fahrzeugbau. Als<br />

Zielsetzung gilt es, neue Werkstoffe mit spezifischer Funktionalität bei<br />

gleichzeitig geringerem Gewicht zu entwickeln. Es sollen dabei<br />

optimale Gewichtsverteilungen erreicht werden, mit den primären<br />

Zielen von wirtschaftlichen Verbrauchs- und Emissionswerte,<br />

Fahrdynamik, hoher Stabilität, Zuverlässigkeit und Sicherheit.<br />

Stahl könnte seine Bedeutung innerhalb der <strong>Automobilindustrie</strong><br />

mittelfristig merklich verlieren. Der Rohstoff Stahl ist in den letzten<br />

Jahren deutlich teurer geworden und die hohen Energiepreise, für<br />

die auf längere Sicht keine Entspannung zu erwarten ist, haben<br />

die sehr energieintensive Verarbeitung von Stahl zusätzlich<br />

verteuert. Gleichzeitig werden für die <strong>Automobilindustrie</strong> spezielle<br />

Stähle entwickelt, die eine hohe Verformbarkeit und Festigkeit<br />

aufweisen, insbesondere für den Einsatz in crashrelevanten<br />

Zonen im Fahrzeug. Besondere Aufmerksamkeit kommt den<br />

hochfesten Stählen zu, welche die Eigenschaften hoher Festigkeit<br />

bei gleichzeitiger Dehnbarkeit besitzen und damit leichtere<br />

Bauteile als herkömmliche Stähle sind, aber trotzdem die<br />

vorgegebenen erforderliche Festigkeit und Dehnbarkeit besitzen.<br />

Aluminium steht im Karosseriebau hinsichtlich des<br />

Leichbaupotentials und der Effizienz in direkter Konkurrenz zu<br />

hochfesten Stählen. Motor-, Getriebegehäuse und komplexe<br />

Karosserieteile wie Einspritzpumpengehäuse und Zylinderköpfe<br />

können aus Aluminium aufgrund seines geringen Schmelzpunktes<br />

und guter Wärmeleitfähigkeit im Druckgussverfahren hergestellt<br />

werden. Dabei wird die Aluminiumschmelze unter hohen Druck in<br />

ein Formteil gepresst. Im Bereich des Motorenbaus steht<br />

Aluminium in Konkurrenz zum Grauguss. Steigende Zünddrücke,<br />

geringes Gewicht und vorgegebener Baugrösse kennzeichnen<br />

das komplexe Anforderungsprofils eines Motorblocks. Auch das<br />

Verbundkurbelgehäuse aus Magnesium und Aluminium von BMW<br />

in Form eines 6-Zylinders mit einer Gewichtsersparnis von 24%<br />

zeigt Entwicklungspotential in diesem Bereich.<br />

Kunststoffe nehmen im Anwendungsbereich des Automobilbaus<br />

kontinuierlich zu. Heute befinden sich 50% der<br />

Kunststoffanwendungen im Interieur, 21% im Exterieur und 15%<br />

in Elektrik und Antrieb und ungefähr 10% im Fahrwerk. Das<br />

Konstruktionspotential dieses Werkstoffes kann sich durch die<br />

vielfältigen Anforderungen hinsichtlich Optik, Haptik und vor allem<br />

Funktionalität und Zuverlässigkeit entfalten. Es wird erwartet, dass<br />

der Kunststoffanteil im Pkw-Fahrzeugbau von derzeit 12% auf<br />

20% ansteigen wird. Kohlefaserverstärkte (CFK) und<br />

62


glasfaserverstärkte Kunststoffe (GFK) sind Verbundwerkstoffe, die<br />

aus Einzelwerkstoffen bestehen. Sie zeichnen sich aus durch<br />

hohes Gewichteinsparpotential, gute Korrosionseigenschaften und<br />

geringe Materialermüdungserscheinungen. Der Rohstoff CFK ist<br />

jedoch teuer und Einsatzbereiche sind vorwiegend im High-Tech-<br />

Bereich zu erzielen.<br />

2.3. Veränderungen in den gesellschaftlichen Mobilitätsansprüchen<br />

Mobilität ist das Kennzeichen aller modernen Gesellschaften. Trotz<br />

des krisenbedingten Nachfrageeinbruchs und auch ohne staatliche<br />

Förderprogramme, wie Verschrottungsprämien, bleibt das<br />

Mobilitätsbedürfnis weltweit nicht nur hoch, sondern wird mittelfristig<br />

sogar überproportional wachsen.<br />

Treiber der künftigen gesellschaftlichen Mobilitätsansprüche gibt es<br />

in drei Hinsichten:<br />

zum einen wächst ein neuer Markt in Asien heran<br />

zum anderen ändert sich die Ausrichtung der Mobilitätspalette in<br />

den westlichen Industriestaaten<br />

<br />

und zuletzt erfordert die Entstehung zahlreicher Megastädte<br />

weltweit für ein neues Segment von Autos.<br />

Industriestaaten versus Asien<br />

Für die Autoindustrie ergeben sich aufgrund demographischer<br />

Faktoren (vgl. Kap.1.3) zwei wesentliche Trends. Wichtig sind die<br />

Tendenzen der asiatischen Länder, in denen mit dem<br />

Bevölkerungswachstum ein intensives wirtschaftliches Wachstum<br />

stattfindet, und dadurch die Nachfrage nach Mobilität rasch steigt. Vor<br />

allem das Marktsegment der „Billig-Autos“ wird damit in den nächsten<br />

Jahren boomen, und das nicht nur in den Wachstumsstaaten<br />

Russland, Indien und China. Auch in <strong>Europa</strong> verkauft sich die<br />

rumänische „Billig-Marke“ Dacia zunehmend erfolgreicher. In diesem<br />

Segment sind nicht mehr die innovativsten und fortschrittlichsten und<br />

damit teuersten Technologien gefragt, sondern Technologien und<br />

Massnahmen, die das Auto vereinfachen. Der Trend geht hin zum<br />

kleinen Auto mit geringem Verbrauch und Materialeinsatz.<br />

Minimierung statt Maximierung ist das neue Gebot, damit der Preis<br />

für das Endprodukt sinkt. Beispielhaft in diesem Segment ist der<br />

indische Nano, den Tata für 1.700 Euro verkauft. Als problematisch<br />

könnten sich dabei für die westlichen Automobilhersteller die<br />

begrenzten Ertragspotentiale bei verschärfter Konkurrenz mit<br />

asiatischen Herstellern erweisen. Um wettbewerbsfähig zu bleiben,<br />

bedarf es bei den westlichen Herstellern – OEM´s wie Zulieferern -<br />

Kosteninnovation und grundsätzlich neuer Konzepte, um die gesamte<br />

63


Modellpalette für die Anforderungen der Zukunft wettbewerbsfähiger<br />

zu machen.<br />

Noch gibt es im Bereich der „Billig-Autos“ keine direkte regionale<br />

Konkurrenz zwischen lokalen asiatischen Anbietern und grossen<br />

Automobilherstellern. Dies verschafft den westlichen Herstellern<br />

einen gewissen Wettbewerbsvorsprung an Komfort,<br />

Umweltverträglichkeit und Sicherheit, was sich preislich (noch) positiv<br />

niederschlägt.<br />

Neben dem Billig-Segment gibt es eine weitere Parameter-Änderung<br />

für die Autoindustrie. In den westlichen Industriestaaten werden die<br />

Hersteller ihre Fahrzeugpalette nach den Bedürfnissen einer älteren<br />

und alternden Bevölkerung ausrichten müssen. Dabei kommt ihnen<br />

entgegen, dass - obwohl das Bevölkerungswachstum stagniert und in<br />

einigen Teilen sogar zurückgeht – dies zunächst nicht mit einem<br />

Rückgang der Kaufkraft verbunden ist. Kurz: Das Käuferpotenzial<br />

wird zwar kleiner, das Kaufkraftpotenzial dagegen grösser.<br />

Die ältere Bevölkerung macht in Zukunft einen immer grösseren<br />

Anteil an den Neuwagenkäufern aus und durch die Verschiebung der<br />

Alterspyramide nach oben ist per Saldo sogar mit einem erhöhten<br />

Fahrzeugabsatz zu rechnen. Vor allem das Premium-Segment wird<br />

dabei überproportionale Wachstumschancen erfahren, allerdings in<br />

einer anderen Modellpalette als heute. Im Vordergrund für die<br />

alternde Gesellschaft stehen Einsteige- und Bedienungs-Komfort,<br />

Ausstattung und Sicherheit. Der Erfolg City-Off-Roader liegt vor allem<br />

darin begründet.<br />

100%<br />

90%<br />

80%<br />

70%<br />

Neuzulassungen in Westeuropa nach Segmenten, in %<br />

12% 10%<br />

13%<br />

17% 15%<br />

23%<br />

Others*<br />

Executive<br />

60%<br />

50%<br />

40%<br />

30%<br />

20%<br />

10%<br />

0%<br />

28%<br />

30%<br />

Quelle: ACEA<br />

1990<br />

1991<br />

1992<br />

1993<br />

1994<br />

1995<br />

1996<br />

Abbildung 2-10: Trend in Industriestaaten<br />

29%<br />

32%<br />

39% 45%<br />

1997<br />

1998<br />

1999<br />

2000<br />

2001<br />

2002<br />

2003<br />

2004<br />

2005<br />

2006<br />

2007<br />

2008<br />

2009 (I-VI)<br />

Upper-Medium<br />

Lower-Medium<br />

Small<br />

*) z.B. Cabriolets, Sport-, Geländewagen, Wohnmobile; Ab 2007 den verbliebenen Kategorien zugeordnet<br />

Megastädte<br />

Neben den beiden genannten demographischen Tendenzen wirkt<br />

sich das Entstehen von immer mehr Megastädten auf die<br />

Mobilitätsansprüche aus. Megastadt ist ein quantitativ bestimmter<br />

Begriff, dessen Schwellenwert nicht genau definiert ist. Die UN-<br />

64


Statistik betrachtet Städte über 10 Millionen Einwohner als<br />

Megastadt. Im Jahre 2000 registrierte die UN weltweit bereits 18<br />

Megacities. Der Grossraum Tokio als der Welt grösste Megacity hat<br />

mit rd. 27 Millionen Menschen fast soviel Einwohner wie ganz<br />

Kanada (31 Mio.). Das urbane Wachstum ist real und kaum zu<br />

bremsen, geschweige denn umkehrbar. Lebten im Jahre 1800 erst<br />

3% der Weltbevölkerung in Städten, waren es im Jahr 1950 bereits<br />

rund 30%. Im Jahr 2007 lebten weltweit erstmals mehr Menschen in<br />

Städten als auf dem Lande. Nach Schätzungen der UN werden es im<br />

Jahr 2030 bereits zwei Drittel der Weltbevölkerung sein und bis 2050<br />

circa 70%, die nicht auf dem Land, sondern in einer Stadt leben.<br />

Allerdings dürfte sich die Ballung in Megacities vor allem in Asien und<br />

auf der südlichen Halbkugel abspielen, nicht in Mitteleuropa.<br />

Stadt<br />

1950<br />

Bevölkerung<br />

Stadt<br />

1975<br />

Bevölkerung<br />

Stadt<br />

2000<br />

Bevölkerung<br />

Stadt<br />

2015<br />

Bevölkerung<br />

New York<br />

12,3<br />

Tokyo<br />

New York<br />

Shanghai<br />

Mexico City<br />

Sao Paulo<br />

19,8<br />

15,9<br />

11,4<br />

11,2<br />

10,0<br />

Tokyo<br />

Mexico City<br />

Bombay<br />

Sao Paulo<br />

New York<br />

Lagos<br />

Los Angeles<br />

Kalkutta<br />

Shanghai<br />

Buenos Aires<br />

Dhaka<br />

Karachi<br />

Delhi<br />

Jakrta<br />

Osaka<br />

Metro Manila<br />

Peking<br />

Rio de Janeiro<br />

Kairo<br />

26,4<br />

18,1<br />

18,1<br />

17,8<br />

16,6<br />

13,4<br />

13,1<br />

12,9<br />

12,9<br />

12,9<br />

12,3<br />

11,8<br />

11,7<br />

11,0<br />

11,0<br />

10,9<br />

10,8<br />

10,6<br />

10,6<br />

Tokyo<br />

Bombay<br />

Lagos<br />

Dhaka<br />

Sao Paulo<br />

Karachi<br />

Mexico City<br />

New York<br />

Jakrta<br />

Kalkutta<br />

Delhi<br />

Metro Manila<br />

Shanghai<br />

Los Angeles<br />

Buenos<br />

Aires<br />

Kairo<br />

Istanbul<br />

Peking<br />

Rio de<br />

Janeiro<br />

Osaka<br />

26,4<br />

26,1<br />

23,2<br />

21,1<br />

20,4<br />

19,2<br />

19,2<br />

17,4<br />

17,3<br />

17,3<br />

16,8<br />

14,8<br />

14,6<br />

14,1<br />

14,1<br />

13,8<br />

12,5<br />

12,3<br />

11,9<br />

11,0<br />

10,7<br />

10,5<br />

Quelle: Megastädte der Welt von 1950 - 2015 in Mio. (Klett)<br />

Abbildung 2-11: Megastädte der Welt von 1950 - 2015 in Mio.<br />

Diese Entwicklung wirkt sich neben vielen verschiedenen<br />

Konsequenzen auch auf die Autoindustrie aus. In Städten existiert ein<br />

anderer Bedarf an anderen Autos als auf dem Land. Die Folgen für<br />

die Mobilität sind vielfältig. Neben dem massiven Ausbau der<br />

öffentlichen Verkehrsmittel und allgemeinen Verkehrsinfrastruktur,<br />

müssen neue Autokonzepte für Megastädte entwickelt werden. Im<br />

Kern müssen sie klein und flexibel sein und abgasfrei oder -arm<br />

fahren. Für die Autoindustrie heisst das, dass sie Emissionen und<br />

Energieverbrauch extrem verringern müssen und ihre alte Flotte<br />

„downsizen“. In den Städten werden nur geringe<br />

Durchschnittsgeschwindigkeiten gefahren und die Technik muss an<br />

die vielen Start- und Stopp-Situationen angepasst werden.<br />

Ausserdem müssen völlig neue Mobilitätskonzepte angeboten<br />

werden, die sich an den neuen Bedürfnissen der urbanen<br />

Bevölkerung orientieren. Ein Beispiel ist das von Daimler in Ulm unter<br />

dem Namen car2go gestartete Modellprojekt mit 200 Smart -<br />

65


Fahrzeugen. Das Projekt funktioniert ähnlich wie das „Call a Bike“<br />

System der Deutschen Bahn. Die Smarts sind quer über die gesamte<br />

Stadt verteilt, können von jedem registrierten Kunden rund um die<br />

Uhr zu einem Minutenpreis von 19 Cent beliebig lange gemietet und<br />

anschliessend im gesamten Stadtgebiet wieder abgestellt werden.<br />

Der Smart eignet sich vor allem in der Elektroversion auf Grund<br />

seiner Grösse als Stadtauto.<br />

Generell sind elektrische Fahrzeuge wegen niedrigen bzw. keinen<br />

Schadstoffemissionen vorteilhaft für den innerstädtischen (Mega-)<br />

Stadtverkehr. BMW nutzt beispielsweise die Ergebnisse aus den<br />

Studien zum E-Mini für die Entwicklung von so genannten „Megacity-<br />

Vehicles“, deren Einführung für 2015 geplant ist.<br />

Fazit:<br />

Die Otto- und Dieselmotoren werden zunehmend durch<br />

Hybridtechnologie und Elektroantriebe ersetzt werden, auch wenn der<br />

Verbrennungsmotor die erste Hälfte des 21.Jhd. weiterhin dominieren<br />

wird. Das anhaltende Bevölkerungswachstum sowie die<br />

Konzentration derselben in immer mehr Megacities wird nicht nur<br />

dem Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) eine grössere<br />

Bedeutung zukommen lassen, sondern lässt auch den Welt-<br />

Fahrzeugbestand in wenigen Jahren von derzeit 910 Millionen auf<br />

über 1 Milliarden Einheiten anwachsen. Man rechnet sogar mit einem<br />

überproportional schnellen Wachstum der Welt-Pkw-Flotte in den<br />

BRIC-Staaten; für das Jahr 2030 wird eine Verdoppelung des<br />

heutigen Bestands prognostiziert. – Einzuräumen ist allerdings dass<br />

diese Prognosen frei von Überlegungen gemacht wurden, wo das<br />

Mineralöl zum Betrieb dieser Flotte herkommen kann. Die Trends<br />

steigender Energiepreise und wachsender Hinwendung zu<br />

alternativen Antriebstechnologien werden durch diese Aussichten<br />

jedenfalls nur noch weiter verstärkt.<br />

66


3. Brancheninterne Einflussfaktoren der <strong>Automobilindustrie</strong><br />

3.1. Analyse der aktuellen Entwicklung in der Branchenstruktur<br />

3.1.1. Fusionen und Insolvenzen bei den Herstellern<br />

In der Vergangenheit war in der <strong>Automobilindustrie</strong>, sowohl auf OEMals<br />

auch auf Zuliefererebene, ein eindeutiger und intensiver<br />

Konzentrationsprozess durch Übernahmen und Fusionen zu<br />

beobachten. Strategisch falsch aufgestellte, wirtschaftlich unprofitable<br />

Unternehmen oder mittelständische Zulieferer ohne gesicherte<br />

Nachfolger wurden insolvent oder durch stärkere Wettbewerber,<br />

teilweise auch durch Finanzinvestoren, übernommen.<br />

Von den mehr als 30 eigenständigen OEMs, die 1970 auf dem Markt<br />

tätig waren, existieren in der industrialisierten Welt heute nur noch<br />

13-14 7 global operierende, rechtlich und wirtschaftlich unabhängige<br />

Hersteller (siehe Abb. 3.1). Diese Marktentwicklung wurde vor allem<br />

durch die für diesen Industriezweig typischen Merkmale erzwungen:<br />

– hohe, inflexible, langfristige Kapitalbindung für den Aufbau von<br />

Produktionskapazitäten,<br />

– die hohe Abhängigkeit von Mindeststückzahlen für die Deckung<br />

der laufenden Produktionskosten (Skalenerträge),<br />

– hohe Wettbewerbsintensität aufgrund der Transparenz im<br />

Angebot.<br />

Quelle: IWK<br />

1970 1980 1990 2009 2015<br />

• Albarth<br />

• Alfa-Romeo<br />

• Alpine<br />

• AMC<br />

• Aston Martin<br />

• BLMC<br />

• BMW<br />

• Chrysler<br />

• Citroen<br />

• Daimler-Benz<br />

• De Tomaso<br />

• Fiat<br />

• Simca/Chrysler<br />

• Ford<br />

• Fuji H.I.<br />

• GM<br />

• Honda<br />

• Innocenti<br />

• Isuzu<br />

• Lamborghini<br />

• Lotus<br />

• Maserati<br />

• Mazda<br />

• Mitsubishi<br />

• Nissan<br />

• Peugeot<br />

• Porsche<br />

• Prince<br />

• Renault<br />

• Rolls-Royce<br />

• Saab<br />

• Seat<br />

• Suzuki<br />

• Toyota<br />

• Volvo<br />

• VW<br />

• Alfa-Romeo<br />

• AMC<br />

• Aston Martin<br />

• BL<br />

• BMW<br />

• Chrysler<br />

• Daimler-Benz<br />

• De Tomaso<br />

• Fiat<br />

• Ford<br />

• Fuji H.I.<br />

• GM<br />

• Honda<br />

• Isuzu<br />

• Lamborghini<br />

• Lotus<br />

• Mazda<br />

• Mitsubishi<br />

• Nissan<br />

• Peugeot/Citroen<br />

• Porsche<br />

• Renault<br />

• Rolls-Royce<br />

• Saab<br />

• Suzuki<br />

• Talbot/Matra<br />

• Toyota<br />

• Volvo<br />

• VW<br />

• BMW<br />

• Chrysler<br />

• Daewoo<br />

• Daimler-Benz<br />

• Fiat<br />

• Ford<br />

• GM<br />

• Honda<br />

• Hyundai<br />

• Isuzu<br />

• Mitsubishi<br />

• Nissan<br />

• PSA<br />

• Porsche<br />

• Renault<br />

• Rolls-Royce<br />

• Rover<br />

• Suzuki<br />

• Toyota<br />

• Volvo<br />

• VW<br />

• BMW<br />

• Daimler-Benz<br />

• Fiat-Chrysler<br />

• Ford<br />

• GM<br />

• Honda<br />

• Hyundai<br />

• Mitsubishi<br />

• PSA<br />

• Renault-Nissan<br />

• Suzuki<br />

• Toyota<br />

• VW-Porsche<br />

?<br />

Abbildung 3-1: Konzentration auf OEM Ebene<br />

7 Eine genaue Abgrenzung ist momentan schwierig, durch den Einstieg von<br />

Fiat bei Chrysler und den geplanten Verkauf von Opel durch GM.<br />

67


Im Zuge dieses Konzentrationsprozesses verschwanden allerdings<br />

bei den OEMs im Gegensatz zu den Zulieferern keine Marken vom<br />

Markt. Da die Kundenbindung an eine Automarke meist sehr<br />

langfristig ist und einen wichtigen Entscheidungsfaktor beim<br />

Neuwagenkauf darstellt, wurden die lange etablierten Marken auch<br />

nach einer Übernahme unter dem Dach der neuen Konzernmütter<br />

weitergeführt.<br />

In den letzten Jahren hat die Intensität dieser<br />

Konzentrationsprozesses auf Herstellerebene stark abgenommen<br />

und mittlerweile ist im Westen ein Konzentrationsniveau erreicht, bei<br />

dem kaum noch weitere grosse Übernahmen zu erwarten sind. Zum<br />

einen haben die Konzerne aus den Fehlern der gescheiterten<br />

Fusionen in der Vergangenheit (z.B. BMW-Rover, Daimler-Chrysler 8 )<br />

gelernt. Zum anderen haben die verbliebenen Automobilhersteller<br />

inzwischen eine derartige Grösse, und volkswirtschaftliche<br />

Bedeutung erreicht – zahlreiche Arbeitsplätze hängen direkt und<br />

indirekt von jedem einzelnen Grosshersteller ab – dass ihr<br />

Ausscheiden oder eine Übernahme zu starke negative<br />

Konsequenzen für die betroffenen Länder mit sich bringen würde,<br />

und daher zunehmend auf wirtschaftspolitischen Widerstand stösst<br />

(„too big to fail“). Die nationalen Regierungen sind daher eher bereit,<br />

Steuergelder in die Stützung einzelner Unternehmen zu stecken, um<br />

auf diese Weise die bestehenden Unternehmen mit ihren<br />

Arbeitsplätze zu erhalten. Dies trifft besonders in wirtschaftlichen<br />

Krisenzeiten (wie aktuell) zu, wenn es nicht nur den<br />

Automobilherstellern schlecht geht und die wirtschaftspolitischen<br />

Auswirkungen einer Insolvenz auf die gesamte Volkswirtschaft<br />

gerade auch bei bevorstehenden Wahlen besonders schwer zu<br />

verkraften wäre.<br />

Aktuell ist diese Situation vor allem bei der stark geschwächten<br />

amerikanischen <strong>Automobilindustrie</strong> zu beobachten. Zwei der drei<br />

grossen US-Hersteller konnten nur durch staatliche Subventionen<br />

und Beteiligungsprogramme am Leben erhalten werden. Chrysler,<br />

vom dem sich Daimler nach der missglückten Fusion 2007 wieder<br />

getrennt hatte, erhielt 4 Milliarden US$ staatlicher Unterstützung und<br />

musste im April 2009 Insolvenz anmelden, bevor der italienische Fiat-<br />

Konzern im Juni mit 35% Aktienanteilen als Investor die industrielle<br />

Führung übernahm. Noch schlimmer erging es General Motors (GM),<br />

mit zuletzt 9 Millionen produzierten (aber nicht abgesetzten)<br />

Automobilen der grösste Hersteller der Welt und Flagschiff der<br />

8 1998 fusionierten Daimler Benz und Chrysler; Daimler bezahlte 36<br />

Milliarden und war im Mai 2007 froh, Chrysler für 5,5 Milliarden an<br />

Finanzinvestor Cerberus zu verkaufen. Ähnlich erging es BMW, die mit der<br />

Übernahme der Rover Group scheiterten, viel Geld verloren und nur die<br />

Marke Mini behielten.<br />

68


amerikanischen Wirtschaft. GM hatte Ende 2008 insgesamt 13<br />

Milliarden US$ Staatshilfen erhalten, um den laufenden Betrieb<br />

aufrechterhalten zu können. Im Juni 2009 musste der Konzern<br />

trotzdem Insolvenz beantragen und wurde schliesslich<br />

teilverstaatlicht, der US-Staat übernahm 60% der Anteile und sicherte<br />

Staatshilfen in Höhe von weiteren 30 Milliarden US$ zu. Die deutsche<br />

GM-Tochter Opel erhielt von der deutschen Bundesregierung<br />

Kreditzusagen über 3,5 Milliarden US$, um eine Insolvenz zu<br />

verhindern und sollte schliesslich an den Zulieferer Magna (27,5%)<br />

und die russische Sberbank (27,5%) verkauft werden; das Verfahren<br />

war bei Fertigstellung dieser Studie - noch immer - nicht<br />

abgeschlossen<br />

Bei den grossen Automobilherstellern finden, ausgelöst durch die<br />

aktuelle Krise, zwar erhebliche Umwälzungsprozesse statt, es ist<br />

aber trotz allem nicht mit einer grundlegenden Veränderung der<br />

oligopolistisch geprägten Wettbewerbsstruktur zu rechnen. Einzelne<br />

Marken werden zwar teilweise komplett übernommen, wie z.B.<br />

Porsche und möglicherweise auch Suzuki durch VW, oder<br />

aufgegeben (z. b. Pontiac von GM); andere werden verkauft (z.B.<br />

Jaguar, Volvo, Saab, Hummer) oder es findet eine Teil-<br />

Verselbständigung statt, wie bei Opel. Im Grossen und Ganzen wird<br />

die westliche Automobilwelt aber auch weiterhin aus der Gruppe der<br />

derzeit existierenden 13-14 grossen Automobilhersteller-Konzernen<br />

bestehen.<br />

Der aktuelle Trend in der Wettbewerbstruktur ist, nach den<br />

Übernahmen und Fusionen in der Vergangenheit, mehr und mehr<br />

dadurch geprägt, die notwendigen Kosten- und Losgrössenvorteile<br />

durch Kooperationen zu erlangen. In Form von strategischen<br />

Allianzen und Joint Ventures zwischen den Herstellern wird in der<br />

heutigen Zeit der globalisierten Märkte die Sicherung von Economies<br />

of Scale und Wettbewerbsfähigkeit und Rentabilität zu erreichen<br />

versucht (vgl. Kapitel 3.4.). Fazit: Die „Alte Welt“ ist saturiert, alle<br />

Hersteller sind so gross, dass ein allgemeines, aber labiles<br />

Machtgleichgewicht zwischen den Herstellern besteht. Über<br />

Kooperationen versucht man eine Art “ Als-ob-Wettbewerbsstärke“ zu<br />

inszenieren.<br />

Während in den grossen westlichen Industrieländern ein Ende des<br />

Konzentrationsprozesse unter den etablierten Herstellern erreicht zu<br />

sein scheint, treten auf dem globalen Automobilmarkt zunehmend<br />

auch neue „Player“ aus den Emerging Markets in Erscheinung. Der<br />

Zugang zu den grossen Wachstumsmärkten (v.a. China, Russland,<br />

Indien) ist den westlichen Herstellern meist nur über Kooperationen<br />

und Joint Ventures mit den heimischen Herstellern möglich 9 , die sich<br />

9 Einige Beispiele - BMW Group - Brilliance China Automotive, SAIC-GM-<br />

Wuling Automobile Co., Dongfeng Honda Automobile (Wuhan) Co. in China<br />

und Maruti Suzuki in Indien.<br />

69


dadurch das westliche Know How aneignen und zu eigenständigen<br />

Wettbewerbern aufsteigen können. Chinesische und indische<br />

Hersteller kaufen seit einigen Jahren zudem unprofitable westliche<br />

Marken (z.B. Tata: Land Rover & Jaguar; BAIC: Saab¸ SAIC: Rover),<br />

um sich dadurch neben dem Know-How auch die physische<br />

Produktionstechnik anzueignen und einen späteren Zugang zu den<br />

westlichen Absatzmärkten zu eröffnen 10 .<br />

Durch das starke Wachstum der Emerging Markets werden vor allem<br />

einige der indischen und chinesischen Hersteller in den kommenden<br />

Jahren auf ihren Heimatmärkten weiter kräftig aufsteigen können.<br />

Ihnen gelingt es oftmals besser als den grossen westlichen<br />

Herstellern, sich an die Gegebenheiten und Bedürfnisse auf ihren<br />

Heimatmärkten anzupassen, z.B. Tata mit dem „Billig-Auto“ Nano.<br />

Die etablierten westlichen Hersteller müssen sich daher auf<br />

wachsende Konkurrenz aus diesem Bereich einstellen, zunächst in<br />

den Heimatländern dieser Emporkömmlinge, dann in den<br />

umliegenden Schwellenländern und schliesslich auch im unteren<br />

Bereich der westlichen Triademärkte. Dies gilt vor allem für die<br />

OEM´s aber auch zunehmend für bestimmte Zulieferteile, wenn des<br />

den heimischen Lieferanten gelingt, die wesentlichen Produzenten in<br />

ihren Heimatländern zu verdrängen. Bislang jedoch ist die<br />

Zulieferindustrie noch weitgehend fest in westlicher/japanischer<br />

Hand.<br />

In Russland, obwohl ebenfalls Schwellenland mit bester<br />

Wachstumsperspektive, ticken die Uhren anders. Während die<br />

<strong>Automobilindustrie</strong> in China und Indien blüht und gedeiht, steht sie in<br />

Russland infolge Unfähigkeit, Missmanagement und politischer<br />

Vetternwirtschaft vor dem Abrund. AvtoVaz hat Insolvenz<br />

angemeldet, Gaz steht kurz davor. Der Abbau von Arbeitsplätzen<br />

geht in die Zehntausende.<br />

In Indien und Russland existieren nur wenige unabhängige<br />

Automobilhersteller, in China werden laut unterschiedlichen Angaben<br />

noch ca. 200-300 Hersteller gezählt. Hier hat bereits ein<br />

Konzentrationsprozess eingesetzt, wie er im Westen zu Beginn des<br />

vorigen Jahrhunderts stattgefunden hat. Mit dem Unterscheid, dass in<br />

China der allmächtige Staat diesen Prozess zu grossen Teilen<br />

kontrolliert steuert. Die beiden russischen Automobilkonzerne<br />

stammen noch aus der kommunistischen Vergangenheit des Landes<br />

und sind technisch, wie wirtschaftlich nicht konkurrenzfähig. Der<br />

ehemalige Wolga-Hersteller GAZ wird über die Beteiligung der<br />

russischen Sberbank voraussichtlich zum Opel-Produzenten für den<br />

russischen Markt aufsteigen.<br />

10 Bis jetzt sind alle Versuche chinesischer Hersteller ihre Autos nach<br />

<strong>Europa</strong> zu verkaufen, aufgrund der miserablen technischen Standards<br />

grandios gescheitert, z.B. mit verheerenden Ergebnissen bei Crashtests des<br />

Geländewagens „Landwind“ oder des „Brilliance BS6“.<br />

70


Die wichtigsten Newcomer aus den BRIC-Staaten:<br />

Indien:<br />

1. Maruti Suzuki India Ltd. – gegründet 1981; 54,2% hält Suzuki<br />

Gruppe; Produkte: Kei Cars/City Cars, Compact Cars,<br />

Microvans, Compact SUVs; Absatz Apr. 2008 bis Feb. 2009 –<br />

570.267 Stück<br />

2. Tata Motors Ltd. – gegründet 1945; gehört mehrheitlich zur Tata<br />

Group; Produkte: Pkw und Nutzfahrzeuge; Pkw-Absatz Apr.<br />

2008 bis Feb. 2009 – 178.849 Stück<br />

3. Mahindra & Mahindra Ltd. – gegründet 1945; 51% Mahindra<br />

und 49% Renault; Produkte: Pkw, Nutzfahrzeuge, SUVs; Pkw-<br />

Absatz Apr.2008 bis Feb. 2009 – 92.023 Stück<br />

China:<br />

1. Liuzhou Wuling Motors Co. Absatz 2008 545.239 Stück (JV<br />

16% an SAIC-GM-Wuling Automobile Co.)<br />

2. Chery Automobile Co. Absatz 2008 356.093 Stück<br />

3. Chongqing Changan Automobile Co. Absatz 2008 276.519<br />

Stück<br />

4. China FAW Group Corp. Absatz 2008 – 228.454 Stück (JV:<br />

40% an Tianjin FAW Toyota Motor Co.( Absatz 2008 543.106<br />

stück), 50% an Sichuan FAW Toyota Motor Co., 50% an<br />

Changchun Fengyue Company of SFTM, 60% an FAW-<br />

Volkswagen Automotive Co.(Absatz 2008 983.436 Stück))<br />

5. Zhejiang Geely Automobile Group Abastz 2008 – 221.151<br />

6. Shanghai Automotive Industry Corp. Absatz 2008 – 35.208<br />

Stück (JV: 50% an Shanghai General Motors Corp. .(Absatz<br />

2008 485.545 Stück), 25% an Sahnghai GM Dongyue Motors<br />

Co., 50% an SAIC-GM-Wuling Automobile Co., 25% an<br />

Shanghai GM (Shenyang) Nersom Motors Co., 50% an<br />

Shanghai Volkswagen Automotive Co. .(Absatz 2008 983.436<br />

Stück))<br />

7. Dongfeng Motor Corp. Absatz 2008 – 23.611 Stück (JV: 50%<br />

an Dongfeng Honda Automobile (Wuhan) Co. (Absatz 2008<br />

470.033 Stück), 25% an Dongfeng Yueda Kia Automobile Co.,<br />

50% an Dongfeng MotorCo./Dongfeng Nissan Passenger<br />

Vehicle Co. (Absatz 2008 361.015 Stück), 50% an Dongfeng<br />

Peugeot Citroen Automobile Co. (Absatz 2008 178.308 Stück),<br />

80% an Zhengzhou Nissan Automobile Co.)<br />

Russland:<br />

71


1. AvtoVAZ – gegründet 1966; Der russische Staatskonzern<br />

Rostechnologii, das Investmenthaus Troika Dialog und der<br />

französische Autobauer Renault halten je 25% plus 1 Aktie von<br />

Avtovaz; JV: mit GM gegründet 2001, Suzuki Montage, Peugeot;<br />

Absatz 2008 622.000 Stück<br />

2. GAZ – gegründet 1932; ist insolvent; Absatz in 2007 (Januar bis<br />

September) – 30.847 Stück<br />

3.1.2. Veränderungen in der Zuliefererstruktur<br />

Im Gegensatz zur Ebene der OEMs wird in der Zulieferindustrie der<br />

Konzentrationsprozess infolge des verschärfte Kostendrucks von<br />

seiten der Abnehmer – OEM oder nachgelagerten Abnehmer aus der<br />

Zulieferkette - auch in den nächsten Jahren weiterhin anhalten (siehe<br />

Abb. 3-2). Dabei werden kleinere Zulieferer vom Markt verschwinden<br />

(TMD, Geiger, Wagon Automotive, Kittel), andere werden durch<br />

grössere (oder kleinere) Konkurrenten übernommen – Siemens VDO<br />

wurde 2007 durch Continental übernommen, Continental wurde 2009<br />

durch die Schäffler-Gruppe übernommen.<br />

40000<br />

Anzahl Zulieferer<br />

30.000<br />

(1988)<br />

8.000<br />

(1998)<br />

8000<br />

5000<br />

500<br />

500<br />

(1910)<br />

Anzahl Automobilhersteller<br />

5.600<br />

(2000)<br />

~2.800<br />

(2015)<br />

30<br />

0<br />

1900<br />

30<br />

(1900)<br />

1950<br />

50<br />

(1950)<br />

1980<br />

30<br />

(1980)<br />

13<br />

(2009)<br />

2009 2015<br />

?<br />

(2015)<br />

Quelle: IWK<br />

Abbildung 3-2: Konzentration in der Automobilbranche<br />

Neben dem Konzentrationsprozess gibt es auch hier den<br />

gegenläufigen Trend, dass neue Anbieter auf dem Weltmarkt<br />

hinzukommen. Diese neuen Marktteilnehmer kommen weniger aus<br />

geographisch neuen Regionen (die „neuen“ OEMs arbeiten zum<br />

Grossteil auch mit den etablierten Zulieferern zusammen), sondern<br />

vor allem aus technologisch neuen Regionen. Speziell in dem<br />

Bereich des Elektroantriebs entwickelt sich ein komplett neuer<br />

Zulieferbereich für die <strong>Automobilindustrie</strong>. Die klassischen Automobil-<br />

Zulieferer müssen sich in diesem Bereich das nötige Know-how<br />

72


grösstenteils durch Übernahmen oder Kooperationen mit<br />

entsprechenden Unternehmen sichern und ehemals branchenfremde<br />

Unternehmen werden plötzlich zu einem Bestandteil der<br />

<strong>Automobilindustrie</strong>. Beispielsweise vereinbarten vor kurzem Süd-<br />

Chemie und Evonik eine Lieferantenpartnerschaft bei neuen<br />

Batteriematerialien für Elektroantriebe in Automobilen - für den<br />

Einsatz neuer Materialien in der nächsten Generation von Lithium-<br />

Ionen-Batterien; oder Bosch, das mit dem südkoreanischen<br />

Elektronikkonzern Samsung ebenfalls ein Joint Venture für Lithium-<br />

Ionen-Batterien bildet.<br />

Bedingt durch die aktuelle Marktschwäche und durch die hohen<br />

Kapitalanforderungen für Innovationen der Zukunft gewinnen<br />

Kooperationen auch für die Zulieferer weiterhin an Wichtigkeit.<br />

Zusammenarbeit und Gemeinschaftsprojekte werden in Zukunft<br />

sowohl mit anderen Zulieferern, als auch mit Herstellern, aber auch<br />

branchenübergreifend z.B. mit Batterieherstellern oder<br />

Stromanbietern immer intensiver in Anspruch genommen -<br />

beispielsweise kooperieren Karmann und der Energiekonzern EWE<br />

bei mehreren Forschungsaktivitäten im Bereich Elektrofahrzeuge,<br />

Magna und der Schweizer Leistungselektronik-Spezialist Brusa<br />

haben eine Kooperation vereinbart, um gemeinsam Komponenten<br />

und Systeme für Elektro- und Hybridfahrzeuge zu entwickeln und zu<br />

produzieren, Continental und ZF Friedrichshafen bilden eine Allianz<br />

zur Entwicklung eines Hybrid-Antriebs, und viele mehr.<br />

Ausserdem versuchen Zulieferer auch verstärkt entlang der<br />

klassischen Wertschöpfungskette zu expandieren, ihre<br />

Geschäftsfelder also auszuweiten. Am spektakulärsten ist dies aber<br />

bei dem österreichisch-kanadischen Zulieferer Magna zu beobachten,<br />

der durch den Kauf von Opel zum eigenständigen Hersteller<br />

aufsteigen möchte. Dies ist allerdings auch mit erheblichen Risiken<br />

verbunden. Dadurch, dass Magna durch diese Übernahme zum<br />

Konkurrenten für andere Hersteller wird, die bislang Kunden des<br />

Zulieferers Magna waren, sind diese bisherigen<br />

Lieferantenbeziehungen mit anderen OEMs hochgradig gefährdet. So<br />

wollen laut Presseberichte BMW, VW und Chrysler ihre Aufträge an<br />

Magna in Zukunft überprüfen. Bei strategischen Entscheidungen<br />

solcher Art ist aus diesem Grund eine genaue Abwägung zwischen<br />

den zu erwartenden Vorteilen und den möglichen Schäden für das<br />

bestehende Geschäftsfeld sehr wichtig. Das Kerngeschäft kann<br />

unter Umständen stark leiden, sodass die Existenz des<br />

Unternehmens langfristig nicht gesichert werden kann. Diese Gefahr<br />

ist weniger bei Familienunternehmen gegeben als bei<br />

Kapitalgesellschaften mit angestellten Managern, deren Verträge<br />

bekanntlich zeitlich limitiert sind, und deren Interessen gelegentlich<br />

eher auf kurzfristige Maximierung der eigenen Bezüge als auf die<br />

langfristige – und zeitraubende - Steigerung des<br />

Unternehmenswertes ausgerichtet sind.<br />

73


3.2. Veränderungen innerhalb der Wertschöpfungskette<br />

3.2.1. Fertigungsstrukturen<br />

Durch den starken Verdrängungswettbewerb auf den weltweiten<br />

Absatzmärkten sahen sich die Automobilhersteller in den<br />

vergangenen Jahren zunehmend gezwungen, neue Modelle,<br />

Konzepte und Strategien zu entwickeln. Neue Technologien und<br />

verbesserte Produktionsprozesse, wie Modul- oder Plattformkonzept<br />

wurden eingeführt, um die Kosten zu senken, die Ausweitung von<br />

Finanzdienstleistungen wurde zunehmend zum wichtigsten<br />

Ertragsgenerator.<br />

Schrumpfende Erträge im Kerngeschäft werden die<br />

Automobilhersteller auch in Zukunft zwingen, sich in Zukunft noch<br />

stärker auf möglichst profitable Aufgaben zu konzentrieren. Das führt<br />

im Wesentlichen zu:<br />

Outsourcing von allen Aktivitäten, die von vorgelagerten Gliedern<br />

der Wertschöpfungskette (i. d. R. Zulieferer, Entwicklungs und<br />

Spezialdienstleister etc.) kostengünstiger hergestellt oder<br />

erbracht werden können als vom Hersteller selbst. Dazu gehört<br />

auch eine Produktions-Verlagerung an Niedriglohnstandorte, die<br />

zwar der Zulieferer, nicht aber der Hersteller aufgrund politischer<br />

Zwänge leichter durchführen kann.<br />

Insourcing von hochprofitablen Aktivitäten, die der Produktion<br />

nachgelagert sind, vor allem Vertrieb und Kundenbetreuung<br />

sowie Financial Services (Finanzierung, Leasing etc.). Über 50%<br />

der Gewinnmarge bei den Herstellern stammt inzwischen aus<br />

dieser Quelle.<br />

Allerdings werden als Folge der aktuellen Absatzkrise von einzelnen<br />

Herstellern auch vordem ausgelagerte Produktionen aus Gründen der<br />

internen Beschäftigungssicherung wieder inhouse zurückverlagert.<br />

Dies ist aber nicht als langfristiger, strategischer Trend zu sehen,<br />

vielmehr als eine temporäre Anpassungsstrategie.<br />

Während die OEMs strategisch versuchen, den heute so wichtigen<br />

Markenwert ihrer Modelle zu steigern, übernimmt die Zulieferindustrie<br />

immer mehr Aufgaben im eigentlichen Produktionsprozess. Es<br />

entwickelt sich eine zunehmende Spezialisierung aller am<br />

Leistungserstellungsprozess eines Automobils beteiligten<br />

Unternehmen. Damit ändern sich auch die Wertschöpfungsanteile an<br />

der gesamten Prozesskette. OEMs geben immer mehr Aufgaben an<br />

Drittunternehmen weiter und verlagern ihre eigenen Kompetenzen in<br />

neue Bereiche. Auf diese Weise erfährt die <strong>Automobilindustrie</strong>, allen<br />

voran die deutsche, eine strukturelle Veränderung im gesamten<br />

Wertschöpfungsprozess, die wiederum innovativen<br />

Aussenseiterunternehmen zugute kommen. So werden sich die<br />

74


Wertschöpfungsaktivitäten der OEMs auf Module, Komponenten und<br />

Technologien mit hoher und für den Kunden wahrnehmbarer<br />

Bedeutung für den Kern der Marke und das Markenimage reduzieren,<br />

um die Markenprofile zu schärfen. Mit der zunehmenden<br />

Konzentration der Automobilhersteller auf das "Downstream"-<br />

Geschäft (Marken- und Imagepflege, Finanzierung, Versicherung,<br />

Entsorgung) verlagern sich im eigentlichen Kerngeschäft sowohl die<br />

Entwicklung von Innovationen als auch die Produktion zunehmend in<br />

die Zulieferindustrie. Dabei drängen auch branchenfremde<br />

Unternehmen plötzlich in den Automobilbereich, wie die<br />

Kooperationen von OEMs mit Energieunternehmen im Zuge der<br />

Entwicklung elektrischer Antriebe und der dazu notwendigen<br />

Batterietechnologie deutlich machen.<br />

3.2.2. Fertigungstiefen<br />

Während die Hersteller auch in Zukunft ihre Fertigungstiefe<br />

kontinuierlich verringern werden, übernehmen Zulieferer und<br />

Dienstleister schrittweise alle nicht markenprägenden Aufgaben im<br />

Automobilbau. Bereits im Jahr 2002 entwickelten und bauten die<br />

Hersteller ihre Autos nur noch zu 35% selbst – pro<br />

"Durchschnittsauto" betrug die Eigenleistung nur noch 4.000 Euro.<br />

Mittlerweile ist der Verlagerungstrend trotz krisenbedingtem<br />

Insourcing-Effekt weiter vorangeschritten. Bis zum Jahr 2015 wird mit<br />

einem Rückgang des Wertschöpfungsanteils auf 2.670 Euro oder<br />

23% gerechnet, der Rest wird durch Zulieferer und Dienstleister<br />

erbracht.<br />

Je nach Fahrzeugbereich fällt die Fertigungstiefe der OEM sehr<br />

unterschiedlich aus. In den Bereichen Antrieb und Fahrwerk ist die<br />

Wertschöpfungstiefe der Hersteller deutlich geringer und in Zukunft<br />

werden die Zulieferer hier nahezu die komplette Fertigung<br />

übernehmen, ähnlich ist es im Bereich des Interieurs. Beim<br />

Karosseriebau liegt der Anteil beim Hersteller dagegen noch<br />

wesentlich höher und wird auch in Zukunft noch deutlich über 50%<br />

betragen.<br />

75


Wertschöpfung<br />

(Wert-Index)<br />

140<br />

100<br />

Fertigungstiefe der OEM 2002 2015<br />

65%<br />

Zulieferer<br />

(inkl. Dienstleister)<br />

+ 68%<br />

77%<br />

Generell 35% 23%<br />

Antrieb 24% 9%<br />

Fahrwerk 31% 13%<br />

Ausstattung 17% 12%<br />

Karosserie 72% 66%<br />

35%<br />

OEM<br />

-10%<br />

23%<br />

2002 2015<br />

Quelle: FAST-Studie<br />

Abbildung 3-3: Verlagerung der Wertschöpfung<br />

Die OEMs verlagern in diesem Zusammenhang nicht nur<br />

Produktions-, sondern immer mehr Entwicklungsverantwortung für<br />

neue Modelle auf die Zulieferer. Auf diese Weise übernehmen die<br />

Zulieferer sukzessive die Verantwortung für Innovationen im Produkt<br />

Automobil, so wie der Maschinenbau die Verantwortung des<br />

Produktionsprozesess bereits übernommen hat. Als Folge müssen<br />

Zulieferer in Zukunft neben der Bereitstellung fertiger<br />

Produktinnovationen vor allem das Know-how in der Organisation<br />

und die Realisierung von Serienanläufen durch entsprechendes<br />

Schnittstellenmanagement entlang der Wertschöpfungskette<br />

sicherstellen und die Komplexität managen können<br />

3.3. Technische Entwicklung im Fertigungsprozess<br />

Eine kontinuierliche, technische Weiterentwicklung und eine stark<br />

zunehmende Individualisierung der Fahrzeuge werden zukünftig noch<br />

flexiblere und effizientere Organisationsstrukturen von Materialfluss,<br />

Produktion und Logistik erfordern. Die Beherrschung von Komplexität<br />

und Schnittstellenmanagement sind die Schlüsselworte, die die<br />

Arbeitsteilung in der <strong>Automobilindustrie</strong> im 21. Jahrhundert<br />

beherrschen werden (zumindest in den nächsten Jahrzehnten).<br />

Innerhalb der Produktion kommt dabei insbesondere der Plattformund<br />

Modulstrategie die wichtigste Rolle zu, mit dem Ziel, die Effizienz<br />

zu erhöhen und die Kosten zu senken. Durch eine konsequente<br />

Umsetzung der Plattformstrategie werden erhebliche<br />

Entwicklungskosten eingespart und hohe – und damit kostengünstige<br />

– Stückzahlen realisiert (economies of scale). Sie bietet eine<br />

wesentliche Grundlage, die notwendige Flexibilität und für die hohe<br />

Vielfalt kundenspezifischer Fertigung zu ermöglichen. Daher wird die<br />

Modularisierung und Standardisierung von Produkten und Prozessen<br />

76


auch künftig weiter voranschreiten. Die Kapazitäten der einzelnen<br />

Werke können durch vereinheitlichte Fertigungsstrukturen und die<br />

Möglichkeit, unterschiedliche Modelle über die gleichen Bänder<br />

laufen zu lassen, optimal ausgelastet werden. Als Erfinder dieser<br />

Strategie kann Ferdinand Piech, vormaliger Vorstandsvorsitzender<br />

von Audi und dann Volkswagen, genannt werde – ein begnadeter<br />

Enkel eines begnadeten Onkels. Dass die konsequente Anwendung<br />

dieser Strategie funktioniert, haben die grossen Volumenhersteller<br />

über Jahrzehnte vorgemacht. Hierbei sei als bestes Beispiel der Golf<br />

von VW angeführt. Mit Einführung des Golf V entstanden auf<br />

derselben Plattform acht Derivate, verteilt auf vier Marken (Škoda<br />

Octavia, Audi TT, Audi A3, Seat Leon, Seat Toledo, VW New Beetle,<br />

VW Passat und VW Eos). Das führt zu einem hohen Anteil an<br />

Gleichteilen für alle Konzern-Parallelmodelle und<br />

Ausstattungsvarianten.<br />

Auch bei Renault-Nissan wird das Baukastensystem inzwischen in<br />

Vollendung angewendet und besteht im Wesentlichen aus zwei<br />

wichtigen Plattformen, auf denen letztendlich alle Volumenmodelle<br />

basieren: die B-Plattform bildet die Basis für die Kleinwagen und die<br />

C-Plattform für die kompakten Modelle:<br />

Quelle: Renault-Nissan<br />

Abbildung 3-4: Plattformstrategie bei Renault – Nissan<br />

Die Plattformstrategie birgt allerdings auch ein nicht zu verachtendes<br />

Gefahrenpotential in sich. Eine gemeinsame Plattform, die ein<br />

beträchtliches Mass an Wertschöpfung nach sich zieht, führt bei den<br />

Ableitungen zu einer hohen Zahl an Gleichteilen. Dies ist aus<br />

Kostengründen zwar gewollt, aber die grosse Herausforderung für die<br />

Hersteller besteht darin, den Unterschied der verschiedenen Marken<br />

und Modelle einer Plattform für den Kunden in den Vordergrund zu<br />

stellen, um eine interne Kannibalisierung zwischen den Marken zu<br />

verhindern.<br />

Ein weiterer wichtiger Trend im Fahrzeugbau ist die zunehmende<br />

Flexibilisierung der Produktion. Eine flexible Gestaltung der<br />

Produktionslinien bedeutet das höchste Mass an Effizienz. Flexibilität<br />

bedeutet in diesem Fall, dass mehrere Modelle gleichzeitig auf dem<br />

Band gefertigt werden können. Die dafür notwendige Logistik wird<br />

dabei durch modernste Informationstechnologie gesteuert. Die<br />

77


einzelnen Komponenten und Module werden „just in sequence“, also<br />

punktgenau und fahrzeugspezifisch, direkt an das Montageband<br />

angeliefert. Ohne ausgeklügelte IT-Technik wäre dies nicht möglich<br />

gewesen – bestes Beispiel dafür, wie die Anwendung exogener<br />

technologischen Innovationen gerade den Automobilbau immer<br />

weiter nach vorne treibt. Dies geht nun schon seit über 100 Jahren<br />

so.<br />

Der Hersteller Audi erhöht seine Effizienz beispielsweise durch das<br />

sogenannte Drehscheibenkonzept. Es ermöglicht durch die<br />

Produktion von Volumenmodellen an zwei Standorten - wie dem Audi<br />

A3 Sportback in Ingolstadt und Brüssel - die flexible Reaktion auf<br />

Veränderungen bei der Nachfrage. Sämtliche Prozesse in<br />

Karosseriebau, Lackierung und Montage sind standardisiert. Selbst<br />

die Anlagetechnik ist dieselbe. Die Werke werden besser ausgelastet,<br />

weil saisonale Schwankungen oder Schwankungen im<br />

Produktlebenszyklus eines Fahrzeugs ausgeglichen werden können.<br />

Und gleichzeitig bewahrt diese Technologie die Werke davor, bei<br />

unvorhergesehen Absatzeinbrüchen völlig vom Markt genommen zu<br />

werden.<br />

3.4. Trend zu Kooperationen und strategischen Allianzen<br />

Als Folge der strukturellen Umwälzungen und des verschärften<br />

Ertragsdrucks in der weltweiten <strong>Automobilindustrie</strong> bei gleichzeitig<br />

oligopolistischen Strukturen, die einer weiteren Konzentration im<br />

Wege stehen, gewinnen „Als-Ob-Konzentrationen“, sprich<br />

Kooperationen und strategische Allianzen zunehmend an Bedeutung.<br />

Diese finden weniger auf den unteren Ebenen der<br />

Wertschöpfungskette bei den Zulieferern statt, sondern vor allem bei<br />

den Automobilherstellern selbst. Dies ist insofern überraschend, als<br />

alle beteiligten OEMs untereinander in scharfem Wettbewerb stehen.<br />

Eine Zusammenarbeit zwischen zwei Unternehmen kommt in der<br />

Regel dann zustande, wenn für beide Kooperationspartner reale<br />

Vorteile erzielbar sind. Die Gründe für diese Bereitschaft, mit direkten<br />

Konkurrenten am Markt dennoch zu kooperieren, sind von<br />

Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich, aber vom Grundsatz<br />

immer gleich, nämlich Stärkung der eigenen Position im<br />

internationalen Verdrängungswettbewerb durch Kostensenkung und<br />

Ertragssicherung infolge<br />

Konzentration von Kompetenzen,<br />

bessere Auslastung von Leerkapazitäten,<br />

Realisierung von Grössenvorteilen (Economies of Scale),<br />

räumliche Abdeckung relevanter Märkte<br />

78


Verbesserung der eigenen strategischen Marktposition durch<br />

gekaufte und schnellere Ausweitung der eigenen Modellpalette<br />

statt mühsamer und kostenintensiver Eigenentwicklung.<br />

Die praktische Umsetzung und der tatsächliche Gegenstand<br />

strategischer Kooperationen können äusserst unterschiedlich sein<br />

und auf verschiedenen Ebenen stattfinden. Die gängigsten<br />

strategischen Inhalte solcher Allianzen und<br />

Kooperationspartnerschaften liegen in folgenden Bereichen:<br />

Austausch von Aggregaten und Komponenten<br />

gemeinsame Entwicklung von Fahrzeugen und kostenintensiven<br />

Komponenten, wie z.B. Motoren<br />

gemeinsame Forschungsaktivitäten<br />

gemeinsame Produktions- und Montagewerke<br />

gemeinsame Vertriebsaktivitäten.<br />

Meist beruhen diese Allianzen auf klar abgegrenzten<br />

Kooperationsverträgen, zusätzlich können sie jedoch auch durch<br />

gegenseitige Kapitalbeteiligungen oder Gründung von Joint-Venture-<br />

Unternehmen gestützt werden. Die Kooperationen können auch<br />

regional oder auf Tochterunternehmen begrenzt sein. Strategische<br />

Allianzen werden normalerweise nicht mit dem Ziel verfolgt, in<br />

weiterer Folge zu einer Fusion oder Übernahme zu führen. Sie sind<br />

vielmehr eine stabile Art der Zusammenarbeit, beispielsweise bei<br />

nicht markenprägenden Komponeneten, um über Losgrössenvorteile<br />

in der Produktion oder Kostenteilung in der Entwicklung<br />

Kostensenkungen oder die Erschliessung neuer Märkte zu erreichen.<br />

Kooperationen in der Autobranche sind endlich und im Unterschied<br />

zu Fusionen auf einen bestimmten Zeitraum begrenzt.<br />

Mittlerweile gewinnt dieser Trend, durch Kooperationen Kosten und<br />

Zeit zu sparen, zunehmend an Bedeutung und hat die früher gängige<br />

Praxis der Übernahmen und Fusionen weitestgehend abgelöst. Alle<br />

grossen Automobilhersteller sind durch Entwicklungskooperationen,<br />

strategische Allianzen, Joint Ventures oder andere<br />

Gemeinschaftsprojekte mit einem oder mehrerer ihrer Konkurrenten<br />

verbunden. Teilweise entwickeln und nutzen die Hersteller<br />

gemeinsame Plattformen für ihre Autos und produzieren sie in<br />

gemeinsamen Werken, ebenso kann auch nur der Einkauf für einige<br />

Komponente zusammen erfolgen. Der französische PSA-Konzern hat<br />

– der Not gehorchend - eine konsequente Kooperationsstrategie in<br />

Entwicklung und Produktion sogar zum expliziten Unternehmensziel<br />

erklärt und betreibt Gemeinschaftsprojekte auf verschiedenen<br />

Geschäftsfeldern unter anderem mit Toyota (gemeinsames Werk im<br />

tschechischen Kollin), BMW (gemeinsame Motorenentwicklung und -<br />

produktion), aber auch mit Ford, Mitsubishi, Renault und Fiat. Bei<br />

79


Kooperationen dieser Art handelt es sich um eine weniger enge<br />

Verflechtung als bei Fusionen oder Übernahmen. Hersteller<br />

verschwinden nicht mehr vom Markt, sondern die strategischen<br />

Allianzen ermöglichen kleineren Herstellern auf verschiedenen<br />

Ebenen, wie dem Einkauf, der Entwicklung und der Fertigung, ein<br />

enormes Sparpotenzial. Eine langfristige Sicherung des Überlebens<br />

ist dadurch allerdings nicht gewährleistet. Nur Sicherung gegebener<br />

Absatzvolumen ohne weiteres Mengenwachstum wird auf die Dauer<br />

am Weltmarkt zur Sicherung der Rentabilität nicht ausreichen.<br />

3.4.1. Im Einkauf<br />

Durch Kooperationen beim gemeinsamen Einkauf können Hersteller<br />

auch bei niedrigen Stückzahlen günstigere Bedingungen bei ihren<br />

Zulieferern erreichen und so mit den Skalenvorteilen der grossen<br />

Volumenhersteller mithalten. Die Premiummarke Audi beispielsweise<br />

kann auf die Einkaufsmacht und -fähigkeit der Konzernmutter VW<br />

zugreifen, die über ein Absatzvolumen von mehr als 6 Mio.<br />

Fahrzeugen im Jahr und entsprechend gute Einkaufsbedingungen bei<br />

den Teilelieferanten verfügt. Die anderen beiden kleinen deutschen<br />

Premiumhersteller BMW und Daimler haben dazu im Vergleich zu<br />

Audi erhebliche Wettbewerbsnachteile, die man mittlerweile sehr<br />

mühsam über Einkaufskooperationen auszugleichen versucht.<br />

Fünfzig Jahre Wettbewerbsmentalität lassen sich indessen so leicht<br />

nicht überwinden, erst die künftige Not wird da für Abhilfe sorgen.<br />

Der gemeinsame Einkauf ist vor allem bei den Teilen möglich, die<br />

nicht markendifferenzierend sind. Bei BMW und Daimler handelt es<br />

sich beispielsweise hauptsächlich um Basisfunktionen wie<br />

Fensterheber, Zugangssysteme, Verstellmotoren, Lüftungssysteme<br />

oder Sitzgestelle. Hier ist die Gefahr der Offenlegung sensibler Daten<br />

eher gering, oftmals beziehen die Hersteller ohnehin das gleiche Teil<br />

von demselben Zulieferer und können durch eine<br />

Einkaufskooperation ihre Marktmacht gegenüber dem Lieferanten<br />

verbessern. Durch den gemeinsamen Einkauf erwarten BMW und<br />

Daimler Kosteneinsparungen in dreistelliger Millionenhöhe – zu<br />

wenig, um auf Dauer fehlende Absatzvolumen wettmachen zu<br />

können.<br />

3.4.2. In der Entwicklung<br />

Die <strong>Automobilindustrie</strong> ist weltweit die Branche mit den höchsten<br />

Aufwendungen für Forschung und Entwicklung (F&E), allein in<br />

Deutschland betrugen die F&E Ausgaben von Automobil-Herstellern<br />

und -Zulieferern im Jahr 2008 insgesamt 18,9 Milliarden Euro. Trotz<br />

massiven Ertragseinbrüchen bei den Herstellern und Zulieferern der<br />

Branche, kann es sich kein Unternehmen leisten, seine F&E-<br />

Aufwendungen zu reduzieren. Technische Innovationen sind ein<br />

80


wesentlicher Wachstumstreiber und singuläres Wettbewerbskriterium,<br />

um sich von der Konkurrenz absetzen zu können. Zudem besteht die<br />

Gefahr, beim Verpassen von gravierenden technologischen<br />

Neuerungen, schlagartig nur noch ein veraltetes Produktprogramm im<br />

Angebot zu haben. Um die hohe Kosten für die Erforschung und<br />

Entwicklung komplexer Technologien auf mehrere Schultern verteilen<br />

zu können, schliessen sich Hersteller (und Zulieferer) zunehmend zu<br />

Entwicklungskooperationen zusammen. Was natürlich zur Folge hat,<br />

dass die Anforderungen an die technologische Kompetenz der<br />

Zulieferunternehmen wachsen.<br />

Dies kann zum einen bei der Weiterentwicklung bestehender<br />

Technologien erfolgen, wie beispielsweise bei der Kooperation<br />

zwischen BMW und PSA zur Entwicklung von 4-Zylinder-<br />

Benzinmotoren. BMW ist dabei mehr auf die Entwicklung grosser<br />

Motoren spezialisiert, während Peugeot die kleineren Motoren<br />

weiterentwickelt, die bei BMW beim Mini zum Einsatz kommen.<br />

Von besonders hoher Bedeutung sind Kooperationen aber auch bei<br />

der Entwicklung von Zukunftstechnologien, die enorm<br />

kostenaufwendig sein können. Speziell bei der Entwicklung von<br />

neuen Antriebstechnologien haben viele Hersteller dieses Potenzial<br />

erkannt und arbeiten bei der Erforschung von Hybridisierung und<br />

Elektromobilität zusammen. So gründeten GM, Daimler und BMW<br />

eine gemeinsame „Hybrid-Allianz“, um den Vorsprung der<br />

japanischen Konkurrenten Toyota und Honda auf diesem Gebiet<br />

aufzuholen, und dabei das vorhandene Knowhow zu bündeln und die<br />

hohen Kosten zu teilen. Des Weiteren kooperieren PSA mit<br />

Mitsubishi und VW mit dem chinesischen Hersteller BYD auf dem<br />

Gebiet der Elektromobilität. Bei diesen neuen technologischen<br />

Entwicklungen kommen über Kooperationsvereinbarungen und<br />

Bildung von Allianzen auch komplett neue „Player“ auf den<br />

Automobilmarkt, die das nötige Knowhow in diesen Technologie-<br />

Bereichen mitbringen. Speziell im Bereich der Antriebselektrifizierung,<br />

die in Kapitel 2.2.3. aufgeführt ist, werden von vielen<br />

Automobilunternehmen neue Partnerschaften auch mit<br />

Batterieherstellern und Stromanbietern eingegangen, um nicht den<br />

Anschluss an wichtige Entwicklungen zu verpassen, die den<br />

gesamten Automobilmarkt verändern werden. Der Übergang zur<br />

Elektromobilität zwingt die <strong>Automobilindustrie</strong>, sich neu zu erfinden,<br />

vieles, was heute an Aktivitäten rund um den Verbrennungsmotor<br />

angesiedelt ist, wird überflüssig und wird vom Markt verschwinden –<br />

Neues kommt hinzu.<br />

3.4.3. In der Fertigung<br />

Neben Kooperationen in Einkauf und Entwicklung gibt es auch<br />

vermehrte Zusammenarbeit in der Produktion von Komponenten oder<br />

auch ganzer Fahrzeugmodelle. So besteht z.B. seit 2005 ein<br />

Kooperationsvertrag zwischen Fiat und Ford zur gemeinsamen<br />

Entwicklung von Kleinwagen. Die Modelle Ford Ka und Fiat 500<br />

81


werden zusammen entwickelt und von Fiat in Polen produziert. Auch<br />

PSA ist in diesem Bereich sehr aktiv und stellt zusammen mit Toyota<br />

im gemeinsamen Werk im tschechischen Kollin die baugleichen<br />

Modelle Peugeot 107, Citroen C1 und Toyota Aygo her. Dabei steht<br />

nicht nur die Kostensenkung durch grössere Produktionsvolumina im<br />

Vordergrund, sondern zusätzlich auch das Aneignen von<br />

spezifischem Knowhow des jeweiligen Partners. PSA profitiert dabei<br />

von Toyotas Produktionssystem, das in der gesamten Branche als<br />

Benchmark gilt und andererseits erhält Toyota von PSA einen<br />

besseren Einblick und Zugang zum europäischen Markt und den hier<br />

ansässigen Zulieferern. Was Toyota nach dem Einbruch auf dem<br />

amerikanischen Markt auch bitter nötig hat!<br />

Um Zugang zu den Emerging Markets zu bekommen gingen die<br />

meisten etablierten OEMs Kooperationen und Joint Ventures mit den<br />

heimischen Herstellern ein. Teilweise aber auch nicht ganz freiwillig,<br />

weil dies in den entsprechenden Ländern gesetzlich vorgeschrieben<br />

war (z.B. China) oder aber auch um die vorhandenen Strukturen<br />

nutzen zu können. In China sind nahezu alle grossen OEMs mit<br />

mindestens einem Joint Venture mit einem lokalen Partner vertreten,<br />

z.B. VW mit SAIC und FAW, BMW mit Brilliance, GM mit SAIC oder<br />

Honda mit Dongfeng. In Indien ist Suzuki-Maruti der Marktführer und<br />

Fiat kooperiert bei der Produktion und dem Vertrieb mit Tata Motors.<br />

Auf dem russischen Automarkt hat z.B. Renault Anteile am<br />

russischen Lada Hersteller Avtovaz erworben, um im russischen<br />

Werk auch Renault und Nissan Modelle bauen zu können – einen<br />

Schritt, den Vorstandsvorsitzender Ghosn inzwischen allerdings<br />

heftig bereut.<br />

Die genannten Kooperationen sind nur einige der wichtigsten in der<br />

Branche. Dieser Trend ist sowohl bei jedem einzelnen Hersteller als<br />

auch auf jedem einzelnen Markt erkennbar. Wichtig für Zulieferer ist<br />

es, solche Kooperations- und Konzentrationsbewegungen auf OEM-<br />

Ebene sehr genau zu verfolgen und wenn möglich, zu antizipieren,<br />

um von dieser Weise der Marktentwicklungen nicht abgeschnitten zu<br />

werden.<br />

82


4. Auswirkungen auf die <strong>Automobilindustrie</strong> in <strong>Europa</strong><br />

4.1. Zukünftige Struktur der supply chain<br />

Bei der zunehmend erforderlichen Flexibilisierung der Fertigung in<br />

der <strong>Automobilindustrie</strong> sind reibungslose und effiziente<br />

Zusammenarbeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette von<br />

besonderer Bedeutung, um gleichzeitig hohe Produktivität, kurze<br />

Durchlaufzeiten und niedrige Lagerbestände erreichen zu können.<br />

Das dazu erforderliche Supply Chain Management (SCM) zielt auf<br />

eine langfristig-strategische Verbesserung von Effektivität und<br />

Effizienz der Wertschöpfungskette ab, und dient der Integration aller<br />

Aktivitäten von der Rohstoffbeschaffung bis zum Verkauf an den<br />

Endkunden in einen nahtlosen Prozess, über alle beteiligten<br />

Unternehmen hinweg. Das SCM setzt dabei die Erkenntnis um, dass<br />

nicht nur die Einzelunternehmen, sondern komplette<br />

Wertschöpfungsketten im Wettbewerb zueinander stehen. Daher ist<br />

ein aktives Management der gesamten Lieferkette erforderlich, das<br />

nach folgenden Aspekten ausgerichtet werden muss:<br />

strikte Orientierung am Endkunden, zur Steigerung der<br />

Kundenzufriedenheit durch bedarfsorientierte Lieferung<br />

Realisierung von Kosten- und Qualitätsvorteilen durch eine<br />

Vereinfachung des Güterflusses und die ganzheitliche<br />

Optimierung des Lieferprozesses über mehrere Stufen hinweg<br />

Senkung der Lagerbestände und Verkürzung von Lieferzeiten, bei<br />

gleichzeitiger Vermeidung von Wartezeiten und -kosten<br />

Ein aktueller Trend in der Automobillogistik ist das Collaboration<br />

Management. Darunter versteht man das Zusammenarbeiten der<br />

Partner in einer Supply Chain (logistischen Kette) oder einem Supply<br />

Network. Hierbei ist der OEM der zentrale Kunde der<br />

Produktionskette, der die Ausrichtung der gesamten Supply Chain<br />

forciert. Aufgabe ist es, komplexe Lieferketten mit internen und<br />

externen Lieferanten mit kontinuierlichem Materialstrom aufzubauen.<br />

Der Informationsfluss zwischen OEM und Tier-1-Zulieferer<br />

funktioniert aufgrund des direkten Kontakts meist noch sehr gut. Die<br />

Herausforderung einer optimierten Supply Chain ist es, die<br />

Zusammenarbeit über den Tier-1 hinaus auch mit vorgelagerten<br />

Stufen der Zulieferkette enger zu verknüpfen. Das Supply-Chain-<br />

Design hat die Aufgabe, die Variantenvielzahl am Beginn der<br />

logistischen Kette möglichst lang gering zu halten und diese erst in<br />

einer späteren Stufe der Wertschöpfung entstehen zu lassen. Hierzu<br />

wird die gesamte Prozesskette, beginnend mit der Entwicklung, in<br />

das Supply Chain-Design einbezogen. Damit können Economy of<br />

Scale – Effekte, Komplexitäten weiter reduziert und<br />

Kostensenkungspotenziale stärker genutzt und auch die<br />

Versorgungssicherheit erhöht werden.<br />

83


Ein entscheidendes Kriterium für die Versorgungssicherheit ist die<br />

Bestandshöhe. Dies gilt sowohl beim Erstlieferanten als auch bei den<br />

einzelnen Abschnitten am Montageband. Dabei existiert ein<br />

Zielkonflikt zwischen Bestandssenkung und der gleichzeitig<br />

geforderten Prozesssicherheit durch die Gewährleistung der<br />

Materialverfügbarkeit. Dieser Konflikt lässt sich jedoch durch<br />

konsequenten Einsatz bedarfsgesteuerter Belieferungsformen wie<br />

„Just-in-Time“ und „Just-in-Sequence“ auf Seite des OEM<br />

beherrschen.<br />

Die kontinuierliche Weiterentwicklung einer optimalen<br />

Zusammenarbeit von der Entwicklung bis zur Fertigung bei allen<br />

beteiligten Partnern innerhalb der Wertschöpfungskette muss daher<br />

das entscheidende Kriterium sämtlicher technologischen<br />

Entwicklungen im Fahrzeugbau sein.<br />

4.2. Prognose der europäischen Produktionsstandorte/ -netzwerke<br />

Der Aufbau neuer Produktionskapazitäten in der Welt-<br />

<strong>Automobilindustrie</strong> wird in Zukunft überwiegend in Osteuropa und<br />

Asien stattfinden, die Triade-Märkte werden ihr bisher erreichtes<br />

Niveau allenfalls halten.<br />

Auf dem amerikanischen Kontinent gibt es Verschiebungen Richtung<br />

Süden, einem strukturellen Produktionsabbau in den USA steht der<br />

Ausbau der Fertigung in dem preisgünstigeren Mexiko gegenüber,<br />

sowie die wachsende Fertigung in Brasilien zur Befriedigung der dort<br />

ansteigenden Nachfrage. In Summe wird die automobile Fertigung in<br />

Amerika auf ihrem bereits Mitte der Neunziger Jahre erreichten<br />

Niveau stagnieren.<br />

In <strong>Europa</strong> wird die Automobilproduktion bis zum Jahr 2015 ein<br />

moderates Wachstum von 36 % verzeichnen können, aber nicht an<br />

den etablierten westeuropäischen Standorten, sondern vor allem in<br />

den neuen EU-Beitrittsländern und dem fernen Osteuropa.<br />

Der eigentliche Produktionszuwachs in der <strong>Automobilindustrie</strong> findet<br />

seit dem Jahr 2000 fast ausschliesslich in Asien statt und wird dort<br />

auch weiterhin zulegen können, vor allem in China, und Indien. Im<br />

Jahr 2015 werden rund 38 Mio. Fahrzeuge in Asien produziert<br />

werden, 8 Mio. mehr als 2008 und mehr als doppelt soviel wie im<br />

Jahr 2000. Somit wird 2015 knapp die Hälfte aller Neuwagen der Welt<br />

aus asiatischer Produktion stammen.<br />

84


45<br />

40<br />

Kfz-Produktion weltweit<br />

1995/2015<br />

+138%<br />

Millionen Einheiten<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

17<br />

17<br />

19 20<br />

20<br />

16 17<br />

17<br />

30<br />

1995/<br />

2015<br />

+36%<br />

23<br />

1995/<br />

2015<br />

+14%<br />

19<br />

38<br />

0<br />

Quelle: VDA<br />

1995 2000 2008 2015*<br />

<strong>Europa</strong> (West und Ost) Amerika (Nord und Süd) Asien<br />

* Prognose<br />

Abbildung 4-1: Kfz-Produktion weltweit<br />

In Westeuropa, und speziell am Standort Deutschland, hat die<br />

<strong>Automobilindustrie</strong> ein erhebliches Kostenproblem, das die preisliche<br />

Wettbewerbsfähigkeit bei Null-Acht-Fünfzehn-Automobilen vor allem<br />

gegenüber den asiatischen Herstellern stark belastet. Die Thematik<br />

der hohen Lohn- und Fertigungskosten sowie der mangelnden<br />

Flexibilität des Faktors Arbeit ist nicht neu, aber mit der<br />

fortschreitenden Globalisierung immer wichtiger geworden.<br />

Schliesslich entstanden mit dem Fall des Eisernen Vorhangs quasi<br />

über Nacht in Osteuropa, vor der Haustür der entwickelten<br />

Industrieländern, potentielle Produktionsstandorte in<br />

Billiglohnländern, die in der Mehrzahl der Fälle eine problemlose<br />

Belieferung der westeuropäischen Märkte binnen Tagesfrist<br />

ermöglichten.<br />

Dass Lohnkosten nicht alles sind beweist die Stellung der deutschen<br />

<strong>Automobilindustrie</strong> im Export, schliesslich gingen gut 75% der im Jahr<br />

2008 in Deutschland produzierten Fahrzeuge in den Export. Faktoren<br />

wie Produktqualität und -zuverlässigkeit, Innovationsfähigkeit,<br />

Kundenservice, Liefertreue, Systemsicherheit, Umweltverträglichkeit<br />

etc. zeichnen speziell den Standort Deutschland, aber auch ganz<br />

Westeuropa aus und haben es bislang ermöglicht, die zweifellos<br />

hohen Kosten der Fertigung in dieser Region zu kompensieren –<br />

nicht zurechtfertigen. Kurz- und mittelfristig ist eine nachhaltige<br />

Gefährdung des Produktionsstandortes Deutschlands oder der<br />

Schweiz für die <strong>Automobilindustrie</strong> auszuschliessen. Die<br />

Bindungskraft der hier vorhandenen Automobil-Cluster ist zu stark,<br />

um auch durch extreme Lohnkostenunterschiede ausgehebelt zu<br />

werden. Zudem hat die Kostenschere zwischen Ost und West bereits<br />

längst begonnen sich zu schliessen (Lohnzurückhaltung im Westen<br />

und teilweise deutliche Lohnsteigerungen in den osteuropäischen<br />

EU-Beitrittsländern), auch wenn es noch sicherlich mehr als ein<br />

Jahrzehnt dauern wird, bis sie tariflich geschlossen sein wird.<br />

Allerdings flüchtet sich speziell die deutsche <strong>Automobilindustrie</strong> dabei<br />

zunehmend in den Premiumsektor, wo die hohen Lohnkosten leichter<br />

85


zu tragen sind. Mittlerweile sind bereits knapp 60% aller in<br />

Deutschland produzierten Fahrzeuge dem Premiumsegment<br />

zuzurechnen, die einfachen Massenfahrzeuge werden zunehmend<br />

woanders hergestellt.<br />

Diese Strategie gleicht dem Ritt auf dem Tiger – die globale<br />

Weltwirtschaftskrise hat die Fragilität einer solch einseitigen<br />

Produktionsausrichtung brutal deutlich gemacht. Die grössten<br />

Absatzeinbrüche hatten 2009 gerade die deutschen Premium-<br />

Hersteller zu verzeichnen.<br />

120%<br />

Deutschland als Standort für die Produktion von<br />

Premiumfahrzeugen<br />

100%<br />

80%<br />

60%<br />

40%<br />

20%<br />

48,8 %<br />

58,7 % 57,5 %<br />

0%<br />

Quelle: R. L. Polk Germany<br />

1998 2006 2008<br />

Audi BMW Mercedes Porsche VW Premium Sonstige<br />

Abbildung 4-2: Deutschland als Premium-Standort<br />

Deutschland und auch die anderen westeuropäischen<br />

Automobilstandorte sind in der Entwicklung und technologisch<br />

weiterhin führend und werden dies aufgrund der jahrzehntelang<br />

gewachsenen Cluster auch weiterhin sein. Aber insgesamt hat die<br />

westeuropäische <strong>Automobilindustrie</strong> ihren Produktions- und<br />

Beschäftigungszenit eindeutig überschritten. Stilllegung von<br />

Kapazitäten und drastischer Beschäftigungsabbau bei<br />

traditionsreichen westeuropäischen Automobilherstellern (wie z.B.<br />

Opel), ebenso wie eine schleichende Produktionsverlagerung oder<br />

der Aufbau neuer Kapazitäten in Osteuropa lassen erkennen, dass<br />

zunächst die Zulieferindustrie aber auch die Hersteller in Teilen den<br />

Standort Westeuropa schleichend verlassen. Alle westeuropäischen<br />

Volumenhersteller haben in den vergangenen Jahren Werke in den<br />

osteuropäischen EU-Beitrittsländern bzw. dem weiteren Osteuropa<br />

aufgebaut, in denen sie meist ihre Klein- und Kompaktwagenmodelle<br />

für den westeuropäischen Markt produzieren.<br />

Die lohnintensiven, nicht technologiegetriebenen und<br />

clustergebundenen Fertigungen wandern aus Wettbewerbs- und<br />

Kostengründen nach und nach allesamt in Niedriglohnstandorte ab –<br />

oder sind schon da. Dies geht eindeutig zulasten der Beschäftigung<br />

am Standort Westeuropa. Alle Zulieferunternehmen, die lohnintensive<br />

86


Einzelteile herstellen und nicht notwendigerweise integrierter<br />

Bestandteil eines Wertschöpfungs-Clusters sind, werden – soweit sie<br />

es nicht schon getan haben – die Fertigung nach Osteuropa und/oder<br />

China verlagern. Systemlieferanten, die im unmittelbaren<br />

Fertigungsverbund mit den OEMs an deren westeuropäischen<br />

Standorten arbeiten, bleiben hier. Modul- und Einzelteillieferanten<br />

wandern ab, soweit Aspekte der Liefersicherheit und Höhe der<br />

Transportkosten dem nicht entgegenstehen. Sind Lieferanten zu klein<br />

und kapitalschwach, um die Produktionsverlagerung zu<br />

bewerkstelligen, werden sie in der Regel von grösseren<br />

Wettbewerbern übernommen oder scheiden ganz aus dem Markt<br />

aus. Vor allem Finanzinvestoren tun sich beim „Zulieferer-Picking“<br />

besonders hervor – was dann zumeist mit dem Exit des betreffenden<br />

Unternehmens endet.<br />

Bis zum Jahr 2007 lag die Pkw-Produktion in Westeuropa konstant<br />

bei rund 16 Mio. Fahrzeugen, ein Rückgang in der Produktion war<br />

also nicht zu verzeichnen, während in den neuen EU-Beitrittsländern<br />

die Produktion auf knapp 3 Mio. Einheiten anstieg. Die aktuelle Krise<br />

trifft jetzt aber vor allem den Standort Westeuropa, hier sinkt 2009 die<br />

Produktion auf voraussichtlich nur noch 12 Mio. Einheiten und wird<br />

auch in den kommenden Jahren das frühere Niveau nicht mehr<br />

wieder erreichen können. In Osteuropa ist dagegen aktuell kein<br />

Rückgang der Produktion zu bemerken, hier profitiert man von der<br />

strukturellen Nachfrageverlagerung hin zu kleinen, sparsamen Autos,<br />

die aufgrund des hohen Kostendrucks vor allem in Osteuropa<br />

produziert werden. Bis zum Jahr 2012 wird der Anteil der neuen EU-<br />

Beitrittsländer an der gesamten Pkw-Produktion in <strong>Europa</strong> auf über<br />

20%, bzw. 3,5 Mio. Stück weiter ansteigen.<br />

20<br />

18<br />

16<br />

14<br />

Pkw / Light Vehicle Produktion in der EU<br />

Mio. Stück<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012<br />

Westeuropa<br />

Neue Beitrittsländer<br />

Quelle: PwC Automotive Institute 2009 Q2 Data Release<br />

Abbildung 4-3: Pkw-Produktion in Westeuropa und den EU-Beitrittsländern bis<br />

2012<br />

In den neuen EU-Beitrittsländern, angeführt von der Slowakei,<br />

Tschechien und Polen, sind die ersten Automobilcluster schon weit<br />

fortgeschritten. (siehe Tabelle 1 im Anhang) Die Belieferung des<br />

87


westeuropäischen Absatzmarktes aus dieser Ländern, vor allem<br />

durch japanische und koreanische, aber auch französische und<br />

italienische Hersteller wird weiter zunehmen, auch durch deutsche<br />

Hersteller, wie Opel und Volkswagen (Skoda), ist voll im Gange und<br />

sehr erfolgreich. Die Ansiedlung mehrerer OEM in einer Region<br />

macht diese automatisch besonders attraktiv als möglicher neuer<br />

Standort für die Zulieferunternehmen.<br />

Das zukünftige Wachstum in Osteuropa wird vor allem in Rumänien<br />

(Renault/Dacia und Ford), sowie der Slowakei (VW/Skoda, PSA,<br />

Hyundai) stattfinden, in geringerem Umfang auch in der<br />

tschechischen Republik (PSA, Toyota, Hyundai). Der Trend ist<br />

allerdings nicht einheitlich, andere osteuropäische EU-Staaten, wie<br />

Polen, Ungarn oder Slowenien werden in den kommenden Jahren<br />

eher einen Produktionsrückgang verzeichnen. Hier sind neben<br />

schlechteren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen (Wechselkurs,<br />

Lohnniveau) vor allem herstellerspezifische Gründe verantwortlich,<br />

beispielsweise bei GM/Chevrolet in Polen. Von dem strukturellen<br />

Trend zum Kleinwagen wird dagegen in Westeuropa auch Italien<br />

profitieren können, wo der heimische Hersteller Fiat seine Produktion<br />

bis 2012 leicht steigern können wird. Dies dient allerdings alles nur<br />

dem Erhalt der vorhandenen Produktion am Standort,<br />

Kapazitätserweiterungen werden nichtsdestotrotz in Osteuropa<br />

errichtet werden. Die Verlierer in Westeuropa werden vor allem die<br />

Länder sein, die keine nationalen Hersteller mehr haben<br />

(Grossbritannien, Spanien) oder als frühere europäische<br />

Niedriglohnländer nun von Osteuropa abgelöst wurden (Portugal).<br />

Produktionsveränderungen in der EU 2012 vs. 2008<br />

Rumänien<br />

Slowakei<br />

Italien<br />

Tschech. Republik<br />

Frankreich<br />

Deutschland<br />

Österreich<br />

Portugal<br />

Polen<br />

Slowenien<br />

Spanien<br />

Großbritanien<br />

-350 -250 -150 -50 50 150 250 350<br />

Tausend Stück<br />

Quelle: PwC Automotive Institute 2009 Q2 Data Release<br />

Abbildung 4-4: Produktionswachstum in der EU nach Ländern<br />

Auch im weiter entfernten Osteuropa bauen die grossen<br />

Automobilhersteller Produktionsstätten auf und aus. Hier steht im<br />

88


Gegensatz zu den osteuropäischen EU-Ländern nicht die Bedienung<br />

der westeuropäischen Nachfrage im Vordergrund, vielmehr wird hier<br />

für den osteuropäischen Markt selbst, allen voran den grossen<br />

Wachstumsmarkt Russland produziert. Vor allem in Russland, aber<br />

auch in der benachbarten Ukraine haben sich einige regionale<br />

Automobil-Cluster gebildet, bzw. wurden alte Strukturen aus der<br />

Sowjet-Zeit übernommen. So sind in Russland mehrere Hersteller<br />

rund um die Städte Kaliningrad, Moskau, St. Petersburg, Perm und<br />

Samara angesiedelt, in der Ukraine hat sich der zentral-östliche Teil<br />

als attraktiver Automobilstandort etabliert (siehe Tabelle 2 im<br />

Anhang). Zusammen mit den Zulieferern, die ihre OEM-Kunden an<br />

deren Produktionsorte begleiten, bilden sich in diesen Regionen<br />

regionale Automobil-Cluster, die allerdings nur der Fertigung dienen<br />

und für die hoch komplexen westeuropäischen Cluster aus<br />

Forschung, Entwicklung und anspruchsvoller Produktion keine<br />

Konkurrenz darstellen können. Ähnlich ist die Situation in der Türkei,<br />

wo ebenfalls ein Produktionsausbau stattfindet, teilweise für den<br />

Export nach Westeuropa, aber ebenso für die Belieferung der<br />

osteuropäischen, zentralasiatischen und nordafrikanischen<br />

Randmärkte.<br />

Für 2009 und 2010 planen die grossen Automobilhersteller jährlich<br />

rund 2 Mio. Autos in Osteuropa ausserhalb der EU (inkl. Türkei) zu<br />

produzieren (siehe Tabelle 9). Für 2011 beträgt die geplante Menge<br />

rund 2,9 Mio. Fahrzeuge und ein weiteres Wachstum gilt als sicher.<br />

Tabelle 9: Geplante Produktion in Tsd. Stück in Osteuropa nach Hersteller<br />

Produktion in Tsd. Stück<br />

Hersteller 2009 2010 2011<br />

Toyota 112,2 142,7 237,8<br />

GM 301,2 383,5 482,9<br />

Renault- 965,2 992,4 1.266,7<br />

Nissan<br />

VW 121,3 121,8 192,5<br />

Ford 258,3 264,9 283,1<br />

Hyundai 224,4 200,7 334,5<br />

Honda 33,4 32,5 70,8<br />

Suzuki 11,2 22,6<br />

BMW 3,7 3,9 5,2<br />

Summe 2.019,7 1.973,6 2.896,1<br />

Quelle: PwC Automotive Institute 2009 Q2 Data Release<br />

Eine Gefahr für den Automobilstandort Westeuropa ergibt sich daraus<br />

nicht zwangsläufig. Kritisch wird es erst, wenn der eigentliche Kern<br />

der Automobilproduktion – Endmontage nebst Entwicklung – zu<br />

nennenswerten Teilen aus den westeuropäischen Hochlohnländern<br />

abgezogen würde. Das heisst, wenn die OEMs ihre<br />

westeuropäischen Werke sukzessive ausdünnen und letztendlich<br />

89


ganz schliessen würden. Dies würde dann automatisch auch die<br />

grösseren 1st-tier als Modul- und Systemlieferanten zur<br />

Abwanderung zwingen. Solange die OEMs mit wesentlichen<br />

Funktionen „der realen Welt“ – Produktion und Entwicklung – (noch)<br />

am Standort Westeuropa bleiben, solange bleibt auch ein<br />

nennenswerter Teil der Zulieferindustrie in dieser Wirtschaftsregion<br />

erhalten.<br />

Dreh und Angelpunkt ist daher die Wettbewerbs- und Ertragslage bei<br />

den OEMs selbst, die Endabnehmer bestimmen den Takt! Sie sind<br />

die Achillesferse in der Stabilität des Produktionsstandortes<br />

Westeuropa, nicht die Zulieferindustrie. Die deutschen und<br />

westeuropäischen Hersteller stehen unisono unter erheblichem<br />

Wettbewerbs- und Kostendruck. Die seit einigen Jahren bei allen<br />

westeuropäischen Herstellern durchgesetzten massiven<br />

Kostensenkungs- und Restrukturierungsprogramme lassen hohes<br />

Erkenntnisniveau und erheblichen Handlungsbedarf zur Sicherung<br />

der internationalen Wettbewerbsfähigkeit bzw. der schieren Existenz<br />

erkennen. Langfristig wird der Standort Westeuropa beibehalten –<br />

allerdings werden hier ausschliesslich hochkomplizierte<br />

Technologien, deren Produktion automatisiert werden kann,<br />

hergestellt. Ausserdem wird die Forschung und Entwicklung<br />

hauptsächlich in den entwickelten Industrieländern stattfinden. Die<br />

Zulieferer, die eng mit den OEMs arbeiten und direkt an diese liefern<br />

werden auch ihre Standorte in Westeuropa behalten. In den neuen<br />

EU-Beitrittsländern und Osteuropa werden Standorte hauptsächlich<br />

zur Erweiterung der Produktion und Erschliessung der neuen Märkte<br />

aufgebaut.<br />

4.3. Veränderte Anforderungen an Hersteller und Zulieferer<br />

Aufgrund der krisenhaften Zuspitzung der weltwirtschaftlichen<br />

Rahmenbedingungen ist Automobilabsatz im Ende 2008, Anfang<br />

2009 in beinahe allen Regionen der Welt in atemberaubendem<br />

Tempo eingebrochen. In USA werden Werke dauerhaft stillgelegt, In<br />

<strong>Europa</strong>, allen voran Deutschland, wurde die Fertigung bei allen<br />

Automobilherstellern durch verlängerte Werksferien und Kurzarbeit<br />

für Wochen gestoppt. Im laufenden Jahr werden deutlich weniger<br />

Autos weltweit die Produktionsbänder verlassen. In <strong>Europa</strong> wird mit<br />

Rückgängen um bis zu 20% auf 12 – 13 Millionen gerechnet, in den<br />

USA dürfte die Situation noch dramatischer ausfallen – die letzten<br />

Schätzungen liegen bei nur noch 10 Millionen Neuzulassungen nach<br />

15 Millionen im Vorjahr. Auch die ehemaligen Wachstumsmärkte in<br />

den BRIC-Staaten legen momentan ebenfalls mindestens eine<br />

Verschnaufpause ein, China weitgehend ausgeklammert. Weltweit<br />

liegen die Produktionsschätzungen für 2009 bei rund 53 Millionen,<br />

d.h. etwa 20% weniger als 2008 (65 Millionen).<br />

90


Vor allem die Zulieferindustrie ist durch entsprechend niedrigere<br />

Stückzahlabrufe der Hersteller massiv betroffen. Für die deutschen<br />

Automobilhersteller und ihre Zulieferer stellt diese Situation die<br />

grösste Herausforderung seit der Krise 1993 dar, aber nicht nur für<br />

sie, auch für den Rest der Wirtschaft.<br />

Und dennoch gibt es auch positive Nachrichten zu vermelden, denn<br />

mittel- und erst recht langfristig bleibt die <strong>Automobilindustrie</strong> eine<br />

Wachstumsbranche. Nach einer weltwirtschaftlichen<br />

Rezessionsphase, von der auch Experten nicht ganz genau wissen,<br />

wie lange sie anhalten wird, wird eine vom Ersatzbedarf angetriebene<br />

Nachfragewelle erheblichen Ausmasses auf die Branche zukommen.<br />

Kurz: Auf den Rezessions-Tsunami folgt mit grosser<br />

Wahrscheinlichkeit der Boom-Tsunamie – das war in allen fünf<br />

Nachkriegszyklen der Automobilkonjunktur so. Denn der weltweite<br />

Bestand an Automobilen in Höhe von derzeit rund 700 Millionen Pkw<br />

und über 900 Millionen Fahrzeugen insgesamt muss irgendwann<br />

erneuert werden. Dies kann sukzessive geschehen oder im Falle der<br />

sich abzeichnenden technologischen Revolution im Fahrzeugantrieb<br />

auch sehr plötzlich.<br />

Zusätzlich besteht weltweit weiterhin ein hohes Mobilitätsbedürfnis,<br />

das noch lange nicht befriedigt ist. Viele der Wachstumsländer<br />

weisen eine steigende Bevölkerung auf (z.B. Indien), sodass die<br />

Absatzmärkte dort selbst dann weiter anwachsen, wenn die Pkw-<br />

Dichte in diesen Ländern weiterhin auf dem heutigen niedrigen<br />

Niveau bleibt. Mittelfristig ist aber mit einer steigenden Mobilität und<br />

damit einem überproportional starken Wachstum der<br />

Fahrzeugnachfrage zu rechnen.<br />

Ein kritischer Faktor für die <strong>Automobilindustrie</strong>, der im Moment<br />

allerdings gerade etwas an Schärfe verloren hat, ist der Energiepreis.<br />

Ein entsprechendes Umdenken hat in vielen Bereichen der Industrie<br />

leider zu spät eingesetzt, aber gerade in den deutschen<br />

Unternehmen der Branche wird nun umso intensiver in dem Bereich<br />

der Energieeinsparung geforscht. Dies wird der wichtigste<br />

technologische Treiber in der <strong>Automobilindustrie</strong> für die nächsten<br />

Jahrzehnte sein. Die auf fossilen Brennstoffen beruhende Energie ist<br />

weltweit knapp (Peak-Oil ist nach Expertenmeinung bereits<br />

überschritten oder sehr nahe) und die Umweltbelastung durch fossile<br />

Verbrennung kann nicht mehr wie bisher stattfinden. Die globale<br />

Klimaerwärmung, mit absehbar grösseren und immer heftiger<br />

werdenden Naturkatastrophen werden diese Erkenntnis<br />

beschleunigen.<br />

Die technologische Antwort der <strong>Automobilindustrie</strong> auf dieses<br />

Problem ist aller Voraussicht nach die Elektrifizierung des Antriebs.<br />

Das reine Elektroauto wird allerdings in absehbarer Zeit (nächste 10<br />

– 15 Jahre) nicht für den Massenmarkt reif sein, dazu ist die Batterie-<br />

Technik noch zu teuer und zu wenig ausgereift. Stattdessen wird eine<br />

91


Optimierung der vorhandenen Verbrennungsmotoren stattfinden, die<br />

durch Micro- und Mild-Hybride unterstützt werden. Für die Hersteller<br />

und Zulieferindustrie bedeutet das, einerseits die technologische<br />

Weiterentwicklung der bestehenden Produkte weiter voranzutreiben<br />

und andererseits auf die zunehmende Elektrifizierung der Branche<br />

vorbereitet zu sein. Diese findet nicht nur im Antriebsbereich statt,<br />

sondern auch in Sicherheitskonzepten und im Komfortbereich wird<br />

das Automobil immer stärker von der Elektronik getrieben.<br />

Durch den strukturellen Rückzug der OEMs aus immer mehr<br />

Bereichen der Wertschöpfung findet auch in Zukunft ein vermehrtes<br />

Outsourcing von Fertigungs- und Entwicklungsleistungen der<br />

Hersteller an die Zulieferer statt. Aktuelle Insourcing-Tendenzen der<br />

OEMs sind nur temporär und sollen der Auslastung ihrer eigenen<br />

Kapazitäten dienen, eine strukturelle Trendwende ist dies aber nicht.<br />

Für die Zulieferer und Entwicklungsdienstleister schlägt sich die<br />

langfristige strukturelle Entwicklung in den folgenden wesentlichen<br />

Herausforderungen nieder:<br />

Entwicklung von qualitativ hochwertigen und vor allem<br />

innovativen Produkten<br />

Beherrschung der Anforderungen an eine moderne<br />

Produktionsflexibilität und perfekte Einbindung in den<br />

Wertschöpfungsprozess der Kunden<br />

Sicherstellung des Potenzials für deutliches Volumenwachstum<br />

<br />

Bereitschaft zur Übernahme neuer Geschäftsfelder in der<br />

Wertschöpfungskette<br />

Bildung von Entwicklungs- und Produktions-Kooperationen<br />

(„Cluster“) zur Gewinnung von Synergie-Effekten.<br />

Für die <strong>Automobilindustrie</strong> und speziell für die Zulieferunternehmen<br />

der Branche bestehen also mittel- und langfristig hervorragende<br />

Wachstumspotenziale, wenn es ihnen gelingt, die aktuelle<br />

Schwächephase zu überstehen.<br />

92


5. Zusammenfassung und Fazit der künftigen Entwicklungen in<br />

der europäischen <strong>Automobilindustrie</strong><br />

Die <strong>Automobilindustrie</strong> steht am Beginn des 21. Jahrhunderts vor der<br />

grössten Herausforderung seit ihren Anfängen. Der Siegeszug des<br />

Automobils und seiner Branche wird erstmals seit 100 Jahren von<br />

Ökonomen sowie Umwelt- und Gesellschaftsanalysten nicht ohne<br />

wachsende Zweifel in die Zukunft fortgesetzt. Ironie der Geschichte:<br />

Das Automobil droht an seinem eigenen Erfolg zugrunde zu gehen.<br />

Dabei wird von Kritikern nicht das Bedürfnis der Menschen nach<br />

individueller Mobilität in Frage gestellt: Seit Ardi und Lucy 11 Ostafrika<br />

verliessen, um sich die Erde untertan zu machen, hat sich daran<br />

wenig geändert! Das Mobilitätsbedürfnis wird mit wachsender<br />

Weltbevölkerung und Erschliessung neuer Mobilitätspotentiale sogar<br />

weiter überproportional zunehmen. Und damit wächst auch der<br />

Weltautomobilbestand, der heute rund 900 Millionen Fahrzeuge<br />

beträgt.<br />

Als Konsequenz auf die in dieser Studie dargestellten erkennbaren<br />

Zukunftstrends bei wichtigen Rahmenbedingungen, muss die<br />

westeuropäische <strong>Automobilindustrie</strong> in den nächsten Jahrzehnten mit<br />

folgenden Herausforderungen fertig werden:<br />

1. Ökologie und limitierte Ressourcenverfügbarkeit verlangen<br />

nach neuen Antriebstechnologien: Neue Autos braucht die<br />

Welt, will sie nach 2050 immer noch Auto fahren!<br />

2. Die Globalisierung erzwingt eine strukturelle Veränderung der<br />

internationalen Arbeitsteilung in der Branche.<br />

3. Gesättigte Märkte erfordern eine Neu-Justierung der<br />

bisherigen Wachstumsphilosophie der Nachkriegszeit.<br />

(1) Im Mittelpunkt der Zukunftskritik steht zunächst das Produkt selbst<br />

– das Automobil in seiner jetzigen Auslegung. Es verbraucht zu viel<br />

fossile Energierohstoffe, die nur noch begrenzt zur Verfügung stehen,<br />

und trägt mit 26% erheblich zu den CO 2 - Gesamtemissionen der EU,<br />

und damit natürlich auch zur globalen Erderwärmung bei.<br />

Schlussfolgerung: Die herkömmliche Verbrennungstechnologie, mit<br />

der die Weltautomobilflotte heute und auf absehbare Zeit noch<br />

angetrieben wird, ist technologisch wie ökologisch überholt und hat<br />

keine Zukunftschancen. Kurz: Etwas Neues muss her, eine neue,<br />

innovative Antriebstechnologie, sei es Wasserstoff, Brennstoffzelle<br />

oder Hybrid- und Elektroantrieb in jedweder Form.<br />

(2) Des Weiteren aber wird vor allem die Zukunft der Hersteller sowie<br />

der beteiligten Unternehmen der vor- und nachgelagerten<br />

Wertschöpfungsstufe, wie Zulieferer und Handelsunternehmen, in<br />

11 Die ältesten bekannten Funde menschlicher Vorfahren.<br />

93


den industriell hoch entwickelten Industriestaaten zunehmend kritisch<br />

gesehen. Fakt ist, dass sich die industrielle Grossfertigung<br />

hinsichtlich einer Neuordnung der globalen industriellen Arbeitsteilung<br />

zunehmend aus den westlichen, teuren Standorten der nördlichen<br />

Halbkugel in den bevölkerungsreichen süd-östlichen Teil des Globus<br />

verlagert. Dort ist das Kapital in der Regel knapp, Arbeit hingegen<br />

(noch) reichlich und billig verfügbar. Die technologisch wenig<br />

komplexen und arbeitsintensiven Vorprodukte werden dort bereits<br />

heute auch für den westlichen Markt hergestellt, zusätzlich wird auch<br />

die Fahrzeugproduktion in diesen Ländern zunehmen, um die<br />

wachsende Nachfrage vor Ort zu bedienen.<br />

(3) Die dritte grosse Herausforderung, gerade für die europäischen<br />

Automobilhersteller stellt die Sättigung ihrer angestammten<br />

Hauptabsatzmärkte dar. Der Wachstumsprozess geht hier zu Ende.<br />

Und gleichzeitig stehen die Wachstumsmärkte in den Emerging<br />

Countries der BRIC-Staaten für Wachstumskompensation nicht mehr<br />

zur Verfügung, da mit wachsender Marktgrösse die Eigenproduktion<br />

vor Ort immer rentabler wird. Die Folge ist ein gnadenloser<br />

Verdrängungswettbewerb auf allen automobilen<br />

Wertschöpfungsstufen bis hin zum Handel. Davon sind alle<br />

Industriestaaten mit <strong>Automobilindustrie</strong> betroffen. In Deutschland<br />

lieferte dazu im Herbst 2009 die so genannte „Rettung“ von Opel<br />

durch die Bundesregierung ein düsteres Beispiel.<br />

Kurz: Weltwirtschafts- und Finanzkrise 2008/2009 hin oder her: Die<br />

<strong>Automobilindustrie</strong> als Rückgrat und Paradebranche der westlichen<br />

Industriestaaten steht gegenwärtig nicht vor ursächlich<br />

konjunkturellen, sondern strukturellen Herausforderungen von bislang<br />

nicht gekanntem Ausmass.<br />

Die vorliegende Studie soll dazu beitragen, die Problemfelder zu<br />

analysieren und Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen.<br />

5.1. Handlungsfelder für Europäische Firmen<br />

Würde man aus dem Orbit einen Blick auf die gegenwärtige<br />

Industriestruktur der Welt 12 und die heutige industrielle Arbeitsteilung<br />

zwischen Kontinenten und Ländern werfen, käme man zu folgender<br />

groben Struktureinteilung:<br />

<br />

<br />

Fabrik (Massenproduktion): Asien, Schwellenländer<br />

Boutique (tailored by…): <strong>Europa</strong><br />

12 Der Primärsektor als Lieferant von Rohstoffen, Energie und<br />

landwirtschaftlichen Erzeugnissen wird aus dieser Betrachtung<br />

ausgeklammert, da die Aktivitäten auf diesen Feldern stochastisch über den<br />

Globus und auf Volkswirtschaften verteilt sind.<br />

94


Service, Wissenschaft (Hightech): USA<br />

Legt man dieses Grobschema den künftigen Entwicklungstrends der<br />

europäischen <strong>Automobilindustrie</strong> zugrunde, so ergeben sich folgende<br />

Ableitungen:<br />

- Alle Produkte und Produktionsprozesse, die relativ einfach<br />

sind und einen hohen Lohnanteil bei geringer Kapitalintensität<br />

aufweisen, wandern aus dem teuren Westeuropa ab in die<br />

bevölkerungsreichen und billigen Regionen der Emerging<br />

Countries im Nahen und Fernen Osten sowie im Süden. Der<br />

Radius der Abwanderung reicht so weit, wie der Vorteil<br />

niedriger Lohnskosten in der Produktion grösser ist als der<br />

Nachteil, der durch die Logistik zunehmender Transportkosten<br />

und Verarbeitungsferne entsteht.<br />

- Das gilt auch für alle Produkte und Produktionsprozesse, die<br />

unabhängig von ihrer Lohnkostenintensität im unmittelbaren<br />

regionalen oder technologisch / wissenschaftlichen<br />

Wertschöpfungsverbund mit einem OEM erbracht werden<br />

müssen, wie beispielsweise infolge von Just in time (JIT) oder<br />

Just in Sequence (JIS) Produktionen. Auch für Unternehmen,<br />

die zur Leistungserbringung auf einen unmittelbaren Kontakt<br />

mit einem Automobilcluster angewiesen sind, ist das gültig.<br />

- Innovative und hochkomplexe Produkte und<br />

Produktionsprozesse, deren Erstellung in der Regel eine enge<br />

Zusammenarbeit zwischen OEM, Hochschule und Zulieferer<br />

voraussetzen, sind zur Verlagerung aus Kostengründen nicht<br />

geeignet. Sie sind und bleiben die Domäne der<br />

<strong>Automobilindustrie</strong> in den hoch entwickelten Industrieländern.<br />

Legt man dieses Schema einer künftigen Arbeitsteilung in der<br />

Weltautomobilindustrie zugrunde, so kommt die westeuropäische<br />

<strong>Automobilindustrie</strong>, und vor allem jene im deutschsprachigen Raum<br />

(Deutschland, Schweiz, Österreich) vergleichsweise günstig weg.<br />

Die Gründe dafür sind:<br />

- Der Prozess der Abwanderung bzw. Verlagerung von<br />

einfachen und lohnintensiven Produkten aus der automobilen<br />

Wertschöpfungskette hat bereits weitgehend stattgefunden<br />

und ist als nahezu abgeschlossen zu betrachten. Zwar<br />

werden auch heute und in Zukunft von OEMs und Zulieferern<br />

aus der westlichen Region weiterhin Produktionen in die<br />

Schwellenländer und nach Osten verlagert. Allerdings wandelt<br />

sich die Motivation solcher „Standortarbitrage-Investitionen“:<br />

An die Stelle reiner Kostengründen tritt zunehmend der<br />

Aspekt der lokalen und regionalen Markterschliessung für die<br />

wachsenden Märkte vor Ort, wie in den BRIC-Staaten.<br />

Unabhängig davon geht der Prozess der Standortoptimierung<br />

95


westlicher Investoren aus der Automobilzulieferindustrie unter<br />

Kostengesichtspunkten innerhalb der Emerging Countries<br />

unvermindert weiter: Aus dem unmittelbaren<br />

Erfahrungsumfeld des IWK sind Zulieferunternehmen<br />

bekannt, die ihre Fertigungen aus Bayern zunächst nach<br />

Ungarn, von Ungarn nach Malta, von Malta nach China und<br />

inzwischen von China nach Vietnam verlagert haben<br />

(„Investitions-Nomaden“).<br />

- Die Faszination des Automobils als High-Tech Produkt beruht<br />

auf dem Zusammenspiel von drei Technologie-Treibern:<br />

o Das Produkt Automobil als Ergebnis eines seit über<br />

100 Jahren anhaltenden kontinuierlichen Stroms<br />

technologischer Innovationen<br />

o<br />

Der Produktionsprozess, dessen stetige innovative<br />

Weiterentwicklung zu unentwegten innovativen<br />

Rückkopplungen auf das Produkt Automobil führen<br />

o Die Einführung der IT im Produkt und in der Steuerung<br />

des Produktionsprozesses, die ein weites Spektrum<br />

von Individualisierungsmöglichkeiten im Automobil und<br />

innovative Prozesssteuerung ermöglichen<br />

Waren in den letzen 100 Jahren Marktumfeld und Wettbewerb die<br />

Treiber von Innovationen, so treten in Zeiten der globalen<br />

Umweltkrise und sich erschöpfender Rohstoffreserven staatliche<br />

Vorgaben und Reglementierungen als Innovationspeitsche für die<br />

Unternehmen hinzu.<br />

Gerade der unaufhörliche Drang und Zwang zu innovativen Lösungen<br />

im Produkt wie im Produktionsprozess haben bisher und werden<br />

auch in Zukunft darauf hinwirken, dass der Lebenszyklus des<br />

Automobils als Industriegut unentwegt verlängert wird. Die<br />

Erfolgsgeschichte des Automobils geht also weiter, auch wenn sich<br />

die ökonomischen und ökologischen Rahmenbedingungen seiner<br />

Produktion und Nutzung dramatisch ändern werden. Das heisst<br />

nichts anderes, als dass sich das Produkt Automobil erheblich ändern<br />

muss. Das gilt auch für seine Erfinder und Produzenten, sowie für die<br />

<strong>Automobilindustrie</strong> selbst.<br />

Genau dies ist die Herausforderung, vor der die Automobilbranche<br />

heute weltweit steht. Und es ist absehbar, dass am besten die<br />

Automobilunternehmen mit dieser Herausforderung fertig werden, die<br />

seit 100 Jahren im engen Innovations-, Forschungs- und<br />

Produktionsverbund stehen. Automobile bauen, Fabriken,<br />

Fliessbänder und ausgeklügelte Produktionssysteme hochziehen und<br />

transferieren kann man heute nahezu überall auf der Welt,<br />

vorausgesetzt, eine kontinuierliche, störungsfreie Energieversorgung<br />

96


für Maschinen und Computer ist gesichert. Das Know-How dazu ist<br />

kopierbar, erlernbar, übertragbar.<br />

Jedoch sind Regionen, in denen tief verwurzelte, breit vernetzte<br />

automobile Cluster und die Grundlage jahrzehntelanger geübter und<br />

kultivierter Kenntnisse im Automobilbau bestehen, die<br />

Voraussetzung, um Automobile und die dazugehörigen<br />

Produktionsprozesse innovativ zu entwickeln und an die<br />

Erfordernisse der Zukunft anzupassen.<br />

Und das sind vor allem die Regionen West- und Mitteleuropa. Es gibt<br />

keine Region auf der Welt, wo auf einer Fläche von rund 500.000 km²<br />

mehr automobiles und industrielles KnowHow konzentriert ist als in<br />

Westeuropa, und hier insbesondere in den Ländern, wo das<br />

Automobil erfunden worden ist.<br />

Innovationen und Wissen, Kreativität und Motivation, Zähigkeit und<br />

Geduld sind die Schlüssel für eine weiter erfolgreiche Zukunft der<br />

europäischen <strong>Automobilindustrie</strong> – Hersteller wie Zulieferer.<br />

5.2. Handlungsfelder für (teil)staatliche und private Institutionen zur<br />

Unterstützung der <strong>Automobilindustrie</strong><br />

Die Schweiz mit ihrer gewachsenen industriellen Hochkultur ist<br />

konstituierender Bestandteil der europäischen Automobilgeschichte.<br />

Wie die swiss CAR Studie der ETH Zürich über die<br />

<strong>Automobilindustrie</strong> Schweiz (Branchenanalyse 2008) belegt, ist der<br />

Anteil der automobilen Wertschöpfung am Schweizer BIP mit 16 Mrd.<br />

CHF (3%) auch ohne Existenz grösserer schweizer OEMs durchaus<br />

bemerkenswert.<br />

Wie in der vorliegenden Studie dargelegt, gehören Innovationen auf<br />

der Grundlage einer exzellenten Wissenschafts- und<br />

Hochschullandschaft, gepaart mit flexiblen, kreativen und motivierten<br />

anwendenden Unternehmen zu den Garanten einer auch künftig<br />

erfolgreichen Entwicklung. Innovationen gründen auf Wissen und<br />

Ausbildung. Das Rüstzeug dafür liefern Hochschulen und<br />

wissenschaftliche Institute, gepaart mit Freiheit im Denken und<br />

Handeln.<br />

Die Schweizer <strong>Automobilindustrie</strong> verfügt über eine Vielzahl von hoch<br />

effizienten und flexiblen Hightech-Unternehmen, die diese<br />

Anforderungen erfüllen. Darüber hinaus hat die Schweiz den Vorteil,<br />

keinen wirtschaftlichen Ballast mit grossen und schwer beweglichen<br />

Automobilkonzernen schultern zu müssen. Hinzu kommen die<br />

exzellente technische Hochschullandschaft und die traditionell hohe<br />

Lebensqualität in der Schweiz, die es auch kleineren Automobil- und<br />

Ingenieurunternehmen immer wieder ermöglicht, die besten Köpfe ins<br />

Land zu holen. Dieser Kampf um qualifizierte Fachleute wird in den<br />

97


nächsten Jahrzehnten in <strong>Europa</strong> zum Wettbewerbsfaktor schlechthin,<br />

auch in der Schweiz.<br />

Die Zukunft des Automobils und der <strong>Automobilindustrie</strong> liegt nicht in<br />

der endlosen Reproduktion des Altbekannten, sondern in der<br />

Erfindung von Neuem. Hightech Innovationen sind in der<br />

<strong>Automobilindustrie</strong> der Schlüssel zum nachhaltigen Erfolg.<br />

Elektromobilität und Energiespeicherung werden zu den<br />

Schlüsseltechnologien im 21. Jahrhundert.<br />

Die Zukunft der westeuropäischen <strong>Automobilindustrie</strong> liegt nicht in<br />

der Grossserienproduktion des Endproduktes Automobil. Die Zukunft<br />

der westeuropäischen <strong>Automobilindustrie</strong> liegt in der permanenten<br />

Verbesserung und Verfeinerung, kurz der Innovation wesentlicher<br />

Automobilteile oder Systeme wie der Antriebstechnologie, der<br />

Energiespeicherung, des Energietransportes etc. oder der Innovation<br />

der Produktions- und Logistikprozesse in der Automobilfertigung.<br />

Kurz: Innovation is a never ending story!<br />

Das heisst vereinfacht ausgedrückt: Die Zukunft des<br />

westeuropäischen <strong>Automobilindustrie</strong> liegt im Hirn, nicht in der Hand.<br />

Wenn die Sicherstellung der künftigen Mobilität einer wachsenden<br />

Weltbevölkerung neue Mobilitätssysteme oder Infrastrukturen, z.B. E-<br />

Tankstellen oder Wasserstoffbetankung etc. erfordert, ist<br />

europäischer Erfindergeist gefragt, auch in Tüftlerbuden oder in<br />

Hinterhof-Unternehmen. Grosskonzerne der <strong>Automobilindustrie</strong> sind<br />

dazu offenbar nicht in der Lage, wie GM, Volkswagen et. al. zeigen.<br />

Die eigentlichen Innovationen kommen heute fast ausschliesslich aus<br />

dem Zulieferbereich, benötigen dann allerdings zur Marktreife meist<br />

die Kapitalkraft der Grosskonzerne.<br />

Die Schweizer <strong>Automobilindustrie</strong>, die in der Regel aus kleinen und<br />

mittelständischen Technologieführern besteht, erfüllt die aufgezeigten<br />

Voraussetzungen in hohem Mass. Sie hat damit gute Chancen, auch<br />

in den nächsten 100 Jahren mit an der europäischen<br />

Automobilgeschichte zu schreiben.<br />

Und offen gesagt: Diese ist keineswegs zu Ende, sondern hat –<br />

genau genommen – gerade erst mit dem nächsten Kapitel begonnen.<br />

Überschrift: Wie ist die individuelle Massenmobilität zu niedrigen<br />

Kosten und bei geringst möglicher Umweltbelastung sicherzustellen?<br />

98


Anhang<br />

Tabelle 10: Produktion in den EU-Beitrittsländern nach Hersteller 2008<br />

Hersteller Standort Modelle Stückzahl,<br />

tsd.<br />

Toyota<br />

Kolin, Tschechische<br />

Republik<br />

Aygo 108<br />

GM Gliwice, Polen Opel-Vauxhall Astra, Zafira,<br />

Aglia<br />

171,6<br />

GM Warsaw, Polen Chevrolet Aveo 43,7<br />

Renault-<br />

Nissan<br />

Renault-<br />

Nissan<br />

Pitesti, Romänien<br />

Novo Mesto,<br />

Slowenien<br />

VW-Porsche Bratislava #1,<br />

Slowakei<br />

VW-Porsche Kvasiny,<br />

Tschechische<br />

Republik<br />

VW-Porsche Malda Boleslav #1,<br />

Tschechische<br />

Republik<br />

VW-Porsche Mlada Boleslav #2,<br />

Tschechische<br />

Republik<br />

VW-Porsche Vrchlabi,<br />

Tschechische<br />

Republik<br />

Dacia Pickup, Logan, Logan<br />

PU, Logan Van, Sandero<br />

242,4<br />

Reno Clio, Twingo 199,5<br />

Audi Q7, VW Touareg, Polo 138,8<br />

Skoda Superb, Roomster 76,7<br />

Skoda Fabia 244,6<br />

Skoda Octavia 158,9<br />

Skoda Octavia 78,6<br />

VW-Porsche Gyor, Ungarn Audi A3, TT 60,4<br />

VW-Porsche Poznan, Polen VW Transporter, Caddy 174<br />

Ford Tychy, Polen Ford Ka 20,5<br />

Hyundai<br />

Nosovice,<br />

Tschechische<br />

Republik<br />

Hyundai i30 12,1<br />

Hyundai Zilina, Slowakei Kia Cee´d, Sportage 172,5<br />

PSA<br />

Kolin, Tschechische<br />

Republik<br />

Citroen C1, Peugeot 107 216,3<br />

PSA Trnava, Slowakei Citroen C3 Picasso,<br />

Peugeot 207<br />

196,8<br />

Fiat Tychy, Polen Fiat Panda, 500, Seicento 472,3<br />

Fiat Esztergom, Ungarn Fiat Sedici 33<br />

Suzuki Esztergom, Ungarn Suzuki Splash, Swift, SX4 178,8<br />

Quelle: PwC Automotive Institute 2009 Q2 Data Release


Tabelle 11: Produktion in Osteuropa nach Hersteller 2008<br />

Hersteller Standort Modelle Stückzahl,<br />

tsd.<br />

Toyota Shushary, Russland Camry 6,3<br />

Toyota Adapazari, Türkei Auris, Corolla, Corolla Verso 126,5<br />

GM Togliatti, Russland Chevrolet 54,7<br />

GM Kaliningrad, Russland Cadillac, Hummer,<br />

Chevrolet<br />

65,1<br />

GM Shushary, Russland Opel-Vauxhall, Chevrolet 41,1<br />

GM Zaporozhye, Ukraine Opel-Vauxhall, Chevrolet 50,7<br />

GM LLichevsk, Ukraine Chevrolet 80,9<br />

Renault-<br />

Nissan<br />

Renault-<br />

Nissan<br />

Renault-<br />

Nissan<br />

Renault-<br />

Nissan<br />

Renault-<br />

Nissan<br />

Renault-<br />

Nissan<br />

Renault-<br />

Nissan<br />

Renault-<br />

Nissan<br />

Renault-<br />

Nissan<br />

Renault-<br />

Nissan<br />

Togliatti, Russalnd<br />

Lada Kalina, Nova/zhiguli,<br />

110, Priora, Samara, Niva<br />

799,2<br />

Moskow, Russland Renault Logan 72,6<br />

Izhevsk, Russland Lada, Nova/Zhiguli 20,9<br />

Serpukov, Russland Lada Oka 1,3<br />

Argun, Russland Lada Nova/Zhiguli 0,7<br />

Kremenchug, Ukraine Lada Nova/Zhiguli 2,8<br />

Lutsk, Ukraine Lada Nova/zhiguli, Niva, 110 22,7<br />

Cherkasy, Ukraine Lada 110 4,5<br />

Llichevsk, Ukraine Lada Samara 22,8<br />

Bursa, Türkei<br />

VW-Porsche Sarajevo, Bosnien<br />

und Herzegovina<br />

VW-Porsche Zkarpatye, Ukraine<br />

VW-Porsche Kaluga, Russland<br />

Ford<br />

Vsevolozhsk,<br />

Russland<br />

Renault Clio, Symbol,<br />

Megane<br />

Aud Q7,A4, A6, Skoda<br />

Superb, Fabia, Oktavia, VW<br />

Polo, Golf, Passat<br />

VW Touareg, Passat, Polo,<br />

Golf, Golf Plus, Jetta, Audi<br />

A6, Skoda Superb, Fabia,<br />

Roomster, Octavia, Seat<br />

Altea, Leon, Toledo<br />

Skoda Fabia, Octavia, VW<br />

Passat, Tiguan<br />

286,7<br />

3,8<br />

35,8<br />

62,3<br />

Ford Focus 65<br />

Ford Golcuk, Türkei Ford Transit, Transit<br />

Connect<br />

262,9<br />

Hyundai Rostov, Russland Hyundai Santa Fe, 100,6


Sonata/i50, Accent,<br />

Elantra/i40, Porter<br />

Hyundai Izhevsk, Russland Kia Sorento, Rio 38,4<br />

Hyundai Kaliningrad, Russland Kia Magentis, Sportage,<br />

Cee´d, Opirus, Carnival<br />

Hyundai Cherkasy, Ukraine Kia Sorento, Opirus, Cerato,<br />

Ria, Santa Fe, Picanto,<br />

Hyundai Lavita,<br />

Tucson/iX35,<br />

Hyundai Lutsk, Ukraine Kia Sorento, Opirus, Rio,<br />

Picanto, Santa Fe, Cerato,<br />

Hyundai Lavita,<br />

Tucson/iX35,<br />

31,2<br />

10<br />

50,5<br />

Hyundai Izmit, Türkei Hyundai Matrix, Accent 81,5<br />

Hyundai Bursa, Türkei Hyundai HD35/45 1,4<br />

Honda Gebze, Türkei Honda City, CIvic 50,1<br />

PSA Bursa, Türkei Peugeot Partner, Bipper, J9,<br />

Citroen Nemo<br />

Fiat Bursa, Türkei Fiat Sahin, Albea, Doblo,<br />

Fiorino, Linea<br />

Fiat<br />

Naberezhniye<br />

Chelnye, Russland<br />

71,9<br />

204,2<br />

Fiat Albea, Doblo 20,7<br />

Fiat Yelabuga, Russland Fiat Ducato 1,3<br />

Fiat Zaporozhye, Ukraine Iveco Daily 0,6<br />

Fiat Kragujevac, Serbien Iveco Rival 0,5<br />

BMW Kaliningrad, Russland BMW X3, 5 Series, 7 Series,<br />

3 Series<br />

Quelle: PwC Automotive Institute 2009 Q2 Data Release<br />

6,4<br />

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August 2009

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