Gottesdienstlehre - Mohr Siebeck Verlag
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4. Der Zusammenhang von Predigt und Liturgie und die <strong>Gottesdienstlehre</strong><br />
„Die christliche Predigt ist im Hauptgottesdienst nicht ein Gegenstück zur Liturgie,<br />
sondern ein wesentlicher Teil derselben. (…) In der Liturgie bekennt sich die Gemeinde<br />
zur wahrhaft katholischen Kirche und bringt Gebet und Lobgesang als schwaches<br />
Abbild des himmlischen Gottesdienstes ihrem Könige und Herren dar. Die Predigt<br />
erinnert sie aber an ihre irdische Pilgrimschaft.“ (Trillhaas 11)<br />
Hier ist zunächst eine deutlich positive Zuordnung vorgenommen: Die Liturgie<br />
ist das Ganze, Umfassende und das weiter ins Eschaton Reichende, während<br />
die Predigt im Bereich der irdischen Gegenwart verbleibt und zum Gehorsam<br />
ruft. Gegen die verschiedenen liturgischen Bewegungen (Berneuchener,<br />
Alpirsbacher, Hochkirchliche Bewegung), die damals großen Zulauf<br />
fanden und Gottesdienste auch ohne Predigt propagierten, fügt Trillhaas allerdings<br />
hinzu: „Die Predigtnot wird nicht durch falschen Liturgismus überwunden,<br />
sondern durch täglich neue Treue gegen Gottes Wort … “ (ebd.). In der<br />
Liturgie, die „in der Regel die Predigt begleitet und umgibt“ (11), kommt für<br />
Trillhaas anders als in der Predigt „die Katholizität der Kirche zum Ausdruck“<br />
(15). In der Liturgie seien „die Grenzen von Zeit und Raum niedergelegt, und<br />
die einzelne Gemeinde wird ein Glied der Kirche aller Zeiten, ja der Kirche<br />
des Himmels und der Erden“ (18). Doch gerade aufgrund der Zuordnung<br />
der Liturgie zum Überzeitlichen und Himmlischen und der Predigt zum Irdischen<br />
ist für Trillhaas wichtig, dass „die Kirche auf Erden zwar ohne Liturgie,<br />
aber nicht ohne Predigt sein kann“ (21), und, so fügt er als Spitzensatz hinzu:<br />
„Die Predigt ist unerlässlich, die Liturgie ist erlässlich.“ (Ebd.)<br />
Hier ist die Argumentation bemerkenswert: Entsprechend der dialektischen<br />
Theologie haben Gottesdienst und Predigt gleichermaßen eschatologischen<br />
Charakter; doch die Predigt ruft in die Entscheidung, während die<br />
Liturgie schon ein Vorgeschmack des Lebens jenseits der „Krisis“, der eschatologischen<br />
Scheidung und Entscheidung ist. Aus der eschatologischen Hochschätzung<br />
der Liturgie ergibt sich damit zugleich ihre – mit der Krisis begründete<br />
– Zweitrangigkeit im Gegenüber zur Predigt.<br />
Anders sieht aber die Zuordnung von Predigt und Sakrament bei Trillhaas<br />
aus. Im Leitsatz zum Verhältnis von Wort und Sakrament heißt es in parallelisierender<br />
Verhältnisbestimmung:<br />
Eschatologischer<br />
Charakter von<br />
Gottesdienst<br />
und Predigt<br />
„Die Kirche Jesu Christi (…) ist niemals die Kirche des freien Wortes. Wie ihr Wort<br />
gebunden ist an die Schrift, so ist ihre schriftgemäße Predigt gebunden, erläutert und<br />
bestätigt durch die Sakramente. (…) Die Sakramente ohne das Wort sind stumm.<br />
Das Wort ohne die Sakramente ermangelt des Siegels.“ (Trillhaas 25)<br />
Mit Augustin und den lutherischen Bekenntnisschriften wird das Sakrament<br />
von Trillhaas (26) worthaft, als „verbum visibile“ beschrieben. 11 Umgekehrt<br />
heißt es dann: „Das Sakrament entnimmt das Wort Gottes der Fragwürdig-<br />
11 Vgl. dazu BSLK 292f.; 449f.; 709.<br />
Leseprobe aus Meyer-Black: <strong>Gottesdienstlehre</strong><br />
(c) 2011 <strong>Mohr</strong> <strong>Siebeck</strong> www.mohr.de<br />
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