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Gottesdienstlehre - Mohr Siebeck Verlag

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§ 49 Rückblick und Ausblick<br />

2. Ausblick<br />

Wenn die perspektivische Betrachtungsweise auf den ersten Blick etwas kompliziert<br />

erscheint, so zeigt sich auf den zweiten Blick, dass gerade die verschiedenen<br />

Betrachtungsweisen neue Wahrnehmungs- und Gesprächsmöglichkeiten<br />

eröffnen. Von dieser Einsicht her ergeben sich auch Gesichtspunkte für<br />

künftige Überlegungen.<br />

Homiletik,<br />

Liturgik,<br />

<strong>Gottesdienstlehre</strong><br />

Zeichen und<br />

Subjekt, Predigt<br />

und Ritual<br />

2.1 Für die Weiterarbeit in Homiletik und Liturgik soll mit diesem Buch der<br />

Impuls gesetzt werden, beide Teildisziplinen der Praktischen Theologie künftig<br />

näher aufeinander zu beziehen. Wenn man sich auf den zu planenden<br />

bzw. auf den zu reflektierenden Gottesdienst bezieht (→ § 48), dann liegen<br />

die ästhetischen, empirischen und fundamentaltheologischen Fragestellungen<br />

nahe beieinander, auch wenn sich die historischen und die wissenschaftsgeschichtlichen<br />

Traditionen beider Fächer unabhängig voneinander entwickelt<br />

und längere Zeit nebeneinander bestanden haben. Die hier eingenommene<br />

zeichentheoretische Position soll dabei als Schritt zu einer integrativen<br />

Theorie des Gottesdienstes verstanden werden.<br />

Von der semiotischen Betrachtung her lässt sich vorläufig jedenfalls der<br />

folgende Ertrag festhalten: Sowohl bei der rituellen wie bei der rhetorischen<br />

Kommunikation (→ § 1.4), also in Liturgie und Predigt, handelt es sich um<br />

Zeichen (Texte, Gesten, Musik), die in der Absicht der Darstellung und Mitteilung<br />

des evangelischen Glaubens gesetzt werden. Diese Zeichen sind in<br />

verschiedenen Sprachen der Tradition gefasst und überliefert. Aber sie werden<br />

gleichwohl von Subjekten aktuell benutzt und verstanden. Dabei verläuft<br />

der Zeichensetzungsprozess homiletisch vom Subjekt, vom exemplarischen<br />

„Ich“ des Predigers, hin zur Gemeinde. Dennoch ist auch die Predigt ein Teil<br />

des Wortgottesdienstes und damit jenes Prozesses, bei dem die versammelte<br />

Gemeinde (und darüber hinaus die Kirche insgesamt) das in ihr lebendige<br />

Evangelium mit Hilfe der Schrifttradition jeweils neu durcharbeitet. So gesehen<br />

ist auch die Predigt ein Element des Rituals Wortgottesdienst („B, Verkündigung<br />

und Bekenntnis“). Gerade durch die Unterbrechung des Rituals<br />

setzt die rhetorische Kommunikation dabei das Rituelle ins Licht. Umgekehrt<br />

verläuft der Zeichensetzungsprozess bei der rituellen Darstellung auf dem<br />

Weg von der objektiven Tradition (Schrift, Ordinarium und Proprium) hin<br />

zum individuellen Verstehen.<br />

Dabei wäre es zeichentheoretisch völlig unzureichend, die Predigt lediglich<br />

als subjektive und das Ritual lediglich als objektive Mitteilungs- und Darstellungsform<br />

zu beschreiben. Gerade auch in der Liturgie geht es um die subjektive<br />

Erschließung von Bedeutungen – und nicht einfach um objektive<br />

Zeichen der Tradition. Umgekehrt funktioniert auch die Predigt nur im Rahmen<br />

der Liturgie, die – etwa bei der Predigt alttestamentlicher Texte – mit<br />

546<br />

Leseprobe aus Meyer-Black: <strong>Gottesdienstlehre</strong><br />

(c) 2011 <strong>Mohr</strong> <strong>Siebeck</strong> www.mohr.de

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