in Scientia Halensis
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der<br />
Mart<strong>in</strong>-Luther-Universität<br />
Halle-Wittenberg<br />
WISSENSCHAFTS<br />
JOURNAL<br />
Biologische Forschung<br />
an der Universität Halle<br />
Wie Bakterien mit<br />
Giftstoffen fertig werden<br />
Zur Paarungsstrategie<br />
von Wanderheuschrecken<br />
Altern und Stress<br />
bei Pflanzen<br />
4/02
..............................................................................<br />
scientia halensis 4/2002<br />
Inhalt / Impressum<br />
Editorial<br />
Rolf Gattermann ................................................................................................................... 4<br />
Fachbereich Biologie<br />
Resistenz-Striptease und periplasmatische Küsse:<br />
Wie Bakterien mit Giftstoffen fertig werden<br />
Dietrich He<strong>in</strong>rich Nies ..........................................................................................................5<br />
Ungewöhnliche »Leckerbissen«<br />
Giftige Substanzen als e<strong>in</strong> Lebenselixier für anaerobe Bakterien<br />
Ute Lechner und Jan Remmer Andreesen ......................................................................... 7<br />
»Die Goldhamster-Story«<br />
Labortiere und Wildfänge im Vergleich<br />
Rolf Gattermann ................................................................................................................... 9<br />
Anarchie im Bienenstaat<br />
»Capensis Kalamität« bee<strong>in</strong>trächtigt Imkerei im Norden Südafrikas<br />
Peter Neumann und Rob<strong>in</strong> F. A. Moritz ............................................................................ 1 1<br />
Vater werden ist recht schwer ...<br />
Zur Paarungsstrategie von Wanderheuschrecken<br />
Hans-Jörg Ferenz und Karsten Seidelmann ..................................................................... 1 3<br />
Vom Palmendieb zur Wollmaus<br />
232 Jahre Zoologische Sammlungen<br />
Dietrich Heidecke und Karla Schneider ............................................................................ 1 5<br />
Thripse – Globetrotter im Auftrag des Bösen<br />
Weltweiter Pflanzentransfer begünstigt Verbreitung von Viren<br />
Gerald Moritz ........................................................................................................................ 17<br />
Zeitgemäßer Biologieunterricht<br />
Forschungsfelder der Fachdidaktik<br />
Wolfgang Lerchner und Lothar Schmidt ........................................................................... 1 9<br />
Altern und Stress bei Pflanzen<br />
Molekularbiologische Untersuchungen<br />
Klaus Humbeck ..................................................................................................................... 21<br />
Klonen nicht nötig!<br />
Die Vielfalt natürlicher Fortpflanzungsstrategien bei Pflanzen<br />
Isabell Hensen, Astrid Grüttner und Constanze Ohl ........................................................ 2 3<br />
12 000 Pflanzenarten ...<br />
Städtische Oase und biologische Versuchsstation: Botanischer Garten<br />
Matthias H. Hoffmann ......................................................................................................... 2 5<br />
Biodiversitätsforschung im 21. Jahrhundert<br />
Verlust an Vielfalt <strong>in</strong> der Tier- und Pflanzenwelt<br />
Mart<strong>in</strong> Röser ......................................................................................................................... 27<br />
Der Chloroplast:<br />
Solarkraftwerk, Sauerstoffproduzent und Biosensor<br />
Udo Johann<strong>in</strong>gmeier ........................................................................................................... 29<br />
Wir »basteln« e<strong>in</strong>e Photosynthesemembran<br />
Teil 1: Die Prote<strong>in</strong>e<br />
Ralf Bernd Klösgen .............................................................................................................. 31<br />
Gensilenc<strong>in</strong>g und die Analyse von<br />
Regulationsprozessen im Chromat<strong>in</strong><br />
Gunter Reuter, Ra<strong>in</strong>er Dorn, Gunnar Schotta, Anja Ebert,<br />
Kathr<strong>in</strong> Naumann, Andreas Fischer und Thomas Rudolph ........................................... 33<br />
Systembiologie – e<strong>in</strong>e neue Sichtweise<br />
hält E<strong>in</strong>zug <strong>in</strong> die Molekularbiologie<br />
Alexander Anders und Kar<strong>in</strong> D. Breunig .......................................................................... 3 5<br />
Waffenarsenale im Mikrokosmos<br />
Bakterielle Virulenz und pflanzliche Abwehr<br />
Jens Boch, Thomas Lahaye, Ralf Koebnik und Ulla Bonas ........................................... 3 7<br />
Personalia .............................................................................................................................. 39<br />
Rätselfoto/Autorenadressen ................................................................................................ 42<br />
...............................................................................<br />
I MPRESSUM<br />
scientia halensis – Wissenschaftsjournal der<br />
Mart<strong>in</strong>-Luther-Universität Halle-Wittenberg<br />
Ausgabe 4/2002, 10. Jahrgang<br />
ersche<strong>in</strong>t viermal im Jahr<br />
HERAUSGEBER<br />
Der Rektor der Mart<strong>in</strong>-Luther-Universität<br />
Halle-Wittenberg<br />
REDAKTION<br />
Dr. Monika L<strong>in</strong>dner, Ute Olbertz (verantwortlich<br />
für diese Ausgabe), Dr. Margarete We<strong>in</strong><br />
R EDAKTIONSBEIRAT (für scientia halensis –<br />
Universitätszeitung und Wissenschaftsjournal):<br />
Prof. Dr. Wilfried Grecksch (Rektor), Prof. Dr.<br />
Dr. Gunnar Berg, Prof. Dr. René Csuk, Prof.<br />
Dr. Gernot W. Duncker, Dr. Frank Eigenfeld,<br />
Dr. Renate Federle, Dr. Roswitha Geil<strong>in</strong>g, Prof.<br />
Dr. Siegfried Hoffmann, Prof. Dr. Manfred<br />
Lemmer, Dr. Monika L<strong>in</strong>dner, Ute Olbertz,<br />
Katr<strong>in</strong> Rehschuh, Prof. Dr. Hans-Joachim<br />
Solms, Dr. Ralf-Torsten Speler, Dr. Margarete<br />
We<strong>in</strong>, Prof. Dr. Alois Wenig<br />
GRAFIK-DESIGN<br />
Barbara und Joachim Dimanski<br />
Dipl.-Grafik-Designer AGD/BBK<br />
A NSCHRIFT DER REDAKTION<br />
Mart<strong>in</strong>-Luther-Universität Halle-Wittenberg<br />
Rektorat<br />
Universitätsr<strong>in</strong>g 14<br />
06099 Halle (Saale)<br />
Telefon: 0345 55-21420/22/24<br />
Fax: 0345 55-27082, 0345 55-27254<br />
E-Mail:<br />
m.l<strong>in</strong>dner@verwaltung.uni-halle.de<br />
m.olbertz@verwaltung.uni-halle.de<br />
m.we<strong>in</strong>@verwaltung.uni-halle.de<br />
Internet: http://www.uni-halle.de<br />
LAYOUT<br />
Ute Olbertz<br />
Jens Gerth (Umschlagseiten)<br />
D RUCKVORBEREITUNG & DRUCK<br />
a bis z-Publish<strong>in</strong>g GmbH Leipzig<br />
a bis z-Pr<strong>in</strong>t Holleben<br />
A NZEIGENPREISLISTE<br />
2002a<br />
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben<br />
nicht unbed<strong>in</strong>gt die Me<strong>in</strong>ung der Redaktion<br />
oder des Herausgebers wieder.<br />
Für unaufgefordert e<strong>in</strong>gesandte Manuskripte<br />
oder Bilder ke<strong>in</strong>e Haftung.<br />
ISSN 0945-9529<br />
scientia halensis ersche<strong>in</strong>t mit freundlicher<br />
Unterstützung der Vere<strong>in</strong>igung der Freunde<br />
und Förderer der Mart<strong>in</strong>-Luther-Universität<br />
Halle-Wittenberg e. V.<br />
3
scientia halensis 4/2002<br />
....................................................................................<br />
editorial<br />
EDITORIAL<br />
Rolf Gattermann<br />
................................................................................<br />
Biologie ist die Lehre vom Leben. Unser<br />
4<br />
Verständnis von den Strukturen und den<br />
Abläufen des Lebens wächst derzeit explosionsartig.<br />
Die Erkenntnisse der Biologie<br />
nehmen <strong>in</strong> der Öffentlichkeit e<strong>in</strong>en besonderen<br />
Stellenwert e<strong>in</strong>, sei es <strong>in</strong> gesellschaftlichen<br />
Debatten, politischen Diskussionen,<br />
rechtlichen Fragestellungen und<br />
nicht zuletzt im Zuwachs an Allgeme<strong>in</strong>wissen.<br />
Biologische Innovationen eröffnen<br />
neue Berufssparten, Technologien und<br />
Forschungsfelder. Das wiederum erfordert<br />
neue Methoden <strong>in</strong> der Lehre und Fortbildung,<br />
neue Organisationsformen und neue<br />
Dimensionen an Interdiszipl<strong>in</strong>arität. Nicht<br />
zu Unrecht s<strong>in</strong>d die Biowissenschaften –<br />
mit der Biologie im Zentrum – e<strong>in</strong> Forschungsschwerpunkt<br />
unserer Universität.<br />
Der Fachbereich Biologie kann auf e<strong>in</strong>e lange<br />
Tradition <strong>in</strong> Lehre und Forschung zurückblicken.<br />
Zu den ältesten E<strong>in</strong>richtungen<br />
gehören der 1698 gegründete Botanische<br />
Garten und das Institut für Zoologie mit<br />
se<strong>in</strong>en Zoologischen Sammlungen aus dem<br />
Jahr 1769. In den 50er Jahren des vergangenen<br />
Jahrhunderts g<strong>in</strong>gen aus den Botanischen<br />
Anstalten die Institute für Geobota-<br />
nik und Pflanzenphysiologie hervor. Ende<br />
der 60er wurde das Institut für Genetik<br />
und <strong>in</strong> den 80er Jahren das Institut für Mikrobiologie<br />
gegründet. Seit 1993 gehört die<br />
Abteilung Didaktik der Biologie zum Fachbereich.<br />
Die Institute s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> altehrwürdigen,<br />
aber dr<strong>in</strong>gend sanierungsbedürftigen<br />
Gebäuden <strong>in</strong> der Innenstadt und im »Biologicum<br />
I« am We<strong>in</strong>bergweg untergebracht.<br />
Das im Herbst 2000 fertig gestellte »Biologicum<br />
I« gehört weltweit zu den schönsten<br />
und komfortabelsten Biologie-Neubauten.<br />
Es bietet auf 3 700 m 2 exzellente Arbeitsmöglichkeiten<br />
für Pflanzenphysiologen,<br />
Genetiker und Biologie-Didaktiker.<br />
Am Fachbereich s<strong>in</strong>d seit der politischen<br />
Wende drei Professor<strong>in</strong>nen und zwölf Professoren<br />
berufen worden, zwei Berufungen<br />
stehen noch aus. Alle Berufenen s<strong>in</strong>d als<br />
wissenschaftliche Experten auf ihren Forschungsfeldern<br />
national und <strong>in</strong>ternational<br />
anerkannt.<br />
Bis zur Wende zählte die Universität 50<br />
bis 100 Biologie-Studenten. Danach gab es<br />
e<strong>in</strong>en kont<strong>in</strong>uierlichen Anstieg auf 500 bis<br />
600 Studierende. Die erfreuliche Entwicklung<br />
setzte sich auch <strong>in</strong> diesem Jahr fort.<br />
Zur Zeit bilden wir am Fachbereich über<br />
700 Student<strong>in</strong>nen und Studenten, darunter<br />
205 Erstsemester, aus. Dazu kommen Studierende<br />
der Fachrichtungen Biochemie,<br />
Bio<strong>in</strong>formatik, Agrarwissenschaften, Geowissenschaften,<br />
Lebensmittelchemie und<br />
Bio<strong>in</strong>genieurwesen sowie 65 PromotionsstudentInnen.<br />
Halle ist e<strong>in</strong> gefragter Studienstandort,<br />
der e<strong>in</strong>e wissenschaftsorientierte<br />
Ausbildung über die gesamte Biologie<br />
anbietet: von der subzellulären bis zur biozönotischen<br />
Ebene, von der Labor- bis zur<br />
Feldbiologie bzw. von der molekularen bis<br />
zur organismischen Biologie. Die Belastung<br />
ist enorm. Engpässe treten hauptsächlich<br />
im Grundstudium auf. Es fehlt an Lehrräumen<br />
mit moderner Ausstattung. Das<br />
versprochene »Biologicum II« würde die<br />
Probleme lösen. Investitionen <strong>in</strong> die Biologie<br />
befördern die Weiterentwicklung der<br />
Universität und des Landes.<br />
Die im Journal vorgestellten Beiträge beweisen,<br />
dass wir uns den Herausforderungen<br />
<strong>in</strong> breiter Front gestellt haben und über<br />
Forschung und Lehre das moderne Bild der<br />
Biologie mitprägen.
RESISTENZ-STRIPTEASE UND PERIPLASMATISCHE KÜSSE:<br />
WIE BAKTERIEN MIT GIFTSTOFFEN FERTIG WERDEN<br />
..............................................................................<br />
scientia halensis 4/2002<br />
Fachbereich Biologie<br />
Dietrich He<strong>in</strong>rich Nies<br />
Bakterielle Infektionskrankheiten s<strong>in</strong>d im heutigen Europa (noch?) ke<strong>in</strong> Problem mehr. Die<br />
Arbeit der Mikrobiologen <strong>in</strong> den letzten beiden Jahrhunderten hat uns mit Hygiene-Vorschriften,<br />
Massen-Impfungen und den Antibiotika drei mächtige Säulen beschert, mit denen<br />
wir erfolgreich pathogene Bakterien <strong>in</strong> ihre Schranken weisen können. Durch natürliche<br />
Evolution, leider beschleunigt durch Missbrauch von Antibiotika, wird uns diese wichtige<br />
Waffe jedoch zunehmend aus der Hand geschlagen.<br />
Abb. 1: Elektronenmikroskopische Aufnahme<br />
von zwei Zellen des Bakteriums Ralstonia<br />
metallidurans. Das Bild wurde von Dr. Dieter<br />
Neumann vom IPB zur Verfügung gestellt.<br />
Antibiotika-resistente Bakterien haben unterschiedliche<br />
Möglichkeiten entwickelt,<br />
um diese gegen sie gerichteten Giftstoffe<br />
zu entschärfen. E<strong>in</strong>mal wird das Antibiotikum<br />
direkt zerstört, <strong>in</strong>dem es chemisch<br />
verändert und damit unwirksam gemacht<br />
wird. Auch kann der Angriffspunkt der<br />
Wirkung des Antibiotikums umgangen oder<br />
durch Modifikation so verändert werden,<br />
dass das Antibiotikum daran abgleitet. Die<br />
Bakterienzelle kann drittens die giftige<br />
Substanz hochselektiv wieder nach außen<br />
befördern (Efflux) oder gar nicht erst aufnehmen.<br />
Die vierte Möglichkeit zeigt uns<br />
sogar unser Körper: Wenn wir etwas gegessen<br />
haben, das uns abkömmlich war, übergeben<br />
wir uns oder haben Durchfall. Dabei<br />
werden die Giftstoffe aus unserem Körper<br />
herausgeworfen. Auf der Ebene der Zellen<br />
ist der vergleichbare Vorgang die multiple<br />
Giftresistenz MDR (multiple drug resistance),<br />
bei der e<strong>in</strong>e ganze Gruppe chemisch<br />
grob mite<strong>in</strong>ander verwandter Stoffe aus der<br />
Zelle herausgepumpt wird. Die Entwicklung<br />
von MDR <strong>in</strong> Tumorzellen ist für viele<br />
Misserfolge <strong>in</strong> der Chemotherapie von<br />
Krebserkrankungen verantwortlich und<br />
auch für das Auftauchen mancher Antibiotika-resistenter<br />
Bakterien. So ist beim<br />
Blaueiter-Erreger Pseudomonas aerug<strong>in</strong>osa,<br />
der <strong>in</strong>sbesondere geschwächte Menschen<br />
befällt, die Hälfte aller Resistenz-<br />
Komplikationen auf das MDR-Phänomen<br />
zurückzuführen.<br />
Antibiotika und andere organische Stoffe<br />
s<strong>in</strong>d nun unhandlich, wenn die biochemischen<br />
Grundlagen von MDR studiert werden<br />
sollen. Schwermetalle s<strong>in</strong>d da viel geeigneter.<br />
Viele von ihnen wie z. B. Z<strong>in</strong>k,<br />
s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> ger<strong>in</strong>gen Konzentrationen wichtige<br />
Spurenelemente, aber alle s<strong>in</strong>d sie <strong>in</strong> hohen<br />
Dosen giftig (Artikel Seite 7, Andreesen /<br />
Lechner). Schwermetall-Ionen werden<br />
meistens durch B<strong>in</strong>dung oder Efflux entgiftet,<br />
so dass Schwermetall-Efflux als biochemisches<br />
Modell für Antibiotika-Efflux<br />
dienen kann. Auch ist es viel e<strong>in</strong>facher, mit<br />
e<strong>in</strong>er der vielen harmlosen und für uns<br />
wichtigen Bakterienarten zu arbeiten als<br />
mit e<strong>in</strong>em pathogenen Organismus.<br />
E<strong>in</strong>malige Anpassungsleistung<br />
Unser Untersuchungs-Objekt ist daher der<br />
harmlose Boden- und Wasser-Bewohner<br />
Ralstonia metallidurans (Abb. 1), der mit<br />
e<strong>in</strong>er Vielzahl von Schwermetall-Resistenzen<br />
auch an e<strong>in</strong>em hoch belasteten Standort<br />
leben kann. Man f<strong>in</strong>det das Bakterium<br />
an jedem Punkt der Erde, wo Schwermetalle<br />
anderen Organismen das Leben vergällen.<br />
E<strong>in</strong> gutes Beispiel ist der Ort, von dem R.<br />
metallidurans zuerst isoliert worden ist:<br />
E<strong>in</strong> Dekantationstank e<strong>in</strong>er Z<strong>in</strong>kfabrik <strong>in</strong><br />
Belgien.<br />
Um herauszuf<strong>in</strong>den, wie unser R. metallidurans<br />
diese e<strong>in</strong>malige Anpassungs-Leistung<br />
vollbr<strong>in</strong>gt, haben wir und andere Arbeitsgruppen<br />
ihm durch genetische Manipulationen<br />
e<strong>in</strong>e Schwermetall-Resistenz<br />
nach der anderen weggenommen. Dabei<br />
wurden die resultierenden Mutanten-Stämme<br />
zunehmend sensitiver gegen das jeweilige<br />
Schwermetall. Wir nennen diese Vorgehensweise<br />
»Resistenz-Striptease«. Momentan<br />
steht der Zähler bei gut zwei Dutzend<br />
Resistenz-Systemen, die auf verschiedene<br />
Weisen e<strong>in</strong> überlappendes Spektrum<br />
von Schwermetallen entgiften, meistens<br />
durch Efflux.<br />
Die äußerste Abwehrfront, sozusagen der<br />
W<strong>in</strong>termantel, gegen zu hohe Konzentra-<br />
...............................................................................<br />
tionen von Z<strong>in</strong>k, Kobalt und Cadmium ist<br />
5<br />
das Czc-Resistenz-System, über das wir<br />
viele Erkenntnisse gew<strong>in</strong>nen konnten. Czc<br />
produziert die CzcCBA-Efflux-Pumpe, die<br />
die doppelt positiv geladenen Ionen dieser<br />
drei Schwermetalle bei Bedarf aus der Zelle<br />
h<strong>in</strong>ausbefördert. Die CzcCBA-Pumpe war<br />
der Protopyp für viele später entdeckte<br />
Verwandte, von denen die meisten organische<br />
Giftstoffe wie Antibiotika durch Efflux<br />
entgiften und damit MDR verursachen.<br />
Die besondere Stellung des Czc-Systems<br />
bei der Entgiftung von Schwermetallen <strong>in</strong><br />
Zellen von R. metallidurans beruht auf e<strong>in</strong>er<br />
hohen Effizienz der CzcCBA-Pumpe.<br />
Diese basiert wiederum auf e<strong>in</strong>er ganz besonderen<br />
Anordnung der drei Teile dieses<br />
Exportsystems. R. metallidurans ist e<strong>in</strong><br />
Gram-negatives Bakterium, das als solches<br />
über e<strong>in</strong>e geschichtet aufgebaute Zellwand<br />
verfügt. Wie alle Lebewesen hat es e<strong>in</strong>e<br />
Cytoplasma-Membran (CPM), die das<br />
Zell<strong>in</strong>nere vom Außenmedium abgrenzt.<br />
Transport-Prote<strong>in</strong>e dar<strong>in</strong> sorgen spezifisch<br />
für den Im- oder Export ausgewählter chemischer<br />
Substanzen. Gram-negative Bakterien<br />
haben e<strong>in</strong>e zweite, äußere Membran<br />
zusätzlich zur CPM. Zwischen beiden<br />
Membranen liegt der periplasmatische<br />
Raum, der die Zellwand des Bakteriums<br />
enthält (Abb. 2, Seite 6).<br />
Export-Pumpen wie CzcCBA überbrücken<br />
alle drei Teile der Gram-negativen Zellwand<br />
und können ihre Substrate direkt aus<br />
dem Zell<strong>in</strong>neren nach außen schicken. Die<br />
CzcA-Untere<strong>in</strong>heit steckt <strong>in</strong> der Cytoplasma-Membran<br />
und ist der eigentliche Motor<br />
der CzcCBA-Pumpe. Für deren Antrieb<br />
nutzt die Zelle e<strong>in</strong>e Art Batterie als Energiequelle:<br />
Durch die Veratmung von Nahrung<br />
werden positiv geladene Wasserstoff-<br />
Ionen, Protonen, über die CPM h<strong>in</strong>weg<br />
nach außen geschafft, was e<strong>in</strong> elektrisches<br />
Feld aufbaut. Die Spannung über der CPM<br />
ist nicht so hoch wie <strong>in</strong> unseren Batterien<br />
(z. B. 9 V), kann aber immerh<strong>in</strong> 0,2 V betragen.<br />
CzcA lässt nun den Protonen-<br />
Strom nach <strong>in</strong>nen zurückfließen und nutzt<br />
diese Energie, um überschüssige Z<strong>in</strong>k-, Kobalt-<br />
und Cadmium-Kationen <strong>in</strong>s Periplasma<br />
zu schaffen.<br />
Schwermetall-Transporter<br />
Im Gegensatz zu anderen Schwermetall-<br />
Effluxpumpen werden die Kationen bei<br />
CzcCBA aber nicht <strong>in</strong>s Periplasma freigesetzt,<br />
wo sie Unheil anrichten könnten,<br />
sondern durch E<strong>in</strong>satz der beiden anderen
scientia halensis 4/2002<br />
....................................................................................<br />
Fachbereich Biologie<br />
................................................................................<br />
Untere<strong>in</strong>heiten des Prote<strong>in</strong>komplexes,<br />
6<br />
CzcB und CzcC, weiter nach außen transportiert.<br />
Durch die Arbeiten anderer Gruppen,<br />
die verwandte Prote<strong>in</strong>-Komplexe studieren,<br />
haben wir e<strong>in</strong>e gute Vorstellung, wie<br />
dies geschehen könnte. Vom CzcC-verwandten<br />
Prote<strong>in</strong> TolC (»Tol« steht für<br />
Toluo-Resistenz) wurde sogar die atomare<br />
Struktur aufgeklärt (Abb. 3a). TolC bildet<br />
e<strong>in</strong>e Röhre, die <strong>in</strong> der äußeren Membran<br />
steckt und das ganze Periplasma durchspannen<br />
kann. Die Daten über die Form<br />
des CzcB-verwandten Prote<strong>in</strong>s AcrA<br />
(»Acr« steht für Acriflav<strong>in</strong>-Resistenz)<br />
weisen auf e<strong>in</strong>e Rettungsr<strong>in</strong>g-ähnliche<br />
Struktur (Bild 3b+c). TolC und AcrA<br />
<strong>in</strong>teragieren, der Innendurchmesser von<br />
AcrA ist aber zu kle<strong>in</strong>, um die TolC-Röhre<br />
aufzunehmen. Das macht auch nichts, da<br />
Abb. 2: Modell für die Funktion der CzcCBA-Effluxpumpe. Dieser Prote<strong>in</strong>komplex durchspannt<br />
die gesamte Zellhülle des Gram-negativen Bakteriums R. metallidurans, die aus der<br />
Cytoplasmamembran (CPM), dem Periplasma (PP) mit der dar<strong>in</strong> enthaltenen Mure<strong>in</strong>-Zellwand<br />
(ZW) und der äußeren Membran (OM) besteht. CzcA liegt als Dimer <strong>in</strong> der CPM und<br />
nutzt die Batterie-Ladung über der CPM, um überschüssige Schwermetall-Kationen (dicke bunte<br />
Kugeln, M2+) aus dem Innenraum der Zelle zu entfernen und zu den periplasmatisch lokalisierten<br />
Prote<strong>in</strong>-Teilen zu transportieren. Diese Leistung wird durch e<strong>in</strong>en Protonen-Strom<br />
(kle<strong>in</strong>e schwarze Kugeln, H+) als Energiequelle angetrieben, der durch die zelluläre Atmungstätigkeit<br />
ermöglicht worden ist. Der tri- oder tetramere CzcB-Adaptor zieht durch »periplasmatisches<br />
Küssen« die vermutete trimere CzcC-Röhre zum CzcA-Motor, so dass dieser die<br />
Schwermetall-Kationen wie bei e<strong>in</strong>em Turbolader <strong>in</strong> die CzcC-Röhre drücken kann. Dieser<br />
chemische Konzentrations-Druck sorgt dann für e<strong>in</strong>e problemlose Entsorgung der Schwermetall-Kationen<br />
durch Diffusion nach außen (Modell: Nies).<br />
Abb. 3: Strukturen des CzcC-verwandten<br />
Prote<strong>in</strong>s TolC und des CzcB-verwandten<br />
Prote<strong>in</strong>s AcrA. Beim TolC-Prote<strong>in</strong> (a, nach<br />
Koronakis et al., 2000, Nature 405, 914–<br />
919) bilden drei TolC-Untere<strong>in</strong>heiten e<strong>in</strong>e<br />
14 nm lange Röhre. L<strong>in</strong>ks die Seitenansicht,<br />
oben daneben die Ansicht von oben = außen,<br />
darunter die von unten. Deutlich s<strong>in</strong>d hier die<br />
Irisblenden-artigen Verschlüsse der Röhre zu<br />
sehen. AcrA (b von oben, c von der Seite,<br />
Avila-Sakar et al., 2001, J. Struct. Biol. 136,<br />
81–88) wurde <strong>in</strong> der Flüssigschicht-Kristallisation<br />
als Rettungsr<strong>in</strong>g abgebildet, der beim<br />
»periplasmatischen Küssen« als Adaptor<br />
zwischen dem eigentlichen Pumpen-Prote<strong>in</strong><br />
AcrB (mit CzcA verwandt) und der TolC-<br />
Röhre dienen könnte.<br />
die TolC-Röhre nicht nur mit AcrA, sondern<br />
zusätzlich auch noch mit weiteren Export-Systemen<br />
zusammenarbeitet. Es ist<br />
daher wahrsche<strong>in</strong>lich, dass TolC nur bei<br />
Bedarf mit AcrA <strong>in</strong> Kontakt tritt, wobei<br />
dann beide Prote<strong>in</strong>e ihre »Münder« aufe<strong>in</strong>ander<br />
legen. Wir nennen diesen Vorgang<br />
»periplasmisches Küssen«. Interessanterweise<br />
hatte die entsprechende menschliche<br />
Verhaltensweise ihren Ursprung auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
»Transportfunktion«, dem Füttern von<br />
Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong>dern durch die Mutter.<br />
Bei unseren Schwermetall-Transportern<br />
kann das periplasmatische Küssen auch<br />
promiskuitiv erfolgen. Es wird schon mal<br />
e<strong>in</strong>e andere Röhre genutzt, wenn die eigene<br />
nicht vorhanden ist. Vor dem Küssen aber<br />
werden die zu exportierenden Schwermetalle<br />
zunächst, angetrieben durch die Cytoplasmamembran-Batterie,<br />
von <strong>in</strong>nen zu periplasmatischen<br />
B<strong>in</strong>destellen im Pumpenprote<strong>in</strong><br />
CzcA geschafft. Der CzcB-Adaptor<br />
zieht dann die CzcC-Röhre an das<br />
CzcA-Prote<strong>in</strong> heran und die Schwermetalle<br />
werden <strong>in</strong> die Röhre h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>gedrückt. Die<br />
Röhre hat e<strong>in</strong>e direkte Öffnung nach außen<br />
und der chemische Konzentrations-Druck,<br />
der durch die aktive E<strong>in</strong>speisung <strong>in</strong> die<br />
Röhre aufgebaut worden ist, sorgt für e<strong>in</strong>e<br />
problemlose Entladung nach außen<br />
(Abb. 2).<br />
Dieses hypothetische Modell der Funktion<br />
der CzcCBA-Pumpe und verwandter Antibiotika-MDR-Pumpen<br />
erklärt nicht nur die<br />
vorhandenen Daten, es bietet auch Ansatzpunkte<br />
für die Entwicklung spezifischer<br />
Hemmstoffe dieses Vorgangs. Gel<strong>in</strong>gt dies,<br />
werden es uns zukünftige Patienten, die<br />
z. B. an Antibiotika-resistenten Blaueiter-<br />
Erregern erkrankt s<strong>in</strong>d, vielleicht e<strong>in</strong>mal<br />
danken.<br />
Der Autor wurde 1985 <strong>in</strong> Gött<strong>in</strong>gen promoviert,<br />
es folgte e<strong>in</strong>e Postdoc-Zeit <strong>in</strong> Chicago<br />
und Berl<strong>in</strong> und 1993 habilitierte er<br />
sich <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>. Seit 1993 hat er e<strong>in</strong>e Professur<br />
am Institut für Mikrobiologie <strong>in</strong> Halle<br />
<strong>in</strong>ne.
UNGEWÖHNLICHE »LECKERBISSEN«<br />
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scientia halensis 4/2002<br />
Fachbereich Biologie<br />
GIFTIGE SUBSTANZEN ALS EIN LEBENSELIXIER FÜR ANAEROBE BAKTERIEN<br />
Ute Lechner und Jan Remmer Andreesen<br />
Jedes Lebewesen nimmt täglich Stoffe auf, die <strong>in</strong> höherer Konzentration giftig wirken, weil<br />
vorhandene »Entgiftungsmechanismen« (siehe Artikel auf Seite 5) überfordert werden.<br />
Schon Paracelsus (1493–1541) wusste: »Alle D<strong>in</strong>ge s<strong>in</strong>d Gift und nichts ohne Gift; alle<strong>in</strong><br />
die Dosis macht, dass e<strong>in</strong> D<strong>in</strong>g ke<strong>in</strong> Gift ist«. Es mag viele Menschen überraschen, dass<br />
»anerkannte Gifte« wie Cyanid, Kohlenmonoxid, Arsenat oder polychlorierte Diox<strong>in</strong>e (à la<br />
»Seveso-Gift«) richtige Leckerbissen für e<strong>in</strong>ige spezialisierte Bakterien se<strong>in</strong> können. Häufig<br />
s<strong>in</strong>d diese ungeahnten Fähigkeiten auf anaerobe – d. h. unter Luft- bzw. Sauerstoff-<br />
Ausschluss lebende – Bakterien beschränkt, die als Nachkommen der ersten Prokaryonten<br />
(Bakterien und Archaeen) gelten können. Zu Beg<strong>in</strong>n des zellulären Lebens war es auf der<br />
Erde anaerob, bevor dann erst Cyanobakterien durch oxygene Photosynthese den Gehalt<br />
an Sauerstoff so erhöhten, dass uns das heutige Leben möglich wurde. Die Arbeiten am<br />
Lehrstuhl für Allgeme<strong>in</strong>e Mikrobiologie beschäftigen sich mit bestimmten Aspekten der<br />
Lebensweise anaerober Bakterien, die im Zusammenhang mit Schwermetallen als Biokatalysatoren<br />
oder Chlorverb<strong>in</strong>dungen als anaeroben Atmungssubstraten stehen.<br />
Wolfram: aus e<strong>in</strong>em Glühfaden<br />
wird e<strong>in</strong> Bioelement<br />
Wolfram (englisch: Tungsten) ist als Element<br />
der 6. Periode im chemischen Periodensystem<br />
e<strong>in</strong> Schwermetall wie Quecksilber<br />
und wurde nur deshalb <strong>in</strong> biologischen<br />
Versuchen e<strong>in</strong>gesetzt, weil das Wolframat-Ion<br />
wegen se<strong>in</strong>er großen chemischen<br />
Ähnlichkeit zu Molybdat dessen spezifischer<br />
Antagonist ist. Es verh<strong>in</strong>dert die Biosynthese<br />
von aktiven Molybdoenzymen.<br />
Molybdän ist neben Iod das e<strong>in</strong>zige Element<br />
der 5. Periode, das e<strong>in</strong>e positive biologische<br />
Funktion hat. Dessen essentielle<br />
Funktion <strong>in</strong> der bakteriellen Reduktion von<br />
elementarem Stickstoff zu Ammoniak wurde<br />
bereits 1930 gefunden. Heute kennt man<br />
über 30 verschiedene Molybdoprote<strong>in</strong>e,<br />
bei denen – anders als <strong>in</strong> der Nitrogenase –<br />
Molybdän über zwei Schwefelbrücken an<br />
e<strong>in</strong>em Pyrano-Pter<strong>in</strong>-Cofaktor gebunden<br />
ist. Dieser essentielle, aber empf<strong>in</strong>dliche<br />
Cofaktor wird uns auch über die Muttermilch<br />
im Enzym Xanth<strong>in</strong>-Oxidase »verpackt«<br />
angeliefert. Die Geschichte der positiven,<br />
sogar essenziellen Rolle von Wolfram<br />
begann erst 1972 mit der Beobachtung,<br />
dass das anaerobe Bakterium Clostridium<br />
thermoaceticum unbed<strong>in</strong>gt Wolfram und<br />
Selen für die Bildung der enzymatisch äußerst<br />
aktiven Formiat-Dehydrogenase benötigte.<br />
Beide Elemente galten bis dah<strong>in</strong><br />
aufgrund ihrer Interferierung mit dem Molybdän-<br />
bzw. Schwefel-Stoffwechsel als<br />
hochgradig toxisch. Um Verwechslungen zu<br />
vermeiden, haben Bakterien Mechanismen<br />
entwickelt, erstaunlich genau zwischen<br />
»angebotenen Substanzen« zu unterscheiden.<br />
Beim Am<strong>in</strong>osäuren vergärenden Bakterium<br />
Eubacterium acidam<strong>in</strong>ophilum wird<br />
Wolframat bereits vor der Aufnahme <strong>in</strong> die<br />
Zelle erkannt. E<strong>in</strong> außerhalb der Cytoplasmamembran<br />
bef<strong>in</strong>dliches Prote<strong>in</strong> filtert<br />
Wolframat aus e<strong>in</strong>er Mischung verschiedenster<br />
Ionen auch <strong>in</strong> Gegenwart von dem<br />
chemisch sehr ähnlichen Molybdat selektiv<br />
über e<strong>in</strong>e hochaff<strong>in</strong>e B<strong>in</strong>dung heraus. E<strong>in</strong><br />
ATP-getriebenes Transportsystem br<strong>in</strong>gt<br />
Wolframat dann <strong>in</strong> die Zelle, wo bereits e<strong>in</strong><br />
anderes Prote<strong>in</strong> »wartet«, dieses Ion zu<br />
übernehmen. Aus dieser B<strong>in</strong>dung wird es<br />
dann wiederum selektiv <strong>in</strong> den Pter<strong>in</strong>-Cofaktor<br />
von zwei für dieses Bakterium<br />
essenziellen Prote<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>gebaut: e<strong>in</strong>e Formiat-Dehydrogenase,<br />
die auch CO 2<br />
zu<br />
Formiat reduzieren kann, und e<strong>in</strong>e Aldehyd<br />
Oxidoreduktase. Damit enthält es<br />
zwei der bislang drei unterschiedlichen<br />
Gruppen von Wolframenzymen. Noch ist<br />
unbekannt, warum e<strong>in</strong>ige anaerob lebende<br />
Bakterien Wolframat statt Molybdat bevorzugen.<br />
Die bessere Löslichkeit der vor<br />
...............................................................................<br />
Jahrmilliarden <strong>in</strong> sulfidischer Form vorliegenden<br />
Wolfram-Verb<strong>in</strong>dungen könnte e<strong>in</strong><br />
Faktor gewesen se<strong>in</strong>. Die spätere Präsenz<br />
von Sauerstoff hat dann Molybdat begünstigt.<br />
Selen: se<strong>in</strong>e zwei Seiten, wie die<br />
namensgebende Gött<strong>in</strong> des Mondes<br />
Selen-Speicherpflanzen (wie Arten der<br />
Gattung Astragalus, deutsch: Tragant) hätten<br />
Marco Polo be<strong>in</strong>ahe den Tod gebracht,<br />
weil sich die Hufe se<strong>in</strong>er Transport-Kamele<br />
verformten, nachdem diese endemische<br />
Pflanzen fraßen. Als Alkali-Krankheit<br />
wurde dieser Befund auch für europäische<br />
Kühe beschrieben, die im halbtrockenen<br />
Teil der Prärie der USA weideten und dort<br />
Pflanzen fraßen, die von e<strong>in</strong>heimischen<br />
Tieren gemieden wurden: Analysen ergaben<br />
e<strong>in</strong>en Selengehalt der Pflanzen von bis<br />
zu 0,1 Prozent des Trockengewichts. Die<br />
sonst für Stabilität sorgenden Disulfid-<br />
Brücken zwischen den Prote<strong>in</strong>strängen<br />
konnten so nicht mehr korrekt gebildet<br />
werden. Andererseits zeigten Ernährungsstudien<br />
um 1960, dass e<strong>in</strong> Selenmangel <strong>in</strong><br />
bestimmten Gegenden von Ch<strong>in</strong>a die Keshan-Krankheit,<br />
e<strong>in</strong> Herzleiden, bewirkt, die<br />
heute nach Zugabe von Spuren von Selenit<br />
zum Wasser nicht mehr auftritt (Abb. unten).<br />
Doch ist Selen weiterh<strong>in</strong> janus-köp-<br />
Wandlung der Me<strong>in</strong>ung über die biologische Wirkung des Elements Selen<br />
7
scientia halensis 4/2002<br />
....................................................................................<br />
Fachbereich Biologie<br />
................................................................................<br />
fig: <strong>in</strong> ger<strong>in</strong>ger Konzentration (1–100 nM)<br />
8<br />
wird es essenziell für ca. 20 bekannte<br />
Funktionen benötigt, wirkt aber <strong>in</strong> höherer<br />
Konzentration schnell toxisch. Anaerobe<br />
Bakterien wie E. acidam<strong>in</strong>ophilum bilden<br />
m<strong>in</strong>destens acht verschiedene Selenoprote<strong>in</strong>e,<br />
wobei das Selenocyste<strong>in</strong> als 21. Am<strong>in</strong>osäure<br />
über e<strong>in</strong>en raff<strong>in</strong>ierten Mechanismus<br />
cotranslational e<strong>in</strong>gebaut wird, der<br />
1986 erstmalig für die Formiat-Dehydrogenase<br />
von E. coli von der Gruppe um<br />
Prof. Dr. Böck (München) aufgedeckt wurde.<br />
Die Selenocyste<strong>in</strong> enthaltenden Prote<strong>in</strong>e<br />
der Reduktasen für Glyc<strong>in</strong>, Sarkos<strong>in</strong>,<br />
Beta<strong>in</strong> oder Prol<strong>in</strong> bilden mit dem Substrat<br />
e<strong>in</strong>en Selenoether, der mittels e<strong>in</strong>es Cyste<strong>in</strong>restes<br />
reduktiv gespalten werden kann.<br />
E<strong>in</strong> erstmals aufgefundenes Selenoperoxiredox<strong>in</strong><br />
sorgt dafür, dass »unser« anaerobes<br />
Bakterium nicht durch Peroxide »gestresst«<br />
wird. Ähnlich funktionieren beim<br />
Menschen die Selenoprote<strong>in</strong>e Glutathion<br />
Peroxidase und Thioredox<strong>in</strong> Reduktase.<br />
Auch an der Bildung von Thyrox<strong>in</strong> <strong>in</strong> der<br />
Schilddrüse ist e<strong>in</strong>e selenhaltige Deiod<strong>in</strong>ase<br />
beteiligt, die über e<strong>in</strong>en Selenocyste<strong>in</strong>rest<br />
das vierte Iod-Atom entfernt. So s<strong>in</strong>d im<br />
letzten Fall zwei, auch für den Menschen<br />
überlebenswichtige Spurenelemente, Selen<br />
und Jod, eng mite<strong>in</strong>ander verzahnt.<br />
Diox<strong>in</strong>e – e<strong>in</strong>e ungewöhnliche Kost<br />
»Diox<strong>in</strong>« ist e<strong>in</strong> Sammelbegriff für e<strong>in</strong>e<br />
Gruppe von 210 Verb<strong>in</strong>dungen vom Typ<br />
der polychlorierten Dibenzo-p-diox<strong>in</strong>e und<br />
Furane, die sich durch die Anzahl und die<br />
Position der Chlorsubstituenten unterscheiden.<br />
17 Verb<strong>in</strong>dungen, vor allem das<br />
2,3,7,8-Tetrachlordibenzo-p-diox<strong>in</strong> (Abb.<br />
unten), s<strong>in</strong>d sehr giftig für den Menschen,<br />
u. a. aufgrund der spezifischen B<strong>in</strong>dung an<br />
den Ah-Rezeptor, e<strong>in</strong>en Transkriptionsfaktor,<br />
die e<strong>in</strong>e Kaskade zellulärer Reaktionen<br />
auslöst. Die zivilisationsbed<strong>in</strong>gte<br />
Diox<strong>in</strong>belastung der Umwelt geht auf (unbeabsichtigte)<br />
Freisetzungen bei metallurgischen<br />
Verfahren, Synthesen von chlorierten<br />
2,3,7,8-Tetrachlordibenzo-p-diox<strong>in</strong><br />
Verb<strong>in</strong>dungen und thermischen Prozessen<br />
(Müllverbrennungen, Industrieunfälle etc.)<br />
zurück. Die extrem niedrige Wasserlöslichkeit<br />
der Verb<strong>in</strong>dungen begünstigt die Sorption<br />
an Partikel und das Absetzen <strong>in</strong> Flusssedimenten<br />
sowie die Anreicherung <strong>in</strong><br />
Nahrungsketten. Der hohe Gehalt an<br />
Chloratomen beh<strong>in</strong>dert außerdem e<strong>in</strong>en<br />
schnellen Abbau der Diox<strong>in</strong>e durch aerobe<br />
Bakterien. So sollen Diox<strong>in</strong>e Halbwertszeiten<br />
von bis zu 100 Jahren <strong>in</strong> der Umwelt<br />
besitzen.<br />
Jedoch gibt es e<strong>in</strong>en mikrobiologischen<br />
Stoffwechselprozess, für den e<strong>in</strong> hoher<br />
Chlorierungsgrad organischer Verb<strong>in</strong>dungen<br />
essenziell ist – die Dehalorespiration oder<br />
»Chloratmung«. Bestimmte strikt anaerobe<br />
Bakterien können chlorierte Verb<strong>in</strong>dungen<br />
reduzieren, <strong>in</strong>dem sie Chloratome abspalten<br />
und durch Wasserstoffatome ersetzen,<br />
wobei sie die Reaktion zur Energiekonservierung<br />
ausnutzen, vergleichbar der Atmung<br />
aerober Bakterien mit Sauerstoff. Die<br />
dechlorierten Produkte der durch e<strong>in</strong> cobalthaltiges<br />
Enzym katalysierten Reaktion<br />
s<strong>in</strong>d besser lösliche und oftmals weniger<br />
giftige Verb<strong>in</strong>dungen, die durch andere Bakterien<br />
weiter abgebaut werden können. Die<br />
Dehalorespiration ist auf bestimmte anaerobe<br />
Spezialisten (z. B. Vertreter der Gattungen<br />
Desulfitobacterium, Abb. oben, Dehalococcoides<br />
oder Dehalospirillum) beschränkt,<br />
die u. a. im Sediment von Gewässern<br />
vorkommen. Neuere Arbeiten haben<br />
nun gezeigt, dass nicht nur Chlorphenole<br />
oder Tetrachlorethen, sondern auch Diox<strong>in</strong>e<br />
zu den Substraten der Dechlorierer zählen.<br />
So wurde <strong>in</strong> Sedimentproben aus der<br />
Saale und dem Spittelwasser, letzteres e<strong>in</strong><br />
hoch mit Diox<strong>in</strong>en belastetes Flüsschen bei<br />
Identifizierung von Desulfitobacterium-Zellen<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er diox<strong>in</strong>dechlorierenden<br />
Sedimentkultur<br />
durch Fluoreszens-<strong>in</strong>-situ-<br />
Hybridisierung.<br />
Maßstab: 4,5 µm<br />
Bild: Lechner, Bunge<br />
Bitterfeld, die Fähigkeit zur Dechlorierung<br />
e<strong>in</strong>iger, z. T. sehr toxischer Diox<strong>in</strong>e nachgewiesen.<br />
Die Identifizierung, vielleicht sogar<br />
Isolierung der dafür verantwortlichen, sehr<br />
sauerstoffempf<strong>in</strong>dlichen und hoch spezialisierten<br />
Bakterien ist e<strong>in</strong>e spannende wissenschaftliche<br />
Herausforderung.<br />
Die Dehalorespiration ist e<strong>in</strong>e konkurrenzfähige<br />
Lebensweise von anaeroben Bakterien,<br />
die sich vermutlich bereits vor Jahrmillionen<br />
auf der Grundlage natürlich gebildeter<br />
Chlorverb<strong>in</strong>dungen entwickelt hat. Zusammen<br />
mit konsequenten Maßnahmen<br />
zur Reduzierung von Diox<strong>in</strong>emissionen<br />
könnte sie uns helfen, Diox<strong>in</strong>belastungen<br />
bedenklicher Ausmaße so zu verr<strong>in</strong>gern,<br />
dass sie im S<strong>in</strong>ne von Paracelsius´ Wort<br />
ihre Bedrohung verlieren.<br />
Jan Remmer Andreesen, Jg. 1941, studierte<br />
1961 bis 1969 (Mikro)Biologie und Chemie<br />
<strong>in</strong> Hamburg, Tüb<strong>in</strong>gen und Gött<strong>in</strong>gen,<br />
wurde 1969 promoviert, war von 1970 bis<br />
1972 Post-Doc <strong>in</strong> der Biochemie <strong>in</strong> Athens,<br />
GA (USA), danach wiss. Ass. bzw. akad.<br />
Rat an der Universität Gött<strong>in</strong>gen, dort<br />
1978 Habilitation, 1982 Ruf auf die Lehrkanzel<br />
<strong>in</strong> Graz und 1984 C2-Prof. <strong>in</strong> Gött<strong>in</strong>gen.<br />
1993 folgte er dem Ruf an die Universität<br />
Halle (Allgeme<strong>in</strong>e Mikrobiologie),<br />
1994 bis 1998 war er Dekan des Fachbereichs<br />
Biologie.<br />
Ute Lechner, Jg. 1953, studierte <strong>in</strong> Halle<br />
Biowissenschaften und wurde 1981 promoviert,<br />
anschließend wissenschaftliche Mitarbeiter<strong>in</strong><br />
<strong>in</strong> der Mikrobiologie, 1991/2<br />
kommissarische Leiter<strong>in</strong> des Instituts für<br />
Mikrobiologie, Forschungsaufenthalte <strong>in</strong><br />
Hels<strong>in</strong>ki.
..............................................................................<br />
scientia halensis 4/2002<br />
Fachbereich Biologie<br />
»DIE GOLDHAMSTER-STORY«<br />
LABORTIERE UND WILDFÄNGE IM VERGLEICH<br />
Rolf Gattermann<br />
Hamster s<strong>in</strong>d typische Rodentia (Nagetiere). Sie gehören zur Familie der Cricetidae (Wühler)<br />
und bilden die eigenständige Unterfamilie Cricet<strong>in</strong>ae (Hamster), zu der etwa 20 Arten<br />
gehören (Abb. unten). Die genaue Zahl ist strittig. Die letzte Revision der Systematik<br />
stammt aus dem Jahre 1933 und ist nicht ausgereift. In unserer Forschungsgruppe werden<br />
mit Hilfe der klassischen Morphometrie und modernen Molekulargenetik entsprechende<br />
Untersuchungen zur Systematik und Phylogeographie durchgeführt. Die Schwierigkeit besteht<br />
<strong>in</strong> der Beschaffung der Tiere, denn Hamster leben <strong>in</strong> den Steppen und Agrarflächen<br />
Zentralasiens und Europas, überwiegend <strong>in</strong> Ländern, die nicht e<strong>in</strong>fach zu bereisen s<strong>in</strong>d.<br />
Alle Hamster s<strong>in</strong>d von gedrungener Gestalt<br />
mit kurzen Gliedmaßen und sehr kurzem<br />
Schwanz. Ihre Mundhöhle wird durch<br />
Backentaschen erweitert, die bis zu den<br />
Schulterblättern reichen und durch besondere<br />
Muskeln <strong>in</strong> Position gehalten und geöffnet<br />
werden. Sie dienen zum E<strong>in</strong>tragen<br />
von Futter und Nestmaterial. Hamster leben<br />
überwiegend solitär und s<strong>in</strong>d nachtaktiv.<br />
Zu ihrem Schutz graben sie Baue, <strong>in</strong><br />
denen sie ruhen, umfangreiche Futtervorräte<br />
horten (»hamstern«) und ihre Jungen<br />
aufziehen. Mit Ausnahme der »Zwerghamster«,<br />
die ke<strong>in</strong>en W<strong>in</strong>terschlaf halten,<br />
graben die anderen Hamster ihre Baue bis<br />
<strong>in</strong> den frostfreien Bodenbereich, um <strong>in</strong> den<br />
W<strong>in</strong>terschlaf zu fallen. Dabei wird die Körpertemperatur<br />
aktiv bis auf etwa +4 °C gesenkt.<br />
Dieser Zustand hält mehrere Tage<br />
an, dann wachen die Tiere auf und s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>ige<br />
Tage aktiv, um erneut <strong>in</strong> den W<strong>in</strong>terschlaf<br />
zu fallen.<br />
Goldhamster <strong>in</strong> Menschenhand<br />
Von allen Hamstern hat es vor allem der<br />
Goldhamster geschafft, e<strong>in</strong>e feste Position<br />
als Heim- und Versuchstier zu erobern. Se<strong>in</strong>e<br />
Heimat ist die fruchtbare, landwirtschaftlich<br />
genutzte und heute dicht besiedelten<br />
Hochebene von Aleppo <strong>in</strong> Syrien.<br />
Se<strong>in</strong> Verbreitungsgebiet ist mit 10 000–<br />
15 000 km 2 kle<strong>in</strong>er als Sachsen-Anhalt<br />
(20 000 km 2 ). Es erstreckt sich nördlich<br />
Goldhamster im Institut für Zoologie<br />
Foto: Archiv Zoologie<br />
und südwestlich der Zweie<strong>in</strong>halb-Millionen-Metropole<br />
Aleppo (Halab). Die Grenzen<br />
werden im Westen vom Nordsyrischen<br />
Kalkste<strong>in</strong>massiv, im Norden durch die<br />
Ausläufer des türkischen Taurus-Gebirges,<br />
im Osten vom Euphrat und im Südosten<br />
durch die Ste<strong>in</strong>steppen gebildet.<br />
Die Domestikationsgeschichte des Goldhamsters<br />
ist erst 72 Jahre alt und e<strong>in</strong>zigartig.<br />
Sie begann am 12.April 1930, als der<br />
Zoologe Israel Aharoni von der Universität<br />
Jerusalem <strong>in</strong> der Nähe von Aleppo e<strong>in</strong>en<br />
Goldhamsterbau ausgraben ließ. Dar<strong>in</strong> befanden<br />
sich e<strong>in</strong> Weibchen und elf Jungtiere.<br />
Die Rückreise nach Jerusalem überlebten<br />
nur vier Jungtiere, drei Männchen und e<strong>in</strong><br />
Weibchen, die mite<strong>in</strong>ander verpaart wurden.<br />
Aufregend ist, dass alle <strong>in</strong> menschlicher<br />
Obhut lebenden Goldhamster von dieser<br />
Bruder-Schwester-Paarung abstammen.<br />
Dieser Umstand und die weltweite Verbreitung<br />
des Goldhamsters als Heim- und Versuchstier<br />
lassen sich lückenlos belegen.<br />
Nachkommen des Jerusalemer Zuchtstammes<br />
gelangten schon 1931 nach Frankreich<br />
und England und 1938 <strong>in</strong> die USA. Hier erfolgte<br />
die Kommerzialisierung der Goldhamsterzucht<br />
und damit begann die weltweite<br />
Verbreitung dieses Tieres. In<br />
Deutschland trafen die ersten Goldhamster<br />
relativ spät e<strong>in</strong>. Erst im Juni 1948 importierte<br />
e<strong>in</strong> Münchner Pelztierfarmer fünf<br />
Tiere aus den USA, deren Nachkommen<br />
deutschlandweit verkauft wurden, so auch<br />
1950 an e<strong>in</strong>en Züchter <strong>in</strong> Halle.<br />
Nach 1930 wurden vere<strong>in</strong>zelt wildlebende<br />
Goldhamster gefangen, aber nicht lebend<br />
außer Landes gebracht. Erst der Amerikaner<br />
M. R. Murphy ließ 1971 <strong>in</strong> der Umgebung<br />
von Aleppo 13 Goldhamster fangen<br />
und brachte 4 Männchen und 8 Weibchen<br />
<strong>in</strong> die USA. Die mit diesen Tieren aufgebauten<br />
Zuchten s<strong>in</strong>d Ende der 90er Jahre<br />
erloschen.<br />
Wildgoldhamster <strong>in</strong> Halle<br />
E<strong>in</strong>e Zeitlang galten wildlebende Goldhamster<br />
als verschollen oder ausgestorben.<br />
Wir haben dennoch 1997 und 1999 geme<strong>in</strong>-<br />
...............................................................................<br />
sam mit Studierenden <strong>in</strong> der Hochebene<br />
9<br />
von Aleppo nach Goldhamstern gesucht<br />
und konnten ihre Existenz bestätigen. Im<br />
Ergebnis der Expeditionen wurden 19<br />
Wildfänge mit nach Halle gebracht, e<strong>in</strong>e<br />
Verbreitungskarte erstellt und erste Daten<br />
über Vorkommen und natürliche Lebensweise<br />
publiziert. Die wilden Goldhamster<br />
vermehrten sich ohne Schwierigkeiten, so<br />
dass e<strong>in</strong> neuer Wildstamm aufgebaut werden<br />
konnte. Nachkommen dieses Stammes<br />
(»Wildhamster«) und des seit 1976 bestehenden<br />
<strong>in</strong>stitutseigenen Goldhamsterstammes<br />
(»Laborhamster«) wurden für verschiedene<br />
vergleichende Untersuchungen<br />
herangezogen, um eventuelle Inzuchtdepressionen<br />
und domestikationsbed<strong>in</strong>gte Ersche<strong>in</strong>ungen<br />
zu erfassen.<br />
Zuerst sollten genetische Unterschiede<br />
quantitativ bestimmt werden. Dazu wurden<br />
spezifische Mikrosatelliten entwickelt<br />
und der Polymorphiegrad von Wild- und<br />
Laborhamstern bestimmt. Alle Loci bestä-<br />
Cricetus – Großhamster<br />
Cricetus cricetus – Feldhamster<br />
Mesocricetus – Mittelhamster<br />
Mesocricetus auratus – Goldhamster<br />
Mesocricetus brandti – Türkischer Hamster<br />
Mesocricetus newtoni – Rumänischer Hamster<br />
Mesocricetus raddei – Schwarzbrusthamster<br />
Mesocricetus nigriculus*<br />
Cricetulus – Zwerghamster<br />
Cricetulus migratorius – Grauer Zwerghamster<br />
Cricetulus griseus – Ch<strong>in</strong>esischer Zwerghamster<br />
Cricetulus barabensis – Daurischer Zwerghamster<br />
Cricetulus longicaudatus – Langschwanz Hamster<br />
Cricetulus pseudogriseus*, Cricetulus sokolovi*<br />
Cricetulus kamensis*, Cricetulus alticola*<br />
Tscherskia<br />
Tscherskia triton – Rattenartiger Zwerghamster<br />
Tscherskia canus*<br />
Allocricetulus<br />
Allocricetulus eversmanni – Eversmann Zwerghamster<br />
Allocricetulus curtatus – Mongolischer Zwerghamster<br />
Phodopus – Kurzschwanz-Zwerghamster<br />
Phodopus sungorus – Dsungarischer Hamster<br />
Phodopus campbelli – Campbell Hamster<br />
Phodopus roborovskii – Roborowski Hamster<br />
Calomyscus – Maushamster<br />
Calomyscus bailwardi – Maushamster<br />
Calomyscus hotsoni*, C. mystax*, C. tsolovi*, C.<br />
urartensis*<br />
Zusammenstellung der rezenten Hamsterarten (unterstrichen<br />
= im Institut für Zoologie gehaltene Hamster,<br />
* = Artstatus strittig)
scientia halensis 4/2002<br />
....................................................................................<br />
Fachbereich Biologie<br />
................................................................................<br />
tigen die erwarteten signifikanten Unterschiede<br />
(p 80<br />
Prozent) <strong>in</strong> den Würfen der Labor- und<br />
Wildweibchen. E<strong>in</strong> für andere Kle<strong>in</strong>nager<br />
typischer »first male advantage« konnte<br />
nicht nachgewiesen werden. Die Ursache<br />
ist wahrsche<strong>in</strong>lich nicht am männlichen<br />
Sexualverhalten festzumachen. Es gibt<br />
kaum Differenzen, Wild- und Labormännchen<br />
reiten während e<strong>in</strong>er Paarung 70–90<br />
mal auf, ihnen gel<strong>in</strong>gen 30–60 Intromissionen<br />
und sie haben 3–12 Ejakulationen.<br />
Derzeit prüfen wir die Spermaqualitäten<br />
und versuchen zu ergründen, ob die Weibchen<br />
nicht über »Cryptic female choice«-<br />
Mechanismen – wie schon für andere Säuger<br />
belegt – die Befruchtung ihrer Eizellen<br />
oder die Entwicklung der Embryonen manipulieren<br />
können.<br />
Die Goldhamster-Story ist spannend und<br />
bleibt es, solange Wildgoldhamster existieren.<br />
Der Goldhamster wird als Spezies<br />
nicht aussterben, denn nach unseren Schätzungen<br />
bef<strong>in</strong>den sich weltweit 7–8 Millionen<br />
Heimtiere und 150 000–500 000 Labortiere<br />
<strong>in</strong> Menschenhand. Aber <strong>in</strong> freier<br />
Wildbahn leben nur 50 000–200 000 Goldhamster.<br />
Sie haben <strong>in</strong> dieser Landschaft<br />
kaum natürliche Fe<strong>in</strong>de. Ihre Hauptfe<strong>in</strong>de<br />
s<strong>in</strong>d die syrischen Bauern, die sie rigoros<br />
bekämpfen. E<strong>in</strong> Umdenken ist dr<strong>in</strong>gend erforderlich,<br />
denn mit dem Aussterben der<br />
frei lebenden Goldhamster verlieren wir<br />
nicht nur das natürliche Genreservoir, sondern<br />
unwiderruflich auch e<strong>in</strong>en Bauste<strong>in</strong><br />
unserer Biodiversität.<br />
Würfe 51 52<br />
Junge 463 315<br />
Wurfgröße 9,1 ± 3,2 6,1 ± 3,3<br />
abgesetzt 7,4 ± 3,8 4,4 ± 3,4<br />
Verlustrate (%) 19,6 ± 33,2 32,5 ± 40,3<br />
Männchen-An- 42 ± 18 52 ± 20<br />
teil (%)<br />
p
ANARCHIE IM BIENENSTAAT<br />
..............................................................................<br />
scientia halensis 4/2002<br />
Fachbereich Biologie<br />
»CAPENSIS KALAMITÄT« BEEINTRÄCHTIGT IMKEREI IM NORDEN SÜDAFRIKAS<br />
Peter Neumann und Rob<strong>in</strong> F. A. Moritz<br />
Honigbienen (Apis mellifera L., Hymenoptera: Apidae) s<strong>in</strong>d soziale Insekten mit e<strong>in</strong>er<br />
reproduktiven Arbeitsteilung zwischen den beiden weiblichen Kasten Arbeiter<strong>in</strong>nen und<br />
König<strong>in</strong>nen. In der Regel legt die König<strong>in</strong> alle Eier und ist somit das reproduktiv dom<strong>in</strong>ante<br />
Weibchen. Die Arbeiter<strong>in</strong>nen führen alle anderen Tätigkeiten zum Erhalt des Volkes<br />
durch, wie z. B. Futtersammeln, Brutaufzucht und Nestbau. Es gibt jedoch Situationen, <strong>in</strong><br />
denen sich auch Arbeiter<strong>in</strong>nen reproduzieren können. Arbeiter<strong>in</strong>nen können sich zwar<br />
nicht verpaaren, jedoch s<strong>in</strong>d sie <strong>in</strong> der Lage, unbefruchtete Eier zu legen, die sich bei Hymenopteren<br />
zu männlichen Geschlechtstieren entwickeln (Jungfernzeugung = Parthenogenese).<br />
Durch Arbeiter<strong>in</strong>nen gelegte Männchen treten immer dann auf, wenn nach Verlust<br />
der König<strong>in</strong> ke<strong>in</strong>e neue König<strong>in</strong> aus junger Brut aufgezogen werden kann. In Völkern mit<br />
e<strong>in</strong>er König<strong>in</strong> reproduzieren sich Arbeiter<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> der Regel nicht, da e<strong>in</strong>e Komb<strong>in</strong>ation<br />
aus chemischen Signalstoffen (= Pheromonen) der König<strong>in</strong> und der Brut die Ovarienentwicklung<br />
der Arbeiter<strong>in</strong>nen unterdrückt.<br />
...............................................................................<br />
mehrere Weibchen dr<strong>in</strong>gen <strong>in</strong> unverwandte<br />
Wirtsvölker e<strong>in</strong> und nutzen die Ressourcen<br />
des Wirtsvolkes zur Produktion eigener<br />
Nachkommen.<br />
11<br />
Die Kaphonigbiene, A. m. capensis, ist e<strong>in</strong>e<br />
Ausnahme <strong>in</strong> Bezug auf die Reproduktion<br />
von Arbeiter<strong>in</strong>nen. In dieser Unterart, die<br />
<strong>in</strong> der Kapregion Südafrikas heimisch ist,<br />
produzieren legende Arbeiter<strong>in</strong>nen durch<br />
Selbstbefruchtung der Eier klonale weibliche<br />
Nachkommen, die sich zu König<strong>in</strong>nen<br />
oder Arbeiter<strong>in</strong>nen entwickeln können.<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus treten Arbeiter<strong>in</strong>nen mit e<strong>in</strong>em<br />
sogenannten Pseudokönig<strong>in</strong>nenphänotyp<br />
auf. Diese Pseudokönig<strong>in</strong>nen zeigen<br />
e<strong>in</strong>e hohe Ovarienentwicklung und e<strong>in</strong><br />
könig<strong>in</strong>nenähnliches Pheromonbouquet.<br />
Mit Hilfe dieses Pheromonbouquets s<strong>in</strong>d<br />
die Pseudokönig<strong>in</strong>nen unter anderem <strong>in</strong> der<br />
Lage, das Hofstaatverhalten bei anderen<br />
Arbeiter<strong>in</strong>nen zu <strong>in</strong>duzieren (Abb. 1), die<br />
Ovarienentwicklung bei Arbeiter<strong>in</strong>nen zu<br />
unterdrücken und die Aufzucht von neuen<br />
König<strong>in</strong>nen zu verh<strong>in</strong>dern. Die Komb<strong>in</strong>ation<br />
dieser Merkmale ist die Grundlage für<br />
e<strong>in</strong>e sozialparasitische Lebensweise von<br />
Arbeiter<strong>in</strong>nen der Kaphonigbiene <strong>in</strong> Völkern<br />
anderer Honigbienenrassen.<br />
Sozialparasitismus ist e<strong>in</strong> weit verbreitetes<br />
Phänomen bei sozialen Insekten. E<strong>in</strong> oder<br />
Abb. 1: E<strong>in</strong>e parasitische A. m. capensis<br />
Pseudokönig<strong>in</strong> <strong>in</strong>duziert das Hofstaatverhalten<br />
<strong>in</strong> den Wirtsbienen Fotos (3): Zoologie<br />
Trotz dieses Vorwissens haben Wanderimker<br />
Hunderte von Völkern der Kaphonigbiene<br />
<strong>in</strong> das Gebiet der benachbarten Un-
scientia halensis 4/2002<br />
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Fachbereich Biologie<br />
Abb. 3: Im Brutnest e<strong>in</strong>es befallenen Volkes<br />
s<strong>in</strong>d häufig viele Eier pro Zelle zu beobachten.<br />
Dies ist e<strong>in</strong> erstes deutliches Symptom<br />
für den Befall e<strong>in</strong>es Bienenvolkes mit sozialparasitischen<br />
Arbeiter<strong>in</strong>nen der Kaphonigbiene.<br />
Abb. 2: Arbeiter<strong>in</strong>nen der afrikanischen Wirtsbiene A. m. scutellata mit gelbem H<strong>in</strong>terleib und<br />
der parasitischen Kaphonigbiene A. m. capensis mit schwarzem H<strong>in</strong>terleib <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Wirtsvolk<br />
................................................................................<br />
terart A. m. scutellata transportiert. Seit<br />
12<br />
1993 berichten südafrikanische Imker, dass<br />
<strong>in</strong> den A. m. scutellata Völkern häufig Bienen<br />
von A. m. capensis zu beobachten s<strong>in</strong>d<br />
(Abb. 2) und die so befallenen Völker zugrunde<br />
gehen. Dieses Zusammenbrechen<br />
von A. m. scutellata Völkern hat epidemieartige<br />
Ausmaße erreicht, so dass die kommerzielle<br />
Imkerei im Norden Südafrikas<br />
kurz vor dem Zusammenbruch steht. Es<br />
starben alle<strong>in</strong> im Jahre 2001 ca. 100 000<br />
A. m. scutellata Völker und alle nördlichen<br />
Prov<strong>in</strong>zen Südafrikas s<strong>in</strong>d von der sog.<br />
»Capensis Kalamität« betroffen. Der Effekt<br />
auf die Biodiversität der natürlichen<br />
Bienenpopulationen ist noch völlig unklar.<br />
Diese Kalamität sche<strong>in</strong>t auf reproduktiver<br />
Anarchie <strong>in</strong> den Wirtsvölkern zu beruhen,<br />
die durch parasitische Arbeiter<strong>in</strong>nen hervorgerufen<br />
wird. Trotz der Anwesenheit<br />
e<strong>in</strong>er A. m. scutellata Wirtskönig<strong>in</strong> reproduzieren<br />
sich legende A. m. capensis Arbeiter<strong>in</strong>nen<br />
<strong>in</strong> enormen Umfang. Das Ausmaß<br />
der »Capensis Kalamität« legt nahe, dass<br />
Arbeiter<strong>in</strong>nen der Kaphonigbiene spezielle<br />
Anpassungen für e<strong>in</strong>en sozialparasitischen<br />
Lebenszyklus zeigen. In der Tat s<strong>in</strong>d derartige<br />
Anpassungen sowohl für die Wirtsf<strong>in</strong>dung<br />
als auch für die Übernahme des<br />
Wirtsvolkes bekannt. Arbeiter<strong>in</strong>nen der<br />
Kaphonigbienen dr<strong>in</strong>gen zunächst <strong>in</strong> nicht<br />
<strong>in</strong>fizierte Völker e<strong>in</strong>. Zum e<strong>in</strong>en können<br />
sich Arbeiter<strong>in</strong>nen »verfliegen«. Dies beruht<br />
auf Orientierungsfehlern der Bienen<br />
bei der Rückkehr zum heimatlichen Volk.<br />
Alternativ können parasitische Arbeiter<strong>in</strong>nen<br />
aktiv weit entfernte Wirtsvölker aufsuchen.<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus können Kaparbeiter<strong>in</strong>nen<br />
sich auch Schwärmen anschließen,<br />
die mit nicht <strong>in</strong>fizierten Völkern verschmelzen<br />
können. Sobald die A. m. capensis<br />
Arbeiter<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> nicht <strong>in</strong>fizierte<br />
Wirtsvölker e<strong>in</strong>gedrungen s<strong>in</strong>d, etablieren<br />
sie sich als Pseudokönig<strong>in</strong>nen. Diese Pseudokönig<strong>in</strong>nen<br />
werden bevorzugt von den<br />
Wirtsbienen gefüttert und legen z. T. viele<br />
Eier pro Brutzelle (Abb. 3), die nur selten<br />
gefressen werden. Diese Eier entwickeln<br />
sich zu Larven, die ebenfalls bevorzugt gefüttert<br />
werden. In e<strong>in</strong>em befallenen Volk<br />
können so zunächst viele parasitische Arbeiter<strong>in</strong>nen<br />
aufgezogen werden. Die Wirtskönig<strong>in</strong><br />
stirbt jedoch im Laufe der Infektion,<br />
so dass ke<strong>in</strong>e neue Wirtsarbeiter<strong>in</strong>nen<br />
aufgezogen werden. Die parasitischen Arbeiter<strong>in</strong>nen<br />
konzentrieren sich nur auf die<br />
Reproduktion und nicht auf andere Stockaufgaben,<br />
wie z. B. Brutpflege. Dies führt<br />
dazu, dass trotz Tausender gelegter Eier<br />
das Wirtsvolk aufgrund fehlender Ammenbienen<br />
zwangsläufig zugrunde geht. Die<br />
neu aufgezogenen parasitischen Kapbienen<br />
können neue Wirtsvölker befallen und somit<br />
den parasitischen Lebenszyklus schließen.<br />
Es stellt sich die Frage, wozu diese reproduktive<br />
Anarchie auf Populationsebene<br />
führen kann. Da die parasitischen Arbeiter<strong>in</strong>nen<br />
ke<strong>in</strong>e männlichen Geschlechtstiere<br />
produzieren und <strong>in</strong> den Wirtsvölkern ke<strong>in</strong>e<br />
A. m. capensis König<strong>in</strong>nen aufgezogen<br />
werden, kommt es zu e<strong>in</strong>er reproduktiven<br />
Isolation zwischen den Wirtsbienen und<br />
den parasitischen Arbeiter<strong>in</strong>nen. Durch<br />
diese reproduktive Isolation kann es zur<br />
Artbildung e<strong>in</strong>es könig<strong>in</strong>nenlosen Sozialparasiten<br />
kommen, ähnlich wie dies bei<br />
Ameisen beschrieben wurde. Die reproduktive<br />
Anarchie im Bienenstaat und die<br />
daraus resultierende »Capensis Kalamität«<br />
ermöglichen es daher, die Evolution von<br />
Sozialparasitismus <strong>in</strong> Realzeit zu studieren.<br />
Die hier präsentierten Arbeiten wurden im<br />
Rahmen mehrerer DFG-Vorhaben, von der<br />
VW Stiftung, dem BMBF, sowie dem<br />
BABE Netzwerk (5. Rahmenprogramm<br />
der EU) gefördert.<br />
Dr. Peter Neumann, Jg. 1967, studierte<br />
Chemie und Biologie (1987–1994) an der<br />
TU und FU Berl<strong>in</strong>; Diplom/Promotion<br />
1994/1998 zu Themen der Bienenforschung;<br />
Forschungsaufenthalte <strong>in</strong> Uppsala<br />
(Schweden) und <strong>in</strong> Sheffield (UK); 1999–<br />
2000 post doctoral fellowship an der Rhodes<br />
University (Grahamstown, Südafrika).<br />
Seit 2001 ist er Nachwuchsgruppenleiter<br />
im Emmy Nöther Programm der DFG an<br />
der Universität Halle. Im Jahr 2002 folgten<br />
Forschungsaufenthalte <strong>in</strong> Pretoria<br />
(Südafrika), Hang Zhou (Ch<strong>in</strong>a) und<br />
Kunm<strong>in</strong>g (Ch<strong>in</strong>a).<br />
Rob<strong>in</strong> F. A. Moritz, Jg. 1952, Biologiestudium<br />
1971–1980 <strong>in</strong> Frankfurt/M, Promotion<br />
1980, Habilitation 1987, Forschungsaufenthalte<br />
<strong>in</strong> U. New South Wales (Sydney,<br />
Australien) Louisiana State University<br />
(Baton Rouge, LA, USA) State University<br />
New York (Brockport NY, USA). 1987–<br />
1991 war er Leiter des Genetiklabors der<br />
Bayerischen Landesanstalt für Bienenzucht<br />
und 1991–1997 Professor für Genetik am<br />
Institut für Biologie, TU Berl<strong>in</strong>. Seit 1997<br />
hat er e<strong>in</strong>e Professur für Molekulare Ökologie<br />
an der halleschen Universität <strong>in</strong>ne.
VATER WERDEN IST RECHT SCHWER ...<br />
ZUR PAARUNGSSTRATEGIE VON WANDERHEUSCHRECKEN<br />
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scientia halensis 4/2002<br />
Fachbereich Biologie<br />
Hans-Jörg Ferenz und Karsten Seidelmann<br />
Nicht nur Menschen setzen allerlei Strategien und Tricks zur Partnerf<strong>in</strong>dung und Partnerverteidigung<br />
e<strong>in</strong>. Unter den Tieren haben beide Geschlechter viele bemerkenswerte paarungsspezifische<br />
Verhaltensweisen und Signale entwickelt. Das Paarungsverhalten dient<br />
der Arterkennung und Synchronisation der für die Fortpflanzung wichtigen physiologischen<br />
Prozesse, dokumentiert <strong>in</strong> der Regel aber auch recht gut die unterschiedlichen Interessen<br />
der beiden Geschlechter <strong>in</strong> der Fortpflanzung: Weibchen <strong>in</strong>vestieren ihre Ressourcen<br />
<strong>in</strong> wenige Nachkommen (Produktion nährstoffreicher Eier, Pflege der Jungen) und s<strong>in</strong>d daher<br />
wählerisch. Männchen dagegen <strong>in</strong>vestieren <strong>in</strong> der Regel nur wenig (kle<strong>in</strong>e dafür aber<br />
zahlreiche Spermien). Sie konkurrieren deshalb um die knappe Ressource »Eizelle« und <strong>in</strong>vestieren<br />
ihre Reproduktionsenergien vor allem <strong>in</strong> Paarungsaktivitäten. Das ist bei Wanderheuschrecken<br />
nicht anders.<br />
...............................................................................<br />
es erste H<strong>in</strong>weise –, und signalisieren ihrer<br />
unmittelbaren Umgebung damit ihre Kopulationsbereitschaft.<br />
Andererseits machen<br />
sich gregäre Männchen als solche besser erkennbar:<br />
Sie nehmen e<strong>in</strong>e kräftig gelbe Farbe<br />
an (Abb. 2) und geben zusätzlich e<strong>in</strong><br />
13<br />
Wanderheuschrecken – wie die Wüstenheuschrecke<br />
Schistocerca gregaria (Abb.<br />
1) – leben normalerweise vere<strong>in</strong>zelt <strong>in</strong><br />
ariden Gebieten Nordafrikas. Sie kommen<br />
<strong>in</strong> dieser solitären Phase nur <strong>in</strong> sehr ger<strong>in</strong>gen<br />
Dichten vor und richten auch ke<strong>in</strong>en<br />
nennenswerten Schaden an. Anhaltend gute<br />
Umweltbed<strong>in</strong>gungen mit reichhaltigem<br />
Futterangebot lösen allerd<strong>in</strong>gs umgehend<br />
Massenvermehrungen aus und führen <strong>in</strong><br />
wenigen Monaten zur Ausbildung der biologisch<br />
(morphologisch, physiologisch) unterscheidbaren,<br />
gregären Phase mit e<strong>in</strong>er<br />
Abb. 1: Die Wüstenheuschrecke Schistocerca<br />
gregaria (Porträt) Fotos (2): Ferenz<br />
Aggregation der Heuschrecken und der Bildung<br />
gewaltiger und schadenstiftender<br />
Schwärme (»Biblische Plagen«). Ihre extremen<br />
Schwankungen <strong>in</strong> der Populationsdichte<br />
konfrontieren die Männchen mit<br />
ganz unterschiedlichen Situationen und<br />
Anforderungen der Partnerf<strong>in</strong>dung. Das<br />
führte offenbar zu e<strong>in</strong>er bemerkenswerten<br />
Plastizität des Paarungsverhaltens.<br />
Auf der Partnersuche<br />
In der solitären Phase besteht das Hauptproblem<br />
bei der Paarung im F<strong>in</strong>den e<strong>in</strong>es<br />
Geschlechtspartners. Wie sich die Geschlechter<br />
bei den solitär lebenden Wüstenheuschrecken<br />
f<strong>in</strong>den, ist allerd<strong>in</strong>gs nicht<br />
bekannt. Akustische (Gesang) und chemi-<br />
sche (Lockstoffe) Signale stehen im Verdacht.<br />
Haben sich die paarungsbereiten<br />
Partner e<strong>in</strong>mal gefunden, können sie sich<br />
relativ ungestört dem Fortpflanzungsgeschäft<br />
h<strong>in</strong>geben, denn Konkurrenten s<strong>in</strong>d<br />
weit weg.<br />
Gregäre, im Schwarm lebende Wüstenheuschrecken<br />
haben da ganz andere Probleme.<br />
Schwärme bestehen aus Millionen<br />
adulter Tiere. Es gibt also genügend potenzielle<br />
Sexualpartner. Nur welche s<strong>in</strong>d<br />
die richtigen? Wüstenheuschrecken-Weibchen<br />
akzeptieren Männchen nur kurz vor<br />
der Eiablage, während geschlechtsreife<br />
Männchen ständig kopulationsbereit s<strong>in</strong>d.<br />
E<strong>in</strong>er großen Anzahl (pr<strong>in</strong>zipiell aller)<br />
paarungswilliger Männchen stehen auch <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>em Heuschreckenschwarm nur wenige<br />
kopulationsbereite Weibchen gegenüber.<br />
Verschärft wird die resultierende starke<br />
Konkurrenz unter den Männchen noch<br />
durch den Umstand, dass – wie häufig bei<br />
Insekten – das Sperma der letzten Kopulation<br />
Vorrang bei der Befruchtung der Eier<br />
hat. Die Heuschreckenmännchen müssen<br />
daher e<strong>in</strong>es der seltenen Weibchen mit reifen<br />
Eiern f<strong>in</strong>den und es bis zur Eiablage<br />
verteidigen. Unter diesem Druck neigen sie<br />
dazu, alles zu bespr<strong>in</strong>gen, was e<strong>in</strong> Geschlechtspartner<br />
se<strong>in</strong> könnte. E<strong>in</strong>e gewisse<br />
Chance, e<strong>in</strong> kopulationsbereites Weibchen<br />
mit reifen Eiern dabei zu erwischen besteht,<br />
trotz vieler Fehlversuche. Allerd<strong>in</strong>gs<br />
werden auch andere Männchen häufig irrtümlich<br />
besprungen, was für beide Beteiligten<br />
e<strong>in</strong>e Zeit- und Energieverschwendung<br />
darstellt. Zwar versucht das besprungene<br />
Männchen, den aufdr<strong>in</strong>glichen Geschlechtsgenossen<br />
sofort mit se<strong>in</strong>en kräftigen<br />
Sprungbe<strong>in</strong>en weg zu kicken; aber auch<br />
paarungswillige Weibchen wehren sich auf<br />
diese Weise zunächst heftig gegen den Freier,<br />
so dass dieses Abwehrverhalten ke<strong>in</strong>en<br />
sicheren H<strong>in</strong>weis auf den Irrtum bietet.<br />
E<strong>in</strong>e korrekte Partnerf<strong>in</strong>dung bedarf also<br />
e<strong>in</strong>es sicheren Signals. Möglicherweise haben<br />
Weibchen e<strong>in</strong>en spezifischen Körperduft,<br />
wenn sie reife Eier tragen – dafür gibt<br />
Abb. 2: Wüstenheuschreckenmännchen. Das<br />
unreife Männchen ist schwach rosa gefärbt;<br />
das geschlechtsreife Männchen ist gelb.<br />
Duftsignal (Pheromon) ab. Mit gaschromatographischen<br />
und massenspektrometrischen<br />
Methoden wurde dieses Pheromon<br />
als Phenylacetonitril (PAN) identifiziert<br />
(Abb. 3). Verhaltensversuche zeigen deutlich,<br />
dass es sich dabei um e<strong>in</strong> Repellens<br />
handelt und <strong>in</strong>sbesondere geschlechtsreife<br />
Männchen die Quelle des PAN-Duftes<br />
meiden. Solitäre Männchen bilden dieses<br />
Repellens nicht. Und auch gregäre Männchen,<br />
isoliert man sie von anderen Männ-<br />
chen, stellen die PAN-Abgabe e<strong>in</strong>. Unter<br />
solitären Bed<strong>in</strong>gungen wird das chemische<br />
Signal nicht gebraucht. Kommt e<strong>in</strong> Männchen<br />
<strong>in</strong> Kontakt zu anderen geschlechtsreifen<br />
Männchen, produziert es das Pheromon<br />
und zwar proportional zur Anzahl<br />
der Konkurrenten (Populationsdichte).<br />
Verteidigung der Vaterschaft<br />
Abb. 3: Strukturformel<br />
von Phenylacetonitril<br />
Das Repellens PAN dient aber noch e<strong>in</strong>em<br />
weiteren, wichtigeren Zweck: Es wird auch<br />
zur Verteidigung der Vaterschaft unter gre-
scientia halensis 4/2002<br />
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Fachbereich Biologie<br />
................................................................................<br />
gären Bed<strong>in</strong>gungen e<strong>in</strong>gesetzt: Die Männchen<br />
müssen nach e<strong>in</strong>er erfolgreichen Be-<br />
14<br />
gattung e<strong>in</strong>e weitere Kopulation des Weibchens<br />
vor der Eiablage verh<strong>in</strong>dern, damit<br />
ihr Sperma auch tatsächlich für die Befruchtung<br />
der Eier e<strong>in</strong>gesetzt wird. Bei<br />
manchen Insektenarten verstopfen die<br />
Männchen nach der Kopulation die weibliche<br />
Genitalöffnung mit e<strong>in</strong>em Pfropfen, so<br />
dass weitere Kopulationen physisch unmöglich<br />
s<strong>in</strong>d. Wüstenheuschrecken-Männchen<br />
können aber ke<strong>in</strong>en Kopulationspfropf<br />
bilden. Sie müssen daher auf dem<br />
begatteten Weibchen sitzen bleiben und es<br />
bewachen, bis es mit der Eiablage beg<strong>in</strong>nt.<br />
Diese Bewachungstechnik verbessern sie<br />
erheblich, <strong>in</strong>dem sie gleichzeitig das beschriebene<br />
Pheromon PAN abgeben. Dieses<br />
Repellens wirkt quasi als e<strong>in</strong>e olfaktorische<br />
Tarnkappe, mit der sie das paarungsbereite<br />
Weibchen duftmäßig vor Konkurrenten<br />
verbergen und diese auf Distanz<br />
halten (Abb. 4). Auf der anderen Seite ist<br />
es für e<strong>in</strong>en Konkurrenten durchaus s<strong>in</strong>nvoll,<br />
das Signal zu beachten, denn der<br />
Kampf um e<strong>in</strong> Weibchen ist zeitaufwendig<br />
und ungewiss. Das Männchen <strong>in</strong>vestiert<br />
se<strong>in</strong>e Zeit daher besser <strong>in</strong> die Suche nach<br />
e<strong>in</strong>em anderen Weibchen. E<strong>in</strong> solches Pheromon,<br />
das Begattungsversuche verh<strong>in</strong>dert<br />
oder unterdrückt, bezeichnet man als<br />
»courtship <strong>in</strong>hibition pheromone«. Mit<br />
synthetischem PAN konnten wir die Balzverh<strong>in</strong>derung<br />
belegen. PAN ist damit das<br />
erste bei Heuschrecken identifizierte<br />
Sexualpheromon.<br />
Fortsetzung der Forschungen<br />
Auch bei der Bildung und Abgabe stellt das<br />
PAN der männlichen Wüstenheuschrecken<br />
e<strong>in</strong>e Besonderheit dar: Sexualpheromone<br />
werden gewöhnlich <strong>in</strong> speziellen Drüsen<br />
gebildet. E<strong>in</strong>e solche Drüse konnte bislang<br />
jedoch nicht identifiziert werden. Vielmehr<br />
produzieren wahrsche<strong>in</strong>lich die Epidermiszellen<br />
im Thoraxbereich der Männchen das<br />
Pheromon und geben es unmittelbar nach<br />
der Bildung passiv ab. Die Regulation der<br />
Pheromon-Biosynthese erfolgt hormonal.<br />
E<strong>in</strong> Neurohormon, das die PAN-Bildung<br />
stimuliert, haben wir bereits entdeckt und<br />
teilweise gere<strong>in</strong>igt. Nach se<strong>in</strong>er Sequenzierung<br />
(<strong>in</strong> Kooperation mit e<strong>in</strong>er belgischen<br />
Arbeitsgruppe) und Synthese werden wir<br />
<strong>in</strong> der Lage se<strong>in</strong>, mit synthetischem Hormon<br />
die Regulationsmechanismen wesentlich<br />
e<strong>in</strong>gehender zu analysieren. Aber auch<br />
die Biosynthese von PAN als cyanogener<br />
Abb. 4: Verhaltenstests zur Repellens-Wirkung von PAN.<br />
A Trennt man e<strong>in</strong> gregäres kopulierendes Pärchen und ermöglicht anschließend dem Weibchen<br />
die Verpaarung mit e<strong>in</strong>em kopulationsbereiten, isoliert gehaltenem Männchen (ohne<br />
PAN-Abgabe), so wird dieses Paar von e<strong>in</strong>em gregären Männchen attackiert.<br />
B Wiederholt man das Experiment, tropft aber auf das isolierte Männchen das Pheromon<br />
PAN, so wird das Paar nicht attackiert.<br />
Verb<strong>in</strong>dung ist ebenso wie deren Regulation<br />
Gegenstand laufender DFG-geförderter<br />
Arbeiten.<br />
Die Wüstenheuschrecken stellen nicht die<br />
e<strong>in</strong>zige Heuschreckenart dar, die zur<br />
Schwarmbildung neigt und deren Populationen<br />
zwischen solitärer und gregärer Phase<br />
oszillieren. Auch die anderen ähnlichen<br />
Arten sollten Adaptationen <strong>in</strong> Form unterschiedlicher<br />
Taktiken im Paarungsverhalten<br />
haben. Wenden diese Arten ähnliche Tricks<br />
wie die Wüstenheuschrecken an oder haben<br />
sie völlig andere Strategien? Und lassen<br />
sich aus dem Paarungsverhalten unter Umständen<br />
Methoden ableiten, die Schwarmbildung<br />
der jeweiligen Arten im Rahmen e<strong>in</strong>es<br />
<strong>in</strong>tegrierten Pflanzenschutzes kontrollieren<br />
zu können? Diese Fragen s<strong>in</strong>d Gegenstand<br />
aktueller Arbeiten.<br />
Prof. Dr. Hans-Jörg Ferenz (Jg. 1946) studierte<br />
an der Universität Köln und wurde<br />
dort auch promoviert (1966–1973). Er<br />
war als Wissenschaftlicher Mitarbeiter <strong>in</strong><br />
den Niederlanden, <strong>in</strong> Darmstadt und <strong>in</strong> Oldenburg<br />
tätig. 1985 habilitierte er sich an<br />
der Universität Oldenburg und lehrte dort<br />
als Professor auf Zeit. Se<strong>in</strong> Fachgebiet ist<br />
die Insektenphysiologie. Seit vielen Jahren<br />
befasst er sich mit der Physiologie und dem<br />
Verhalten von Wanderheuschrecken. Für<br />
Bundesm<strong>in</strong>isterien und <strong>in</strong>ternationale Organisationen<br />
(u. a. UN, FAO) war er <strong>in</strong><br />
Fragen der Heuschreckenbekämpfung beratend<br />
tätig. 1995 folgte er dem Ruf nach<br />
Halle auf e<strong>in</strong>e Professur für Tierphysiologie.<br />
Dr. Karsten Seidelmann (Jg. 1965) studierte<br />
1986–1991 Biologie an der Universität<br />
Halle und wurde 1995 promoviert. Seit<br />
1996 ist er als Wissenschaftlicher Assistent<br />
und Wissenschaftlicher Mitarbeiter <strong>in</strong> der<br />
Abteilung Tierphysiologie des Zoologischen<br />
Instituts tätig. Se<strong>in</strong> besonderes Interesse<br />
gilt den Paarungsstrategien von Mauerbienen<br />
und Wanderheuschrecken.
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scientia halensis 4/2002<br />
Fachbereich Biologie<br />
VOM PALMENDIEB ZUR WOLLMAUS<br />
232 JAHRE ZOOLOGISCHE SAMMLUNGEN<br />
Dietrich Heidecke und Karla Schneider<br />
Die Zoologischen Sammlungen des Instituts für Zoologie der Mart<strong>in</strong>-Luther-Universität<br />
können auf e<strong>in</strong>e lange und erfolgreiche Tradition biologischer Forschung bis <strong>in</strong> das 18.<br />
Jahrhundert zurückblicken. Anfangs als universitäres und zeitweise öffentliches Museum,<br />
wurden sie im vergangenen Jahrhundert vorwiegend als Lehr- und Forschungssammlungen<br />
ausgebaut. Heute s<strong>in</strong>d sie fest <strong>in</strong> das Studienprogramm, die <strong>in</strong>ternationale Biodiversitätsforschung,<br />
die Öffentlichkeitsarbeit und Traditionspflege der Universität e<strong>in</strong>gebunden. Als<br />
Archive der Natur dokumentieren sie <strong>in</strong> ihrer weltumspannenden Reichhaltigkeit die Vielfalt<br />
und Schönheit des Lebens auf unserer Erde.<br />
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15<br />
Die Berufung von Johann F. G. Goldhagen<br />
(1742–1788) zum ersten ordentlichen Ord<strong>in</strong>arius<br />
für Naturgeschichte im Jahre 1769<br />
wird von den Historikern als Geburtsstunde<br />
des Instituts für Zoologie und se<strong>in</strong>er<br />
Zoologischen Sammlungen genannt. Zur<br />
Veranschaulichung se<strong>in</strong>er Vorlesungen erwarb<br />
Goldhagen 1775 das Gründlersche<br />
Naturalienkab<strong>in</strong>ett und baute dieses zu e<strong>in</strong>er<br />
wohlgeordneten Naturaliensammlung<br />
mit 2 500 Exponaten aus. Dieses Naturalienkab<strong>in</strong>ett<br />
von Goldhagen wurde 1787 von<br />
der Universität käuflich erworben. Es galt<br />
se<strong>in</strong>erzeit als das vollständigste Naturalienkab<strong>in</strong>ett,<br />
das an e<strong>in</strong>er Universität <strong>in</strong><br />
Deutschland angetroffen werden konnte<br />
und bildete den Grundstock für die zoologische,<br />
m<strong>in</strong>eralogische und paläontologische<br />
Universitätssammlung.<br />
Ständige Erweiterung der Bestände<br />
Trotz mancher Rückschläge konnten die<br />
Sammlungen kont<strong>in</strong>uierlich über die Jahrhunderte<br />
h<strong>in</strong>weg durch Expeditionen,<br />
Tausch, Schenkungen und Ankauf privater<br />
Sammlungen bis <strong>in</strong> die Gegenwart h<strong>in</strong>e<strong>in</strong><br />
ständig erweitert werden. Seit 1886 im Gebäude<br />
des Instituts für Zoologie am Domplatz<br />
4 bef<strong>in</strong>dlich, s<strong>in</strong>d sie die älteste und<br />
umfangreichste zoologische Kollektion<br />
Sachsen-Anhalts.<br />
Die zoologischen Sammlungen bestehen<br />
aus e<strong>in</strong>er Schau- und e<strong>in</strong>er Lehrsammlung<br />
sowie mehreren wissenschaftlichen Kollektionen.<br />
Aufgestellt unter dem Thema »System<br />
des Tierreichs«, zeigt die wissenschaftliche<br />
Schausammlung seit 1890 <strong>in</strong> geordneter<br />
Reihenfolge das zoologische System<br />
vom E<strong>in</strong>zeller bis zum Säugetier an<br />
Hand von Modellen, Nass- und Trockenpräparaten.<br />
In ihrer Schönheit wird dem<br />
Besucher e<strong>in</strong>e unglaubliche Vielfalt von<br />
Tierpräparaten auf 680 m² Stellfläche <strong>in</strong><br />
186 Glasschränken <strong>in</strong> zwei Sälen und auf<br />
den Fluren des Instituts präsentiert. Diese<br />
Schausammlung umfasst <strong>in</strong>sgesamt 8 071<br />
Exponate von Vertretern der wirbellosen<br />
Tiere (Evertebrata – 2 425), Fische (Pisces<br />
– 849), Lurche (Amphibia – 578), Kriechtiere<br />
(Reptilia – 1 542), Vögel (Aves –<br />
2 089) und Säugetiere (Mammalia – 588).<br />
Seltene Tierarten vertreten<br />
Besonders wertvolle Fischarten s<strong>in</strong>d die<br />
Präparate vom 1 m langen Australischen<br />
Lungenfisch (Neoceratodus forsteri) und<br />
vom Amerikanischen Löffelstör (Polyodon<br />
spatula). Unter den Fisch-Trockenpräparaten<br />
bef<strong>in</strong>den sich mehrere aus dem Goldhagenschen<br />
Naturalienkab<strong>in</strong>ett. Es s<strong>in</strong>d<br />
fliegende Fische und Tiefseefische zu entdecken;<br />
hervorzuheben s<strong>in</strong>d auch Neuzugänge<br />
von der westpazifischen Küste<br />
(Kamtschatka) sowie e<strong>in</strong> Co-Typus vom<br />
Mongolischen Hasel (Leuciscus dzungaricus).<br />
Palmendieb: Dieser furchte<strong>in</strong>flößende Krebs<br />
ist der größte Vertreter der E<strong>in</strong>siedlerkrebse.<br />
Er lebt im <strong>in</strong>dopazifischen Raum und ist <strong>in</strong><br />
der Lage Palmen zu erklettern und von oben<br />
Kokosnüsse nach unten zu werfen, die dann<br />
auf Ste<strong>in</strong>en zerbersten. Das Kokosfleisch<br />
stellt e<strong>in</strong>e Delikatesse für den Palmendieb<br />
dar, der sich sonst häufig von Aas ernährt.<br />
Fotos (4) Archiv Zoologie<br />
Zu den wohl schönsten Vertretern der<br />
Schmetterl<strong>in</strong>gsfamilie der Weißl<strong>in</strong>ge gehört<br />
Phoebis avellaneda. Diese schnell fliegenden<br />
Tiere f<strong>in</strong>det man an den Ufern kle<strong>in</strong>er Seen<br />
<strong>in</strong> Mittelamerika und besonders auf Kuba.<br />
Bild l<strong>in</strong>ks: W<strong>in</strong>dspielantilopen-Gruppe: e<strong>in</strong>e<br />
meisterhafte Dermoplastik, gefertigt von den<br />
berühmten deutschen Präparatoren Adolf Hauk<br />
und Hugo Bleil.<br />
Foto: Klett<br />
Die Amphibiensammlung zeigt neben der<br />
heimischen Tierwelt vor allem die neotropische<br />
Fauna. Der Riesensalamander ist<br />
ebenso vertreten wie Arm- und Flösselmolch,<br />
Darw<strong>in</strong>-Nasenfrosch oder e<strong>in</strong>e der<br />
kle<strong>in</strong>sten Froscharten – der kubanische<br />
Sm<strong>in</strong>thulus.<br />
In der Reptiliensammlung s<strong>in</strong>d 438 Arten<br />
vorwiegend aus Südamerika und dem <strong>in</strong>domalayischen<br />
Raum aufgestellt. Die meisten<br />
Objekte s<strong>in</strong>d älter als 150 Jahre. Den Besu-
scientia halensis 4/2002<br />
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Fachbereich Biologie<br />
Zeichnung e<strong>in</strong>es Mallophagen (Federl<strong>in</strong>g,<br />
Ektoparasit) von Ch. Ludwig Nitzsch. Für<br />
die Systematik dieser »Tier<strong>in</strong>sekten« s<strong>in</strong>d<br />
se<strong>in</strong>e Arbeiten von grundlegender Bedeutung.<br />
Das fünfbändige handgeschriebene Werk<br />
»Insecta epizoica« bef<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> der Bibliothek<br />
des Zoologischen Instituts.<br />
Wollmaus: bekannter unter dem Namen Ch<strong>in</strong>chilla. Die Ch<strong>in</strong>chillas stammen ursprünglich aus<br />
Südamerika. Damals waren sie sehr begehrt und wurden auf Grund ihres Felles bis fast zur Ausrottung<br />
gejagt. Im 20. Jahrhundert gelangen die ersten Zuchtversuche. Ch<strong>in</strong>chillas gehören zu<br />
den Nagetieren, sie s<strong>in</strong>d nachtaktiv. Ihre nahen Verwandten s<strong>in</strong>d die Meerschwe<strong>in</strong>chen.<br />
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cher bee<strong>in</strong>drucken besonders große Trockenpräparate<br />
vom Leistenkrokodil, Kai-<br />
16<br />
man, der Suppen- und Seychellen-Schildkröte<br />
und von e<strong>in</strong>er Boa.<br />
Der Schauteil der Vogelsammlung repräsentiert<br />
1 900 Arten. Sehr zahlreich s<strong>in</strong>d die<br />
Hühnervögel, Gänse, Spechte, Papageien,<br />
Kolibris, Eulen, Greifvögel und S<strong>in</strong>gvögel<br />
vertreten. Der Lappenhopf (1907H), die<br />
Wandertaube (1914H), der Carol<strong>in</strong>asittich<br />
(1914H) und das Präriehuhn (1932H) s<strong>in</strong>d<br />
Arten, die bereits vor vielen Jahren durch<br />
den Menschen ausgerottet wurden. Die<br />
kle<strong>in</strong>e, <strong>in</strong> zwei Vitr<strong>in</strong>en aufgestellte Skelettsammlung<br />
enthält mehrere von Ch. Ludwig<br />
Nitzsch (1782–1837) gefertigte Orig<strong>in</strong>ale.<br />
Der ornithologische Typenfundus ist nahezu<br />
auf die südamerikanische Fauna beschränkt.<br />
Der Säugetiersaal ist wohl der bee<strong>in</strong>druckendste<br />
und <strong>in</strong>teressanteste Schauteil. In<br />
ihm s<strong>in</strong>d 573 Präparate und 15 Modelle<br />
von 486 Säugetierarten aufgestellt. Reichhaltig<br />
s<strong>in</strong>d darunter die eierlegenden Kloakentiere,<br />
die Beuteltiere mit dem ausgestorbenen<br />
Beutelwolf (Thylacynus cynocephalus),<br />
die Faul- und Gürteltiere, die<br />
Raubtiere mit Riesenotter und europäischem<br />
Nerz sowie die Nagetiere mit Baumratte<br />
und mongolischem Biber vertreten.<br />
Meisterhafte Dermoplastiken wie die<br />
W<strong>in</strong>dspielantilopen-Gruppe (Seite 15) und<br />
der Orang-Utan fasz<strong>in</strong>ieren den Betrachter.<br />
Auch die Säugetiersammlung enthält e<strong>in</strong>en<br />
nicht unerheblichen Anteil von Präparaten<br />
bereits ausgestorbener oder durch das Wash<strong>in</strong>gtoner<br />
Artenschutzabkommen geschützter<br />
Tiere.<br />
Bee<strong>in</strong>druckende Vielfalt<br />
Die wissenschaftlichen Kollektionen gliedern<br />
sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Entomologische Sammlung,<br />
die weit über e<strong>in</strong>e Million Insekten<br />
mit e<strong>in</strong>em Typen-Bestand von über 1 000<br />
Species enthält, e<strong>in</strong>e Molluskensammlung<br />
mit mehr als 60 000 Gehäusen und Schalen,<br />
e<strong>in</strong>e Wirbeltierskelett-, e<strong>in</strong>e Vogel- und<br />
e<strong>in</strong>e Säugetierbalgsammlung sowie e<strong>in</strong>e<br />
Gallen- und e<strong>in</strong>e Eiersammlung. Letztere,<br />
mit e<strong>in</strong>em Fundus von 19 206 Eiern aus<br />
3 839 Taxa, bildete die Grundlage für das<br />
Handbuch der Oologie von Max Schönwetter<br />
(1874–1961). Zu den wertvollsten<br />
Sammlungsteilen zählen die Südamerika-<br />
Expeditionsausbeuten (1852–54 und<br />
1856–60) von Hermann C. Burmeister<br />
(1807–1892) mit 62 sehr gut erhaltenen<br />
Wirbeltier- und über 500 Insekten-Typen,<br />
die Käfersammlungen von Ernst F. Germar<br />
(1786–1853) und Christian W. L. E. Suffrian<br />
(1805–1876) sowie die Ektoparasiten-<br />
Sammlung von Ch. L. Nitzsch. Letztere<br />
stellt den ältesten erhaltenen Sammlungsteil<br />
dar. Besondere Beachtung verdienen die<br />
Belege karibischer und zentralasiatischer<br />
Faunenelemente. Die zentralasiatische Kollektion<br />
gilt als e<strong>in</strong>e der größten <strong>in</strong> europäischen<br />
Museen.<br />
In e<strong>in</strong>em Ausstellungsteil wird auch die<br />
historische Entwicklung der zoologischen<br />
Sammlungen mittels vielfältiger Exponate<br />
(Pergament, Zeichnungen, Tagebüchern,<br />
Kataloge, Adversarien und Präparate) dargestellt.<br />
Stammbaum des Tierreichs<br />
Die Arten der Erde zu entdecken, zu beschreiben,<br />
zu klassifizieren und damit der<br />
Forschung und der Öffentlichkeit zu erschließen,<br />
ist das Aufgabenfeld der naturkundlichen<br />
Museen und Sammlungen. In<br />
e<strong>in</strong>er Vitr<strong>in</strong>e vor dem großen Hörsaal wird<br />
der Stammbaum der Tiere durch besonders<br />
e<strong>in</strong>drucksvolle Präparate gezeigt. Zwei<br />
Seitenvitr<strong>in</strong>en ergänzen durch das System<br />
der Insekten und durch e<strong>in</strong>e Darstellung<br />
der Klassen der Wirbeltiere diesen Stammbaum<br />
des Tierreichs. Die Frage »Warum<br />
s<strong>in</strong>d wissenschaftliche Sammlungen so<br />
wichtig und unentbehrlich?« wird anhand<br />
des Arbeitsfeldes der Systematik und der<br />
verschiedenen Anwendungsbereiche dieser<br />
Wissenschaft <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Tischvitr<strong>in</strong>e erläutert.<br />
Das Anliegen von Sammlungsführungen<br />
ist es, den Studenten und Besuchern<br />
die Ästhetik und Schönheit der Natur nahe<br />
zu br<strong>in</strong>gen, zur Wahrung des natürlichen<br />
Kulturerbes <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er gesunden Biosphäre<br />
aufzurufen sowie auch die Aufgaben und<br />
die Bedeutung von Sammlungen <strong>in</strong> der Gegenwart<br />
und Zukunft herauszustellen.<br />
Führungen s<strong>in</strong>d nach Vere<strong>in</strong>barung möglich<br />
oder werden unter http://www.zoologische-sammlungen.uni-halle.de<br />
angekündigt.<br />
Dr. Dietrich Heidecke betreut seit 1985 als<br />
Kustos die Zoologischen Sammlungen an<br />
der Universität Halle.<br />
Dr. Karla Schneider ist seit 1997 Kustod<strong>in</strong><br />
der Entomologischen Sammlungen.<br />
Kulturerbe<br />
Natur<br />
Naturkundliche Museen und Sammlungen <strong>in</strong> Sachsen-Anhalt, hg. von Ernst Görger u. a.<br />
im Auftrag des Museumsverbandes Sachsen-Anhalt e. V., 175 Seiten, 20 Euro<br />
Der Katalog ist im Buchhandel erhältlich.
THRIPSE – GLOBETROTTER IM AUFTRAG DES BÖSEN<br />
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scientia halensis 4/2002<br />
Fachbereich Biologie<br />
WELTWEITER PFLANZENTRANSFER BEGÜNSTIGT VERBREITUNG VON VIREN<br />
Gerald Moritz<br />
Die Verbreitung von Pilz-, Bakterien und Viruserkrankungen ist oftmals an e<strong>in</strong>en Überträgerorganismus<br />
gebunden, der Eigenschaften e<strong>in</strong>es Vektors besitzen muss. In ca. 70 Prozent<br />
aller mit Viren <strong>in</strong>fizierten Pflanzen und bei über 40 Prozent der Viruserkrankungen<br />
von Säugetieren übernehmen Arthropoden diese Rolle (Heuvel et al. 1999). Insbesondere<br />
s<strong>in</strong>d Insekten aufgrund ihres Nahrungsspektrums prädest<strong>in</strong>iert für diese Aufgabe. Die selektiven<br />
Vorteile dieser Interaktion liegen evolutiv <strong>in</strong> der Anpassung und oftmals der Nutzung<br />
des Vektors als viralen Replikationsort, wobei die Fitness des Vektors nicht bee<strong>in</strong>trächtigt<br />
wird. Viren, die sich <strong>in</strong> ihrem Vektor reproduzieren, werden als propagativ bezeichnet<br />
und können <strong>in</strong>sbesondere beim Menschen zu verheerenden Seuchen führen.<br />
Bei den Pflanzen stellt die Zellwand e<strong>in</strong>e<br />
entscheidende Barriere für die Ausbreitung<br />
von Pathogenen dar, wodurch oftmals mechanische<br />
Verletzungen der Epidermis als<br />
weitere Infektionsherde genutzt werden.<br />
Aus diesem Grund stellen pflanzensaftsaugende<br />
Insekten hervorragende Vektoren<br />
und tragen weltweit zu e<strong>in</strong>er äußerst effektiven<br />
Verbreitung von Viren bei. E<strong>in</strong>ige Arten<br />
der Thysanoptera (=Fransenflügler,<br />
Thripse) s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>sbesondere aufgrund ihrer<br />
Insektizidresistenz, ihrer ger<strong>in</strong>gen Körpergröße<br />
(ca. 1 mm), ihres breiten Wirtspflanzenspektrums<br />
und ihrer versteckten Lebensweise<br />
durch den weltweit angestiegenen<br />
Pflanzentransfer besonders geeignet<br />
für globale Verbreitungen erfolgreicher Virus-Vektor-Komplexe.<br />
Die Übertragung der<br />
Tospoviren übernehmen Thripse als e<strong>in</strong>zige<br />
Vektoren. Interessant ist, dass die bislang<br />
zwölf bekannten Tospovirus-Kandidaten<br />
(z. B. »tomato spotted wilt virus« –<br />
TSWV und »impatiens necrotic spot<br />
virus« – INSV), nur von 10 der 5 500 bekannten<br />
Thysanopteren-Arten erfolgreich<br />
übertragen werden können. Entsprechend<br />
wünschenswert ist aus wirtschaftlicher<br />
Sicht die schnelle Trennung von Vektoren<br />
und Nicht-Vektoren. Allerd<strong>in</strong>gs ist die exakte<br />
Determ<strong>in</strong>ation der Thysanoptera äußerst<br />
schwierig und nur Experten vorbehalten<br />
(Moritz et al. 2001). Die seit langem<br />
gewünschte frühe Identifikation der Larvalstadien<br />
ist uns mit Hilfe molekularer Methoden<br />
<strong>in</strong> den letzten Jahren gelungen, wobei<br />
diese Methodik sehr sensitiv ist und<br />
bereits reife Eistadien <strong>in</strong>nerhalb des Pflanzengewebes<br />
determ<strong>in</strong>ieren lässt (Moritz et<br />
al. 2000). Voreilige Fehlentscheidungen<br />
führen zu erheblichen wirtschaftlichen<br />
Schäden. So wurden aufgrund des Vorkommens<br />
von e<strong>in</strong>em Weibchen und drei Männchen<br />
von Thrips palmi (EU-Quarantäne-<br />
Art) 1,3 Millionen Ficus-Pflanzen sowie<br />
e<strong>in</strong>e Fläche von 6 000 m² Rosen vernichtet.<br />
Der se<strong>in</strong>erzeit <strong>in</strong> Den Haag geführte Prozess<br />
wies e<strong>in</strong>en Verlust von über vier Millionen<br />
US-Dollar aus.<br />
Tospoviren – phytopathogene<br />
Abgesandte der Bunyaviridae<br />
Mit Hilfe molekularbiologischer Untersuchungen<br />
konnte <strong>in</strong> den 90er Jahren die Zugehörigkeit<br />
der Tospoviren zu den Bunya-<br />
Abb. 1: Ontogenetische Phasen der Thysanoptera (L1: Erstlarve, L2: Zweitlarve, PP: Propuppe,<br />
P: Puppe, A: Adulti) und ihre Vektoreigenschaften.<br />
Foto: Moritz<br />
...............................................................................<br />
viridae aufgrund struktureller Besonderheiten<br />
sowie ihres vollständig aufgeklärten<br />
Genoms bestätigt (German et al. 1992) und<br />
ihre Replikation <strong>in</strong> Thripsen nachgewiesen<br />
werden (Ullman et al. 1993). Die annähernd<br />
kugeligen Viruspartikel erreichen e<strong>in</strong>en<br />
Durchmesser von 80 bis 110 nm. Ihre<br />
vom Vektor-Golgi-Apparat gebildete Lipidmembran<br />
enthält zwei Glycoprote<strong>in</strong>e<br />
(G1 und G2) und schließt 3 Nukleokapside<br />
e<strong>in</strong> (Kikkert et al. 1999). Entsprechend besteht<br />
das Genom aus 3 RNA-Segmenten<br />
(L, M und S). Das L-RNA Segment codiert<br />
die mit dem Nukleokapsid assoziierte<br />
RNA-Polymerase. Das M-Segment codiert<br />
die beiden Glycoprote<strong>in</strong>e, während das S-<br />
Segment das N-Prote<strong>in</strong> sowie e<strong>in</strong> nichtstrukturiertes<br />
Prote<strong>in</strong>, welches während<br />
der Replikation auftritt, codiert.<br />
Thripse – virale Existenz und<br />
globale Verbreitung<br />
Während der Ontogenese der Thripse treten<br />
nach dem Eistadium e<strong>in</strong>e Erst- und<br />
Zweitlarve auf, die sich nach zwei Ruhestadien<br />
(Vorpuppe und Puppe) zum<br />
adulten Tier häutet (Abb. 1). Seit langem<br />
ist bekannt, dass nur nach der Akquisition<br />
der Viruspartikel während des Erstlarvenstadiums<br />
e<strong>in</strong>e erfolgreiche Transmission<br />
der Tospoviren erfolgen kann.<br />
Über die Hälfte der Zweitlarven s<strong>in</strong>d bereits<br />
<strong>in</strong> der Lage, Tospoviren zu übertragen.<br />
Aufgrund der nur flugfähigen Adulti<br />
erreichen jedoch erst die postmetamorphen<br />
Stadien Bedeutung für e<strong>in</strong>e weitreichende<br />
Verbreitung der Viruspartikel. Besonders<br />
<strong>in</strong>teressant ist vor allem, dass die Zeitspanne,<br />
<strong>in</strong> der die Erstlarven Kontakt mit<br />
<strong>in</strong>fiziertem Material haben müssen, e<strong>in</strong>deutig<br />
die erfolgreiche Transmission bestimmt<br />
(Nagata et al. 1999; Van de Weter<strong>in</strong>g et al.<br />
1996). Demgegenüber führt die Akquisition<br />
von Viruspartikeln <strong>in</strong> der Adultphase<br />
zu ke<strong>in</strong>er Transmission. Der Infektionsweg<br />
beg<strong>in</strong>nt mit der Interaktion der Viruspartikel<br />
mit speziellen Rezeptoren des vorderen<br />
Mitteldarmbereiches (Moritz 1995, 1997).<br />
Insbesondere werden e<strong>in</strong> 50 kDa und e<strong>in</strong><br />
94 kDa Prote<strong>in</strong> als Mediatoren gehandelt,<br />
wobei ersteres Aff<strong>in</strong>itäten zu G1 und letzteres<br />
zu G2 entwickelt (Bandla et al. 1998;<br />
Kikkert et al. 1998). Hemmende, chit<strong>in</strong>haltige<br />
peritrophische Membranen konnten<br />
nicht nachgewiesen werden. Nach der Passage<br />
des Darmepithels kommt es zur Anreicherung<br />
von Viruspartikeln <strong>in</strong> der visceralen<br />
Längs- und R<strong>in</strong>gmuskulatur, von wel-<br />
17
scientia halensis 4/2002<br />
....................................................................................<br />
Fachbereich Biologie<br />
Abb. 3: Nachweis von Tospoviren im Bereich<br />
der visceralen Mitteldarmmuskulatur<br />
mit Hilfe <strong>in</strong>direkter Immunofluoreszenz<br />
(FITC-Markierung). Foto: Moritz & Harm<br />
Abb. 2: Innere Organisation<br />
e<strong>in</strong>er Erstlarve e<strong>in</strong>es<br />
Thripses (Frankl<strong>in</strong>iella<br />
occidentalis,<br />
SEM-Aufnahme, Hitachi<br />
2 400, 15kV)<br />
Foto: Moritz & Brandt<br />
................................................................................<br />
cher aus die Viren entweder die Hämolymphe<br />
bzw. für e<strong>in</strong>e erfolgreiche Transmissi-<br />
18<br />
on die lobulären Speicheldrüsen erreichen.<br />
Dies kann man leicht an der Anreicherung<br />
von Viruspartikeln <strong>in</strong>nerhalb der Malpighi-<br />
Gefäße bzw. den Speicheldrüsen erkennen.<br />
Die bislang ungeklärte Frage, wie und wann<br />
die Viren die Speicheldrüsen erreichen,<br />
konnte histologisch anhand verschiedener<br />
Schnittserien sowie Antikörperfärbungen<br />
der Erst- und Zweitlarven sowie der Adulti<br />
gezeigt werden. Insbesondere ist die caudale<br />
Verlagerung des Supraoesophagealganglions<br />
<strong>in</strong> den Prothorax während des<br />
Erstlarvenstadiums für e<strong>in</strong>en engen Kontakt<br />
zwischen Mitteldarm und Speicheldrüse<br />
verantwortlich (Abb. 2 und 3). Dies<br />
wird hauptsächlich durch die phytosuge<br />
Ernährung bed<strong>in</strong>gt, da für die Funktionalität<br />
stechend-saugender Mundwerkzeuge<br />
enorme Kopfmuskeln benötigt werden, deren<br />
Platzbedarf erst durch die Verlagerung<br />
neuronaler Strukturen befriedigt wird. Im<br />
wachsenden Zweitlarvenstadium setzt<br />
dann die Reposition des Gehirns e<strong>in</strong>, wodurch<br />
die Verb<strong>in</strong>dung zwischen Mitteldarm<br />
und Speicheldrüse gelöst und somit die<br />
Aufnahme gestoppt wird (Moritz &<br />
Kumm, <strong>in</strong> press). Die Virustransmission<br />
adulter Thripse hängt somit davon ab, ob<br />
e<strong>in</strong>e Aufnahme virulenten Pflanzenmaterials<br />
während der Ausbildung des Visceralmuskel-Speicheldrüsen-Komplexes<br />
möglich<br />
war (Abb. 4).<br />
Allerd<strong>in</strong>gs klärt diese Lösung leider noch<br />
nicht die Frage nach den Faktoren, die entscheidend<br />
für den Vektorstatus s<strong>in</strong>d. Auch<br />
ist unklar, wann sich die Liaison zwischen<br />
Thripsen und Viren entwickelt hat und wie<br />
sich evolutiv Tospoviren von den bei Säugern<br />
vorkommenden Bunyaviridae abspalten<br />
konnten.<br />
Letztlich ist es fast e<strong>in</strong>e Ironie, dass Brittlebank<br />
1915 ausgerechnet <strong>in</strong> Australien die<br />
ersten Symptome von TSWV beschrieb<br />
und Pittman Thripse als Vektoren erkannte,<br />
obwohl bis 2001 ke<strong>in</strong>e nativen Pflanzen<br />
Tospoviren enthielten und ke<strong>in</strong> nativer<br />
australischer Thrips als Vektor bekannt<br />
war.<br />
Mit dem Jahr 2002 hat die Globalisierung<br />
nun auch den 5. Kont<strong>in</strong>ent erreicht – und<br />
Thripse als »Globetrotter im Auftrag des<br />
Bösen« haben ihre Mission Dank des <strong>in</strong>ternationalen<br />
Pflanzentransfers erfüllen<br />
können – nun kennen wir auch e<strong>in</strong>e tospovirus<strong>in</strong>fizierte<br />
Orchidee im Australian Capital<br />
Territory und e<strong>in</strong>en nativen Thrips<br />
als Vektor.<br />
Dank gilt der gesamten Arbeitsgruppe Entwicklungsbiologie,<br />
<strong>in</strong>sbesondere Sandra<br />
Kumm, Pamela Harm, Angelika Steller, Renate<br />
Kranz, Doreen Weidensdorfer und<br />
Sandra Brandt für die Mitarbeit an der<br />
spannenden Erforschung der Thrips-Virus-<br />
Interaktionen (siehe auch www.thripsnet.com)<br />
sowie Dick Peters (Wagen<strong>in</strong>gen),<br />
Diane Ullman (Davis) und Laurence A.<br />
Mound (Canberra) für Unterstützung und<br />
Ermöglichung mehrerer Forschungsaufenthalte.<br />
Abb. 4: Schematische Darstellung des Virusweges während der premetabolen Entwicklungsphasen.<br />
Gerald Moritz, Jg. 1954, studierte Chemie<br />
und Biologie an der Pädagogischen Hochschule<br />
Köthen (1978 Diplom, 1981 Promotion).<br />
Von 1986 bis 1988 war er als Assistent<br />
im Institut für Zoologie an der Universität<br />
Potsdam tätig (1989 Habilitation). Seit<br />
1994 ist er Professor für »Entwicklungsbiologie<br />
der Tiere und des Menschen« am<br />
Institut für Zoologie der Universität Halle.
..............................................................................<br />
scientia halensis 4/2002<br />
Fachbereich Biologie<br />
ZEITGEMÄSSER BIOLOGIEUNTERRICHT<br />
FORSCHUNGSFELDER DER FACHDIDAKTIK<br />
Wolfgang Lerchner und Lothar Schmidt<br />
Die zunehmende Bedeutung, die dem Bildungsstand und der Qualität des Bildungssystems<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Wissensgesellschaft zukommt, macht qualitätsfördernde Maßnahmen im Bereich<br />
des mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts notwendig, sollen deutsche Schüler<strong>in</strong>nen<br />
und Schüler sowie Student<strong>in</strong>nen und Studenten im <strong>in</strong>ternationalen Leistungsvergleich<br />
bestehen. Neben der Steigerung der Effizienz des mathematisch-naturwissenschaftlichen<br />
Unterrichts an den Schulen s<strong>in</strong>d Maßnahmen zur weiteren Qualitätsentwicklung der<br />
Lehrerausbildung notwendig.<br />
Es gehört zu den universitären Aufgaben der Fachdidaktiken, der Fachwissenschaften und<br />
der Erziehungswissenschaften, diesen Prozess zu fördern. Der folgende Beitrag beleuchtet<br />
zwei diesbezügliche Forschungsfelder der Fachdidaktik Biologie.<br />
...............................................................................<br />
Durch zielorientierte Exkursionen und Beobachtungen<br />
im Freiland werden nicht nur<br />
Artenkenntnisse vermittelt, lokale Umweltprobleme<br />
erkannt, sondern auch naturrelevantes<br />
Verhalten entwickelt und damit e<strong>in</strong><br />
schulspezifischer Beitrag zur Erhaltung der<br />
biologischen Vielfalt geleistet.<br />
Gentechnik und Biotechnik<br />
19<br />
Beachtung neuer biologischer Konzepte<br />
In e<strong>in</strong>er zunehmenden Anzahl von Gebieten<br />
der Biologie und anderer Naturwissenschaften<br />
erfolgen heute die Forschungen<br />
unter neuen Sichtweisen, die sich u. a. aus<br />
den Entwicklungen <strong>in</strong> den Biowissenschaften<br />
(z. B. der Molekularbiologie), aus der<br />
Entwicklung anderer naturwissenschaftlicher<br />
Diszipl<strong>in</strong>en mit ihren Anwendungsbereichen<br />
und aus der Vernetzung der früher<br />
weitgehend isoliert betrachteten Untersuchungsgegenstände<br />
ergeben. Die Biotechnik<br />
und Gentechnik s<strong>in</strong>d Beispiele für diese<br />
Interdiszipl<strong>in</strong>arität. Es bedarf zunächst des<br />
Erschließens dieser Forschungsgebiete unter<br />
fachdidaktischer Sicht. Dann erfolgt die<br />
begründete Auswahl von biologischen Inhalten<br />
unter dem Aspekt der Allgeme<strong>in</strong>bildung<br />
für die Schulbiologie. Dafür sollen<br />
zwei von uns bearbeitete Themenkomplexe<br />
kurz betrachtet werden, die für die <strong>in</strong>haltliche<br />
Weiterentwicklung von Biologieunterricht<br />
bedeutungsvoll s<strong>in</strong>d:<br />
Biologische Diversität (Biodiversität)<br />
den Organismen ermöglichen, sich durch<br />
neue genetische Komb<strong>in</strong>ationen den Veränderungen<br />
der Umgebung anzupassen.<br />
2. Die organismische Ebene (Artenvielfalt)<br />
kennzeichnet die Anzahl, die Frequenz und<br />
das Vorkommen verschiedener Arten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
bestimmten Lebensraum.<br />
3. Die ökosystemare Ebene (Vielfalt der<br />
Ökosysteme) be<strong>in</strong>haltet die verschiedenen<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Region auftretenden Ökosysteme,<br />
d. h. die verschiedenen Wirkungsgefüge<br />
(Struktur- und Funktionsbeziehungen) von<br />
Pflanzen-, Tier- und Mikroorganismen-Geme<strong>in</strong>schaften<br />
mit der unbelebten Natur<br />
(Stoffkreisläufe, Energiefluss).<br />
Zum Verständnis von Biodiversität s<strong>in</strong>d<br />
Kenntnisse aus verschiedenen biologischen<br />
Teildiszipl<strong>in</strong>en, wie z. B. der Genetik, der<br />
Ökologie, der Evolutionsbiologie, der Systematik<br />
und der Naturschutzbiologie erforderlich.<br />
Aber auch Probleme geologischen,<br />
ökonomischen, politischen, ethischen und<br />
ästhetischen Inhalts s<strong>in</strong>d zu bedenken.<br />
Für den Biologieunterricht ergibt sich <strong>in</strong><br />
diesem Zusammenhang die Aufgabe, die<br />
Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler über die Lernziele<br />
für diese Problematik zu sensibilisieren.<br />
Die Entwicklung <strong>in</strong> den Biowissenschaften<br />
wurde durch die Fortschritte auf den Gebieten<br />
der Gentechnik und Biotechnik unvorstellbar<br />
forciert. Der Grund liegt dar<strong>in</strong>, dass<br />
die Methoden der Gentechnik nicht nur e<strong>in</strong>en<br />
E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> die Struktur der DNA gestatteten,<br />
sondern dass es auch möglich<br />
wurde, diese zu modifizieren.<br />
So konnten auf der Basis dieser Entwicklungen<br />
u. a. Biomoleküle <strong>in</strong> größeren Konzentrationen<br />
produziert werden. Nicht zuletzt<br />
wurden mit Hilfe der Gentechnik<br />
wichtige Regulationsmechanismen aufgedeckt.<br />
Aus der gegenwärtigen Diskussion<br />
zur Gentechnik und Biotechnik ergibt sich<br />
die Frage, wie die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler<br />
auf <strong>in</strong>haltliche und bioethische Aspekte dieses<br />
Themenkreises vorbereitet werden sollen.<br />
Auf dem Gebiet der Biotechnik muss<br />
sich die Schulbiologie weiterh<strong>in</strong> auf die anwendungsorientierten<br />
Teilbereiche von Mikrobiologie<br />
und Biochemie beziehen (Herstellung<br />
von Nahrungs- und Genussmitteln,<br />
Pharmazeutika u. a.). In der Erweiterung<br />
dessen geht es aber auch um Anwendungsbereiche<br />
durch die Verwendung zellbiologischer<br />
und molekularbiologischer Methoden<br />
Der Begriff der Biodiversität ist für wissenschaftliche<br />
Maßstäbe sehr jung, was<br />
sich dah<strong>in</strong>ter verbirgt, ist aber so alt wie<br />
die biologische Forschung selbst. Biodiversität<br />
umfasst die Vielfalt und damit auch<br />
die Unterschiedlichkeit des Lebens auf unserer<br />
Erde, <strong>in</strong> den von Lebewesen gebildeten<br />
Lebensgeme<strong>in</strong>schaften, ihren Wechselbeziehungen<br />
und Kreisläufen. Biologische<br />
Diversität ist e<strong>in</strong>e wesentliche Eigenschaft<br />
biologischer Systeme, d. h. different zu<br />
se<strong>in</strong>. Diese Verschiedenheit zeigt sich auf<br />
allen Organisationsebenen des Lebens, wie<br />
zum Beispiel auf der der Gene, der Organismen<br />
und der Ökosysteme. Biodiversität<br />
spiegelt sich auf drei Ebenen wider. Diese<br />
haben für die Schulbiologie große Relevanz:<br />
1. Die genetische Ebene (genetische Vielfalt,<br />
Vielfalt der Genotypen) charakterisiert die<br />
Gesamtheit der genetischen Variationen<br />
von Populationen und Individuen, die es<br />
Ökologische Exkursion im Auwald auf der halleschen Peißnitz<strong>in</strong>sel (2001)<br />
Foto: L. Schmidt
scientia halensis 4/2002<br />
....................................................................................<br />
Fachbereich Biologie<br />
................................................................................<br />
20<br />
(z. B. künstlicher Transfer von Genen).<br />
Untersuchungen ergaben, dass es notwendig<br />
ist, <strong>in</strong> der gymnasialen Oberstufe systematisch<br />
Aspekte der Gentechnik im Biologieunterricht<br />
zu behandeln.<br />
Der Begriff Gentechnik wird dabei als Sammelbegriff<br />
für verschiedene molekularbiologische<br />
Techniken verwendet. Vorgeschlagene<br />
Inhalte s<strong>in</strong>d:<br />
• Biotechnik – Gentechnik,<br />
• Werkzeuge der Gentechnik: Enzyme zur<br />
Bearbeitung von DNA, Vektoren (»Genfähren«),<br />
Wirtszellen und Wirtsorganismen,<br />
• Herstellung rekomb<strong>in</strong>anter DNA-Plasmide,<br />
• Methoden der Analyse und Vermehrung<br />
von Nucleotidsequenzen (Gelelektrophorese,<br />
DNA-Sequenzierung, Polymerase-<br />
Kettenreaktion, Nucle<strong>in</strong>säure-Blott<strong>in</strong>g und<br />
Hybridisierung),<br />
• transgene Organismen,<br />
• Möglichkeiten der Gentherapie beim<br />
Menschen,<br />
• Gentechnologie <strong>in</strong> der Landwirtschaft,<br />
• mögliche Probleme und Risiken der Gentechnik.<br />
Die Rolle des Experimentierens<br />
Das Praktikum »Biologische<br />
Schulexperimente« –<br />
e<strong>in</strong>e wichtige Komponente<br />
der Lehrerausbildung (2002)<br />
Foto: H. Grimmer<br />
Im S<strong>in</strong>ne der wissenschaftspropädeutischen<br />
Grundbildung werden die Schüler<strong>in</strong>nen und<br />
Schüler mit Denk- und Arbeitsweisen der<br />
Naturwissenschaften vertraut gemacht. Im<br />
Wechsel und <strong>in</strong> gegenseitiger Ergänzung<br />
s<strong>in</strong>d Beobachtungen und Experimente im<br />
Freiland und im Labor durchzuführen. Sie<br />
bilden die empirische Basis z. B. für das<br />
Ableiten kausaler Beziehungen, für die Arbeit<br />
mit Modellen und das Erkennen und<br />
Lösen von Problemen. Dabei sollte das Experiment<br />
<strong>in</strong> den drei naturwissenschaftlichen<br />
Fächern Biologie, Chemie und Physik<br />
e<strong>in</strong>e hohe Priorität haben.<br />
Im Rahmen unseres Forschungsprojekts<br />
»Untersuchungen zur Qualität des naturwissenschaftlichen<br />
Unterrichts (Fächer<br />
Biologie, Chemie, Physik)« gehen wir von<br />
der bewiesenen Position aus, dass <strong>in</strong> der<br />
Weiterentwicklung des Experimentierens<br />
e<strong>in</strong> Schlüssel zur Verbesserung des naturwissenschaftlichen<br />
Unterrichts liegt.<br />
Zunächst verfolgen wir zwei Zielstellungen:<br />
1. Entwicklung neuer, erkenntnis<strong>in</strong>tensiver,<br />
schulrelevanter Experimente und 2. Gew<strong>in</strong>nung<br />
von Erkenntnissen zur <strong>in</strong>haltlichen<br />
E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung des experimentellen Arbeitens<br />
mit se<strong>in</strong>er ganzen Abfolge <strong>in</strong> den Unterrichtsprozess.<br />
Das Schülerexperiment wird durch die Folge<br />
Beobachtung/Frage/Problem, Hypothese,<br />
Experiment, Verifikation (Bestätigung)<br />
resp. Falsifikation (Widerlegung) def<strong>in</strong>iert.<br />
Nur Unterricht, der den Schüler<strong>in</strong>nen und<br />
Schülern diese Folge von E<strong>in</strong>zelschritten<br />
vermittelt (experimenteller Unterricht),<br />
führt zum Verständnis des heute mit Abstand<br />
dom<strong>in</strong>ierenden Verfahrens der Erkenntnisgew<strong>in</strong>nung<br />
<strong>in</strong> der Fachwissenschaft<br />
Biologie.<br />
Für den Biologieunterricht muss man leider<br />
feststellen, dass dem Experiment nicht die<br />
notwendige Bedeutung beigemessen wird.<br />
Das bezieht sich auf die repräsentative<br />
Auswahl und die Durchführung von geeigneten<br />
Experimenten und vor allem auch auf<br />
die E<strong>in</strong>ordnung dieser <strong>in</strong> bestimmte Unterrichtse<strong>in</strong>heiten<br />
und deren didaktischer Begründung.<br />
Zwei Beispiele sollen Letzteres<br />
belegen.<br />
Im Rahmen biologiedidaktischer Forschung<br />
hat sich gezeigt, dass Schulexperimente<br />
aufgrund ihrer Stellung im Unterricht und<br />
ihrer didaktischen Funktion <strong>in</strong> drei Gruppen<br />
e<strong>in</strong>geteilt werden können:<br />
• Das e<strong>in</strong>führende Experiment dient dem<br />
E<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e neue Fragestellung.<br />
• Das entdeckende Experiment folgt im Idealfall<br />
den Schritten, wie sie zur Kennzeichnung<br />
des Forschungsexperimentes dargestellt<br />
werden.<br />
Biotechnologie-Exkurs hallescher Lehramtsstudenten<br />
<strong>in</strong> die Brauerei Landsberg (2002)<br />
Foto: L. Schmidt<br />
• Das bestätigende Experiment hat zwei<br />
Aufgaben, nämlich die Bestätigung von<br />
Sachverhalten, die den Schülern bereits bekannt<br />
s<strong>in</strong>d, und die vertiefende bzw. veranschaulichende<br />
Wiederholung.<br />
Natürlich haben die Experimente aller drei<br />
Gruppen e<strong>in</strong>e didaktische Funktion im<br />
Unterrichtsprozess. Allerd<strong>in</strong>gs werden die<br />
Ziele des naturwissenschaftlichen Unterrichts,<br />
des naturwissenschaftlichen Arbeitens,<br />
erst voll realisiert, wenn wir uns den<br />
entdeckenden Experimenten <strong>in</strong> stärkerem<br />
Maße zuwenden. Hier gibt es erhebliche<br />
Defizite. Dieses Vorgehen gel<strong>in</strong>gt nur durch<br />
bewusst gestaltete Unterrichtsphasen, deren<br />
Organisationspr<strong>in</strong>zip dann das naturwissenschaftliche<br />
Arbeiten, natürlich <strong>in</strong><br />
elementarer Form, selbst ist.<br />
Wenn der experimentelle Zugang unter<br />
schulischen Bed<strong>in</strong>gungen nicht oder nur bed<strong>in</strong>gt<br />
möglich ist, dann ist der ausgewählte<br />
E<strong>in</strong>satz verschiedener Unterrichtsmedien<br />
notwendig. Der Bezug zu den neuen Medien,<br />
z. B. CD-ROM, ist vor allem bei den<br />
Themen zu empfehlen, die der unmittelbaren<br />
Anschauung durch die Schüler<strong>in</strong>nen<br />
und Schüler nicht zugänglich s<strong>in</strong>d, z. B.<br />
Genetik, Gentechnik, Immunbiologie.<br />
Es ist <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Zeit heftiger Kritik an dem<br />
Leistungsvermögen deutscher Schüler<strong>in</strong>nen<br />
und Schüler notwendig, die fachdidaktische<br />
Forschungsarbeit zu forcieren, die Lehramtsausbildung<br />
weiter zu entwickeln, die<br />
bewusste Zusammenarbeit mit den Schulen<br />
besser zu verzahnen und die Akzeptanz<br />
und Wertschätzung der naturwissenschaftlichen<br />
Fächer überzeugender auszuweisen.<br />
Wolfgang Lerchner absolvierte von 1967<br />
bis 1971 e<strong>in</strong> Lehrerstudium für die Fächer<br />
Biologie und Chemie an der halleschen<br />
Universität, wurde hier 1981 durch die<br />
Mathematisch-Naturwissenschaftliche<br />
(-Technische) Fakultät promoviert und habilitierte<br />
sich 1986. Seit 1995 hat er an der<br />
Mart<strong>in</strong>-Luther-Universität die Professur<br />
Didaktik der Biologie <strong>in</strong>ne.<br />
Lothar Schmidt studierte von 1972 bis<br />
1976 an der Universität Halle die Lehramtsfächer<br />
Biologie/Chemie. Er ist seit<br />
1982 wissenschaftlicher Mitarbeiter <strong>in</strong> der<br />
Abteilung Biologiedidaktik und wurde 1987<br />
promoviert.
..............................................................................<br />
scientia halensis 4/2002<br />
Fachbereich Biologie<br />
ALTERN UND STRESS BEI PFLANZEN<br />
MOLEKULARBIOLOGISCHE UNTERSUCHUNGEN<br />
Klaus Humbeck<br />
»Altern« und »Stress« s<strong>in</strong>d Begriffe, die <strong>in</strong> den Medien tagtäglich <strong>in</strong> Bezug auf uns Menschen<br />
verwendet werden. Wenige denken wohl daran, dass damit auch für Pflanzen wichtige<br />
Vorgänge beschrieben werden. Anhand e<strong>in</strong>iger Beispiele soll dies im Folgenden verdeutlicht<br />
werden.<br />
Seneszenz bei Blättern<br />
E<strong>in</strong> sehr augensche<strong>in</strong>liches Beispiel für e<strong>in</strong>en<br />
Alterungsprozess bei Pflanzen ist im<br />
Spätsommer das Vergilben der Getreideblätter<br />
auf den Feldern (Abb. 1). Bei dieser<br />
so genannten Blattseneszenz werden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
komplizierten Prozess <strong>in</strong> den Blättern<br />
wichtige Inhaltsstoffe, z. B. Prote<strong>in</strong>e abgebaut,<br />
es werden Transportformen freigesetzt<br />
und <strong>in</strong> anderen Pflanzenteilen, z. B.<br />
den wachsenden Körnern der Ähre, als<br />
wichtige Bestandteile wieder e<strong>in</strong>gebaut.<br />
Der ganze Vorgang bedeutet also für die<br />
Pflanzen nicht e<strong>in</strong> altersbed<strong>in</strong>gtes und negativ<br />
zu sehendes Zusammenbrechen von<br />
Blattfunktionen, sondern dient vielmehr<br />
dem sehr effektiven Recyceln wichtiger<br />
Nährstoffe. Die Verfügbarkeit von Nährstoffen,<br />
die Außenfaktoren Licht und Temperatur<br />
oder auch e<strong>in</strong> Pathogenbefall können<br />
den Seneszenzprozess beschleunigen<br />
oder auch verzögern. E<strong>in</strong> geordneter Ablauf<br />
der Blattseneszenz ist letztendlich sehr<br />
wichtig für die Qualität und Quantität des<br />
Kornertrags und somit auch von erheblichem<br />
landwirtschaftlichen Interesse.<br />
landschaften f<strong>in</strong>det, und zum anderen die<br />
Wirkung von hohen Strahlungsdosen auf<br />
Pflanzen.<br />
Pflanzen s<strong>in</strong>d widrigen Umweltbed<strong>in</strong>gungen<br />
<strong>in</strong> der Regel nicht schutzlos ausgeliefert. Sie<br />
haben im Lauf der Evolution <strong>in</strong> unterschiedlichem<br />
Ausmaß Anpassungsmechanismen<br />
entwickelt, die es ihnen ermöglichen, auch<br />
extreme Bed<strong>in</strong>gungen schadlos zu überstehen.<br />
So überleben z. B. unsere W<strong>in</strong>tergetreide-Sorten<br />
im Gegensatz zu anderen Kulturpflanzen<br />
mühelos tiefe Fröste. Wir kennen<br />
...............................................................................<br />
analysiert. Physiologische Messmethoden<br />
erlauben Aussagen zu stress- und altersbed<strong>in</strong>gten<br />
Veränderungen wichtiger pflanzlicher<br />
Funktionen. Besonders sensitiv auf<br />
Altern und Stress reagieren Photosyntheseaktivitäten.<br />
Im Photosyntheseprozess,<br />
der <strong>in</strong> den typischen pflanzlichen<br />
Zellorganellen, den Chloroplasten, lokalisiert<br />
ist, können Pflanzen das Sonnenlicht<br />
als Energiequelle nutzen. Verschiedene<br />
Messgeräte erlauben es uns, genau zu bestimmen,<br />
wann und wo <strong>in</strong> der wachsenden<br />
Pflanze und an welchen Stellen der <strong>in</strong> den<br />
Chloroplasten bef<strong>in</strong>dlichen Photosynthesemasch<strong>in</strong>erie<br />
z. B. stressbed<strong>in</strong>gte Schädigungen<br />
auftreten (Abb. 2). Dies ist wichtig, um<br />
zu verstehen wie bestimmte Schädigungen<br />
21<br />
Pflanzen im Stress<br />
Was bedeutet nun »Stress« bei Pflanzen?<br />
Pflanzen bef<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Stresssituation,<br />
wenn sich die abiotischen oder biotischen<br />
Umweltbed<strong>in</strong>gungen so verändern,<br />
dass wichtige Lebensfunktionen erheblich<br />
gestört werden. Stress kann dann zu irreparablen<br />
Schäden bis h<strong>in</strong> zum Tod der<br />
Pflanzen führen. Wir <strong>in</strong>teressieren uns<br />
schwerpunktmäßig für den auch ökonomisch<br />
sehr bedeutenden Effekt von Kälte<br />
auf Kulturpflanzen. Man unterscheidet<br />
hier zwischen e<strong>in</strong>em Kühlestress, der bei<br />
sensitiven Pflanzen im Bereich von 0 bis<br />
15°C auftreten kann, und dem Froststress,<br />
der bei Außentemperaturen unter 0°C e<strong>in</strong>e<br />
Rolle spielt. Hier ist zu bemerken, dass<br />
solche niedrigen Umgebungstemperaturen<br />
weltweit zu den wichtigsten begrenzenden<br />
Umweltbed<strong>in</strong>gungen beim Anbau von Kulturpflanzen<br />
zählen. In unserer Arbeitsgruppe<br />
werden noch zwei weitere Stressfaktoren<br />
untersucht: zum e<strong>in</strong>en der E<strong>in</strong>fluss<br />
von hohen Schwermetallkonzentrationen,<br />
wie man sie z. B. <strong>in</strong> Bergbaufolge-<br />
Abb. 1: »Alte« Getreidepflanzen kurz vor der Ernte<br />
mittlerweile zwar e<strong>in</strong>ige der Tricks, die<br />
Pflanzen auf Lager haben, um sich gegen die<br />
verschiedenen Stresssituationen zu schützen,<br />
s<strong>in</strong>d aber von e<strong>in</strong>em genauen Verständnis<br />
vieler Schutzmechanismen noch weit<br />
entfernt.<br />
Experimentelle Ansätze<br />
Im Labor untersuchen wir nun die Prozesse,<br />
die der oben beschriebenen Blattseneszenz<br />
und den Stressantworten der Pflanzen<br />
zugrunde liegen. Dazu werden die Pflanzen<br />
unter standardisierten Umweltbed<strong>in</strong>gungen<br />
<strong>in</strong> Klimakammern und Gewächshausabteilen<br />
<strong>in</strong> verschiedenen Entwicklungsstadien<br />
Foto: Humbeck<br />
zustande kommen oder wie Schutzmechanismen<br />
<strong>in</strong> den Pflanzen wirken.<br />
Molekulare Grundlagen von<br />
»Altern« und »Stress«<br />
E<strong>in</strong> Hauptziel der Arbeitsgruppe ist, molekulare<br />
Faktoren, die bei den komplexen<br />
Prozessen der Blattseneszenz und der<br />
Stressantwort <strong>in</strong> der Pflanze e<strong>in</strong>e Rolle<br />
spielen, zu identifizieren. In e<strong>in</strong>em großangelegten<br />
molekularbiologischen Experiment<br />
konnten im letzten Jahr solche Gene der<br />
Gerste »gefischt« werden (Abb. 3), die bei<br />
der Blattalterung oder nach Stressbeg<strong>in</strong>n <strong>in</strong>duziert<br />
(= angeschaltet) werden. Etwa zehn
scientia halensis 4/2002<br />
....................................................................................<br />
Fachbereich Biologie<br />
Abb. 2: Photosynthetische Gaswechselmessungen an gestressten Gerstenpflanzen<br />
................................................................................<br />
dieser Gene haben wir schon näher unter<br />
22<br />
die Lupe nehmen können, weitere s<strong>in</strong>d zur<br />
Zeit <strong>in</strong> Bearbeitung. Die Ergebnisse belegen,<br />
dass e<strong>in</strong> paar dieser Gene schon <strong>in</strong>nerhalb<br />
der ersten Stunden nach e<strong>in</strong>em Abfall<br />
der Außentemperatur <strong>in</strong> den Getreidepflanzen<br />
aktiviert werden. Andere Gene<br />
werden erst <strong>in</strong> späten Stadien der Blattentwicklung,<br />
wenn die Blätter schon gelbbraun<br />
geworden s<strong>in</strong>d, <strong>in</strong>duziert.<br />
Diese Entwicklungs- und Stressgene <strong>in</strong>teressieren<br />
uns nun natürlich brennend. Sequenzanalysen<br />
haben gezeigt, dass e<strong>in</strong>ige<br />
der isolierten Gene Ähnlichkeiten mit<br />
schon beschriebenen Gensequenzen aufweisen,<br />
wogegen andere ke<strong>in</strong>e solchen<br />
Homologien zeigen. E<strong>in</strong>e spannende Frage<br />
ist nun, welche Funktionen die entsprechenden<br />
Genprodukte (= Prote<strong>in</strong>e) <strong>in</strong> den<br />
Pflanzen beim Alterungsprozess oder bei<br />
der Antwort z. B. auf e<strong>in</strong>en Kältestress haben<br />
und wie die Bildung solcher funktionierender<br />
Alterungs- oder Schutzprote<strong>in</strong>e<br />
<strong>in</strong> der Pflanze reguliert ist. Um die Funktion<br />
e<strong>in</strong>es bestimmten Gens im Rahmen der<br />
Steuerung der Blattseneszenz zu untersuchen,<br />
haben wir z. B. das entsprechende<br />
Gerstengen <strong>in</strong> Tabak e<strong>in</strong>gebracht und wollen<br />
dieses Gen im Tabak zu e<strong>in</strong>em be-<br />
stimmten Entwicklungsstadium <strong>in</strong>duzieren.<br />
Wenn alles klappt, werden dann zur rechten<br />
Zeit die entsprechenden Prote<strong>in</strong>e im<br />
Tabak gebildet und e<strong>in</strong>e Veränderung im<br />
normalen Entwicklungsablauf würde uns<br />
Aussagen zur Rolle dieses Prote<strong>in</strong>s ermöglichen.<br />
In anderen Ansätzen benutzen wir<br />
z. B. spezifische Antikörper gegen uns <strong>in</strong>teressierende<br />
Prote<strong>in</strong>e, um zu analysieren,<br />
wann und wo sie <strong>in</strong> den Zellen auftauchen.<br />
Abb. 3: Auf der Suche nach Stressgenen<br />
Fotos (2): Humbeck<br />
Die Bedeutung der Alters- und<br />
Stressforschung bei Pflanzen<br />
Untersuchungen, wie sie oben beschrieben<br />
s<strong>in</strong>d, dienen dem grundlegenden Verständnis<br />
der Mechanismen, die <strong>in</strong> Pflanzen bei<br />
Alterungsvorgängen oder bei bestimmten<br />
Stresssituationen ablaufen. Wir wollen<br />
z. B. verstehen, wie die Pflanzen auf molekularer<br />
Ebene auf hohe Schwermetallkonzentrationen<br />
reagieren. Diese Forschung,<br />
die hauptsächlich vorangetrieben wird von<br />
der Neugierde der Experimentatoren und<br />
deren Wunsch, die komplexen Zusammenhänge<br />
möglichst gut aufzuklären, ist demnach<br />
dem Bereich der Grundlagenforschung<br />
zuzuordnen. E<strong>in</strong> genaues Verständnis der<br />
Blattseneszenz und der Stressantworten<br />
auf bestimmte Umweltveränderungen ist<br />
allerd<strong>in</strong>gs auch von erheblicher ökonomischer<br />
Bedeutung, da beide Prozesse im<br />
H<strong>in</strong>blick auf e<strong>in</strong>en guten Kornertrag der<br />
Getreidepflanzen auch bei unterschiedlichsten<br />
Umweltbed<strong>in</strong>gungen e<strong>in</strong>e große<br />
Rolle spielen.<br />
Der Autor ist nach Aufenthalten an den<br />
Universitäten Marburg, Hamburg, Corvallis<br />
(USA), Berkeley (USA) und Köln seit<br />
1997 Professor für Pflanzenphysiologie am<br />
Institut für Pflanzenphysiologie der Mart<strong>in</strong>-<br />
Luther-Universität <strong>in</strong> Halle. Er und se<strong>in</strong>e<br />
Arbeitsgruppe forschen im neuen Biologicum<br />
im We<strong>in</strong>bergweg 10.
KLONEN NICHT NÖTIG!<br />
..............................................................................<br />
scientia halensis 4/2002<br />
Fachbereich Biologie<br />
DIE VIELFALT NATÜRLICHER FORTPFLANZUNGSSTRATEGIEN BEI PFLANZEN<br />
Isabell Hensen, Astrid Grüttner und Constanze Ohl<br />
Bei Pflanzen besteht hohe »K<strong>in</strong>der«sterblichkeit – Keimung und Etablierung stellen <strong>in</strong> ihrem<br />
Lebenszyklus die bei weitem risikoreichsten Phasen dar. Daher beschäftigt sich die<br />
Arbeitsgruppe Pflanzenökologie des Instituts für Geobotanik seit e<strong>in</strong>igen Jahren mit der<br />
Aufklärung der Fortpflanzungsmechanismen und Regenerationsstrategien von Pflanzen <strong>in</strong><br />
den verschiedensten Lebensräumen.<br />
Lebensraum <strong>in</strong> Bewegung: Wer kann<br />
hier siedeln?<br />
Gewässerränder s<strong>in</strong>d unter natürlichen Bed<strong>in</strong>gungen<br />
hochdynamisch. Dies gilt besonders<br />
für die Ufer von Flüssen, deren Abflussmenge<br />
extrem variabel se<strong>in</strong> kann, die<br />
ihren Lauf verändern, Substrat wegreißen,<br />
transportieren und an anderer Stelle wieder<br />
ablagern – die jüngsten Hochwasserereignisse<br />
haben uns diese Tatsache dramatisch<br />
<strong>in</strong>s Gedächtnis gerufen. Die Dynamik von<br />
Gewässerrändern stellt für pflanzliche Besiedler<br />
e<strong>in</strong>e Herausforderung dar, der diese<br />
mit ausgeklügelten Anpassungen begegnen.<br />
E<strong>in</strong>e typische Gruppe von Uferpflanzen<br />
s<strong>in</strong>d die Röhrichtarten, darunter das Schilf.<br />
In den dichten, hochwüchsigen Beständen<br />
besteht jedes genetische Individuum aus e<strong>in</strong>er<br />
großen Zahl von Sprossen, die im<br />
Herbst Nährstoffe <strong>in</strong> unterirdische Organe<br />
verlagern, bevor sie oberirdisch absterben.<br />
Diese Vorratshaltung ermöglicht e<strong>in</strong>en raschen<br />
Wiederaufbau der Bestände im Frühjahr.<br />
So erreicht das Höhenwachstum des<br />
Schilfs (Phragmites australis) im Mai und<br />
Juni mehrere Zentimeter pro Tag.<br />
In etablierten Röhrichtbeständen hat die<br />
generative Fortpflanzung durch Samen ke<strong>in</strong>e<br />
Chance. Wie aber schaffen es Röhrichtpflanzen,<br />
neue Wuchsorte zu besiedeln, die<br />
irgendwo und irgendwann – z. B. nach e<strong>in</strong>em<br />
Hochwasserereignis – entstehen können?<br />
Die Strategie des Schilfs, aber auch<br />
der Rohrkolbenarten (Typha spec.) besteht<br />
dar<strong>in</strong>, Milliarden von Samen zu produzieren,<br />
die über W<strong>in</strong>d und Wasser weith<strong>in</strong><br />
ausgebreitet werden. Die wenigen, die zufällig<br />
an e<strong>in</strong>em geeigneten Keimungsort landen,<br />
sollten <strong>in</strong> der Lage se<strong>in</strong>, ihn möglichst<br />
effektiv zu erobern. In dieser H<strong>in</strong>sicht tut<br />
sich das Schilf mit e<strong>in</strong>er auffälligen Anpassung<br />
hervor. An weitgehend vegetationsfreien<br />
Standorten erzeugt es oberirdische<br />
Kriechtriebe, die <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es Jahres bis<br />
über 20 m lang werden und ihrerseits zahlreiche<br />
ober- und unterirdische Seitentriebe<br />
produzieren. Über dieses Phänomen, das<br />
an Gewässerrändern <strong>in</strong> der nicht rekultivierten<br />
Bergbaufolgelandschaft regelmäßig<br />
zu beobachten ist, kann aus e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>zigen<br />
Keiml<strong>in</strong>g <strong>in</strong>nerhalb von zwei Jahren e<strong>in</strong><br />
viele Quadratmeter bedeckender Bestand<br />
werden.<br />
In der Regel benötigt Röhricht also ke<strong>in</strong>e<br />
Hilfestellung zur Ansiedlung von z. B. neu<br />
geschaffenen oder zu befestigenden Uferbereichen<br />
– es gibt jedoch Ausnahmen. So<br />
wurde nach unserer Konzeption e<strong>in</strong> Röhricht<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Bergbau-Restloch südlich<br />
von Merseburg auf e<strong>in</strong>er 1 500 m langen,<br />
erosionsgefährdeten Uferstrecke etabliert.<br />
Dabei wurde größter Wert auf genetische<br />
Vielfalt gelegt: das Saatgut der <strong>in</strong>sgesamt<br />
...............................................................................<br />
100 000 Jungpflanzen war unterschiedlicher,<br />
aber regionaler Herkunft. Alternativ<br />
könnte man auch wenige, besonders<br />
wuchskräftige Individuen klonen; angesichts<br />
des »global change« ist aber zu bedenken,<br />
dass e<strong>in</strong>e möglichst große genetische<br />
Vielfalt die beste Ausgangsbasis für<br />
anpassungsfähige Bestände darstellt.<br />
Oberirdische Kriechtriebe beim Schilf<br />
(Phragmites australis)<br />
23<br />
»Holzknolle« bei Juniperus oxycedrus, zwei<br />
Wochen nach e<strong>in</strong>em Feuer<br />
Feuer: Fluch oder Segen<br />
für die Vegetation?<br />
Hitzestimulierte Keimung beim Schmetterl<strong>in</strong>gsblütler Calicotome <strong>in</strong>termedia<br />
Wie reagieren Pflanzen auf Feuerereignisse?<br />
Wir alle kennen die Bilder aus den Medien,<br />
die zeigen, wie <strong>in</strong> unseren Urlaubsgebieten<br />
große Waldregionen abbrennen.<br />
Waldbrände können verheerende Ausmaße<br />
annehmen, und so verb<strong>in</strong>den wir Feuer<br />
häufig mit ökonomischem Verlust und Zerstörung<br />
oder sprechen sogar von e<strong>in</strong>er ökologischen<br />
Katastrophe. Für manche Pflanzenarten<br />
(und für Feuerökologen!) ist e<strong>in</strong><br />
Wildfeuer jedoch ke<strong>in</strong>eswegs e<strong>in</strong>e Katastrophe,<br />
sondern e<strong>in</strong>er der wenigen natürlichen<br />
Umweltfaktoren, der die Vegetationsdecke<br />
e<strong>in</strong>es Gebietes vollständig zerstören
scientia halensis 4/2002<br />
....................................................................................<br />
Fachbereich Biologie<br />
................................................................................<br />
kann. E<strong>in</strong>ige Pflanzen haben Strategien entwickelt,<br />
die ihnen erlauben, nach Feuern<br />
24<br />
schnell wieder auszutreiben oder davon zu<br />
profitieren, dass die Konkurrenz nach e<strong>in</strong>em<br />
solchen Inferno nahezu ausgeschaltet<br />
ist. Zwei Anpassungstypen lassen sich unterscheiden:<br />
1. Arten, deren generative Reproduktion<br />
durch Feuer stimuliert wird<br />
und 2. Arten, deren Erneuerungsknospen<br />
geschützt s<strong>in</strong>d.<br />
E<strong>in</strong> schönes Beispiel für feuerstimulierte<br />
Keimung ist der Schmetterl<strong>in</strong>gsblütler Calicotome<br />
<strong>in</strong>termedia. Dieser üppig gelbblühende<br />
Strauch wartet buchstäblich auf<br />
die Hitze, die e<strong>in</strong> Feuer erzeugt. Im Laborversuch<br />
zeigt die Art nur nach e<strong>in</strong>em Temperaturschock<br />
von >80 °C nennenswerte<br />
Keimungsraten. Die unbehandelten Samen<br />
der Kontrolle keimen nur zu etwa zwei<br />
Prozent. E<strong>in</strong>e echte Pyroman<strong>in</strong>! Durch<br />
Brand ebenfalls nicht kle<strong>in</strong> zu kriegen ist<br />
Juniperus oxycedrus, e<strong>in</strong>e mediterrane<br />
Wacholderart. Diese entwickelt im Lauf der<br />
Jahre e<strong>in</strong>e verholzte Anschwellung an der<br />
Sprossbasis, die teils ober-, teils unterhalb<br />
der Oberfläche liegt und schlafende Ruheknospen<br />
enthält. Sie fungiert zugleich als<br />
Speicherorgan für Wasser, Kohlenhydrate<br />
und Nährstoffe und ist daher nach e<strong>in</strong>em<br />
Feuer zu rascher Regeneration befähigt.<br />
Stimuliert wird der Neuaustrieb der dormanten<br />
Knospen durch den Verlust an<br />
wachsendem Gewebe. Dadurch werden<br />
ke<strong>in</strong>e Phytohormone mehr gebildet, die das<br />
Wachstum von Ruheknospen unterdrücken.<br />
Schon nach e<strong>in</strong>igen Jahren s<strong>in</strong>d die<br />
»Brandwunden« nicht mehr zu sehen.<br />
Trotz Dürre: reges Pflanzenleben <strong>in</strong> der<br />
südostspanischen Halbwüste!<br />
Für Wüstenpflanzen spielt die Fortpflanzung<br />
durch Samen und Früchte e<strong>in</strong>e große<br />
Rolle, da diese e<strong>in</strong> widerstandsfähiges<br />
Ruhestadium darstellen, mit dem sie die<br />
langen ungünstigen Zeiträume zwischen<br />
den kurzen Wachstumsperioden überdauern.<br />
Doch wie die sich anschließende risikoreiche<br />
Phase überstehen? In Trockenregionen,<br />
<strong>in</strong> denen Niederschlagsereignisse<br />
selten und unvorhersehbar s<strong>in</strong>d, ist es für<br />
e<strong>in</strong>e Pflanze überlebenswichtig, dass die<br />
Keimung ihrer Samen zur richtigen Zeit<br />
Heterodiasporie beim Rauen Löwenzahn (Leontodon hispidus ssp. taraxacoides): v. l. n. r. äußere,<br />
mittlere, zentrale Achäne<br />
und am richtigen Ort stattf<strong>in</strong>det. Genau<br />
wie <strong>in</strong> Mitteleuropa blühen und fruchten <strong>in</strong><br />
den südostspanischen Halbwüsten die<br />
meisten Arten im Mai – und damit zu Beg<strong>in</strong>n<br />
der heiß-trockenen Sommermonate.<br />
Zu dieser Zeit auszukeimen wäre selbstmörderisch.<br />
Im Gegensatz zu den Röhrichtpflanzen<br />
streben Wüstenpflanzen ke<strong>in</strong>e<br />
Fernausbreitung an, denn <strong>in</strong> Offenlandschaften<br />
ist die Gefahr groß, durch W<strong>in</strong>d<br />
oder Tiere an e<strong>in</strong>en Ort verfrachtet zu werden,<br />
der als Lebensraum ungeeignet ist. Daher<br />
f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> Wüsten viele Mechanismen,<br />
die die Ausbreitung hemmen: die Samen<br />
kleben, bohren sich schnellstmöglich<br />
<strong>in</strong> den Boden e<strong>in</strong>, oder – verbleiben zunächst<br />
<strong>in</strong> der Obhut der Mutterpflanze,<br />
auch wenn diese längst abgestorben ist. Die<br />
Bildung »oberirdischer Samenbanken«<br />
dient dazu, große Verluste an Samen durch<br />
stürmischen W<strong>in</strong>d zu vermeiden, sich vor<br />
den überall präsenten Ernteameisen zu<br />
schützen und sicherzustellen, dass Ausbreitung<br />
und Keimung auch tatsächlich zur<br />
geeigneten Zeit, nämlich erst bei feuchter<br />
Witterung erfolgen. Die Vorteile der Ausbreitungshemmung<br />
<strong>in</strong> Extremlebensräumen<br />
liegen auf der Hand – die nächste Generation<br />
bleibt an dem Ort, der sich für die Mutterpflanze<br />
bereits als günstig erwiesen hat.<br />
Zur Gruppe der Sommersteher gehört Leontodon<br />
hispidus ssp. taraxacoides, e<strong>in</strong>e<br />
Unterart des Rauen Löwenzahns, an der<br />
sich e<strong>in</strong> weiterer, häufig mit Wüsten <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung<br />
gebrachter Mechanismus beobachten<br />
lässt: die Ausbildung morphologisch<br />
unterschiedlicher Früchte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>- und demselben<br />
Köpfchen! Diese werden durch verschiedene<br />
Agenzien (z. B. W<strong>in</strong>d, Tiere,<br />
Wasser) und zu verschiedenen Zeiten ausgebreitet:<br />
während die pappustragenden<br />
zentralen Achänen gleich nach der Reife<br />
weit davonfliegen, bleiben die <strong>in</strong> den Hüllblättern<br />
e<strong>in</strong>geschlossenen äußeren Früchte<br />
viele Monate mit der Mutterpflanze verbunden.<br />
Diese Fruchttypen unterscheiden<br />
sich auch <strong>in</strong> ihrem Keimverhalten deutlich<br />
und reagieren damit jeweils auf ganz bestimmte<br />
Umweltreize. Mit der »Heterodiasporie«<br />
ist größte Flexibilität und Differenzierung<br />
der Ausbreitung und Keimung<br />
<strong>in</strong> Raum und Zeit gegeben – und damit die<br />
bestmögliche Risikoverteilung, die bei<br />
Pflanzen denkbar ist!<br />
Fazit: Die Fähigkeit, Erbmaterial zu klonen,<br />
hat <strong>in</strong> Wissenschaft und Gesellschaft<br />
e<strong>in</strong>e Vielzahl positiver Anwendungen gefunden.<br />
In der Natur h<strong>in</strong>gegen muss genetische<br />
Diversität erhalten bleiben, denn nur<br />
diese ermöglicht das notwendige Spektrum<br />
der evolutionären und ökologischen Anpassungen<br />
an e<strong>in</strong>e sich wandelnde Umwelt!<br />
Isabell Hensen, Jg. 1960, studierte Biologie<br />
<strong>in</strong> Oldenburg, wurde <strong>in</strong> Gött<strong>in</strong>gen promoviert,<br />
habilitierte sich <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> und folgte<br />
1999 e<strong>in</strong>em Ruf an die Mart<strong>in</strong>-Luther-Universität,<br />
wo sie die Fächer Pflanzenökologie<br />
und Vegetationskunde lehrt.<br />
Astrid Grüttner, Jg. 1960, studierte an der<br />
Universität Freiburg im Breisgau und<br />
wurde dort promoviert. Von 1992 bis 2000<br />
war sie Wissenschaftliche Mitarbeiter<strong>in</strong> am<br />
Institut für Geobotanik; seit 2001 wird der<br />
Abschluss ihrer Habilitation mit e<strong>in</strong>em<br />
Forschungsstipendium des Landes Sachsen-Anhalt<br />
gefördert.<br />
Constanze Ohl, Jg. 1975, studierte Biogeographie<br />
<strong>in</strong> Saarbrücken und ist seit 2001<br />
Wissenschaftliche Mitarbeiter<strong>in</strong> am Institut<br />
für Geobotanik.
12 000 PFLANZENARTEN ...<br />
..............................................................................<br />
scientia halensis 4/2002<br />
Fachbereich Biologie<br />
STÄDTISCHE OASE UND BIOLOGISCHE VERSUCHSSTATION: BOTANISCHER GARTEN<br />
Matthias H. Hoffmann<br />
Auf e<strong>in</strong>er Tafel am E<strong>in</strong>gang des Botanischen Gartens der Universität steht, dass die Anlage<br />
etwa 12 000 Pflanzenarten beherbergt. Wahrsche<strong>in</strong>lich s<strong>in</strong>d es sogar noch deutlich mehr. Es<br />
gibt hier etwa fünfmal so viele Arten, wie <strong>in</strong> Deutschland auf natürliche Weise wachsen<br />
bzw. eben so viele, wie <strong>in</strong> der gesamten europäischen Flora vorkommen. Vier Pflanzenarten<br />
bef<strong>in</strong>den sich durchschnittlich im Botanischen Garten auf e<strong>in</strong>em Quadratmeter. Grob<br />
gerechnet pflegt jede Gärtner<strong>in</strong> und jeder Gärtner etwa 1 000 Arten. Das alles s<strong>in</strong>d Zahlen<br />
und Vergleiche, die ke<strong>in</strong>e Auskunft darüber geben, was diese 12 000 Arten eigentlich bedeuten.<br />
Was ist die Motivation für den Unterhalt e<strong>in</strong>er so großen Sammlung, welche Erwartungen<br />
und Ansprüche stehen ihr gegenüber? Können wir auf e<strong>in</strong>ige Pflanzenarten verzichten?<br />
Würden halb so viele Arten genügen oder sollte weiter ausgebaut werden? Ansätze<br />
zu Antworten auf diese Fragen können von drei Standpunkten aus gegeben werden,<br />
vom Standpunkt der Besucher, der Wissenschaftler und der Gesellschaft.<br />
...............................................................................<br />
25<br />
Wertvoll – Nachzucht der auf Kreta fast ausgestorbenen<br />
Golddistel Carl<strong>in</strong>a diae<br />
Fotos (5): Hoffmann<br />
Nützlich – die Mariendistel Silybum marianum besitzt leberschützende Inhaltsstoffe.<br />
ne und Außergewöhnliche, dass wir uns<br />
beispielsweise beheizbare Häuser aus Glas<br />
leisten müssen? Wir könnten doch E<strong>in</strong>drücke<br />
des Ungewöhnlichen nach wenigen<br />
Stunden der Reise <strong>in</strong> entlegene Gegenden<br />
noch <strong>in</strong>tensiver erleben. Wahrsche<strong>in</strong>lich ist<br />
die Komposition aus nicht alltäglichen E<strong>in</strong>drücken,<br />
subjektivem Schönheitsempf<strong>in</strong>den<br />
und Exotik e<strong>in</strong>e der Motivationen, die<br />
uns so viele verschiedene Pflanzen erhalten<br />
und pflegen lässt.<br />
Arten vor dem Aussterben bewahren<br />
Der Botanische Garten ist nützlich für die<br />
Wissenschaft. Je nach deren Ausrichtung<br />
kann er unverzichtbar bis ganz unwichtig<br />
se<strong>in</strong>. Grundlagenforschung <strong>in</strong> der Botanik<br />
ist häufig <strong>in</strong>teressengebunden und eng mit<br />
den Profilen der Forscherpersonen verknüpft.<br />
E<strong>in</strong>ige Ideen zu Forschungspro-<br />
Gäste kommen aus verschiedenen Gründen<br />
und mit unterschiedlichsten Erwartungen<br />
<strong>in</strong> den Botanischen Garten. Möglicherweise<br />
suchen die meisten Besucher Erholung<br />
und freuen sich, jedes Mal mit Sicherheit<br />
neue blühende und schöne Pflanzen f<strong>in</strong>den<br />
und entdecken zu können.<br />
Manche Gäste möchten auch e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e<br />
botanische Entdeckungsreise rund um den<br />
Erdball und se<strong>in</strong>e verschiedenen Vegetationszonen<br />
unternehmen. Aber werden dazu<br />
so viele Arten benötigt und würde nicht<br />
e<strong>in</strong>e gut gepflegte Blumenwiese <strong>in</strong>mitten<br />
e<strong>in</strong>er Parkanlage den gleichen Zweck erfüllen?<br />
Vielleicht. Eher aber nicht, denn die<br />
meisten Besucher möchten nie gesehene<br />
Formen und Gestalten, Farben und Gerüche,<br />
filigrane oder majestätische Schönheiten<br />
erleben, die im Gegensatz zu unserer<br />
orthogonalen und ordentlich gestalteten<br />
Umwelt stehen. Ist dieser Gegensatz so<br />
viel wert, suchen wir so <strong>in</strong>tensiv das Seltejekten<br />
werden durch vorhandene Objekte<br />
erst angeregt, andere Sammlungen entstehen<br />
dabei neu. Reichen für diesen Zweck<br />
die jeweiligen Forschungssammlungen, ergänzt<br />
durch die Pflanzenarten, für die universitäre<br />
Lehre nicht aus? Nirgendwo anders<br />
als <strong>in</strong> der Wissenschaft s<strong>in</strong>d die Nützlichkeit<br />
und der <strong>in</strong>direkte Geldwert e<strong>in</strong>er<br />
großen Sammlung so greifbar. Müsste für<br />
die Grundlagenforschung <strong>in</strong> der Botanik<br />
oder für Untersuchungen <strong>in</strong> angrenzenden<br />
Fachgebieten, etwa <strong>in</strong> der Pflanzenbiochemie<br />
oder Pharmazie, jedes Untersuchungsobjekt<br />
durch e<strong>in</strong>e eigene Sammelreise beschafft<br />
werden, entstünden immense Kosten.<br />
Nicht nur das, der Zeitaufwand für die<br />
Forschungsarbeiten würde sich vergrößern,<br />
und Material aus e<strong>in</strong>igen Teilen der Welt<br />
wäre aufgrund politischer Umstände überhaupt<br />
nicht erhältlich. Durch die Botanischen<br />
Gärten und das <strong>in</strong>ternationale, gesetzlich<br />
abgesicherte Netzwerk zwischen<br />
ihnen s<strong>in</strong>d die lebenden Objekte <strong>in</strong> den<br />
meisten Fällen sehr schnell und viel kostengünstiger<br />
zu beschaffen.<br />
Nützlichkeit alle<strong>in</strong> begründet noch ke<strong>in</strong>e<br />
Werte. 12 000 Arten werden nie gleichzeitig<br />
benutzt, weder für die Lehre noch für<br />
die Wissenschaft. Lebendsammlungen bewahren<br />
und erhalten Arten. Ähnliches gilt<br />
für Herbarien, Genbanken und andere biologische<br />
Sammlungen, z. B. die Samen-
scientia halensis 4/2002<br />
....................................................................................<br />
Fachbereich Biologie<br />
................................................................................<br />
sammlungen der genetischen Modellpflanze<br />
Arabidopsis thaliana. Aus dem Erhalten<br />
26<br />
und Bereitstellen von Pflanzen als Aufgabe<br />
von Botanischen Gärten ergeben sich Nebeneffekte,<br />
z. B. das Bewahren von Arten<br />
vor dem Aussterben und der Erhalt von genetischer<br />
und biologischer Diversität. Diese<br />
Funktion mit ihren Auswirkungen kann<br />
aber nur noch über den Wert erfasst werden.<br />
Artenvielfalt – Ergebnis<br />
e<strong>in</strong>er sehr langen Entwicklung<br />
Die Unterscheidung zwischen Nützlichkeit<br />
und Wert ist auch für den gesellschaftlichen<br />
Blick auf die Pflanzenarten des Botanischen<br />
Gartens von Bedeutung. Es sollen<br />
hier ke<strong>in</strong>e utilitaristischen Szenarien gezeichnet<br />
werden, die den potenziellen Nutzen<br />
bestimmter, plötzlich hoch aktueller<br />
und wichtiger Arten für den Menschen<br />
ausmalen. Es gibt me<strong>in</strong>es Erachtens nur<br />
wenige Beispiele, um solchen Erfolgen e<strong>in</strong>e<br />
Schön – die Gesneriaceae Kohleria ocellata<br />
Exotisch – der Kaktus Aztekium ritteri<br />
gewisse Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit zusprechen zu<br />
können, so dass sie die Pflege von so vielen<br />
Pflanzen rechtfertigen würden.<br />
Wert als Bedeutsamkeit von Objekten für<br />
den Menschen, abseits aller wirtschaftlichen<br />
und kommerziellen Aspekte, besitzen<br />
Sammlungen lebender Pflanzen ebenso wie<br />
bildende Kunst, Literatur, Musik oder Architektur.<br />
Auch weil wir annehmen, dass<br />
Arten Ergebnis e<strong>in</strong>er sehr langen Entwicklung<br />
s<strong>in</strong>d, durch die Umwelt geformt wurden<br />
und werden, fasz<strong>in</strong>ieren uns die vielfältigen<br />
Formen, Farben und Anpassungen.<br />
Sammlungen lebender Pflanzen s<strong>in</strong>d ähnlich<br />
wie Kunst Teil unserer und anderer<br />
Kulturen, vom Menschen geschaffen und<br />
Ausdruck se<strong>in</strong>er geistigen Fähigkeiten. Auf<br />
dieser Stufe der Beurteilung von Wert können<br />
Kunst- und Kulturwerke, beispielsweise<br />
die Sixt<strong>in</strong>ische Madonna oder e<strong>in</strong>e<br />
Statue von Michelangelo durchaus mit e<strong>in</strong>er<br />
filigranen, leuchtend gefärbten Orchidee<br />
oder e<strong>in</strong>em sehr alten und schön gewachsenen<br />
Baum verglichen werden. Sie vermitteln<br />
nichtalltägliche E<strong>in</strong>drücke, berühren<br />
persönliches ästhetisches Empf<strong>in</strong>den, s<strong>in</strong>d<br />
attraktiv. Beide empf<strong>in</strong>den wir als wertvoll.<br />
Durch diese Analogie kann vielleicht<br />
der Wert e<strong>in</strong>er botanischen Sammlung von<br />
12 000 Arten bemessen werden.<br />
Wie viele Pflanzen brauchen wir? Die Frage<br />
ist falsch gestellt und muss lauten: Können<br />
wir auf e<strong>in</strong>ige Arten verzichten? Können<br />
wir angesichts der Parallelität zur<br />
Kunst und Kultur wirklich verzichten?<br />
Fantasieanregend und filigran – die Orchidee<br />
Restrepia antennifera<br />
12 000 Pflanzenarten s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e wertvolle,<br />
nützliche und vor allem e<strong>in</strong>e schöne und <strong>in</strong>teressante<br />
Sammlung. Für die Universität<br />
ist der Botanische Garten Stätte der Kultur<br />
und der Forschung. Er stellt e<strong>in</strong> repräsentatives<br />
Kulturdenkmal dar, <strong>in</strong>itiiert und ermöglicht<br />
Forschungsprojekte.<br />
Der Autor wurde 1967 <strong>in</strong> Dresden geboren,<br />
studierte von 1991–1995 Biologie an<br />
der halleschen Universität und wurde 1999<br />
am Institut für Geobotanik und Botanischer<br />
Garten promoviert. Von 2001–2002<br />
war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am<br />
Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung<br />
Gatersleben und seit<br />
2002 ist er Kustos am Botanischen Garten<br />
der Universität Halle.
BIODIVERSITÄTSFORSCHUNG IM 21. JAHRHUNDERT<br />
VERLUST AN VIELFALT IN DER TIER- UND PFLANZENWELT<br />
..............................................................................<br />
scientia halensis 4/2002<br />
Fachbereich Biologie<br />
Mart<strong>in</strong> Röser<br />
Das Wort »Biodiversität« ist e<strong>in</strong>e junge Sprachschöpfung. Sie stammt aus den 80er Jahren,<br />
als sich die wissenschaftliche Diskussion <strong>in</strong> der Biologie mit der immer deutlicher werdenden<br />
Bedrohung von Arten und Ökosystemen auf der Erde und den erkennbaren Folgen <strong>in</strong>tensiv<br />
zu beschäftigen begann. Schon auf dem UN-Weltgipfel 1992 <strong>in</strong> Rio de Janeiro und<br />
ebenso auf der kürzlich beendeten Folgekonferenz <strong>in</strong> Johannesburg wurden beide Bedrohungen<br />
zu den vier weltweit wichtigsten Umweltproblemen gerechnet, neben Klimawandel<br />
und Wasserknappheit. Gleichzeitig wurde anerkannt, dass der Verlust an Arten und Ökosystemen<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er verhängnisvollen Wechselbeziehung mit Unterentwicklung und der Zerstörung<br />
natürlicher Ressourcen steht (z. B. Entwaldung und Wüstenbildung). Diese politische<br />
E<strong>in</strong>sicht drückte sich <strong>in</strong> dem bekannten Übere<strong>in</strong>kommen der Vere<strong>in</strong>ten Nationen über<br />
die biologische Vielfalt aus, die e<strong>in</strong> zentrales Regelwerk für den Erhalt der biologischen<br />
Vielfalt und dessen genetischen Potenzials bildet (»Biodiversitätskonvention« von 1992).<br />
Die »systematischen« Arbeitsrichtungen<br />
der Biologie, welche sich mit Evolutionsforschung<br />
und der organismischen Vielfalt<br />
an Mikroorganismen, Pilzen, Pflanzen und<br />
Tieren beschäftigen, hatten den Zusammenhang<br />
zwischen globalem Diversitätsverlust<br />
und dem Raubbau an natürlichen<br />
Ressourcen schon seit längerem diagnostiziert.<br />
Als Folge der Veränderung und des<br />
Verlustes von Lebensräumen verschw<strong>in</strong>den<br />
pro Tag schätzungsweise 150 Tier- und<br />
Pflanzenarten von der Erde. »Die Bibliothek<br />
brennt!«, so fasste der Zoologe E. O.<br />
Wilson den global voranschreitenden Verlust<br />
an organismischer und evolutionärer<br />
Vielfalt zusammen.<br />
...............................................................................<br />
Bis heute gibt es ke<strong>in</strong> Inventar der Lebewesen<br />
auf der Erde. Vor rund 250 Jahren listete<br />
der schwedische Naturforscher Carl von<br />
L<strong>in</strong>né, e<strong>in</strong>er der Begründer der wissenschaftlichen<br />
Biologie, 4 162 bekannte Arten<br />
an Lebewesen auf. Heute belaufen sich<br />
solide Schätzungen auf 13–14 Millionen<br />
Arten, jedoch könnte die Zahl weitaus höher<br />
liegen. Wissenschaftlich beschrieben ist<br />
davon kaum e<strong>in</strong> Achtel (etwa 1,75 Mio.).<br />
Das bedeutet, Exemplare s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> weltweit<br />
m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>er biologischen Sammlung<br />
physisch vorhanden, h<strong>in</strong>sichtlich ihrer diagnostischen<br />
Merkmale überprüfbar und<br />
mit e<strong>in</strong>em wissenschaftlichen Namen versehen.<br />
Die Schaffung e<strong>in</strong>er globalen Datenbank<br />
der Lebewesen gilt daher als e<strong>in</strong>es der<br />
vordr<strong>in</strong>glichen und ambitioniertesten Bio<strong>in</strong>formatik-Projekte<br />
<strong>in</strong> der Diversitätsforschung,<br />
<strong>in</strong> dem die verfügbaren Kenntnisse<br />
über die Arten zusammengefasst und bereitgestellt<br />
werden.<br />
Grundlage solcher Arbeiten bilden die biologischen<br />
Sammlungen der naturwissenschaftlichen<br />
Museen und Institute, die sich<br />
deshalb zurecht als »Archive der Biodiversität«<br />
bezeichnen. Das Institut für Geoboam<br />
Herbarium Halle nicht vorbei. Solche<br />
Interessenten s<strong>in</strong>d nicht nur Biodiversitätsforscher<br />
oder Spezialisten für bestimmte<br />
Organismengruppen, sondern auch Vegetationskundler<br />
und Ökologen, die unsere<br />
Sammlungen zu Vergleichszwecken heranziehen,<br />
da sie genau wissen müssen, mit<br />
welchen Arten sie es bei ihren Feldforschungen<br />
wirklich zu tun haben. Nicht <strong>in</strong><br />
allen Weltgegenden ist die Identifikation<br />
pflanzlicher Organismen so e<strong>in</strong>fach wie <strong>in</strong><br />
Deutschland, für dessen Gebiet es entsprechende<br />
Literatur gibt, deren aktuellste <strong>in</strong><br />
Form von vier Buchbänden an unserem<br />
Institut editiert wird (»Rothmalers Exkursionsflora«).<br />
Sammlungen enthalten auch noch andere<br />
Informationen: Sie bieten die e<strong>in</strong>zig verlässliche<br />
Datengrundlage dafür, wo die e<strong>in</strong>zelnen<br />
Arten vorkommen, wie sie verbreitet<br />
s<strong>in</strong>d. Dieses Fachgebiet der Biogeographie<br />
bildet seit langem e<strong>in</strong>en Arbeitsschwerpunkt<br />
unseres Instituts und führte<br />
zu e<strong>in</strong>em sowohl an Inhalt wie an physikalischer<br />
Masse gewaltigen sechsbändigen<br />
Werk, das zu e<strong>in</strong>em Standardwerk geworden<br />
ist und <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>er wichtigen botanischen<br />
Bibliothek weltweit fehlt, die »Vergleichende<br />
Chorologie der zentraleuropäischen Flora«.<br />
27<br />
Globale Datenbank schaffen<br />
Nebelwälder tropischer Gebirge gehören zu<br />
den »hot spots« der Biodiversität. Ihre Zerstörung<br />
schreitet trotzdem rasant voran.<br />
Foto: Röser<br />
tanik unserer Universität beherbergt ebenfalls<br />
e<strong>in</strong>e solche Sammlung, die etwa<br />
450 000 Exemplare an Pflanzen und Pilzen<br />
umfasst. E<strong>in</strong>e Besonderheit bilden die<br />
Schwerpunkte des im Weltmaßstab als mittelgroß<br />
zu bezeichnenden halleschen Herbariums:<br />
Es s<strong>in</strong>d Mittel- und Südamerika,<br />
die Mongolei, das Mittelmeergebiet, Mitteldeutschland<br />
und e<strong>in</strong>ige besondere Gruppen<br />
von Organismen. Diese eigentümliche<br />
Komb<strong>in</strong>ation spiegelt die Arbeitsschwerpunkte<br />
des Instituts und des Botanischen<br />
Gartens wider und ist <strong>in</strong> zwei Jahrhunderten<br />
gewachsen. Unter den Pflanzen bef<strong>in</strong>det<br />
sich auch e<strong>in</strong>e außerordentlich große<br />
Zahl an Belegen, anhand derer neue Arten<br />
beschrieben wurden. Was Außenstehende<br />
verwundern mag, ist den Fachleuten sehr<br />
wohl bekannt, denn wer sich mit der Pflanzenwelt<br />
<strong>in</strong> den Subtropen/Tropen der Neuen<br />
Welt oder <strong>in</strong> Asien beschäftigt, kommt<br />
Bedeutende Rolle der Biogeographie<br />
Unter dem Namen »Makro-Ökologie« erlebt<br />
die Biogeographie gegenwärtig e<strong>in</strong>en<br />
Boom. Verbreitungsgebiete der Lebewesen<br />
werden durch externe ökologische Faktoren<br />
(Klima etc.) und den Organismen <strong>in</strong>härente<br />
Eigenschaften def<strong>in</strong>iert (Stoffwechselleistungen,<br />
genetische Faktoren). Experimentelle<br />
Arbeiten haben bei der Lösung der<br />
Probleme e<strong>in</strong>e ebenso große Bedeutung wie<br />
die Möglichkeiten der Meta-Datenanalyse.<br />
Getestet werden dabei z. B. Korrelationen<br />
zwischen Verbreitungsgebieten, Eigenschaften<br />
der jeweiligen Organismen und<br />
ökologischen Daten, die durch geographische<br />
Informationssysteme zunehmend genauer<br />
werden und sogar für entlegene Weltgegenden<br />
verfügbar s<strong>in</strong>d, da sie durch Satelliten<br />
geliefert werden. Bei der Suche nach<br />
den Ursachen, warum e<strong>in</strong>e bestimmte<br />
Pflanzenart genau ihre eigene und ke<strong>in</strong>e andere<br />
geographische Verbreitung auf unserem<br />
Globus e<strong>in</strong>nimmt (Modellierung), lassen<br />
sich große Erfolge vorweisen. H<strong>in</strong>zu<br />
kommt e<strong>in</strong> ganz praktischer Aspekt: Unbeabsichtigt<br />
aus ihren Heimatgebieten <strong>in</strong><br />
andere Kont<strong>in</strong>ente ausgebreitete Pflanzen-
scientia halensis 4/2002<br />
....................................................................................<br />
Fachbereich Biologie<br />
................................................................................<br />
arten werden dort manchmal zu problematisch<br />
»aggressiven«, die natürliche Vegeta-<br />
28<br />
tion verdrängenden Elementen. Für solche<br />
<strong>in</strong>vasiven »aliens« können wir aufgrund<br />
unserer Datenmodelle <strong>in</strong>zwischen sehr präzise<br />
voraussagen, welches potenzielle Verbreitungsgebiet<br />
sie erreichen können.<br />
Überraschungen halten auch die verme<strong>in</strong>tlich<br />
gut studierten Arten der mitteleuropäischen<br />
Pflanzenwelt bereit. Bisher war es<br />
trotz aller Bemühungen <strong>in</strong> Form von »Roten<br />
Listen« besonders bedrohter Arten oft<br />
unklar, für welche dieser Arten die Bundesrepublik<br />
konkret die weltweit größte<br />
Verantwortung trägt, sie vor dem Aussterben<br />
zu bewahren. Auf der Basis des halleschen<br />
biogeographischen »know hows«<br />
wurde e<strong>in</strong>e Prioritätenliste für Deutschland<br />
erarbeitet, die den Naturschutzbehörden<br />
und der Landschaftsplanung mittlerweile<br />
zu e<strong>in</strong>er wichtigen Richtl<strong>in</strong>ie geworden ist.<br />
Molekulare Diversität<br />
Systematische Botanik, Biogeographie und<br />
Makro-Ökologie s<strong>in</strong>d aber nicht die e<strong>in</strong>zigen<br />
Arbeitsbereiche, die sich mit der Biodiversitätsforschung<br />
verb<strong>in</strong>den; zudem hat<br />
sich das methodische Arsenal <strong>in</strong> den vergangenen<br />
Jahren beträchtlich erweitert. Es<br />
geht heute nicht mehr nur um Artendiversität,<br />
sondern auch darum, wie diese sich <strong>in</strong><br />
Form von ökologischer Diversität <strong>in</strong> unterschiedlichen<br />
Lebensgeme<strong>in</strong>schaften, Biotop-Typen,<br />
Landschaften und deren ökologischen<br />
Prozessen ausdrückt. Am gegenüberliegenden<br />
Ende der Skala steht die molekulare<br />
Diversität, die als Variabilität zwischen<br />
den Arten und <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er Art <strong>in</strong><br />
Ersche<strong>in</strong>ung tritt. Die Variabilität reicht<br />
Erst seit sechs Jahren ist bekannt, wie die<br />
Chromosomen der Kokos-Palme, e<strong>in</strong>e der<br />
weltwirtschaftlich bedeutenden Kulturpflanzen,<br />
aussehen.<br />
Orig<strong>in</strong>al: Röser<br />
Verbreitungsgrenzen von Pflanzenarten haben oft klimatische Ursachen, die sich durch die<br />
Daten aus geographischen Informationssystemen erkennen lassen. Diese Karte der Durchschnittstemperaturen<br />
im September setzt sich aus Millionen von E<strong>in</strong>zeldaten zusammen, deren<br />
Korrelation mit vorkommenden Populationen kle<strong>in</strong>sträumig analysiert werden kann.<br />
Quelle: Klimadatenbank des Instituts für Geobotanik<br />
von Sequenzunterschieden im DNA-Makromolekül<br />
bis zur Umstrukturierung ganzer<br />
Chromosomen, die durch den E<strong>in</strong>satz<br />
molekularer Sonden analysiert wird. Genetische<br />
Diversität besitzt e<strong>in</strong>e zentrale Bedeutung,<br />
da sie die Veränderlichkeit von<br />
Arten und deren vielfältige Anpassungen<br />
begründet. Um sie zu analysieren, werden<br />
moderne molekulare Untersuchungsverfahren<br />
e<strong>in</strong>gesetzt, die vom genetischen F<strong>in</strong>gerabdruck<br />
(»f<strong>in</strong>gerpr<strong>in</strong>t-Methoden«) zur<br />
Charakterisierung e<strong>in</strong>zelner Individuen<br />
oder Populationen bis h<strong>in</strong> zur Sequenzierung<br />
von DNA-Abschnitten aus den Zellkernen<br />
und Chloroplasten reichen. Hochvariable<br />
Bereiche der DNA liefern dabei<br />
Erkenntnisse über die aktuelle Evolution<br />
der Arten, über Hybridisierungsvorgänge<br />
oder genetische Introgression, evolutiv<br />
stark konservierte DNA-Bereiche, z. B.<br />
von vielen Genen, erlauben Rückschlüsse<br />
auf zeitlich weit zurückliegende Ereignisse<br />
<strong>in</strong> der Evolution. Unser Interesse gilt dabei<br />
u. a. e<strong>in</strong>igen weltweit verbreiteten Organismengruppen,<br />
der Entstehung tropischer<br />
Hochgebirgspflanzen und der Elemente der<br />
eurasischen Steppenvegetation sowie der<br />
postglazialen Geschichte europäischer<br />
Pflanzen. Studiert werden aber auch Fragen<br />
auf lokaler Ebene, z. B. an reliktären Arten<br />
oder ökologisch besonders angepassten Populationen<br />
<strong>in</strong> Sachsen-Anhalt.<br />
Da die Biodiversitätsforschung die unterschiedlichen<br />
Organisationsebenen des Lebens<br />
– von Molekülen bis zu Ökosystemen<br />
– im Blick hat, ist sie zu e<strong>in</strong>em verb<strong>in</strong>denden<br />
Element zwischen verschiedenen<br />
biologischen Diszipl<strong>in</strong>en wie Populationsgenetik,<br />
Systematik, Ökologie und Naturschutzbiologie<br />
geworden. Damit reiht sich<br />
die Biodiversitätsforschung auch <strong>in</strong> den<br />
fächerübergreifenden Ansatz von Biochemie,<br />
Genetik, Zellbiologie etc. e<strong>in</strong>, der als<br />
ökologische Entwicklungsbiologie (»ecodevo«)<br />
bezeichnet wird. In praktischer<br />
H<strong>in</strong>sicht erlaubt das Spektrum der For-<br />
Student<strong>in</strong>nen bei der Geländearbeit: Sie untersuchen<br />
hybridogene Formen, die zwischen<br />
zwei Arten von Wildgräsern ausgebildet werden<br />
und nur auf e<strong>in</strong>em Berg <strong>in</strong> den Karawanken<br />
vorkommen.<br />
Foto: Röser<br />
schungsansätze, aktuelle Erfordernisse des<br />
Naturschutzes ebenso zu berücksichtigen<br />
wie globale Aspekte der biologischen Vielfalt.<br />
Der Autor studierte 1978–1984 <strong>in</strong> Tüb<strong>in</strong>gen<br />
Biologie, Theologie und Geologie und<br />
wurde 1989 dort promoviert. 1991–1995<br />
war er Postdoktorand, dann Hochschulassistent<br />
an der Universität Wien, anschließend<br />
wissenschaftlicher Mitarbeiter an der<br />
Universität Leipzig, wo er sich 1999 habilitierte.<br />
2001 wurde er auf die Professur<br />
für Spezielle Botanik und Biodiversität an<br />
die Universität Halle berufen.
DER CHLOROPLAST:<br />
SOLARKRAFTWERK, SAUERSTOFFPRODUZENT UND BIOSENSOR<br />
..............................................................................<br />
scientia halensis 4/2002<br />
Fachbereich Biologie<br />
Udo Johann<strong>in</strong>gmeier<br />
Pflanzen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Lage, mit Hilfe von Licht und Chlorophyll aus den e<strong>in</strong>fachen Ausgangsstoffen<br />
Kohlendioxid und Wasser »nahrhafte« Produkte wie Zucker herzustellen.<br />
Dieser Photosynthese genannte Prozess f<strong>in</strong>det <strong>in</strong> Chloroplasten statt, kle<strong>in</strong>en Solarkraftwerken<br />
<strong>in</strong>nerhalb der Zelle, die mit e<strong>in</strong>em eigenen Genom ausgestattet s<strong>in</strong>d. E<strong>in</strong> Membransystem<br />
<strong>in</strong> den Chloroplasten enthält zwei <strong>in</strong> Reihe geschaltete Photosysteme, die Elektronen<br />
der Chlorophylle mit Hilfe der Sonnenenergie auf Akzeptormoleküle übertragen. Die<br />
Produkte dieser Lichtreaktion dienen dem E<strong>in</strong>bau von Kohlendioxid <strong>in</strong> Zucker, die nun <strong>in</strong><br />
verschiedene andere Zellbauste<strong>in</strong>e umgewandelt werden können. Das Leben aller Organismen<br />
basiert direkt oder <strong>in</strong>direkt auf diesem Prozess, bei dem global die ungeheure Menge<br />
von jährlich etwa 200 Milliarden Tonnen Biomasse erzeugt wird.<br />
Chloroplasten s<strong>in</strong>d aber noch <strong>in</strong> anderer<br />
H<strong>in</strong>sicht <strong>in</strong>teressant. Als Zellorganellen<br />
mit eigenem Solarkraftwerk und eigener<br />
Gen-Ausstattung können sie Prote<strong>in</strong>e synthetisieren,<br />
auch solche, die ihnen nachträglich<br />
mit gentechnischen Methoden »e<strong>in</strong>gepflanzt«<br />
wurden. So ist es <strong>in</strong> jüngster Zeit<br />
gelungen, durch Transformation des Chloroplastengenoms<br />
Fremdprote<strong>in</strong>e, wie z. B.<br />
das menschliche Wachstumshormon Somatotrop<strong>in</strong>,<br />
<strong>in</strong> beträchtlichen Mengen zu produzieren.<br />
Auch der unten beschriebene<br />
E<strong>in</strong>satz e<strong>in</strong>es Photosynthesekomplexes als<br />
Biosensor für Schadstoffe zeigt, dass die<br />
Chloroplastenforschung das Grundlagenstadium<br />
verlassen hat und <strong>in</strong>teressante Perspektiven<br />
für biotechnologische Anwendungen<br />
bietet.<br />
Möglich wurde die Neuprogrammierung<br />
des Chloroplastengenoms durch e<strong>in</strong>e zunächst<br />
kurios anmutende Technik: DNA<br />
wird an kle<strong>in</strong>ste Metallpartikel gebunden,<br />
diese mit Hilfe e<strong>in</strong>es »Gewehrs« beschleunigt<br />
und schrotschussartig <strong>in</strong> die Zellen<br />
bzw. Chloroplasten übertragen. Dort <strong>in</strong>seriert<br />
sie durch homologe Rekomb<strong>in</strong>ation<br />
<strong>in</strong>s Chloroplastengenom. Obwohl zuerst<br />
skeptisch beurteilt, hat sich diese biolistische<br />
Technik für die Chloroplasten-Transformation<br />
sowohl von Algen als auch von<br />
höheren Pflanzen durchgesetzt. Mit ihrer<br />
Hilfe wurde zum ersten Mal 1988 das<br />
Plastom der Grünalge Chlamydomonas<br />
re<strong>in</strong>hardtii (Abb. 1) stabil transformiert.<br />
Auch wir nutzen diese Technik und die<br />
e<strong>in</strong>zellige Alge als Modellorganismus für<br />
Fragestellungen, die sich mit Struktur und<br />
Funktion von Chloroplastenprote<strong>in</strong>en beschäftigen.<br />
Abb. 1: Die e<strong>in</strong>zellige Grünalge Chlamydomonas<br />
re<strong>in</strong>hardtii. Sie besitzt zwei Flagellen<br />
zur Fortbewegung und e<strong>in</strong>en großen Chloroplasten,<br />
der etwa 40 Prozent des gesamten<br />
Zellvolumens ausmacht und leicht transformierbar<br />
ist.<br />
Lichtenergie über e<strong>in</strong>e Transportkette aus<br />
Prote<strong>in</strong>en und Cofaktoren getrieben werden<br />
und schließlich im Zuckermolekül landen,<br />
dient die Freisetzung von Protonen<br />
der Bildung e<strong>in</strong>es Protonengradienten und<br />
damit der Synthese des zellulären Treibstoffs<br />
Adenos<strong>in</strong>triphosphat. Der Sauerstoff<br />
ist e<strong>in</strong> unvermeidliches Nebenpro-<br />
...............................................................................<br />
dukt dieser Wasserspaltungsreaktion und<br />
für die Pflanze e<strong>in</strong> Problem, da leicht aggressive<br />
Sauerstoffradikale entstehen. Dennoch,<br />
ohne die Fähigkeit von PSII, Wasser<br />
<strong>in</strong> se<strong>in</strong>e Bestandteile zu zerlegen, enthielte<br />
unsere Atmosphäre ke<strong>in</strong>en Sauerstoff. Die<br />
Reaktionen der Photosynthese liefern also<br />
nicht nur die Kohlenhydrate, die wir mit<br />
unserer Nahrung verzehren, sondern dank<br />
PSII auch den Stoff, der e<strong>in</strong>e »Verbrennung«<br />
dieser Kohlenhydrate zur Energiegew<strong>in</strong>nung<br />
ermöglicht.<br />
Wie ist diese offenbar so wichtige Lichtmasch<strong>in</strong>e,<br />
die den Sauerstoff liefert, aufgebaut,<br />
und wie funktioniert sie? Hier wurden<br />
<strong>in</strong> den letzten Jahren beträchtliche<br />
Fortschritte gemacht, so dass wir e<strong>in</strong> recht<br />
genaues Bild von der PSII-Struktur haben<br />
(Abb. 2). Obwohl PSII aus mehr als 20<br />
verschiedenen Prote<strong>in</strong>-Untere<strong>in</strong>heiten besteht,<br />
bilden se<strong>in</strong> Herzstück die zwei eng<br />
mite<strong>in</strong>ander verzahnten Membranprote<strong>in</strong>e<br />
D1 und D2 (Abb. 3). Sie b<strong>in</strong>den Cofaktoren<br />
wie Mangane, Chlorophylle, Phäophyt<strong>in</strong>e<br />
und die Plastoch<strong>in</strong>one Q A<br />
und Q B<br />
, deren<br />
Aufgabe dar<strong>in</strong> besteht, Elektronen zu<br />
transportieren. Wenn e<strong>in</strong> Lichtteilchen mit<br />
ausreichender Energie e<strong>in</strong> Chlorophyllmolekül<br />
trifft, verliert es e<strong>in</strong> Elektron zunächst<br />
an das <strong>in</strong> der Nähe liegende Phäophyt<strong>in</strong>,<br />
um dann weiter auf die Plastoch<strong>in</strong>one<br />
Q A<br />
und Q B<br />
übertragen zu werden. In<br />
Form des reduzierten Plastoch<strong>in</strong>ons Q B<br />
verlassen zwei Elektronen den PSII-Kom-<br />
29<br />
E<strong>in</strong> Photosystem als Sauerstoffproduzent<br />
Von den zwei an der Lichtreaktion beteiligten<br />
Photosystemen ist der Photosystem II<br />
(PSII)-Komplex <strong>in</strong> der Lage, bei Belichtung<br />
Wasser <strong>in</strong> Protonen, Elektronen und<br />
Sauerstoff zu zerlegen. Während Elektronen<br />
des Wassermoleküls mit Hilfe der<br />
Abb. 2: Dreidimensionale Darstellung des Photosystem II Reaktionszentrums aus Blaualgen<br />
(nach Witt).
scientia halensis 4/2002<br />
....................................................................................<br />
Fachbereich Biologie<br />
................................................................................<br />
plex und enden schließlich nach vielen weiteren<br />
Stationen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Zuckermolekül.<br />
30<br />
Dem Chlorophyll fehlt jetzt aber e<strong>in</strong> Elektron,<br />
und es ist außergewöhnlich begierig,<br />
die Lücke zu füllen. Da gibt es zwei Möglichkeiten:<br />
Entweder gelangt das vom Licht<br />
herausgeschlagene Elektron nicht weit und<br />
»fällt« auf se<strong>in</strong>en ursprünglichen Platz zurück.<br />
Die dabei freiwerdende Energie wird<br />
als Fluoreszenzlicht und etwas Wärme abgestrahlt<br />
– e<strong>in</strong> unproduktiver Weg. Oder<br />
aber das Chlorophyll holt sich Elektronen<br />
vom Wasser. In diesen produktiven Fall<br />
s<strong>in</strong>d Manganatome im PSII-Komplex und<br />
e<strong>in</strong> spezieller Tyros<strong>in</strong>rest im D1 Prote<strong>in</strong><br />
beteiligt, um dem Wassermolekül sequenziell<br />
Elektronen zu entreißen und dabei Protonen<br />
und den für uns so wichtigen Sauerstoff<br />
freizusetzen. Dieser »Wasserspaltungsapparat«<br />
ist noch nicht <strong>in</strong> allen E<strong>in</strong>zelheiten<br />
verstanden und stellt e<strong>in</strong> spannendes<br />
Forschungsgebiet dar.<br />
Photosystem II als Biosensor<br />
In Industrie und Landwirtschaft wird e<strong>in</strong>e<br />
große Zahl von Substanzen e<strong>in</strong>gesetzt, die<br />
selektiv <strong>in</strong> biologische Reaktionen e<strong>in</strong>greifen.<br />
E<strong>in</strong>ige dieser Wirkstoffe s<strong>in</strong>d Unkrautvernichtungsmittel<br />
(Herbizide), die die<br />
Funktion von PSII und damit den Photosyntheseprozess<br />
blockieren. Sie können<br />
aber auch langfristig Böden und Tr<strong>in</strong>kwasser<br />
kontam<strong>in</strong>ieren. Pflanzliche Testorganismen<br />
wie Algen s<strong>in</strong>d als natürliche Biosensoren<br />
<strong>in</strong> der Lage, solche Stoffe auf der Basis<br />
photosynthetischer Aktivität (Fluoreszenz,<br />
Sauerstoffentwicklung) zu detektieren.<br />
Die zur Zeit bekannten Nachweissysteme<br />
haben den Nachteil, dass sie wenig<br />
empf<strong>in</strong>dlich und unspezifisch s<strong>in</strong>d. Diese<br />
Eigenschaften des Biosensorsystems können<br />
adaptiert werden, <strong>in</strong>dem die D1-Untere<strong>in</strong>heit<br />
von PS II (Abb. 3) mit ihrer sogenannten<br />
Herbizid-B<strong>in</strong>denische durch<br />
Mutagenese verändert wird. Es ist bekannt,<br />
dass der Austausch e<strong>in</strong>zelner Am<strong>in</strong>osäuren<br />
im B<strong>in</strong>deprote<strong>in</strong> zu e<strong>in</strong>er Resistenz<br />
und/oder zu e<strong>in</strong>er erhöhten Empf<strong>in</strong>dlichkeit<br />
gegenüber bestimmten Stoffklassen<br />
führen kann. Diese Kenntnisse wollen wir<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em von der EU geförderten Projekt<br />
nutzen, <strong>in</strong>dem gezielt e<strong>in</strong> bestimmter Bereich<br />
des Prote<strong>in</strong>s modifiziert wird. Grundlage<br />
für solche Veränderungen ist e<strong>in</strong>e von<br />
uns konstruierte Mutante der Grünalge<br />
Chlamydomonas, mit deren Hilfe wir<br />
schnell und effizient solche Domänen des<br />
Prote<strong>in</strong>s verändern können, die für die<br />
Hemmstoffb<strong>in</strong>dung verantwortlich s<strong>in</strong>d.<br />
E<strong>in</strong> darüber h<strong>in</strong>aus gehender Ansatz birgt<br />
die Möglichkeit, das Prote<strong>in</strong> durch Insertion<br />
von Metallb<strong>in</strong>dedomänen mit neuen Eigenschaften<br />
auszustatten, die e<strong>in</strong>en Nachweis<br />
auch z. B. von Schwermetallen erlauben.<br />
Plastidäre Proteasen und ihre Substrate<br />
Chloroplasten besitzen e<strong>in</strong> proteolytisches<br />
System zur Kontrolle der Stabilität ihrer<br />
Prote<strong>in</strong>e und zur Entfernung defekter Prote<strong>in</strong>e.<br />
Aus biotechnologischer Sicht ist e<strong>in</strong><br />
genaues Verständnis der Erkennung und<br />
Abbaumechanismen dann von besonderer<br />
Bedeutung, wenn Fremdprote<strong>in</strong>e <strong>in</strong> Plastiden<br />
exprimiert werden sollen. Es gibt zahlreiche<br />
Beispiele für die Degradation von<br />
plastidären Prote<strong>in</strong>en, ohne dass e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>deutige<br />
Zuordnung von <strong>in</strong>dividuellen Proteasen<br />
möglich wäre. Prom<strong>in</strong>entestes Beispiel<br />
ist der schnelle Abbau der D1-Untere<strong>in</strong>heit<br />
von Photosystem II: das Prote<strong>in</strong><br />
wird durch Licht geschädigt, proteolytisch<br />
abgebaut und durch Neusynthese ersetzt.<br />
Photooxidative Bed<strong>in</strong>gungen im Chloroplasten<br />
führen auch zum Abbau anderer<br />
Prote<strong>in</strong>e, und durch spezifische Mutagenese<br />
erzeugte, verstümmelte Prote<strong>in</strong>e werden<br />
im Chloroplasten offensichtlich als defekt<br />
erkannt und rasch entfernt. Obwohl<br />
e<strong>in</strong>e Reihe von Proteasen jetzt bekannt<br />
s<strong>in</strong>d, verstehen wir nicht, wie diese Enzyme<br />
<strong>in</strong>takte von defekten Prote<strong>in</strong>en unterscheiden<br />
können.<br />
Algenchloroplasten: Fundstätte<br />
neuer, unerwarteter Prozesse<br />
Die Chloroplasten bestimmter Algen erweisen<br />
sich nach Sequenzierung ihrer Genome<br />
als Fundstätte <strong>in</strong>teressanter Gene,<br />
die auf neue und für Pflanzen unerwartete<br />
Prozesse h<strong>in</strong>deuten. Sie könnten sowohl <strong>in</strong><br />
grundlegender H<strong>in</strong>sicht als auch für biotechnologische<br />
Anwendungen von Bedeutung<br />
se<strong>in</strong>. Beispielsweise kann man den<br />
Sequenzdaten entnehmen, dass vermutlich<br />
so ungewöhnliche Prozesse wie das aus<br />
Bakterien bekannte Prote<strong>in</strong>-Spleißen oder<br />
das tmRNA-Tagg<strong>in</strong>g auch <strong>in</strong> bestimmten<br />
Algenchloroplasten stattf<strong>in</strong>det. Hier gibt es<br />
viel für e<strong>in</strong> motiviertes Mitarbeiterteam zu<br />
entdecken.<br />
Der Autor ist nach Aufenthalten an den<br />
Universitäten Bochum, San Diego (USA),<br />
Boulder (USA) und Freiburg seit 1997<br />
Professor für Zellphysiologie am Institut<br />
für Pflanzenphysiologie der Mart<strong>in</strong>-Luther-<br />
Universität. Er und se<strong>in</strong>e Arbeitsgruppe<br />
forschen im neuen Biologicum (We<strong>in</strong>bergweg<br />
10).<br />
Abb. 3: Stark vere<strong>in</strong>fachte Darstellung des Photosystem II Komplexes mit se<strong>in</strong>en beiden zentralen<br />
Prote<strong>in</strong>en D1 und D2, die zusammen Cofaktoren wie Chlorophyll (Chl), Phäophyt<strong>in</strong><br />
(Phäo), Plastoch<strong>in</strong>one (Q A<br />
und QB), Eisen (Fe) und Mangan (Mn) b<strong>in</strong>den. Die Pfeile deuten<br />
den Elektronenfluss vom Wasser zum Q B<br />
an. Bestimmte Herbizide können Q B<br />
aus se<strong>in</strong>er B<strong>in</strong>denische<br />
im D1 Prote<strong>in</strong> verdrängen und blockieren so die Photosynthese.
WIR »BASTELN« EINE PHOTOSYNTHESEMEMBRAN<br />
TEIL 1: DIE PROTEINE<br />
..............................................................................<br />
scientia halensis 4/2002<br />
Fachbereich Biologie<br />
Ralf Bernd Klösgen<br />
Die Photosynthese ist e<strong>in</strong>er der wichtigsten biologischen Prozesse, denn der überwiegende<br />
Teil des organischen Materials auf der Erde besteht letztlich aus umgewandelten Photosyntheseprodukten.<br />
Der Ort der Photosynthese ist der Chloroplast (Abb. 1). Bei diesem<br />
ausschließlich <strong>in</strong> Pflanzen vorkommenden Organell handelt es sich um den Abkömml<strong>in</strong>g e<strong>in</strong>es<br />
ehemals eigenständigen Bakteriums, das vor vielen Millionen Jahren von dem Vorläufer<br />
heutiger Pflanzenzellen aufgenommen und domestiziert worden ist.<br />
Dieses Bakterium, vermutlich e<strong>in</strong> Verwandter<br />
der Cyanobakterien, besaß bereits<br />
die Fähigkeit zur Photosynthese. Durch<br />
diese <strong>in</strong>trazelluläre (Endo)-Symbiose erlangte<br />
daher auch die Wirtszelle die Fähigkeit,<br />
das Sonnenlicht als Energiequelle nutzen<br />
zu können. Allerd<strong>in</strong>gs erforderte das<br />
e<strong>in</strong>e immense logistische Leistung, da nun<br />
die Genome zweier ehemals eigenständiger<br />
Organismen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Zelle aufe<strong>in</strong>ander abgestimmt<br />
werden mussten. Dies führte<br />
zum Verlust bzw. zur Umlagerung e<strong>in</strong>er<br />
Vielzahl von Genen, vor allem aus dem<br />
Chloroplasten <strong>in</strong> den Kern der Wirtszelle.<br />
nen diese Energie <strong>in</strong> der »Lichtreaktion«<br />
der Photosynthese, <strong>in</strong> der das Sonnenlicht<br />
absorbiert und zur Ladungstrennung sowie<br />
zum Aufbau e<strong>in</strong>es Protonengradienten genutzt<br />
wird. Dieser Prozess f<strong>in</strong>det an der<br />
Thylakoidmembran statt, die deshalb auch<br />
als Photosynthesemembran bezeichnet<br />
wird. Tatsächlich stellen die Thylakoide<br />
e<strong>in</strong> komplettes Membransystem dar, das<br />
den gesamten Chloroplasten durchzieht<br />
und die Matrix (Stroma) vom<br />
Thylakoidlumen abtrennt. Während der<br />
Lichtreaktion kommt es <strong>in</strong> den Thylakoiden<br />
zur »Photolyse« des Wassers, d. h.<br />
...............................................................................<br />
zess mehrfach durch die Thylakoidmembran<br />
geschleust und dann im Stroma, gebunden<br />
an sogenannte Reduktionsäquivalente,<br />
zwischengelagert. Diese Reduktionsäquivalente<br />
werden dann zusammen mit<br />
dem ATP <strong>in</strong> der anschließenden »Dunkelreaktion«<br />
(die allerd<strong>in</strong>gs nicht nur im Dunkeln,<br />
sondern auch im Licht stattf<strong>in</strong>det) bei<br />
der Fixierung des Kohlendioxids verbraucht.<br />
Es wäre natürlich wunderbar, wenn es gelänge,<br />
e<strong>in</strong>e solche zur Photosynthese befähigte<br />
Membran nachzubauen, schließlich<br />
wird weniger als e<strong>in</strong> Prozent des Sonnenlichtes,<br />
das die Erde erreicht, photosynthetisch<br />
genutzt. Der Prozess ist also bei weitem<br />
noch nicht ausgereizt und könnte sicherlich<br />
e<strong>in</strong>en Großteil unserer aktuellen<br />
Energieprobleme lösen. Je mehr man über<br />
den Aufbau und die Funktion der Thylakoide<br />
versteht, desto deutlicher wird aber<br />
auch, dass die Idee e<strong>in</strong>er künstlichen Photosynthesemembran<br />
noch lange Zeit e<strong>in</strong><br />
Wunschtraum bleiben wird. So s<strong>in</strong>d immer<br />
noch nicht alle beteiligten Komponenten<br />
identifiziert und man kennt bisher auch nur<br />
von wenigen die genaue Funktion. Vor allem<br />
aber ist noch unverstanden, welche<br />
Prozesse und Mechanismen erforderlich<br />
s<strong>in</strong>d, um all die verschiedenen E<strong>in</strong>zelkomponenten<br />
zu e<strong>in</strong>er funktionellen Photosynthesemasch<strong>in</strong>erie<br />
assemblieren zu können.<br />
31<br />
Was braucht man nun zum Bau e<strong>in</strong>er<br />
Photosynthesemembran?<br />
Abb. 1: Elektronenmikroskopische Aufnahme von Blattgewebe (P – Chloroplast, M – Mitochondrium)<br />
Dieser Prozess ist auch heute noch nicht<br />
vollkommen abgeschlossen, denn der Chloroplast<br />
trägt weiterh<strong>in</strong> e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es Restgenom<br />
mit z. T. essenziellen Genen, von denen<br />
e<strong>in</strong>ige beispielsweise zum Aufbau e<strong>in</strong>er<br />
funktionstüchtigen Photosynthesemasch<strong>in</strong>erie<br />
unabd<strong>in</strong>gbar s<strong>in</strong>d.<br />
Die Primärprodukte der Photosynthese<br />
s<strong>in</strong>d die Kohlenhydrate, die das Grundgerüst<br />
für so unterschiedliche Produkte wie<br />
Prote<strong>in</strong>e, Nukle<strong>in</strong>säuren und Lipide liefern.<br />
Zur Bildung dieser Kohlenhydrate ist es<br />
notwendig, den <strong>in</strong> der Luft als Kohlendioxid<br />
vorliegenden Kohlenstoff zu fixieren<br />
und zu reduzieren. Dazu wird e<strong>in</strong>e ganze<br />
Menge Energie benötigt. Pflanzen gew<strong>in</strong>zur<br />
Spaltung <strong>in</strong> Elektronen, Protonen und<br />
Sauerstoff. Der Sauerstoff ist im Grunde<br />
genommen e<strong>in</strong> Abfallprodukt der Reaktion,<br />
das sogar schädlich für die Zelle se<strong>in</strong> kann.<br />
Die »Entgiftung« erfolgt vor allem durch<br />
die Atmung, zu der alle aerob lebenden Organismen,<br />
natürlich auch der Mensch, befähigt<br />
s<strong>in</strong>d. Die entstehenden Protonen akkumulieren<br />
zunächst im Thylakoidlumen,<br />
wodurch es zur Ausbildung e<strong>in</strong>es Protonengradienten<br />
über die Membran kommt.<br />
Der kontrollierte Abbau dieses Gradienten<br />
wird zur Synthese von ATP, den Energieäquivalenten<br />
der Zelle, genutzt. Die aus<br />
dem Wasser freigesetzten Elektronen werden<br />
dagegen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em komplizierten Pro-<br />
Zunächst e<strong>in</strong>mal Lipide, die das strukturelle<br />
Grundgerüst aller Membranen bilden.<br />
Die meisten dieser Lipide s<strong>in</strong>d ubiquitär,<br />
aber es f<strong>in</strong>den sich auch e<strong>in</strong>ige für die Thylakoidmembran<br />
spezifische Lipide, deren<br />
Funktion noch weitgehend ungeklärt ist.<br />
Die zweite wichtige Komponente s<strong>in</strong>d die<br />
Pigmente, vor allem Chlorophylle und Carot<strong>in</strong>oide,<br />
die das Sonnenlicht absorbieren<br />
und damit erst die ganze Reaktion <strong>in</strong> Gang<br />
setzen. Und dann natürlich noch die Prote<strong>in</strong>e,<br />
die diese Pigmente sowie andere an<br />
der Elektronenübertragung beteiligte Cofaktoren<br />
(z. B. Hämgruppen und Fe/S-<br />
Zentren) b<strong>in</strong>den und <strong>in</strong>nerhalb der Membran<br />
korrekt positionieren. Mittlerweile<br />
hat man mehr als 80 verschiedene Prote<strong>in</strong>spezies<br />
<strong>in</strong> der photosynthetischen Elektronentransportkette<br />
identifiziert, die <strong>in</strong> vier<br />
Multiprote<strong>in</strong>komplexen organisiert s<strong>in</strong>d<br />
(Photosystem I, Photosystem II, Cytochrom<br />
b6/f-Komplex, ATP Synthase). Je-
scientia halensis 4/2002<br />
....................................................................................<br />
Fachbereich Biologie<br />
Abb. 2: Fluoreszenzmikroskopische Aufnahmen von Schließzellen aus transgenen Pflanzen,<br />
die (a) GFP bzw. (b) e<strong>in</strong> Fusionsprote<strong>in</strong> aus e<strong>in</strong>em Transitpeptid und GFP exprimieren<br />
................................................................................<br />
der dieser Komplexe besteht aus kerncodierten<br />
und chloroplastencodierten Unter-<br />
32<br />
e<strong>in</strong>heiten, was die notwendige Kooperation<br />
dieser beiden Genome nochmals unterstreicht.<br />
In unserer Arbeitsgruppe beschäftigen wir<br />
uns vor allem mit den kerncodierten Prote<strong>in</strong>en<br />
der Thylakoidmembran. Diese werden<br />
außerhalb des Chloroplasten im Cytosol<br />
der Pflanzenzelle synthetisiert und anschließend<br />
<strong>in</strong> das Organell importiert. Das<br />
erfordert e<strong>in</strong> spezifisches Transportsignal<br />
(Transitpeptid) im Prote<strong>in</strong> sowie e<strong>in</strong>en<br />
entsprechenden Importapparat im Chloroplasten.<br />
Nach dem Transport über die<br />
Chloroplastenhülle werden die Prote<strong>in</strong>e<br />
weiter zu den Thylakoiden transportiert<br />
und schließlich <strong>in</strong> der Thylakoidmembran<br />
zusammen mit den plastidencodierten Untere<strong>in</strong>heiten<br />
sowie den Pigmenten und Cofaktoren<br />
zu funktionellen Photosynthesekomplexen<br />
zusammengebaut. Zur Untersuchung<br />
dieser Transport- und Assemblierungsvorgänge<br />
stützen wir uns vor allem<br />
auf zwei methodische Ansätze. (1) <strong>in</strong> vitro<br />
Versuche: Dazu werden Prote<strong>in</strong>e »im Reagenzglas«<br />
synthetisiert, mit isolierten<br />
Chloroplasten oder Thylakoiden <strong>in</strong>kubiert<br />
und auf ihr Transport- und Assemblierungsverhalten<br />
h<strong>in</strong> untersucht. Da wir die<br />
Gene zu diesen Prote<strong>in</strong>en kloniert haben,<br />
stehen uns sämtliche Methoden der Gentechnik<br />
zur Mutagenese zur Verfügung, so<br />
dass wir nicht nur die authentischen, sondern<br />
auch alle Arten von modifizierten<br />
Prote<strong>in</strong>en herstellen und analysieren können.<br />
(2) <strong>in</strong> vivo Analysen: Hier untersuchen<br />
wir vor allem Pflanzen, die <strong>in</strong> ihrer<br />
Transport- und Assemblierungsmasch<strong>in</strong>erie<br />
verändert wurden und die darüber h<strong>in</strong>aus<br />
gut detektierbare Reporterprote<strong>in</strong>e tragen,<br />
deren Transportverhalten auch <strong>in</strong> der<br />
<strong>in</strong>takten Pflanze genau verfolgt werden<br />
kann. Abb. 2 zeigt beispielhaft Aufnahmen<br />
von Pflanzen, die e<strong>in</strong> grün fluoreszierendes<br />
Prote<strong>in</strong> (GFP) aus Meeresquallen (mit<br />
bzw. ohne e<strong>in</strong> Chloroplasten-dirigierendes<br />
Transitpeptid) exprimieren.<br />
Mit Hilfe solcher Untersuchungen konnte<br />
<strong>in</strong> den letzten Jahren unter anderem gezeigt<br />
werden, dass alle<strong>in</strong> schon für den Transport<br />
der Prote<strong>in</strong>e über die Thylakoidmembran<br />
m<strong>in</strong>destens vier unterschiedliche<br />
Transportwege benötigt werden, die jeweils<br />
spezifisch nur bestimmte Prote<strong>in</strong>e<br />
transportieren können (Abb. 3). Jeder dieser<br />
Wege arbeitet dabei mit e<strong>in</strong>em anderen<br />
Mechanismus und verwendet vollkommen<br />
eigenständige Transportsignale und Transportapparate.<br />
Wie bereits dieses e<strong>in</strong>e Beispiel<br />
illustriert, wird die Assemblierung der<br />
Photosynthesemembran durch e<strong>in</strong>e Vielzahl<br />
<strong>in</strong>e<strong>in</strong>andergreifender Synthese-,<br />
Transport-, Sortierungs-, Faltungs-, Modifikations-<br />
und Prozessierungsmechanismen<br />
gesteuert. Die Aufklärung dieser Mechanismen<br />
ist das Hauptziel unserer Arbeit,<br />
dessen endgültiges Erreichen <strong>in</strong> Anbetracht<br />
der immensen Komplexität des Gesamtprozesses<br />
allerd<strong>in</strong>gs noch viel Zeit <strong>in</strong> Anspruch<br />
nehmen dürfte.<br />
Der Autor ist seit 1998 Professor am Institut<br />
für Pflanzenphysiologie im Biologicum<br />
der Mart<strong>in</strong>-Luther-Universität <strong>in</strong> Halle.<br />
Vorherige wissenschaftliche Stationen waren<br />
Köln, Strasbourg (Frankreich) und<br />
München.<br />
Abb. 3: Schema der vier Prote<strong>in</strong>transportwege über die Thylakoidmembran
..............................................................................<br />
scientia halensis 4/2002<br />
Fachbereich Biologie<br />
GENSILENCING UND DIE ANALYSE VON<br />
REGULATIONSPROZESSEN IM CHROMATIN<br />
Gunter Reuter, Ra<strong>in</strong>er Dorn, Gunnar Schotta, Anja Ebert, Kathr<strong>in</strong> Naumann,<br />
Andreas Fischer und Thomas Rudolph<br />
...............................................................................<br />
Genetische Information wird auf engstem Raum verpackt. Bei mehreren Organismen wurde<br />
<strong>in</strong> den letzten Jahren die DNA-Sequenz des Genoms ermittelt. Hierzu gehören z. B. die im Drosophila-Modell bee<strong>in</strong>flussen, kön-<br />
<strong>in</strong> Genen, die e<strong>in</strong> Silenc<strong>in</strong>g des white-Gens<br />
33<br />
Taufliege Drosophila melanogaster, die Maus, die Ackerschmalwand Arabidopsis thaliana nen leicht erkannt werden. Die Tiere haben<br />
und auch der Mensch. Dadurch konnte die Zahl der Gene dieser Organismen genauer vorher<br />
dann normal rote statt weiß-rot gefleckte<br />
gesagt werden.<br />
Augen. Durch die Isolation und Charakteri-<br />
sierung von mehr als 400 Mutationen<br />
dichtere Verpackung der DNA durch Heterochromatisierung.<br />
konnten wir etwa 150 neue Gene beschreizess<br />
E<strong>in</strong> vergleichbarer Proben,<br />
die bei Drosophila Gensilenc<strong>in</strong>g kon-<br />
wird auch beim Modellobjekt Drosophila<br />
trollieren. Von diesen 150 Genen konnten<br />
gefunden. Hier wird beobachtet, dass bisher etwa 20 <strong>in</strong> ihrer molekularen Wirtrollieren.<br />
Gene still gelegt werden, wenn sie <strong>in</strong> unmittelbare<br />
kung aufgeklärt werden. Unsere Arbeitshymat<strong>in</strong><br />
Nachbarschaft von Heterochropothese<br />
hat sich bestätigt. Die Produkte<br />
verlagert werden (Abb. 1). Im Mo- dieser Gene haben wichtige Funktionen bei<br />
Der Mensch besitzt etwa 40 000 Gene, die<br />
auf DNA-Molekülen mit e<strong>in</strong>er Gesamtlänge<br />
von ca. 1m untergebracht s<strong>in</strong>d. Im Kern<br />
e<strong>in</strong>er diploiden menschlichen Zelle s<strong>in</strong>d 46<br />
Chromosomen vorhanden. Da diese nur<br />
wenige Mikrometer groß s<strong>in</strong>d, ergibt sich<br />
die Notwendigkeit e<strong>in</strong>er extrem dichten<br />
Verpackung der DNA. Zugleich muss aber<br />
die Regulierbarkeit und Aktivität der Gene<br />
gewährleistet se<strong>in</strong>. Die Verpackung der<br />
DNA erfolgt über mehrere, hierarchisch<br />
aufe<strong>in</strong>anderfolgende Stufen. Das Nukleosom<br />
bildet bei allen Eukaryoten die Grunde<strong>in</strong>heit<br />
und enthält jeweils zwei Moleküle<br />
der Histonprote<strong>in</strong>e H2A, H2B, H3 und<br />
H4. Die DNA b<strong>in</strong>det an dieses Prote<strong>in</strong>oktamer,<br />
<strong>in</strong>dem sie <strong>in</strong> ca. 1,75 W<strong>in</strong>dungen<br />
herumgewickelt wird. Anschließend b<strong>in</strong>det<br />
e<strong>in</strong> weiteres Histon (H1) jeweils zwei benachbarte<br />
Nukleosomen und führt so zu e<strong>in</strong>er<br />
zusätzlichen Verdichtung. Höhergeordnete<br />
Schleifenstrukturen dieser Nukleosomenkette<br />
bewirken die weitere Kondensation.<br />
Die maximale Verpackung wird während<br />
der Zellteilung erreicht, wenn die<br />
Chromosomen sichtbar werden. Demgegenüber<br />
müssen die Chromosomen für die<br />
Realisierung der genetischen Information<br />
(Ablesen der Gene) so dekondensiert werden,<br />
dass e<strong>in</strong>e Zugänglichkeit durch die dafür<br />
notwendigen Werkzeuge möglich ist.<br />
Die damit verbundenen Prozesse, welche<br />
vor allem höhergeordnete Strukturen kontrollieren,<br />
s<strong>in</strong>d noch weitgehend unbekannt.<br />
Die Aufklärung der Kontrolle dieser<br />
Verpackungsstrukturen ist e<strong>in</strong> Schwerpunkt<br />
unserer Arbeiten.<br />
Viele Gene müssen <strong>in</strong> der Entwicklung<br />
stillgelegt werden:<br />
Mann und Frau unterscheiden sich <strong>in</strong> der<br />
Zahl der X-Chromosomen. Männer haben<br />
nur e<strong>in</strong> X-, während Frauen zwei X-Chromosomen<br />
besitzen. Frauen haben somit die<br />
doppelte Anzahl X-chromosomaler Gene<br />
und würden damit auch die doppelte Menge<br />
an entsprechenden Genprodukten bilden,<br />
wenn nicht e<strong>in</strong>e Korrektur erfolgt.<br />
Diese besteht dar<strong>in</strong>, dass alle Gene auf e<strong>in</strong>em<br />
der beiden X-Chromosomen total<br />
stillgelegt werden. Dieser Prozess wird<br />
Gensilenc<strong>in</strong>g genannt und erfolgt über e<strong>in</strong>e<br />
Abb. 1: Silenc<strong>in</strong>g des white-Gens bei Drosophila. (a) Die Verlagerung des white-Gens ans Heterochromat<strong>in</strong><br />
führt zur (b) Inaktivierung des white-Gens durch Gensilenc<strong>in</strong>g im Drosophila-Auge<br />
(weiße Facetten)<br />
dellsystem betrifft dies das white-Gen,<br />
welches für die rote Augenfarbe wichtig<br />
ist. Durch diese Verlagerung kommt es sehr<br />
häufig zu e<strong>in</strong>er Stillegung des white-Gens<br />
durch Heterochromatisierung. Aufgrund<br />
der Struktur des Komplexauges (bestehend<br />
aus ca. 800 E<strong>in</strong>zelaugen/Facetten) bei Drosophila<br />
kann <strong>in</strong> jeder Facette die Aktivität<br />
(rot) oder Inaktivität (weiß) des white-<br />
Gens erkannt werden. Sichtbar wird dies<br />
durch rote bzw. weiße Flecken im Auge. Es<br />
handelt sich hierbei um e<strong>in</strong> System von<br />
Gensilenc<strong>in</strong>g, das mit der X-Heterochromatisierung<br />
beim Menschen vergleichbar<br />
ist.<br />
Drosophila besitzt viele Vorteile für den<br />
Experimentator. Die Entwicklung vom Ei<br />
bis zum Imago dauert nur zwölf Tage. E<strong>in</strong><br />
Weibchen br<strong>in</strong>gt mehr als 500 Nachkommen<br />
hervor. Für genetische Analysen werden<br />
oft sehr umfangreiche Nachkommenschaften<br />
benötigt; bei bestimmten Experimenten<br />
waren mehr als 1 Million Tiere<br />
notwendig. Solche Untersuchungen, die zudem<br />
noch materiell sehr kostengünstig<br />
durchgeführt werden können, s<strong>in</strong>d nur bei<br />
Drosophila möglich.<br />
Mutanten und Kontrollgene<br />
für Gensilenc<strong>in</strong>g:<br />
Zunächst haben wir Mutationen isoliert,<br />
die zu e<strong>in</strong>er Unterdrückung oder Verstärkung<br />
von Gensilenc<strong>in</strong>g führen. Mutationen<br />
der Verpackung der DNA im Chromosom<br />
und kontrollieren zugleich den Prozess des<br />
Gensilenc<strong>in</strong>g.<br />
Gensilenc<strong>in</strong>g bei Fliege und Mensch erfolgt<br />
nach gleichem Mechanismus:<br />
E<strong>in</strong>es der von uns identifizierten Gene haben<br />
wir Su(var)3-9 genannt, weil es die<br />
veränderliche Ausprägung des white-Gens<br />
unterdrückt (Suppressor of variegation),<br />
auf dem 3. Chromosom liegt und die Nummer<br />
9 bekommen hat. Inzwischen hat sich<br />
herausgestellt, dass der zufällig gewählte<br />
Name eigentlich schon die Funktion widerspiegelt.<br />
Jahre später wurde gefunden, dass<br />
das von diesem Gen gebildete Prote<strong>in</strong> als<br />
Histon H3/Lys<strong>in</strong>9-Methyltransferase<br />
funktioniert. Es b<strong>in</strong>det an Heterochromat<strong>in</strong><br />
(Abb. 2) und führt hier zur Methylierung<br />
der Am<strong>in</strong>osäure Lys<strong>in</strong> 9 im Histon H3.<br />
Dies bewirkt, dass DNA viel dichter verpackt<br />
wird und Gene stillgelegt werden.<br />
Die Frage, ob das Su(var)3-9-Gen auch<br />
beim Menschen vorkommt, konnte durch<br />
e<strong>in</strong>en Vergleich mit der DNA-Sequenz des<br />
Menschen beantwortet werden. Die Übere<strong>in</strong>stimmung<br />
<strong>in</strong> der Am<strong>in</strong>osäuresequenz<br />
zwischen dem Drosophila SU(VAR)3-9-<br />
Prote<strong>in</strong> und dem menschlichen SUV39H1-<br />
Prote<strong>in</strong> ist mit etwa 70 Prozent sehr hoch.<br />
Die Gruppe von Professor Dr. Jenuwe<strong>in</strong><br />
am IMP <strong>in</strong> Wien, mit der wir eng kooperieren,<br />
konnte zeigen, dass auch beim Men-
scientia halensis 4/2002<br />
....................................................................................<br />
Fachbereich Biologie<br />
Abb. 2: Das SU(VAR)3-9 Prote<strong>in</strong> b<strong>in</strong>det an Heterochromat<strong>in</strong> bei Riesenchromosomen von Drosophila.<br />
(A) DNA-Färbung, (B) Immunmarkierung mit e<strong>in</strong>em Antikörper gegen SU(VAR)3-9<br />
................................................................................<br />
schen dieses Prote<strong>in</strong> im Heterochromat<strong>in</strong><br />
34<br />
gefunden wird. Auch bei uns Menschen ist<br />
für Gensilenc<strong>in</strong>g e<strong>in</strong>e Histon H3-Lys<strong>in</strong> 9-<br />
Methylierung wichtig. Im <strong>in</strong>aktiven X-<br />
Chromosom der Frau wird e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tensive<br />
H3-Lys<strong>in</strong> 9-Methylierung gefunden. Wie<br />
stark das menschliche Prote<strong>in</strong> funktionell<br />
konserviert ist, zeigen von uns vorgenommene<br />
Experimente. Wird das menschliche<br />
Gen <strong>in</strong> Drosophila übertragen und ausgeprägt,<br />
kann sogar der Verlust des entsprechenden<br />
Drosophila-Prote<strong>in</strong>s wieder völlig<br />
ausgeglichen werden (Abb. 3). Zur Sichtbarmachung<br />
des menschlichen Prote<strong>in</strong>s ha-<br />
ben wir e<strong>in</strong> Fusions-Prote<strong>in</strong> mit dem grün<br />
fluoreszierenden Prote<strong>in</strong> (GFP) <strong>in</strong> Drosophila<br />
exprimiert. Die Verteilung im Zellkern<br />
wird durch die grüne Fluoreszenz erkennbar.<br />
Das menschliche SUV39H1 b<strong>in</strong>det<br />
auch <strong>in</strong> Drosophila an Heterochromat<strong>in</strong><br />
und zeigt mit den gleichen Interaktionspartnern<br />
Wechselwirkung. Die Fliege kann<br />
somit als Testsystem für das menschliche<br />
Prote<strong>in</strong> benutzt werden. Inzwischen trifft<br />
dies auch auf viele menschliche Erkrankungen<br />
zu, die bei Drosophila nachgestellt und<br />
genau untersucht werden können.<br />
Abb. 3: Heilung von Mutanten im Drosophila Su(var)3-9 Gen durch das menschliche orthologe<br />
Prote<strong>in</strong>. (A) B<strong>in</strong>dung des menschlichen Prote<strong>in</strong>s im Heterochromat<strong>in</strong> von Drosophila,<br />
(B) Phänotyp e<strong>in</strong>er Su(var)3-9 Mutante, (C) Heilung des Mutantenphänotyps der Drosophila<br />
Su(var)3-9 Mutante durch Expression des menschlichen Prote<strong>in</strong>s.<br />
Abb. 4: Analyse des pflanzlichen homologen SU(VAR)3-9 Prote<strong>in</strong>s SUVH2. (A) DNA-Färbung<br />
e<strong>in</strong>es Arabidopsis Zellkerns (oben), Nachweis des SUVH2 Prote<strong>in</strong>s im Heterochromat<strong>in</strong><br />
durch Antikörperfärbung (Mitte), Überlagerung beider Färbungen (unten). (B) Vergleich e<strong>in</strong>er<br />
Arabidopsis Wildtyppflanze (l<strong>in</strong>ks) mit zwei Überexpressionsl<strong>in</strong>ien für SUVH2.<br />
Auch Pflanzen besitzen vergleichbare<br />
Prote<strong>in</strong>e für Gensilenc<strong>in</strong>g:<br />
Bei der Pflanze Arabidopsis thaliana konnten<br />
wir ebenfalls solche Prote<strong>in</strong>e nachweisen.<br />
Im Vergleich zu tierischen Organismen<br />
f<strong>in</strong>den wir hier jedoch e<strong>in</strong>e größere<br />
Zahl entsprechender Gene. SUVH2 ist e<strong>in</strong>es<br />
der von uns untersuchten Prote<strong>in</strong>e. Es<br />
b<strong>in</strong>det ebenfalls im Heterochromat<strong>in</strong> (Abb.<br />
4). Wenn es <strong>in</strong> transgenen Pflanzen überexprimiert<br />
wird, werden viele zusätzliche<br />
Genombereiche kondensiert. Dies geht mit<br />
e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>tensiven Histon-H3-Lys<strong>in</strong> 9-Methylierung<br />
e<strong>in</strong>her und führt schließlich zur<br />
Methylierung von DNA. E<strong>in</strong> Silenc<strong>in</strong>g von<br />
Transgenen wird beobachtet. Momentan<br />
arbeiten wir daran, das SUVH2-Gen <strong>in</strong><br />
Arabidopsis auszuschalten. Damit sollte<br />
verh<strong>in</strong>dert werden können, dass <strong>in</strong> Pflanzen<br />
e<strong>in</strong>geführte Gene stillgelegt werden.<br />
Dies kann auch für die Pflanzenzüchtung<br />
bedeutsam se<strong>in</strong>.<br />
Prof. Dr. Gunter Reuter studierte von<br />
1969–1973 Biologie <strong>in</strong> Halle; 1978 Promotion;<br />
1984 Habilitation. 1996 wurde er<br />
zum Professor für Entwicklungsgenetik an<br />
der Mart<strong>in</strong>-Luther-Universität Halle-Wittenberg<br />
berufen.<br />
Dr. Ra<strong>in</strong>er Dorn studierte von 1976–1981<br />
Biologie <strong>in</strong> Halle; 1984 Promotion; seit<br />
1984 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut<br />
für Genetik.<br />
Gunnar Schotta, Anja Ebert, Kathr<strong>in</strong> Naumann,<br />
Andreas Fischer und Thomas Rudolph<br />
s<strong>in</strong>d Mitarbeiter bzw. Doktoranden<br />
<strong>in</strong> Projekten zu dieser Thematik.
..............................................................................<br />
scientia halensis 4/2002<br />
Fachbereich Biologie<br />
SYSTEMBIOLOGIE – EINE NEUE SICHTWEISE<br />
HÄLT EINZUG IN DIE MOLEKULARBIOLOGIE<br />
Alexander Anders und Kar<strong>in</strong> D. Breunig<br />
Die Molekularbiologie hat <strong>in</strong> den letzten 30 Jahren e<strong>in</strong>en Siegeszug <strong>in</strong> allen biologischen<br />
Diszipl<strong>in</strong>en angetreten. Ihr Ziel ist es zu verstehen, wie Biomoleküle zusammenarbeiten,<br />
um die komplexen und vielfältigen Formen des Lebens hervorzubr<strong>in</strong>gen. Dabei geht man <strong>in</strong><br />
der Molekularbiologie typischerweise von den Eigenschaften von E<strong>in</strong>zelkomponenten,<br />
meist Makromolekülen, aus und versucht deren Funktion aus ihren Eigenschaften abzuleiten.<br />
Oft be<strong>in</strong>haltet dies e<strong>in</strong> immer tieferes E<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gen <strong>in</strong> die Struktur der Moleküle bis h<strong>in</strong>unter<br />
auf die atomare Ebene. Diese Vorgehensweise hat umfassende E<strong>in</strong>sichten <strong>in</strong> viele biologische<br />
Prozesse und molekulare Mechanismen gebracht. Nur <strong>in</strong> Ansätzen ist allerd<strong>in</strong>gs<br />
verstanden, wie all die vielen E<strong>in</strong>zelkomponenten zusammenwirken, um die Funktion<br />
komplexer E<strong>in</strong>heiten wie Zellen, Organe oder Organismen zu gewährleisten.<br />
Im Zeitalter der Genomforschung wurden<br />
neue Analyseverfahren entwickelt, die es<br />
erlauben, die Gesamtheit aller Gene e<strong>in</strong>es<br />
Organismus (das Genom) gleichzeitig zu<br />
messen. So ist es möglich, die E<strong>in</strong>flüsse<br />
von Umwelt oder Mutationen zu registrieren,<br />
auch wenn diese nicht zu auffälligen<br />
phänotypischen Veränderungen führen. Es<br />
wird erkennbar, dass die Aktivitäten von<br />
Gengruppen, die vorher nie <strong>in</strong> Zusammenhang<br />
gebracht worden waren, korrelieren,<br />
d. h. sie werden durch äußere Bed<strong>in</strong>gungen<br />
oder Mutationen <strong>in</strong> gleicher oder entgegengesetzter<br />
Weise bee<strong>in</strong>flusst. Aus solchen<br />
»globalen Funktionsanalysen« entstehen<br />
neue E<strong>in</strong>sichten über regulatorische Netzwerke,<br />
zeitliche und räumliche Muster<br />
werden erkennbar. Es s<strong>in</strong>d solche Daten,<br />
die den Blick vom Detail wieder auf das<br />
Ganze, auf das »System« lenken. Die Entwicklung<br />
e<strong>in</strong>er neuen Denkschule, der<br />
Systembiologie, ist Folge dieser Veränderung.<br />
Mathematische Modellierung<br />
Die Systembiologie (engl. systems biology)<br />
versucht, biologische Systeme, Zellen,<br />
Organe, Organismen oder Populationen <strong>in</strong><br />
ihrer Vernetzung zu beschreiben. Derartige<br />
Systeme, vor allem deren dynamisches<br />
Verhalten, s<strong>in</strong>d aufgrund ihrer Komplexität<br />
<strong>in</strong>tuitiv nicht nachvollziehbar. E<strong>in</strong> Grundpfeiler<br />
der Systembiologie ist daher die mathematische<br />
Modellierung, wobei Konzepte<br />
genutzt werden, die <strong>in</strong> der Steuerungsund<br />
Regeltechnik und der Kybernetik entwickelt<br />
wurden. In Form von mathematischen<br />
Gleichungen werden die zeitlichen<br />
und räumlichen Stoffwechselaktivitäten<br />
oder die Aktivitätsmuster von Genen und<br />
Signalmolekülen abgebildet, um virtuelle<br />
Repräsentationen für biologische E<strong>in</strong>heiten<br />
zu schaffen. Die Entwicklung mathematischer<br />
Modelle ist <strong>in</strong> der Regel e<strong>in</strong> iterativer<br />
Vorgang, <strong>in</strong> den Experimente am Computer<br />
(<strong>in</strong> silico) und im Labor e<strong>in</strong>gebunden s<strong>in</strong>d.<br />
In dessen Verlauf werden aus Simulationen<br />
abgeleitete Voraussagen experimentell überprüft,<br />
was gegebenenfalls wiederum zu e<strong>in</strong>er<br />
Modifikation der im mathematischen<br />
Modell verwendeten Ausgangshypothese<br />
führen kann. Im Idealfall greifen so biologisches<br />
Experiment und Modellentwicklung/<br />
-verfe<strong>in</strong>erung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em sich gegenseitig befruchtenden<br />
Prozess eng <strong>in</strong>e<strong>in</strong>ander<br />
(Abb. 1).<br />
Nach großer Skepsis, die der Systembiologie<br />
anfänglich entgegengebracht wurde, erlebt<br />
die Richtung mit der Etablierung e<strong>in</strong>er<br />
Reihe von Forschungszentren für Systems<br />
Biology derzeit e<strong>in</strong>en enormen Aufw<strong>in</strong>d<br />
(vgl. Tabelle 1, Seite 36). Das Bundesm<strong>in</strong>isterium<br />
für Bildung und Forschung<br />
(BMBF) wird <strong>in</strong> den nächsten fünf Jahren<br />
etwa 50 Millionen Euro <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Programm<br />
»Systembiologie – Systeme des Lebens«<br />
<strong>in</strong>vestieren, bei dem e<strong>in</strong> virtuelles Modell<br />
des Systems Leberzelle ehrgeiziges<br />
Forschungsziel ist.<br />
Sachsen-Anhalt hat mit dem Max-Planck-<br />
Institut für Dynamik komplexer technischer<br />
Systeme e<strong>in</strong>es der wenigen deutschen<br />
Kompetenzzentren für Systembiologie.<br />
Dessen Gründungsdirektor Prof. Dr. Ernst<br />
Dieter Gilles betrieb Systembiologie am<br />
Stuttgarter Institut für Systemdynamik<br />
und Regelungstechnik lange bevor der Begriff<br />
unter Biologen populär wurde.<br />
Das modulare Konzept<br />
...............................................................................<br />
scher Systeme zu f<strong>in</strong>den, von Basenpaaren<br />
und Am<strong>in</strong>osäuren zu Genen und Prote<strong>in</strong>en,<br />
von chemischen Reaktionen zu metabolischen<br />
und regulatorischen Netzwerken,<br />
von Organellen und Membranen zu Zellen<br />
und schließlich zu Organen und Organsystemen.<br />
Module s<strong>in</strong>d Komponenten,<br />
Teile oder Subsysteme e<strong>in</strong>es größeren Systems.<br />
Um e<strong>in</strong> komplexes System entsprechend<br />
dem modularen Konzept modellieren<br />
zu können, ist es notwendig, <strong>in</strong>nerhalb<br />
dieses Systems Untersysteme abzugren-<br />
Abb. 1: Die Systembiologie verfolgt e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>ären<br />
Ansatz. Sie nutzt Konzepte<br />
aus der Biologie, der Informatik und den<br />
Systemwissenschaften.<br />
Die große Herausforderung an die Systembiologie<br />
ist die Komplexität der untersuchten<br />
Systeme. Komplexe Systeme s<strong>in</strong>d charakterisiert<br />
durch geme<strong>in</strong>same Eigenschaften,<br />
die mit dem System als ganzes verbunden<br />
und die verschieden s<strong>in</strong>d von den charakteristischen<br />
Verhaltensweisen der e<strong>in</strong>zelnen<br />
Bestandteile. Um sich solch komplexen<br />
Systemen annähern zu können,<br />
wurden <strong>in</strong> der Systembiologie verschiedene<br />
Konzepte entwickelt. E<strong>in</strong>e häufig verfolgte<br />
Herangehensweise bedient sich des modularen<br />
Aufbaus biologischer Systeme. Die<br />
Modularität ist auf allen Ebenen biologizen.<br />
Da die Grenzen solcher funktioneller<br />
E<strong>in</strong>heiten ke<strong>in</strong>eswegs physikalischer Natur<br />
se<strong>in</strong> müssen, ist e<strong>in</strong>e Festlegung von Modulen<br />
<strong>in</strong> vielen Fällen ke<strong>in</strong>e triviale Aufgabe.<br />
E<strong>in</strong>ige Kriterien helfen bei der Abgrenzung<br />
von funktionellen E<strong>in</strong>heiten, beispielsweise<br />
der Erfüllung e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>samen<br />
physiologischen Aufgabe oder e<strong>in</strong>er<br />
geme<strong>in</strong>samen genetischen Regulation, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen<br />
Fällen aber bleibt die Festlegung von<br />
Modulen e<strong>in</strong>e unsichere Aufgabe. Der<br />
Grundgedanke des modularen Konzeptes<br />
ist e<strong>in</strong>e sukzessive Zerlegung komplexer<br />
Systeme <strong>in</strong> immer kle<strong>in</strong>ere relativ unabhängig<br />
agierende Module, welche dann im E<strong>in</strong>zelnen<br />
modelliert und e<strong>in</strong>gehend analysiert<br />
werden können. Bewährte Module können<br />
später über Anschlüsse mit anderen Modulen<br />
komb<strong>in</strong>iert werden, um auf diesem<br />
Weg e<strong>in</strong> Modell des komplexen Gesamtsystems<br />
zu erhalten, ohne auf der jeweiligen<br />
Systemebene die Komplexität wesentlich<br />
zu erhöhen.<br />
35
scientia halensis 4/2002<br />
....................................................................................<br />
Fachbereich Biologie<br />
Institut / Projekt<br />
F<strong>in</strong>anzmittel<br />
................................................................................<br />
E<strong>in</strong>e enorme Bedeutung <strong>in</strong> diesem Zusammenhang<br />
hat die Analyse der Verhaltens-<br />
36<br />
weisen der Module und Systeme, also die<br />
Frage, welche E<strong>in</strong>gaben <strong>in</strong> das System welche<br />
Ausgaben bewirken. Hierauf liegt das<br />
eigentliche Hauptaugenmerk der Systembiologie,<br />
wobei elementare Pr<strong>in</strong>zipien über<br />
die Verschaltung von Elementen und daraus<br />
resultierende Verhaltensweisen des Systems<br />
aufgedeckt werden sollen, also zum<br />
Beispiel die Frage, <strong>in</strong> welcher Art und Weise<br />
e<strong>in</strong>zelne Komponenten verknüpft se<strong>in</strong><br />
müssen, um e<strong>in</strong> System hochgradig unanfällig<br />
gegen <strong>in</strong>nere und äußere Störungen<br />
(robust) zu machen. Der systembiologische<br />
Ansatz verfolgt also das Ziel, die aus<br />
dem Zusammenspiel e<strong>in</strong>zelner Komponenten<br />
resultierenden Eigenschaften zu untersuchen<br />
und unterscheidet sich damit vom<br />
oben geschilderten Ansatz der Molekularbiologie.<br />
Beschreibung e<strong>in</strong>es Systems<br />
Institute for Systems Biology, Seattle<br />
ERATO-Kitano Systems biology, Tokyo / Pasadena<br />
Alliance for Cellular Signal<strong>in</strong>g, USA<br />
Systems Biology Research Center, S<strong>in</strong>gapore<br />
»Genomes to Life«, DOE, USA<br />
»Systeme des Lebens – Systembiologie«,<br />
BMBF, Deutschland<br />
Im Rahmen e<strong>in</strong>er durch das Land Sachsen-<br />
Anhalt geförderten Zusammenarbeit mit<br />
der Arbeitsgruppe von Prof. Gilles versuchen<br />
wir derzeit, das <strong>in</strong> unserm Labor seit<br />
Jahren <strong>in</strong>tensiv untersuchte Lactose-Regulon<br />
der Hefe als funktional def<strong>in</strong>iertes<br />
System zu beschreiben. Dieses System besteht<br />
aus e<strong>in</strong>em regulatorischen und e<strong>in</strong>em<br />
metabolischen Netzwerk, die sich gegenseitig<br />
bee<strong>in</strong>flussen. Komponenten des metabolischen<br />
Netzwerks s<strong>in</strong>d der Milchzucker<br />
Lactose, dessen Spaltprodukte Glucose<br />
und Galactose und Enzyme, die Aufnahme<br />
und Spaltung der Lactose <strong>in</strong> der Hefezelle<br />
katalysieren. Komponenten des regulatorischen<br />
Netzwerks s<strong>in</strong>d Regulatorprote<strong>in</strong>e,<br />
welche die Aktivität e<strong>in</strong>er Gruppe von Genen<br />
kontrollieren und damit für die Synthese<br />
der metabolischen Enzyme verantwortlich<br />
s<strong>in</strong>d. Die Aktivierung dieser Gene erlaubt<br />
den Hefezellen, die verfügbare Lactose<br />
<strong>in</strong> Energie und Zellmasse umzusetzen.<br />
Durch molekularbiologische Struktur-/<br />
Funktionsanalysen konnten wir weitgehend<br />
klären, wie die Genaktivität an die<br />
Verfügbarkeit von Lactose angepasst wird.<br />
Der molekulare Schalter besteht aus drei<br />
Prote<strong>in</strong>en, e<strong>in</strong>em Aktivator (Gal4p), dessen<br />
Inhibitor (Gal80p) und dem Induktor<br />
(Gal1p), der Lactose-abhängig mit dem<br />
Inhibitor <strong>in</strong>teragiert und dessen hemmende<br />
Wirkung aufhebt.<br />
200 Mio. US$<br />
3,2 Mio. US$ / Jahr<br />
> 5 Mio. US$ / Jahr<br />
28 Mio. US$ / Jahr<br />
200 Mio. US$ / Jahr (geplant)<br />
45 Mio. US$, fünf Jahre<br />
Tab. 1: F<strong>in</strong>anzmittel der wichtigsten Institute und Projekte im Bereich der Systembiologie<br />
Für das Verständnis der Systemeigenschaften<br />
des Regulons reicht dieses Detailverständnis<br />
jedoch nicht aus. Ob die Lactose-<br />
Verwertung aktiviert wird oder nicht, hängt<br />
nämlich wesentlich von den Konzentrationsverhältnissen<br />
und den absoluten Konzentrationen<br />
der Regulatoren ab. Deren<br />
Syntheserate wiederum hängt autoregulatorisch<br />
von deren Aktivität ab (Abb. 2).<br />
Schon kle<strong>in</strong>e Verschiebungen <strong>in</strong> den Ausgangskonzentrationen<br />
können die Syntheserate<br />
relativ zue<strong>in</strong>ander verschieben und<br />
dadurch die Lactose-Verwertung massiv<br />
bee<strong>in</strong>flussen. Wie sich kle<strong>in</strong>e Veränderungen<br />
auswirken, ist jedoch <strong>in</strong>tuitiv schwer<br />
vorhersehbar. Erst e<strong>in</strong>e dynamische Betrachtung,<br />
die berücksichtigt, dass Inhibitorkonzentration<br />
und Inhibitorwirkung<br />
umgekehrt proportional zue<strong>in</strong>ander reguliert<br />
werden, erfasst den komplexen Zusammenhang.<br />
Durch die mathematische<br />
Beschreibung des Systemverhaltens erhält<br />
man e<strong>in</strong> Prognosemodell, das letztlich die<br />
Genaktivität voraussagen kann und uns <strong>in</strong><br />
die Lage versetzt, aussagekräftige und <strong>in</strong><br />
Bezug auf die Modellierung wichtige Experimente<br />
zu planen.<br />
Wie an diesem Beispiel deutlich wird, wäre<br />
es wenig s<strong>in</strong>nvoll, molekularbiologische<br />
und systembiologische Vorgehensweise als<br />
Gegensatzpaare zu sehen. Beide Ansätze<br />
schließen sich nicht gegenseitig aus, sondern<br />
lassen sich s<strong>in</strong>nvoll verb<strong>in</strong>den, um zu<br />
e<strong>in</strong>em umfassenderen Verständnis biologischer<br />
Systeme zu kommen.<br />
Abb. 2: Regelkreis der Lactose-Induktion. Der Aktivator Gal4p kann die Gene, die für die Verwertung<br />
von Lactose benötigt werden, aktivieren. Ist ke<strong>in</strong>e Lactose im Medium vorhanden,<br />
b<strong>in</strong>det der Inhibitor Gal80p an Gal4p und verh<strong>in</strong>dert damit dessen aktivierende Wirkung. In<br />
Anwesenheit von Lactose kann Gal1p an Gal80p b<strong>in</strong>den und somit den Aktivator Gal4p von<br />
der <strong>in</strong>hibierenden Wirkung befreien. Der Lactose-Transporter Lac12p transportiert Lactose<br />
von außen <strong>in</strong> die Zelle. Er hat e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss auf die Menge von Lactose <strong>in</strong>nerhalb der Zelle<br />
und somit auch auf den gesamten Induktionsprozess.<br />
Alexander Anders hat an der Mart<strong>in</strong>-Luther-Universität<br />
Biologie studiert und entwickelt<br />
im Rahmen se<strong>in</strong>er Doktorarbeit am<br />
Institut für Genetik e<strong>in</strong> mathematisches<br />
Modell des Hefe-Lactose-Regulons.<br />
Kar<strong>in</strong> Breunig wurde an der Universität<br />
Heidelberg promoviert (Genetik), habilitierte<br />
sich an der Universität Düsseldorf<br />
(Mikrobiologie) und ist seit 1996 Professor<strong>in</strong><br />
am Institut für Genetik der halleschen<br />
Universität.
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scientia halensis 4/2002<br />
Fachbereich Biologie<br />
WAFFENARSENALE IM MIKROKOSMOS<br />
BAKTERIELLE VIRULENZ UND PFLANZLICHE ABWEHR<br />
Jens Boch, Thomas Lahaye, Ralf Koebnik und Ulla Bonas<br />
Pflanzen produzieren große Mengen an Biomasse, die e<strong>in</strong> für Mikroorganismen verlockendes<br />
Nährstoffreservoir darstellt. Diese Nährstoffe gilt es jedoch raff<strong>in</strong>iert zu erschließen,<br />
denn Pflanzen geben ihren photosynthetisch hergestellten Zucker nicht ohne Gegenwehr<br />
heraus. Daher haben es nur speziell angepasste Bakteriengruppen geschafft, sich diesen<br />
Lebensraum zu erschließen. Sichtbar wird e<strong>in</strong>e solch gelungene Besiedlung – sehr zum Ärger<br />
der Landwirte – durch Krankheitssymptome der Pflanze, die Ernteerträge m<strong>in</strong>dern. In<br />
der Abteilung Pflanzengenetik des Instituts für Genetik an der Mart<strong>in</strong>-Luther-Universität<br />
wird die Interaktion von bakteriellen Schädl<strong>in</strong>gen und ihren Pflanzenwirten an Modellsystemen<br />
untersucht.<br />
Xanthomonas campestris pv. vesicatoria<br />
ist der Erreger der bakteriellen Fleckenkrankheit<br />
bei Tomate und Paprika, Pseudomonas<br />
syr<strong>in</strong>gae pv. tomato führt zur bakteriellen<br />
Fleckenkrankheit auf Tomate und<br />
befällt außerdem die <strong>in</strong> der Molekularbiologie<br />
wohlbekannte Modellpflanze Arabidopsis<br />
thaliana. Viele molekulare Arbeiten<br />
werden erst dadurch ermöglicht, dass das<br />
Erbgut von P. syr<strong>in</strong>gae pv. tomato, sowie<br />
A. thaliana vollständig und das von X.<br />
campestris pv. vesicatoria bereits <strong>in</strong> großen<br />
Teilen entschlüsselt wurde.<br />
Das essenzielle Waffenarsenal<br />
des Schädl<strong>in</strong>gs<br />
Elektronenmikroskopische Aufnahme e<strong>in</strong>er<br />
Xanthomonas campestris pv. vesicatoria-<br />
Zelle (dunkler Bereich) mit Pili, die auf dem<br />
Typ-III-Sekretionsapparat sitzen.<br />
Foto: AG Bonas<br />
ne, sogenannte »Translokatoren« beteiligt.<br />
E<strong>in</strong>en aktuellen Forschungsschwerpunkt<br />
stellt <strong>in</strong> diesem Zusammenhang das molekulare<br />
Signal dar, welches die Effektoren<br />
aus dem Bakterien<strong>in</strong>neren durch das Typ-<br />
III-System dirigiert. Vergleichende Sequenzanalysen<br />
zahlreicher Typ-III-Effektoren<br />
deuten darauf h<strong>in</strong>, dass es e<strong>in</strong>e Präferenz<br />
für spezielle Am<strong>in</strong>osäuren <strong>in</strong> Effektorprote<strong>in</strong>en<br />
gibt, die möglicherweise für<br />
die Sekretion von Bedeutung s<strong>in</strong>d.<br />
Die bakterielle Spezialausrüstung –<br />
Wirtsspezifität<br />
Welche Prote<strong>in</strong>e werden <strong>in</strong> die Pflanzenzelle<br />
<strong>in</strong>jiziert und welchen Nutzen haben<br />
diese für die Bakterien? Es wird angenommen,<br />
dass die Gesamtheit des Effektor-Arsenals<br />
die Virulenz der Bakterien ermöglicht,<br />
wobei die Beiträge der e<strong>in</strong>zelnen<br />
Effektoren weitgehend ungeklärt s<strong>in</strong>d. Studien<br />
haben gezeigt, dass die Deletion e<strong>in</strong>zelner<br />
oder mehrerer Effektorgene aus dem<br />
Genom der Bakterien ke<strong>in</strong>en oder nur e<strong>in</strong>en<br />
ger<strong>in</strong>gen negativen E<strong>in</strong>fluss auf die Fähigkeit<br />
von Xanthomonas hat, sich <strong>in</strong> der<br />
Pflanze zu vermehren. Offensichtlich besitzen<br />
Pflanzenpathogene e<strong>in</strong>e Vielzahl<br />
...............................................................................<br />
Während der Infektion dr<strong>in</strong>gen pflanzenpathogene<br />
Bakterien <strong>in</strong> das pflanzliche Gewebe<br />
e<strong>in</strong> und vermehren sich im Raum<br />
zwischen den Pflanzenzellen (Interzellularraum).<br />
Bei den meisten pflanzenpathogenen<br />
Bakterien spielt dabei e<strong>in</strong> Typ-III-Sekretionssystem<br />
(Hrp) e<strong>in</strong>e Schlüsselrolle.<br />
Diese molekulare Injektionsspritze ermöglicht<br />
die Sekretion von Virulenzprote<strong>in</strong>en<br />
<strong>in</strong> den Interzellularraum und darüber h<strong>in</strong>aus<br />
e<strong>in</strong>e direkte Injektion sogenannter<br />
Effektoren <strong>in</strong> das Zytoplasma der pflanzlichen<br />
Wirtszelle. Interessanterweise f<strong>in</strong>den<br />
sich homologe Systeme bei e<strong>in</strong>er Vielzahl<br />
von tier- und humanpathogenen Bakterien,<br />
so dass man davon ausgehen kann, dass<br />
dieser »Injektionsmechanismus« e<strong>in</strong>en<br />
Meilenste<strong>in</strong> <strong>in</strong> der Evolution pathogener<br />
Bakterien darstellt. Pflanzenpathogene haben<br />
jedoch e<strong>in</strong>e zusätzliche Hürde zu überw<strong>in</strong>den,<br />
um <strong>in</strong> Kontakt mit der Wirtszelle<br />
zu treten, nämlich die pflanzliche Zellwand.<br />
Diese wird vermutlich durch die<br />
Ausbildung extrazellulärer fädiger Strukturen<br />
am Typ-III-Sekretionsapparat überbrückt,<br />
die den Sekretionsapparat wie die<br />
Kanüle e<strong>in</strong>er Spritze verlängern. Nach der<br />
Passage durch diese Pili gelangen die Effektorprote<strong>in</strong>e<br />
<strong>in</strong> bisher ungeklärter Weise<br />
über die Plasmamembran <strong>in</strong>s Zytoplasma<br />
der Wirtszelle. An diesem Vorgang s<strong>in</strong>d<br />
wahrsche<strong>in</strong>lich spezielle bakterielle Proteizum<br />
Teil funktionell redundanter Effektoren<br />
(ca. 36 <strong>in</strong> P. syr<strong>in</strong>gae pv. tomato), so<br />
dass der Verlust E<strong>in</strong>zelner nicht zum völligen<br />
Verlust der Virulenz führt. Für das<br />
AvrBs3-Prote<strong>in</strong>, den Prototyp e<strong>in</strong>er Familie<br />
von Effektoren, die bisher nur <strong>in</strong> Xanthomonas<br />
und dem nahen verwandten<br />
Ralstonia gefunden wurden, konnte gezeigt<br />
werden, dass es e<strong>in</strong>en pflanzeneigenen<br />
Transportmechanismus nutzt, um nach Injektion<br />
<strong>in</strong>s pflanzliche Zytoplasma <strong>in</strong> den<br />
Zellkern zu gelangen. In AvrBs3 bef<strong>in</strong>den<br />
sich neben den hierfür nötigen Kernlokalisierungssequenzen<br />
weitere funktionell<br />
wichtige Bereiche. Der mittlere Bereich ist<br />
durch e<strong>in</strong>e 17-fache fast identische Wiederholung<br />
e<strong>in</strong>es Motives aus je 34 Am<strong>in</strong>osäuren<br />
gekennzeichnet, für die angenommen<br />
wird, dass sie <strong>in</strong> der Interaktion mit Wirtsprote<strong>in</strong>en,<br />
oder der direkten B<strong>in</strong>dung an<br />
DNA e<strong>in</strong>e Rolle spielt. Außerdem f<strong>in</strong>det<br />
sich e<strong>in</strong>e Domäne, die die Expression von<br />
eukaryontischen Genen regulieren könnte.<br />
In e<strong>in</strong>em experimentellen Ansatz konnten<br />
vor kurzem Paprikagene identifiziert werden,<br />
die durch AvrBs3 reguliert werden.<br />
Dieses deutet darauf h<strong>in</strong>, dass pflanzenpathogene<br />
Bakterien über Typ-III-Effektoren<br />
die Expression von Wirtsgenen zu ihrem<br />
Nutzen modulieren.<br />
Neben der Genexpression s<strong>in</strong>d auch andere<br />
pflanzliche Funktionen Ziele für den Angriff<br />
durch Effektoren. AvrPtoB, e<strong>in</strong> Effektor<br />
aus P. syr<strong>in</strong>gae pv. tomato, attackiert<br />
vermutlich die Abwehrmechanismen der<br />
Pflanze. Untersuchungen homologer Faktoren<br />
<strong>in</strong> dem Bohnenpathogen P. syr<strong>in</strong>gae pv.<br />
phaseolicola konnten zeigen, dass dieser<br />
Effektor unter bestimmten Bed<strong>in</strong>gungen die<br />
Abwehr der Pflanze unterdrückt. E<strong>in</strong>e molekulare<br />
Erklärung für diesen Effekt könnte<br />
dar<strong>in</strong> liegen, dass AvrPtoB <strong>in</strong> Tomate mit<br />
Prote<strong>in</strong>k<strong>in</strong>asen <strong>in</strong> Wechselwirkung tritt, die<br />
<strong>in</strong> der Signaltransduktion von Eukaryonten<br />
e<strong>in</strong>e essenzielle Rolle spielen. Die Homologie<br />
weiterer Effektoren aus P. syr<strong>in</strong>gae pv.<br />
tomato mit Tyros<strong>in</strong>-Phosphatasen und<br />
ADP-Ribosyltransferasen deutet darauf<br />
h<strong>in</strong>, dass Signalwege <strong>in</strong>nerhalb pflanzlicher<br />
Zellen e<strong>in</strong> bedeutendes Ziel für Effektorprote<strong>in</strong>e<br />
s<strong>in</strong>d.<br />
Überwachungssysteme und<br />
Abwehrwaffen e<strong>in</strong>er Pflanze<br />
Im Normalfall ist e<strong>in</strong>e Pflanze durch e<strong>in</strong><br />
umfangreiches Arsenal von Verteidigungssystemen<br />
gegen parasitierende Bakterien<br />
gefeit. Die Bildung reaktiver Sauerstoff-<br />
37
scientia halensis 4/2002<br />
....................................................................................<br />
Fachbereich Biologie<br />
................................................................................<br />
verb<strong>in</strong>dungen, die Synthese Pathogen-<strong>in</strong>duzierter<br />
Prote<strong>in</strong>e, die Verdickung und Quer-<br />
38<br />
vernetzung der Zellwände, die Bildung toxischer<br />
Verb<strong>in</strong>dungen (sogenannter Phytoalex<strong>in</strong>e)<br />
und e<strong>in</strong> programmierter Zelltod<br />
(hypersensitive Reaktion, HR) gehören<br />
zum Spektrum der <strong>in</strong>duzierten Abwehrreaktionen.<br />
Der HR wird dabei e<strong>in</strong>e zentrale<br />
Bedeutung zugewiesen. Der programmierte<br />
»Selbstmord« der befallenen Zellen entzieht<br />
vermutlich dem Schädl<strong>in</strong>g die Nahrungsgrundlage<br />
und verh<strong>in</strong>dert dessen weitere<br />
Ausbreitung. Die Erkennung ist der erste<br />
und essenzielle Schritt, der die HR <strong>in</strong>duziert<br />
und verh<strong>in</strong>dert, dass sich Pflanzenpathogene<br />
<strong>in</strong> resistenten Pflanzen stark<br />
vermehren können. Er wird ausgelöst durch<br />
e<strong>in</strong>zelne bakterielle Effektorprote<strong>in</strong>e, die <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>er Art Schlüssel-Schloss-Pr<strong>in</strong>zip hochspezifisch<br />
von sogenannten Resistenzprote<strong>in</strong>en<br />
erkannt werden. E<strong>in</strong>e direkte physikalische<br />
Interaktion von Effektor und Resistenzprote<strong>in</strong><br />
konnte jedoch nur <strong>in</strong> wenigen<br />
Fällen nachgewiesen werden. E<strong>in</strong> alternatives<br />
Modell postuliert daher, dass<br />
Schematische Darstellung der Interaktion zwischen pathogenem Bakterium (rot) und Pflanzenzelle<br />
(grün). Die Übertragung von Effektorprote<strong>in</strong>en <strong>in</strong> die Pflanzenzelle ist e<strong>in</strong> essenzieller<br />
Schritt zur erfolgreichen Infektion (anfällige Pflanze). Resistente Pflanzen s<strong>in</strong>d jedoch <strong>in</strong><br />
der Lage, bestimmte Effektoren zu erkennen und e<strong>in</strong>en programmierten Zelltod e<strong>in</strong>zuleiten.<br />
Effektorprote<strong>in</strong>e primär mit pflanzlichen<br />
Zielprote<strong>in</strong>en <strong>in</strong>teragieren, deren Funktionalität<br />
wiederum durch Interaktion mit Resistenzprote<strong>in</strong>en<br />
überwacht wird. In unserer<br />
Arbeitsgruppe werden die Resistenzgene<br />
Bs3 aus Paprika (Capsicum annuum)<br />
und Bs4 aus Tomate (Lycopersicon esculentum)<br />
bearbeitet, die spezifisch die Erkennung<br />
von AvrBs3 und AvrBs4 (zweier<br />
Vertreter der AvrBs3-Familie) vermitteln.<br />
Die Bs3- und Bs4-abhängige Erkennung ist<br />
dabei hochspezifisch, trotz hoher Homo-<br />
logie zwischen AvrBs3 und AvrBs4 (97<br />
Prozent identisch). Das Tomaten-Resistenzgen<br />
Bs4 wurde unlängst <strong>in</strong> unserer Arbeitsgruppe<br />
isoliert und stellt e<strong>in</strong>en Vertreter<br />
der TIR-NBS-LRR-Klasse von Resistenzprote<strong>in</strong>en<br />
dar. Interessanterweise zeigt<br />
diese Klasse pflanzlicher Resistenzprote<strong>in</strong>e<br />
e<strong>in</strong>e hohe Homologie zu Prote<strong>in</strong>en <strong>in</strong><br />
Mensch und Drosophila, die ihrerseits e<strong>in</strong>e<br />
essenzielle Funktion <strong>in</strong> der frühen Immunantwort<br />
haben. Diese strukturell-funktionelle<br />
Konservierung deutet darauf h<strong>in</strong>, dass<br />
Abwehrsysteme <strong>in</strong> Pflanzen und Tieren e<strong>in</strong>en<br />
geme<strong>in</strong>samen evolutionären Ursprung<br />
haben.<br />
Jens Boch studierte von 1987 bis 1993 Biologie<br />
an der Philipps-Universität Marburg<br />
(Promotion 1996), arbeitete dann an der<br />
Wash<strong>in</strong>gton University <strong>in</strong> St. Louis/USA<br />
und seit 1999 als wissenschaftlicher Assistent<br />
im Institut für Genetik <strong>in</strong> Halle.<br />
Thomas Lahaye studierte von 1988 bis<br />
1994 Biologie an der Aachener Universität,<br />
arbeitete danach am Sa<strong>in</strong>sbury<br />
Laboratory <strong>in</strong> Norwich/UK (Promotion<br />
1999) und ist seit 1999 wissenschaftlicher<br />
Assistent im Institut für Genetik.<br />
Ralf Koebnik studierte von 1981 bis 1986<br />
Biologie an der Universität Halle, arbeitete<br />
danach unter anderem an der Eberhard-<br />
Karls-Universität und dem MPI <strong>in</strong> Tüb<strong>in</strong>gen<br />
(Promotion 1992) und ist seit 1999<br />
wissenschaftlicher Assistent im Institut für<br />
Genetik (Habilitation 2001).<br />
Ulla Bonas studierte Biologie an der Universität<br />
Köln. Nach Forschungstätigkeiten<br />
<strong>in</strong> USA, Berl<strong>in</strong> und am CNRS-Institut <strong>in</strong><br />
Gif-sur-Yvette erfolgte 1995 der Ruf an die<br />
hallesche Universität. Seit 1998 ist sie Leiter<strong>in</strong><br />
der Abteilung für Pflanzengenetik im<br />
Institut für Genetik und seit 1999 Sprecher<strong>in</strong><br />
des SFB 363.<br />
Bild l<strong>in</strong>ks: Aufzucht von Paprika, Tomate<br />
und Tabak im Gewächshaus im Dachgeschoss<br />
des Biozentrums (oben). Arabidopsis thaliana<br />
(unten) benötigt deutlich weniger Platz.<br />
Fotos: AG Bonas
..............................................................................<br />
scientia halensis 4/2002<br />
Personalia<br />
BERUFUNGEN<br />
WIRTSCHAFTS-<br />
WISSEN-<br />
SCHAFTLICHE<br />
FAKULTÄT<br />
WIRTSCHAFTS-<br />
WISSEN-<br />
SCHAFTLICHE<br />
FAKULTÄT<br />
...............................................................................<br />
WIRTSCHAFTS-<br />
WISSEN-<br />
SCHAFTLICHE<br />
FAKULTÄT<br />
39<br />
Prof. Dr. Claudia Becker<br />
Universitätsprofessor<strong>in</strong> für Statistik (C3) an<br />
der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät<br />
seit 1. Oktober 2002.<br />
Geboren am 13. Juli 1967 <strong>in</strong> Haan (bei<br />
Düsseldorf).<br />
Wissenschaftlicher/beruflicher Werdegang:<br />
1986–1993 Studium der Statistik (Nebenfach<br />
Informatik) an der Universität<br />
Dortmund<br />
1993 Diplom-Statistiker<strong>in</strong><br />
1993–1997 Wiss. Angestellte an der o. g.<br />
Universität<br />
1996 Promotion zum Dr. rer. nat.<br />
1998–2000 Wiss. Angestellte im SFB 475<br />
»Komplexitätsreduktion <strong>in</strong> multivarianten<br />
Datenstrukturen« an<br />
der o. g. Universität<br />
2000–2002 Wiss. Assistent<strong>in</strong> am FB Statistik<br />
an o. g. Universität, weiterh<strong>in</strong><br />
Mitarbeit im SFB 475<br />
2001 Projektleiter<strong>in</strong> des Teilprojektes<br />
M9 »Methoden der Informationsgew<strong>in</strong>nung«<br />
im SFB 559<br />
»Modellierung großer Netze <strong>in</strong><br />
der Logistik«<br />
2001–2002 Vertretungsprofessor<strong>in</strong> an der<br />
Universität München<br />
2002 Habilitation und Lehrbefugnis,<br />
Hochschuldozent<strong>in</strong> an der Universität<br />
Dortmund<br />
2002 Universitätsprofessor<strong>in</strong> <strong>in</strong> Halle<br />
Arbeits- und Forschungsschwerpunkte:<br />
Analyse hochdimensionaler, dynamischer,<br />
hochstrukturierter Daten, <strong>in</strong>sbesondere mit<br />
robusten statistischen Verfahren und Methoden<br />
der Dimensionsreduktion<br />
Publikationen (Auswahl):<br />
• The mask<strong>in</strong>g breakdown po<strong>in</strong>t of multivariate<br />
outlier identification rules, Journal of<br />
the American Statistical Association 94,<br />
947–955 (1999, mit U. Gather)<br />
• Robust methods for complex data structures.<br />
In: Data Analysis, Classification and<br />
Related Methods, Spr<strong>in</strong>ger, 315–320 (2000,<br />
mit U. Gather, S. Kuhnt)<br />
• The size of the largest nonidentificable<br />
outlier as a performance criterion for multivariate<br />
outlier identification rules: the case<br />
of high-dimensional data. In: COMSTAT<br />
2000, Physica, 211–216 (2000)<br />
• A note on outlier sensitivity of sliced <strong>in</strong>verse<br />
regression, Statistics 13, 271–281<br />
(2002, mit U. Gather, T. Hilker)<br />
Prof. Dr. Ronald Maier<br />
Universitätsprofessor für Wirtschafts<strong>in</strong>formatik,<br />
Betriebliches Informationsmanagement<br />
(C4) an der Wirtschaftswissenschaftlichen<br />
Fakultät seit 1. Oktober 2002.<br />
Geboren am 4. Juni 1968 <strong>in</strong> L<strong>in</strong>z/Österreich.<br />
Wissenschaftlicher/beruflicher Werdegang:<br />
1987–1992 Studium der Wirtschafts<strong>in</strong>formatik<br />
an der Johannes-Kepler-<br />
Universität L<strong>in</strong>z; Organisationsprogrammierer<br />
und Projektleiter<br />
<strong>in</strong> L<strong>in</strong>zer Unternehmen<br />
1992 Universitätsass. am Institut für<br />
Wirtschafts<strong>in</strong>formatik der o. g.<br />
Universität<br />
1993–1995 Wiss. Mitarb. am Lehrstuhl für<br />
Wirtschafts<strong>in</strong>formatik der Wiss.<br />
Hochschule für Unternehmens<br />
führung – Otto Beisheim Hochschule<br />
(WHU) <strong>in</strong> Koblenz<br />
1996 Promotion zum Dr. rer. pol.<br />
1996–1998 Wiss. Ass. am Lehrstuhl für<br />
Wirtschafts<strong>in</strong>formatik der Universität<br />
Regensburg<br />
1998–1999 Visit<strong>in</strong>g Assistant Professor am<br />
Terry College of Bus<strong>in</strong>ess an der<br />
University of Georgia <strong>in</strong> Athens,<br />
GA (USA)<br />
1999–2002 Wiss. Ass. am Lehrstuhl für<br />
Wirtschafts<strong>in</strong>formatik der Universität<br />
Regensburg<br />
2001 Habilitation<br />
2002 Lehrstuhlvertr. <strong>in</strong> Regensburg<br />
2002 Universitätsprofessor <strong>in</strong> Halle<br />
Arbeits- und Forschungsschwerpunkte:<br />
Datenmanagement und Bus<strong>in</strong>ess Intelligence,<br />
Prozessmanagement, Wissensmanagement<br />
und Wissensmanagementsysteme<br />
Publikationen (Auswahl):<br />
• Knowledge Management Systems. Information<br />
and Communication Technologies<br />
for Knowledge Management, 2002<br />
• Def<strong>in</strong><strong>in</strong>g Process-Oriented Knowledge Management<br />
Strategies. In: Knowledge and Process<br />
Management – The Journal of Corporate<br />
Transformation, 2002, 103–118 (mit Remus)<br />
• E<strong>in</strong> Modell für die Erfolgsmessung von Wissensmanagementsystemen.<br />
In: Wirtschafts<strong>in</strong>formatik,<br />
2001, 497–508 (mit Hädrich)<br />
• Organizational Concepts and Measures for<br />
the Evaluation of Data Model<strong>in</strong>g. In:<br />
Becker, S.: Develop<strong>in</strong>g Quality Complex<br />
Database Systems: Practices, Techniques,<br />
and Technologies, 2000<br />
Prof. Dr. Ingo Pies<br />
Universitätsprofessor für Volkswirtschaftslehre,<br />
<strong>in</strong>sb. Wirtschaftsethik (C4) an der<br />
Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät seit<br />
1. Oktober 2002.<br />
Geboren am 21. April 1964 <strong>in</strong> Arnsberg.<br />
Wissenschaftlicher/beruflicher Werdegang:<br />
1983–1989 Studium der Volkswirtschaftslehre<br />
an der Universität Münster;<br />
dazwischen<br />
1985–1986 Wehrdienst<br />
1989 Diplom-Volkswirt<br />
1989–1990 Forschungsprojekt an o. g. Universität<br />
1990–1994 Wiss. Mitarbeiter bzw. Assistent<br />
an der Universität Eichstätt<br />
1992 Promotion zum Dr. rer. pol.<br />
1993 Forschungsaufenthalt <strong>in</strong> den<br />
USA (Fairfax und Chikago)<br />
1994–1998 Wiss. Assistent an der Universität<br />
Bochum<br />
1998–2000 Wiss. Assistent an der Universität<br />
Münster<br />
1999 Habilitation<br />
2000 Hochschuldozent (C2) an der<br />
Universität Münster<br />
2002 Universitätsprofessor <strong>in</strong> Halle<br />
Arbeits- und Forschungsschwerpunkte:<br />
Wirtschaftsethik, Institutionenökonomik,<br />
Ordnungspolitik<br />
Publikationen (Auswahl):<br />
• Normative Institutionenökonomik, Tüb<strong>in</strong>gen<br />
1993<br />
• Rationale Drogenpolitik <strong>in</strong> der Demokratie.<br />
Wirtschaftswissenschaftliche und<br />
wirtschaftsethische Perspektiven e<strong>in</strong>er<br />
Hero<strong>in</strong>vergabe, Tüb<strong>in</strong>gen 1995 (mit Karl-<br />
Hans Hartwig)<br />
• Ordnungspolitik <strong>in</strong> der Demokratie, Tüb<strong>in</strong>gen<br />
2000<br />
• Eucken und von Hayek im Vergleich, Tüb<strong>in</strong>gen<br />
2001<br />
• Causes and Consequences of Global<br />
Warm<strong>in</strong>g. How Rational is Our Policy on<br />
Climate Change? Herausgegeben von Policy<br />
Consult – Institut für Wissenschaftliche<br />
Politikberatung, Münster 2002 (mit Guido<br />
Schroeder)<br />
• Mitherausgeber der Schriftenreihe »Konzepte<br />
der Gesellschaftstheorie« im Verlag<br />
Mohr-Siebeck, Tüb<strong>in</strong>gen
scientia halensis 4/2002<br />
....................................................................................<br />
Personalia<br />
BERUFUNGEN<br />
................................................................................<br />
40<br />
JURISTISCHE<br />
FAKULTÄT<br />
FACHBEREICH<br />
GESCHICHTE,<br />
PHILOSOPHIE<br />
UND SOZIAL-<br />
WISSENSCHAFTEN<br />
LANDWIRT-<br />
SCHAFTLICHE<br />
FAKULTÄT<br />
Prof. Dr. Michael Germann<br />
Universitätsprofessor für Öffentliches Recht,<br />
Staatskirchenrecht und Kirchenrecht (C4) an<br />
d. Juristischen Fakultät seit 1. Oktober 2002.<br />
Geb. am 27. Februar 1967 <strong>in</strong> Marburg (Lahn)<br />
Wissenschaftlicher/beruflicher Werdegang:<br />
1987–1992 Studium der Rechtswissenschaft<br />
<strong>in</strong> Tüb<strong>in</strong>gen, Genf und Erlangen<br />
1992 1. Juristische Staatsprüfung<br />
1994 2. Juristische Staatsprüfung<br />
1992–1994 Wiss. Hilfskraft an der Universität<br />
Erlangen<br />
1994–2000 Wiss. Assistent ebd.<br />
1999 Promotion zum Dr. jur.<br />
2001 Habilitation und Lehrbefugnis<br />
für die Fächer Staatsrecht, Verwaltungsrecht<br />
und Kirchenrecht<br />
2001–2002 Privatdozent und Oberassistent<br />
an der Universität Erlangen<br />
SS 2002 Lehrauftrag <strong>in</strong> Halle<br />
2002 Universitätsprofessor <strong>in</strong> Halle<br />
Wissenschaftspreise:<br />
1999 Promotionspreis der Juristischen<br />
Fakultät d. Friedrich-Alexander-<br />
Universität Erlangen-Nürnberg;<br />
Förderpreis der Schmitz-Nüchterle<strong>in</strong>-Stiftung;<br />
Promotionspreis<br />
der Staedtler-Stiftung,<br />
2001 Konrad-Hellwig-Habilitationspreis<br />
Arbeits- und Forschungsschwerpunkte:<br />
Staatskirchenrecht, Evangelisches Kirchenrecht,<br />
Öffentliches Medienrecht, Polizeirecht.<br />
Publikationen (Auswahl):<br />
• Gefahrenabwehr und Strafverfolgung im<br />
Internet (2000)<br />
• Beweist die Entstehungsgeschichte der<br />
»Bremer Klausel« die Exemtion des Landes<br />
Brandenburg von der Garantie des Religionsunterrichts?<br />
In: Zeitschrift für evangelisches<br />
Kirchenrecht, Bd. 45 (2000), S. 631–646<br />
• Elektronische Kommunikation und Öffentliches<br />
Recht. In: Juristische Arbeitsblätter<br />
2001, S. 727–733 (mit J. Seitz)<br />
• Die Gerichtsbarkeit der evangelischen Kirche<br />
(Ms. 2001, Druck <strong>in</strong> Vorbereitung)<br />
• Die »gesetzlose« Widmung von Sachen für<br />
öffentliche Zwecke. Demnächst <strong>in</strong>: Archiv<br />
des öffentlichen Rechts.<br />
Prof. Dr. Frieder R. Lang<br />
Universitätsprofessor für Entwicklungspsychologie<br />
(C3) am FB Geschichte, Philosophie<br />
und Sozialwissenschaften seit 1. Oktober 2002.<br />
Geboren am 1. Oktober 1962 <strong>in</strong> Konstanz.<br />
Wissenschaftlicher/beruflicher Werdegang:<br />
1990 Diplom <strong>in</strong> Psychologie, Technische<br />
Universität Berl<strong>in</strong><br />
1987–1990 Studentische Hilfskraft mit<br />
Lehraufgaben, TU Berl<strong>in</strong><br />
1990 Diplom <strong>in</strong> Psychologie<br />
1990–1993 Promotionsstipendium, Max-<br />
Planck-Institut für Bildungsforschung<br />
Berl<strong>in</strong><br />
1993 Promotion (Psychologie) an der<br />
Freien Universität Berl<strong>in</strong><br />
1994 Post-doc Fellow am MPI für<br />
Bildungsforschung Berl<strong>in</strong><br />
1995 Visit<strong>in</strong>g Scholar an der Stanford<br />
University<br />
1994–1999 Wiss. Mitarb. an der FU Berl<strong>in</strong><br />
1999–2001 Wiss. Ass. an der Humboldt-Universität<br />
Berl<strong>in</strong><br />
2001 Habilitation und Lehrbefugnis<br />
für das Fach Psychologie, HUB<br />
2002 Universitätsprofessor <strong>in</strong> Halle<br />
Wissenschaftspreise:<br />
2000 Margret M. Baltes Early Career<br />
Research Award, Gerontological<br />
Society of America<br />
Arbeits- und Forschungsschwerpunkte:<br />
Beziehungsregulation und Wohlbef<strong>in</strong>den im<br />
Lebenslauf; Generativität und Zeitperspektive<br />
<strong>in</strong> der zweiten Lebenshälfte; Psychologie<br />
des sozialen Engagements; Bed<strong>in</strong>gungen und<br />
Prozesse erfolgreichen Alterns<br />
Publikationen (Auswahl):<br />
• Lang, F. R. & K. L. F<strong>in</strong>german (Hg.) (im<br />
Druck). Grow<strong>in</strong>g together: Personal relationships<br />
across the life span. New York: Cambridge<br />
University Press.<br />
• Lang, F. R., Neyer, F.J. & Asendorpf, J. B.<br />
(im Druck). Entwicklung und Gestaltung sozialer<br />
Beziehungen. In: Enzyklopädie der<br />
Psychologie. Gött<strong>in</strong>gen: Hogrefe.<br />
• Lang, F. R. & Heckhausen, J. (im Druck).<br />
Stabilisierung und Kont<strong>in</strong>uität der Persönlichkeit<br />
im Lebensverlauf. In: Enzyklopädie<br />
der Psychologie. Gött<strong>in</strong>gen: Hogrefe.<br />
• Lang, F. R. (2001). Regulation of social<br />
relationships <strong>in</strong> later adulthood. In: Journal<br />
of Gerontology: Psychological Sciences,<br />
56B, 321–326.<br />
Prof. Dr. Georg Guggenberger<br />
Universitätsprofessor für Bodenbiologie und<br />
Bodenökologie (C3) an der Landwirtschaftlichen<br />
Fakultät seit 1. Oktober 2002.<br />
Geboren am 22. März 1963 <strong>in</strong> Würzburg.<br />
Wissenschaftlicher/beruflicher Werdegang:<br />
1982–1987 Studium der Geoökologie an der<br />
Universität Bayreuth<br />
1987–1989 Zivildienst<br />
1989–1992 Wiss. Mitarbeiter an der o. g.<br />
Universität<br />
1992 Promotion zum Dr. rer. nat.<br />
1993–1998 Wiss. Assistent an der o. g. Universität<br />
(mit Unterbrechung)<br />
1995–1996 Post-Doc am Natural Resources<br />
Ecology Laboratory d. Colorado<br />
State University, USA<br />
1998 Habilitation im Fach Bodenkunde;<br />
Ernennung z. Privatdozenten<br />
1998–2002 Hochschuldozent an der Universität<br />
Bayreuth<br />
1999–2001 Professurvertretung (mit Unterbrechungen)<br />
an der MLU<br />
2002 Universitätsprofessor <strong>in</strong> Halle<br />
Arbeits- und Forschungsschwerpunkte:<br />
Kohlenstoffkreislauf- und -speicherung <strong>in</strong><br />
terrestrischen Ökosystemen; E<strong>in</strong>fluss des<br />
Globalen Wandels auf bodenökologische<br />
Prozesse; Transformation von Nährstoffen<br />
und Schadstoffen im Boden sowie deren<br />
Transport <strong>in</strong> die Hydrosphäre; Nachhaltige<br />
Bewirtschaftung von Agrar- und Waldökosystemen,<br />
<strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> den Tropen<br />
Publikationen (Auswahl):<br />
• Bacterial and fungal cell-wall residues <strong>in</strong><br />
conventional and no-tillage agroecosystems.<br />
In: Soil Science Society of America Journal<br />
63 (1999), 1188–1198.<br />
• Isolation and characterization of labile<br />
organic phosphorus pools <strong>in</strong> soils from the<br />
Askov long-term field experiments. In: Journal<br />
of Plant Nutrition and Soil Science 163<br />
(2000) 151–155.<br />
• Humusmanagement als Kriterium der guten<br />
fachlichen Praxis <strong>in</strong> der Landwirtschaft:<br />
Möglichkeiten und offene Probleme. In:<br />
Wasser und Boden (Sonderheft Umsetzung<br />
des Bundesbodenschutzgesetzes – Vorsorgender<br />
Bodenschutz) 53 (2001), 32–41.<br />
• Dissolved organic matter <strong>in</strong> soil: Challeng<strong>in</strong>g<br />
the paradigm of sorptive preservation.<br />
In: Geoderma (im Druck).
..............................................................................<br />
scientia halensis 4/2002<br />
Personalia<br />
BERUFUNGEN, GREMIEN, EHRUNGEN<br />
Prof. Dr. Oliver Stoll<br />
FACHBEREICH<br />
MUSIK-, SPORT-<br />
UND SPRECH-<br />
WISSENSCHAFT<br />
Universitätsprofessor für Sportwissenschaft<br />
mit dem Schwerpunkt Sportpsychologie und<br />
Sportpädagogik (C3) am FB Musik-, Sportu.<br />
Sprechwissenschaft seit 1. Oktober 2002.<br />
Geboren am 5. Februar 1963 <strong>in</strong> Butzbach/<br />
Wetterau/Hessen.<br />
Wissenschaftlicher/beruflicher Werdegang:<br />
1986–1987 Studium der Wirtschaftswissenschaften<br />
1987 Abbruch des Studiums, Wechsel<br />
z. Studium d. Sportwissenschaft<br />
an der Universität Gießen<br />
1988 Studium der Physical Education,<br />
Recreation, Health and Dance,<br />
<strong>in</strong> Charleston, South Carol<strong>in</strong>a,<br />
USA<br />
1989–1991 Studium der Sportwissenschaft,<br />
Psychologie und Pädagogik an<br />
der Universität Gießen; Abschluss<br />
mit Magister Artium<br />
1991–1995 Wiss. Hilfskraft an d. o. g. Univ.<br />
1994 Promotion zum Dr. phil.<br />
1995–2000 Wiss. Assistent an der Universität<br />
Leipzig<br />
1997 Gastprofessor an der Kent-State-<br />
University, Kent, Ohio, USA<br />
2000 Habilitation<br />
2000–2002 Lehrstuhlvertretung an der MLU<br />
2002 Universitätsprofessor <strong>in</strong> Halle<br />
Arbeits- und Forschungsschwerpunkte:<br />
Stress und Stressbewältigung im und durch<br />
Sport, Evaluationsforschung zur Wirksamkeit<br />
körperlicher Aktivität auf die psychische<br />
Gesundheit, Gruppenkohäsion <strong>in</strong> Sportspielmannschaften,<br />
Systemtheorien<br />
Publikationen (Auswahl):<br />
• Stressbewältigung im Langstreckenlauf.<br />
Bonn: Holos 1995<br />
• Mentale Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsformen im Langstrekkenlauf<br />
– E<strong>in</strong> Handbuch für Praktiker.<br />
Butzbach: Afra Sportbuch (4. Aufl.) 2000<br />
• Wirkt sportliche Aktivität<br />
ressourcenprotektiv? Lengerich: Pabst<br />
Science Publishers 2001<br />
• Psychologie <strong>in</strong> Ausdauersportarten.<br />
Butzbach: Afra Sportbuch 2000<br />
Prof. Dr. Peter Wagner<br />
LANDWIRT-<br />
SCHAFTLICHE<br />
FAKULTÄT<br />
Universitätsprofessor für Landwirtschaftliche<br />
Betriebslehre (C4) an der Landwirtschaftlichen<br />
Fakultät seit 1. Oktober 2002.<br />
Geboren am 28. Oktober 1956 <strong>in</strong> Lich/Hessen.<br />
Wissenschaftlicher/beruflicher Werdegang:<br />
1977–1982 Studium der Agrarwissenschaften<br />
an der Universität Gießen<br />
1982–1984 Doktorand an der o. g. Univ.<br />
1984–1987 Wiss. Angest. an der o. g. Univ.<br />
1984 Promotion zum Dr. agr.<br />
1987–1990 Wiss. Ass. an der. o. g. Univ., <strong>in</strong><br />
dieser Zeit Studienaufenthalte <strong>in</strong><br />
den USA und Brasilien<br />
1990–1995 Koord<strong>in</strong>ation, Planung, Betreuung<br />
im Rahmen des ERASMUS-<br />
Programmes und des TEMPUS<br />
jo<strong>in</strong>t europaen project<br />
1995 Habilitation im Fach Agrarökonomik,<br />
Privatdozent<br />
1993–1995 Akademischer Rat (BaL)<br />
1995 Ernennung zum Universitätsprofessor<br />
an der TU München<br />
Seit 1999 Mitglied des Beirates der Informatik<br />
<strong>in</strong> den Land,- Forst- u.<br />
Ernährungswissenschaften<br />
2002 Universitätsprofessor <strong>in</strong> Halle<br />
Arbeits- und Forschungsschwerpunkte:<br />
Kostenrechnung, Produktionstheorie, Entwicklung<br />
von Verfahren zur ökonomischen<br />
Analyse von Unternehmen und Prozessen<br />
sowie zur Entscheidungsunterstützung,<br />
Precision Farm<strong>in</strong>g, Market<strong>in</strong>g und Marktforschung<br />
<strong>in</strong> der Agrar- und Ernährungswirtschaft.<br />
Publikationen (Auswahl):<br />
• Entwicklung e<strong>in</strong>es Expertensystems für die<br />
Wirtschaftlichkeitsanalyse landwirtschaftlicher<br />
Betriebe. Agrarwirtschaft, Sonderheft<br />
132, Frankfurt 1992<br />
• (Hg.) Market<strong>in</strong>g <strong>in</strong> der Agrar- und Ernährungswirtschaft,<br />
Landwirtschaftliches Lehrbuch.<br />
Stuttgart 2000<br />
• Problems and Potential Economic Impact<br />
of Precision Farm<strong>in</strong>g, <strong>in</strong>: Conese, C. u. Falchi,<br />
M. A.: Computer Technology <strong>in</strong> Agricultural<br />
Management and Risk Prevention, 7 th ICCTA<br />
(Internat. Congress for Computer Technology<br />
<strong>in</strong> Agriculture), Florence, 2000, 241–249<br />
• Precision Farm<strong>in</strong>g – Aufgaben und Möglichkeiten<br />
aus der Sicht der Betriebswirtschaft.<br />
In: Raiffeisen Hauptgenossenschaft Nord AG<br />
(Hg.): RHG-Gespräche »Nachhaltige Landwirtschaft«,<br />
Hannover, 2002, 75–100<br />
...............................................................................<br />
Weiter hallescher Präsident der Gesellschaft<br />
für Pflanzenbauwissenschaften<br />
Kürzlich wurde auf der 45. Jahrestagung der<br />
Gesellschaft für Pflanzenbauwissenschaften<br />
e. V. <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> Prof. Dr. agr. Wulf Diepenbrock,<br />
Direktor des Instituts für Acker- und<br />
Pflanzenbau an der Landwirtschaftliche Fakultät<br />
der halleschen Universität, für weitere<br />
drei Jahre als Präsident im Amt bestätigt.<br />
Die Gesellschaft ist die deutschsprachige wissenschaftliche<br />
Vere<strong>in</strong>igung auf dem Gebiet<br />
der Pflanzenbauwissenschaften. Zu ihren<br />
Aufgaben gehören nicht nur die Durchführung<br />
wissenschaftlicher Tagungen und die<br />
Organisation von Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaften,<br />
sondern auch die gezielte Förderung des wissenschaftlichen<br />
Nachwuchses, die Pflege der<br />
Beziehungen zu Vere<strong>in</strong>igungen mit verwandter<br />
Zielrichtung sowie die Herausgabe der<br />
Zeitschrift »Pflanzenbauwissenschaften«.<br />
Zu den wichtigsten Vorhaben im Rahmen der<br />
neuen Amtszeit zählen die Anb<strong>in</strong>dung der<br />
Gesellschaft (600 Mitglieder) an die Europäische<br />
Dachgesellschaft und die Vorbereitung<br />
von Forschungsverbünden <strong>in</strong>nerhalb der<br />
DFG-Forschungsförderung.<br />
Hallescher Vizepräsident der Internationalen<br />
Akademie land- und hauswirtschaftlicher<br />
Berater<strong>in</strong>nen und Berater<br />
Prof. Dr. agr. Volker Petersen (Institut für<br />
Agrarökonomie und Agrarraumgestaltung an<br />
der Landwirtschaftlichen Fakultät) wurde im<br />
letzten Sommer für vier Jahre zum Vizepräsidenten<br />
der Internationalen Akademie landund<br />
hauswirtschaftlicher Berater<strong>in</strong>nen und<br />
Berater (IALB – mit ca. 1000 Mitgliedern <strong>in</strong><br />
mehr als 10 europäischen Ländern, vorrangig<br />
<strong>in</strong> Deutschland, <strong>in</strong> der Schweiz, <strong>in</strong> Österreich<br />
und Italien) gewählt.<br />
Die IALB ist die e<strong>in</strong>zige große <strong>in</strong>ternationale<br />
Beratungsorganisation <strong>in</strong> Europa. Wesentliche<br />
Aktivitäten s<strong>in</strong>d die jährlichen Beratertagungen<br />
sowie mehrwöchige Beratersem<strong>in</strong>are für<br />
künftige Führungskräfte und Sonderveranstaltungen<br />
zu aktuellen Problemen und Fragen<br />
der Land- und Ernährungswirtschaft.<br />
Ägyptische Verdienstmedaille<br />
für halleschen Wissenschaftler<br />
Der Rektor der Al Azhar Universität Kairo<br />
verlieh auf Vorschlag der Sprachwissenschaftlichen<br />
Fakultät, Abteilung Germanistik<br />
und Islamwissenschaften <strong>in</strong> Deutsch, dem<br />
emeritierten Professor für Allgeme<strong>in</strong>e Religionswissenschaften<br />
und Religionsgeschichte<br />
des Orients am Institut für Orientalistik der<br />
MLU, Prof. Dr. theol. Walter Beltz, die<br />
Verdienstmedaille der Al Azhar Universität<br />
für se<strong>in</strong>e Verdienste um die Förderung der<br />
Studenten und Absolventen dieser Abteilung<br />
und um die Erweiterung der Kontakte zwischen<br />
den beiden Universitäten.<br />
Die Medaille wurde dem halleschen Wissenschaftler<br />
im Frühherbst bei e<strong>in</strong>em Berl<strong>in</strong>-Besuch<br />
vom ehemaligen Dekan der Kairoer<br />
Sprachwissenschaftlichen Fakultät, Prof. Dr.<br />
Muhamad Abu Hattab Khaled, überreicht.<br />
41
scientia halensis 4/2002<br />
....................................................................................<br />
Autorenanschriften /Rätsel<br />
WETTEN,<br />
SIE WISSEN’S<br />
NICHT!<br />
................................................................................<br />
Sieht man auf dem Foto:<br />
42<br />
a) das Innenleben e<strong>in</strong>er Blüte<br />
b) den Penisknochen e<strong>in</strong>es Goldhamsters<br />
c) Teile e<strong>in</strong>e Pilzgeflechts<br />
oder<br />
d) etwas ganz Anderes – und wenn ja,<br />
was?<br />
Foto: Archiv, Fachbereich Biologie<br />
Die Abbildung im Oktober-Journal 2002 zeigte e<strong>in</strong>e Bank auf dem Leipziger Hauptbahnhof aus<br />
besonderem Blickw<strong>in</strong>kel.<br />
AutorInnen dieser Ausgabe<br />
Schwerpunkt Biologie<br />
Mart<strong>in</strong>-Luther-Universität<br />
Halle-Wittenberg<br />
Fachbereich Biologie<br />
06099 Halle<br />
Institut für Mikrobiologie<br />
Kurt-Mothes Str. 3<br />
Prof. Dr. Dietrich He<strong>in</strong>rich Nies<br />
Tel.: 0345-55 26352<br />
E-Mail: d.nies@mikrobiologie.uni-halle.de<br />
Prof. Dr. Jan Remmer Andreesen<br />
Tel.: 0345-55 26350,<br />
E-Mail: j.andreesen@mikrobiologie.unihalle.de<br />
Dr. Ute Lechner<br />
Tel.: 0345-55 26353,<br />
E-Mail: u.lechner@mikrobiologie.unihalle.de<br />
Institut für Zoologie<br />
Domplatz 4<br />
Prof. Dr. Rolf Gattermann, Dekan<br />
Tel.: 0345-55 26450<br />
E-Mail: gattermann@zoologie.uni-halle.de<br />
Prof. Dr. Hans-Jörg Ferenz<br />
Tel.: 0345-55 26440<br />
E-Mail: ferenz@zoologie.uni-halle<br />
Dr. Karsten Seidelmann<br />
Tel.: 0345-55 26476<br />
E-Mail: seidelmann@zoologie.uni-halle.de<br />
Dr. Dietrich Heidecke<br />
Tel.: 0345-55 26455<br />
E-Mail: heidecke@zoologie.uni-halle.de<br />
Dr. Karla Schneider<br />
Tel.: 0345-55 26444<br />
E-Mail: schneider@zoologie.uni-halle.de<br />
Prof. Dr. Gerald Moritz<br />
Tel.: 0345-55 26430<br />
E-Mail: moritz@zoologie.uni-halle.de<br />
Prof. Dr. Rob<strong>in</strong> F. A. Moritz<br />
Tel.: 0345-55 26223<br />
E-Mail: r.moritz@zoologie.uni-halle.de<br />
Dr. Peter Neumann<br />
Tel.: 0345-55 26389<br />
E-Mail: p.neumann@zoologie.uni-halle.de<br />
Abteilung für Biologie-Didaktik<br />
We<strong>in</strong>bergweg 10 (Biologicum)<br />
Prof. Dr. Wolfgang Lerchner<br />
Tel.: 0345-55 26400<br />
E-Mail: lerchner@biodidaktik.uni-halle.de<br />
Dr. Lothar Schmidt<br />
Tel.: 0345-55 26405<br />
E-Mail: schmidt@biodidaktik.uni-halle.de<br />
Institut für Pflanzenphysiologie<br />
We<strong>in</strong>bergweg 10 (Biologicum)<br />
Prof. Dr. Klaus Humbeck<br />
Tel.: 0345-55 26410<br />
E-Mail: humbeck@pflanzenphys.unihalle.de.<br />
Prof. Dr. Udo Johann<strong>in</strong>gmeier<br />
Tel.: 0345-26247<br />
E-Mail: johann<strong>in</strong>gmeier@pflanzenphys.uni-halle.de<br />
Prof. Dr. Ralf Bernd Klösgen<br />
Tel.: 0345-55 26200<br />
E-Mail: kloesgen@pflanzenphys.unihalle.de<br />
Institut für Geobotanik und Botanischer<br />
Garten<br />
Am Kirchtor 1 und Neuwerk 21<br />
Prof. Dr. Isabell Hensen<br />
Tel.: 0345-55 26210<br />
E-Mail: hensen@botanik.uni-halle.de<br />
Constanze Ohl<br />
Tel.: 0345-5526255<br />
E-Mail: constanzeohl@hotmail.com<br />
Dr. Astrid Grüttner<br />
E-Mail: gruettner@botanik.uni-halle.de<br />
Dr. Matthias H. Hoffmann<br />
Tel.: 0345-55 26229<br />
E-Mail: hoffmann@botanik.uni-halle.de<br />
Prof. Dr. Mart<strong>in</strong> Röser<br />
Tel.: 0345-55 26218<br />
E-Mail: roeser@botanik.uni-halle.de<br />
Institut für Genetik<br />
We<strong>in</strong>bergweg 10 (Biologicum)<br />
Prof. Dr. Gunter Reuter<br />
Tel.: 0345-55 26300<br />
E-Mail: reuter@genetik.uni-halle.de<br />
Dr. Ra<strong>in</strong>er Dorn<br />
Tel.: 0345-55 26323<br />
E-Mail: dorn@genetik.uni-halle.de<br />
Gunnar Schotta<br />
Tel.: 0345-55 26321<br />
E-Mail: schotta@genetik.uni-halle.de<br />
Anja Ebert<br />
Tel.: 0345-55 26321<br />
E-Mail: ebert@genetik.uni-halle.de<br />
Kathr<strong>in</strong> Naumann<br />
Tel.: 0345-55 26303<br />
E-Mail: naumann@genetik.uni-halle.de<br />
Andreas Fischer<br />
Tel.: 0345-55 26332<br />
E-Mail: fischer@genetik.uni-halle.de<br />
Thomas Rudolph<br />
Tel.: 0345-55 26303<br />
E-Mail: rudolph@genetik.uni-halle.de<br />
Prof. Dr. Kar<strong>in</strong> D. Breunig<br />
Tel.: 0345-55 26304<br />
E-Mail: breunig@genetik.uni-halle.de<br />
Alexander Anders<br />
E-Mail: alexander.anders@student.unihalle.de<br />
Prof. Dr. Ulla Bonas<br />
Tel.: 0345-55 26290<br />
E-Mail: bonas@genetik.uni-halle.de<br />
Dr. Jens Boch<br />
Tel.: 0345-55 26296<br />
E-Mail: boch@genetik.uni-halle.de<br />
Dr. Thomas Lahaye<br />
Tel.: 0345-55 26348<br />
E-Mail: lahaye@genetik.uni-halle.de<br />
Dr. Ralf Koebnik<br />
Tel.: 0345-55 26299<br />
E-Mail: koebnik@genetik.uni-halle.de
VEREINIGUNG DER FREUNDE UND FÖRDERER DER<br />
MARTIN-LUTHER-UNIVERSITÄT HALLE–WITTENBERG E.V.<br />
Ehrenvorsitzender des Kuratoriums: Senator e.h. Dr. h.c. mult. Hans-Dietrich Genscher<br />
Engagement für die Alumni Halenses<br />
Inzwischen hat es sich schon etwas<br />
herumgesprochen: An der Mart<strong>in</strong>-<br />
Luther-Universität gibt seit e<strong>in</strong>igen<br />
Monaten e<strong>in</strong>e Organisation der Absolventen,<br />
die Alumni Halenses.<br />
Die VFF hat die Universitätsleitung<br />
und die Fachbereiche von Anfang<br />
an beim Aufbau dieser Vere<strong>in</strong>igung<br />
unterstützt. E<strong>in</strong> Faltblatt wurde gedruckt,<br />
auf e<strong>in</strong>er Web-Seite kann<br />
man sich <strong>in</strong>formieren und e<strong>in</strong>fach<br />
registrieren. Und das 1. Internationale<br />
Treffen der Alumni Halenses am<br />
21. Juni 2002 verlief überaus erfolgreich.<br />
Die große Resonanz auf<br />
unsere E<strong>in</strong>ladung für dieses Treffen<br />
hat uns ermutigt, uns weiterh<strong>in</strong> für<br />
den Aufbau der Organisation zu engagieren.<br />
Der Term<strong>in</strong> für das 2. Internationale<br />
Treffen der Alumni<br />
Halenses steht schon fest: Am 4. Juli<br />
2003 s<strong>in</strong>d wieder alle Absolventen<br />
der Universität e<strong>in</strong>geladen, nach<br />
Halle zu kommen, um e<strong>in</strong>en Tag geme<strong>in</strong>sam<br />
zu verbr<strong>in</strong>gen, sich auszutauschen<br />
oder e<strong>in</strong>fach zu schauen,<br />
was es Neues gibt an der Universität<br />
und <strong>in</strong> der Stadt. Auf unserer Web-<br />
Seite:<br />
www.uni-halle.de/alumni<br />
geben wir das detaillierte Programm<br />
rechtzeitig bekannt. Wir hoffen, dass<br />
so auch all diejenigen, die zu spät<br />
vom ersten Treffen erfahren haben,<br />
dabei se<strong>in</strong> werden.<br />
Die F<strong>in</strong>anzierung<br />
Im Unterschied zu Ehemaligen-Netzwerken<br />
an anderen Universitäten ist<br />
die Mitgliedschaft bei den Alumni<br />
Halenses nicht mit Kosten verbunden.<br />
Wir bitten lediglich um e<strong>in</strong>en<br />
Beitrag zur F<strong>in</strong>anzierung der jährlichen<br />
Treffen. Das heißt: Wer nicht<br />
kommen kann, muss auch nichts bezahlen.<br />
Selbstverständlich würden wir<br />
uns jedoch freuen, wenn immer<br />
mehr Alumni Halenses das Engagement<br />
der VFF durch ihre Mitgliedschaft<br />
oder zweckgebunde Spenden<br />
unterstützen.<br />
Peter Weniger<br />
Foto: Kai-Uwe Dietrich, konzept+form<br />
Vorsitzender des Kuratoriums: Senator e.h.Dr.Gerhard Holland<br />
Präsident: Senator e.h.Dr.Wolfgang Röller<br />
Geschäftsführer: Peter Weniger<br />
c/o Mart<strong>in</strong>-Luther-Universität Halle–Wittenberg, 06099 Halle (Saale)<br />
Telefon: (0345) 55-21024/25<br />
Telefax: (0345) 55-27085<br />
e-mail: PWeniger@vff.uni-halle.de<br />
Internet: http://www.uni-halle.de/vff/<br />
Für Mitgliedsbeiträge und Spenden wurden folgende Konten e<strong>in</strong>gerichtet:<br />
Dresdner Bank Halle,<br />
Konto-Nr. 857362100, BLZ 80080000<br />
Stadt- und Saalkreissparkasse Halle,<br />
Konto-Nr. 386300762, BLZ 80053762<br />
Spenden zur Verwirklichung der Ziele der Vere<strong>in</strong>igung und zum Nutzen der Universität s<strong>in</strong>d jederzeit willkommen. Diese Spenden können an e<strong>in</strong>e Zweckbestimmung<br />
gebunden se<strong>in</strong>. Die Vere<strong>in</strong>igung ist berechtigt, steuerwirksame Spendenbesche<strong>in</strong>igungen auszustellen.