in Scientia Halensis
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WIR »BASTELN« EINE PHOTOSYNTHESEMEMBRAN<br />
TEIL 1: DIE PROTEINE<br />
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scientia halensis 4/2002<br />
Fachbereich Biologie<br />
Ralf Bernd Klösgen<br />
Die Photosynthese ist e<strong>in</strong>er der wichtigsten biologischen Prozesse, denn der überwiegende<br />
Teil des organischen Materials auf der Erde besteht letztlich aus umgewandelten Photosyntheseprodukten.<br />
Der Ort der Photosynthese ist der Chloroplast (Abb. 1). Bei diesem<br />
ausschließlich <strong>in</strong> Pflanzen vorkommenden Organell handelt es sich um den Abkömml<strong>in</strong>g e<strong>in</strong>es<br />
ehemals eigenständigen Bakteriums, das vor vielen Millionen Jahren von dem Vorläufer<br />
heutiger Pflanzenzellen aufgenommen und domestiziert worden ist.<br />
Dieses Bakterium, vermutlich e<strong>in</strong> Verwandter<br />
der Cyanobakterien, besaß bereits<br />
die Fähigkeit zur Photosynthese. Durch<br />
diese <strong>in</strong>trazelluläre (Endo)-Symbiose erlangte<br />
daher auch die Wirtszelle die Fähigkeit,<br />
das Sonnenlicht als Energiequelle nutzen<br />
zu können. Allerd<strong>in</strong>gs erforderte das<br />
e<strong>in</strong>e immense logistische Leistung, da nun<br />
die Genome zweier ehemals eigenständiger<br />
Organismen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Zelle aufe<strong>in</strong>ander abgestimmt<br />
werden mussten. Dies führte<br />
zum Verlust bzw. zur Umlagerung e<strong>in</strong>er<br />
Vielzahl von Genen, vor allem aus dem<br />
Chloroplasten <strong>in</strong> den Kern der Wirtszelle.<br />
nen diese Energie <strong>in</strong> der »Lichtreaktion«<br />
der Photosynthese, <strong>in</strong> der das Sonnenlicht<br />
absorbiert und zur Ladungstrennung sowie<br />
zum Aufbau e<strong>in</strong>es Protonengradienten genutzt<br />
wird. Dieser Prozess f<strong>in</strong>det an der<br />
Thylakoidmembran statt, die deshalb auch<br />
als Photosynthesemembran bezeichnet<br />
wird. Tatsächlich stellen die Thylakoide<br />
e<strong>in</strong> komplettes Membransystem dar, das<br />
den gesamten Chloroplasten durchzieht<br />
und die Matrix (Stroma) vom<br />
Thylakoidlumen abtrennt. Während der<br />
Lichtreaktion kommt es <strong>in</strong> den Thylakoiden<br />
zur »Photolyse« des Wassers, d. h.<br />
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zess mehrfach durch die Thylakoidmembran<br />
geschleust und dann im Stroma, gebunden<br />
an sogenannte Reduktionsäquivalente,<br />
zwischengelagert. Diese Reduktionsäquivalente<br />
werden dann zusammen mit<br />
dem ATP <strong>in</strong> der anschließenden »Dunkelreaktion«<br />
(die allerd<strong>in</strong>gs nicht nur im Dunkeln,<br />
sondern auch im Licht stattf<strong>in</strong>det) bei<br />
der Fixierung des Kohlendioxids verbraucht.<br />
Es wäre natürlich wunderbar, wenn es gelänge,<br />
e<strong>in</strong>e solche zur Photosynthese befähigte<br />
Membran nachzubauen, schließlich<br />
wird weniger als e<strong>in</strong> Prozent des Sonnenlichtes,<br />
das die Erde erreicht, photosynthetisch<br />
genutzt. Der Prozess ist also bei weitem<br />
noch nicht ausgereizt und könnte sicherlich<br />
e<strong>in</strong>en Großteil unserer aktuellen<br />
Energieprobleme lösen. Je mehr man über<br />
den Aufbau und die Funktion der Thylakoide<br />
versteht, desto deutlicher wird aber<br />
auch, dass die Idee e<strong>in</strong>er künstlichen Photosynthesemembran<br />
noch lange Zeit e<strong>in</strong><br />
Wunschtraum bleiben wird. So s<strong>in</strong>d immer<br />
noch nicht alle beteiligten Komponenten<br />
identifiziert und man kennt bisher auch nur<br />
von wenigen die genaue Funktion. Vor allem<br />
aber ist noch unverstanden, welche<br />
Prozesse und Mechanismen erforderlich<br />
s<strong>in</strong>d, um all die verschiedenen E<strong>in</strong>zelkomponenten<br />
zu e<strong>in</strong>er funktionellen Photosynthesemasch<strong>in</strong>erie<br />
assemblieren zu können.<br />
31<br />
Was braucht man nun zum Bau e<strong>in</strong>er<br />
Photosynthesemembran?<br />
Abb. 1: Elektronenmikroskopische Aufnahme von Blattgewebe (P – Chloroplast, M – Mitochondrium)<br />
Dieser Prozess ist auch heute noch nicht<br />
vollkommen abgeschlossen, denn der Chloroplast<br />
trägt weiterh<strong>in</strong> e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es Restgenom<br />
mit z. T. essenziellen Genen, von denen<br />
e<strong>in</strong>ige beispielsweise zum Aufbau e<strong>in</strong>er<br />
funktionstüchtigen Photosynthesemasch<strong>in</strong>erie<br />
unabd<strong>in</strong>gbar s<strong>in</strong>d.<br />
Die Primärprodukte der Photosynthese<br />
s<strong>in</strong>d die Kohlenhydrate, die das Grundgerüst<br />
für so unterschiedliche Produkte wie<br />
Prote<strong>in</strong>e, Nukle<strong>in</strong>säuren und Lipide liefern.<br />
Zur Bildung dieser Kohlenhydrate ist es<br />
notwendig, den <strong>in</strong> der Luft als Kohlendioxid<br />
vorliegenden Kohlenstoff zu fixieren<br />
und zu reduzieren. Dazu wird e<strong>in</strong>e ganze<br />
Menge Energie benötigt. Pflanzen gew<strong>in</strong>zur<br />
Spaltung <strong>in</strong> Elektronen, Protonen und<br />
Sauerstoff. Der Sauerstoff ist im Grunde<br />
genommen e<strong>in</strong> Abfallprodukt der Reaktion,<br />
das sogar schädlich für die Zelle se<strong>in</strong> kann.<br />
Die »Entgiftung« erfolgt vor allem durch<br />
die Atmung, zu der alle aerob lebenden Organismen,<br />
natürlich auch der Mensch, befähigt<br />
s<strong>in</strong>d. Die entstehenden Protonen akkumulieren<br />
zunächst im Thylakoidlumen,<br />
wodurch es zur Ausbildung e<strong>in</strong>es Protonengradienten<br />
über die Membran kommt.<br />
Der kontrollierte Abbau dieses Gradienten<br />
wird zur Synthese von ATP, den Energieäquivalenten<br />
der Zelle, genutzt. Die aus<br />
dem Wasser freigesetzten Elektronen werden<br />
dagegen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em komplizierten Pro-<br />
Zunächst e<strong>in</strong>mal Lipide, die das strukturelle<br />
Grundgerüst aller Membranen bilden.<br />
Die meisten dieser Lipide s<strong>in</strong>d ubiquitär,<br />
aber es f<strong>in</strong>den sich auch e<strong>in</strong>ige für die Thylakoidmembran<br />
spezifische Lipide, deren<br />
Funktion noch weitgehend ungeklärt ist.<br />
Die zweite wichtige Komponente s<strong>in</strong>d die<br />
Pigmente, vor allem Chlorophylle und Carot<strong>in</strong>oide,<br />
die das Sonnenlicht absorbieren<br />
und damit erst die ganze Reaktion <strong>in</strong> Gang<br />
setzen. Und dann natürlich noch die Prote<strong>in</strong>e,<br />
die diese Pigmente sowie andere an<br />
der Elektronenübertragung beteiligte Cofaktoren<br />
(z. B. Hämgruppen und Fe/S-<br />
Zentren) b<strong>in</strong>den und <strong>in</strong>nerhalb der Membran<br />
korrekt positionieren. Mittlerweile<br />
hat man mehr als 80 verschiedene Prote<strong>in</strong>spezies<br />
<strong>in</strong> der photosynthetischen Elektronentransportkette<br />
identifiziert, die <strong>in</strong> vier<br />
Multiprote<strong>in</strong>komplexen organisiert s<strong>in</strong>d<br />
(Photosystem I, Photosystem II, Cytochrom<br />
b6/f-Komplex, ATP Synthase). Je-