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THRIPSE – GLOBETROTTER IM AUFTRAG DES BÖSEN<br />

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scientia halensis 4/2002<br />

Fachbereich Biologie<br />

WELTWEITER PFLANZENTRANSFER BEGÜNSTIGT VERBREITUNG VON VIREN<br />

Gerald Moritz<br />

Die Verbreitung von Pilz-, Bakterien und Viruserkrankungen ist oftmals an e<strong>in</strong>en Überträgerorganismus<br />

gebunden, der Eigenschaften e<strong>in</strong>es Vektors besitzen muss. In ca. 70 Prozent<br />

aller mit Viren <strong>in</strong>fizierten Pflanzen und bei über 40 Prozent der Viruserkrankungen<br />

von Säugetieren übernehmen Arthropoden diese Rolle (Heuvel et al. 1999). Insbesondere<br />

s<strong>in</strong>d Insekten aufgrund ihres Nahrungsspektrums prädest<strong>in</strong>iert für diese Aufgabe. Die selektiven<br />

Vorteile dieser Interaktion liegen evolutiv <strong>in</strong> der Anpassung und oftmals der Nutzung<br />

des Vektors als viralen Replikationsort, wobei die Fitness des Vektors nicht bee<strong>in</strong>trächtigt<br />

wird. Viren, die sich <strong>in</strong> ihrem Vektor reproduzieren, werden als propagativ bezeichnet<br />

und können <strong>in</strong>sbesondere beim Menschen zu verheerenden Seuchen führen.<br />

Bei den Pflanzen stellt die Zellwand e<strong>in</strong>e<br />

entscheidende Barriere für die Ausbreitung<br />

von Pathogenen dar, wodurch oftmals mechanische<br />

Verletzungen der Epidermis als<br />

weitere Infektionsherde genutzt werden.<br />

Aus diesem Grund stellen pflanzensaftsaugende<br />

Insekten hervorragende Vektoren<br />

und tragen weltweit zu e<strong>in</strong>er äußerst effektiven<br />

Verbreitung von Viren bei. E<strong>in</strong>ige Arten<br />

der Thysanoptera (=Fransenflügler,<br />

Thripse) s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>sbesondere aufgrund ihrer<br />

Insektizidresistenz, ihrer ger<strong>in</strong>gen Körpergröße<br />

(ca. 1 mm), ihres breiten Wirtspflanzenspektrums<br />

und ihrer versteckten Lebensweise<br />

durch den weltweit angestiegenen<br />

Pflanzentransfer besonders geeignet<br />

für globale Verbreitungen erfolgreicher Virus-Vektor-Komplexe.<br />

Die Übertragung der<br />

Tospoviren übernehmen Thripse als e<strong>in</strong>zige<br />

Vektoren. Interessant ist, dass die bislang<br />

zwölf bekannten Tospovirus-Kandidaten<br />

(z. B. »tomato spotted wilt virus« –<br />

TSWV und »impatiens necrotic spot<br />

virus« – INSV), nur von 10 der 5 500 bekannten<br />

Thysanopteren-Arten erfolgreich<br />

übertragen werden können. Entsprechend<br />

wünschenswert ist aus wirtschaftlicher<br />

Sicht die schnelle Trennung von Vektoren<br />

und Nicht-Vektoren. Allerd<strong>in</strong>gs ist die exakte<br />

Determ<strong>in</strong>ation der Thysanoptera äußerst<br />

schwierig und nur Experten vorbehalten<br />

(Moritz et al. 2001). Die seit langem<br />

gewünschte frühe Identifikation der Larvalstadien<br />

ist uns mit Hilfe molekularer Methoden<br />

<strong>in</strong> den letzten Jahren gelungen, wobei<br />

diese Methodik sehr sensitiv ist und<br />

bereits reife Eistadien <strong>in</strong>nerhalb des Pflanzengewebes<br />

determ<strong>in</strong>ieren lässt (Moritz et<br />

al. 2000). Voreilige Fehlentscheidungen<br />

führen zu erheblichen wirtschaftlichen<br />

Schäden. So wurden aufgrund des Vorkommens<br />

von e<strong>in</strong>em Weibchen und drei Männchen<br />

von Thrips palmi (EU-Quarantäne-<br />

Art) 1,3 Millionen Ficus-Pflanzen sowie<br />

e<strong>in</strong>e Fläche von 6 000 m² Rosen vernichtet.<br />

Der se<strong>in</strong>erzeit <strong>in</strong> Den Haag geführte Prozess<br />

wies e<strong>in</strong>en Verlust von über vier Millionen<br />

US-Dollar aus.<br />

Tospoviren – phytopathogene<br />

Abgesandte der Bunyaviridae<br />

Mit Hilfe molekularbiologischer Untersuchungen<br />

konnte <strong>in</strong> den 90er Jahren die Zugehörigkeit<br />

der Tospoviren zu den Bunya-<br />

Abb. 1: Ontogenetische Phasen der Thysanoptera (L1: Erstlarve, L2: Zweitlarve, PP: Propuppe,<br />

P: Puppe, A: Adulti) und ihre Vektoreigenschaften.<br />

Foto: Moritz<br />

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viridae aufgrund struktureller Besonderheiten<br />

sowie ihres vollständig aufgeklärten<br />

Genoms bestätigt (German et al. 1992) und<br />

ihre Replikation <strong>in</strong> Thripsen nachgewiesen<br />

werden (Ullman et al. 1993). Die annähernd<br />

kugeligen Viruspartikel erreichen e<strong>in</strong>en<br />

Durchmesser von 80 bis 110 nm. Ihre<br />

vom Vektor-Golgi-Apparat gebildete Lipidmembran<br />

enthält zwei Glycoprote<strong>in</strong>e<br />

(G1 und G2) und schließt 3 Nukleokapside<br />

e<strong>in</strong> (Kikkert et al. 1999). Entsprechend besteht<br />

das Genom aus 3 RNA-Segmenten<br />

(L, M und S). Das L-RNA Segment codiert<br />

die mit dem Nukleokapsid assoziierte<br />

RNA-Polymerase. Das M-Segment codiert<br />

die beiden Glycoprote<strong>in</strong>e, während das S-<br />

Segment das N-Prote<strong>in</strong> sowie e<strong>in</strong> nichtstrukturiertes<br />

Prote<strong>in</strong>, welches während<br />

der Replikation auftritt, codiert.<br />

Thripse – virale Existenz und<br />

globale Verbreitung<br />

Während der Ontogenese der Thripse treten<br />

nach dem Eistadium e<strong>in</strong>e Erst- und<br />

Zweitlarve auf, die sich nach zwei Ruhestadien<br />

(Vorpuppe und Puppe) zum<br />

adulten Tier häutet (Abb. 1). Seit langem<br />

ist bekannt, dass nur nach der Akquisition<br />

der Viruspartikel während des Erstlarvenstadiums<br />

e<strong>in</strong>e erfolgreiche Transmission<br />

der Tospoviren erfolgen kann.<br />

Über die Hälfte der Zweitlarven s<strong>in</strong>d bereits<br />

<strong>in</strong> der Lage, Tospoviren zu übertragen.<br />

Aufgrund der nur flugfähigen Adulti<br />

erreichen jedoch erst die postmetamorphen<br />

Stadien Bedeutung für e<strong>in</strong>e weitreichende<br />

Verbreitung der Viruspartikel. Besonders<br />

<strong>in</strong>teressant ist vor allem, dass die Zeitspanne,<br />

<strong>in</strong> der die Erstlarven Kontakt mit<br />

<strong>in</strong>fiziertem Material haben müssen, e<strong>in</strong>deutig<br />

die erfolgreiche Transmission bestimmt<br />

(Nagata et al. 1999; Van de Weter<strong>in</strong>g et al.<br />

1996). Demgegenüber führt die Akquisition<br />

von Viruspartikeln <strong>in</strong> der Adultphase<br />

zu ke<strong>in</strong>er Transmission. Der Infektionsweg<br />

beg<strong>in</strong>nt mit der Interaktion der Viruspartikel<br />

mit speziellen Rezeptoren des vorderen<br />

Mitteldarmbereiches (Moritz 1995, 1997).<br />

Insbesondere werden e<strong>in</strong> 50 kDa und e<strong>in</strong><br />

94 kDa Prote<strong>in</strong> als Mediatoren gehandelt,<br />

wobei ersteres Aff<strong>in</strong>itäten zu G1 und letzteres<br />

zu G2 entwickelt (Bandla et al. 1998;<br />

Kikkert et al. 1998). Hemmende, chit<strong>in</strong>haltige<br />

peritrophische Membranen konnten<br />

nicht nachgewiesen werden. Nach der Passage<br />

des Darmepithels kommt es zur Anreicherung<br />

von Viruspartikeln <strong>in</strong> der visceralen<br />

Längs- und R<strong>in</strong>gmuskulatur, von wel-<br />

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