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scientia halensis 4/2002<br />

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Fachbereich Biologie<br />

Abb. 3: Im Brutnest e<strong>in</strong>es befallenen Volkes<br />

s<strong>in</strong>d häufig viele Eier pro Zelle zu beobachten.<br />

Dies ist e<strong>in</strong> erstes deutliches Symptom<br />

für den Befall e<strong>in</strong>es Bienenvolkes mit sozialparasitischen<br />

Arbeiter<strong>in</strong>nen der Kaphonigbiene.<br />

Abb. 2: Arbeiter<strong>in</strong>nen der afrikanischen Wirtsbiene A. m. scutellata mit gelbem H<strong>in</strong>terleib und<br />

der parasitischen Kaphonigbiene A. m. capensis mit schwarzem H<strong>in</strong>terleib <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Wirtsvolk<br />

................................................................................<br />

terart A. m. scutellata transportiert. Seit<br />

12<br />

1993 berichten südafrikanische Imker, dass<br />

<strong>in</strong> den A. m. scutellata Völkern häufig Bienen<br />

von A. m. capensis zu beobachten s<strong>in</strong>d<br />

(Abb. 2) und die so befallenen Völker zugrunde<br />

gehen. Dieses Zusammenbrechen<br />

von A. m. scutellata Völkern hat epidemieartige<br />

Ausmaße erreicht, so dass die kommerzielle<br />

Imkerei im Norden Südafrikas<br />

kurz vor dem Zusammenbruch steht. Es<br />

starben alle<strong>in</strong> im Jahre 2001 ca. 100 000<br />

A. m. scutellata Völker und alle nördlichen<br />

Prov<strong>in</strong>zen Südafrikas s<strong>in</strong>d von der sog.<br />

»Capensis Kalamität« betroffen. Der Effekt<br />

auf die Biodiversität der natürlichen<br />

Bienenpopulationen ist noch völlig unklar.<br />

Diese Kalamität sche<strong>in</strong>t auf reproduktiver<br />

Anarchie <strong>in</strong> den Wirtsvölkern zu beruhen,<br />

die durch parasitische Arbeiter<strong>in</strong>nen hervorgerufen<br />

wird. Trotz der Anwesenheit<br />

e<strong>in</strong>er A. m. scutellata Wirtskönig<strong>in</strong> reproduzieren<br />

sich legende A. m. capensis Arbeiter<strong>in</strong>nen<br />

<strong>in</strong> enormen Umfang. Das Ausmaß<br />

der »Capensis Kalamität« legt nahe, dass<br />

Arbeiter<strong>in</strong>nen der Kaphonigbiene spezielle<br />

Anpassungen für e<strong>in</strong>en sozialparasitischen<br />

Lebenszyklus zeigen. In der Tat s<strong>in</strong>d derartige<br />

Anpassungen sowohl für die Wirtsf<strong>in</strong>dung<br />

als auch für die Übernahme des<br />

Wirtsvolkes bekannt. Arbeiter<strong>in</strong>nen der<br />

Kaphonigbienen dr<strong>in</strong>gen zunächst <strong>in</strong> nicht<br />

<strong>in</strong>fizierte Völker e<strong>in</strong>. Zum e<strong>in</strong>en können<br />

sich Arbeiter<strong>in</strong>nen »verfliegen«. Dies beruht<br />

auf Orientierungsfehlern der Bienen<br />

bei der Rückkehr zum heimatlichen Volk.<br />

Alternativ können parasitische Arbeiter<strong>in</strong>nen<br />

aktiv weit entfernte Wirtsvölker aufsuchen.<br />

Darüber h<strong>in</strong>aus können Kaparbeiter<strong>in</strong>nen<br />

sich auch Schwärmen anschließen,<br />

die mit nicht <strong>in</strong>fizierten Völkern verschmelzen<br />

können. Sobald die A. m. capensis<br />

Arbeiter<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> nicht <strong>in</strong>fizierte<br />

Wirtsvölker e<strong>in</strong>gedrungen s<strong>in</strong>d, etablieren<br />

sie sich als Pseudokönig<strong>in</strong>nen. Diese Pseudokönig<strong>in</strong>nen<br />

werden bevorzugt von den<br />

Wirtsbienen gefüttert und legen z. T. viele<br />

Eier pro Brutzelle (Abb. 3), die nur selten<br />

gefressen werden. Diese Eier entwickeln<br />

sich zu Larven, die ebenfalls bevorzugt gefüttert<br />

werden. In e<strong>in</strong>em befallenen Volk<br />

können so zunächst viele parasitische Arbeiter<strong>in</strong>nen<br />

aufgezogen werden. Die Wirtskönig<strong>in</strong><br />

stirbt jedoch im Laufe der Infektion,<br />

so dass ke<strong>in</strong>e neue Wirtsarbeiter<strong>in</strong>nen<br />

aufgezogen werden. Die parasitischen Arbeiter<strong>in</strong>nen<br />

konzentrieren sich nur auf die<br />

Reproduktion und nicht auf andere Stockaufgaben,<br />

wie z. B. Brutpflege. Dies führt<br />

dazu, dass trotz Tausender gelegter Eier<br />

das Wirtsvolk aufgrund fehlender Ammenbienen<br />

zwangsläufig zugrunde geht. Die<br />

neu aufgezogenen parasitischen Kapbienen<br />

können neue Wirtsvölker befallen und somit<br />

den parasitischen Lebenszyklus schließen.<br />

Es stellt sich die Frage, wozu diese reproduktive<br />

Anarchie auf Populationsebene<br />

führen kann. Da die parasitischen Arbeiter<strong>in</strong>nen<br />

ke<strong>in</strong>e männlichen Geschlechtstiere<br />

produzieren und <strong>in</strong> den Wirtsvölkern ke<strong>in</strong>e<br />

A. m. capensis König<strong>in</strong>nen aufgezogen<br />

werden, kommt es zu e<strong>in</strong>er reproduktiven<br />

Isolation zwischen den Wirtsbienen und<br />

den parasitischen Arbeiter<strong>in</strong>nen. Durch<br />

diese reproduktive Isolation kann es zur<br />

Artbildung e<strong>in</strong>es könig<strong>in</strong>nenlosen Sozialparasiten<br />

kommen, ähnlich wie dies bei<br />

Ameisen beschrieben wurde. Die reproduktive<br />

Anarchie im Bienenstaat und die<br />

daraus resultierende »Capensis Kalamität«<br />

ermöglichen es daher, die Evolution von<br />

Sozialparasitismus <strong>in</strong> Realzeit zu studieren.<br />

Die hier präsentierten Arbeiten wurden im<br />

Rahmen mehrerer DFG-Vorhaben, von der<br />

VW Stiftung, dem BMBF, sowie dem<br />

BABE Netzwerk (5. Rahmenprogramm<br />

der EU) gefördert.<br />

Dr. Peter Neumann, Jg. 1967, studierte<br />

Chemie und Biologie (1987–1994) an der<br />

TU und FU Berl<strong>in</strong>; Diplom/Promotion<br />

1994/1998 zu Themen der Bienenforschung;<br />

Forschungsaufenthalte <strong>in</strong> Uppsala<br />

(Schweden) und <strong>in</strong> Sheffield (UK); 1999–<br />

2000 post doctoral fellowship an der Rhodes<br />

University (Grahamstown, Südafrika).<br />

Seit 2001 ist er Nachwuchsgruppenleiter<br />

im Emmy Nöther Programm der DFG an<br />

der Universität Halle. Im Jahr 2002 folgten<br />

Forschungsaufenthalte <strong>in</strong> Pretoria<br />

(Südafrika), Hang Zhou (Ch<strong>in</strong>a) und<br />

Kunm<strong>in</strong>g (Ch<strong>in</strong>a).<br />

Rob<strong>in</strong> F. A. Moritz, Jg. 1952, Biologiestudium<br />

1971–1980 <strong>in</strong> Frankfurt/M, Promotion<br />

1980, Habilitation 1987, Forschungsaufenthalte<br />

<strong>in</strong> U. New South Wales (Sydney,<br />

Australien) Louisiana State University<br />

(Baton Rouge, LA, USA) State University<br />

New York (Brockport NY, USA). 1987–<br />

1991 war er Leiter des Genetiklabors der<br />

Bayerischen Landesanstalt für Bienenzucht<br />

und 1991–1997 Professor für Genetik am<br />

Institut für Biologie, TU Berl<strong>in</strong>. Seit 1997<br />

hat er e<strong>in</strong>e Professur für Molekulare Ökologie<br />

an der halleschen Universität <strong>in</strong>ne.

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