in Scientia Halensis
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scientia halensis 4/2002<br />
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Fachbereich Biologie<br />
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sammlungen der genetischen Modellpflanze<br />
Arabidopsis thaliana. Aus dem Erhalten<br />
26<br />
und Bereitstellen von Pflanzen als Aufgabe<br />
von Botanischen Gärten ergeben sich Nebeneffekte,<br />
z. B. das Bewahren von Arten<br />
vor dem Aussterben und der Erhalt von genetischer<br />
und biologischer Diversität. Diese<br />
Funktion mit ihren Auswirkungen kann<br />
aber nur noch über den Wert erfasst werden.<br />
Artenvielfalt – Ergebnis<br />
e<strong>in</strong>er sehr langen Entwicklung<br />
Die Unterscheidung zwischen Nützlichkeit<br />
und Wert ist auch für den gesellschaftlichen<br />
Blick auf die Pflanzenarten des Botanischen<br />
Gartens von Bedeutung. Es sollen<br />
hier ke<strong>in</strong>e utilitaristischen Szenarien gezeichnet<br />
werden, die den potenziellen Nutzen<br />
bestimmter, plötzlich hoch aktueller<br />
und wichtiger Arten für den Menschen<br />
ausmalen. Es gibt me<strong>in</strong>es Erachtens nur<br />
wenige Beispiele, um solchen Erfolgen e<strong>in</strong>e<br />
Schön – die Gesneriaceae Kohleria ocellata<br />
Exotisch – der Kaktus Aztekium ritteri<br />
gewisse Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit zusprechen zu<br />
können, so dass sie die Pflege von so vielen<br />
Pflanzen rechtfertigen würden.<br />
Wert als Bedeutsamkeit von Objekten für<br />
den Menschen, abseits aller wirtschaftlichen<br />
und kommerziellen Aspekte, besitzen<br />
Sammlungen lebender Pflanzen ebenso wie<br />
bildende Kunst, Literatur, Musik oder Architektur.<br />
Auch weil wir annehmen, dass<br />
Arten Ergebnis e<strong>in</strong>er sehr langen Entwicklung<br />
s<strong>in</strong>d, durch die Umwelt geformt wurden<br />
und werden, fasz<strong>in</strong>ieren uns die vielfältigen<br />
Formen, Farben und Anpassungen.<br />
Sammlungen lebender Pflanzen s<strong>in</strong>d ähnlich<br />
wie Kunst Teil unserer und anderer<br />
Kulturen, vom Menschen geschaffen und<br />
Ausdruck se<strong>in</strong>er geistigen Fähigkeiten. Auf<br />
dieser Stufe der Beurteilung von Wert können<br />
Kunst- und Kulturwerke, beispielsweise<br />
die Sixt<strong>in</strong>ische Madonna oder e<strong>in</strong>e<br />
Statue von Michelangelo durchaus mit e<strong>in</strong>er<br />
filigranen, leuchtend gefärbten Orchidee<br />
oder e<strong>in</strong>em sehr alten und schön gewachsenen<br />
Baum verglichen werden. Sie vermitteln<br />
nichtalltägliche E<strong>in</strong>drücke, berühren<br />
persönliches ästhetisches Empf<strong>in</strong>den, s<strong>in</strong>d<br />
attraktiv. Beide empf<strong>in</strong>den wir als wertvoll.<br />
Durch diese Analogie kann vielleicht<br />
der Wert e<strong>in</strong>er botanischen Sammlung von<br />
12 000 Arten bemessen werden.<br />
Wie viele Pflanzen brauchen wir? Die Frage<br />
ist falsch gestellt und muss lauten: Können<br />
wir auf e<strong>in</strong>ige Arten verzichten? Können<br />
wir angesichts der Parallelität zur<br />
Kunst und Kultur wirklich verzichten?<br />
Fantasieanregend und filigran – die Orchidee<br />
Restrepia antennifera<br />
12 000 Pflanzenarten s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e wertvolle,<br />
nützliche und vor allem e<strong>in</strong>e schöne und <strong>in</strong>teressante<br />
Sammlung. Für die Universität<br />
ist der Botanische Garten Stätte der Kultur<br />
und der Forschung. Er stellt e<strong>in</strong> repräsentatives<br />
Kulturdenkmal dar, <strong>in</strong>itiiert und ermöglicht<br />
Forschungsprojekte.<br />
Der Autor wurde 1967 <strong>in</strong> Dresden geboren,<br />
studierte von 1991–1995 Biologie an<br />
der halleschen Universität und wurde 1999<br />
am Institut für Geobotanik und Botanischer<br />
Garten promoviert. Von 2001–2002<br />
war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am<br />
Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung<br />
Gatersleben und seit<br />
2002 ist er Kustos am Botanischen Garten<br />
der Universität Halle.