in Scientia Halensis
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scientia halensis 4/2002<br />
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Fachbereich Biologie<br />
Institut / Projekt<br />
F<strong>in</strong>anzmittel<br />
................................................................................<br />
E<strong>in</strong>e enorme Bedeutung <strong>in</strong> diesem Zusammenhang<br />
hat die Analyse der Verhaltens-<br />
36<br />
weisen der Module und Systeme, also die<br />
Frage, welche E<strong>in</strong>gaben <strong>in</strong> das System welche<br />
Ausgaben bewirken. Hierauf liegt das<br />
eigentliche Hauptaugenmerk der Systembiologie,<br />
wobei elementare Pr<strong>in</strong>zipien über<br />
die Verschaltung von Elementen und daraus<br />
resultierende Verhaltensweisen des Systems<br />
aufgedeckt werden sollen, also zum<br />
Beispiel die Frage, <strong>in</strong> welcher Art und Weise<br />
e<strong>in</strong>zelne Komponenten verknüpft se<strong>in</strong><br />
müssen, um e<strong>in</strong> System hochgradig unanfällig<br />
gegen <strong>in</strong>nere und äußere Störungen<br />
(robust) zu machen. Der systembiologische<br />
Ansatz verfolgt also das Ziel, die aus<br />
dem Zusammenspiel e<strong>in</strong>zelner Komponenten<br />
resultierenden Eigenschaften zu untersuchen<br />
und unterscheidet sich damit vom<br />
oben geschilderten Ansatz der Molekularbiologie.<br />
Beschreibung e<strong>in</strong>es Systems<br />
Institute for Systems Biology, Seattle<br />
ERATO-Kitano Systems biology, Tokyo / Pasadena<br />
Alliance for Cellular Signal<strong>in</strong>g, USA<br />
Systems Biology Research Center, S<strong>in</strong>gapore<br />
»Genomes to Life«, DOE, USA<br />
»Systeme des Lebens – Systembiologie«,<br />
BMBF, Deutschland<br />
Im Rahmen e<strong>in</strong>er durch das Land Sachsen-<br />
Anhalt geförderten Zusammenarbeit mit<br />
der Arbeitsgruppe von Prof. Gilles versuchen<br />
wir derzeit, das <strong>in</strong> unserm Labor seit<br />
Jahren <strong>in</strong>tensiv untersuchte Lactose-Regulon<br />
der Hefe als funktional def<strong>in</strong>iertes<br />
System zu beschreiben. Dieses System besteht<br />
aus e<strong>in</strong>em regulatorischen und e<strong>in</strong>em<br />
metabolischen Netzwerk, die sich gegenseitig<br />
bee<strong>in</strong>flussen. Komponenten des metabolischen<br />
Netzwerks s<strong>in</strong>d der Milchzucker<br />
Lactose, dessen Spaltprodukte Glucose<br />
und Galactose und Enzyme, die Aufnahme<br />
und Spaltung der Lactose <strong>in</strong> der Hefezelle<br />
katalysieren. Komponenten des regulatorischen<br />
Netzwerks s<strong>in</strong>d Regulatorprote<strong>in</strong>e,<br />
welche die Aktivität e<strong>in</strong>er Gruppe von Genen<br />
kontrollieren und damit für die Synthese<br />
der metabolischen Enzyme verantwortlich<br />
s<strong>in</strong>d. Die Aktivierung dieser Gene erlaubt<br />
den Hefezellen, die verfügbare Lactose<br />
<strong>in</strong> Energie und Zellmasse umzusetzen.<br />
Durch molekularbiologische Struktur-/<br />
Funktionsanalysen konnten wir weitgehend<br />
klären, wie die Genaktivität an die<br />
Verfügbarkeit von Lactose angepasst wird.<br />
Der molekulare Schalter besteht aus drei<br />
Prote<strong>in</strong>en, e<strong>in</strong>em Aktivator (Gal4p), dessen<br />
Inhibitor (Gal80p) und dem Induktor<br />
(Gal1p), der Lactose-abhängig mit dem<br />
Inhibitor <strong>in</strong>teragiert und dessen hemmende<br />
Wirkung aufhebt.<br />
200 Mio. US$<br />
3,2 Mio. US$ / Jahr<br />
> 5 Mio. US$ / Jahr<br />
28 Mio. US$ / Jahr<br />
200 Mio. US$ / Jahr (geplant)<br />
45 Mio. US$, fünf Jahre<br />
Tab. 1: F<strong>in</strong>anzmittel der wichtigsten Institute und Projekte im Bereich der Systembiologie<br />
Für das Verständnis der Systemeigenschaften<br />
des Regulons reicht dieses Detailverständnis<br />
jedoch nicht aus. Ob die Lactose-<br />
Verwertung aktiviert wird oder nicht, hängt<br />
nämlich wesentlich von den Konzentrationsverhältnissen<br />
und den absoluten Konzentrationen<br />
der Regulatoren ab. Deren<br />
Syntheserate wiederum hängt autoregulatorisch<br />
von deren Aktivität ab (Abb. 2).<br />
Schon kle<strong>in</strong>e Verschiebungen <strong>in</strong> den Ausgangskonzentrationen<br />
können die Syntheserate<br />
relativ zue<strong>in</strong>ander verschieben und<br />
dadurch die Lactose-Verwertung massiv<br />
bee<strong>in</strong>flussen. Wie sich kle<strong>in</strong>e Veränderungen<br />
auswirken, ist jedoch <strong>in</strong>tuitiv schwer<br />
vorhersehbar. Erst e<strong>in</strong>e dynamische Betrachtung,<br />
die berücksichtigt, dass Inhibitorkonzentration<br />
und Inhibitorwirkung<br />
umgekehrt proportional zue<strong>in</strong>ander reguliert<br />
werden, erfasst den komplexen Zusammenhang.<br />
Durch die mathematische<br />
Beschreibung des Systemverhaltens erhält<br />
man e<strong>in</strong> Prognosemodell, das letztlich die<br />
Genaktivität voraussagen kann und uns <strong>in</strong><br />
die Lage versetzt, aussagekräftige und <strong>in</strong><br />
Bezug auf die Modellierung wichtige Experimente<br />
zu planen.<br />
Wie an diesem Beispiel deutlich wird, wäre<br />
es wenig s<strong>in</strong>nvoll, molekularbiologische<br />
und systembiologische Vorgehensweise als<br />
Gegensatzpaare zu sehen. Beide Ansätze<br />
schließen sich nicht gegenseitig aus, sondern<br />
lassen sich s<strong>in</strong>nvoll verb<strong>in</strong>den, um zu<br />
e<strong>in</strong>em umfassenderen Verständnis biologischer<br />
Systeme zu kommen.<br />
Abb. 2: Regelkreis der Lactose-Induktion. Der Aktivator Gal4p kann die Gene, die für die Verwertung<br />
von Lactose benötigt werden, aktivieren. Ist ke<strong>in</strong>e Lactose im Medium vorhanden,<br />
b<strong>in</strong>det der Inhibitor Gal80p an Gal4p und verh<strong>in</strong>dert damit dessen aktivierende Wirkung. In<br />
Anwesenheit von Lactose kann Gal1p an Gal80p b<strong>in</strong>den und somit den Aktivator Gal4p von<br />
der <strong>in</strong>hibierenden Wirkung befreien. Der Lactose-Transporter Lac12p transportiert Lactose<br />
von außen <strong>in</strong> die Zelle. Er hat e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss auf die Menge von Lactose <strong>in</strong>nerhalb der Zelle<br />
und somit auch auf den gesamten Induktionsprozess.<br />
Alexander Anders hat an der Mart<strong>in</strong>-Luther-Universität<br />
Biologie studiert und entwickelt<br />
im Rahmen se<strong>in</strong>er Doktorarbeit am<br />
Institut für Genetik e<strong>in</strong> mathematisches<br />
Modell des Hefe-Lactose-Regulons.<br />
Kar<strong>in</strong> Breunig wurde an der Universität<br />
Heidelberg promoviert (Genetik), habilitierte<br />
sich an der Universität Düsseldorf<br />
(Mikrobiologie) und ist seit 1996 Professor<strong>in</strong><br />
am Institut für Genetik der halleschen<br />
Universität.