OneTouch 4.0 Scanned Documents - Notar Dr. Stefan Zimmermann
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I,<br />
I<br />
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT<br />
URTEIL<br />
5 u 135/84<br />
74 0 255/83<br />
IM NAMEN DES VOLKES<br />
In dem Rechtsstreit<br />
vertreten durch die Vorsitzende des<br />
Vorstandes, Frau <strong>Dr</strong>.<br />
und deren Stellvertreterin, Frau <strong>Dr</strong>.<br />
Kläger in,<br />
Berufungskläger in,<br />
Verkündet am:<br />
28. August 1985<br />
Justizangestellte<br />
als Urkundsbeamtin<br />
der Geschäftsstelle.<br />
Prozeßbevollmächtigte:<br />
<strong>Dr</strong>.<br />
A.<br />
<strong>Dr</strong>.<br />
<strong>Dr</strong>.<br />
Rechtsanwälte.<br />
g e g e n<br />
Firma<br />
vertreten durch die Geschäftsführer<br />
Beklagte,<br />
Berufungsbeklagte,<br />
Prozeßbevollmächtigte:<br />
Rechtsanwälte<br />
hat das Hanseatische Oberlandesgericht zu Hamburg, 5. Zivilsenat,<br />
durch die Richter<br />
Herisen, Lindemann, Frau Karnowski<br />
nach der am 28. August 1985 geschlossenen mündlichen Verhandlung<br />
für Recht . erkannt:<br />
Um die Aktualität der Datenbank im Interesse aller Nutzer zu erhalten, benötige ich alle - auch die nur Ihnen vorliegenden - Gerichtsurteile.<br />
Für die Zusendung - auch in anonymisierter Form - danke ich Ihnen verbindlich. Ihre Urteile senden Sie bitte an:<br />
<strong>Notar</strong> <strong>Dr</strong>. <strong>Stefan</strong> <strong>Zimmermann</strong>, 18055 Rostock, Kröpeliner Str. 49, Tel.:(0381) 242110, Fax:(0381) 2421150,<br />
E-Mail : stefan.zimmermann@notarnet.de, www.zimmermann-notar-rostock.de
- 2 -<br />
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil<br />
des Landgerichts Harnburg, Zivilkammer 24, vom<br />
27. April 1984 geändert.<br />
Die Beklagte wird bei Meidung eines für<br />
jeden<br />
Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden<br />
Ordnungsgeldes,<br />
ersatzsweise Ordnungshaft,<br />
oder Ordnungshaft verurteilt,<br />
es zu unterlassen,<br />
beim Abschluß ihrer Verträge<br />
mit Partnerschaftsinteressenten folgende<br />
oder inhaltsgleiche Bestimmungen in die<br />
Geschäftsbedingungen aufzunehmen,<br />
sofern der<br />
Vertrag nicht mit einem Kaufmann im Rahmen<br />
seines Handelsgewerbes geschlossen wird:<br />
Gegenstand dieses Vertrages ist ein einmaliges<br />
und unverzüglich zu erbringendes Werk (§ 631<br />
BGB).<br />
Gegenstand dieses Vertrages ist hingegen keine<br />
Ehevermittlung, Eheanbahnung oder ein fortdauerndes<br />
und wiederkehrendes dienstvertragliches Tätig·<br />
sein irgendwelcher Art, das auf ein unmittelbares<br />
Zustandekommen einer Partnerschaft oder einer<br />
Ehe gerichtet ist.<br />
Für das in Ziff. 2 beschriebene Werk zahlt der<br />
Kunde als Werklohn eine Vergütung in der vorgenannten<br />
Höhe. Die Vergütung ist, sofern nichts<br />
anderes vereinbart, mit Vollendung des Werkes<br />
fällig. Die Vergütungsverpflichtung des Kunden<br />
besteht unabhängig davon, ob oder wann der Kunde<br />
die für ihn bereitgestellten Partnervorschläge<br />
abruft.<br />
Im übrigen kann der Werkvertrag bis zur Vollendung<br />
des Werkes gekündigt werden. Für diesen<br />
Fall bleibt der Kunde jedoch gemäß § 649 BGB<br />
zur Zahlung des Werklohns verpflichtet. Dem<br />
Kunden werden jedoch auf die Vergütung ersparte
• f<br />
- 3 -<br />
Aufwendungen und anderweitige tatsächliche oder<br />
mögliche Erwerbsvorteile gemäß dieser Bestimmung<br />
angerechnet. Der Vertrag kann nicht, nach dienstvertraglichen<br />
Kündigungsregelungen der §§ 627,<br />
628 BGB, gekündigt werden.<br />
,Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits<br />
zu tragen.<br />
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.<br />
Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung des<br />
Klägers durch Sicherheitsleistung von 212.ooo,-<br />
DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstrecfung<br />
Sicherheit in derselben Höhe leistet.<br />
Die Beschwer der Beklagten beträgt 20.000,--<br />
DM.<br />
Der Streitwert wird<br />
für beide Instanzen auf<br />
2oo.ooo,--<br />
DM festgesetzt.
- 4 -<br />
T a t b e s t a n d<br />
Der Kläger ist ein rechtsfähiger Verein, zu dessen satzungsgemäßen<br />
Aufgaben es gehört,<br />
die Interessen er Verbraucher durch Beratung<br />
und Aufklärung wahrzunehmen,<br />
und dessen Mitglieder in diesem Aufgabenhereich<br />
tätige Verbände sind. Der Kläger ist nach § 13 Abs. 1<br />
und 2 AGB-Gesetz klagebefugt.<br />
Die Beklagte betreibt ein Unternehmen für Partnerschaftsvermittlung.<br />
Mit ihren Kunden schließt sie Formularverträge,<br />
die mit "Werkvertrag"<br />
überschrieben sind und dem Kunden gegen Zahlung von zur Zeit 3.876,-<br />
DM einen Anspruch auf 25 Partnervorschläge geben (Anlage R) . Dem Vertrag<br />
beigefügt sind "Allgemeine Werkvertragsbedingungen der VIP"<br />
(Anlage<br />
S) .<br />
Die Beklagte wirbt Mitglieder für ihren "Passivpool";<br />
das sind Personen,<br />
die ohne Bezahlung bereit sind, sich an partnersuchende Personen<br />
vermitteln zu lassen. Sie nimmt die von ihr für eine Vermittlung<br />
als wesentlich erachteten Daten dieser Personen auf und speichert<br />
sie mit Hilfe eines Computers.<br />
Der "Aktivpool" wird von denjenigen<br />
Personen gebildet, die für die Angaben von Adressen passender<br />
Partner bezahlen.<br />
Auch die Daten dieser Aktivpartner werden erfaßt<br />
und ,gespeichert.<br />
Der Kläger hat vorgebracht,<br />
daß die Einstufung des Vertrages als<br />
Werkvertrag und der damit verbundene<br />
Ausschluß einer Kündigung nach<br />
den Dienstvertragsvorschriften der §§ 626, 627 BGB als überraschend<br />
im Sinne des § 3 AGBG anzusehen seien und außerdem gegen § 9 Abs. 2<br />
Nr. 1 AGBG verstießen. Der Kunde wolle nicht lediglich die Bereitstellung<br />
von 25 Partnervorschlägen vergüten,<br />
sondern gehe davon aus,<br />
das er nur bei Zustandekommen einer Partnerschaft<br />
vergütungspflich-
- 5 -<br />
tig werde. Auch habe die Vereinbarung in Wahrheit Dienstvertragscharakter;<br />
denn die Tätigkeit der Beklagten sei nicht erfolgsbezogen,<br />
sondern tätigkeitsbezogen. Dem für den neuen Kunden wichtigen<br />
Kennenlernen des Partners oder der Partner dienten Serviceleistungen<br />
der Beklagten, die sie bis Oktober 1982 in stärkerem Maße geboten<br />
habe, aber auch jetzt noch erbringe. Die Beklagte biete einen Telefonservice<br />
an sowie eine "VIP-Service-Card" und den "VIP-Guide".<br />
Früher habe die Beklagte ihre Verträge als Dienstleistungsverträge<br />
bezeichnet. Die Erwartung des Kunden, daß ihm ein umfassender Service<br />
mit dem Ziel der Partnervermittlung geboten werde, werde Vertragsinhalt.<br />
Die Beklagte habe diesen Vertrag als Werkvertrag konstruiert und<br />
die als geschuldet bezeichnete Leistung zeitlich möglichst nah an<br />
den Vertragsschluß gelegt,<br />
um nicht das Risiko laufen zu müssen,<br />
in den häufigen Fällen von Kündigungen Teile des Entgelts zurückzahlen<br />
zu<br />
müssen.<br />
Der Kläger hat beantragt,<br />
die Beklagte bei Meidung eines für<br />
j eden<br />
Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden<br />
Ordnungsgeldes,<br />
ersatzweise<br />
Ordnungshaft,<br />
oder Ordnungshaft zu verurteilen,<br />
es zu unterlassen,<br />
beim Abschluß ihrer<br />
Verträge mit Partnerschaftsinteressenten<br />
folgende oder inhaltsgleiche Bestimmungen<br />
in die Geschäftsbedingungen aufzunehmen,<br />
sofern der<br />
Vertrag nicht mit einem Kaufmann<br />
im Rahmen seines Handelsqewerbes geschlossen<br />
wird:
- 6 -<br />
Gegenstand dieses Vertrages ist eine<br />
einmalige und unverzüglich zu erbringende<br />
Werkleistung (§ 631 BGB). (Diese besteht<br />
in der fachkundigen Erarbeitung und<br />
individuellen Auswahl von<br />
25 qualifizierten<br />
Partnervorschlägen sowie ihrer elektronischen<br />
Bereitstellung für den Kunden in<br />
einem speziellen Partneradressen-Abrufdepot)<br />
•<br />
Gegenstand dieses Vertrages ist hingegen<br />
kein • • . fortdauerndes und wiederkehrendes<br />
dienstvertragliches Tätigsein irgendwelcher<br />
Art,<br />
das auf ein unmittelbares<br />
Zustandekommen einer Partnerschaft oder<br />
einer Ehe gerichtet ist.<br />
(Die Werkleistungsverpflichtung der VIP<br />
gegenüber dem Kunden beinhaltet im<br />
einzelnen die Erstellung eines Kundenpersönlichkeitsprofils<br />
und eines Wunschpartnerprofils<br />
unter Erfassung,<br />
Bewertung<br />
und elektronikgerechter Umsetzung der<br />
Kundenpersonal-<br />
und Partnerwunschdaten,<br />
eine Vorauswahl potentieller Partnervorschläge<br />
aus dem Datenbank-Partnerbestand<br />
der VIP aufgrund bestimmter Basisvergleichsdaten<br />
unter Einsatz einer elektronischen<br />
Großrechenanlage,<br />
eine<br />
Hauptauswahl von 25 Partnervorschlägen<br />
durch Fachpersonal mittels visueller<br />
Bildschirmvergleiche und einer individuellen<br />
Passensgradsüberprüfung sowie<br />
die abschließende Bildung und Bereitstellung<br />
des elektronischen Partner-
- 7 -<br />
adressen-Abrufdepots für den einzelnen<br />
Kunden. Mit der Bereitstellung dieses<br />
Depots ist die Werkvertragsleistung der<br />
VIP im Sinne der werkvertragliehen Vorschriften<br />
des BGB vollendet).<br />
Für die . • • Werkleistung der VIP zahlt<br />
der Kunde als Werklohn eine Vergütung in<br />
der genannten Höhe. Die Vergütung ist ...<br />
mit Vollendung der Werkleistung fällig.<br />
Die Vergütungsverpflichtung des Kunden<br />
besteht unabhängig davon,<br />
ob oder wann der<br />
Kunde die für ihn bereitgestellten Partnervorschläge<br />
abruft.<br />
Für den Fall der Kündigung bleibt der<br />
Kunde jedoch gemäß §<br />
649 BGB zur Zahlung<br />
des Werklohns verpflichtet. Dem Kunden<br />
werden jedoch auf die Vergütung ersparte<br />
Aufwendungen und anderweitige<br />
tatsächliche oder mögliche Erwerbsvorteile<br />
gemäß dieser Bestimmung angerechnet.<br />
Die dienstvertragliehen Kündigungsregelungen<br />
der §§ 627, 628 BGB<br />
finden auf den vorliegenden Werkvertrag<br />
keine Anwendung.<br />
Die in Klammern gesetzten Sätze werden nicht mit der Klage angegriffen,<br />
da der Kläger darin eine Leistungsbeschreibung sieht.<br />
Die Beklagte hat beantragt,<br />
die Klage abzuweisen.<br />
Sie hat vorgetragen,<br />
sie erbringe keine Serviceleistungen mehr.<br />
Ihre Tätigkeit für die Kunden stelle eine .echte Werkleistung dar.
- 8 -<br />
Die Erarbeitung und Bereitstellung von 25<br />
Partnervorschlägen sei<br />
ein bestimmtes Tätigkeitsergebnis im Sinne des § 631 BGB, und<br />
zwar ein immaterielles Leistungsergebnis,<br />
ein geistig-schöpferisches<br />
Arbeitsprodukt von meßbarem Wert,<br />
an das auch Qualitätskriterien<br />
(Uberprüfung des Passensgrades) angelegt werden könnten.<br />
Selbst wenn Dienstvertragsrecht anzuwenden sei, könne § 627 BGB<br />
nicht angewendet werden; es sei höchst zweifelhaft, ob 11Dienste<br />
höherer Art" zu erbringen seien. Da sie im Zeitpunkt der jederzeit<br />
möglichen Kündigung ihre volle Leistung stets erbracht habe,<br />
stehe ihr nach § 628 BGB der volle Zahlungsanspruch zu.<br />
Das Landgericht hat die Klage am 27. April 1984 abgewiesen und<br />
ausgeführt,<br />
daß sich die Unwirksamkeit der beanstandeten Klauseln<br />
weder aus § 9 noch aus § 3 AGBG ergebe.<br />
Als unstreitig sei<br />
anzusehen,<br />
erbringe.<br />
daß die Beklagte keine zusätzlichen Dienstleistungen<br />
Deshalb sei die Einordnung des Vertrages unter die Regelungen<br />
des Werkvertragsrechts nicht zu beanstanden.<br />
Die zahlreichen<br />
vorliegenden Gerichtsentscheidungen über die Einstufung<br />
des Vertrages als Werk-<br />
oder Dienstvertrag hätten nur einen sehr<br />
beschränkten Aussagegehalt.<br />
Selbst wenn die Vertragsgestaltung<br />
dienstvertraqlichen Charakter habe,<br />
bewirke die von der Beklagten<br />
gewählte Anwendung des Werkvertragsrechts keine unangemessene<br />
Benachteiligung im Sinne des § 9 AGBG.<br />
Kündiqe der Kunde<br />
vor Vollendung des Werks, so folge seine Zahlungspflicht aus §<br />
649 BGJ3': Gehe man von §§ 627, 628 BGB aus, so schulde der Kunde<br />
die volle Vergütung,<br />
weil die Beklagte die Partnervorschläge unmittelbar<br />
nach Vertragsschluß erbringe,<br />
was ihr nicht verwehrt<br />
werden könne.<br />
Schließlich erfüllten die Vertragsbestimmungen der<br />
Beklagten nicht die Voraussetzungen des § 3 AGBG.<br />
Mit seiner Berufung bringt der Kläger vor, er wende sich nicht<br />
dagegen, daß die Beklagte sich eine erfolgsunabhängige Vergütung
- 9 -<br />
sichern wolle,<br />
sondern allein gegen die mißbräuchliche Art der<br />
Vertragsgestaltung; die Klage diene dem Zweck, die Beklagte in<br />
einen rechtlichen Rahmen zurückzudrängen, in welchem eine angemessene<br />
Entlohnung von Leistungen erhalten bleibe, der Kunde<br />
aber vor nicht oder schlecht erbrachten Leistungen ausreichend<br />
geschützt werde. Rund ein <strong>Dr</strong>ittel aller Verträge der Beklagten<br />
werde notleidend.<br />
Die Tätigkeit der Beklagten sei rechtlich als Maklerdienstvertrag<br />
einzuordnen.<br />
Jedenfalls liege kein Werkvertrag vor,, da die<br />
Erstellung des Adressendepots nur etwa die Hälfte der Tätigkeit<br />
der Beklagten ausmache. Auch sei das Adressendepot nicht im Sinne<br />
einer Abnahme des Werks überprüfbar. Zu Unrecht sehe das Landgericht<br />
keinen wesentlichen Unterschied darin, ob § 649 BGB oder<br />
§ 628 BGB anzuwenden sei. Denn nach Dienstvertragsrecht müßte<br />
der Gesamtarbeitsaufwand der Beklagten exakt ermittelt, bewertet<br />
und aufgeteilt werden, was zu einer 3o bis So % betragenden<br />
Ersparnis für en Kunden führen würde. Entgegen der Ansicht des<br />
Landgerichts benachteilige deshalb die Einbeziehung der Werkvertragsvorschriften<br />
den Partner eines Dienstvertrages in unangemessener<br />
Weise. Schließlich behauptet die Klägerin, das Adressendepot<br />
der Beklagten umfasse nur etwa So.ooo Adressen, für<br />
eine seriöse Erbringung der Leistung seien aber 2oo.ooo Adressen<br />
erforderlich. Von den 5o.ooo Adressen entfielen ca. 3o %<br />
auf Frauen. Die Beklagte könne die Werkleistung deshalb von<br />
vornherein gar nicht erbringen (Beweis: Professor <strong>Dr</strong>.·vund<br />
Prof. <strong>Dr</strong>. .. als sachverständige Zeugen).<br />
Der Kläger beantragt,<br />
das angefochtene Urteil abzuändern und nach<br />
seinem Klagantrag zu erkennen.
- 10 -<br />
Die Beklagte beantragt,<br />
die Berufung zurückzuweisen.<br />
Sie trägt vor,<br />
der von ihr werkvertraglich geschuldete Erfolg<br />
sei sowohl in dem Vertrag als auch in den AGB klar umrissen.<br />
Geschuldet werde die<br />
Zusammenstellung und Bereitstellung von<br />
25 PartnerV9fSChlägen und ihre EDV-mäßige Speicherung in einem<br />
speziell für die Kunden eingerichteten Partneradressenabrufdepot.<br />
Damit trete im Sinne der §§ 646, 649 BGB die Vollendung<br />
der Werkleistung ein unabhängig davon,<br />
ob der eine oder<br />
andere Vorschlag ungeeignet und das Werk aus diesem Grunde mangelhaft<br />
sein könnte. Der geschuldete Erfolg sei gemäß § 631 Abs.<br />
2 BGB "ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender<br />
Erfolg"<br />
im.Sinne eines geistig-schöpferischen Leistungsergebnisses.<br />
Dem Kunden komme es auf diese zu erbringende Dienste<br />
an, gleichgültig ob es sich um einen Dienstvertrag, Werkvertrag,<br />
Maklervertrag, Geschäftsbesorgungsvertrag oder Auftrag<br />
handele.<br />
Auf den weiteren Vortrag der Parteien in ihren vorbereitenden<br />
Schriftsätzen sowie auf die von ihnen zur Akte gereichten Anlagen<br />
wird zur Ergänzung des Tatbestands verwiesen.
- 11 -<br />
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :<br />
Die Berufung des Klägers ist begründet.<br />
I. Dem Landgericht ist darin zu folgen, daß die beanstandeten AGB<br />
nicht schon nach § 3 AGBG unverbindlich sind. Sie können nicht<br />
als überraschende Klauseln gelten, weil die Verträge zwischen<br />
der Beklagten und ihren Kunden von ihrem äußeren Erscheinungsbild<br />
her betont deutlich als Werkverträge aufgernacht worden<br />
sind. Die Beklagte verbirgt keineswegs, daß sie die volle Vergütung<br />
von 3.876,-- DM als verdient ansieht, wenn sie dem Kunden<br />
das "Partneradressen-Abrufdepot" bereitstellt.<br />
II. Die Klage ist aber nach § 9 Abs. 1 AGBG begründet.<br />
1. Der Kläger greift die in dem Klageantrag aufgeführten, nicht<br />
in Klammern gesetzten AGB der Beklagten mit der im Berufungsrechtszug<br />
noch einmal zusarnrnengefaßten Begründung an, die Kunden<br />
der Beklagten würden im Sinne des § 9 AGBG unangemessen benachteiligt,<br />
weil die Beklagte die mit ihnen geschlossenen Dienstverträge<br />
dem Werkvertragsrecht unterstelle. Im Falle der Kündigung<br />
des Vertrages müsse der Kunde nach Werkvertragsrecht nahezu die<br />
volle Vergütung leisten (§ 649 BGB), während er bei Anwendung von<br />
Dienstvertragsrecht schätzungsweise 3o bis So % des vereinbarten<br />
Preises erspare (§§ 627, 628 Abs. 1 BGB). Der Kläger setzt sich<br />
dabei nicht mit der zutreffenden Ansicht des Landgerichts auseinander,<br />
daß der Kunde auch nach §§ 627, 628 BGB zur Zahlung<br />
der vollen Vergütung verpflichtet bleibt, wenn er sich die 25<br />
Partneradressen gleich nach Vertragsschluß auf einmal übermitteln<br />
läßt. Daß dies eine in der Praxis zu vernachlässigende Art<br />
der Vertragsabwicklung sei, hat der Kläger nicht behauptet; eher<br />
kann von dem Gegenteil ausgegangen werden.
- 12 -<br />
Der in den AGB der Beklagten festgelegte Ausschluß der Kündigungsregeln<br />
der §§ 627, 628 BGB könnte nur solche Kunden treffen, die<br />
erst nach und nach die 25 Partner-Adressen abrufen. Die Beklagte hat<br />
indes darin Recht, daß sie §§ 627, 628 BGB nicht für anwendbar<br />
hält. Das Rechtsverhältnis zwischen der Beklagten und ihren Kunden<br />
ist nicht als Dienstvertrag anzusehen. Es stellt allerdings<br />
auch keinen Werkvertrag dar.<br />
2. Die Beklagte weist ihren Kunden gegen Zahlung von 3.876,-- DM<br />
bis zu 25 Personen nach, von denen sie meint, daß sie den· Partnerwünschen<br />
ihrer Kunden entsprechen. Die Beklagte bietet, wie<br />
sie in Nr. 1 Abs. 2 ihrer AGB formuliert, "die besondere Chance,<br />
Menschen kennenulernen, Bekanntschaften und Freundschaften<br />
zu schließen oder auch den Partner fürs Leben zu finden".<br />
a) Diese Partnerschaftsvermittlung ist neben oder weithin sogar<br />
an die Stelle der Heiratsvermittlung getreten. Das Gesetz versagt<br />
den Heiratsvermittlern immer noch einen klagbaren Anspruch auf<br />
ihren Lohn (§ 656 BGB). Diese Rechtslage hat zunächst dazu geführt ,<br />
daß der vor etwa 8 bis 1o Jahren größte Anbieter von Ehevermittlungsdiensten<br />
seine Maklerverträge rechtlich als Mitgliedschaften<br />
in dem<br />
._.Partner-Kreis" ausgestaltete. Der Kunde mußte einen<br />
"Aufnahmebeitrag" von 2.1oo,--<br />
DM leisten sowie für die Dauer des<br />
auf 12 Monate angelegten Vertrages ein "Betreuungshonorar" von<br />
1.5oo,-- DM; von diesen wurden bei vorzeitiger Beendigung des Vertrages<br />
für<br />
jeden nicht in Anspruch genommenen Mitgliedschaftsmonat<br />
125,-- ·DM zurückgezahlt.<br />
Unter Berücksichtigung der Tatsache,<br />
daß nach dem Inhalt des Vertrages<br />
der Schwerpunkt der Ehevermittlung in der Erbringung einer<br />
ständigen Leistung lag, hat es das OLG fiamburg in einem nach § 13<br />
AGBG angestrengten Kontrollverfahren für vertretbar gehalten, den
- 13 -<br />
Vertrag als Ehevermittlungsdienstvertrag mit überwiegend dienstvertraglichem<br />
Einschlag anzusehen (WM 1978 , 1358; MDR 1979 , 314 -<br />
hier nur aszugsweise -).<br />
Das OLG.Hamburg hat der Unterlassungsklage<br />
wegen Verstoßes gegen § 1o Nr. 7 AGBG stattgegeben, weil bei<br />
Anwendbarkeit des Dienstvertragsrechts die im Falle der Kündigung<br />
nach § 628 BGB zu fordernde Vergütung ganz erheblich niedriger<br />
lag, als die beanstandeten AGB dies regelten. Um dem offensichtlichen<br />
Bedürfnis weiter Bevölkerungskreise nach Ehe-<br />
(oder Partnerschafts-)Vermittlungen<br />
Rechnung zu tragen,<br />
hat dieses Gericht damals<br />
vorgeschlagen,<br />
die Vermittlungsdienstverträge als monatlich<br />
kündbar auszugestalten,<br />
die Kündigung des Vertrages aber entgegen<br />
§ 627 Abs. 1 BGB für die ersten drei Monate auszuschließen, um<br />
damit die sog.<br />
Vorlaufkosten solcher Unternehmen abzudecken.<br />
Dieser Vorschlag hat Eingang in den Entwurf eines Gesetzes<br />
über finanzierte Rechtsgeschäfte sowie über Maklerverträge<br />
gefunden (Bundestags-<strong>Dr</strong>ucksache 8/3212 vom 27.9.1979; dort Seite<br />
24) •<br />
Das Urteil des OLG Harnburg ist rechtskräftig geworden;<br />
das verklagte<br />
Unternehmen verschwand vom Markt. Einige Zeit darauf hat<br />
die jetzige Beklagte ihre Maklerdienste angeboten und legt bei<br />
der Fassung ihres Vertragswerks größten Bedacht darauf,<br />
das Rechtsverhältnis<br />
zu ihren Kunden als Werkvertrag hinzustellen.<br />
Der vorgeschlagene<br />
Weg,<br />
den Kunden einen Maklerdienstvertrag anzubieten,<br />
der ein Vierteljahr unkündbar ist,<br />
auf diese Weise die berechtigten<br />
Interessen beider Seiten einzufangen vermag und somit<br />
nicht dem Vorwurf unangemessener Benachteiligung der Vertragspartner<br />
im Sinne des § 9 AGBG ausgesetzt ist,<br />
hat bei der rechtlichen<br />
Ausformung der Verträge ersichtlich keinen Anklang gefunden.<br />
b) Alle Bestimmungen in den AGB der Beklagten, die darauf abstellen,<br />
daß das Vertragsverhältnis ein Werkvertrag sei und mithin
- 14 -<br />
die Bestimmungen der §§ 631 ff.<br />
BGB zu gelten hätten, sind nach<br />
§ 9 Abs. 1 AGBG unwirksam, weil kein Werkvertrag vorliegt, sondern<br />
ein dem Maklervertrag ähnliches Vertragsverhältnis.<br />
Der Senat sieht davon ab, die außerordentlich zahlreichen veröffentlichten<br />
Entscheidungen der<br />
Instanzgerichte zur Frage der<br />
rechtlichen Einordnung der Vertragsbeziehungen zwischen der Beklagten<br />
und ihren Kunden hier darzustellen. Nach dem die entsprechende<br />
Anwendung des § 656 BGB auf die Verträge der Beklagten<br />
in der Praxis der Gerichte vereinzelt geblieben ist,<br />
haben<br />
diese sich um die treffende vertragstypologische Einordnung unter<br />
das Recht des Dienst-<br />
oder des Werkvertrages bemüht. Deutlich überzeugendere<br />
Begründungen für die eine oder<br />
die andere Ansicht sind<br />
nicht erkennbar<br />
(vgl. zuletzt OLG Karlsruhe NJW 1985, 2035 mit krit.<br />
Anm . Gilles EWiR § 611 BGB 2/85, 559).<br />
aa) Gegen die Anwendbarkeit vom Werkvertragsrecht auf das vorliegende<br />
Rechtsverhältnis kann allerdings nicht ins Feld geführt werden,<br />
daß die Beklagte gar nicht imstande sei, das von ihr vertraglich<br />
versprochene Werk zu leisten. Der Kläger behauptet, für eine<br />
seriöse Erbringunq der Leistung müßte die Beklagte statt der vorhandenen<br />
etwa So.ooo Adressen ein Depot von rund 2oo.ooo aufweisen. Das mag<br />
so sein (vgl.auch Micklitz, NJW 1985,2005). Indessen kann die<br />
Prüfung, ob die Beklagte überhaupt leistungsfähig ist, nicht<br />
Gegenstand der abstrakten Inhaltskontrolle der AGB der Beklagten<br />
nach § 13 Abs. 1 AGBG sein. Wenn der Kläger der Ansicht ist,<br />
daß die Beklagte das Publikum irreführt, indem sie die eingangs<br />
des "Werkvertrages" beschriebene Leistung "einer qualifizierten<br />
Erarbeitung und Auswahlprüfung von 25 ... Partnervorschlägen"<br />
gar nicht erbringen kann, so steht dem Kläger der Klageweg nach<br />
§ 13 Abs. 1 a, § 3 UWG offen. Im vorliegenden Verfahren geht es<br />
darum, ob das von der Beklagten ihren Verträgen beigegebene<br />
Rahmenwerk<br />
die Kundschaft der Beklagten unangemessen benachteiligt.
- 15 -<br />
bb) Was die Beklagte als Leistung anbietet,<br />
ist kein "Werk".<br />
Die Beklagte sieht in der jeweiligen Erarbeitung der 25 Partnervorschläge<br />
ein geistig-schöpferisches Werk, das mit der Erstellung<br />
eines Gutachtens verglichen werden könne. Dabei stützt sie<br />
sich auf GilX'.e: (NJW 1983, 361, 368), der Verträge als reine Werkverträge<br />
betrachtet, "wenn sie einen bestimmten,<br />
'durch Arbeit<br />
oder Dienstleistung herbeizuführenden Erfolg', ( § 631 Abs.<br />
2 BGB)<br />
im Sinne eines geistig-schöpferischen Leistungsergebnisses zum<br />
Gegenstand haben,<br />
das in bestimmten Datenträgern oder Computerausdrucken,<br />
in schriftlichen Partnervorschlägen oder Vorschlagspartnerbeschreibungen<br />
eine - möglicherweise nur summarische - Verkörperung<br />
findet." Die Beklagte hat kürzlich zur weiteren Stützung<br />
ihres Rechtsstandpunkts ein im Mai 1985 erstelltes Gutachten des<br />
Hamburger Professors eingereicht. Dort heißt es, daß die<br />
von der Beklagten ge_sammel ten Interview-Daten auf de:r; Basis eines<br />
sechsdimensionalen Persönlichkeitsmodells analysiert und zu einem<br />
Gutachten über die Partnerschafteigenschaften des Partnersuchenden<br />
zusammengestellt werden. stlll nennt die Leistung der Beklagten<br />
ein "Gesamtwerk".<br />
Der Senat hat sich von der Beklagten drei beliebige Partneradressen-Abrufdepots<br />
geben lassen, sämtlich aus April 1985. Davon sind<br />
zwei für Frauen zusammengestellt worden,<br />
das dritte für einen<br />
Mann. Sie bestehen aus jeweils 3o<br />
(statt vertraglich vorgesehener<br />
25) Partnervorschlägen auf Blättern im Format DIN A4 und beginnen<br />
mit dem Satz:<br />
"Nach eingehender Analyse ihres Psychogramms<br />
und ihrer Partnerwünsche möchten wir Ihnen<br />
heute folgenden Partnervorschlag machen:"<br />
Es folgt die Anschrift der Person und deren Charakteristik. Sämtliche<br />
6o vorgeschlagenen Männer zeichneten sich "in besonderem
- 16 -<br />
Maße durch kreative Tatkraft" aus, 24 zudem durch - die wörtliche<br />
Wiedergabe ist richtig - "sensible Einfühlungsfähigkeit". In dem<br />
für den Mann erstellten Depot zeichneten sich alle 3o Frauen "in<br />
besonderem Maße durch sensible Einfühlungsfähigkeit" aus und die<br />
Hälfte von ihnen durch "seelische Stärke". An dieser Stelle<br />
werden<br />
jeweils 5 Merkmale genannt, darunter sportliches Interesse,<br />
Kontaktfreude, innerer Erlebnisreichtum, Aufgeschlossenheit und<br />
Sinnenfreude.<br />
Alsdann werden die Interessengebiete der vorgeschlagenen<br />
Personen aufgezählt, und zwar bis zu 1o, z.B. "Tanzen,<br />
Basteln, Handwerken, Reisen, Musik, Literatur, Schwimmen, Skifahren,<br />
Motorsport, Bowling und Tischtennis". Weiter heißt es in<br />
diesem Beispielsfall<br />
"Er kleidet sich gern leger, wohnt am liebsten in<br />
einer Kleinstadt und wünscht sich einen Partner,<br />
der humorvoll, unkompliziert, zärtlich, sportlich<br />
und charaktervoll ist.<br />
Besonderen Wert legt er auf Einfühlungsvermögen<br />
und Toleranz<br />
Intelligenz und Sachlichkeit.<br />
Sich selbst beschreibt Herr . • . als ernsthaft,<br />
ausgeglichen, einfühlsam, zurückhaltend und<br />
sportlich.<br />
Da diese Eigenschaften und viele andere sehr gut<br />
zu Ihnen passen und mit Ihren Wünschen übereinstimmen,<br />
glauben wir, daß es sich für Sie beide<br />
sehr lohnen würde, sich kennenzulernen. Greifen<br />
Sie rasch zum Telefon oder schreiben Sie ein<br />
paar Zeilen.<br />
Und, bitte, vergessen Sie nicht, uns zu benachrichtigen,<br />
wenn Sie in Herrn .... den richtigen<br />
Partner gefunden haben.<br />
Wir wünschen Ihnen alles Gute und viel Glück.<br />
Mit herzlichen Grüßen<br />
I-hre Partnerauswahlabteilung".
- 17 -<br />
Die letzten vier. Absätze kehren auf allen<br />
9o Seiten wieder.<br />
Daß in diesem Konvolut ein geistig-schöpferisches Leistungsergebnis<br />
zu erblicken sei,<br />
kann nicht ernsthaft vertreten werden.<br />
Vielmehr bleibt die Leistung der Beklagten auf der Ebene<br />
einer schablonenhaften Personenbeschreibung.<br />
Die Beklagte stellt<br />
im übrigen -. wenn auch in anderem Zusammenhang - selbst in Zweifel,<br />
daß ihre Dienstleistung eine solche höherer Art sei. Die<br />
Partnervorschläge unterscheiden sich äußerlich in nichts von<br />
denjenigen Partnervorschlägen,<br />
die früher von Ehevermittlern<br />
gemacht wurden. Unterschiedlich ist allein die Art des Zustandekoromens<br />
der Vorschläge.<br />
Früher wurde der auf den Kunden als<br />
passend erachtete Partnervorschlag anhand von Karteikarten<br />
ermittelt.<br />
Heute wird eine Großrechenanlage eingesetzt, die das<br />
langwierige Sichten und Prüfen der Karteikartenangaben überflüssig<br />
macht. So rühmt die Beklagte auch die Geschwindigkeit, mit<br />
der sie das Depot erstellen kann.<br />
Daß die Beklagte bei der Aufnahme<br />
der Persönlichkeitsdaten psychologisch<br />
.<br />
geschultes Personal<br />
einsetzt, soll als richtig unterstellt werden. Auch Ehemakler<br />
mußten, wenn sie erfolgreich sein wollten, psychologische<br />
Kenntnisse einbringen.<br />
Möglicherweise erhöht der heutige Einsatz<br />
von Computern die Erfolgsquote bei der Partnerschaftsvermittlung.<br />
Das macht aus der Nachweistätigkeit der Beklagten aber keinen<br />
Werkvertrag.
18<br />
cc) Ferner ist einer Werkleistung eigen, daß der Auftraggeber sie reg,<br />
mäßig auf ihre Qualität überprüfen und das Werk als vertragsgerecht<br />
billigen, es also abnehmen kann (vgl. dazu RGRK-Glanzrnann, § 631<br />
Rdnr.<br />
13). Das kann bei der Leistung der Beklagten nicht festgestellt<br />
werden.<br />
Die Beklagte erklärt die von ihr geschuldete Leistung<br />
mit der Bereitstellung des Depots als "vollendet" im Sinne des §<br />
646 BGB und stellt mit dieser Vollendung die Vergütung fällig.<br />
Bei einem Gutachten,<br />
mit dem die Beklagte ihre Leistung oft vergleicht,<br />
kann der Auftraggeber durchaus prüfen, ob der Gutachter<br />
die ihm gestellte Aufgabe überhaupt erfüllt hat.<br />
Der Kunde der<br />
Beklagten erhält zeitlich nach bereits eingetretener Fälligkeit<br />
der Vergütung 25 Anschriften von Personen,<br />
von denen er nicht einmal<br />
weiß,<br />
ob sie noch partnerschaftswillig sind und ob sie wirk-·<br />
lieh die ausgedruckten Eigenschaften aufweisen.<br />
Der Kunde hat also<br />
keine Gelegenheit,<br />
die Qualität des Adressenmaterials zu überprüfen,<br />
sondern er hat nach den AGB der Beklagten nur den Anspruch<br />
auf "Nachbesserung",<br />
falls nachgewiesene Personen an einer Kontaktaufnahme<br />
mit dem Kunden nicht mehr interessiert sind.<br />
Der Kläger<br />
hat in der Berufungsinstanz das Urteil des Landgerichts Weiden vorn<br />
24.7.1984 vorgelegt (2 S 241/84; Anlage Bf 2). In jenem Fall hatte<br />
ein 39 Jahre alter, 1,65 rn großer Mann eine Partnerin gesucht, die<br />
Nichtraucherin sein mußte.<br />
Die 25 benannten Frauen waren überwiewiegend<br />
entweder Raucherinnen oder zu groß oder wünschten sich<br />
einen jüngeren Mann. Das Landgericht Weiden ermittelte, "daß<br />
nur<br />
3 Damen annähernd als mögliche Partnerinnen in Frage gekommen<br />
wären".<br />
Die Beklagte hat zu diesem Vortrag der Beklagten nicht<br />
StelluP genommen.<br />
Daß es sich um einen bloßen Ausreißer gehandelt<br />
habe,<br />
kann nicht angenommen werden.
- 19 -<br />
dd) Rechtlich ohne Bedeutung ist, daß die Beklagte den Vertrag mit<br />
ihren Kunden mit "Werkvertrag" überschreibt und sie immer wieder<br />
herausstellt,<br />
daß es sich um einen Werkvertrag handele.<br />
Daran ändert auch nichts,<br />
daß der Kunde das Formular "Werkvertrag<br />
11 unterschreibt. Der rechtlich nicht vorgebildete Durchschnittskunde<br />
hat regelmäßig eine Vorstelung davon,<br />
was ein Kaufvertrag<br />
und was ein Mietvertrag ist. Für den Werkvertrag gilt das<br />
nicht. Das kann nicht verwundern. Denn unter dem Begriff des Werkvertrages<br />
wird eine sehr große Zahl inhaltlich unterschiedlichster<br />
gegenseitiger Verträge eingeordnet (vgl. z.B. Palandt-Thomas, BGB,<br />
44. Aufl., Einf. v. § 631 Anm. 5; siehe auch Teichmann, Gutachten<br />
A zum 55. Deutschen Juristentag 1984, Seite A 18 ff.,<br />
45 ff.). Ein<br />
einigermaßen festumrissenes Bild des Werkvertrages gibt es nicht.<br />
Aus der Bereitschaft des Publikums,<br />
mit der Beklagten einen Werkvertrag<br />
einzugehen, folgt deshalb nicht, daß es ein solcher ist.<br />
Der rechtliche Ausgangspunkt der Beklagten,<br />
Kunden eine Werkleistung i.S. des § 631 BGB,<br />
sie erbringe ihren<br />
ist nach allem unzutreffend.<br />
c) Der von der Beklagten angebotene Vertrag ist auch kein Dienstvertrag.<br />
Die in diesem Rechtsstreit zur Entscheidung gestellten<br />
AGB enthalten keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür,<br />
daß die Vertragsbeziehungen<br />
als Dienstvertrag und damit als Dauerschuldverhältnis<br />
eingeordnet werden könnten. Die früher verwendeten AGB der Beklagten<br />
sa hen no ch ne - auf Wunsch verlängerbare - Abruffrist für die<br />
25 Pareradressen von 6 Monaten vor (so auch im Falle OLG Karlsruhe<br />
NJW 1985, 2035). Die im vorliegenden Verfahren zur Prüfung stehenden<br />
AGB stellen es dagegen dem Kunden frei,<br />
"die Partnervorschläge<br />
auch im Sinne einer werkvertragliehen Teilabnahme abzurufen". Das<br />
Landgericht hat es nach eingehender Prüfung des Vortrags der Parteien<br />
als unstreitig angesehen, daß die Beklagte ihren Kunden keine<br />
zusätzlichen Leistungen in Form von Dienstleistungen mehr erbringe.<br />
Dem ha t der Kläger in dieser Instanz nichts Konkretes entgegenge-
- 20 -<br />
setzt. Die unterschiedlichen Begründungen der<br />
Instanzgerichte in<br />
deren veröffentlichten Urteilen, den Werkvertrag als in Wahrheit<br />
dem Dienstvertragsrecht unterfallend anzusehen, können in Anbetracht<br />
der vorliegenden AGB der Beklagten und deren heutiger Nachweispraxis<br />
nicht als Entscheidungshilfe dienen.<br />
d) Die Leistung der Beklagten ist am ehesten als Maklertätigkeit<br />
anzusehen. Die Beklagte weist Adressen von Partnerschaftswilligen<br />
gegen Entgelt nach. Der angestrebte Erfolg ist das Zustandekommen<br />
der Partnerschaft. Die in §<br />
652 Absatz 1 BGB geregelte Maklertätigkeit<br />
ist allerdings auf das Zustandekommen von Verträgen gerichtet. Partnerschaften<br />
werden dagegen nicht in Form eines Vertrages begründet,<br />
wenngleich aus dem Bestehen der Partnerschaften Rechtsbeziehungen<br />
folgen, die teilweise vertraglicher Art sind. Von § 652 Absatz 1<br />
BGB unterscheidet sich der Vertragsinhalt im vorliegenden<br />
Fall<br />
auch insoweit,<br />
als der dort gereg·elte Haklervertrag keine Pflicht<br />
zum Tätigwerden des Maklers kennt.<br />
Der BGH hat einen Ehevermittlungsvertrag<br />
als Dienstvertrag behandelt,<br />
obschon sich der Inhaber<br />
des Eheanbahnungsinstituts lediglich zu einer Nachweis-<br />
und Vermittlungstätigkeit<br />
verpflichtet hatte (BGHZ 87, 309 = NJW 1983,<br />
2817 m. abl. Anm. Gilles; vgl. auch BGH NJW 1984, 2407).<br />
Da sich die Tätigkeit der Beklagten im zur Entscheidung stehenden<br />
Rechtsstreit auf den bloßen Nachweis von Partnerschaftswilligen<br />
gegen Entgelt beschränkt,<br />
wertet der Senat das Vertragsverhältnis als<br />
ein solches mit vorwiegend maklervertragstypischem Inhalt.<br />
Die mit<br />
der Klage beanstandeten AGB der Beklagten sind nach§ 9 Abs.1 AGBG<br />
unwirksam,<br />
weil sie sich stattdessen an den Werkvertragsregelungen<br />
der §§<br />
631 ff BGB ausrichten, insbesondere die Vergütung mit der<br />
Fertigstellung des Adressenabrufdepots fällig stellen und die Kündigungsregelung<br />
des § 649 BGB für verbindlich erklären; das hat zur<br />
Folge, daß dem Kunden im Falle der Kündigung des Vertrages allenfalls<br />
das Porto für womöglich ersparte Adressenabrufe nachgelassen<br />
wird, höchstens also 20,-- DM, nämlich das Porto für 25 Briefe.
..<br />
- 21 -<br />
Auch wenn die in § 652 Absatz 1 BGB bestimmte Vergütungsregelung<br />
nicht für die Maklertätigkeit der Beklagten als Leitbild dienen<br />
kann,<br />
so hat die Beklagte gleichwohl die ihr eingeräumte Vertragsgestaltungsfreiheit<br />
mißbraucht,<br />
indem sie die Vergütung fällig<br />
stellt, bevor der Kunde das Adressendepot zu Gesicht bekommt. In<br />
welcher Weise sie ihre Formularverträge ohne Verstoß gegen § 9 AGBG<br />
gestalten kann, solange der Gesetzgeber das Recht der Partnerschaftsvermittlung<br />
nicht geregelt hat, läßt sich<br />
bereits aus der oben erwähnten Entscheidung dieses Gerichtes<br />
ersehen (WM 1978, 1358), und auch nach Auffassung des BGH<br />
hält eine erfolgsunabhängige Ve ,<br />
rgütung des Ehevermittlers einer<br />
Inhaltskontrolle grundsätzlich stand (NJW 1983, 2817). Eine<br />
angemessene Berücksichtigung der Interessen beider Seiten kann in<br />
einer Regelung gesehen werden, nach welcher der Vertrag auf eine bestimmte<br />
Zeit geschlossen wird und die Kunden die Nachweise des Partner<br />
Schaftsmaklers nach und nach bezahlen; dabei mag die ansonsten jederzeit<br />
mögliche Kündigung für die ersten Monate ausgeschlossen werden,<br />
um<br />
dem Makler eine Mindesteinnahme zu sichern.<br />
III.<br />
Der Senat erklärt antragsgemäß alle mit der Klage beanstandeten<br />
AGB der Beklagten für unwirksam, weil auch jene Bestimmungen, die<br />
die Anwendbarkeit von Dienstvertragsrecht -<br />
nach Ansicht des Senats<br />
zu Recht - ausschließen, keinen eigenen Regelungsgehalt aufweisen;<br />
sie dienen allein der Untermauerung der<br />
fehlerhaften rechtlichen<br />
Einordnung des Vertrages als Werkvertrag.<br />
Der Senat hat mit den Parteien in der mündlichen Verhandlung erörtert,<br />
daß der Urteilstenor - im Falle des Obsiegens des Klägers - dem Text<br />
der AGB laut Anlage S auzupassen sei. Das ist geschehen.
- 22 -<br />
IV.<br />
Der vom Landgericht auf 20.000,-- DM festgesetzte Streitwert ist<br />
bei weitem zu niedrig. Die Bedeutung der beanstandeten Klauseln<br />
führt unter Berücksichtigung des in § 22 AGBG festgesetzten Höchststreitwerts<br />
von 500.000,-- DM zu einer Bemessung des Streitwerts<br />
auf 200.000,--<br />
DM.<br />
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91,§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.<br />
Richter Lindemann<br />
ist im Urlaub und<br />
kann deshalb nicht<br />
unterschreiben.<br />
Hensen<br />
Hensen<br />
Karn owski