02.11.2013 Aufrufe

FuR 2008-1+2.pdf - Der BWV-Bayern

FuR 2008-1+2.pdf - Der BWV-Bayern

FuR 2008-1+2.pdf - Der BWV-Bayern

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Neuerscheinungen<br />

gegeben wurde. Entsprechend des Titels enthält er Fragen<br />

zu verschiedenen Aspekten, welche jeweils auf zwei<br />

bis fünf Seiten erörtert werden. Inhaltlich aufgegliedert<br />

sind die Aussagen in zwölf Kapitel zu Entwicklung<br />

und Weltanschauung, Strategie und Positionierungen,<br />

„Kampf um die Straße“ und „Kampf um die Parlamente“,<br />

das Führungspersonal und das Geschlechterverhältnis,<br />

die Infrastruktur und Bündnispartner, die Verbotsdebatte<br />

und Gegenstrategien. Bei den Autoren handelt es sich<br />

um Fachjournalisten und Sozialwissenschaftler, die informativ<br />

und kenntnisreich auf die jeweiligen Themen<br />

eingehen. Leider werden nicht immer alle Zitate genau<br />

belegt. Auch bleibt die Antwort auf manche Frage etwas<br />

unklar oder unsystematisch. Gleichwohl liefert der<br />

Band ein gutes Handbuch und Nachschlagewerk zum<br />

Thema. Eine kommentierte Literaturliste mit Hinweisen<br />

zur weiterführenden Lektüre hätte den Gebrauchswert<br />

allerdings noch erhöhen können.<br />

Armin Pfahl-Traughber<br />

Andreas Elter:<br />

Propaganda der Tat.<br />

Die RAF und die Medien<br />

Frankfurt/M. <strong>2008</strong> (Suhrkamp-Verlag),<br />

288 S., 10 2<br />

Terrorismus ist nicht nur, aber auch eine „Kommunikationsstrategie“.<br />

Diese bekannte Formulierung des Soziologen<br />

Peter Waldmann klingt verharmlosend, ist aber<br />

nicht so gemeint. Damit wollte er lediglich darauf hinweisen,<br />

dass die terroristischen Gruppen meist viel zu<br />

schwach für einen politischen Umsturz sind. Ansonsten<br />

würden sie nämlich einen Guerillakrieg führen oder eine<br />

Revolution auslösen. Mit der Brutalität ihrer Anschläge<br />

wollen Terroristen eine Botschaft in die Öffentlichkeit<br />

transportieren und damit auf ihre politischen Ziele aufmerksam<br />

machen. Ihre Gewalttat ist ein Mittel und ein<br />

Signal. Bereits im 19. Jahrhundert sprachen anarchistische<br />

Terroristen daher auch von der „Propaganda der<br />

Tat“. Diesen Titel gab auch der Kölner Medienwissenschaftler<br />

Andreas Elter seiner Studie über die Kommunikationsstrategie<br />

der linksterroristischen „Rote Armee<br />

Fraktion“ (RAF).<br />

Das Buch gliedert sich in drei große Teile: Zunächst<br />

enthält es eine umfangreiche Darstellung zu Definition,<br />

Strategien und Typen des Terrorismus sowie einen ideengeschichtlichen<br />

Überblick vom Tyrannenmord zum<br />

Terrorismus. Danach zeichnet der Autor die Geschichte<br />

der RAF von den 1970er bis 1990er Jahren nach, wobei<br />

unter dem Motto „Schockwirkung um jeden Preis“ die<br />

Kommunikationsstrategien im Vordergrund stehen. Und<br />

schließlich geht es ausführlich um die Darstellung der<br />

RAF in Medien wie Film, Kunst und Literatur. Bilanzierend<br />

hält der Autor fest, „dass Massenmedien und Terrorismus<br />

ein symbiotisches Verhältnis miteinander eingehen.<br />

<strong>Der</strong> eine Akteur liefert dem anderen genau das,<br />

was er braucht: der Terrorismus den Massenmedien die<br />

spektakulären Geschichten und die Massenmedien den<br />

Terroristen die Aufmerksamkeit“ (S. 272).<br />

Elter legt eine gut lesbare, überaus sachkundige und klar<br />

strukturierte Arbeit vor. Das erste Kapitel kann auch für<br />

eine allgemeine Einführung ins Thema Terrorismus, das<br />

zweite Kapitel als Überblicksdarstellung zur RAF stehen.<br />

Gleichwohl hätte man sich im Hauptteil eine stärkere<br />

Konzentration auf die eigentliche Problemstellung<br />

gewünscht. Wichtige Aspekte der Kommunikationsstrategie,<br />

wie sie etwa durch die Kampagne zur Isolationshaft<br />

und im Kontext des Sartre-Besuchs in Stammheim<br />

zum Ausdruck kamen, werden viel zu knapp thematisiert.<br />

Auch wären ausführlichere vergleichende Betrachtungen<br />

zu Medienstrategien der heutigen Terroristen<br />

wünschenswert gewesen. Insgesamt handelt es sich aber<br />

um eine mehr als nur gelungene Arbeit: Terrorismus<br />

gilt als Kommunikationsstrategie, lange fehlte eine gute<br />

Fallstudie dazu. Jetzt liegt eine solche für den deutschen<br />

Linksterrorismus vor.<br />

Armin Pfahl-Traughber<br />

Kristin Wesemann:<br />

Ulrike Meinhof. Kommunistin,<br />

Journalistin, Terroristin –<br />

eine politische Biografie<br />

Baden-Baden 2007, Nomos-Verlag,<br />

440 Seiten, 46 2<br />

Radikale Feindin der Demokratie<br />

Viel ist schon über Ulrike Meinhof, das bekannteste<br />

Gesicht der Roten Armee Fraktion (RAF), gesagt und<br />

geschrieben worden. Generationen von Journalisten und<br />

Wissenschaftlern haben sich an der Frage abgearbeitet,<br />

wie aus einer der Symbolfiguren der Linken und dem<br />

Liebling der Hamburger Schickeria eine Terroristin werden<br />

konnte, die mit ihrem bürgerlichen Leben radikal<br />

brach. Im Tenor der Veröffentlichungen war Meinhof<br />

oft eine Märtyrerin, eine Jeanne d’Arc des Widerstandes,<br />

die an den politischen Zuständen in der Bundesrepublik<br />

verzweifelt und zugrunde gegangen ist. Das Bild<br />

von Meinhof als Opfer lässt Kristin Wesemann in ihrer<br />

kürzlich erschienenen Biografie über die Kommunistin,<br />

Journalistin und Terroristin Ulrike Meinhof nicht stehen,<br />

sondern rüttelt daran gewaltig. Meinhof war kein Opfer<br />

des Staates. Opfer waren andere. Für die Biografin Wesemann<br />

war Meinhof „weder Moralistin noch gefallener<br />

Engel, sondern eine Kommunistin, die die westdeutsche<br />

Gesellschaft zerstören wollte.“<br />

28

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!