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Roma, Sinti und Jenische. Schweizerische Zigeunerpolitik zur Zeit

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Kapitel 2<br />

Eine wesentliche Zielsetzung der IKPK war die Bekämpfung des «Internationalen<br />

Verbrechertums». Zu diesem Zweck wurde in Wien ein internationaler Fahndungsdienst<br />

aufgebaut zudem wurden grosse Registraturen angelegt. Die Erhebung von Datenmaterial <strong>und</strong><br />

die Aktensammlung erfolgte seit der Gründung der Organisation nach rassistischen<br />

Kriterien. 151<br />

So gelangte die «Bekämpfung der Zigeunerplage» schon früh auf die<br />

Traktandenliste. 1931 wurde eine Bestandesaufnahme der «<strong>Zigeunerpolitik</strong>» einzelner Staaten<br />

vorgenommen. Der B<strong>und</strong>esrat vertrat in seinen Instruktionen an die Schweizer Delegation den<br />

Standpunkt, dass eine internationale Erfassung <strong>und</strong> Registration des «Zigeunerbestandes» zu<br />

begrüssen sei. Zudem erhoffte sich die Polizeiabteilung von der Koordination der<br />

Polizeitätigkeit eine intensivierte Assimilierung der fahrend lebenden <strong>Roma</strong> <strong>und</strong> <strong>Sinti</strong>:<br />

«Jeder Staat sollte versuchen, die auf seinem Gebiet befindlichen Zigeuner nach <strong>und</strong> nach sesshaft zu<br />

machen <strong>und</strong> seinem Volkskörper einzugliedern.» 152<br />

Das schweizerische Anliegen fand an der Konferenz von 1931 jedoch keine Zustimmung.<br />

932 beschloss die in Rom tagende IKPK hingegen, zwecks Informationsaustauschs eine<br />

internationale «Zigeunerzentrale» in Wien zu gründen. 153 Dieser Entscheid wurde 1934<br />

flankiert durch die Errichtung eines ständigen Ausschusses, der die Zentralstelle unterstützen<br />

<strong>und</strong> die «Frage der Bekämpfung des Zigeunerwesens» vertieft studieren sollte. 154 Somit waren<br />

zu Beginn der 1930er Jahre entscheidende Instrumente für die internationale Koordination der<br />

«<strong>Zigeunerpolitik</strong>» geschaffen. Diese Aktivität der IKPK hatte <strong>zur</strong> Folge, dass einzelne Staaten<br />

ihre Politik gegenüber <strong>Roma</strong>, <strong>Sinti</strong> <strong>und</strong> Fahrenden verschärften <strong>und</strong> eigene<br />

«Zigeunerregistraturen» einrichteten. Zudem wurden auch bilaterale Absprachen über die<br />

Behandlung ausländischer <strong>Roma</strong> <strong>und</strong> <strong>Sinti</strong> getroffen. 155<br />

Unter den Mitgliedstaaten der IKPK bestand in den 1930er Jahren Konsens über die Ziele der<br />

«<strong>Zigeunerpolitik</strong>». Alle Staaten bezweckten, ausländische <strong>Roma</strong> <strong>und</strong> <strong>Sinti</strong> von ihrem<br />

Territorium fernzuhalten bzw. zu vertreiben. Der durch die internationale Initiative<br />

verschärften Unterdrückung der nicht sesshaften Lebensweise sowie der fortschreitenden<br />

Stigmatisierung von <strong>Roma</strong> <strong>und</strong> <strong>Sinti</strong> als potentiell kriminelle Bevölkerungsgruppe widersetzte<br />

sich kein einziger Delegierter. So stiess auch das Referat des Karlsruher Ministerialrats Kurt<br />

Bader 1935 auf positives Echo. Bader berichtete über die seit der nationalsozialistischen<br />

Machtübernahme stattfindende Intensivierung der Polizeikontrollen gegenüber fahrenden<br />

Personengruppen. Bader unterlegte seinen Ausführungen vor dem internationalen Publikum<br />

rassische Kategorien <strong>und</strong> identifizierte <strong>Roma</strong> <strong>und</strong> <strong>Sinti</strong> schlechthin mit «Kriminellen»:<br />

––––––––––––––––––––––––<br />

151 Bresler, Interpol, 1993, S. 37.<br />

152 Polizeiabteilung an Zangger, 23. September 1931, BAR E 4326 (A) 1991/157, Bd. 1.<br />

153 Internationale Öffentliche Sicherheit (<strong>Zeit</strong>schrift der IKPK) 20/21, 1932. BAR E 4326 (A) 1991/157, Bd. 1.<br />

154 Beschlüsse der IKPK an der Tagung in Wien 1934, BAR E 4260 (C) 1, Bd. 3.<br />

155 Milton, Civilians, 1997, S. 83. Belgien erliess 1931 ein Aufenthaltsverbot für nicht sesshafte Ausländer <strong>und</strong> schloss mit<br />

Nachbarstaaten Verträge über die Behandlung ausländischer <strong>Roma</strong> ab. Djuric, Heim, 1996, S. 249; France, 1995, S. 16.

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